An Herrn Kr

[186] Der Ruhm ist nur ein schöner Traum!

Wenn du ihn träumest, wird er kaum

Die Müdigkeit am Morgen lohnen.

Der Ruhm ist ein verzognes Kind,

Es närrt den Vater zwar, doch ist der Vater blind,

Und spielt mit ihm – um bunte Bohnen.

Für diesen Sohn hat Tag und Nacht

Dein Herz gesorgt, dein Kopf gewacht,

Ihn groß zu ziehn; itzt muß er wandern.

Ha! wie dein Busen steigt und fällt,

Ob ihn ein Gönner küßt, ein Räuber Netze stellt!

Was habt ihr Einer von dem Andern?[187]

Wie wenig strahlt von seinem Glück'

Aus weiter Fern' auf dich zurück!

Selbst deinem Nachbar wird nicht träumen,

Daß, fern von dir, ein Sohn noch lebt,

Den, wenn sein Nam' auch dir nicht auf der Lippe schwebt,

Doch alle Reimer baß bereimen!

Ist Ruhm allein der Preis am Ziel',

So ist es etwas, doch nicht viel;

Denn, wenn ein Jüngling ihn verachtet:

So wahrt den Beutel! Hütet Euch,

Daß unter Einem Dach' Ihr nie mit ihm zugleich

Ohn' Euren Degen übernachtet.

Doch, übersteh' der Künstler Pest,

Und halt', als Mann, den Proteus fest:

Vorüber ist die Schäferstunde!

Mehr als das Ganze, war auch hier

Die Hälfte. So erlischt der Durst nach Wein in dir

Am ersten vor des Fasses Spunde.[188]

Wie? Ist denn alles Unbestand?

Und ringt der Weise nur, für Tand

Den Kranz zu achten, der die Scheitel

Nach langem saurem Kampfe schmückt?

Kaum hat er noch auf ihn mit Lächeln hingeblickt:

Itzt seufzt er schon: Auch du bist eitel!

Wenn Ruhm auch eitel ist: wohlan!

Was spornt zu schweren Kämpfen an?

Das Gold? – Wirst du den Kämpfer schätzen,

Wenn gleich auch seine große That?

Und ihn dem Manne, Freund, der arm denselben Pfad

Aus Tugend ging, zur Seite setzen?

Was von der Zeit als Eigenthum

Uns übrig ist, soll nicht dem Ruhm',

Nicht Peru's Minen angehören.

Des Bechers Klang soll selten nur,

Doch öftrer das Geschwätz des Bachs der Hirtenflur,

Uns, Kämpfer für die Zukunft! stören.[189]

Kein Panzer dünk' uns noch zu schwer,

Zu tief kein Stand, zu lang kein Speer,

Den süßen Dank davon zu tragen!

Doch thut es, Freund, nicht immer Roth,

So lang kein offner Helm mit einer Fehde droht,

Gleich das Visir zurückzuschlagen.

Wer mißt sich kühn mit diesem Glück',

Wenn alle Thaten unserm Blick'

Einst sterbend noch vorüber gehen?

Sie bleiben hier, und wirken fort,

Sind wir gleich längstens Staub! Und o! wir werden dort

Mit schärferm Blick' die Folge sehen.

Quelle:
Leopold Friedrich Günther von Goeckingk: Gedichte. Teil 1–4, Teil 4, Frankfurt a.M. 1821, S. 186-190.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Prévost d'Exiles, Antoine-François

Manon Lescaut

Manon Lescaut

Der junge Chevalier des Grieux schlägt die vom Vater eingefädelte Karriere als Malteserritter aus und flüchtet mit Manon Lescaut, deren Eltern sie in ein Kloster verbannt hatten, kurzerhand nach Paris. Das junge Paar lebt von Luft und Liebe bis Manon Gefallen an einem anderen findet. Grieux kehrt reumütig in die Obhut seiner Eltern zurück und nimmt das Studium der Theologie auf. Bis er Manon wiedertrifft, ihr verzeiht, und erneut mit ihr durchbrennt. Geldsorgen und Manons Lebenswandel lassen Grieux zum Falschspieler werden, er wird verhaftet, Manon wieder untreu. Schließlich landen beide in Amerika und bauen sich ein neues Leben auf. Bis Manon... »Liebe! Liebe! wirst du es denn nie lernen, mit der Vernunft zusammenzugehen?« schüttelt der Polizist den Kopf, als er Grieux festnimmt und beschreibt damit das zentrale Motiv des berühmten Romans von Antoine François Prévost d'Exiles.

142 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon