1795

[226] 10/3117.


An Friedrich Schiller

Viel Glück zum neuen Jahre. Lassen Sie uns dieses zubringen, wie wir das vorige geendigt haben, mit wechselseitiger Theilnahme an dem was wir lieben und treiben. Wenn sich die gleichgesinnten nicht anfassen was soll aus der Gesellschaft und der Geselligkeit werden. Ich freue mich in der Hoffnung daß Einwirckung und Vertrauen sich zwischen uns immer vermehren werden.

Hier der erste Band des Romans. Das zweyte Exemplar für Humboldts. Möge das zweyte Buch Ihnen wie das erste Freude machen. Das dritte bringe ich im Manuscript mit.

Die Gespenstergeschichten dencke ich zur rechten Zeit zu liefern.

Auf Ihre Arbeit bin ich voller Verlangen. Meyer grüßt. Wir kommen wahrscheinlich Sontags d. 11ten. In der Zwischenzeit hören Sie noch von mir. Leben Sie recht wohl.

W. d. 3. Jan. 1795.

G.[226]


10/3118.


An Friedrich Schiller

Hier erscheint auch das dritte Buch, dem ich eine gute Aufnahme wünsche.

Sonnabends erhalten Sie meine Mährchen für die Horen, ich wünsche daß ich meines großen Vorfahren in Beschreibung der Ahndungen und Visionen nicht ganz unwürdig möge geblieben seyn.

Sonntags Nachmittage sehe ich Sie. Abends habe ich mich mit Hofr. Loder in den Clubb engagirt.

Meyer kommt mit und grüßt Sie bestens. Ich freue mich sehr auf Ihre neue Arbeit und habe mir schon manchmal gedacht welchen Weg Sie wohl möchten genommen haben? werde mirs aber wohl nicht erdencken.

Leben Sie recht wohl und empfehlen mich den Ihrigen. W. d. 7. Jan. 1795.

G.


10/3119.


An August Johann Georg Carl Batsch

[Concept.]

Ew. Wohlgeb. erhalten hierbey die wenigen Monita über die eingesandte Quartals Rechnung.

Wegen der Mistbeete soll nächstens das nöthige besorgt werden.

Die übersandte Druckschrift hat unsern völligen[227] Beyfall; so wie alles was Ew. Wohlgeb. sonst veranstaltet haben. Die Pflanzen Kupfer habe zu rechter Zeit erhalten, und werde bald das Vergnügen haben Sie in Jena zu besuchen, unter dessen ich wohl zu leben wünsche.

Weimar d. 7. Jenner 95.[228]


10/3119a.


An Christian Gottlob von Voigt?

Da ich zu Ende dieser Woche auf einige Zeit nach Jena gehe, wünschte ich Sie vorher noch über einige Angelegenheiten zu sprechen. Wollten Sie mir die Zeit anzeigen wenn es Ihnen am gelegensten wäre? und ob es mit Ihren mehreren Bequemlichkeit bey mir oder bey Ihnen geschehen könnte?

W. d. 7. Jan. 1795.

Goethe.[17]


10/3120.


An Friedrich Schiller

Dem Vorsatze Sie Morgen zu sehen und einige Zeit in Ihrer Nähe zu bleiben hat sich nichts entgegen gestellt, ich wünsche Sie wohl und munter anzutreffen.

Beykommendes Manuscript habe ich nach der Abschrift nicht wieder durchsehen können. Es sollte mir lieb seyn wenn Ihnen meine Bemühung mit dem großen Hennings zu wetteifern nicht mißfiele.

Leben Sie recht wohl und grüßen Frau und Freunde.

W. d. 10. Jan. 1795.

G.


10/3121.


An Jakob Stock

[Concept.]

[12. Januar.]

Ew. Wohlgeb. erhalten die Fächergemählde, die ich vor geraumer Zeit mitgenommen, in ihrem ersten[228] Zustande hierbey wieder zurück, und ich muß mich entschuldigen, daß ich solche so lange bey mir behalten, allein eben dadurch, daß ich sie erst einem Freunde übergeben, der sie nach unsrer Abrede auftragen und verzieren sollte, sind sie, indem er eine lange Zeit abwesend war, bey ihm liegen geblieben und ich befolge die Contraordre meiner Mutter erst jetzt mit einiger Beschämung. Sie erlauben mir, daß ich gelegentlich etwas von unsern hiesigen Arbeiten übersende und dadurch für die lange Nachsicht mich einigermaßen dankbar erzeige. Haben Sie die Güte mich den werthen Ihrigen bestens zu empfehlen und mir ein freundschaftliches Andenken zu erhalten. Möge doch die peinliche Lage, in der sich gegenwärtig meine liebe Landsleute befinden nach unser aller Wünschen bald verändert werden.


10/3122.


An Samuel Thomas von Sömmerring

Geben Sie mir doch, mein Bester, wieder ein Lebenszeichen, wenn Sie nach Deutschland zurückgekehrt sind. Möge Ihnen Beikommendes einiges Vergnügen machen.

Weimar den 12. Jan. 1795.

Goethe.[229]


10/3123.


An Christian Gottlob Voigt

Viel Dank, daß Sie mir Nachricht von Ihrem Befinden und Ihren Arbeiten geben wollen. Das Kalbische oder vielmehr v. K. Scriptum werde mit Vergnügen lesen und gewiß mit meinen Meinungen und Gesinnungen übereinstimmend finden.

Fichten habe ich noch nicht gesehen, die Kommissionsgeschäfte sind wenigstens richtig abgelaufen. Die Disposition der Studierenden scheint sich überhaupt nach Ruhe zu neigen.

Unsere Herrn Ilmenauer sind wieder voreilig. Man muß sie wohl gehen lassen, doch dächt . . .

Ohngeachtet der Kälte geht es mir hier ganz wohl. Da man doch einmal nicht in seiner Mutter Leib zurückkehren kann, so ist es wenigstens manchmal vergnügend, in den Uterus der Alma mater sich wieder zurückzubegeben. Selbst die Kälte fühle ich weniger, da ich täglich mehrmal ausgehen muß.

Freitag d. 23sten hoffe ich, Sie in unserer Societät zu sehen; wahrscheinlich bringe ich etwas interessantes Akademisches mit.

Leben Sie recht wohl, gedenken Sie mein und empfehlen mich gelegentlich Serenissimo zu Gnaden.

Jena, den 16. Jan. 95.

G.[230]


10/3124.


An Friedrich Schiller

Für die übersendeten Exemplare Horen dancke ich, sie nehmen sich noch ganz artig aus. Eins der kleinen Exemplare hab ich in Ihrem Nahmen dem Herzog überreicht und wünschte daß Sie ihm bey dieser Gelegenheit ein Wort schrieben.

Ich zweifle nicht daß das Journal gut gehen wird.

Mein drittes Buch ist fort, ich habe es nochmals durchgesehen und Ihre Bemerckungen dabey vor Augen gehabt.

Diese Woche vergeht unter anhaltender Theaterquaal, dann soll es wieder frisch an die vorgesetzten Arbeiten gehen. Ich wünsche Gesundheit und Lust zu den Ihrigen.

Meyer grüßt. Nehmen Sie wiederhohlten Danck für alles Gute das Sie uns in Jena gegönnt.

W. d. 27. Jan. 1795.

G.


Noch etwas: da ich wünschte daß der Aufsatz des Herrn v. Humbold, wie alle andern, im Zweifel wegen des Verfassers ließe; so wäre vielleicht gut das Citat wo der Bruder angeführt ist wegzulassen, besonders da es fast das einzige ist und Muthmaßungen erregen und bestärcken könnte. Zwar weiß ich wohl daß wir sehr offenbar Versteckens spielen, doch halte ich es für sehr ersprießlich: daß der Leser wenigstens erst urtheilen muß eh er erfährt wer sein Autor sey.

[231] Bitte um das Packet an Jakobi das ich sogleich absenden werde.

G.


10/3125.


An Friedrich Heinrich Jacobi

Welches Gefühl von Unglauben oder Aberglauben mich abgehalten dir ein Exemplar des Romans zu schicken, warum ich es erst jetzt thue auf Maxens Erinnerung und auf Schillers Veranlaßung? weiß ich nicht zu sagen. Hier kommt er, mit den Horen. Mögen sie beyde zur guten Stunde anlangen.

Mit Max habe ich fast 14 Tage in Jena mein anatomisches Wesen erneuert. Er kam morgens sieben Uhr vor mein Bette, ich dicktirte ihm bis achte und in den letzten Tagen nahmen wir um 10 die Materie wieder vor, wobey sich auch Humbold einfand, und ich habe in der Zeit meine Ideen fast alle aphoristisch von mir gegeben, und werde wahrscheinlich noch dieses Jahr ans Ausarbeiten gehen. Max wird uns immer werther, und wir bedauern daß er uns Ostern verlassen will. Kann ich mit ihm dich besuchen, so wird mirs die größte Freude seyn. Biß jetzt sehe ich kein Hinderniß als die Autorschaft, die freylich dieß Jahr sehr lebhaft gehen muß, wenn ich alles wegarbeiten will, was mich schon lange lastet und was mich hindern könnte nochmals eine italiänische Reise zu unternehmen.

[232] Daß dir Reinhold nicht behagt giebt mich nicht Wunder, er konnte nie aus sich herausgehen und mußte um etwas zu seyn sich in einem sehr engen Kreise halten. Ein Gespräch war nicht mit ihm zu führen, ich habe nie etwas durch ihn, oder von ihm lernen können.

Dagegen ist Fichte, obgleich auch ein wunderlicher Kauz, ein ganz andrer Mensch für Gespräch und Mittheilung. Er hat bey einem sehr rigiden Sinne, doch viel Behendigkeit des Geistes und mag sich gern in alles einlassen. Leider geht er auch nur meist mit jungen Leuten um, die zu sehr unter ihm sind, daher entsprang auch Reinholds Unglück.

Mit Schiller und Humbold setze ich ein ganz vergnügliches Leben fort, die Kreise unsers Denckens und Wirckens laufen in einander und wir begegnen uns oft. Mein häusliches Wesen dreht sich auch still auf seiner Axe und so bleibt mir nichts zu wünschen übrig.

Grüße Clärchen und die Tanten. Laß mich unter den deinigen fortleben und lebe recht wohl.

W. d. 2. Febr. 1795.


Laß doch Schillern nicht zu lange auf einen Aufsatz von dir warten. Nur durch Manigfaltigkeit können uns die Stunden ergötzen.

G.[233]


10/3126.


An Friedrich Schiller

Wie sehr wünsche ich daß Sie mein viertes Buch bey guter Gesundheit und Stimmung antreffen und Sie einige Stunden unterhalten möge. Darf ich bitten anzustreichen was Ihnen bedencklich vorkommt. Herrn v. Humbold und den Damen empfehle ich gleichfalls meinen Helden und seine Gesellschaft.

Komme ich Sonnabend nicht, wie ich doch hoffen kann, so hören Sie mehr von mir. Meyer grüßt vielmals. W. d. 11. Febr. 1795.

G.


10/3127.


An Friedrich Schiller

Sie sagten mir neulich daß Sie bald zu uns herüber zu kommen gedächten. Ob nun schon, wie ich fürchte, das abermals eingefallne kalte Wetter Sie abhalten wird, so wollte ich doch auf jeden Fall einen Vorschlag thun.

Sie könnten beyde bey mir einkehren, oder wenn auch das Frauchen sich lieber wo anders einquartierte, so wünschte ich doch daß Sie wieder das alte Quartier bezögen. Machen Sie es ganz nach Ihrem Sinne, Sie sind mir beyde herzlich willkommen.

Durch den guten Muth, den mir die neuliche Unterredung eingeflößt, belebt, habe ich schon das[234] Schema zum 5ten und 6ten Buche ausgearbeitet. Wie viel vortheihafter ist es sich in andern als in sich selbst zu bespiegeln.

Kennen Sie die Kantischen Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen von 1771? Es wäre eine recht artige Schrift wenn die Worte schön und erhaben auf dem Titel gar nicht stünden und im Büchelchen selbst seltner vorkämen. Es ist voll allerliebster Bemerckungen über die Menschen und man sieht seine Grundsätze schon keimen. Gewiß kennen Sie es schon.

Ist denn von dem abwesenden Herrn v. Humbold noch keine Nachricht eingegangen? Empfehlen Sie mich in Ihrem Kreise und fahren Sie fort mich durch Ihre Liebe und Ihr Vertrauen zu erquicken und zu erheben. W. d. 18. Febr. 1795.

G.


10/3128.


An August Johann Georg Carl Batsch

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

erhalten hierbey die resolvirten Monita.

Zu den acht Mistbeetskasten haben wir den Anschlag machen lassen, und dieselben würden 67 rh. kosten. Da nun unsere Casse gegenwärtig nicht im Stande ist eine solche Ausgabe zu tragen, so würden wir von Seiten der Commission nur allenfalls vier[235] Stück herstellen können, und es fragte sich in diesem Falle ob die größern oder kleinern nothwendiger wären.

Sollten aber Ew. Wohlgeb. nach Ihrer vorjährigen Erfahrung Ihren Etat aufs gegenwärtige Jahr formiren und würde sich daraus ergeben, daß Sie die andere Hälfte des Aufwandes aus Ihrer Casse tragen könnten, so würde kein Hinderniß seyn, daß die sämmtlichen verlangten Kasten gefertigt würden.

Da nun die Zeit wo solche nöthig werden, herannaht, so werden Ew. Wohlgeb. mir aufs baldigste Ihr Gutachten darüber zu erkennen geben.

Der ich die Ehre habe mich zu unterzeichnen

Weimar

Ew. Wohlgeb.

den 18. Febr.

1795.


10/3129.


An Friedrich Schiller

Wie sehr freue ich mich daß Sie in Jena bleiben mögen und daß Ihr Vaterland Sie nicht hat wieder anziehen können. Ich hoffe wir wollen noch manches zusammen treiben und ausarbeiten.

Ich bitte um das Manuscript des vierten Buches und werde die Synonymen balde zurückschicken. So wird ja der Stundentanz immer reger werden.

Leben Sie recht wohl. Nächstens mehr.

W. d. 21. Febr. 95.

G.[236]


10/3129a.


An Johann Isaak von Gerning

Hierbey ein Brief von Unger, ein anderer von Cobres an mich. Letzterem schreiben Sie ja wohl selbst. Wenn der Wein ankommt werde ich es anzeigen. Leben Sie wohl und fleißig.

W. d. 21 Febr. 95.

G.[57]


10/3130.


An Friedrich Schiller

Ihre gütige kritische Sorgfalt für mein Merck hat mir aufs neue Lust und Muth gemacht das vierte Buch nochmals durchzugehen. Ihre Obelos habe ich wohl verstanden und die Wincke benutzt, auch den übrigen desideriis hoffe ich abhelfen zu können und bey dieser Gelegenheit noch manches Gute im Ganzen zu wircken. Da ich aber gleich daran gehen muß; so werden Sie mich vom dritten Stück entschuldigen dagegen soll der Procurator, in völliger Zierlichkeit, zum vierten aufwarten.

Die Synonymen die hier zurückkommen haben sehr meinen Beyfall, die Ausarbeitung ist sehr geistreich und an manchen Stellen überraschend artig. Der Eingang dagegen scheint mir weniger lesbar, obgleich gut gedacht und zweckmäßig.

Des Verfassers Grille nicht unter der Academie stehen zu wollen ist nun mit Bericht herüber gekommen. Die Acad. verlangt Satisfaction weil er den Prorector unverschämt gescholten hat u.s.w. – Da Sie Sich seiner annehmen; so sagen Sie mir nur: was man einigermassen plausibles für ihn anführen kann.

Denn ein Forum privilegiatum gegen ein gemeines zu vertauschen ist doch gar zu transcendent. Der Stadtrath kann ihn nicht einmal aufnehmen ohne daß er sich den gewöhnlichen Conditionen unterwirft. Man kann[237] von ihm Beweiß verlangen: daß er 200 rh einbringt, er muß Bürger werden und was des Zeugs mehr ist. Wäre es möglich ihn zu disponiren daß er mit der Academie Friede machte, so ließ sich durch Voigt der jetzt Prorecktor ist wohl altes in Güte abthun.

Ich hoffe Sie bald wieder und wär es nur auf einige Stunden zu besuchen. Lassen Sie mich auch abwesend nicht ferne sehr.

Körnern versichern Sie daß mich seine Theilnahme unendlich freut. Die Romanze dencke ich bald auf dem Theater zu hören.

Leben Sie recht wohl. W. d. 25. Febr. 95.

G.


10/3131.


An Friedrich Heinrich Jacobi

Vor einigen Wochen traf ein Kasten glücklich bey mir ein, dessen Inhalt von dem wohlnährenden Zustande jener Gegend in der du dich befindest das beste Zeugniß ablegte und mein Haus auf einige Zeit zum pais de Cocagne machte.

Maxens Fleis hat ihn abgehalten sogleich mit von diesen Wohlthaten zu genießen, heute Abend wird er zum erstenmal vor der Redoute sich daran mit uns erlaben.

Schon das beygelegte Verzeichniß des fürtrefflichen Spediteurs ist ein Gastmal an sich, und da er so klug war weder etwas moralisches noch ästethisches mit[238] beyzupacken; so ist unsre reine Sinnlichkeit im ungestörten harmonischen Genuß der unvergleichlichen Gaben.

Maxens Abreise auf Ostern thut mir leid, ich darf sagen: weh. Wir sind beyde nicht zu schnellen Freundschaften geneigt und mir fingen eben erst an einander etwas zu werden.

Zu den freundschaftlichen, Herz und Geist erhebenden Geburtstagsfeyern wünsche ich dir Glück und dancke dir daß du mich mit dem Detail bekannt ma chen wolltest. Grüße deine Freunde und die deinigen von mir und dancke dem lieben Clärchen für die Abschrift.

Auf Ostern wird der zweyte Band des Romans seine Aufwartung machen. Jeder Antheil freut mich, er äussre sich in Lob oder Tadel. Vielleicht erheitern sich die Stirnen der Damen nach und nach. Den Herrn Grafen bitte ich in der Folge mir beyzustehen. Ich darf nicht mehr rückwärts sehen. Es bleibt mir noch eine wunderliche Bahn zu durchlaufen. Wenn ich mit allem was ich mir auf dieses Jahr vorgesetzt durchkomme; will ich ein fröhliches Neujahr feyern. Biß jetzt ist es gut und zweckmäßig gegangen.

Auf dem Wege zu dir sehe ich mich noch nicht.

Wir wollen auch das den Stunden überlassen.

Schillern wird viel Freude machen daß du ihm beyfällst und daß etwas von dir zu hoffen ist. Sende ja bald und lebe recht wohl.

W. d. 27. Febr. 1795.

G.

Zur Nachschrift muß nicht vergessen werden, daß[239] das französche Gedicht so artig und zierlich mir erscheint als man was machen kann.


10/3132.


An Friedrich Schiller

Hierbey die vergessnen Synonymen. Ich laß ein Stückchen davon in meiner gestrigen Gesellschaft vor, ohne zu sagen woher es komme noch wohin es gehe. Man gab ihm vielen Beyfall.

Überhaupt wird es nicht übel seyn wenn ich manchmal etwas von unsern Manuscripten voraus lese. Es sind doch immer wieder ein duzzend Menschen die dem Produckt dadurch geneigter und aufs nächste Stück aufmercksam werden.

Die Weißhuhnische Sache will ich aufhalten biß ich von Ihnen Nachricht einer amicalen Beendigung habe.

Zu der glücklichen Annährung an Ihren Zweck geb ich meinen Segen. Wir können nichts thun als den Holzstos erbauen und recht trocknen, er fängt alsdann Feuer zur rechten Zeit und wir verwundern uns selbst darüber.

Hierbey auch ein Brief von, Jacobi. Sie werden sehen daß es ihm ganz gut geht. Sein Antheil an Ihren Briefen ist mir sehr lieb. Sein Urtheil über meinen ersten Band sey Ihnen zur Revision übergeben.

Leben Sie recht wohl, ich sehe Sie bald möglichst.

W. d. 28. Febr. 95.

G.[240]


10/3133.


An Friedrich Schiller

Ohngeachtet einer lebhaften Sehnsucht Sie wiederzusehen und zu sprechen konnte ich diese Woche doch nicht vom Platze kommen. Einige Schauspieler die ich in Gastrollen beurtheilen wollte, das üble Wetter und ein Rheumatism, den ich mir durch Verkältung zugezogen hatte, haben mich stufenweise gehindert und noch seh ich nicht wann und wie ich abkommen werde.

Lassen Sie mich indessen sagen daß ich fleißig war, daß der größte Theil des vierten Buchs abgegangen ist und daß der Procurator auch durchgearbeitet ist. Ich wünsche daß die Art wie ich die Geschichte gefaßt und ausgeführt Ihnen nicht mißfallen möge.

Wenn mein Roman in seinen bestimmten Epochen erscheinen kann will ich zufrieden seyn, an eine Beschleunigung ist nicht zu dencken. An den Horen den Theil zu nehmen den Sie wünschen wird mich nichts abhalten. Wenn ich Zeit und Stunde zusammennehme und abtheile; so kann ich dies Jahr vieles bey Seite bringen.

Vom zweyten Stücke der Horen habe noch nichts gehört, das erste spuckt aber schon genug in Deutsch land.

Meyer danckt für die Redacktion seiner Ideen, es ist nur weniges was anders gestellt seyn könnte, doch das wird uns niemand herausfinden. Er arbeitet jetzt an einer Darstellung Perugins, Bellins und Mantegnas.

[241] Aus der Beylage sehen Sie welche Monatsschriften künftig in unser Haus kommen. Ich lasse die Inhalts Tafel jedes Stücks abschreiben und füge eine kleine Recension dazu. Wenn mirs nur einmal ein halb Jahr haben, so können wir unsre Collegen schon übersehen.

Wenn wir uns streng und manigfaltig erhalten, so stehen wir bald oben an, denn alle übrigen Journale tragen mehr Ballast als Waare; und da uns daran gelegen ist unsre Arbeit zu weiterer eigner Ausbildung zu benutzen; so kann nur gutes dadurch entstehen und gewirckt werden.

Für die übersendeten Horen Exemplare dancke ich vielmals. Die zweyte Sendung ist mit der ersten übereinstimmend. Hier auf Schreib- und ebensoviel Postpapier.

Jakobi entschuldigt sich daß er noch nichts geschickt hat.

Ich wünsche daß gutes Wetter mir einen schneller Ritt zu Ihnen erlauben möge, denn ich verlange sehr nach einer Unterredung und nach Ihren bisherigen Arbeiten. Empfehlen Sie mich den Ihrigen.

W. d. 11. März 1795.

G.


10/3134.


An Friedrich Heinrich Jacobi

Deinen Brief vom 1sten März den ich gestern erhielt kann ich nicht nach Wunsch beantworten. Vor[242] einigen Tagen sprach ich die Angelegenheit mit Max weitläufig durch und da ergab sich denn daß ich zu Hause bleiben müsse. Ich will dir keine Ursachen sagen, denn wenn man sich in solchem Falle nicht rasch entschließt; so findet man Ursachen genug um in seinem Zustande zu verharren. Verzeih mir also wenn Max allein kommt. Er wird wohl über die Zeit selbst schreiben. Ich bin sehr gesammelt und fleißig und fürchte mich vor der hundertfachen Zerstreuung der Reise.

Gieb dir doch gelegentlich einmal die Mühe mir deutlich zu machen: worin du von unsern neuen Philosophen differirst? und wo der Punckt ist auf dem ihr euch scheidet und setze mich in den Stand in deinem Nahmen mit ihnen zu streiten.

Lebe wohl behalte mich lieb und grüße die Deinen.

W. d. 11. März 1795.

G.


10/3135.


An August Johann Georg Carl Batsch

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

erhalten hierbey die Ein Hundert Thaler welche Ostern für das Institut fällig sind. Die Treibekasten werden nun auch besorgt seyn.

Was den Gärtner Diezel betrifft, so hat Fürstl. Commission kein Bedenken, demselben, da Ew. Wohlgeb.[243] mit ihm zufrieden sind, auf unbestimmte Zeit, die Sorge des neuen botanischen Gartens unter Ihrer Aufsicht wie bißher zu überlassen; doch möchte derselbe, was seine Verbesserung betrifft, vorerst zur Ruhe zu verweisen seyn, indem nur eine Reihe von Jahren uns überzeugen kann, daß wir mit dem sehr mäßigen ausgesetzten Quanto den vorgesteckten Zweck zu erreichen im Stande seyen.

Ich wünsche Ew. Wohlgeb. bald eine recht gute Jahrszeit um in Ihrem Geschäft die erwünschten Fortschritte machen zu können.

Weimar den 15. März 1795.


10/3136.


An Friedrich Schiller

Vorige Woche bin ich von einem sonderbaren Instinckte befallen worden, der glücklicherweise noch fortdauert. Ich bekam Lust das religiose Buch meines Romans auszuarbeiten und da das Ganze auf den edelsten Täuschungen und auf der zartesten Verwechslung des subjecktiven und objecktiven beruht; so gehörte mehr Stimmung und Sammlung dazu als vielleicht zu einem andern Theile. Und doch wäre, wie Sie seiner Zeit sehen werden, eine solche Darstellung unmöglich gewesen wenn ich nicht früher die Studien nach der Natur dazu gesammelt hätte. Durch dieses Buch das ich vor Palmarum zu endigen dencke bin[244] ich ganz unvermuthet in meiner Arbeit sehr gefördert, indem es vor und rückwärts weißt und indem es begränzt zugleich leitet und führt. Der Prokurator ist auch geschrieben und darf nur durchgesehen werden. Sie können ihn also zur rechten Zeit haben.

Ich hoffe es soll mich nichts abhalten Palmarum zu Ihnen zu kommen und einige Wochen bey Ihnen zu bleiben, da wollen wir uns einmal wieder etwas zu Gute thun.

Mich verlangt nach Ihnen letzten Arbeiten, Ihre er sten haben wir gedruckt mit Vergnügen wiedergelesen.

Im Weimarischen Publico rumoren die Horen gewaltig, mir ist aber weder ein reines pro noch contra vorgekommen, man ist eigentlich nur dahinter her, man reißt sich die Stücke aus den Händen, und mehr wollen wir nicht für den Anfang.

Herr v. Humbold wird recht fleißig gewesen seyn, ich hoffe auch mit ihm mich über anatomica wieder zu unterhalten. Ich habe ihm einige, zwar sehr natürliche, doch interessante Präparate zurecht gelegt. Grüßen Sie ihn herzlich und die Damen. Der Procurator ist vor der Thüre. Leben Sie wohl und lieben mich, es ist nicht einseitig. W. d. 18. März 1795.

G.[245]


10/3137.


An Friedrich Schiller

Dem Procurator, der hier erscheint, wünsche ich gute Aufnahme.

Haben Sie die Güte mir ihn bald zurückzuschicken, weil ich ihn des Styls wegen gern noch einigemal durchgehen möchte.

Ich arbeite alles weg was mich hindern könnte mich bald in Ihrer Nähe zu freuen und zu erbauen.

W. d. 19 März 1795.

G.


10/3138.


An Friedrich Schiller

Das Manuscript schicke ich morgen Abend mit der reitenden Post an Sie ab.

Montags geht der Schluß des vierten Buches an Unger.

Nächste Woche hoffe ich alles was mir noch obliegt abzuthun und recht frey zu Ihnen zu kommen.

Zur Eroberung von Antwerpen wünsche ich Glück, sie wird in den Horen guten Effeckt machen.

Empfehlen Sie mich Ihren nächsten. Meyer grüßt, er ist auf alle Weise fleißig. Ich wünsche Ihnen die beste Wirckung des langsam eintretenden Frühjahrs und hoffe daß wir biß zur Jahresfeyer unsrer Bekanntschaft noch manches zusammen werden gearbeitet haben. W. d. 21. März 1795.

G.[246]


10/3139.


An Christiane Vulpius

Es geht mir, mein liebes Kind, hier recht gut, ich bin fleißig und mache meine Sachen weg. Beym schönen Wetter gehe ich spazieren, beym unfreundlichen bleibe ich zu Hause. Der Biskuit Kuchen wird Sonnabends anlangen und ich wünsche daß du ihn vergnügt verzehren mögest. Ich habe dich recht lieb und werde dir etwas mitbringen. Grüße den Kleinen. Wenn ich länger aussenbleibe; so komm einmal herüber und bring ihn mit. Lebe recht wohl.

[Jena] Freytag d. 3. April 1795.

G.


Schicke mir doch sechs Bouteillen Wein und eine gute Salvelatwurst, denn was das Essen betrifft lebe ich schlecht und theuer.


10/3140.


An Christiane Vulpius

Da ich an Geh. R. Voigt einen Boten schicke so muß ich dir sagen: daß es mir wohl geht und daß ich beym übeln und schönen Wetter spaziere und arbeite. Was machst denn du und der Kleine? Wie ist euer Osterfest abgelaufen?

Ich bleibe noch einige Zeit hier, wenn du einmal auf einige Tage herüber kommen willst; so soll es[247] mir lieb seyn. Dem Kleinen wird es viel Freude machen. Besser wäre es ihr wartetet noch eine Woche weil es alsdann schon grüner und anmuthiger ist. Lebe recht wohl und liebe mich.

Die Schokolade fangt an zu fehlen. Schicke mir doch welche auch Sonnabend wieder Wein.

Jena d. 9. Apr. 1795.

Goethe.


10/3141.


An Christian Gottlob Voigt

Hier, mein bester Geh. Rath, die beyden Briefe, es wird nicht nöthig seyn sie zu kopiren, ich habe unter die Nota angemerckt: daß ihnen gemäß die Briefe erlassen sind. Die Ilmenauer Briefe sowohl als die Nota haben Sie die Güte zu den Acten zu legen.

Steinert wird das Modell mitnehmen es kann bey mir abgefordert werden, es steht in der Bibliotheck.

Bey dem kleinen Geschäfte das ich hier treibe habe ich bedauerlich zu bemercken: daß es im Kleinen wie im Großen geht. Folge! das einzige wodurch alles gemacht wird, und ohne das nichts gemacht werden kann, warum läßt sie sich so selten halten! Warum so wenig durch sich selbst und andre hervorbringen.

Ihre Bemühungen, werther Freund, sind mir daher immer so schätzbar, weil Sie auch ins einzelne eine Verbindung zu bringen und eine lange Reihe von[248] Geschäften mit Geduld auszuführen wissen. Recht herzlich freu ich mich daß Ihr Sohn so gut einschlägt und Ihrer Sorge so antwortet.

Leben Sie recht wohl. Wir wollen den innern Frieden der höher ist als alles Kriegs und Friedens Gewäsche zu erhalten suchen und uns der Gesinnungen die uns verbinden freuen.

Jena d. 9. Apr. 1795.

G.


10/3142.


An Christiane Vulpius

Hiermit, mein Liebchen, schicke ich dir fünf leere Bouteillen und sogar die Stöpsel dazu, damit du siehst daß ich ein gut Beyspiel in der Haushaltung nachzuahmen weiß. Es freut mich wenn ihr euch lustig gemacht habt, ich dachte schon das Wetter hätte euch den Spas verdorben.

Sonntag Abends kommt Meyer hinüber und bleibt die Nacht. Er wird dich an den Mangold erinnern. Das Säckchen liegt in meiner Bibliotheck und du wirst wohl thun wenn du ihn bald in die Erde schaffst.

Richte dich ein wenn du herüberkommst daß du einige Tage bleiben kannst. Grüße mir das Bübchen. Ich wünsche zu hören daß deine Übel leidlich sind, wenn sie nicht sich bald gar entfernen. Lebe recht wohl.

Jena d. 10. Apr. 1795.

G.[249]


10/3143.


An Christian Gottlob Voigt

Es ist mir eingefallen: ob Sie nicht Bertuch und Osann, wenn der Baumeister, wie wahrscheinlich noch nicht weg ist, von der Sache etwas sagten, oder, wenn er weg wäre, notificatorie. Da wir mit unserm Schmelzwesen noch so sehr im Dunckeln sind, so kann es der Gewerckschaft angenehm sehn, wenn wir ohne ihre Kosten, Versuche in ähnlichen Arbeiten anstellen lassen.

Sie haben also das absolute Ich in großer Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen. Es geht ihm aber wie dem Schöpfer und Erhalten aller Dinge der, wie uns die Theologen sagen, auch mit seinen Creaturen nicht fertig werden kann. Ich wünsche wohl zu leben.

Jena, d. 10. Apr. 1795.

Goethe.


10/3144.


An Christian Gottlob Voigt

Vent wird sich die Freyheit nehmen die Spritzensache bey Ihnen in Erinnerung zu bringen und umständlich die Verlegenheit vorlegen in der er sich befindet. Haben Sie die Güte diesen braven Mann, der gern so grad geht, auf den graden und sichern Weg zu helfen.

[250] Auch wird er wegen eines Druckwerks Vortrag thun das ich in den botanischen Garten wünsche. Das Wasser ist nun darin, aber es herum und besonders auf die Höhe zu schleppen ist höchst mühsam und kostspielig. Ein wohlfeil Druckwerk ist zu haben und wir können es nach und nach bezahlen. Die ganze Einrichtung kann etwa 100 Thlr. kommen. Wenn Sie beystimmen, so schafft er es gleich herüber und ich lasse in meiner Gegenwart noch alles einrichten.

Leben Sie recht wohl, und ist es möglich; so besuchen Sie mich.

Jena den 11. April 1795, G.


10/3145.


An Johann Daniel Binder

[Concept.]

Da man bey dem, dieses Jahr nothwendig vorzunehmenden Wasserbau die auf den herrschaftlichen Wiesen schon geschlagenen Weiden nicht entbehren kann, so wird der Herr Rentkommissair Binder hierdurch ersucht gegen eine billige Taxe solche zu überlassen, und die Deputate wozu sie, wie man hört, bestimmt sind, anderwärts abreichen zu lassen.

Jena d. 12. Apr. 1795.

G.[251]


10/3146.


An Johann Gottlob Vent

[Concept.]

Ich vernehme, daß der Rentsekretair Binder zu Dornburg die nahe an der Saale geschlagenen Weiden, ungeachtet meiner an ihn erlassenen Verordnung abfahren lassen. Sie erhalten daher den Auftrag ihn zu befragen: ob er gedachte Verordnung Sonntags den 12. d. M. erhalten, und warum er ohngeachtet derselben die Weiden abfahren lassen? Woraus Sie mir seine Erklärung sogleich berichten und dabey Nachricht geben werden, wie es gegenwärtig mit dem Wasserbau bey Dornburg steht.

Jena den 17. April 1795.

G.


10/3147.


An Christian Gottlob Voigt

Wollten Sie die Güte haben auf beykommende Quittung zweyhundert Thaler an mich herüberzahlen zu lassen. Das Geschäft geht ganz gut, und da ich täglich zweymal die Arbeit besehe; so komme ich auch immer zu mehrerer Klarheit was zu machen ist und hoffe immer mehr mit wenigerm Aufwand zu leisten.

Leben Sie recht wohl und lieben mich.

Jena d. 22. Apr. 1795.

G.[252]


10/3148.


An Friedrich Constantin von Stein

Jena, den 24. April 1795.

Mit wahrer Freude vernehme ich, daß du wieder nach Hause gekommen bist, und hoffe dich bald zu sehen und mich mit dir über deine Reise zu unterhalten. Deine Erklärung wegen des schlesischen Aufenthalts werde ich an Durchlaucht den Herzog gelangen lassen. Ich wünsche, daß er sie billig finde und dir seine gnädigen Gesinnungen continuire.

Behalte mich lieb, und erfreue dich des hellen geraden Weges, auf dem du wandelst.

G.


10/3149.


An Friedrich Constantin von Stein

Jena, den 27. April 1795.

Hier schicke ich dir, mein Lieber, Durchlaucht des Herzogs Brief. Da er blos zu deiner Beruhigung dienen soll, so laß ihn Niemand sehen und gieb mir ihn gelegentlich wieder. Ich freue mich, daß auch diese neue Aussicht zu deiner Zufriedenheit eröffnet wird. Ich wünsche dich bald zu sehen und von dir zu vernehmen, in welcher Epoche sich dein ganzes Wesen, und auf welcher Stufe sich deine Kenntniß befindet, nach welcher Seite du dein Wissen zu erweitern und wohin du eigentlich deine Thätigkeit zu[253] richten Lust hast. Es soll mich freuen, dir dabei auf irgend eine Weise nützlich zu seyn.

Lebe wohl, und behalte mich lieb.

G.


10/3150.


An Christian Gottlob Voigt

[2. oder 3. Mai]

Ich dächte man gäbe dem Grobian sein Papier wieder, ich weiß nicht einmal wo es ist. Wahrscheinlich hat es der Bauverwalter.

G.


10/3151.


An Friedrich Schiller

Gestern konnte ich mich, ohngeachtet einiger sehr leeren Stunden, nicht überwinden nochmals zu Ihnen zu gehen und förmlich Abschied zu nehmen, ich verließ Jena sehr ungern und dancke Ihnen nochmals herzlich für Ihre Theilnehmung und Mittheilung. Hier vor allen Dingen die Elegien, die ich mir bald möglichst zurück erbitte, sie sollen dann, auf die gehörige Seitenzahl eingetheilt, abgeschrieben erscheinen.

Für den Kalender habe ich einiges, besonders für die Herrn X. Y. Z. gefunden, das nächstens mit dem übrigen folgt. Erinnern Sie mich manchmal an die Desiderata, damit mein guter Wille zur That werde.

Leben Sie recht wohl und grüßen die Ihrigen und die Freunde. W. d. 3. May 1795.

G.[254]


10/3152.


An August Johann Georg Carl Batsch

[Concept.]

Ew. Wohlgebohrn

erhalten gegenwärtiges durch den Hofgärtner Dietrich, welcher zugleich 41 Pflanzen überbringt, mit welchen Serenissimus dem botanischen Garten ein Geschenk machen.

Sie werden sich gewiß mit uns erfreuen, daß Durchlaucht der Herzog einen so lebhaften Antheil an dem Fortgange des Instituts nehmen, und besonders Sorge tragen, daß die Juniperus– und Pinus-Arten beym Verpflanzen auf das Beste besorgt werden.

Ich habe das Vergnügen Sie bald wieder zu sehen.

Weimar den 5. May 1795.


10/3153.


An Friedrich Schiller

Weimar, den 12. May 1795.

Die Sendung der Elegien hat mich in elegischen Umständen nach dem gewöhnlichen Sinne, das heißt in erbärmlichen angetroffen. Nach dem guten Leben in Jena, wo ich nebst so mancher Seelenspeise auch der warmen freyen Luft genoß, hat mich hier die kalte Witterung sehr unfreundlich empfangen und einige Stunden, in denen ich dem Zug ausgesetzt war,[255] brachten mir ein Flußfieber zuwege, das mir die rechte Hälfte des Kopfs sehr schmerzlich angriff und zugleich die linke unbrauchbar machte. Nun bin ich so weit wieder hergestellt, daß ich ohne Schmerzen ziemlich zufrieden in meiner Stube an die rückständigen Arbeiten gehen kann.

Mit den Elegien wird nicht viel zu thun seyn, als daß man die 2te und die 16te wegläßt: denn ihr zerstümmeltes Ansehn wird auffallend seyn, wenn man statt der anstößigen Stellen nicht etwas currenteres hinein restaurirte, wozu ich mich aber ganz und gar ungeschickt fühle. Auch wird man sie hinter einander wegdrucken müssen, wie es eben trifft: denn jede auf einer andern Seite anzufangen scheint, ich mag auch zählen und rechnen wie ich will, nicht thunlich. Bey der Menge Zeilen unsrer Seite würden mehr als einmal unschickliche Räume übrig bleiben. Doch überlasse ich Ihnen das, und schicke nächstens das Manuscript. Der zweyte Band des Romans stockt irgend bey einem Spediteur; ich sollte ihn schon lange haben, und wünschte ihn mitschicken zu können. Ich bin nun am fünften Buche und hoffe vor Pfingsten nicht viel mehr übrig zu lassen.

Meyer ist sehr fleißig. Er hat bisher vortreffliche Sachen gemacht; mir ist, als wenn ihm mit jedem Tage Gedanke und Ausführung besser gelängen.

Haben Sie die Güte mir bald Nachricht von Ihrem Befinden zu geben, und ob nichts Neues eingelaufen[256] ist. Jacobi hat abermals durch Fritz von Stein sein Versprechen prorogiert.


den 14. May 1795.

Dieses Blatt, das einige Tage liegen geblieben, will ich wenigstens der heutigen Post nicht vorenthalten.

Haben Sie die Abhandlung über den Styl in den bildenden Künsten im Aprilmonat des Merkurs gesehen? Das worüber wir alle einig sind ist recht gut und brav gesagt; aber daß doch der Genius, der dem Philosophen vor aller Erfahrung beywohnt, ihn nicht auch zupft und warnt, wenn er sich bey unvollständiger Erfahrung zu prostituiren Anstalt macht. Wahrlich in diesem Aufsatz sind Stellen, die des Herrn von Rochow's nicht unwürdig wären.

Lassen Sie mich bald hören, wie Sie sich befinden.

G.


10/3154.


An Christian Gottlob Voigt

[etwa 13. Mai.]

Für die gefällige Besorgung der Bücher Commission dancke recht sehr.

Hierbey zwey Stück Horen. Das vierte folgt.

Eine Registratur wegen Moriz setze auf.

Sollte ich nicht gestern mit dem Briefe des Bergraths Ew. Hochw. das Vollmachtsconcept wieder zurück gegeben haben. Ich habe meine Garderobe und mein[257] Zimmer umgekehrt und kann sie nicht finden. Da meine Mutter pressirt; bin ich in Verlegenheit Sie nochmals um diese Gefälligkeit zu bitten. Ich begreife nicht wo es hin seyn kann, da ich den Anzeiger und was ich sonst in der Tasche hatte alles gefunden habe.

Steinerts Baubericht, Schmidts Votum und ein Bericht Concept ad Sereniss. von uns liegt bey mir. Ich will vorher nochmals den Baumeister vornehmen. Es sieht sonst so unförmlich aus.

G.


10/3155.


An Friedrich Schiller

Ehe mein Paquet abgeht erhalt ich das Ihrige, und nun noch einige Worte.

Von den Elegien soll morgen Abend mit der reitenden Post etwas abgehen; ich wünsche daß ja kein Unfall Ihren Aufsatz unterbrechen möge. Zum siebenten Stück kann ich Ihnen nahe an zwey Bogen versprechen.

Lassen Sie uns nur unsern Gang unverrückt fortgehen; wir wissen was wir geben können und wen wir vor uns haben. Ich kenne das Possenspiel des deutschen Autowesens schon zwanzig Jahre in und auswendig; es muß nur fortgespielt werden, weiter ist dabey nichts zu sagen.

Reichardt ist nicht abzuweisen, aber seine Zudringlichkeit werden Sie sehr in Schranken halten müssen.

[258] Luise habe ich noch nicht gesehen; Sie werden mir eine Gefälligkeit erzeigen sie zu schicken. Ich lege Ihnen einen Band von Herders Terpsichore bey, den ich mir bald zurück erbitte und der Ihnen viel Freude machen wird.

Mein Übel ist wieder ziemlich vorüber. Ich hatte mich schon eingerichtet, Sie wenigstens auf einen halben Tag zu besuchen, nun muß ich es bis auf Trinitatis anstehen lassen. Die nächsten vierzehn Tage halten mich die Proben von Claudine fest.

Leben Sie recht wohl, und grüßen Sie unsre Freunde.

Im Moniteur steht, daß Deutschland hauptsächlich wegen der Philosophie berühmt sey, und daß ein Mr. Kant und sein Schüler Mr. Fichte den Deutschen eigentlich die Lichter aufsteckten.

Weimar d. 16. May 1795.

G.


Mit den Exemplaren der Horen sind wir nicht ganz in Ordnung. Es hat indeß so viel nicht zu sagen; Herr Cotta ist ja wohl so artig, am Ende des halben Jahres zu complettiren.


10/3156.


An Friedrich Schiller

Hier erhalten Sie, mein Werthester, endlich den zweyten Band Wilhelms. Ich wünsche ihm auch bey[259] seiner öffentlichen Erscheinung die Fortdauer Ihrer Neigung. Ich suche nun das fünfte Buch in Ordnung zu bringen, und da das sechste schon fertig ist; so hoffe ich vor Ende dieses Monats mich für diesen Sommer frey gearbeitet zu haben. Ich wünsche bald zu hören, wie es Ihnen gelingt.

Beyliegende Exemplare bitte ich nach der Aufschrift völlig zu vertheilen.

Leben Sie recht wohl.

Weimar den 16. May 1795.

G.


10/3157.


An Friedrich Schiller

Hier, mein werthester die Elegien. Die zwey sind ausgelaßen. Die angezeichnete Stelle in der sechsten habe ich stehen lassen. Man versteht sie nicht das ist wohl wahr; aber man braucht ja auch Noten, zu einem alten nicht allein, sondern auch zu einem benachbarten Schriftsteller.

Wolfs Vorrede zur Ilias habe ich gelesen, sie ist interessant genug, hat mich aber schlecht erbaut. Die Idee mag gut seyn und die Bemühung ist respecktabel, wenn nur nicht diese Herrn, um ihre schwachen Flancken zu decken, gelegentlich die fruchbarsten Gärten des ästethischen Reichs verwüsten und in leidige Verschanzungen verwandeln müsten. Und am Ende[260] ist mehr subjecktives als man denckt in diesem ganzen Krame. Ich freue mich bald mit Ihnen darüber zu sprechen. Eine tüchtige Epistel hab ich diesen Freunden dereinst zugedacht.

Herr v. Humbold hat uns durch seinen Besuch gestern aufs angenehmste überrascht. Grüßen Sie ihn aufs beste.

Leben Sie recht wohl. Die übrigen Elegien folgen, und ich, wills Gott, bald auch.

W. d. 17. May 1795.

G.


Die Einrichtung des Drucks überlaße ich Ihnen ganz. Vielleicht lassen sie sich noch schicklich rücken


10/3158.


An Friedrich Schiller

Die letzten Elegien folgen denn auch und mögen mit gutem Omen abgehen.

Nun sollen Liedchen folgen und was dem Almanach frommen könnte.

Ich bin fleißig und nachdencklich und möchte Sie über vieles sprechen. Vielleicht komm ich bald.

Leben Sie recht wohl und grüßen die liebe Frau.

W. d. 18. May 1795.

G.[261]


10/3159.


An Johann Friedrich Unger

[Concept.]

[18. Mai.]

Die gedruckten Exemplare des zweyten Bandes sind, jedoch ziemlich spät angekommen; früher das Geld, worüber ich hiermit dankbar quittire.

Das fünfte Buch wird wohl vor Johanni nicht abgehen können; dagegen wird aber auch um jene Zeit das sechste zugleich völlig in Ordnung seyn und der Druck ununterbrochen fortgehen können.

Was die Herausgabe meiner Beobachtungen und Betrachtungen aus der Naturlehre und Naturgeschichte betrifft, so wünschte ich vor allen Dingen zu wissen, was für ein Format Sie für eine solche Schrift am räthlichsten halten? Da verschiedene Kupfer zur Erläuterung nöthig sind, so wünschte ich es nicht gar zu klein. Ein groß Oktav mit lateinischen Lettern wäre vielleicht das Schicklichste. Die Kupfer würde ich hier am wohlfeilsten stechen, aber . . . . . drucken und illuminiren lassen, worüber sich alsdann mehr sprechen ließe.


10/3160.


An Carl Friedrich von Woser

[Concept.]

[22. Mai.]

Welche Freude würde ich in früherer ruhiger Zeit bey dem Empfang von Ew. Excellenz Briefe empfunden[262] haben, da man zwar nicht im Überfluß, doch bequem lebte und im Stande war zur Zufriedenheit würdiger deutscher Männer manchmal dasjenige im Kleinen zu thun, was sie von der Nation im Großen hätten erwarten können. Leider traf mich Ew. Excellenz vertrauliches Schreiben in der ganz entgegen gesetzten Lage, die drohende allgemeine Noth führte jeden auf einen unnatürlichen Egoismus und die Feder versagte mir mehr als einmal den Dienst, wenn ich antworten und mein Unvermögen bekennen wollte.

Nun da die Hoffnung des Friedens uns wenigstens scheinbar näher . . . . . läßt daß wir vielleicht bald wieder in einen Zustand gerathen können, in welchem wir auch angenehme Pflichte zu erfüllen im Stande sind; so versäume ich nicht Ew. Excellenz für das mir bezeigte Vertrauen zu danken und zu versichern, daß ich es für eine der schönsten Früchte der wiederhergestellten Ruhe halten würde, wenn ich mich im Stand sähe, wenigstens einen Theil Ihrer Wünsche zu erfüllen, und durch den guten Willen zu zeigen, wie sehr ich wünschte für die frühere Bildung, die ich Ihrem Einfluß schuldig bin, dankbar zu seyn.

Der ich mich[263]


10/3161.


An Samuel Thomas von Sömmerring

Der zweite Band des Roman's empfiehlt sich hiermit Ihnen und Ihrer lieben Frauen. Dabei liegt die Abhandlung über die farbigen Schatten, von der ich nur die Versuche empfehle, die Meinung muß, wo nicht ganz anders, doch viel anders bestimmt, ausgedrückt werden. Ich wollte das noch nachtragen und kam nicht dazu, darum blieb diese Schrift so lange liegen.

Wenn Sie von Ihren Bemühungen über's Auge nicht bald etwas öffentlich geben, so lassen Sie mir es im Manuscripte sehen. In einigen Monaten hoffe ich Verschiednes, das Sie interessiren wird, mitzutheilen.

Leben Sie recht wohl. Sagen mir manchmal etwas und behalten mich lieb.

Weimar den 25. Mai 1795.

Goethe.


10/3162.


An Jakob Stock

Wohlgeborener

Hochgeehrtester Herr Senator,

Ew. Wohlgeboren werden den zweiten Theil meines Romans so freundschaftlich als den ersten aufnehmen, und nach wichtigen und beschwerlichen Geschäften, Sich vielleicht durch einen Blick in diese phantastische[264] Welt erheitern. Darf ich bitten mich den werthen Ihrigen zu empfehlen. Wie sehr freue ich mich, daß meine liebe Vaterstadt sich die nächsten Hoffnungen auf Ruhe und Sicherheit machen darf.

Ew. Wohlgeboren

W. d. 25. Mai

ergebenster

1795.

Goethe.


10/3163.


An Friedrich Schiller

Ich dancke Ihnen recht sehr daß Sie mir die Sorge über Ihren Fieber Anfall durch die liebe Frau, die ich bestens grüße so bald benommen haben, möge doch Karl auch die Masern glücklich überstehen.

Mir ist es gleich bey meiner Rückkunft übel ergangen, ein Recitiv des Backengeschwulstes überfiel mich und da ich die Sache leicht nahm ward sie Stufenweise so arg daß ich von Humbold nicht einmal Abschied nehmen konnte. Jetzt ist das Übel im Fallen. Ich habe indessen am Roman abschreiben lassen und schicke vielleicht die erste Hälfte des fünften Buches, die auch Epoche macht, nächsten Sonnabend.

Die Horen habe erhalten.

Hierbey ein Tragelaph von der ersten Sorte.

Meyer grüßt und ist sehr fleißig.

Leben Sie wohl und laßen mich bald wissen wie es Ihnen und den Ihrigen geht und was Sie arbeiten.

W. d. 10. Jun. 1795.

G.[265]


10/3164.


An Friedrich Schiller

Hier die Hälfte des fünften Buches, sie macht Epoche drum durft ich sie senden. Ich wünsche ihr gute Aufnahme Mein Übel hat meine Plane geändert so mußt ich mit dieser Arbeit vorrucken. Verzeichen Sie die Schreibfehler und vergessen des Bleystifts nicht. Wenn Sie und Humbold es gelesen haben bitte ich es bald zurück. Da ich ungeduldig bin körperlich zu leiden, werde ich wohl nach Carlsbad gehen, das mich ehmals auf lange Zeit von gleichen Übeln befreyte. Leben Sie wohl. Für den Calender nächstens etwas, auch für die Horen. Ich bin erwartend wie Ihnen ein Einfall gefällt den ich habe die Jurisdicktion der Horen und der Journale überhaupt zu erweitern. Sie erhalten einen Brief eines Mitarbeiters.

Mögen Sie doch recht wohl seyn und in Ihren Arbeiten nicht gehindert. W. d. 11. Jun. 1795. Was macht Carl?

G.


10/3165.


An Johann Daniel Binder

[Concept.]

Dem Rentbeamten Binder zu Dornburg wird sein Betragen, daß er dieses Frühjahr, ungeachtet einer an ihn geschehenen Weisung die in der Nähe des[266] Wasserbaues abgeköpften Weiden abfahren lassen und dadurch Zeitverlust und Kosten verursacht, hierdurch ernstlich verwiesen und demselben aufgegeben, keine Weiden auf herrschaftlichen Wiesen, ohne Erlaubniß Fürstl. Wasserbau-Commission, oder deren Untergeordnete, fernerhin hauen und abfahren zu lassen.

Weimar, den 11. Juny 1795.


10/3166.


An Friedrich Schiller

Hierbey die Concepte von den bewußten Briefen, an denen sich noch manches wird retouchiren lassen, wenn Sie mit den Hauptideen zufrieden sind. Dergleichen Aufsätze sind wie Würfel im Bretspiele; es entsteht meist etwas daraus was man nicht denkt, aber es muß doch etwas daraus entstehen. Vor Ende dieses Monats geh ich von hier nicht weg, und lasse Ihnen noch für das siebente Stück eine gewöhnliche Portion Unterhaltungen zurück. Bis dahin ist auch die 2te Hälfte des fünften Buchs abgeschrieben, und so hätten wir uns der Widerwärtigkeit so gut als möglich zu unsern Arbeiten bedient. Leben Sie recht wohl, thun Sie desgleichen; möge Ihnen die Epistel recht gut gerathen.

Weimar den 13. 1795.

Goethe.[267]


10/3167.


An Friedrich Schiller

Ihre Zufriedenheit mit dem fünften Buche des Romans war mir höchst erfreulich und hat mich zur Arbeit, die mir noch bevor steht, gestärkt. Es ist mir sehr angenehmen, daß die wunderlichen und spaßhaften Geheimnisse ihre Wirkung thun und daß mir, nach Ihrem Zeugnisse, die Ausführung der angelegten Situationen geglückt ist. Um so lieber habe ich Ihre Erinnerungen, wegen des theoretisch-praktischen Gewäsches genutzt und bey einigen Stellen die Schere wirken lassen. Dergleichen Reste der frühern Behandlung wird man nie ganz los, ob ich gleich das erste Manuscript fast um ein Drittel verkürzt habe.

Über das was mit dem Briefe an den Herausgeber, oder bey Gelegenheit desselben anzufangen ist, werden wir bey einer Unterredung leicht einig werden. Ich werde etwa zu Ende der andern Woche bey Ihnen seyn und wo möglich die versprochene Erzählung mitbringen.

Auf den Sonnabend schicke ich Meyers Aufsatz über Johann Bellin; er ist sehr schön, nur leider zu kurz. Haben Sie die Güte uns die Einleitung, die Sie schon in Händen haben, wieder zurück zu schicken, weil noch einiges darin zu suppliren ist. Wenn er den Mantegna noch dazu fügen könnte, so wär' es ein Gewinn für das siebente Stück.

[268] Es ist mir angenehm, daß Ihnen der neue Tragelaph nicht ganz zuwider ist; es ist wirklich schade für den Menschen, er scheint sehr isolirt zu leben und kann deswegen bey manchen guten Parthieen seiner Individualität nicht zu Reinigung seines Geschmacks kommen. Es scheint leider, daß er selbst die beste Gesselschaft ist, mit der er umgeht. Sie erhalten noch zwey Bände dieses wunderlichen Werks.

Die vier Wochen in Carlsbad denke ich einer Revision meiner naturwissenschaftlichen Bemühungen zu widmen; ich will sehen, daß ich ein Schema dessen, was ich schon gethan habe und wohin ich mich zunächst wenden muß, aufsetze, um nur erst ein Fachwerk für die vielen zerstreuten Erfahrungen und Betrachtungen bereit zu haben.

Was sagen Sie zu einer Schrift, aus der ich Ihnen beyliegende Stelle abschreiben lasse?

Leben Sie recht wohl mit den Ihrigen und grüßen Humbolds.

W. d. 18. Jun. 1795.

Goethe.


10/3168.


An Carl Morgenstern

Die Schrift, die Sie mir gefällig mittheilten erhielt ich zu eben der Zeit, als Herr Professor Wolf sich bey uns befand und lernte also zu gleicher Zeit diesen trefflichen Mann und seinen würdigen Schüler[269] kennen. Ich danke Ihnen recht sehr für das übersandte Buch, das mir eine angenehme und belehrende Unterhaltung gegeben und zugleich eine weite Aussicht auf das was wir von Ihnen zu erwarten haben eröffnet hat.

Ich wünsche Ihnen eine dauerhafte Gesundheit um dasjenige ausführen zu können, wozu Sie uns Hoffnung machen.

Weimar, den 18. Juny 1795.

Goethe.


10/3169.


An Alexander von Humboldt

[18. Juni.]

Ein Übel, das ich mir wahrscheinlich durch Verkältung zugezogen habe, und das mich seit einiger Zeit an meinen Kinnladen plagt, konnte mich nur über Ihr Außenbleiben trösten, denn wenn Sie wirklich gekommen wären, und ich hätte die Reise nach Ilmenau nicht mit Ihnen machen können, so würde ich äußerst verdrießlich geworden sein.

Für die überschickten Schriften danke ich aufs beste. Ich habe sie gleich gelesen, studirt und mir manches daraus zugeeignet, wie Sie in der Folge bemerken werden. Ihre neuern Versuche über das galvanische Fluidum, die mir Ihr Herr Bruder mitgetheilt hat, sind sehr interessant. Wie merkwürdig ist, was ein bloßer Hauch und Druck, eine Bewegung[270] thun kann! So kennen Sie das Phänomen, da durch den Druck zweier Glasplatten die schönen Farben entstehen. Nun fange ich an, mich zu überzeugen, daß der Druck der atmosphärischen Luft und das Reiben derselben Ursache der Farben der Seifenblasen ist. Geben Sie uns ja Ihre Versuche sobald als möglich gedruckt und im Zusammenhange. In wissenschaftlichen Dingen kann man sich nie übereilen. Was man richtig beobachtet hat, wirkt tausendfältig auf andere und von ihnen wieder auf uns zurück. Wenn man etwas übersieht oder aus gewissen Datis zu geschwinde folgert, das braucht man sich nicht reuen zu lassen.

Sagen Sie mir ja von Zeit zu Zeit etwas von Ihren Erfahrungen und seien Sie meiner lebhaften Theilnahme gewiß. Da Ihre Beobachtungen vom Element, die meinigen von der Gestalt ausgehen, so können wir nicht genug eilen, uns in der Mitte zu begegnen. Dankbar erkenne ich den Antheil, den Sie mir auch öffentlich an Ihren Arbeiten geben wollen, dieser Beweis Ihrer freundschaftlichen Gesinnung ist mir sehr schmeichelhaft.

Ich gebe die Hoffnung noch nicht auf, Ilmenau einmal mit Ihnen zu besuchen. Da Ihre Thätigkeit, Ihre Liebhaberei und Bestimmung Sie in Bewegung erhalten, so habe ich Hoffnung, Sie von Zeit zu Zeit in unsern Gegend zu sehen, und mit dem, was Sie denken und thun, immer bekannter zu werden. Ich nehme gewiß an Ihren Fortschritten lebhaften Antheil,[271] und daß Sie mir ein öffentliches freundschaftliches Zeugniß unserer wissenschaftlichen Verbindung geben wollen, erkenne ich mit aufrichtigem Danke und erwarte Ihre Schrift mit vielem Verlangen. Leben Sie recht wohl, damit Ihre Thätigkeit ungestört fortwirke; gedenken Sie mein und lassen Sie mich von Zeit zu Zeit etwas von sich hören.


10/3170.


An Friedrich Schiller

Eine Erzählung für die Horen und ein Blätchen für den Almanach mögen meine Vorläufer seyn. Montags bin ich bey Ihnen und es wird sich manches bereden lassen. Voß grüßt und bietet eine antiquarische Abhandlung über die Hähne der Götter und allenfalls ein Stück alte Geographie an.

Herder verspricht baldigst etwas über den Homer. Wenn noch was von Jakobi käme; so wäre es recht gut.

Ich verlange zu sehen was Sie gearbeitet haben.

Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frauen und Humbolds, ich freue mich Sie wieder zu sehen.

W. d. 27. Jun. 1795.

Goethe.


10/3171.


An Christian Gottlob Voigt

[Ende Juni.]

Dürfte ich um Mittheilung der Krusischen Anmerkungen bitten, die er in den Sessionen ausgezeichnet[272] hat; ich wollte alsdann sogleich das Schema zu den Protokollen machen und solches wäre nach vorhergegangener Besprechung auszuführen, wie denn nun auch das Fernere nach und nach besorgt werden kann.

G.


10/3172.


An August Johann Georg Carl Batsch

Da in dem Kontrakte sowohl uns als Diezeln die Aufkündigung vorbehalten ist, so werden E. W. ihn auf die daselbst bestimmte Frist verweisen, sich indessen nach einem anderen tauglichen Subjekte umsehen und selbiges bei Fürstlicher Kommission in Vorschlag bringen. In einer Zeit von vier Wochen werde ich sowohl als Herr Geh. R. Voigt wieder zurück sein.

Jena, d. 1. Jul 95.

J. W. v. Goethe.


10/3173.


An Johann Heinrich Voß

[Jena, 1. Juli.]

Mit dem besten Danke für die übersendeten Bücher schicke ich hier einige Kleinigkeiten zum Musenalmanach. Ich bin arm an Gedichten, die in eine solche Sammlung passen, doch hoffe ich, es soll künftig besser werden. Nehmen Sie diese einstweilen freundlich an.

Für das, was Sie an Luisen aufs neue gethan haben, danke ich Ihnen, als wenn Sie eine meiner ältesten Freundinnen ausgestattet und versorgt hätten.

[273] Ich habe besonders die dritte Idylle, seitdem sie im Merkur stand, so oft vorgelesen und recitirt, daß ich mir sie ganz zu eigen gemacht habe und, so wie das Werk jetzt zusammen steht, ist es eben so national als eigen reizend. Das deutsche Wesen nimmt sich darin zu seinem größten Vortheil aus.

Ihre Sammlung Gedichte soll mir eine angenehme Gesellschaft im Carlsbade sein, wohin ich jetzt gehe.

Ich wünsche, daß Ihr Abschied an Heyne wirklich ein Abschied sei. Es scheint mir, als wenn Sie eigentlich gar nicht hassen sollten. Ich würde mir diese Leidenschaft nie erlauben, wenn ich mich nicht dabei lustig machen könnte.

Schiller ersucht Sie, ihm Ihre Abhandlung zu schicken; er ist geneigt, sie in die Horen aufzunehmen, und wünscht, sie und ihren Inhalt näher kennen zu lernen.

Wenn Sie sich wieder zu einer Reise entschließen, so lassen Sie mich's doch voraus wissen, damit wir uns nicht verfehlen.

Meinen Roman schicke ich, wenn die vier Bände beisammen sind. Fahren Sie ja fort mich mit dem bekannt zu machen, was Sie thun und treiben.

Mit Herrn Prof. Wolf aus Halle habe ich auch vor kurzem Bekanntschaft gemacht, und freue mich auf eine nähere Verbindung mit demselben. Sie sollten nur auch noch in unserer Gegend sein, dann wollten wir noch von allen Seiten etwas zusammen arbeiten.[274] Leben Sie recht wohl, gedenken mein und sein überzeugt, daß ich an allem, was Ihnen begegnet, den lebhaftesten Antheil nehme.


10/3174.


An Christiane Vulpius

Eh ich weggehe muß ich dir noch, mein Liebchen, ein Wort sagen daß ich dich liebe und an dich dencke. Donnerstag früh gehe ich weg und küsse dich und den kleinen in Gedancken. Hier geht mirs wohl. Lebe wohl und dencke mein. Aus dem Carlsbad schreib ich dir gleich. Jena d. 2. Jul. 1795.

G.


10/3175.


An Christiane Vulpius

Nachdem ich leidliche und böse Wege zurückgelegt bin ich glücklich in Carlsbad angekommen. Die ersten Tage waren sehr regnicht jetzt fängst an besser zu werden. Ich habe angefangen den Brunnen zu trincken und habe viel Bekanntschaft gemacht. Äugelchen setzts auch genug, dabey wünsche ich mir daß ich dir die Felsen und Gegenden zeigen könnte. Einige Spaziergänge sind sehr schön. Hier schicke ich euch eine Schachtel getrocknetes Obst. Grüße den Kleinen. Ich freue mich schon das Haus wieder recht ordentlich zu finden. Lebe wohl und behalte mich lieb.

Carlsbad d. 7. Jul. 1795.

G.[275]


10/3176.


An Friedrich Schiller

Die Gelegenheit Ihnen durch Frl. von Göchhausen diesen Brief zu übersenden versäume ich nicht. Nach überstandnen leidlichen und bösen Wegen bin ich am 4ten Abends angelangt, das Wetter war biß heute äusserst schlecht und der erste Sonnenblick scheint nur vorübergehend zu seyn. Die Gesselschaft ist zahlreich und gut, man beklagt sich, wie immer, über den Mangel an Harmonie und jeder lebt auf seine Weise. Ich habe nur gesehen und geschwätzt, was sonst werden und gedeihen wird muß abgewartet werden. Auf alle Fälle habe ich gleich einen kleinen Roman aus dem Stegreife angeknüpft, der höchst nöthig ist um einen Morgens um 5 Uhr aus dem Bette zu locken. Hoffentlich werden wir die Gesinnungen dergestalt mäßigen und die Begebenheiten so zu leiten wissen daß er vierzehn Tage aushalten kann.

Als berühmter Schriftsteller bin ich übrigens recht gut aufgenommen worden, wobey es doch nicht an Demüthigungen gefehlt hat. Z.B. sagte mir ein allerliebstes Weibchen: sie habe meine letzten Schriften mit dem größten Vergnügen gelesen, besonders habe sie Giaffar der Barmecide über alle Massen interessirt. Sie können dencken daß ich mit der größten Bescheidenheit mich in Freud Klingers hinterlaßne arabische Garderobe einhüllte und so meiner Gönnerinn[276] in dem vortheilhaftester Lichte erschien. Und ich darf nicht fürchten daß sie in diesen drey Wochen aus ihrem Irrthume gerissen wird.

Die vielen Menschen, unter denen sehr interessante sind, lerne ich nach und nach kennen und werde Ihnen manches zu erzählen haben.

Indem ich auf meiner Herreise einige alte Mährchen durchdachte ist mir verschiednes über die Behandlungs Art derselben durch den Kopf gegangen. Ich will ehstens eins schreiben damit wir einen Text vor uns haben. Leben Sie recht wohl mit den Ihrigen und dencken mein.

Carlsbad d. 8. Jul. 1795.

G.


10/3177.


An Christiane Vulpius

Dem Fuhrmann der Herrn v. Oppels Küch und Keller hergebracht hat gebe ich dieß Blat an dich mit. Es ist mir bisher recht wohl gegangen, der Brunnen bekommt mir gut und fegt alles böse aus, ich hoffe recht ausgespült zu dir zu kommen. Die Gesellschaft ist sehr zahlreich und angenehm, es giebt manchen Spas und Äugelchen die Menge, wobey ich mich immer mehr überzeuge:

Von Osten nach Westen

Zu Hause am besten.[277]


Ein schöner Taft wird meinen kleinen Schatz erfreuen, sie sind so schön hier daß einem die Wahl weh thut. Und noch was das du gerne hast.

Lebe wohl, grüße und küße Gusteln. Adieu. Liebe mich, wie ich am Ende aller Dinge nichts bessers sehe als dich zu lieben und mit dir zu leben.

Hier kommt gleich etwas zum Vorschmack.

Carlsbad d. 15. Jul. 95.

G.

Grüße Meyern.


10/3178.


An Christiane Vulpius

Nun bin ich vierzehn Tage hier und sehne mich herzlich wieder nach Hause. Die Cur schlägt sehr gut ein obgleich das Wetter ganz abscheulich ist. Ich lebe sehr zerstreut, den ganzen Tag unter Menschen es werden viel Äugelchen gemacht die dir aber keinen Abbruch thun, denn man sieht erst recht wie sehr man Ursache hat seinen treuen Hausschatz zu lieben und zu bewahren.

Alle Hofnung auf Arbeit und was ich hier vornehmen wollte muß ich aufgeben und bringe meine Papiere zurück wie ich sie mitgenommen habe. Dagegen will ich im August in deiner Nähe desto fleißiger sehn. Lebe wohl. Ich freue mich auf dich, aufs Bübchen und auf unser Haus und Hauswesen und damit der Brief nicht ganz leer geht lege ich dir etwas bey. Adieu liebe mich. Carlsbad d. 19. Jul. 95.

G.[278]


10/3179.


An Friedrich Schiller

Carlsbad d. 19. Jul. 1795.

Ihren lieben Brief vom 6ten habe ich erst den 17ten erhalten; wie dancke ich Ihnen daß Sie mir in den Strudel einer ganz fremden Welt eine freundliche Stimme erschallen lassen. Gegenwärtiges nimmt Frl. v. Beulwiz mit, ich hoffe es soll balde bey Ihnen anlangen.

Die Cur schlägt sehr gut an, ich halte mich aber auch wie ein ächter Curgast und bringe meine Tage in einem absoluten Nichtsthun zu, bin beständig unter den Menschen, da es denn nicht an Unterhaltung und an kleinen Abentheuern fehlt. Ich werde mancherley zu erzählen haben.

Dagegen ist aber auch weder das fünfte Buch des Romans abgeschrieben, noch irgend ein Epigramm gelungen, und wenn die andre Hälfte meines hiesigen Aufenthaltes der ersten gleich ist; so werde ich an guten Wercken arm zurückkehren.

Mir war sehr lieb zu hören daß das Osmanstedter Ich sich zusammengenommen hat, und daß auf Ihre Erklärung kein Bruch erfolgt ist, vielleicht lernt er nach und nach Widerspruch ertragen.

Auch mir ist durch Mad. Brun die sublime Abhandlung Fernows im Merkur angepriesen und also der Nahme des Autors entdeckt worden. Leider spuckt[279] also dieser Geist anmaßlicher Halbheit auch in Rom, und unsre Freundinn wird wahrscheinlicher Weise dort mit den drey Stylen näher bekannt werden. Welch eine sonderbare Mischung von Selbstbetrug und Klarheit diese Frau zu ihrer Existenz braucht ist kaum denckbar, und was sie und ihr Circkel sich für eine Terminologie gemacht haben um das zu beseitigen was ihnen nicht ansteht und das was sie besitzen als die Schlange Mosis aufzustellen, ist höchst merckwürdig.

Doch ausführlich von allem diesem und anderm wenn ich zurückkomme. Die Finger erstarren mir für Kälte, das Wetter ist entsetzlich und die Unbehaglichkeit allgemein.

Leben Sie desto wohler und wärmer und gedencken mein.

G.


10/3180.


An Christiane Vulpius

Nun fängt, mein liebes Herz, die Sehnsucht nach dir und dem Kleinen mich wieder an zu beunruhigen und ich zähle die Tage nach denen ich euch wiedersehen werde. Das Wasser bekommt mir sehr wohl und ich hoffe alles hinwegzuspülen was mich künftigen Winter quälen könnte. Ich habe auch keinen Augenblick hier gehabt in dem ich die mindeste Unpäßlichkeit gespürt hätte. Die nothwendigen Sachen find hier sehr wohlfeil, am meisten gebe ich aus weil ich wegen der Gesellschaft nicht von Conzerten, Bällen und dergleichen[280] mich ausschließe. Ich sehe viel Menschen und das macht mir viel Vergnügen. Dafür wollen wir dann auch wieder recht allein seyn. Der Taffent ist gekauft, ich hoffe er soll dir gefallen. Die Äugelchen nehmen sehr ab, denn es kann von beyden seiten kein Ernst werden. Behalte mich nur recht ernstlich lieb. Wenn ich nach Jena komme schicke ich dir einen Boten und frage wie es zu Hause aussieht? ob ich kommen kann oder ob du mich in Jena besuchen willst? Lebe wohl, küsse den Kleinen, grüße Meyern und behalte mich recht lieb.

