1821

[313] Zu eigenen Arbeiten fand ich manche Veranlassung. Vieljährige Neigung und Freundschaft des Grafen Brühl verlangte zu Eröffnung des neuen Berliner Schauspielhauses einen Prolog, der denn wegen dringender Zeit gleichsam aus dem Stegreife erfunden und ausgeführt werden mußte. Die gute Wirkung war auch mir höchst erfreulich: denn ich hatte die Gelegenheit erwünscht gefunden, dem werten Berlin ein Zeichen meiner Teilnahme an bedeutenden Epochen seiner Zustände zu geben.

Ich faßte darauf die Paralipomena wieder an. Unter dieser Rubrik verwahre ich mir verschiedene Futterale, was noch von meinen Gedichten ungedruckt oder ungesammelt vorhanden sein mag. Sie zu ordnen und, da viel Gelegenheitsgedichte darunter sind, sie zu kommentieren pflegte ich von Zeit zu[313] Zeit, indem eine solche Arbeit in die Länge nicht anziehen kann.

Auch »Zahme Xenien« bracht ich zusammen, denn ob man gleich seine Dichtungen überhaupt nicht durch Verdruß und Widerwärtiges entstellen soll, so wird man sich doch im einzelnen manchmal Luft machen; von kleinen auf diese Weise entstehenden Produktionen sonderte ich die läßlichsten und stellte sie in Pappen zusammen.

Schon seit einigen Jahren hatte mich die Wolkenbildung nach Howard beschäftigt und große Vorteile bei Naturbetrachtungen gewährt. Ich schrieb ein »Ehrengedächtnis« in vier Strophen, welche die Hauptworte seiner Terminologie enthielten; auf Ansuchen Londoner Freunde sodann noch einen Eingang von drei Strophen zu besserer Vollständigkeit und Verdeutlichung des Sinnes.

Lord Byrons Invektive gegen die Edinburger, die mich in vielfachem Sinne interessierte, fing ich an zu übersetzen, doch nötigte mich die Unkunde der vielen Partikularien, bald innezuhalten. Desto leichter schrieb ich Gedichte zu einer Sendung von Tischbeins Zeichnungen und eben dergleichen zu Landschaften, nach meinen Skizzen radiert.

Hierauf ward mir das unerwartete Glück, Ihro des Großfürsten Nikolaus und Gemahlin Alexandra Kaiserliche Hoheit im Geleit unsrer gnädigsten Herrschaften bei mir in Haus und Garten zu verehren. Der Frau Großfürstin Kaiserliche Hoheit vergönnten, einige poetische Zeilen in das zierlichprächtige Album verehrend einzuzeichnen.

Auf Anregung eines teilnehmenden Freundes suchte ich meine in Druck und Manuskript zerstreuten naturwissenschaftlichen Gedichte zusammen und ordnete sie nach Bezug und Folge.

Endlich ward eine indische, mir längst im Sinne schwebende, von Zeit zu Zeit ergriffene Legende wieder lebendig, und ich suchte sie völlig zu gewältigen.

Geh ich nun von der Poesie zur Prosa hinüber, so habe ich zu erzählen, daß die »Wanderjahre« neuen Anteil erregten.[314] Ich nahm das Manuskript vor, aus einzelnen, zum Teil schon abgedruckten kleinen Erzählungen bestehend, welche, durch Wanderungen einer bekannten Gestalt verknüpft, zwar nicht aus einem Stück, aber doch in einem Sinn erscheinen sollten. Es war wenig daran zu tun, und selbst der widerstrebende Gehalt gab zu neuen Gedanken Anlaß und ermutigte zur Ausführung. Der Druck war mit Januar angefangen und in der Hälfte Mai beendigt.

»Kunst und Altertum«, dritten Bandes zweites Heft, behandelte man zu gleicher Zeit und legte darin manches nieder, was gebildeten Freunden angenehm sein sollte.

Sonderbar genug ergriff mich im Vorübergehen der Trieb, am vierten Bande von »Wahrheit und Dichtung« zu arbeiten; ein Dritteil davon ward geschrieben, welches freilich einladen sollte, das übrige nachzubringen. Besonders ward ein angenehmes Abenteuer von Lilis Geburtstag mit Neigung hervorgehoben, anderes bemerkt und ausgezeichnet. Doch sah ich mich bald von einer solchen Arbeit, die nur durch liebevolle Vertraulichkeit gelingen kann, durch anderweitige Beschäftigung zerstreut und abgelenkt.

Einige Novellen wurden projektiert: die gefährliche Nachlässigkeit, verderbliches Zutrauen auf Gewohnheit und mehr dergleichen ganz einfache Lebensmomente aus herkömmlicher Gleichgültigkeit heraus- und auf ihre bedeutende Höhe hervorgehoben.

