Ergebung

[245] Bist du bestimmt zum Dulden:

Wohlan! so duld', o Herz!

Schmerz wider dein Verschulden,

Ist nur ein halber Schmerz.

Eh' noch die Sonn' entweicht,

Wird gütig sie vielleicht

Den Horizont vergulden,

Der traurig jetzt erbleicht.

Und würd' auf meinem Stiege

Auch nie es wieder licht,

Doch thät' ich wohl, ich schwiege

Und seufzt' und klagte nicht.[246]

Wer ahnet wohl die Last,

Erdrückt sie gleich mich fast,

Worunter ich mich schmiege,

Mich schmiege sonder Rast?

O Freund! seit ich so weise

Durch dich geworden bin,

Fliegt oft zu dir noch leise

Der Wunsch, der Seufzer hin:

Hätt' ich nur seine Hand,

Zu halten festern Stand,

Wenn Kleinmuth auf dem Eise

Ab alle Sehnen spannt.

Quelle:
Leopold Friedrich Günther von Goeckingk: Gedichte. Teil 1–4, Teil 4, Frankfurt a.M. 1821, S. 245-247.
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