Carlsbad d. 25. Jul. 95.

G.


10/3181.


An Charlotte von Schiller

Ihr Brief meine Liebe, traf mich zur guten sonnigen Stunde, deren wir uns nicht oft zu rühmen haben und machte mir sie noch erfreulicher, hätte nur nicht zugleich die Nachricht von Schillers Übel wieder eine Wolcke davor gezogen. Da wir geistiger Weise so froh zusammen vorschreiten, warum können wir es nicht auch dem Körper nach? Selbst diesmal wenn wir zusammen hier gewesen wären, hätte es uns gewiß doppelte Zufriedenheit gegeben. Es sind manche gute und liebenswürdige Menschen hier, und da ich doch gewöhnlich sehr einsam lebe, so thut es wohl auch einmal in eine größere, besonders so sehr zusammengesetzte[281] Masse zu schauen. Von allen Gegenden Deutschlands sind Menschen da, die in ihrer Denckart sehr kontrastiren. Anfangs habe ich viel Bekanntschaft gemacht, zu Ende wird man lässiger. Gearbeitet hab ich dagegen nichts, die Zerstreuung hat ihre völligen Rechte behauptet. Heute über acht Tage bin ich wahrscheinlich schon auf dem Wege, und Ihnen um so viel näher. Möchte ich Sie doch Beyde recht wohl und munter finden!

Carlsbad d. 25. Jul. 95.

Goethe.


10/3182.


An Christiane Vulpius

Dieser Brief kann noch vor mir bey dir ankommen, ich werde ihm aber bald folgen. Es geht mir sehr wohl und das Wasser ist mir ohngeachtet des abscheulichen Wetters gut bekommen. Ich habe nun zu trincken aufgehört und bereite mich zur Abreise. Die Gesellschaft ist sehr angenehm und ich gebe vielleicht noch einige Tage zu. Ich freue mich herzlich dich wieder zu sehen und dir zu sagen: daß zu Hause, bey seinem Liebchen das beste in der Welt ist, denn am Ende wers nicht hat sucht ein Zuhause und ein Liebchen. Grüße das Kind, ich weiß noch nicht was ich ihm mitbringe, fürs Mutterchen war schon eher gesorgt. Ich hoffe Ihr werdet wohl seyn, im Hause[282] wird die Arbeit zurucken und ich werde euch vergnügt antreffen. Lebe recht wohl grüße Herrn Meyer und behalte mich lieb. Carlsbad d. 29. Jul. 95.

G.


10/3183.


An Friedrich Schiller

Ein Brief kann doch noch früher als ich selbst ankommen, darum will ich Ihnen für Ihr letztes dancken. Ihr erster Brief war 11 Tage unterwegs, der zweyte 5 und der letzte 7. So ungleich gehen die Posten hierher.

Es thut mir leid daß Sie inzwischen aus Noth gefeyert haben, indeß meine Tagedieberey willkührlich genug war. Ich habe mein einmal angefangnes Leben fort gesetzt, nur mit der Gesselschaft existirt und mich dabey ganz wohl gefunden. Man könnte 100 Meilen reisen und würde nicht so viel Menschen und so nah sehn. Niemand ist zu Hause deßwegen ist jeder zugänglicher, und zeigt sich doch auch eher von seiner günstigen Seite. Das fünfte Buch ist abgeschrieben, und das sechste kann in einigen Tagen fertig seyn. An den Epigrammen ist wenig geschehen und sonst gar nichts.

Ich wünsche Glück zu den neuen Beyträgen und bin neugierig sie zu lesen.

Nach Ihnen ist viel Nachfrage und ich antworte jenachdem die Menschen sind. Überhaupt hat das[283] Publicum nur den dunckelsten Begriff vom Schriftsteller. Man hört nur uralte Reminiszenzen; von seinem Gange und Fortschritte nehmen die wenigsten Notiz. Doch muß ich billig seyn und sagen daß ich einige gefunden habe die hierin eine merckwürdige Ausnahme machen.

Das sechste Stück der Horen ist noch nicht in diese Gebirge gedrungen ich habe bey Kalve von Prag schon Beschlag darauf gelegt.

Leben Sie wohl grüßen Sie die liebe Frau.

Carlsbad d. 29. Jul. 95.

G.[284]


10/3183a.


An Christian Gottlob Voigt

[Anfang August 1795.]

Nächtsverzeichnete Bücher bitte gefällig für mich erstehen zu lassen

p. 342.


Nr. 86.Vite de Pittori pp. di Bellori4 bis 6 rh.

89 - 90.Felsina pittrice da Malvasia6 - 8 rh.

92.Vita di Michelangelo per Condivi2 - 3 rh.

94.Vita di Benv. Cellini4 - 6 rh.[68]


Es ist zwar keineswegs wahrscheinlich daß die obenstehenden Bücher auf die angesetzten Preise hinaufgetrieben werden, doch ist mir soviel an ihnen gelegen, daß allenfalls was bey einem erspaart wird dem andern zugelegt werden könnte.

Nr. 92 interessirt mich am wenigsten.

G.[69]


10/3184.


An Friedrich Schiller

Hier schicke ich Ihnen endlich die Sammlung Epigrammen, auf einzelnen Blättern, nummerirt, und der bessern Ordnung willen noch ein Register dabey, meinen Nahmen wünschte ich aus mehreren Ursachen nicht auf den Titel. Mit den Motto's halte ich vor rathsam auf die Antiquität hinzudeuten.

Bey der Zusammenstellung habe ich zwar die zusammengehörigen hintereinander rangiert, auch eine gewisse Gradation und Mannigfaltigkeit zu bewürken gesucht, dabey aber um alle Steifheit zu vermeiden vorn herein, unter das venetianische Lokal, Vorläufer der übrigen Arten gemischt. Einige die Sie durchstrichen hatten habe ich durch Modification annehmlich[284] zu machen gesucht. Nro. 78 wünsche ich, so unbedeutend es ist, an diesem Platze, um die Schule zu reizen und zu ärgern, die, wie ich höre, über mein Stillschweigen triumphiert und ausstreut: ich würde die Sache fallen lassen. Haben Sie sonst noch ein Bedenken, so theilen Sie mir es mit, wenn es die Zeit erlaubt, wo nicht; so helfen Sie ihm selbst ohne Anstand ab.

Ich wünschte einige Exemplare von diesem Büchlein besonders zu erhalten, um sie zum Gebrauch bey einer künftigen neuen Ausgabe bey Seite zu legen.

Wollten Sie wegen der Druckfehler noch besondere Warnung ergehen lassen; in den Elegien sind einige sehr unangenehme eingeschlichen.

Sobald der Almanach heraus ist könnte man zu den Elegien und Epigrammen kurze Noten machen, dabey der Druckfehler erwähnen und den Aufsatz in die Horen einrucken, welches von mancherley Nutzen seyn würde, wie leicht könnte man dieser wirklich unentbehrlichen Noten am Ende des Büchleins mit einigen Worten gedenken.

Ich schicke dieses Paquet durch einen Boten damit es Ihnen so früh als möglich zukomme und damit ich den Roman wieder zurück erhalte, mit welchem ich auch nicht länger zaudern darf.

Ich sehe voraus, daß ich Anfangs September nach Ilmenau muß und daß ich unter zehn bis vierzehn Tagen dort nicht loskomme, bis dahin liegt noch[285] vielerley auf mir und ich wünschte noch von Ihnen zu wissen, was Sie zu den Horen bedürfen. Soviel ich übersehe könnte ich folgendes leisten:


August. Unterhaltungen, Schluß der letzten Geschichte.

Hymnus, den ich mir zu diesem Ende zurück erbitte.


Septbr. Drama und Roman.

Das Mährchen. Ich würde die Unterhaltungen damit schließen, und es würde vielleicht nicht übel seyn, wenn sie durch ein Product der Einbildungskraft gleichsam ins Unendliche ausliefen.


Octbr. Fortsetzung des Märchens.

Noten zu den Elegien und Epigrammen.


Nov. u. Dec. Ankündigung von Cellini, und wenn es möglich wäre etwas von Faust.


Mit diesem letzten geht mirs wie mit einem Pulver, das sich aus seiner Auflösung nun einmal niedergesetzt hat; so lange Sie dran rütteln, scheint es sich wieder zu vereinigen, sobald ich wieder für mich bin setzt es sich nach und nach zu Boden.

Schreiben Sie mir vor allen wie Sie sich befinden und wie Ihre Arbeiten gehn, und leben recht wohl.

Weimar d. 17. Aug. 95.

G.[286]


10/3185.


An Friedrich Schiller

Hierbey schicke ich einige Stücke Horen, die ich überflüssig habe. Können Sie mir dagegen gelegentlich Nro. I und II auf Schreibpapier und Nro. IV auf holländisch Papier verschaffen, so wären meine übrigen Exemplare complett.

Da Meyer nun sich zur Abreise anschickt, werden wir Sie bald möglichst besuchen um uns Ihren Rath und Segen zu erbitten.

Grüßen Sie die liebe Frau und leben recht wohl.

d. 17. Aug. 95.

G.


10/3186.


An Samuel Thomas von Sömmerring

Recht vielen Dank für die Abhandlung über das foramen centrale, sie kam mir sehr zur gelegenen Zeit, denn ich bin eben beschäftigt, die Farbenerscheinungen, die man blos physiologisch nennen kann, zusammen zu stellen. Das foramen und der limbus luteus werden dabei eine große Rolle spielen, sobald ich nur einigermaßen in Ordnung bin, schicke ich Ihnen das Ganze zur Prüfung, eher kann ich nichts sagen, denn jede Hypothese hat nur dann einigen Werth, wenn sie viele Phänomene unter Einen Begriff versammelt.

[287] Für die Recension von Darwin habe ich Ihnen auch zu danken, sie hat mir mit einemmale klar gemacht, warum mir das Buch nicht behagen wollte.

Da ich diese Tage Ihre Nervenlehre wieder vornahm, fiel mir wieder ein, daß ich Ihre Splanchnologie nicht besitze. Sie haben ja wohl noch ein Exemplar dieses Theils einzeln. Sollten Sie aber ein ganzes Exemplar zerreißen müssen, so laß ich mir es lieber verschreiben.

Leben Sie recht wohl, theilen Sie mir bald wieder etwas mit. Ich werde mit mehr Lust arbeiten in Hoffnung Ihrer Theilnahme.

Weimar den 17. Aug. 1795.

Goethe.

Inzwischen daß der Brief liegt habe ich die Abhandlung nochmals gelesen, und kann nicht unterlassen hier zu wiederholen, wie sehr mich der Inhalt und die Art der Darstellung freut.


10/3187.


An Friedrich Schiller

An dem Hymnus, der hierbey folgt, habe ich soviel gethan als die Kürze der Zeit und die Zerstreuung in der ich mich befinde, erlauben wollen. Den Beschluß der Geschichte und den Übergang zum Märchen übersende ich bald möglichst, ich glaube aber nicht daß es einen gedruckten Bogen ausfüllen wird.[288] Zu dem Mährchen selbst habe ich guten Muth, es unterhält mich und wird also doch wohl auch einigermaßen für andere unterhaltend seyn.

Ihr Zeugniß, daß ich mit meinem sechsten Buche wenigstens glücklich vor der Klippe vorbeygeschifft bin, ist mir von großem Werthe, und Ihre weitere Bemerkungen über diese Materie haben mich sehr erfreut und ermuntert. Da die Freundin des sechsten Buchs aus der Erscheinung des Oheims sich nur so viel zueignet, als in ihren Kram taugt, und ich die christliche Religion in ihrem reinsten Sinne erst im achten Buche in einer folgenden Generation erscheinen lasse, auch ganz mit dem was Sie darüber schreiben einverstanden bin, so werden Sie wohl am Ende nichts Wesentliches verwissen, besonders wenn wir die Materie noch einmal durchsprechen.

Freylich bin ich sehr leise aufgetreten und habe vielleicht dadurch, daß ich jede Art von Dogmatisiren vermeiden und meine Absichten völlig verbergen wollte, den Effect aufs große Publikum etwas geschwächt; es ist schwer in solchen Fällen den Mittelweg zu halten.

Leben Sie recht wohl; Meyer grüßt vielmals. Sagen Sie der lieben Frau, daß sie meine symbolischen Nadeln gesund brauchen und verlieren möge.

Nächstens mehr.

Weimar den 18. August 1795.

G.[289]


10/3188.


An Friedrich Schiller

Mehr ein Übersprung als ein Übergang vom bürgerlichen Leben zum Mährchen, ist mein diesmaliger Beytrag geworden. Nehmen Sie damit vorlieb.

Herders Homer, den ich so eben mit Meyern gelesen, ist fürtrefflich gerathen und wird den Horen zu großem Schmucke gereichen, ich will treiben daß Sie den Aufsatz morgen mit den Botenweibern erhalten. Die erste Portion des Mährchens erhalten Sie vor Ende des Monats. Leben Sie recht wohl.

W. d. 21. Aug. 1795.

G.


10/3189.


An Johann Gottfried Herder

[21. August.]

Dein Aufsatz folgt hier mit dem besten Danke. Es ist dir fürtefflich gerathen. Es umfaßt die Materie, ist ohne Strenge genau und mit Lieblichkeit befriedigend. Ich wußte nichts dabei zu erinnern. Nur bitte ich ihn, wenn es möglich ist, morgen mit den Botenweibern an Schiller zu schicken. Vale.

G.


10/3190.


An Friedrich Schiller

Es freut mich daß meine kleine Gabe zur rechten Zeit kam. Die erste Hälfte des Mährchens sollte[290] nach meiner Rechnung auch ins neunte Stück kommen, inwiefern es nöthig oder thulich sey wollen wir Montags bereden, da ich Sie mit Meyern zu besuchen gedencke. Abends gehe ich zurück, denn Mittwochs muß ich endlich nach Ilmenau, von da ich etwa in acht Tagen zurückkomme.

Nur soviel zur Nachricht. Die Botenweiber packen ein. W. d. 22. Aug. 1795.

G.


10/3191.


An Friedrich Schiller

Morgen frühe gehe ich mit Geh. R. Voigt nach Ilmenau und würde bey meinen Streifereyen noch heitrer seyn wenn ich Sie zu Hause wohl und nicht so oft durch Kranckheit an so manchem Guten gehindert wüßte. Meyer grüßt. Ich wünsche zu vernehmen daß der gute Effeckt des Mährchens nachgekommen ist und die Folge den anfänglichen bösen Eindruck wieder ausgelöscht hat. Wenn ich Ihnen lebe wohl sage, so heist das immer: gebrauchen Sie wie bisher der guten Stunden zu unsrer Freude.

W. d. 24. Aug. 1795.

G.


10/3192.


An August Johann Georg Carl Batsch

[Concept.]

So wenig sich der Gärtner Diezel durch den unleidlichen Schmutz, in welchem man zu Ende Juny[291] das Gewächshaus gefunden, durch die Vernachlässigung des Untersetzens der Näpfchen, welche schon seit der Hälfte des Mays vorräthig gewesen, durch den dadurch dem Gebäude selbst zugezogenen Schaden und durch die, auf den ihm gegebene, verdienten Verweis, unzeitig geforderte Entlassung, bey Fürstl. Commission empfohlen hat; so will man doch, weil Ew. Wohlgeb. im Ganzen genommen mit ihm zufrieden sind, und in der Hoffnung daß er auch die einzelnen Anordnungen und Befehle künftig genauer befolgen wird, denselben allenfalls noch fernerhin beybehalten.

Ew. Wohlgeb. sehen aber wohl ein, daß hiebey weder von Unterhandlung noch von einer Verbesserung die Rede seyn kann, welche nur durch ein vermehrtes verdienst von Fürstl. Commission zu erhalten seyn wird. Sollte daher der Gärtner Diezel, ohne Weigerung seiner Pflicht in Wartung des Gartens bis auf künftige Ostern Genüge leisten; so wird man alsdann seine Bemühungen zu würdern, sein Verhältnis zu bestimmen und zu verbessern Gelegenheit nehmen, wobey ich jedoch nochmals Ew. Wohlgeb. ersuchen muß: strenge Aufsicht zu führen, daß das Gewächshaus als die vorzügliche Zierde unserer neuen Anlage, rein gehalten, die Töpfe durchaus mit Untersetznäpfchen versehen und alles verhütet werde, was die Fäulniß der Schwellen und Zapfen, die ohnehin schon genug leiden, beschleunigen könne, wie ich denn[292] bey meinem nächsten Besuch alles in der gewünschten Ordnung zu finden hoffe.

Der ich übrigens recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 24. August 1795.


10/3193.


An Christiane Vulpius

Wir kommen, meine liebe, nicht zurück wie du uns erwartest. Es finden sich der Geschäfte soviele daß ich wohl noch acht Tage hier bleiben muß. Ich behalte den Kleinen bey mir, er ist so artig als sich nur dencken läßt. Er hat schon vieles gesehen: den Schacht, das Pochwerck, die Porzellanfabrick, die Glashütte, die Mühle worauf die Marmorkugeln zum Spiele der Kinder gemacht werden und überall hat er etwas mitgenommen und spricht gar artig von den Sachen. Dann hält er sich zu allen Leuten und ist schon überall bekannt. Hier schickt er dir einen weisen Pfefferkuchen, den er selbst gern gegessen hätte. Grüße Herrn Meyer und sage ihm: er möchte das Wasser recht fleißig trincken. Wenn etwas an mich angekommen ist; so schicke es mir durch Venten der Dienstag herausfährt. Gustel grüßt dich recht schön, er sitzt eben auf dem Canapee ich habe ihn ausgezogen und wir sind die besten Freude. Lebe wohl behalte uns lieb. Ilmenau d. 29. Aug. 1795.[293]


10/3194.


An Friedrich Schiller

Aus dem gesellig müsigen Carlsbad hätte ich in keine entgegengesetztere Existenz kommen können als in das einsam thätige Ilmenau, die wenigen Tage die ich hier bin sind mir sehr schnell verstrichen und ich muß noch acht Tage hier bleiben, wenn ich in den Geschäften nach Wunsch klar werden will. Ich war immer gerne hier und bin es noch, ich glaube es kommt von der Harmonie in der hier alles steht. Gegend, Menschen, Clima, Thun und Lassen. Ein stilles, mäßiges ökonomisches Streben, und überall den Übergang vom Handwerck zum Maschinenwerck und bey der Abgeschnittenheit einen größern Verkehr mit der Welt als manches Städtchen im flachen zugänglichen Lande. Noch habe ich auch keine Idee gehabt als die hierher passte, es war aber sehr nothwendig daß ich das Pensum vor Winters absolvirte. Leben Sie recht wohl in andern Regionen und gedencken mein mit der Ihrigen.

Ilmenau d. 29. Aug. 1795.

G.


10/3195.


An Christiane Vulpius

Nun, mein Liebchen, werde ich bald wieder bey dir seyn, Sonntag früh gehe ich hier ab. Es ist mir[294] und dem Kleinen recht wohl gegangen. Wir haben gutes Wetter und mit unter recht schönes gehabt heut ist ein herrlicher Tag. Der Kleine ist gar zu artig und freut sich über die vielen Sachen und Arbeiten die er sieht, er behält alles recht gut und fragt gar vernünftig. Er hält sich mit allen Leuten. Ich hab ihm einen Berghabit machen lassen und morgen da die Bergleute einen Aufzug haben soll er mit gehen. Das macht ihm großen Spas aber in die Kirche will er nicht mit hinein. Er bringt dir eine Tasse mit, die man ihm geschenckt hat und füttert sich überhaupt aufs beste. Des Morgens um 5 Uhr sind wir wach, abends aber gehts auch bald zu Bette. Lebe wohl ich hoffe dich wohl und das Haus in guter Ordnung zu finden. Ich bringe einen Wildpretsbraten mit und will nächste Woche Gäste darauf bitten. Lebe wohl und liebe uns. Ilmenau d. 2. Sept. 1795.

G.


10/3196.


An Christian Gottlob Voigt

Die Gesellschaft Rathgeber ist gestern angekommen, ich habe noch keinen gesehen. Vent werde ich gleich mit nach den Freybächen nehmen, es ist heute ein herrlicher Tag, und die Graben Sache berichtigen. Daß Seidel mitkommt ist mir sehr angenehm, er kann meine Vorarbeiten durchgehen und noch einiges nachtragen, indeß ich die Zeit anders anwende. Ich habe[295] Sie in diesen Tagen sehr vermißt, es ist ein böses Geschäft diese Danaiden Familie zu kontrolliren, doch bin ich ziemlich aufs Klare und wie die Wahrheit für uns Menschen selten tröstlich ist, so trifft es auch hier. Vielleicht nehmen unsre Entschließungen eine andere Richtung. Es ist schon vorauszusehen daß unsere Poch und Wasch Anstalt so wie unser nächstes Schmelzen betrübte Resultate geben wird, und daß sowohl Wäschen als Schmelzen nicht Proben des Ertrags, sondern nur Proben der Behandlung seyn werden. Alles ja alles kommt auf ansehnliche Verbesserung der Anbrüche an, man hat das lange gesagt, aber ich möchte sagen: man hat sichs noch nicht genug gesagt. Daß Bertuch und Seidel das C. A. Ort wollen fortgetrieben haben ist sehr gut und wir wollen unsre Plane darnach richten.

Hierbey ein Brief von Serenissimo; in dem an mich gerichteten schien unser Fürst sehr guten und heitern und milden Sinns, die fremden Einflüsse sind also vorerst von guter Wirkung.

Der Kleine empfiehlt sich und dankt für die Bemühung wegen des Hutes; er befindet sich recht wohl und war gestern mit auf dem Löfterischen Hammer wo ihm das glühende Eisen sehr in die Augen fiel. Morgen zieht er mit den Bergleuten auf, will aber nicht mit in die Kirche. Es scheint das entschiedne Heidenthum erbt auf ihn fort.

Leben Sie recht wohl. Ich freue mich Sie bald[296] wieder zu sehen. Mit Freunden werden auch unangenehme Geschäfte zu einer tröstlichen Unterhaltung. Ich wünsche Sie in öffentlichen und privat Angelegenheiten immer zur Seite zu haben. Möge ich Ihnen doch auch was seyn können. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlinn.

Wenn es thulich ist; so gehe ich in 3 Wochen nochmals auf einige Tage hierher. Wir können und müssen diesmal alles was von uns abhängt, wo nicht organisiren doch mechanisiren und ich hoffe es soll thulich seyn.

Ilmenau d. 2. Sept. 1795.

G.


10/3197.


An Friedrich Schiller

Eben da ich Ihren Brief erhalte geht eine Gelegenheit nach Weimar. Also einen schönen Grus aus diesen stillen Gebürgen, in denen ich das schönste Wetter erlebt habe.

Das Epigramm kommt zurück und ter ist in be verwandelt, so mags wohl noch hingehen.

Der letzte Pentameter des 101. Epigrams mag heisen:


Daß die liebliche Frucht schwellend im Herbste gedeiht.


Das Mährchen wünscht ich getrennt, weil eben bey so einer Producktion eine Haupt Absicht ist die Neugierde[297] zu erregen. Es wird zwar immer auch am Ende noch Räzel genug bleiben.

Zu dem Zug der Horen wünsche ich Glück, möge sich die Lust und Liebe des Publikums verdoppeln.

Frau von Kalb und Ihrer lieben Frauen empfehlen Sie mich.

Sonntag Abend bin ich in Weimar und hoffe Sie bald zu sehen. Leben Sie recht wohl.

Ilmenau d. 3. Sept 1795.

G.


10/3196.


An Friedrich Schiller

Das Packet der Horen mit Ihrem und Herrn v. Humbolds Brief hat mich freundlich empfangen, als ich von Ilmenau zurückkam und ich schreibe zum ersten Gruße nur einige Worte.