In der Mitte November ward an der »Kampagne von 1792« angefangen. Die Sonderung und Verknüpfung des Vorliegenden erforderte alle Aufmerksamkeit; man wollte durchaus wahr bleiben und zugleich den gebührenden Euphemismus nicht versäumen. »Kunst und Altertum«, dritten Bandes drittes Heft, verfolgte gleichfalls seinen Weg; auch leichtere Bemühungen, wie etwa die Vorreden zum »Deutschen Gil Blas«, kleinere »Biographien zur Trauerloge«, gelangen freundlich in ruhigen Zwischenzeiten.

Von außen, auf mich und meine Arbeiten bezüglich, erschien gar manches Angenehme. Eine Übersetzung von »Howards[315] Ehrengedächtnis« zeigte mir, daß ich auch den Sinn der Engländer getroffen und ihnen mit der Hochschätzung ihres Landsmannes Freude gemacht. Dr. Noehden, bei dem Museum in London angestellt, übersetzte kommentierend meine Abhandlung über da Vincis Abendmahl, die er in trefflicher Ausgabe, auf das zierlichste gebunden, übersendet. »Rameaus Neffe« wird in Paris übersetzt und einige Zeit für das Original gehalten, und so werden auch meine Theaterstücke nach und nach übertragen. Meine Teilnahme an fremder wie an deutscher Literatur kann ich folgendermaßen bewähren.

Man erinnert sich, welch ein schmerzliches Gefühl über die Freunde der Dichtkunst und des Genusses an derselben sich verbreitete, als die Persönlichkeit des Homer, die Einheit des Urhebers jener weltberühmten Gedichte, auf eine so kühne und tüchtige Weise bestritten wurde. Die gebildete Menschheit war im tiefsten aufgeregt, und wenn sie schon die Gründe des höchst bedeutenden Gegners nicht zu entkräften vermochte, so konnte sie doch den alten Sinn und Trieb, sich hier nur eine Quelle zu denken, woher soviel Köstliches entsprungen, nicht ganz bei sich auslöschen. Dieser Kampf währte nun schon über zwanzig Jahre, und es war eine Umwälzung der ganzen Weltgesinnung nötig, um der alten Vorstellungsart wieder einigermaßen Luft zu machen.

Aus dem Zerstörten und Zerstückten wünschte die Mehrheit der klassisch Gebildeten sich wiederherzustellen, aus dem Unglauben zum Glauben, aus dem Sondern zum Vereinen, aus der Kritik zum Genuß wieder zu gelangen. Eine frische Jugend war herangewachsen, unterrichtet wie lebenslustig; sie unternahm mit Mut und Freiheit, den Vorteil zu gewinnen, dessen wir in unsrer Jugend auch genossen hatten, ohne die schärfste Untersuchung selbst den Schein eines wirksamen Ganzen als ein Ganzes gelten zu lassen. Die Jugend liebt das Zerstückelte überhaupt nicht, die Zeit hatte sich in manchem Sinne kräftig hergestellt, und so fühlte man schon den früheren Geist der Versöhnung wiederum walten.

Schubarths »Ideen über Homer« wurden laut, seine geistreiche[316] Behandlung, besonders die herausgehobene Begünstigung der Trojaner, erregten ein neues Interesse, und man fühlte sich dieser Art, die Sache anzusehn, geneigt. Ein englischer Aufsatz über Homer, worin man auch die Einheit und Unteilbarkeit jener Gedichte auf eine freundliche Weise zu behaupten suchte, kam zu gelegener Zeit, und ich, in der Überzeugung, daß, wie es ja bis auf den heutigen Tag mit solchen Werken geschieht, der letzte Redakteur und sinnige Abschreiber getrachtet habe, ein Ganzes nach seiner Fähigkeit und Überzeugung herzustellen und zu überliefern, suchte den Auszug der »Ilias« wieder vor, den ich zu schnellerer Übersicht derselben vor vielen Jahren unternommen hatte.

Die Fragmente »Phaëtons«, von Ritter Hermann mitgeteilt, erregten meine Produktivität. Ich studierte eilig manches Stück des Euripides, um mir den Sinn dieses außerordentlichen Mannes wieder zu vergegenwärtigen. Professor Göttling übersetzte die Fragmente, und ich beschäftigte mich lange mit einer möglichen Ergänzung.

»Aristophanes« von Voß gab uns neue Ansichten und ein frisches Interesse an dem seltsamsten aller Theaterdichter. Plutarch und Appian werden studiert, diesmal um der Triumphzüge willen, in Absicht, Mantegnas Blätter, deren Darstellungen er offenbar aus den Alten geschöpft, besser würdigen zu können. Bei diesem Anlaß ward man zugleich in den höchst wichtigen Ereignissen und Zuständen der römischen Geschichte hin und her geführt. Von Knebels Übersetzung des Lukrez, welcher nach vielfältigen Studien und Bemühungen endlich herauskam, nötigte zu weiteren Betrachtungen und Studien in demselben Felde; man ward zu dem hohen Stande der römischen Kultur ein halbes Jahrhundert vor Christi Geburt und in das Verhältnis der Dicht- und Redekunst zum Kriegs- und Staatswesen genötigt. Dionys von Halikarnaß konnte nicht versäumt werden, und so reizend war der Gegenstand, daß mehrere Freunde sich mit und an demselben unterhielten.

Nun war der Anteil an der englischen Literatur durch vielfache[317] Bücher und Schriften, besonders auch durch die Hüttnerischen höchst interessanten handschriftlichen Berichte, von London gesendet, immer lebendig erhalten. Lord Byrons früherer Kampf gegen seine schwachen und unwürdigen Rezensenten brachte mir die Namen mancher seit dem Anfange des Jahrhunderts merkwürdig gewordener Dichter und Prosaisten vor die Seele, und ich las daher Jacobsens biographische Chrestomathie mit Aufmerksamkeit, um von ihren Zuständen und Talenten das Genauere zu erfahren. Lord Byrons »Marino Faliero« wie sein »Manfred«, in Dörings Übersetzung, hielten uns jenen werten, außerordentlichen Mann immer vor Augen. »Kenilworth« von Walter Scott, statt vieler andern seiner Romane aufmerksam gelesen, ließ mich sein vorzügliches Talent, Historisches in lebendige Anschauung zu verwandeln, bemerken und überhaupt als höchst gewandt in dieser Dicht- und Schreibart anerkennen.

Unter Vermittlung des Englischen, nach Anleitung des werten Professor Kosegarten, wandte ich mich wieder eine Zeitlang nach Indien. Durch seine genaue Übersetzung des Anfangs von »Kamarupa« kam dieses unschätzbare Gedicht mir wieder lebendig vor die Seele und gewann ungemein durch eine so treue Annäherung. Auch »Nala« studierte ich mit Bewunderung und bedauerte nur, daß bei uns Empfindung, Sitten und Denkweise so verschieden von jener östlichen Nation sich ausgebildet haben, daß ein so bedeutendes Werk unter uns nur wenige, vielleicht nur Leser vom Fache sich gewinnen möchte.

Von spanischen Erzeugnissen nenne ich zuvörderst ein bedeutendes Werk: »Spanien und die Revolution«. Ein Gereister, mit den Sitten der Halbinsel, den Staats-, Hof- und Finanzverhältnissen gar wohl bekannt, eröffnet uns methodisch und zuverlässig, wie es in den Jahren, wo er selbst Zeuge gewesen, mit den innern Verhältnissen ausgesehen, und gibt uns einen Begriff von dem, was in einem solchen Lande durch Umwälzungen bewirkt wird. Seine Art, zu schauen und zu denken, sagt dem Zeitgeist nicht zu; daher sekretiert dieser das Buch[318] durch ein unverbrüchliches Schweigen, in welcher Art von Inquisitionszensur es die Deutschen weit gebracht haben.

Zwei Stücke von Calderon machten mich sehr glücklich: der absurdeste Gegenstand in »Aurora von Copacabana«, der vernunft- und naturgemäßeste, »Die Tochter der Luft«, beide mit gleichem Geist und überschwenglichem Talent behandelt, daß die Macht des Genies in Beherrschung alles Widersprechenden daraus aufs kräftigste hervorleuchtet und den hohen Wert solcher Produktionen doppelt und dreifach beurkundet.

Eine spanische Blumenlese, durch Gefälligkeit des Herrn Perthes erhalten, war mir höchst erfreulich; ich eignete mir daraus zu, was ich vermochte, obgleich meine geringe Sprachkenntnis mich dabei manche Hinderung erfahren ließ.

Aus Italien gelangte nur wenig in meinen Kreis: »Ildegonda« von Grossi erregte meine ganze Aufmerksamkeit, ob ich gleich nicht Zeit gewann, öffentlich darüber etwas zu sagen. Hier sieht man die mannigfaltigste Wirksamkeit eines vorzüglichen Talents, das sich großer Ahnherren rühmen kann, aber auf eine wundersame Weise. Die Stanzen sind ganz fürtrefflich, der Gegenstand modern unerfreulich, die Ausführung höchst gebildet nach dem Charakter großer Vorgänger: Tassos Anmut, Ariosts Gewandtheit, Dantes widerwärtige, oft abscheuliche Großheit, eins nach dem andern wickelt sich ab. Ich mochte das Werk nicht wieder lesen, um es näher zu beurteilen, da ich genug zu tun hatte, die gespensterhaften Ungeheuer, die mich bei der ersten Lesung verschüchterten, nach und nach aus der Einbildungskraft zu vertilgen.

Desto willkommener blieb mir »Graf Carmagnola«, Trauerspiel von Manzoni, einem wahrhaften, klar auffassenden, innig durchdringenden, menschlich fühlenden, gemütlichen Dichter.