Hier das Epigramm, weil Sie wohl keine Abschrift davon haben.

Jakobis Aufsatz ist wunderlich genug. Seinem Ludwig, Lear und Oedipus habe ich, als ein Profaner, nichts abgewinnen können; das zweyte aber hat sehr viel Gutes und wenn man von seiner Erklärung über Vorstellungsarten nun auch seine Vorstellungsart abzieht; so wird man sie sich leicht übersetzen können.

Die gute Aufnahme meines Märchens erfreut mich und muntert mich auf. Wenn nur Einer von[298] den hundert Kobolden des Alten von Ferney drinne spuckt; so bin ich schon zufrieden. Wenn es zusammen ist wünsche ich über die Intention und das Gelingen Ihre Gedancken zu hören.

Die zweyte Hälfte des Mährchens und der Schluß des sechsten Buches des Romans sind nun meine nächsten Arbeiten. Wann müssen Sie das Mährchen haben?

Möchte Ihnen doch Ihr erster Ausritt ins Gebiet der Dichtkunst nach einer so langen Pause besser bekommen seyn. Können Sie doch einige Zeit sich Ruhe lassen!

Grüßen Sie die liebe Frau und behalten mich lieb.

W. d. 7. Sept. 1795.

G.


10/3199.


An Friedrich Schiller

Diese Tage habe ich Ihnen nicht geschrieben, weil ich einen Besuch zu Ihnen vorhatte, der mir aber nicht gelungen ist. Meyer bereitet sich zur Abreise und arbeitet noch eine kolorirte Zeichnung von den drey Parzen aus, die Sie sehen sollen. Ich wünsche ihm nur Gesundheit, sonst geht er ausgestattet mit allen guten Gaben. Es ist ein herrlicher Mensch. Was mich betrift so habe ich, wie Sie wohl fühlen, auch nur diese Zeit auf Einem Fuß gestanden und mit dem andern mich schon nach den Alpen bewegt.[299] Die Mineralogie und Geologische Base, die anfängliche fortschreitende und gestörte Cultur des Landes habe ich von unten herauf theils zu gründen, theils zu überblicken gesucht und mich auch von oben herein, von der Kunstseite noch mit Meyern auf alle Weise verständiget. Und doch sind das alles nur Schul Vorübungen. Ein guter Geist helfe uns zum Schauen, zum rechten Begriff und zum fröhligen Wiedersehen.

An die Horen dencke ich täglich und hoffe auch noch etwas zu leisten. Möchten Sie doch des schönen Wetters unter freyem Himmel genossen haben!

Der gezüchtigte Tersit krümmt sich, wie ich höre, erbärmlich, bittet ab und fleht nur daß man ihn leben lasse. Noch hab ich das Stück nicht gesehen.

Leben Sie recht wohl und glauben Sie meiner Weissagung daß mit dem neuen Jahre die Subscribenten der Horen eher vermehren als vermindern werden. W. d. 14. Sept. 1795.

G.


10/3200.


An Charlotte von Kalb

[Mitte September.]

Sie können glauben daß ich auch oft an Sie denke, wenn ich gleich nicht erscheine und das ist freylich ein unfruchtbarer Antheil. Meine Existenz neigte sich immer zur Einsamkeit und ich denke es wird[300] endlich auch dabey bewenden. Heute Abend werde ich mit Vergnügen aufwarten und wünsche Sie mit Ihrem Herrn Gemahl allein zu finden.

G.


10/3201.


An Friedrich Schiller

Über Ihre Anfrage wegen der Brücke habe ich etwas zu sagen unterlassen, das ich jetzt nachhohle. Bey Vicenz ist keine merckwürdige einbogigte Brücke. Die zwey daselbst, von Palladio erbaut, sind dreybogigt. Auch ist mir ausser dem Rialto zu Venedig keine der Art in ienen Gegenden erinnerlich.

Ausser dem Pater peccavi des litterarischen Sanskulotten ist noch für die Horen ein günstiger Stern erschienen, indem Gentsch vor den Briefen über ästhetische Erziehung große Reverenzen in seiner Monatschrift macht. Das kommt alles zur rechten Zeit und zu überlegen wäre es ob man nicht vor Ende des Jahrs sich über einiges erklärte und unter die Autoren und Recensenten Hoffnung und Furcht verbreitete.

Nächstens besuchen wir Sie. Haben Sie die Güte mir das Mährchen zurück zu schicken es soll vollendet zurück kehren. Leben Sie recht wohl.

W. d. 16. Sept. 1795.

G.[301]


10/3202.


An August Johann Georg Carl Batsch

Ew. Wohlgeb.

erhalten hierbey die Monita über die von Ostern bis Johanni 1795 geführte Quartal-Rechnung. Commissio erwartet deren Beantwortung und wird wegen des Gärtners seiner Zeit eine solche Einrichtung zu treffen suchen, daß Ew. Wohlgeb. bey Ihren mannigfaltigen Arbeiten aufs möglichste soulagirt werden.

Weimar den 16. Sept. 1795.

Goethe.


10/3203.


An Caroline Herder

[22. September.]

Wie leid mir die Eröffnung Ihres Zustandes gethan kann ich Ihnen nicht ausdrücken, ich werde nichts versäumen auf die Art wie Sie wünschen zu wircken. Könnte ich Ihnen doch bald eine gute Nachricht geben!

G.


10/3204.


An Friedrich Schiller

Das Mährchen ist fertig und wird in neuer Abschrift Sonnabend aufwarten. Es war recht gut daß Sie es zurückhielten, theils weil noch manches[302] zurecht geruckt werden konnte, theils weil es doch nicht übermäßig groß geworden ist. Ich bitte besonders die liebe Frau es nochmals von vorne zu lesen.

In der Mitte der andern Woche hoffe ich zu kommen mit Meyern, seine Abwesenheit wird mir sehr fühlbar werden. Wenn ich nur im Winter einige Zeit bey Ihnen seyn kann!

Ich habe viel zu sagen und zu fragen und hoffe Sie wohl zu finden und manches gearbeitete. Grüßen Sie doch Humboldts vielmals W. d. 23. Sept. 1795.

Goethe.


10/3205.


An Friedrich Schiller

Wie ich in dieser letzten unruhigen Zeit meine Tonne gewälzt habe wird Ihnen, werther Mann, aus beyliegenden bekannt werden. Selig sind die da Mährchen schreiben, denn Mährchen sind a l'ordre du jour. Der Landgraf von Darmstadt ist mit 200 Pferden in Eisenach angelangt und die dortigen Emigrirten drohen sich auf uns zu repliiren, der Churfürst von Aschaffenburg wird in Erfurt erwartet.

Ach! warum steht der Tempel nicht am Flusse!

Ach! warum ist die Brücke nicht gebaut!

Ich wünsche indeßen, weil wir doch immer Menschen und Autoren bleiben, daß Ihnen meine Producktion nicht mißfallen möge, wie ernsthaft jede Kleinigkeit wird sobald man sie kunstmäßig behandelt[303] hab ich auch diesmal wieder erfahren. Ich hoffe die 18 Figuren dieses Dramatis sollen, als soviel Räzel, dem Räzelliebenden willkommen seyn.

Meyer packt und wir erscheinen bald, hoffentlich haben Sie uns mit mancherley zu regaliren. Leben Sie recht wohl. W. d. 26. Sept. 95.

G.[304]


10/3205a.


An Christian Gottlob Voigt

[Ende September 1795.]


Göze kommt mit den Botanicis. Zugleich wollte ich bemerken, daß die Ilmenauer noch keine Verordnung haben mit Michael den Grubenbau zu sistiren. Ich hoffte auf einen Boten und auf die Argantische Lampe, jener kommt nicht, diese ist noch nicht fertig. Es möchte daher wohl Morgen ein Expresser mit einer solchen Verordnung abzusenden seyn, den Mittwoch ist Quartal Schluß.

Einen Aufsatz, der den Deputirten communicirt auch vorgetragen werden kann, liefere ich morgen. Das übrige mündlich. Etwa in acht Tagen denke ich wieder hinaus zu gehen.

Göze ist bereit zu mundiren und was sonst nöthig seyn sollte.

G.[69]


10/3207.


An Christian Gottlob Voigt

[Ende September oder Anfang October.]

Sollte, wie in der Stadt gesprochen wird, eine besondere Nachricht von der Lahn und unserm kleinen[304] Corps hier seyn, so bitte um gefällige Mittheilung.

Wollten Sie wohl Morgen Mittag Theil an einem kleinen freundschaftlichen Mahle nehmen?

G.[305]


10/3207a.


An N.N.

[Concept.]

[vor dem October 1795.]

Ew. Hochwohlgeboren

Erzeigen mir eine Ehre, die ich zu verdienen wünsche, indem Sie mich auf eine Weise vor unserm Vaterlande nennen, welche zugleich Zutrauen in meine Talente und meinen Charakter zeigt. Nicht ohne schmerzliche Theilnehmung habe ich bisher dem Laufe der Sache zugesehen, als Schriftsteller wenig und als Privatmann das Mögliche gethan, um durch Klarheit und Mäßigung den Parteygeist wenigstens in einem kleinen Zirkel zu mindern und ins Gleichgewicht zu bringen.

Nichts wünschenswerther wäre für einen Schriftsteller, der sich schmeicheln darf ein geneigtes Gehör bey seiner Nation zu finden, [als] als Organ des thätigen, anführenden, rettenden Theils der Nation aufzutreten, da so viele ihr Talent mißbrauchen, gefährliche Schwingungen zu vermehren und den kleinen widerstrebenden hindernden Partheysinn zu begünstigen.

Nur der aufgeopfert, oder der aufzuopfern hat, sollte eine Stimme haben, die alsdenn, wie nunmehr die Ihrige, mit Ernst und Würde sich hören läßt. Sollten wir auch die unmittelbare Wirkung solcher Aufforderungen nicht sehen, so wird doch dadurch die

[70] Nothwendigkeit eines thätigen Angriffs jedermann immer deutlicher; die Menschen werden zu demjenigen nach und nach vorbereitet, dem sie doch nicht ausweichen können.

Soll ich aufrichtig seyn, so muß ich bekennen, daß es noch eher möglich seyn möchte die gebietende Classe Deutschlands zu einem übereinstimmend wirkenden Vertheidigungsplan zu bewegen, als ihnen Zutrauen gegen ihre Schriftsteller einzuflößen. Die Ursachen, die von beyden Seiten diesem Vertrauen entgegen stehen, sind Ew. hinreichend bekannt und meine wenige Erfahrungen können nur einige traurige Wahrheiten bestätigen. Übrigens darf ich versichern, daß in meine Meynungen und Absichten sich diese Zeit her nichts eingemischt habe, dessen sich ein biederer Deutscher schämen dürfe. Leider muß man nur meistentheils verstummen, um nicht, wie Cassandra, für wahnsinnig gehalten zu werden, wenn man das weissagt, was schon vor der Thür ist. Ich empfehle mich Ew. p. fernern geneigten Andenken.[71]


10/3208.


An Charlotte von Kalb

[Anfang October.]

Gern will ich Ihnen glauben, daß Ihnen unser kaltes Schattenreich wunderbar vorkommt. Fast noch nie haben sich die Verhältnisse so zersprengt und isolirt als diesmal. Mit viel Freude erwarte ich Sie heute Nachmittag. Nur wünsche ich Sie, so lange die Sonne noch scheint, in meinem freundlichen Garten Zimmer zu sehen.

G.

Hier einsweilen ein alter Freund.


10/3209.


An Friedrich Schiller

Der Wunsch Sie wieder zu sehen ist mir diese Zeit her immer vereitelt worden, Morgen hoffe ich bey Ihnen zu seyn und zu vernehmen was Sie in dem Zwischenraume gearbeitet haben.

Daß mir, nach Ihrem Urteil, das Mährchen geglückt ist macht mir viel Freude und ich wünsche[305] über das ganze Genre nunmehr mit Ihnen zu sprechen und noch einige Versuche zu machen.

Der Schluß des 6ten Buches meines Romans geht Montags ab und dieser Band wird gedruckt bald aufwarten. Im folgenden rollt der Stein den Berg hinab und das meiste ist schon geschrieben und fertig.

Die verlangten Monatschriften lasse ich aufsuchen, sie wo möglich mitzubringen.

Die Knebelischen Elegien sind recht gesunden und in mehr als Einem Sinne gut und heilsam. Vielleicht bringe ich einige mit. Vielmals Adieu.

d. 3. Octbr. 9.

G.


10/3210.


An Friedrich von Schuckmann

Weimar, d. 3. Octbr. 95.

Ihren wehrten Brief vom 25. Sept. habe ich erst gestern erhalten und da ich erst morgen erfahre ob Hufeland in der Mitte dieses Monats zu Hause seyn wird, kann ich erst diesen Brief von Jena, wohin ich eben gehe, absenden. Äusserst unangenehmen ist mirs daß ich eben eine Reise vorhabe, von der ich unter sechs Wochen nicht wieder nach Hause komme.

Seitdem ich Sie mir soviel näher weiß, beschäftigt mich der Gedancke sehr oft daß ich Sie wiedersehen könnte. Denn so manches auch diese Zeit her bey mir vorübergegangen und in mir vorgegangen ist, so[306] sind mir die würdigen Menschen, die ich kannte, nur immer werther geworden. Wieviel wurde mir nicht eine Unterhaltung einiger Tage mit Ihnen gewähren.

Daß Sie an der Metamorphose Theil genommen hatten wußte ich durch Reichart und ich freute mich um so mehr darüber, da sich meine lieben Landsleute in diesem Falle, wie in mehreren sehr stumm bezeigten. Wie angenehm würde mir es daher seyn, Ihnen die Sammlung die ich gemacht habe, in der Absicht die Idee immer deutlicher zu machen, und meine Fortgesetzten Erfahrungen vorzulegen, nicht weniger die Vermuthung ähnlicher Gesetze, wornach die vollkommeren Naturen organisirt seyn mögen, Ihnen vorzutragen.

Wie gern möchte ich von Ihnen hören wie es Ihnen bisher ergangen und was Sie Sich von Ihrem neuen Zustande versprechen. Ich würde Sie nach einer solchen Erneuerung unsres Verhältnißes bitten daß künftig kein so langer Zwischenraum unserer Correspondenz seyn möge.

Leider sehe ich aus Ihrem Briefe daß Ihr Knabe nicht ganz wohl ist das ich herzlich bedaure.

Wenn Sie in unsre Gegenden kommen, so schreiben Sie mir doch ein Wort wann Sie wieder zu Hause sind, kann ichs möglich machen, so besuche ich Sie bald.

Die folgenden Bände des Romans empfehle ich Ihrem stillen Antheil. Was würde aus einem Autor[307] werden wenn er nicht an die einzelnen, hier und da zerstreuten, Menschen von Sinn glaubte. Denn wie die deutsche Menge liest und wie sich diejenigen betragen die durch ihr öffentlich Urtheil, wonicht den Ton, wenigstens den Laut geben, bin ich bey meiner vier und zwanzig jährigen Autorschaft, freylich nicht zu meiner Erbauung gewahr worden.

Ich kann nicht ausdrücken wie leid es mir thut, daß ich Sie verfehlen soll und doch ist jetzt die Jahrszeit zum Reisen noch die beste, auch hängen Sie von Ihren Geschäften ab.

Lassen Sie mir nur bald wieder von Sich hören und mich hoffen daß ich das was mir diesmal entgeht bald auf eine andre Weile werde erlangen können.

Goethe.


Jena d. 4ten Octbr.

Hufeland ist mit seiner Familie nach Göttingen und wird unter 14 biß 16 Tagen nicht zurückseyn. Wenn die Abwesenheit auch dieses Freundes Ihre Reise verschiebt; so kann ich hoffen Sie noch zu treffen. Auf alle Fälle schreibe ich in einiger Zeit wo ich bin und wie es mit meinen Planen steht.

G.[308]


10/3211.


An Friedrich August Wolf

Wohlgebohrner

Hochgeehrtester Herr Professor

Wie danckbar ich für das Geschenck Ihres trefflichen Werckes und für Ihre Gesinnungen gegen mich bin, wie sehr ich mich freue Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben und welchen Gewinn ich mir davon verspreche war mein Vorsatz Ihnen mündlich zu sagen, den ich diesen ganzen Sommer über hegte und erst diesen Augenblick, sehr ungern, aufgebe, da mich Geschäfte nöthigen eine Reise zu machen von der ich wahrscheinlich sobald nicht zurückkommen werde.

Seyn Sie des lebhaften Antheils versichert den ich an Ihnen und Ihren Arbeiten nehme; ich wünsche daß Sie einem Theil der meinigen gleiche Aufmercksamkeit schencken mögen und freue mich auf den Augenblick in welchem ich Sie über ein weitläufiges Unternehmen, das ich vorhabe um Rath fragen kann. Erhalten Sie mir Ihr Andencken und leben Sie recht gesund und froh.

Weimar d. 5. Octbr. 1795.

Ew. Wohlgeb.ergebenster

Goethe.[309]


10/3212.


An Carl Ludwig von Knebel

[6. October.]

Bey Zurücksendung des Archivs der Zeit ersuche ich dich ein Exemplar der Horen anzunehmen, wovon die übrigen Stücke feiner Zeit folgen sollen. Ich freue mich schon im voraus die Elegien künftig drin zu sehen. Eh ich abreise besuche ich dich noch.

G.


10/3213.


An Friedrich Schiller

[6. October.]

Anstatt gestern von Ihnen fort zu eilen, wäre ich lieber geblieben und die Unbehaglichkeit eines unbefriedigten Zustandes hat mich auf dem ganzen Wege begleitet. In so kurzer Zeit giebt man vielerley Themata an und führt keins aus und so vielerley man auch rege macht, kommt doch wenig zur Runde und Reife.

Ihren Gedichten hab' ich auf meiner Rückkehr hauptsächlich nachgedacht, sie haben besondere Vorzüge und ich möchte sagen, sie sind nun wie ich sie vormals von Ihnen hoffte. Diese sonderbare Mischung von Anschauen und Abstraction die in Ihrer Natur ist, zeigt sich nun in vollkommenem Gleichgewicht, und alle übrigen poetischen Tugenden treten in schöner[310] Ordnung auf. Mit Vergnügen werde ich sie gedruckt wiederfinden, sie selbst wiederholt genießen und den Genuß mit andern theilen. Das kleine Gedicht in Stanzen an das Publikum, würde den diesjährigen Jahrgang der Horen sehr schicklich und anmuthig schließen.

Ich habe mich sogleich mit der Frau v. Stael beschäftigt und finde mehr Arbeit dabey als ich dachte, indessen will ich sie durchsetzen, denn es ist nicht viel, das Ganze giebt höchstens 55 Blätter meines Manuscripts. Die erste Abtheilung von 21 Blättern sollen Sie bald haben. Ich werde mich in einer kleinen Vorrede an den Herausgeber über die Art erklären, wie ich bey der Übersetzung verfahren bin. Um Ihnen kleine Zurechtweisungen zu ersparen, hab' ich ihre Worte unserm Sinne genähert, und zugleich die französische Unbestimmtheit nach unserer deutschen Art etwas genauer zu deuten gesucht. Im einzelnen werden Sie sehr viel Gutes finden, da sie aber einseitig und doch wieder gescheut und ehrlich ist, so kann sie mit sich selbst auf keine Weise einig werden; als Text aber können Sie es gewiß fürtrefflich brauchen. Ich wünschte, daß Sie sich die Mühe gäben in Ihrer Arbeit so klar und galant als möglich zu seyn, damit man es ihr in der Folge zuschicken und dadurch einen Anfang machen könnte, den Tanz der Horen auch in das umgeschaffne Frankreich hinüber zu leiten.[311]


W. d. 10. Octbr. 95.

Soweit hatte ich vor einigen lagen dicktirt, nun sage ich Ihnen nochmals Adieu, ich gehe erst morgen frühe weg. Das Staelische Werck erhalten Sie bald, halb oder ganz, was die gute Frau mit sich selbsts eins und uneins ist!

Von Franckfurt schreibe ich bald, leben Sie recht wohl mit den Ihrigen. Grüßen Sie Humbold, von Franckfurt schreibe ich auch ihm. Wenn mein Roman ankommt erhalten Sie 4 Exemplare wovon Humbold, Loder, Prof. Hufeland die 3 erhalten. Wenn Humbold nicht, wie ich hoffe, das seinige schon in Berlin weggenommen hat.

G.


»Welch ein erhabner Gedancke! uns lehrt der unsterbliche Meister

Künstlich zu spalten den Strahl, den wir nur einfach gekannt.«

Das ist ein pfäffischer Einfall! denn lange spaltet die Kirche

Ihren Gott sich in drey, wie ihr in sieben das Licht.


10/3214.


An Franz Kirms

Von Ew. Wohlgeb. Bemühungen um das Theater verspreche mir, wie bisher, den besten Erfolg, haben Sie die Güte sie in meiner Abwesenheit gefällig fortzusetzen.

[312] An die Beantwortung beykommender Briefe habe nicht dencken können. Dem Schauspieler Veltheim antworteten Sie ja wohl dilatorisch und lehnten die übrigen Anträge gänzlich ab.

Ich wünsche recht wohl zu leben.

W. d. 10. Octbr. 1795.

Goethe.


10/3215.


An Christiane Vulpius

Nur soviel, mein liebes Kind, daß ich in Eisenach bin und wohl sobald nicht fortkomme; ich hatte nicht ohne Grund gesorgt, denn die Österreicher sind mit 60 tausend Mann über den Mayn gegangen und werden sich wohl um Franckfurt herum mit den Franzosen balgen.

Lebe wohl, schicke was an mich kommt nur Herrn Geh. Rath Voigt die Sachen treffen mich noch hier. Küsse den Kleinen. Eisenach. d. 13ten Octbr. 1795.

G.


10/3216.


An Friedrich Schiller

Eisenach d. 13. Octbr.

Noch bin ich hier und werde wohl noch erst abwarten was aus den Dingen werden will eh ich meine Reise weiter fortsetze.

Die Österreicher sind wieder über den Mayn herüber[313] und umgeben Franckfurt und vielleicht ist es zwischen ihnen und den Franzosen schon zur Schlacht gekommen. In ein solches Gewirre möchte ich von heiler Haut mich nicht hineinbegeben, da ich dergleichen anmuthige Situationen schon kenne. Meinen hiesigen, stillen Aufenthalt habe ich gleich benutzt um Mad. de Stael völlig zu übersetzen und mit unter zu versetzen. Eine weibliche Methode und die französche Sprache machten mir viel zu schaffen und besonders auch die Annäherung ihrer Meynungen an die unsrigen und die Abstände und die ewigen Abers. Nun bin ich fertig, laße das Werck abschreiben und gleich sollen Sie es haben.

Vielleicht lassen Sie es gleich im Ganzen drucken und bringen Ihre Noten auch in ein Ganzes. Doch darüber wird der Genius und der Augenblick entscheiden. Schreiben Sie mir doch! Wenn Ihr Brief mich nicht antreffen sollte, wie ich doch vermuthe; so wird er mir nachgeschickt. Nun dencke ich mich gleich an den Roman zu machen denn wenn ich mich hier nicht vorsätzlich zerstreuen will, so bin ich einsamer und ruhiger als zu Hause.

Leben Sie recht wohl. Vielleicht seh ich Sie eher wieder als wir glaubten.

G.[314]


10/3217.


An Christiane Vulpius

Du kommst um den Muff und das Kind um die Pelzmütze, denn ich gehe nicht nach Franckfurt sondern komme bald wieder. Soviel habe ich dir nur melden und dich schönstens grüßen wollen. Eh ich von hier abgehe schreibe ich dir wieder, vielleicht bleibe ich einige Tage in Gotha. Lebe wohl. Küsse den Kleinen. Eisenach d. 16. Octbr. 95.

G.


10/3218.


An Friedrich Schiller

Bald werde ich Sie wieder sehen, denn meine Reise nach Franckfurt hat nicht statt. Die Frau von Stael wird wohl noch vor mir aufwarten, die Abschrift ist bald fertig. Haben Sie denn etwa Humbold ein Wort wegen des Quartiers gesagt? Es wäre gar artig wenn ich sein Stübchen beziehen könnte, da im Schlosse die Fustapfen des Militars sobald nicht auszulöschen sind. Ich bin mit Herz, Sinn und Gedancken nur an dem Roman und will nicht wancken biß ich ihn überwunden habe. Leben Sie recht wohl und dencken mein bey Ihren Arbeiten und grüßen die liebe Frau. Eisenach d. 16. O. 95.

G.[315]


10/3219.


An Friedrich Schiller

Ob ich gleich schon Mittwoch wieder hoffe in Weimar zu seyn, so schicke ich Ihnen doch die Abhandlung voraus, ich habe sie nicht einmal in der Abschrift durchsehen können. Hie und da laßt sich noch einiges retouchiren. Vielleicht besuche ich Sie zu Ende der Woche und wir sehen uns früher wieder als ich dachte. Wie ist das zerstreute Leben doch ein leeres Leben, man erfährt nur gerade das was man nicht wissen maß. Ich freue mich recht Sie wieder zu sehen. Eisenach den 17. Octbr. 1795.

G.


10/3220.


An Friedrich Schiller

Ich bin neugierig zu vernehmen was uns das Intelligenzblatt bringt, schon gestern in der Comödie hört ich davon summen.

Heute komme ich nicht, mein lieber, aber, ich hoffe bald. Jeden Tag erwarte ich einen neuen Weltbürger in meinem Hause, den ich doch gern freundlich empfangen möchte. Indessen ist das Schloß von den militarischen Effluvien gereinigt und ich kann einige Tage bey Ihnen bleiben.

Leben Sie recht wohl empfehlen mich den Damen und behalten mich lieb.

[316] In diesen letzten zerstreuten Tagen habe ich meine Italiänischen Collectaneen vorgenommen und zu ordnen angefangen und mit viel Freude gesehen: daß mit einiger Beharrlichkeit, ein wundersames Werck wird zusammengestellt werden können.

Haben Sie keine Abschrift vom Aufsatz übers Naive? W. d. 25. O. 95.

G.

Jene Blätter nach denen Sie fragten habe ich noch nicht gefunden, sie liegen aber gewiß nicht weit.


10/3221.


An Friedrich Schiller

Seit meiner Rückkunft habe ich mich noch nicht wiederfinden können, hier also nur indessen das verlangte Manuscript.

Ich habe, glaub ich, auch noch nichts über die Gedichte gesagt die Sie mir nach Eisenach schickten, sie sind sehr artig, besonders das Theil des Dichters ganz allerliebst, wahr, treffend und tröstlich.

Sollten Sie sich nicht nunmehr überall umsehn? und sammeln was gegen die Horen im allgemeinen und besondern gesagt ist und hielten am Schluß des Jahrs darüber ein kurzes Gericht, bey welche Gelegenheit der Günstling der Zeit auch vorkommen könnte. Das hällische philosophische Journal soll sich auch ungebürlich betragen haben. Wenn man[317] dergleichen Dinge in Bündlein bindet brennen sie besser.

Leben Sie recht wohl. Lieben Sie mich. Empfehlen Sie mich der lieben Frauen und Ihrer Frau Mutter. Das Schwiegertöchterchen säumt noch.

W. d. 28. Octbr. 1795.

Goethe.


10/3222.


An Caroline Herder

Ihren Brief vom 14. Octbr. erhalte ich erst von Franckfurt zurück, ich wünsche daß indessen die Lage sich verändert haben möge. Auf Ihr Blat kann ich nicht antworten, wir sind in der Denckungsart zu weit auseinander als daß wir uns verständlich werden könnten, doch möchte ich nicht gerne schweigen. Vielleicht übernimmt Knebel meine Meynung zu hören.

W. d. 28. Octbr. 1795.

G.


10/3223.


An Caroline Herder

Nicht um Ihre Meynung zu lencken sondern um Ihnen die meinige vorzulegen, ergreife ich die Feder und erspare dadurch dem guten Knebel die Unannehmlichkeit an einer Sache Theil zu nehmen, in der er sowenig als ich rathen und helfen kann. Mit Ihnen zu sprechen möchte in diesen leidenschaftlichen Augenblicken nicht räthlich seyn; wir werden einander nicht[318] überzeugen. Sie haben mir schon geschrieben was ich nicht lesen sollte ich müßte erwarten zu hören was ich nicht hören darf.

1.) Versprach der Herzog in der Puncktation für die Kosten des Studirens der Kinder und für ihr Unterkommen zu sorgen.

2.) Gaben die Herrschaften den Kindern, was nicht in der Puncktation steht, solange sie im elterlichen Hause waren gewisse bestimmte Zuschüsse.

3.) Da Gottfried auf die Academie ging war es Ihre Pflicht den Herzog davon zu benachrichtigen, um die Bestimmung einer Summe, um terminliche Auszahlung zu ersuchen. Der Herzog konnte sich alsdann erklären und durch Stipendien und sonst sich diese Ausgabe erleichtern.

4.) Dies geschah nicht und ebensowenig ward der Herzog wegen der übrigen Kinder begrüßt, da er doch künftig für sie zu sorgen zugesagt hatte.

5.) Vielmehr schickten Sie Augusten nach der Schweiz, ein Schritt der an sich gut und nothwendig seyn konnte, keineswegs aber jedermanns Beyfall erhielt.

6.) Nunmehr, nach Verlauf einiger Jahre, verlangen Sie eine nicht benannte, aber doch, wie es scheint, nahmhafte Summe auf einmal vom Herzog, um den Ausfall zu decken, oder durch die Entfernung Ihrer Kinder in Ihrer Kasse entstanden seyn mag und behaupten der Herzog sey schuldig Ihnen alles was Ihnen fehlt zu erstatten.

[319] 7.) Die Worte: ich will für die Kosten des Studieren der Kinder und für deren Unterkommen sorgen, können nicht heisen: macht mit und aus euern Kindern was ihr wollt, gebt für sie aus was ihr wollt, macht mir am Ende von drey vier Jahren die Rechnung, ich will jeden Schritt ausser dem väterlicher Hause, jede Art von Aufwand bezahlen, und wie ich die jungen Leute hernach finde sie versorgen. Weder im Gerichtshof der Ehre noch des Gewissens können sie so ausgelegt werden.

8.) Ich wiederhohle und sage: durch die Versäumniß der Anzeige zur rechten Zeit durch Forterhebung der jährlichen Gaben, durch das Verlangen eines Capitals als Anleihe, durch Annahme auserordentlicher Beyhülfen, welche die Herzoginnen, soviel ich weis, in der Zwischenzeit den Kindern gereicht haben, durch völlige Vernachläßigung des Rathes und der Meynung des Herzogs über die Bestimmung Ihrer Kinder, ist die Sache so verwirrt und getrübt worden, daß die Liquidität Ihrer Forderung wohl schwerlich darzustellen seyn möchte.

9.) Der Herzog, ohne sich aufs Vergange einzulassen, bietet Ihnen ganz neuerlich an: die Promotionskosten Gottfriedens zu bezahlen, und Augusten und Adeln sich besonders zu attachiren. Ihre Sache war, nach meiner Einsicht, dieses Anerbieten mit Vertrauen anzunehmen. Das Geld zur Promotion mußte irgendwo herkommen, Augusten konnte nicht schaden[320] einige Zeit in einer Canzley zu arbeiten, jedem Geschäfts-Mann wäre es nütze und in Chursachsen müssen die welche beym Bergwesen angestellt seyn wollen ihren ganzen Cursum iuris machen. Adel, von dem Sie ganz schweigen, hatte in Eisenach den schönsten Raum sich zu belehren und sich zu zeigen und das Beyspiel von baldiger Versorgung junger Leute, die das Glück hatten sich näher um den Herzog zu beschäftigen und sich hervor zu thun, gab beyden Kindern die besten Aussichten.

10.) Hätte man sich dadurch dem Herzog genähert, den alten Faden wieder angeknüpft, so würde eine nochmalige Vorstellung Ihrer gegenwärtiger gedrängten Lage und ein bescheidnes Gesuch wegen des Vergangnen am Platze gewesen seyn und, wie ich den Herzog kenne keine ungünstige Aufnahme gefunden haben.

11.) Anstatt dessen lehnen Sie, aufs eiligste, mit einer Gleichgiltigkeit die an Verachtung gränzt jenes bedeutende Anerbieten ab, bringen Augusten ohne weiters auf die Academie, um eine, auf den Schweizerbergen angefangne Spielerey, unter dem Titel von Mineralogie und Naturgeschichte, fortzusetzen, sagen nahe zu: wir wollen weder Euern Rath noch Beystand, weder Aussicht noch Versorgung; wir wissen was wir zu thun haben, wir werden es thun, aber wir wollen euer Geld. Sie Beleidigenden Herzog, die Herzoginn, benachrichtigen mich von Ihren übereilten[321] Schritten und fordern mich unter Vorwürfen und Drohungen auf für Sie und die Ihrigen wircksam zu seyn, in dem Augenblick da Sie mir die Gelegenheit dazu aus den Händen reisen.

12.) Wie ich hiernach Ihre heftigen leidenschaftlichen Ausfälle, Ihren Wahn als wenn Sie im vollkommensten Rechte stünden, Ihre Einbildung als wenn niemand ausser Ihnen Begriff von Ehre, Gefühl von Gewissen habe ansehen muß, das können Sie Sich vielleicht einen Augenblick vorstellen. Ich erlaube Ihnen mich, wie einen andern Theaterbösewicht zu hassen, nur bitte ich mich klar zu deuten und nicht zu glauben, daß ich mich im fünften Ackte bekehren werde.

13.) Soviel von der gegenwärtigen Lage. Durch des Herzogs Anerbieten war Ihre Zukunft zum Theil gedeckt, das Vergange (das wir überhaupt einander nicht vorrechnen wollen) ließ sich durch irgend ein Arrangement ins Gleiche bringen und wir konnten wieder zu einer heitern Aussicht gelangen. Aber der Schaden liegt viel tiefer. Ich bedaure Sie daß Sie Beystand von Menschen suchen müssen die Sie nicht lieben und kaum schätzen, an deren Existenz Sie keine Freude haben und deren Zufriedenheit zu befördern Sie keinen Beruf fühlen. Freylich ist es bequemer in extremen Augenblicken auf Schuldigkeit zu pochen als durch eine Reihe von Leben und Betragen das zu erhalten wofür wir doch einmal danckbar seyn[322] müssen. Glauben Sie doch daß man hinter allen Argumenten Ihrer Forderungen Ihr Gemüth durchsieht. Das soll gewiß gut Blut machen wenn August bey seinem kurzen Hierseyn jedem der es hören will sagt: er wähle das Bergwercksfach weil man nicht wisse wie lange die gegenwärtige Verfassung bestehe und man immer Bergleute brauchen werde. Diese Familiengesinnungen sollen einen Fürsten reizen Kinder heranziehen zu helfen und zu versorgen.

So dencke ich und so werde ich dencken wenn nicht ein Wunder oder eine Kranckheit meine Organe verändert, wie Sie dencken sehe ich aus Ihren Briefen, meine Absicht ist nicht auf Sie zu wircken. Ich werde keine Replick auf dieses Blat lesen und von dem Vergangnen kein Wort mehr sprechen.

Können Sie Sich in Absicht auf die Unterhaltung und Versorgung der Kinder dem Herzog nähern, können Sie wegen der Zukunft und wegen des Vergangnen billige Vorschläge thun, so lassen Sie mich sie durch Knebeln wissen. Ich weiß wohl daß man dem das mögliche nicht danckt von dem man das unmögliche gefordert hat; aber das soll mich nicht abhalten für Sie und die Ihrigen zu thun was ich thun kann.

W. d. 30. O. 95.

G.[323]


10/3223a.


An Christian Gottlob Voigt

[October oder November 1795.]

Vielleicht wäre es gefällig heute Abend gegen siebene mit mir ein wenig spazieren zu gehen und über die im Kasten befindlichen Exhibita zu sprechen.


[71] Ich würde dabey einer kleinen Verlegenheit erwähnen, in der ich mich befinde und mir Ihren freundschaftlichen Rath erbitten.

G.


10/3223b.


An Christian Gottlob Voigt

[October oder November 1795.]

Um drey Uhr werde ich mich also, ohngefähr in der Gestalt wie man nach Hofe geht, zu heil. Handlung tragen lassen, wo ich Sie vergnügt und wohl anzutreffen hoffe. Was die Geschenke betrift, so werde ich der von Ihnen angezeigten Gradation folgen

der Lieberinn einen Laubth.

Dem Kirchner einen Convth.

Dem Andres einen Gulden

Der Wartfrau einen halben Laubth.

geben. Weil ich es sonst nicht mit ganzen Stücken zu machen weiß. Leben Sie recht wohl.

G.


10/3223c.


An Christian Gottlob Voigt

[October oder November 1795.]

Noch dancke ich Ihnen herzlich für Ihren Antheil an meinem gestrigen Tage und für alles liebe und gute das Sie mir so ununterbrochen erzeigen. Da ich heute nicht ausgehe sehe ich Sie wohl gegen Abend bey mir um einiges zu besprechen.

G.[72]


10/3224.


An Carl Ludwig von Knebel

[Anfang November]

Die elecktrischen Beobachtungen, für deren Mittheilung ich dancke sind sehr artig, Voigt hatte mir das Manuscript gezeigt, gesehen hab ich sie noch nicht, wir können sie aber wenn ich dich einmal bey mir sehe, wenigstens im allgemeinen versuchen. Wie siehts mit den Elegien aus?

G.


10/3225.


An Friedrich Schiller

Statt eines artigen Mädchens ist endlich ein zarter Knabe angekommen und so läge denn eine von meinen Sorgen in der Wiege. Nun wäre es an Ihnen, zu Bildung der Schwägerschaft und zu Vermehrung der dichtrischen Familie für ein Mädchen zu sorgen. Ich komme nun bald und bedarf wircklich eines Gesprächs wie ich es mit Ihnen führen kann, ich habe Ihnen viel zu sagen. Noch immer bin ich nicht auf den Pfaden der Dichtung. Durch äussre Veranlaßung habe ich in der Baukunst mich wieder umgesehen und habe einiges bey dieser Gelegenheit zusammengestellt, das Urtheil über solche Kunstwercke zu erleichtern und zu fixiren.

Von Meyern habe ich einen Brief von München mit sehr schönen Nachrichten von diesem Orte, auch[324] von Nürnberg. Ich bringe sie mit. Sagen Sie mir wie Sie Sich befinden und gedencken mein.

W. d. 1. Nov. 1795.

G.


10/3226.


An Franz Kirms

[3. oder 4. November.]

Schall bringt mir einen Brief. Ich dächte, ich schriebe Iffland selbst, verspräche ihm die Reisekosten, Quartier und Tisch im Gasthause und ein anständiges Douceur für seine Bemühung. Er scheint in diesem Fall billig zu denken, wie ich ihn auch sonst kenne; wir können ihn, wenn er eine Zeitlang hier ist, sondiren lassen und ihn wohlzufrieden wieder abfertigen.


10/3227.


An August Wilhelm Iffland

Aus dem großen und unersetzlichen Übel, das jene Gegenden trifft, wird uns kein kleiner Gewinst, wenn Sie uns indessen besuchen und mit Ihrem Talent erfreuen wollen. In mehr als Einer Rücksicht war mir Ihre Ankunft lange wünschenswerth. Die Kosten Ihrer Reise und Ihres hiesigen Aufenthalts werden wir gerne tragen, und außerdem soll es an einem anständigen Douceur nicht fehlen, so daß Sie nicht unzufrieden von uns scheiden werden, wenn wir gleich[325] nicht glauben Ihr Verdienst nach Würden belohnen zu können.

Auf eine längere Unterhaltung mit Ihnen über mancherley Gegenstände freue ich mich sehr und wünsche nur, daß Sie bey uns einige Zeit die traurige Lage vergessen können in welcher Sie die schönen und geliebten Gegenden verlassen.

Weimar den 4. November 1795.


10/3228.


An Christiane Vulpius

Ich bin hier recht vergnügt und fleißig wenn ich nur auch wüßte daß du und der Kleine recht wohl bist. Laß mir doch sobald als möglich ein Wort schreiben. Vielleicht bleibe ich biß zu Ende der Woche hier, denn im stillen Schloß läßt sichs recht gut dencken und arbeiten. Abends bin ich bey Schillern und da wird biß tief in die Nacht geschwätzt. Ich wünsche dich recht wohl zu wissen und daß der Kleine brav trinckt, ißt und zunimmt. Lebe recht wohl und behalte mich lieb.

Jena d. 9. Nov. 95.

G.


10/3229.


An Johann Heinrich Meyer

Ihr Brief mit den Beylagen hat mir großes Vergnügen gemacht, denn da ich Ihre tägliche Unterhaltung[326] entbehren muß, so ward mir dadurch ein Ersatz, indem ich Sie auf Ihrer Reise in Gedanken begleiten und die mancherley interessanter Gegenstände mit Ihnen genießen konnte.

Nürnberg hoff' ich bereinst mit Ihnen zu sehen und glaube selbst daß man von da, und von Augsburg aus, den alten deutschen Kunsthorizont recht gut werde überschauen können.

Die Art, wie Sie die Merkwürdigkeiten in und um München gesehen und beschreiben, zeigt zum voraus was vor eine reiche Erndte jenseits der Alpen zu erwarten ist. Lassen Sie sich nicht reuen auch in Buchstaben freygebig zu seyn. Die Worte des guten Beobachters sind keine Buchstaben mehr; sein Urtheil spricht unmittelbar zu unserm Bessern Selbst, lehrt uns aufmerken, genau und bescheiden seyn.

Merkwürdig ist der Fall mit dem Bilde das sie Julius Roman zuschreiben; allein wenn man bedenkt, wie viel Menschen in der Kunst sich redlich bemüht und unsäglichen Fleiß aufgewendet haben, so kann freylich der Fall öfter kommen, daß einer durch besonderes Glück und Anstrengung in einem einzelnen Falle etwas vorzügliches geleistet habe, dessen Nahme durch keinen Complex von Arbeiten berühmt geworden ist.

Die Tabellarische Methode finde ich auch in ihrer Ausführung fürtrefflich, besonders wird sie dem kunstrichterlichen Gedächtniß auf das beste zu Hülfe kommen[327] und ich sollte denken, wenn man sich einmal hieraus geübt hat, so müßte es auch so viel Zeit nicht wegnehmen, denn es verlangte doch mehr Stimmung und Anstrengung, zu einem jeden Bilde die eigenthümliche Formel der Beschreibung zu erfinden die dazu paßte und gehörte. Übrigens wird es immer auf Sie ankommen wie viel Bilder Sie auf diese Weise genau durchgehen und welche Sie nur oben hin mit einigen Worten berühren wollen. Bey Hauptbildern wird es immer, wie mich däucht von großem Nutzen seyn.

Ich habe indessen auch mancherley zu unserm Zweck zusammmen getragen und hoffe die Base zu unserm Gebäude breit und hoch und dauerhaft genug aufzuführen. Ich sehe schon die Möglichkeit vor mir einer Darstellung der physicalischen Lage, im allgemeinen und besondern, des Bodens und der Cultur, von der ältesten bis zur neuesten Zeit, und des Menschen in seinem nächsten Verhältnisse zu diesen Naturumgebungen. Auch ist Italien eins von denen Ländern wo Grund und Boden bey allem was geschieht immer mit zur Sprache kommt. Höhe und Tiefe, Feuchtigkeit und Trockne sind bey Begebenheiten viel bedeutender und die entscheidenden Abwechslungen der Lage und der Witterung haben auf Cultur des Bodens und der Menschen, auf Einheimische, Colonisten, Durchziehende mehr Einfluß als in nördlichen und breiter ausgedehntern Gegenden.

[328] Durch einen äußern Anlaß bin ich bewogen worden über die Baukunst Betrachtungen anzustellen und habe versucht mir die Grundsätze zu entwickeln nach welchen ihre Werke beurtheilt werden können. Ich habe Schillern meinen ersten Entwurf mitgetheil, der ganz wohl damit zufrieden ist, wenn die Arbeit mehr gereinigt ist werde ichs Ihnen auch zur Beurtheilung vorlegen.

Von Antonio Labacco lege ich eine Nachricht bey. Wenn Sie das Werk dieses Mannes, entweder ganz oder in einzelnen Abdrücken, finden können, so nehmen Sie es ja mit, denn es findet sich nicht leicht etwas besser gearbeitet und gestochen. Auch hat Palladio, außer seinem Werk über die Architectur, das wir besitzen, noch römische Alterthümer herausgegeben, die uns nicht entgehen dürfen, denn theils ist es sehr interessant, was die Menschen noch damals fanden, dessen Spuren jetzt völlig verschwunden sind, theils sind auch ihre Restaurationen und Bemerkungen immer wichtig.

Im Serlio habe ich auch die Risse verschiedener merkwürdiger Ruinen gefunden, die sonst nicht überall vorkommen; auch habe ich den Scamozzi durchlaufen, ein fürtreffliches Werk, das wohl wenige seines gleichen hat. Vielleicht bin ich bald im Stande Ihnen eine Charakteristik dieser beyden Männer und Werke zu liefern. Worauf ich Sie aufmerksam machen wollte sind die alten Vorschläge zur Erbauung der Peterskirche,[329] vielleicht giebt es gut gestrochne Blätter von den Ideen des Bramante, des Baltasar von Siena, vielleicht findet sich eine Spur von den Thürmen, welche Bernini aufsetzen wollte, ja wovon einer schon stand und wieder abgetragen werden mußte. Die Geschichte der Peterskirche interessirt mich mehr als jemals, es ist wirklich eine kleine Weltgeschichte und ich wünsche, daß mir die Belege dazu sammeln. Gewiß war Labacco nicht der einzige der sich in jenen Zeiten beschäftigte dergleichen Werke durch Kupferstich auszubreiten.

Besonders auf alles was von Bramante sich auffinden ließe bitte ich aufmercksam zu seyn.

Ich erhalte Ihnen Brief von Mantua und sehe mit vieler Freunde daß es Ihnen daselbst recht wohl gefallen hat. Was werden wir nicht alles erfahren haben wenn wir einmal diese Wercke zusammen sehen und werden wir zu diesem Glück gelangen? Doch das sey der Zeit überlaßen, die wir indessen so gut als möglich nutzen wollen. Ich lese viel und excerpire und sammle. Möge Sie dieses Blatt in Rom gesund antreffen. Grüßen Sie Angelika tausendmal und sagen ihr von meiner schönen Hoffnung, sie in einem Jahre wieder zu sehen. Grüßen Sie alle Freunde der vorigen Zeit und schreiben mir fleißig. Ein kleiner Ankömmling hat uns schon wieder verlassen. Sonst ist alles wohl in meinem Hause und grüßt.

W. d. 16. Nov. 1795.

G.[330]


[Beilage.]

Antonio Labacco war ein Schüler des Antonio San Gallo, er scheint einer von den subalternen Naturen gewesen zu seyn, die noch immer auf einen sehr hohen Grad der Kunst gelangen, wenn die Meister vortrefflich sind. Er arbeitete das große Modell der Peterskirche das im Vatikan steht, und stach es wahrscheinlich selbst in Kupfer. Sein besonderes Vergnügen war die Ausmessung alter Gebäude und deren Restauration auf dem Papier, daher entstand sein Werk:

Libro d'Antonio Labacco appartenente al Architettura nel quale si figurano alcune notabili antiquita di Roma

ohne Jahrzahl, welches aus 27 Blättern besteht. Es sollte dieses nur Vorläufer eines größern seyn. Ob das letztere zu Stande gekommen, ist eine Frage. In der Vorrede zu dem Werke (dessen Nachdruck ich, Venedig 1584, vor mir habe) spricht er von der Liebhaberey der Ausmessung und Restaurationen und von seinen Sammlungen der Art; er erzählt daß sein Sohn Mario, gleichfalls im Kupferstechen geübt, ihn veranlaßt habe die Sachen zu ediren, weil sich aber die Ausgaben eines solchen weitläuftigen Werks verziehen können so wolle er einstweilen das was vorräthig ist herausgeben.