Von der neuern deutschen Literatur durft ich wenig Kenntnis nehmen; meist nur, was sich unmittelbar auf mich bezog, konnt ich in meine übrige Tätigkeit mit aufnehmen. Zaupers »Grundzüge einer deutschen theoretisch-praktischen Poetik« brachten mich mir selbst entgegen und gaben mir, wie aus einem Spiegel, zu manchen Betrachtungen Anlaß. Ich sagte[319] mir: Da man ja doch zum Unterrichte der Jugend und zur Einleitung in eine Sprache Chrestomathien anwendet, so ist es gar nicht übel getan, sich an einen Dichter zu halten, der mehr aus Trieb und Schicksal denn aus Wahl und Vorsatz dahin gelangt, selbst eine Chrestomathie zu sein: denn da findet sich im ganzen doch immer ein aus dem Studium vieler Vorgänger gebildeter Sinn und Geschmack. Dieses beschränkt keineswegs den jüngeren Mann, der einen solchen Gang nimmt, sondern nötigt ihn, wenn er sich lange genug in einem gewissen Kreise eigensinnig umhergetrieben hat, zum Ausflug in die weite Welt und in die Ferne der Zeitalter, wie man an Schubarth sehen kann, der sich eine ganze Weile in meinem Bezirk enthielt und sich dadurch nur gestärkt fand, nunmehr die schwierigsten Probleme des Altertums anzugreifen und eine geistreiche Lösung zu bewirken. Dem guten Zauper sagte ich manches, was ihm förderlich sein konnte, und beantwortete seine »Aphorismen«, die er mir im Manuskript zusendete, mit kurzen Bemerkungen, für ihn und andere nicht ohne Nutzen.

Die Neigung, womit Dr. Kannegießer meine »Harzreise« zu entziffern suchte, bewog mich, in meine frühste Zeit zurückzugehen und einige Aufschlüsse über jene Epoche zu geben.

Ein Manuskript aus dem funfzehnten Jahrhundert, die Legende der Heiligen Drei Könige ins Märchenhafteste dehnend und ausmalend, hatte mich, da ich es zufällig gewann, in manchem Sinne interessiert. Ich beschäftigte mich damit, und ein geistreicher junger Mann, Dr. Schwab, mochte es übersetzen. Dieses Studium gab Anlaß zu Betrachtung, wie Märchen und Geschichten epochenweise gegen- und durcheinander arbeiten, so daß sie schwer zu sondern sind und man sie durch ein weiteres Trennen nur weiter zerstört.

Jedesmal bei meinem Aufenthalt in Böhmen bemüht ich mich einigermaßen um Geschichte und Sprache, wenn auch nur im allgemeinsten. Diesmal las ich wieder Zacharias Theobaldus' »Hussitenkrieg« und ward mit Stransky, »Respublica Bohemiae«, mit der Geschichte des Verfassers selbst und dem Werte des Werks zu Vergnügen und Belehrung näher bekannt.[320] Durch die Ordnung der akademischen Bibliothek zu Jena wurde auch eine Sammlung fliegender Blätter des sechzehnten Jahrhunderts dem Gebrauch zugänglich: einzelne Nachrichten, die man in Ermangelung von Zeitungen dem Publikum mitteilte, wo man unmittelbar mit dem ursprünglichen Faktum genauer bekannt wurde als jetzt, wo jedesmal eine Partei uns dasjenige mitteilt, was ihren Gesinnungen und Absichten gemäß ist, weshalb man erst hinterdrein die Tagesblätter mit Nutzen und wahrer Einsicht zu lesen in den Fall kommt.

Die unschätzbare Boisseréesche Sammlung, die uns einen neuen Begriff von früherer niederdeutscher Kunstmalerei gegeben und so eine Lücke in der Kunstgeschichte ziemlich ausgefüllt hat, sollte denn auch durch treffliche Steindrücke dem Abwesenden bekannt und der Ferne sogleich angelockt werden, sich diesen Schätzen persönlich zu nähern. Strixner, schon wegen seiner Münchner Arbeiten längst gerühmt, zeigte sich auch hier zu seinem großen Vorteil; und obgleich der auffallende Wert der Originalbilder in glänzender Färbung besteht, so lernen wir doch hier den Gedanken, den Ausdruck, die Zeichnung und Zusammensetzung kennen und werden, wie mit den oberdeutschen Künstlern durch Kupferstiche und Holzschnitte, so hier durch eine neuerfundene Nachbildungsweise auch mit den bisher unter uns kaum genannten Meistern des funfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts vertraut. Jeder Kupferstichsammler wird sich diese Hefte gern anschaffen, da in Betracht ihres innern Wertes der Preis für mäßig zu achten ist.

So erschienen uns denn auch die Hamburger Steindrücke, meist Porträts, in Vortrefflichkeit von zusammen lebenden und arbeitenden Künstlern unternommen und ausgeführt. Wir wünschen einem jeden Liebhaber Glück zu guten Abdrücken derselben.

Vieles andere, was die Zeit hervorbrachte und was wohl für grenzenlos angesprochen werden kann, ist an anderem Orte genannt und gewürdigt.

Nun wollen wir noch einer eigenen Bemühung gedenken,[321] eines weimarisch-lithographischen Heftes mit erklärendem Text, das wir unter dem Titel einer »Pinakothek« herausgaben. Die Absicht war, manches bei uns vorhandene Mitteilungswerte ins Publikum zu bringen. Wie es aber auch damit mochte beschaffen sein, dieser kleine Versuch erwarb sich zwar manche Gönner, aber wenig Käufer und ward nur langsam und im stillen fortgesetzt, um den wackeren Künstler nicht ohne Übung zu lassen und eine Technik lebendig zu erhalten, welche zu fördern ein jeder Ort, groß oder klein, sich zum Vorteil rechnen sollte.

Nun aber brachte die Kupferstecherkunst nach langem Erwarten uns ein Blatt von der größten Bedeutung. Hier wird uns in schönster Klarheit und Reinlichkeit ein Bild Raffaels überliefert, aus den schönsten Jünglingsjahren; hier ist bereits soviel geleistet als noch zu hoffen. Die lange Zeit, welche der überliefernde Kupferstecher Longhi hierauf verwendet, muß als glücklich zugebracht angesehen werden, so daß man ihm den dabei errungenen Gewinn gar wohl gönnen mag.

Von Berlin kamen uns fast zu gleicher Zeit Musterblätter für Handwerker, die auch wohl einem jeden Künstler höchst willkommen sein müßten. Der Zweck ist edel und schön, einer ganzen großen Nation das Gefühl des Schönen und Reinen auch an unbelebten Formen mitzuteilen; daher ist an diesen Mustern alles musterhaft: Wahl der Gegenstände, Zusammenstellung, Folge und Vollständigkeit – Tugenden, welche zusammen, diesem Anfange gemäß, sich in den zu wünschenden Heften immer mehr offenbaren werden.

Nach so trefflichen ins Ganze reichenden Arbeiten darf ich wohl eines einzelnen Blattes gedenken, das sich zunächst auf mich bezieht, doch als Kunstwerk nicht ohne Verdienst bleibt; man verdankt es der Bemühung, welche sich Dawe, ein englischer Maler, bei seinem längeren hiesigen Aufenthalt um mein Porträt gegeben; es ist in seiner Art als gelungen anzusprechen und war es wohl wert, in England sorgfältig gestochen zu werden.

In die freie Welt wurden wir durch Landschaftszeichnungen[322] des Herrn David Heß aus Zürich hinausgeführt. Eine sehr schön kolorierte Aquatintenfolge brachte uns auf den Weg über den Simplon, ein Kolossalbau, der zu seiner Zeit viel Redens machte.

In ferne Regionen versetzten uns die Zeichnungen zu des Prinzen von Neuwied Durchlaucht brasilianischer Reise: das Wundersame der Gegenstände schien mit der künstlerischen Darstellung zu wetteifern.

Noch einer Künstelei muß ich gedenken, die aber als rätselhaft jeden guten erfinderischen Kopf in Anspruch nahm und beunruhigte: es war die Erfindung, eine Kupfertafel nach Belieben größer oder kleiner abzudrucken. Ich sah dergleichen Probeblätter bei einem Reisenden, der solche soeben als eine große Seltenheit von Paris gebracht hatte, und man mußte sich, ungeachtet der Unwahrscheinlichkeit, doch bei näherer Untersuchung überzeugen: der größere und kleinere Abdruck seien wirklich als eines Ursprungs anzuerkennen.

Um nun auch von der Malerei einiges Bedeutende zu melden, so verfehlen wir nicht zu eröffnen, daß, als auf höhere Veranlassung dem talentreichen Hauptmann Raabe nach Italien bis Neapel zu gehen Mittel gegönnt waren, wir ihm den Auftrag geben konnten, verschiedenes zu kopieren, welches zur Geschichte des Kolorits merkwürdig und für diesen wichtigen Kunstteil selbst förderlich werden möchte. Was er während seiner Reise geleistet und ins Vaterland gesendet sowie das nach Vollendung seiner Wanderschaft Mitgebrachte war gerade der lobenswürdige Beitrag, den wir wünschten. Die »Aldobrandinische Hochzeit« in ihrem neusten Zustande, die unschätzbaren Tänzerinnen und bacchischen Zentauren, von deren Gestalt und Zusammensetzung man allenfalls im Norden durch Kupferstiche unterrichtet wird, sah man jetzt gefärbt und konnte auch hier den großen antiken Geschmacksinn freudig bewundern. Solche Bemühung wollte freilich deutschen, von modernem Irrsal befangenen Kunstjüngern nicht einsichtig werden, weshalb man denn sowohl sich selbst als den verständigen Künstler zu beruhigen wußte.[323]

Angenähert dem antiken Sinne, erschien uns darauf Mantegnas »Triumphzug« abermals höchst willkommen; wir ließen, gestützt auf den eigenhändigen Kupferstich des großen Künstlers, das zehnte hinter den Triumphwagen bestimmte Blatt in gleicher Art und Größe zeichnen und brachten dadurch eine höchst lehrreich abgeschlossene Folge zur Anschauung.