Der Nachstich ist gegen das Original schlecht. Außer dem Titelkupfer sind die übrigen Blätter von der Gegenseite.

[331] Er soll das Hauptportal des Pallasts Sciarra erbauet haben, wahrscheinlich Sciarra Colonna im Cors, das doch darauf anzusehen wäre es ist, so viel ich mich erinnere von guter Architectur. Eine Kirche von feiner Invention in seinem Werke ist nicht vom besten Geschmacke. Er war ein Römer von Geburt und wahrscheinlich einer von denen die mit Michel Angelo sehr unzufrieden waren, als dieser, nach St. Gallo Tode, das Modell desselben völlig verwarf. Vielleicht läßt sich sonst noch etwas von diesem Manne und seinen Arbeiten auffinden.

Sein Werck soll 1552 herauskommen seyn. Auf dem Titel steht die Jahrzahl nicht, vielleicht unter der Vorrede die mir fehlt. Das Werck ist wunderlich paginirt deßwegen hält man es nach den einzelne Blättern für stärcker als es ist.


Wenn Sie künftig Ihre Briefe numerirten, so wäre es gut. Ich will das gleiche thun, denn da Sie nichts von Ihrer Reise von München nach Mantua sagen, konnte ich vermuthen daß ein Brief verlohren gangen ist.

G.[332]


10/3229a.


An Charlotte von Schiller

Das arme Kleine hat uns gestern schon wieder verlassen und wir müssen nun suchen durch Leben und Bewegung diese Lücke wieder auszufüllen.

[133] Hierbey kommen drey Exemplare des dritten Bandes

1 für Sie

1 für Prof. Huflands

1. für Humbold.

Die versiegelten Päckchen bitte auch bestellen zu lassen.

Zugleich folgen einige Zeichnungen die Sie mit Nutzen nachahmen werden. Wenn ich Sie wieder sehe hoffe ich über Original und Copie mit Ihnen weitläufig zu seyn.

Heute nicht mehr. Leben Sie wohl, grüßen Sie Schillern bestens.

W. d. 17 Nov. 1795.

G.[134]


10/3230.


An Charlotte von Kalb

[etwa 18. November.]

Dank für Ihr freundliches Wort. Liebevolle Theilnahme befördert in solchen Fällen die gute Wirkung, die wir nur von der Zeit hoffen können.

[332] Ich verlange zu hören was Sie über meine neuesten Productionen sagen. Besonders freue ich mich auf Ihre Auslegung des Mährchens.

Leben Sie wohl, ich hoffe Sie bald zu sehen.

G.


10/3231.


An Christian Friedrich Schnauß

Vielleicht fänden Ew. Hochwohlgeboren es in diesem Augenblicke nicht ungünstig, wenn mir bei Serenissimo unsers Abwesenden, guten Meyers gedächten demselben den Charackter als Professor erbäten und ihn in dem neuen Adreßkalender unter die Lehrer an der Zeichenschule, nach Professor Kestner setzen: Sie sind mit mir einig, daß er in mehr als Einem Betracht diesen öffentlichen Aveu verdient. Ich wünsche zu hören, daß Sie sich recht wohl befinden.

Ew. Hochwohlgeboren

W. d. 20. Nov. 1795.

gehorsamsterGoethe.


10/3232.


An Friedrich Schiller

Heute habe ich 21 properzische Elegien von Knebeln erhalten, ich werde sie sorgfältig durchgehen und was ich dabey bemerke dem Übersetzer mittheilen, denn da er sich so viel Mühe gegeben, so möchte wohl ohne seine Beystimmung nichts zu verändern seyn.

[333] Ich wünschte, daß Sie Cottaen ansönnen dieses Manuscript, dessen künftiger Bogenbetrag sich leicht ausrechnen läßt, sogleich zu bezahlen. Ich habe zwar hierzu keinen unmittelbaren Anlaß, aber es sieht doch gleich viel artiger aus, muntert zu fleißiger Mitarbeit auf und dient zur Verbreitung des guten Rufs der Horen. Da ein Buchhändler so oft Vorschüsse geben muß, so kann er auch wohl einmal ein Manuscript beym Empfang bezahlen. Knebel wünscht, daß sie auf dreymal gedruckt werden, ich glaube auch, daß das die rechte Proportion ist, und so würden dadurch die drey ersten Horenstücke des künftigen Jahrs decorirt. Ich will sorgen daß sie zur rechten Zeit in Ihren Händen sind.

Haben Sie schon die abscheuliche Vorrede Stolbergs zu seinen platonischen Gesprächen gelesen? Die Blößen, die er darinne giebt sind so abgeschmackt und unleidlich daß ich große Lust habe drein zu fahren und ihn zu züchtigen. Es ist sehr leicht die unsinnige Anbilligkeit dieses bornirten Volks anschaulich zu machen, man hat dabey das vernünftige Publicum auf seiner Seite und es giebt eine Art Kriegserklärung gegen die Halbheit, die wir nun in allen Fächern beunruhigen müssen. Durch die geheime Fehde des Verschweigens, Verruckens und Verdruckens, die sie gegen uns führt, hat sie lange verdient daß ihrer nun auch in Ehren und zwar in der Continuation gedacht werde.

[334] Bey meinen wissenschaftlichen Arbeiten die ich nach und nach zusammenstelle, finde ich es doppelt nöthig, und nicht zu umgehen. Ich denke gegen Recensenten, Journalisten, Magazinsammler und Compendienschreiber sehr krank zu werke zu gehen und mich darüber, in einer Vor- oder Nachrede, gegen das Publicum unbewunden zu erklären und besonders in diesem Falle keinem seine Renitenz und Reticenz passiren zu lassen.

Was sagen Sie z.B. dazu, daß Lichtenberg, mit dem ich in Briefwechsel über die bekannten optischen Dinge, und übrigens in einem ganz leidlichen Verhältniß stehe, in seiner neuen Ausgabe von Erxlebens Compendio, meiner Versuche auch nicht einmal erwähnt, da man doch grade nur um des neuesten willen ein Compendium wieder auflegt und die Herrn, in ihre durchschoßnen Bücher, sich sonst alles geschwind genug zu notiren pflegen. Wie viel Arten giebt es nicht so eine Schrift auch nur im Vorbeygehen abzufertigen, aber auf keine derselben konnte sich der witzige Kopf in diesem Augenblicke besinnen.

Die ästhetische und sentimentale Stimmung ist in diesem Augenblick ferne von mir, was denken Sie wie es dem armen Roman gehen werde? Ich brauche die Zeit indessen wie ich kann und es ist bey der Ebbe zu hoffen, daß die Fluth wiederkehren werde.

Ich erhalte Ihren lieben Brief und danke für den Antheil dessen ich schon versichert war. Man weiß in solchen Fällen nicht ob man besser thut sich dem[335] Schmerz natürlich zu überlassen, oder sich durch die Beyhülfen die uns die Cultur anbietet zusammen zu nehmen. Entschließt man sich zu dem letzten, wie ich es immer thue, so ist man dadurch nur für einen Augenblick gebessert und ich habe bemerkt, daß die Natur durch andere Krisen immer wieder ihr Recht behauptet.

Das sechste Buch meines Romans hat auch hier guten Effect gemacht; freylich weiß der arme Leser bei solchen Productionen niemals wie er dran ist, denn er bedenkt nichts, daß er diese Bücher gar nicht in die Hand nehmen würde, wenn man nicht verstünde seine Denkkraft, seine Empfindung und seine Wißbegierde zum besten zu haben.

Die Zeugnisse für mein Mährchen find mir sehr viel werth, und ich werde künftig auch in dieser Gattung mit mehr Zuversicht zu Werke gehen.

Der letzte Band des Romans kann auf alle Fälle vor Michaeli nicht erscheinen, es wäre sehr artig, wenn wir die Plane, von denen Sie neulich sprachen, darauf richteten.

Das neue Mährchen kann wohl schwerlich im December fertig werden, selbst darf ich nicht wohl, ohne etwas auf eine oder andere Weise über die Auslegung des ersten gesagt zu haben, zu jenem übergehen. Kann ich etwas zierliches dieser Art noch im December leisten, so soll es mir lieb seyn auch auf diese Weise an dem ersten Eintritt ins Jahr Theil zu nehmen.

[336] Leben Sie recht wohl! Mögen wir recht lange uns der unsrigen und unserer Freundschaft erfreuen. Zum neuen Jahre hoffe ich Sie wieder auf einige Zeit zu besuchen.

W. d. 21. Nov. 1795.

G.[337]


10/3232a.


An den Herzog Carl August

Unterthänigste Anfrage.

Es hat der Maler Meyer von seiner Abreise nach Italien um den würklichen Character, als Professor, bey dem hiesigen Fürstlichen Zeichen-Institut,[57] den ihm das Publicum schon gegeben hatte, unterthänigst gebeten.

Da er auf Serenissimi gnädigsten Befehl während der Abwesenheit des Raths und Directors Kraus in Italien über 4 Monate lang dessen Stelle mit Beyhülfe des Unterlehrers Müller und vormaligen Zeichenmeisters Horny, weil Waitz kränklich war, mit aller Sorgfalt, Fleiß und Genauigkeit versehen: So glauben wir keine Fehlbitte zu thun, wann wir uns für ihn verwenden und um Beylegung des gesuchten Characters unterthänigst ansuchen.

Desgleichen haben die beyden gedacht Lehrer Müller und Horny, wovon der erste, wie auch Waitz, jeder 75 rh., der letztere aber nur 50 rh. Gehalt hat, um einige Verbesserung gebeten.

Da nun verschiedene Besoldungen z.B. des Cabinets-Malers Heinsius, und des Kupferstechers Lips der Fürstlichen Cammer heimgefallen: So geben wir unterthänigst anheim, ob nicht Müllern und Waitz zu einiger Belohnung, auch fortzusetzendem Fleiß und fernern Ermunterung jedem 25 rh., Horny aber, der in Eisenach bereits 100 rh. gehabt, noch 50 zugelegt, mithin jeder auf 100 rh. gesetzt werden könnte.

Es wird diese Zulage nicht mehr als 100 rh. in Summa betragen und die Fürstliche Cammer doch noch ein ansehnliches übrig behalten. Weimar, den 21. November 1795.

C. F. Schnauß. J. W. v. Goethe.[58]


10/3206.


An Christian Gottlob Voigt

[etwa 22. November]

Hier überschicke ich den flüchtigen Entwurf eines Schema's der hießigen Thätigkeit, haben Sie die Güte was Ihnen beygeht hinzuzufügen, ich habe Ihnen am Ende ein weites Feld offen gelassen.

Hätten Sie wohl die Güte in Dresden, an den Mechanikus Aehnelt, wohnhaft am See in Nr. 561, 4 rh. 12 gr. sächsisch auszahlen zu lassen, vorausgesetzt, daß Sie oben mit jemanden in solcher Connexion stehen.

Wenigstens Freytag hoffe ich das Vergnügen zu haben Sie bey mir zu sehen.

G.[304]


10/3233.


An Gottlieb Pflug

[Concept.]

Der für mich gearbeitet eiserne Ofen ist besonders gut gerathen und was den durchbrochenen Deckel über dem Cylinder betrifft so bin ich mit der hiebey zurückkommenden Zeichnung recht wohl zufrieden, er wird nur von schwarzem Eisenblech wie der Ofen zu machen seyn. Was den zweyten Ofen betrifft so halten Sie mit demselbigen noch ein wenig inne, weil ich dazu noch eine andere Zeichnung zu überschicken gedenke.

Weimar den 23. November 1795.


10/3234.


An Friedrich Schiller

Hier schicke ich Ihnen sogleich die neueste Sudeley des gräflichen Saalbaders. Die angestrichene Stelle der Vorrede ists eigentlich worauf man einmal, wenn man nichts bessers zu thun hat losschlagen muß. Wie unwissend überhaupt diese Menschen sind ist unglaublich,[337] denn wem ist unbekannt? daß die Christen von je her alles was vernünftig und gut war sich dadurch zueigneten, daß sie es dem logos zuschrieben, und meine liebe Christin thut pag. 304 eben das und man wird dem guten Wesen darüber nicht feind werden.

Ein Brief von Prinz August, den ich Ihnen beylege, wird Ihnen Vergnügen machen, es ist keine der schlimmsten Productionen seiner ganz eignen Laune.

Das Exemplar von Humbold erbitte ich mir wieder zurück, er hat das seine schon in Berlin weggenommen.

Hederichs Lexikon wünschte ich auch wieder und das 7te Stück der Horen im kleinen Format.

Auf Ihren Aufsatz verlange ich sehr. Das was ich von Ihren Ideen kenne hat mir in dieser letzten Zeit im praktischen manchen Vortheil gebracht, so wenig man mit Bewußtseyn erfindet, so sehr bedarf man des Bewußtseyns besonders bey längern Arbeiten. Übrigens kann ich niemand übel nehmen wenn er lange gepaßt hat und nun einmal Trümpfe in die Hände kriegt daß er sie auch ausspielt.

Wegen des Honorar's der neuen Elegien läßt sichs noch überlegen. Der Vorschlag 20 Louis d'or zu zahlen und das übrige alsdann bis zum Abdruck bewenden zu lassen, hat meinen Beyfall. Es ist doch so etwas zum Anbiß und wird guten Effect thun, auf alle Fälle tat es Zeit bis aufs Neuejahr.

Der Weißhuhnische Aufsatz im 6te Hefte des Niethammerischen Journals hat mir sehr wohl gefallen.[338] Diese Art zu philosophiren liegt mir viel näher als die Fichtische, wir wollen den Aufsatz doch einmal mit einander lesen, ich wünschte über einiges Ihre Gedanken zu hören. Bey Zusammenstellung meiner phisikalischen Erfahrungen ist es mir schon, wie ich finde, von großem Nutzen daß ich etwas mehr als sonst in den philosophischen Kampfplatz hinuntersehe. Eben erhalte ich Ihren Aufsatz und freue mich ihn in der nächsten ruhigen Stunde zu lesen. Sobald Sie etwas gewisseres wegen der Subscription der Horen erfahren, so schreiben Sie mir es doch.

Leben Sie recht wohl. W. d. 25 Nov. 95.

G.


10/3235.


An Friedrich Schiller

Ihre Abhandlung schicke ich hier mit vielem Danke zurück. Da diese Theorie mich selbst so gut behandelt, so ist nichts natürlicher als daß ich den Principien Beyfall gebe und daß mir die Folgerungen richtig scheinen. Ich würde aber mehr Mißtrauen darein setzen, wenn ich mich nicht anfangs selbst in einem polemischen Zustand gegen Ihre Meinung befunden hätte. Denn es ist Ihnen nicht unbekannt daß ich, aus einer allzu großen Vorliebe für die alte Dichtung gegen die neuere oft ungerecht war. Nach Ihrer Lehre kann ich erst selbst mit mir einig werden, da ich das nicht mehr zu schelten brauche, was ein unwiderstehlicher[339] Trieb mich doch, unter gewissen Bedingungen, hervor zu bringen nöthigte, und es ist eine sehr angenehme Empfindung mit sich selbst und seinen Zeitgenossen nicht ganz unzufrieden zu seyn.

Ich bin diese Tage wieder an den Roman gegangen und habe alle Ursache mich daran zu halten. Die Forderungen wozu der Leser durch die ersten Theile berechtigt wird, sind wirklich, der Materie und Form nach, ungeheuer. Man sieht selten eher wie viel man schuldig ist, als bis man wirklich einmal reine Wirthschaft machen und bezahlen will. Doch habe ich guten Muth. Es kommt alles darauf an, daß man die Zeit wohl braucht und keine Stimmung versäumt. Leben Sie recht wohl. Weimar den 29. November 1795.

G.


10/3236.


An Frau von Koppenfels

[Concept.]

[Anfang December.]

Sie können versichert seyn, daß ich an dem was erfreuliches und schmerzliches bisher Ihrem Hause begegnet ist, in der Stille wahren Antheil genommen habe. Der Tod der guten Louise hat mich überrascht denn von ihrer Jugend konnte man eher eine glückliche Wendung für ihre Gesundheit hoffen. Vielleicht bin ich in kurzem im Stande einige Zeichnung zu dem Monumente zu überschicken das ihr die mütterliche[340] Liebe zugedacht hat. Ich empfehle mich Ihrem freundschaftlichen Andencken und wünsche daß das zu nehmende Glück der überbliebenen Sie für den großen Verlust nach und nach entschädigen könne.


10/3237.


An Amalie von Voß

[Concept.]

[3. December.]

Schon in Eisenach wertheste Freundin habe ich die glückliche Wendung Ihres Schicksals von der lieben Schwester vernommen und ich danke Ihnen daß Sie mir davon unmittelbar Nachricht geben, Sie haben durch Ihre Gesinnungen und Ihr Betragen von je her das schönste Glück verdient und ich freue mich als Ihr aufrichtiger Freund daß es Ihnen mit so reichem Maaße geworden ist möchten Sie es recht lange vereinigt mit dem Herrn Gemahl, dem ich mich gehorsamst zu empfehlen bitte, genießen, und möchte ich von Zeit zu Zeit erfahren, daß Sie sich meiner noch freundschaftlich erinnern.

Die musikalische Sammlung wie Sie mir solche in Ihrem Briefe anzeigen würde mir je eher je lieber angenehm seyn. Nach Ihrer gewohnten Ordnung werden wohl alle zusammen gehörigen Papiere beysammen liegen, ich würde sie alsdann durchgehen und sollten mir dabey einige Erläuterungen nöthig seyn, so würden Sie ja wohl auf geschehene Anfrage weiter aushelfen oder nachweisen können.[341]

Der gute Meyer ist nach Italien um für die bildende Kunst noch manches zu sammlen.


10/3238.


An Wilhelm von Humboldt

[3. December.]

Es ist hohe Zeit, daß ich auch einmal ein Wort von mir hören lasse; leider muß ich mit der Klage anfangen, daß unser schönes Quatuor im vorigen Winter so zerstreut worden ist. Sie befinden sich in Berlin, und Meyer ist wahrscheinlich in Rom, die böse Witterung und mancherlei kleine Geschäfte hier am Ort hindern mich, Schiller öfters zu besuchen, die Briefe wechseln bei mir nicht stark, und so bin ich wieder in meinem eigenen und gewissermaßen engern Kreise.

Die Freitagsgesellschaft hat wieder angefangen, sodaß also das Licht der Kenntnisse, das übrigens ziemlich unter dem Scheffel steht, wenigstens einmal die Woche in meinem Hause leuchtet.

Ich habe den Gedanken gehabt, die vielerlei Zweige der Thätigkeit in unserm kleinen Kreise in ein Schema zu bringen, und will die Gesellschaft bewegen, die einzelnen Notizen auszuarbeiten. Diese Kunst- und wissenschaftlichen Republik sieht bunt genug aus und besteht, wie die deutsche Reichsverfassung, nicht durch[342] Zusammenhang, sondern durch Nebeneinandersein, wie Sie selbst davon eine anschauliche Kenntniß haben.

Was ich zeither gethan habe, kennen Sie schon meistens, und was ich gegenwärtig ausarbeite, werden Sie auch bald sehen. Schiller sagt mir, daß Ihnen mein Märchen nicht misfallen hat, worüber ich mich sehr freue, denn, wie Sie wissen, weit darf man nicht ins deutsche Publikum hineinhorchen, wenn man Muth zu arbeiten behalten will.

Der letzte Theil des Romans wird wol erst Michaelis herauskommen, und was ich über Naturlehre und Naturgeschichte gesammelt habe, möchte ich auch erst zusammenstellen, ehe ich mich dem italienischen Wesen wieder ausschließlich widme; ich habe indessen auch hierzu manches gelesen und gesammelt.

Lassen Sie mich doch auch wissen, was Sie die Zeit über gearbeitet haben, und was Sie von Ihrem Herrn Bruder hören, dessen Bemerkungen auf seiner Reise ich mit Verlangen entgegensehe.

In Berlin werden gegenwärtig des Kriegsraths Körber's Kupferstiche verkauft. Es ist zwar nichts darunter, was mich reizt, allein Sie fänden ja wol einen dienstbaren Geist, der, für die Gebühr, an den Rand des Katalogen den Preis schriebe, um welchen diese Kunstwerke weggehen, man kann daraus doch manches schließen und sich in andern Fällen danach richten.

Sie haben gewiß mit vielem Antheil gesehen, welche[343] Fortschritte Schiller auch in seinen kritischen Arbeiten macht, er hat sehr glückliche Ideen, die, wenn sie nur einmal gesagt sind, nach und nach Eingang finden, so sehr man ihnen auch anfangs widersteht. Man wird ihm, fürcht' ich, erst lebhaft widersprechen und ihn in einigen Jahren ausschreiben ohne ihn zu citiren.

Haben Sie die monstrose Vorrede Stolberg's zu seinen Platonischen Gesprächen gesehen? Es ist recht schade, daß er kein Pfaff geworden ist, denn so eine Gemüthsart gehört dazu, ohne Scham und Scheu, vor der ganzen gebildeten Welt ein Stückchen Oblate als Gott zu eleviren und eine offenbare Persiflage, wie z.B. Jon ist, als ein kanonischen Buch zur Verehrung darzustellen. Den Aufsatz von Weißhuhn im sechsten Hefte des Niethammer'scher philosophischen Journals habe ich mit vielem Vergnügen gelesen. Uns Menschenverständlern ist es gar zu angenehm, wenn uns das Speculative so nahe gerückt wird, daß mir es gleich fürs Haus brauchen können. Da bei meinen physikalischen und naturhistorischen Arbeiten alles darauf ankommt: daß ich das sinnliche Anschauen von der Meinung, insofern es möglich ist, reinige und sondere, so ist mir jede Belehrung sehr willkommen, die zunächst hierauf deutet, um so mehr, als das Anschauen, insofern es diesen Namen verdient (denn es ist von dem Ansehen, wie billig, sehr zu unterscheiden), selbst wieder subjectiv und manchen Gefahren unterworfen ist.[344]


10/3239.


An Georg Christoph Lichtenberg

[Concept.]

[7. December.]

Ew. Wohlgeb.

haben mir, durch Ihre fortgesetzte Bearbeitung der Hogarthischen Gegenstände, ein sehr angenehmes Geschenk gemacht und mich an glückliche Stunden früherer Zeiten erinnert.

Ich leugne nicht daß eine anhaltende Betrachtung der Kunstwerke, die uns das Alterthums und die uns die Römische Schule zurückgelassen haben mich von der neuern Art, die mehr zum Verstandne als zu der gebildeten Sinnlichkeit spricht einigermaßen entfernt hat; desto angenehmer ist aber die Überraschung wenn uns der Geist dieser Arbeiten durch einen so gewandten Dolmetscher wieder unvermuthet aus allen Winkeln und Ecken anspricht. Haben Sie recht vielen Dank für die Mittheilung und erfreuen Sie uns durch eine baldige Fortsetzung.

Hierbey folgen ein paar Bände meines Romans der seine moderne Natur freylich auch nicht verleugnet, ich wünsche ihnen eine günstige Aufnahme.

Sollte des Benvenuto Cellini Abhandlung, über die Kunst des Goldschmiedtes, sich auf der Göttinigischen Bibliothek befinden; so hätten Sie ja wohl die Güte mir solche auf eine kurze Zeit zu verschaffen. Das Leben dieses wunderlichen Mannes besitze ich selbst.

[345] Ich wünsche zu hören daß Ihre Gesundheitsumstände leidlich sind und empfehle mich zu geneigtem Andenken.


10/3240.


An Friedrich Schiller

Auf beyliegendem Blättchen erhalten Sie Nachricht wegen der Journale, wollten Sie nun desfalls das nöthige mit den Botenweibern arrangiren, so könnten Sie die Stücke ordentlich erhalten.

Hier kommen auch meine Elegien, ich wünsche daß Sie damit zufrieden seyn mögen, es ist noch zuletzt allerley daran gethan worden, doch wie man mit eigenen Sachen selten fertig wird, so wird man es mit Übersetzungen niemals. Haben Sie noch etwas zu erinnern, so theilen Sie es mir gefällig mit, es wäre gut, wenn diese neun Stücke zusammen erscheinen könnten. Sie machen zusammen nicht über anerthalb Bogen, die übrigen sollen nach und nach eintreffen.