Mit größter Sorgfalt in Zeichnung und Farbe nachgebildete Kopien alter Glasmalereien der Sankt Gereonskirche in Köln setzten jedermann in Verwunderung und gaben einen merkwürdigen Beleg, wie sich eine aus ihren ersten Elementen auftretende Kunst zu Erreichung ihrer Zwecke zu benehmen gewußt.

Anderes dieser niederdeutschen Schule, weiter heraufkommend und ausgebildeter, ward uns durch die Freundlichkeit des Boisseréeschen Kreises zuteil, wie uns denn auch später von Kassel ein neueres, zu dem Alten zurückstrebendes Kunstbemühen vor Augen kam: drei singende Engel von Ruhl, welche wir wegen ausführlicher Genauigkeit besonderer Aufmerksamkeit wertzuachten Ursache hatten.

Im Gegensatz jedoch von dieser strengen, sich selbst retardierenden Kunst kam uns von Antwerpen ein lebenslustiges Gemälde: Rubens als Jüngling, von einer schönen, stattlichen Frau dem alternden Lipsius vorgestellt, und zwar in dem unverändert aus jener Zeit her verbliebenen Zimmer, worin dieser auf seine Weise vorzügliche Mann als Revisor der Plantinischen Offizin gearbeitet hatte.

Unmittelbar stimmte hiezu eine Kopie nach den Söhnen Rubens' in Dresden, welche Gräfin Julie von Egloffstein vor kurzem lebhaft und glücklich vollendet hatte. Wir bewunderten zu gleicher Zeit ihr höchst geübtes und ausgebildetes Talent in einem Zeichenbuche, worin sie Freundesporträte sowie landschaftliche Familiensitze mit so großer Gewandtheit als Natürlichkeit eingezeichnet.

Endlich kam auch mein eigenes stockendes Talent zur Sprache, indem bedeutende und werte Sammler etwas von meiner Hand verlangten, denen ich denn mit einiger Scheu[324] willfahrte, zugleich aber eine ziemliche Anzahl von mehr als gewohnt reinlichen Blättern in einen Band vereinigte: Es waren die vom Jahre 1810, wo mich zum letzten Male der Trieb, die Natur nach meiner Art auszusprechen, monatelang belebte; sie durften für mich, des sonderbaren Umstands halber, einigen Wert haben.

Im Bezug auf die Baukunst verhielt ich mich eigentlich nur historisch, theoretisch und kritisch. Oberbaudirektor Coudray, gründlich, gewandt, so tätig als geistreich, gab mir Kenntnis von den bei uns zu unternehmenden Bauten, und das Gespräch darüber war mir höchst förderlich. Wir gingen manche bedeutende Kupferwerke zusammen durch, das neue von Durand: »Partie graphique des cours d'architecture etc.«, an kurz vergangene Zeit erinnernd; Richardson: »The New Vitruvius Britannicus«, und im einzelnen die stets musterhaften Zieraten Albertollis und Moreaus.

Höchst vollkommen in diesem Fache war eine Zeichnung, mir von Berlin durch das Wohlwollen des Herrn Theaterintendanten zugesendet, die Dekoration, innerhalb welcher bei Eröffnung des Theaters der von mir verfaßte Prolog gesprochen worden.

Boisserées Abhandlung über den Kölner Dom rief mich in frühere Jahrhunderte zurück; man bedurfte aber das Manuskript eher, als mir lieb war, und der mit augenblicklichem Interesse angesponnene Faden der Reflexionen zerriß, dessen ebenso eifriges Anknüpfen jedoch manchen Zufälligkeiten unterworfen sein möchte.

Hatte man nun dort die altdeutsche Baukunst auf ihrem höchst geregelten Gipfel erblickt, so ließen andere Darstellungen, wie z.B. die alten Baudenkmale im österreichischen Kaisertume, nur eine beim Hergebrachten ins Willkürliche auslaufende Kunst sehen.

An eine gute Zeit dieser Bauart erinnerte jedoch eine uralte jüdische Synagoge in Eger, einst zur christlichen Kapelle umgewandelt, jetzt verwaist vom Gottesdienste des Alten und Neuen Testaments. Die Jahrzahl einer alten hebräischen[325] Inschrift hoch am Pfeiler war selbst einem durchreisenden studierten Juden nicht zu entziffern. Dieselbe Zweideutigkeit, welche sowohl die Jahres- als Volkszahlen der Ebräer höchst unsicher läßt, waltet auch hier und hieß uns von fernerer Untersuchung abstehen.

In der Plastik zeigte sich auch einige Tätigkeit, wenn nicht im Vielen, doch im Bedeutenden; einige Büsten in Gips und Marmor vom Hofbildhauer Kaufmann erhalten Beifall, und eine kleinere Medaille mit Serenissimi Bild, in Paris zu fertigen, ward besprochen und beraten.

Theorie und Kritik, auch sonstiger Einfluß verfolgte seinen Gang und nützte bald im Engeren, bald im Breiteren. Ein Aufsatz des Weimarischen Kunstfreundes für Berlin, Kunstschulen und Akademien betreffend, ein anderer, auf Museen rücksichtlich, nach Überzeugung mitgeteilt, wenn auch nicht allerorten mit Billigung aufgenommen; eine Abhandlung über den Steindruck, die Meister solcher Kunst belobend, ihnen gewiß erfreulich: alles dieses zeigte von dem Ernst, womit man das Heil der Kunst von seiner Seite zu fördern mannigfaltig bedacht war.

Eine sehr angenehme Unterhaltung mit auswärtigen Freunden gewährte, durch Vermittelung von Kupferstichen, manche Betrachtung über Konzeption, höhere sowie technische Komposition, Erfinden und Geltendmachen der Motive. Der hohe Wert der Kupferstecherkunst in diesem historischen Sinne ward zugleich hervorgehoben und sie für ein Glück gehalten.

Die Musik versprach gleichfalls in meinem häuslichen Kreise sich wieder zu heben; Alexander Boucher und Frau mit Violine und Harfe setzten zuerst einen kleinen Kreis versammelter Freunde in Verwunderung und Erstaunen, wie es ihnen nachher mit unserm und dem so großen und an alles Treffliche gewöhnten Berliner Publikum gelang. Direktor Eberweins und seiner Gattin musikalisch-produktive und ausführende Talente wirkten zu wiederholtem Genuß, und in der Hälfte Mai konnte schon ein größeres Konzert gegeben werden. Rezitation und rhythmischen Vortrag zu vernehmen und[326] anzuleiten war eine alte, nie ganz erstorbene Leidenschaft. Zwei entschiedene Talente dieses Faches, Gräfin Julie Egloffstein und Fräulein Adele Schopenhauer, ergötzten sich, den Berliner Prolog vorzutragen, jede nach ihrer Weise, jede die Poesie durchdringend und ihrem Charakter gemäß in liebenswürdiger Verschiedenheit darstellend. Durch die kenntnisreiche Sorgfalt eines längst bewährten Freundes, Hofrat Rochlitz, kam ein bedachtsam geprüfter Streicherischer Flügel von Leipzig an, glücklicherweise: denn bald darauf brachte uns Zelter einen höchste Verwunderung erregenden Zögling, Felix Mendelssohn, dessen unglaubliches Talent wir ohne eine solche vermittelnde Mechanik niemals hätten gewahr werden können. Und so kam denn auch ein großes, bedeutendes Konzert zustande, wobei unser nicht genug zu preisende Kapellmeister Hummel sich gleichfalls hören ließ, der sodann auch von Zeit zu Zeit durch die merkwürdigsten Ausübungen den Besitz des vorzüglichen Instrumentes ins Unschätzbare zu erheben verstand.

Ich wende mich zur Naturforschung, und da hab ich vor allem zu sagen, daß Purkinjes Werk über das subjektive Sehen mich besonders aufregte. Ich zog es aus und schrieb Noten dazu und ließ in Absicht, Gebrauch davon in meinen Heften zu machen, die beigefügte Tafel kopieren, welche mühsame und schwierige Arbeit der genaue Künstler gern unternahm, weil er in früherer Zeit durch ähnliche Erscheinungen geängstigt worden und nun mit Vergnügen erfuhr, daß sie als naturgemäß keinen krankhaften Zustand andeuteten.

Da auf dem reinen Begriff vom Trüben die ganze Farbenlehre beruht, indem wir durch ihn zur Anschauung des Urphänomens gelangen und durch eine vorsichtige Entwicklung desselben uns über die ganze sichtbare Welt aufgeklärt finden, so war es wohl der Mühe wert, sich umzusehen, wie die verschiedenen Völker sich hierüber ausgedrückt, von wo sie ausgegangen und wie sie, roher oder zarter, in der Beziehung sich näherer oder entfernterer Analogien bedient. Man suchte gewisse Wiener Trinkgläser habhaft zu werden, auf welchen[327] eine trübe Glasur das Phänomen schöner als irgendwo darstellte.

Verschiedenes Chromatische wurde zum vierten Hefte aus früheren Papieren hervorgesucht, Bernardinus Telesius sowohl überhaupt als besonders der Farbe wegen studiert. Seebecks Vorlesung »Über die Wärme im prismatischen Sonnenbilde« war höchst willkommen, und die früheren eigenen Vorstellungen über diese merkwürdigen Erscheinungen erwachten wieder.

Hofmechanikus Körner beschäftigte sich, Flintglas zu fertigen, stellte in seiner Werkstatt nach französischen Vorschriften ein Instrument auf zu den sogenannten Polarisationsversuchen; das Resultat derselben war, wie man sich schon lange belehrt hatte, kümmerlich, und merkwürdig genug, daß zu gleicher Zeit eine Fehde zwischen Biot und Arago laut zu werden anfing, woraus für den Wissenden die Nichtigkeit dieser ganzen Lehre noch mehr an den Tag kam.