Wie sieht es übrigens mit dem Vorrath aufs nächste Vierteljahr aus, und was hören Sie von der neuen Subscription.

Wenn Sie die Abhandlung über die sentimentalischen Dichter wieder zurück haben, wünschte ich sie noch einmal zu lesen, wegen des Schlusses habe ich noch einige Scrupel, und wenn einen der Geist warnt, so soll man es wenigstens nicht verschweigen. Da[346] das Ganze so weit und breit ist, so scheint es mir bey näherer Überlegung zu enge und zu spitz auszulaufen und da diese Spitze grade zwischen mir und einem alten Freunde hineinfällt, so machts mir wirklich ein wenig bange. Doch davon mündlich. Heute nur ein Lebewohl. Weimar d. 9. Dezember 1795.

G.


10/3241.


An Friedrich Schiller

Für das übersendete, über welches hier eine Quittung beyliegt, danke ich zum schönsten. Es scheint, da wir Dichter bey der Theilung der Erde zu kurz gekommen sind, uns ein wichtiges Privilegium geschenkt zu seyn, daß uns nämlich unsere Thorheiten bezahlt werden.

Das Gedicht, worauf ich hier anspiele, findet großen Beyfall, und die Leute sind höchst neugierig wer es wohl gemacht habe?

Übrigens sind gegenwärtig die Hundsposttage das Werk, worauf unser seineres Publikum seinen Überfluß von Beyfall ergießt, ich wünschte daß der arme Teufel in Hof bey diesen traurigen Wintertagen etwas angenehmes davon empfände.

Wenn jener Aufsatz sich nicht grade mit der bedenklichen Note schließt so wird dadurch ihre Wirkung geringer werden, und wir müssen abwarten was daraus erfolgt.

[347] Haben Sie beyliegenden Hymnus schon gesehen, mit dem man Sie beehrt hat? Ich habe ihn auf alle Fälle abschreiben lassen. Man sieht auch hieraus, daß man im literarischen jenen Sämann, der nur säete ohne viel zu fragen wo es hinfiel, nachahmen soll.

Von den Anmerkungen zu den Elegien wollen wir, so viel die Zeit erlaubt, Gebrauch machen. In so einer wunderlichen Sprache wie die deutsche ist, bleibt freylich immer etwas zu wünschen übrig.

Zum Innerstücke arbeitete ich gerne etwas, aber der Roman nimmt mir jetzt, zu meinem Glücke alle Zeit weg. Dieser letzte Band mußte sich nothwendig selbst machen oder er konnte gar nicht fertig werden, und die Ausarbeitung drängt sich mir jetzt recht auf, und der lange zusammengetragene und gestellte Holzstoß fängt endlich an zu brennen.

Länger als Februar rath ich den Staelischen Aufsatz nicht zurück zu schieben, weil Ostern derselbe nebst den Erzählungen wahrscheinlich übersetzt erscheinen wird. Die französischen Exemplare fangen an sich in Deutschland auszubreiten.

Vielleicht kann ich zum März jenes zweyte Mährchen, von dem ich eine Skizze vorgetragen, fertig schreiben und dabey mit einem kleinen Eingang über die Auslegung des ersten wegschlüpfen. Daß dieses seine Wirkung nicht verfehlt sehen Sie aus beyliegendem Briefe des Prinzen.

Es wäre sehr gut, wenn man von der religieuse[348] für die Horen Gebrauch machen könnte. Sie könnten dazu die Erlaubniß durch Herdern am besten erhalten; ich mag nicht gerne darüber anfragen, weil mir bey dieser Gelegenheit die Travestirung der Claironischen, Geschichte könnte zu Gemüthe geführt werden.

Iffland kommt sobald nicht, sie sind von den Überwindern in Mannheim zu spielen gezwungen. Gegen Ostern oder nach Ostern hofft er zu kommen.

Ich bereite mich Sie aufs Neuejahr besuchen zu können, denn mich verlangt sehr den ganzen Kreis Ihrer theoretischen Arbeiten nun einmal mit Ihnen zu durchlaufen und mich dadurch zu den Arbeiten, die vor mir liegen, zu stärken. Ich habe Ihre Principien und Deductionen desto lieber, da sie mir unser Verhältniß sichern und mir eine wachsende Übereinstimmung versprechen, denn leider sind es öfter die Meinungen über die Dinge als die Dinge selbst wodurch die Menschen getrennt werden, wovon mir in Weimar die betrübtesten Beyspiele täglich erfahren.

Leben Sie recht wohl und grüßen die liebe Frau. Wird denn ein wenig gezeichnet?

W. d. 15. Dec. 1795.

G.


10/3242.


An Friedrich Schiller

Von Ihren gütigen und gegründeten Anmerkungen haben wir bey den Elegien, die hier zurückkommen,[349] so viel als möglich Gebrauch gemacht; es ist freylich möglich auf einem solchen Wege diese Art Arbeiten immer der Vollkommenheit näher zu bringen.

Ich habe diese Tage, in Hoffnung von meinem Herrn Collegen was zu lernen, den vortrefflichen Herrn Stark gelesen und studirt. Ich könnte nicht sagen daß ich sehr auferbauet worden wäre. Vorn herein hat es wirklich einigen Schein der uns bestechen kann, in der Folge aber leistet es doch gar zu wenig.

Dagegen habe ich an den Novellen des Cervantes einen wahren Schatz gefunden, sowohl der Unterhaltung als der Belehrung. Wie sehr freut man sich, wenn man das anerkannte Gute auch anerkennen kann, und wie sehr wird man auf seinem Wege gefördert, wenn man Arbeiten sieht die nach eben den Grundsätzen gebildet sind, nach denen wir nach unserm Maße und in unferm Kreise selbst verfahren.

Leben Sie recht wohl. Bald mehr.

W. d. 17. Dec. 95.

G.


10/3243.


An Johann Friedrich Reichardt

Ob ich gleich der Musikhandlung keinen Dank weiß daß sie mich nicht wieder gemahnt hat, so ist es mir doch sehr angenehm daß ich jetzt Gelegenheit finde Ihre trefflichen Kunstwerke mit einer so guten Arbeit zu erwiedern, und wie ich hiermit den Werth[350] der 16 Ducaten erhalten zu haben bescheinige, so erbitte ich mir gelegentlich über meine bisherige Schuld eine Quittung.

Claudine ist aufgeführt und ich habe mit Vergnügen Ihre Arbeit bey den Proben und der Aufführung wieder genossen, leider trafen soviele Umstände zusammen daß das Publikum über diese Production zweifelhaft blieb und ich eine günstigere Constellation abwarten muß um das Stück wiedergeben zu können.

Die Lieder zum Roman sind voll Anmuth und Bedeutung, bey einem vollkommenen Vortrag verfehlen sie gewiß ihre Wirkung nicht.

Auf Weynachten erwarten wir den Darmstädtischen Hof der bisher sich in Eisenach aufhielt, es möchte also wohl schwerlich zu einem privat Kongreß die rechte Zeit seyn.

Ich wünsche zu hören daß Sie Sich wohl befinden und daß Ihre Angelegenheiten an denen ich vielen Theil genommen, sich wieder ins alte Gleis begeben mögen.

W. d. 21. Dec. 1795.

Goethe.


10/3244.


An den Prinzen August von Sachsen-Gotha

[21. December.]

Über die Entdeckung welche Ihro Durchl. gemacht haben daß der Jünger Quaestionis noch leben müsse,[351] bin ich freilich um so mehr erstaunt als mich die nähere Bekanntschaft mit dem Werke selbst völlig von Ihrer, anfangs allzu verwegen scheinenden Hypothese überzeugt hat. Ich finde in der belobten Schrift, welche nur ein so frevelhaftes Zeitalter als das unsrige für ein Mährchen ausgeben kann, alle Kennzeichen einer Weissagung und das vorzüglichste Kennzeichen im höchsten Grad. Denn man sieht offenbar daß sie sich auf das Vergangene wie auf das Gegenwärtige und Zukünftige bezieht.

Ich müßte mich sehr irren, wenn ich nicht unter den Riesen und Kohlhäupter bekannte angetroffen hätte und ich getraute mir theils auf das vergangene mit dem Finger zu deuten, theils das Zukünftige was uns zur Hoffnung und Warnung aufgezeichnet ist abzusondern wie Ihro Durchl. aus meiner Auslegung sehen werden die ich aber nicht eher heraus zu geben gedenke als biß ich 99 Vorgänger vor mir sehen werde. Denn Sie wissen wohl daß von den Auslegern solcher Schriften immer nur der letzte die Aufmerksamkeit auf sich zieht.


10/3245.


An Friedrich Schiller

Mit Verlangen warte ich aufs neue Jahr und suche mancherley kleine Geschäfte abzuthun, um Sie wieder mit Freyheit auf einige Zeit besuchen zu[352] können. Ich wünsche nur daß ich Sie wohl und poetisch thätig antreffen möge, denn es ist das nun einmal der beste Zustand den Gott den Menschen hat gönnen wollen. Mein Roman ruht nun nicht biß er sich fertig macht, worüber ich sehr vergnügt bin, denn mitten unter allen Zerstreuungen treibt er sein Wesen immer fort.

Ich habe sonst noch manches mitzutheilen. Hier liegt z.B. eine Erklärung der dramatischen Personen des Märchens bey, von Freundinn Charlotte. Schicken Sie mir doch geschwind eine andere Erklärung dagegen die ich ihr mittheilen könnte.

Den Einfall auf alle Zeitschriften Epigramme, iedes in einem einzigen Disticho, zu machen, wie die Xenia des Martials sind, der mir dieser Tagen gekommen ist, müssen wir cultiviren und eine solche Sammlung in Ihren Musenalmanach des nächsten Jahres bringen. Wir müssen nur viele machen und die besten aussuchen. Hier ein Paar zur Probe.

Daß Cotta über die Subscription der Horen nicht herauswill gefällt mir nicht ganz, wo ich hinhöre spricht man von vermehrter Subscription.

Wird sich denn dieser edle Sosias mit seinem Gold und Silber auf das Fest Epiphaniae einfinden? Weyrauch und Myrren wollen wir ihm erlassen.

Des P. Castels Schrift Optique des Couleurs. 1740. habe ich in diesen Tagen erhalten, der lebhafte Franzos macht mich recht glücklich. Ich kann[353] künftig ganze Stellen daraus abdrucken lassen und der Heerde zeigen daß das wahre Verhältniß der Sache schon 1739 in Franckreich öffentlich bekannt gewesen, aber auch damals unterdruckt worden ist.

Ich habe noch geschwind einige Varianten zur Erklärung gesetzt, wenn Sie auch noch die Summe vermehren, so wird eine Verwirrung ohne Ende aus diesen Aufklärungen zu hoffen seyn.

Die Xenia nächstens.

d. 23. Dec. 95.

G.


NB. Die roth unterstrichnen sind meine Varianten.


10/3246.


An Friedrich Schiller

Ein paar Producte, wie die hierbey kommenden Schriften sind, dürfen Ihnen nicht unbekannt bleiben, vielleicht sind sie noch nicht zu Ihnen gelangt. Den Theater Kalender bitte mir bald wieder zurück.

Mit 100 Xenien, wie hier ein Dutzend beyliegen, könnte man sich sowohl dem Publiko als seinen Collegen aufs angenehmste empfehlen.

Es ist recht gut, daß die Rezension des poetischen Theils der Horen in die Hände eines Mannes aus der neuen Generation gefallen ist, mit der alten werden wir wohl niemals einig werden. Vielleicht lese ich sie bey Ihnen, denn wenn es mir möglich ist, geh ich den dritten Januar von hier ab.

[354] Daß man uns in unsern Arbeiten verwechselt, ist mir sehr angenehm; es zeigt daß wir immer mehr die Manier los werden und ins allgemeine Gute übergehen. Und dann ist zu bedenken daß wir eine schöne Breite einnehmen können, wenn wir mit Einer Hand zusammenhalten und mit der andern so weit ausreichen als die Natur uns erlaubt hat.

Ich danke für den Beytrag zur Auslegung des Märchens, wir würden freilich noch ein bischen zusehen. Ich hoffe aber doch noch auf eine günstige Wendung in den Unterhaltungen, meinen beliebigen Spaß darüber machen zu können.

Wollte doch Gott, daß Woltmanns Trauerspiel producibel wäre! ich würde es gleich aufführen lassen. Alles will schreiben und schreibt und wir leiden auf dem Theater die bitterste Noth.

Die Abbildung des Seiferdorfer Unwesens kenn ich, Sie kennen ja wohl auch die Trude die es bewohnt und die es so ausgeschmückt hat. Wielands Empfang und Bewirthung daselbst im Sommer 1794 gäbe eine vortreffliche Geschichte, wenn er sie aufsetzen wollte wie er sie erzählt.

Cotta wollen wir also auf Jubilate erwarten, ich hatte wirklich vergessen daß dieser Termin festgesetzt worden.

Leben Sie recht wohl, ich suche mich von allem was mich halten und zerstreuen könnte los zu machen, um in Ihrer Nähe wieder einige gute Zeit zuzubringen.

W. d. 26. Dez. 95.

G.[355]


10/3247.


An Friedrich Schiller

[30. December.]

Ich freue mich sehr, daß die Xenien bey Ihnen Eingang und Beyfall gefunden haben, und ich bin völlig der Meinung daß wir weiter um uns greifen müssen. Wie werden sich Charis und Johann prächtig neben einander ausnehmen! wir müssen diese Kleinigkeiten nur ins Gelag hineinschreiben und zuletzt sorgfältig auswählen. Über uns selbst dürfen wir nur das was die albernen Pursche sagen, in Verse bringen, und so verstecken wir uns noch gar hinter die Form der Ironie.

Die Recension der Horen wird also ein rechtes Wunderding, auch passen unsere Concurrenten mit Heißhunger darauf, und sie falle aus wie sie will, so giebts gewiß wieder Händel.

Was Brandis in seinem Werke über die Lebenskraft über meine Metamorphose sagt, erinnere ich mich; aber nicht der Stelle die Sie anführen, wahrscheinlich hat er derselben, in seiner Übersetzung der Darwinischen Zoonomie, nochmals gedacht, da Darwin auch das Unglück hat vorher als Dichter (im englischen Sinne Dieses Worts) bekannt zu seyn.

Nur die höchste Dürftigkeit ließ mich von iener Tragödie etwas gutes hoffen. Gestern ist wieder ein detestables Stück von Ziegler aufgeführt worden:[356] Barbarey und Größe, wobey sie so barbarisch zugehauen haben, daß ein Schauspieler fast um seine Nase gekommen ist. Wie heißt doch der Titel der Bearbeitung der Adelphen? Ich erinnere mich ihrer aus den frühesten Zeiten her.

Ich verlange recht Sie wieder zu sehen und in dem stillen Schlosse zu arbeiten, mein Leben ist, diese 4 Wochen her, ein solches Quodlibet in welchem sich hunderterley Arten von Geschäftigkeiten mit hunderterley Arten von Müssiggang kreuzen, mein Roman gleicht indessen einem Stickstrumpf der bey langsamer Arbeit schmutzig wird. Indessen wird er im Kopfe überreif und das ist das Beste.

Von Meyern habe ich einen Brief aus Rom, er ist glücklich daselbst angelangt und sitzt nun freylich im Rohre; aber er beschwert sich bitterlich über die andern Gesellen die auch da sitzen, Pfeifen schneiden und ihm die Ohren voll dudeln. Deutschland kann sich nicht entlaufen und wenn es nach Rom liefe, überall wird es von der Platitüde begleitet, wie der Engländer von seinem Theekessel. Er hofft bald von sich und Hirt etwas für die Horen zu schicken.

Hierbey ein Brief von Oberreit der in seiner Art wieder recht merkwürdig ist, ich will sehen, daß ich dem armen alten Mann etwas von unsern Herrschaften heraus bettle.

Leben Sie recht wohl und behalten mich lieb.

G.[357]


10/3248.


An N.N.

[Concept.]

[Ende December.]

Ew. Wohlgeb.

sag ich für die übersendeten Schriften recht vielen Dank, sie sind mir zu meiner Absicht sehr brauchbar, und bitte um Erlaubniß sie noch einige Zeit behalten zu dürfen.

Was die Wiese bey dem Durchstich betrifft, so habe ich schon mehrmals darüber nachgedacht wie ich Ew. Wohlgeb. hierin gefällig seyn könnte; es will mir aber kein Mittel dazu beygehen. Nachdem die jenseitigen Anstößer, welche zu dem Durchstrich, freylich nur wenig, beygetragen haben das Ihrige zugemessen erhalten, fiel der übrig bleibende Gries fürstl. Kammer, als ein geringes Aequivalent für den großen Aufwand zu, und sie möchte wohl schwerlich zu bewegen seyn noch etwas weiter davon abzulassen, indem schon bey der jetzigen Zumessung sich Schwierigkeiten hervorthaten.

Hätte man gleich zu Anfang von Seiten der Polzischen Erben sich an jene angeschlossen so würde auch gegenwärtig kein weiterer Zweifel statt finden. Zeigte sich in der Folge ein Weg diese zu heben so würde ich mit Vergnügen mit zu Ew. Wohlgeb Wünschen beyzutragen bereit seyn.

In Hoffnung Sie bald wieder zu sehen unterzeichne ich mich

Ew. Wohlgeb.[358]


10/3249.


An Johann Heinrich Meyer

Weimar den 30ten December 1795.

Ihren Brief, mein Werthester, aus Rom, vom 22. November habe ich erst gestern erhalten, da meine Mutter ihn nicht sogleich spedirt hatte, schreiben Sie, mir künftig nur gerade hierher.

Es ist einer von meinen lebhaftesten Wünschen erfüllt Sie gesund in Rom zu wissen, wenn Sie nur wieder an jenes Leben gewohnt sind, so werden Sie gewiß in einem hohen Grade glücklich seyn und wenn Sie erst etwas unternehmen und arbeiten, so wird wenig an Ihrer Zufriedenheit fehlen.

Das Deraisonnement der Deutschen in Rom mag sich noch widerlicher ausnehmen als wenn man es in Deutschland hören muß, und doch ist das Gespräch überall nichts als ein Austausch von Irrthümern, und ein Kreislauf von beschränkten Eigenheiten. Wir wollen unsern Weg recht still aber auch recht eigensinnig verfolgen. Lassen Sie nur ja niemand nichts von unsern Hypothesen, Theorien und Absichten merken, wenn die Leute von uns noch einige gute Meynung behalten sollen. Es ist bloß mit der Masse unserer vereinigten Kräfte und mit der Ausführung des Ganzen, daß wir ihnen in der Folge imponiren können und doch werden sie auszusetzen genug finden.

Ich war von je her überzeugt daß man entweder [359] unbekannt oder unerkannt durch die Welt gehe, so daß ich auf kleinen oder größeren Reisen, in so fern es nur möglich war, meinen Nahmen verbarg und künftig will ich ihn gewiß nur zu besserer Ausführung unseres Zweckes aushängen.

Ich habe diese Zeit her, so viel mir meine übrigen Zerstreuungen erlaubten, in den alten Büchern der Baukunst fortstudiret. Es ist eine Freude wie wacker und brav die Leute sind, und wie ernst es ihnen um ihre Sache ist. Serlio war mir ein eignes Phänomen, in dem ernsthaften und soliden Theile der Baukunst und gleichsam in ihren ersten Anfängen ist er fürtrefflich. So habe ich die Rustika nirgends so gut behandelt gesehen und so sind auch viele Anlagen von Gebäuden, wenn sie gleich ein etwas unangenehmes Ansehn haben, voller Verstand und Sinn; allein wo er in Mannigfaltigkeit und Zierrath übergehen will, wird er oft, man kann sagen, abgeschmackt, obgleich selbst aus diesen Schlacken noch manches Metallkorn herauszufinden wäre. Sehr hübsch ist es aber, daß man aus seinen wenigen beygefügten Noten sieht; daß er nicht aus Wahl sondern um dem mannigfaltigen Geschmack der Baulustigen zu dienen, dergleichen Ungeheuer aufgestellt hat. Man sieht, welche Höhen der menschliche Geist überklettern muß ehe er zur Zierde wieder herabsteigen kann.

Je mehr man den Palladio studirt, je unbegreiflicher wird einem das Genie, die Meisterschaft, der[360] Reichthum, die Versatilität und Grazie dieses Mannes. Im einzelnen mag manches gegen seine Kühnheit zu erinnern seyn, im Ganzen sind seine Werke eine Grenzlinie die niemand ausfüllt und die so bald überschritten ist.

Als Buch ist des Scamozzi Werk vielleicht eins der ersten die geschrieben worden sind. Eine Fülle, ein Umfang, eine Nüchternheit, eine Methode die höchst erfreulich sind. Seine Kenntnisse natürlicher Gegenstände so richtig und rein als es zu seiner Zeit nur möglich war. Er hat gereift und studirt und blickt frey und treffend in der Welt umher. Ich möchte aber auch beynah sagen die Baukunst ist der einzige Gegenstadt über welchen man ein solches Buch schreiben kann, denn nirgends ist das erste Bedürfniß und der höchste Zweck so nah verbunden, des Menschen Wohnung ist sein halbes Leben, der Ort wo er sich niederläßt, die Luft die er einathmet bestimmen seine Existenz, unzählige Materialien die uns die Natur anbietet, müssen zusammengebracht und genutzt werden wenn ein Gebäude von einiger Bedeutung aufgeführt werden soll. Wie schön sich über dieses alles Scamozzi genommen muß man aus seinem Werke selbst sehen.

Ich habe auch diese Zeit die berühmte Abhandlung des Hippokrates: de aëre aquis et locis gelesen und mich über die Aussprüche der reinen Erfahrung herzlich gefreut, dabey aber auch zu meinem Troste gesehen daß es ihm, wenn er hypothetisch wird, gerade geht[361] wie uns, nur möchte ich seine Hypothese eher den Schiffseilen und unsere Zwirnsfäden vergleichen.

Ein Buch, das den Titel führt: Finke, Versuch einer allgemeinen medicinisch practischen Geographie, ist sehr interessant, indem er aus allen Reisebeschreibungen was Clima, Nahrung, gesunden Zustand und Krankheiten betrifft, gesammelt hat; der Artikel von Italien ist zwar sehr mager, doch zeigt er eben was noch zu thun übrig ist.

Bertuch hat leider erst vor 14 Tagen eine starke Neapolitanische Post bezogen, er sagt aber: daß in kurzer Zeit er wieder eine ansehnliche Summe daher zu erwarten habe, wovon so viel man verlanget zu Diensten stehe. Es wird daher nichts zu thun seyn, wenn Sie mit dem mitgenommenen Gelde nicht reichen, als von dem Creditbrief Gebrauch zu machen und für diesmal den Schaden zu tragen.

Böttiger will den Catalogus von Tassie schon lange zurückgegeben haben, das Buch findet sich unter meinen übrigen nicht, unter denen es sich doch nicht leicht verstecken könnte; sagen Sie mir was Sie sich davon erinnern.

Nachdem das Volk Sie schon lange, per acclamationem, zum Professor gemacht hatte, hat Ihnen der Herzog den Charakter mit Anstellung bey der hiesigen Zeichenschule gegeben.

Ich gehe heute nach Jena um zu sehen ob ich mich aus der Zerstreuung in der ich dies Jahr beschlossen[362] habe, wieder erholen und an meinem Roman weiter fortrücken kann er wird auf alle Fälle leider Ostern nicht erscheinen.

Ich wünsche Glück zu der Acquisition des Poussins, leider geht es uns mit guten alten Kunstwerken meist wie mit den sibyllinischen Büchern, von denen der kleinste Theil immer noch unschätzbar ist.

Leben Sie recht wohl. Schreiben Sie mir von Zeit zu Zeit, ich würde auch schreiben ohne eben eine Antwort abzuwarten.

Hufeland Medicus hat einen Ruf nach Pavia an Franckens Stelle. Es ist noch nicht öffentlich bekannt. Es wäre lustig wenn wir ein Jenaisches Convivium über den Alpen erneuern könnten. Tausendmal Adieu.

W. d. 3. Jan. 96.

G.


Meinen ersten an Hirt adressirten Brief werden Sie erhalten haben.

Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 11.
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