Herr von Henning von Berlin besuchte mich, er war in die »Farbenlehre«, dem zufolge, was ich mit ihm sprach, vollkommen eingeweiht und zeigte Mut, öffentlich derselben sich anzunehmen. Ich teilte ihm die Tabelle mit, woraus hervorgehen sollte, was für Phänomene und in welcher Ordnung man bei einem chromatischen Vortrag zu schauen und zu beachten habe.

In der Kenntnis der Oberfläche unsres Erdbodens wurden wir sehr gefördert durch Graf Sternbergs »Flora der Vorwelt«, und zwar deren erstes und zweites Stück. Hiezu gesellte sich die »Pflanzenkunde« von Rhode in Breslau. Auch des Urstiers, der aus dem Haßleber Torfbruch nach Jena gebracht und dort aufgestellt wurde, ist wohl als eines der neuesten Zeugnisse der früheren Tiergestalten hier zu erwähnen. Das »Archiv der Urwelt« hatte schon eines gleichen gedacht, und mir ward das besondere Vergnügen, mit Herrn Körte in Halberstadt bei dieser Gelegenheit ein früheres freundliches Verhältnis zu erneuern.

Die Absicht Kefersteins, einen geologischen Atlas für[328] Deutschland herauszugeben, war mir höchst erwünscht; ich nahm eifrig teil daran und war gern, was die Färbung betrifft, mit meiner Überzeugung beirätig. Leider konnte durch die Gleichgültigkeit der ausführenden Techniker gerade dieser Hauptpunkt nicht ganz gelingen. Wenn die Farbe zu Darstellung wesentlicher Unterschiede dienen soll, so müßte man ihr die größte Aufmerksamkeit widmen.

Die Marienbader Gebirgsarten sammelte man mit Sorgfalt; in Jena geordnet, wurden sie dann versuchsweise dem Publikum mitgeteilt, sowohl um mich selbst bei Wiederkehr eines Anhaltens zu versichern, als auch Nachfolgern dergleichen an die Hand zu geben. Sartorius übergab dem jenaischen Museum eine Folge der Gebirgsarten, von der Rhön sich herschreibend, als Beleg zu seiner dem Vulkan gewidmeten Abhandlung.

Auch in diesem Jahre lenkte ich die Aufmerksamkeit meiner schlesischen Freunde auf den Prieborner gegliederten Sandstein, oder wie man diese wundersame Gebirgsart nennen will, sowie auf die in früherer Zeit häufigen, aber nicht erkannten Blitzröhren bei Massel, an einem endlichen Gelingen nicht verzweifelnd.

Im allgemeinsten wurde ich gefördert durch d'Aubuisson de Voisins' »Geognosie« und durch Sorriot, »Höhenkarte von Europa«.

Meteorologie ward fleißig betrieben; Professor Posselt tat das Seinige; Kondukteur Schrön bildete sein Talent immer mehr aus; Hofmechanikus Körner war in allen technischen Vorrichtungen auf das sorgfältigste behülflich, und alles trug bei, die Absichten und Anordnungen des Fürsten möglichst zu befördern. Eine Instruktion für die sämtlichen Beobachter im Großherzogtum ward aufgesetzt, neue Tabellen gezeichnet und gestochen; die atmosphärischen Beobachtungen in der Mitte April waren merkwürdig sowie der Höherauch vom 27. Juni. Der junge Preller brachte meine Wolkenzeichnungen ins reine, und damit es an keinerlei Beobachtungen fehlen möge, beauftragte man den jenaischen Türmer, auf gewisse[329] Meteore aufmerksam zu sein. Indessen gaben die Dittmarischen Prophezeiungen viel zu reden, woraus aber weder Nutzen noch Beifall hervorging.

Wollte man ausführlicher von der belvederischen Tätigkeit in der Pflanzenkultur sprechen, so müßte man hiezu ein eigenes Heft verwenden. Erwähnt sei nur, daß ein Palmenhaus zustande kam, welches zugleich dem Kenner genügen und den Geschmack eines jeden Besuchenden befriedigen muß. Das entgegengesetzte Ende der tropischen Vegetation gaben getrocknete Pflanzenexemplare von der Insel Melville, welche durch Kummer und Dürftigkeit sich besonders auszeichneten und das letzte Verschwinden einer übrigens bekannten Vegetation vors Auge setzten. Der Klotz eines beschädigten und wieder zusammengewachsenen Baumstammes gab zu manchen Untersuchungen über die Wiederherstellungskraft der Natur Anlaß.

In Jena fing der Botanische Garten an, sich neu belebt zu zeigen; der demselben vorgesetzte Hofrat Voigt, imgleichen der dabei angestellte Kunstgärtner Baumann machten eine Reise nach Berlin, woher sie nicht ohne Vorteil für sich und die Anstalt zurückkehrten.

Ich ließ mir angelegen sein, die beiden Bände »Morphologie« und »Wissenschaftslehre« durch das vierte Heft abzuschließen, und behielt noch so viel Vorrat übrig, um auch wohl ein folgendes vorzubereiten.

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 16, Berlin 1960 ff, S. 313-330.
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