1819

31/45.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Gegenwärtiges zu überschreiben werde durch einen Brief von Herrn von Cotta veranlaßt. Er hat nämlich meinen Antrag angenommen, die auf den Festzug bezüglichen Gedichte in seinem Verlag herausgeben zu lassen. Da ich nun wünsche, daß dieses sobald wie möglich geschehe, so frage hiermit an, wie bald wir an dieses Geschäft gehen könnten. – Ein[41] reines Manuscript wird in diesen Tagen fertig, und ich wünsche dasselbe auf eben die Weise wie den Divan gedruckt, da es denn etwa acht Bogen geben könnten.

Wäre es möglich zugleich den prosaischen Nachtrag des Divans zu beginnen, so wäre mir's sehr angenehm, weil ich zu Anfang des Jahres ziemliche Ruhe vor mir sehe, sodann aber nicht sicher bin unterbrochen zu werden.

Denenselben und werthen Ihrigen das Beste wünschend.

Weimar den 2. Jänner 1819.


31/46.


An Johann Georg Lenz

Das mir übersendete Blättchen versteintes Holz habe wohl erhalten und solches Serenissimo übergeben. Höchstdieselben verlangen aber noch die andern, die zu gleicher Zeit im mineralogischen Cabinette niedergelegt worden. Das rohe Stück ist, wie Se. Hoheit sich zu erinnern glauben, in Sachsen gefunden, in Dresden geschnitten worden. Der verunglückte Bloch hat solche abgetreten. Senden Sie mir also baldigst diese kleinen Curiosa.

Die mitgetheilten Briefe sollen morgen Abends mit Dank zurückerfolgen, sie enthalten viel Erfreuliches und Hoffnungsvolles.

Möge alles, wie bisher,[42] zur allgemeinen Freude und zum Vortheil der Wissenschaft gedeihen.

Das Beste wünschend

ergebenst

Weimar den 2. Jänner 1819.

Goethe.


31/47.


An Carl Friedrich Zelter

Gestern Abend war ich eben im Begriff einen Brief an dich zu dictiren, damit nicht eine völlige Verjährung einer unterbrochenen Correspondenz statt fände, als ich abermals abgehalten wurde; sogleich jedoch dein freundlicher Brief mit culinarischer Sendung ankam. Wofür ich denn schönstens danke und zugleich vermelde, daß die Rübchen, von der feinsten Sorte, zu rechter Zeit glücklich angekommen sind und heute, nebst den Fischen, ein freundschaftliches Mahl auszustatten Gelegenheit geben.

Seit deiner Abreise habe ich fast nichts von dem gethan was ich mir vorgesetzt. Bei kaiserlicher Anwesenheit konnte nicht ablehnen, zu einiger Festlichkeit beizutragen und so übernahm ich, einen Maskenzug auszustatten, wovon das Programm beiliegt, die explanatorischen Gedichte jedoch nachfolgen sollen. Der Zug bestand beinahe aus 150 Personen; diese charakteristisch zu costümiren, zu gruppiren, in Reihe und Glied zu bringen und bei ihrem Auftritt endlich exponiren zu lassen, war keine kleine Aufgabe, sie kostete[43] mich fünf Wochen und drüber. Dafür genossen wir jedoch des allgemeinsten Beifalls, welcher freilich durch den großen Aufwand von Einbildungskraft, Zeit und Geld (denn die Theilnehmenden ließen es an nichts fehlen sich herauszuputzen), der denn doch aber zuletzt, in kurzen Augenblicken, wie ein Feuerwerk in der Luft verpuffte, theuer genug erkauft wurde.

Ich habe mich persönlich am wenigsten zu beklagen, denn die Gedichte, auf welche ich viel Sorgfalt verwendet, bleiben übrig, und ein kostbares Geschenk von der Kaiserin, erhöht durch freundliche, gnädige und vertrauensvolle Aufnahme, belohnte mich über alle Erwartung.

Nachdem wir nun diese große Hof- und Lebensfluth zu euch hinströmen gesehen, habe ich mich sogleich wieder nach Osten gemacht und meine alten Bekanntschaften angeknüpft. Ich möchte meinen Divan mit feinen Zugaben eben los seyn, als ich zu Ostern in euern Händen wünschte. Da müssen wir denn aber diese drei oder vier Monate, bei mancherley Zwischenfällen, noch thätig und fleißig genug seyn.

Daß du und deine treffliche Gesellschaft auch an die Reihe gekommen, hatte ich gleich gehört, und weil man bei solchen Schmuckdarstellungen nur Perle zu Perlen reiht, so kommt das, was einzeln für sich stehen und gelten sollte, auch bloß zur augenblicklichen Erscheinung, ohne verdiente Aufmerksamkeit zu erregen.[44]

Der Unwille unseres Erbgroßherzogs über die Zigeunerwirthschaft eines Instituts, das Palläste, Tempel und Altäre verdiente, macht seinen Gesinnungen Ehre, die er, wie ich mehrmals erfuhr, immerfort äußert, wenn er eine Existenz sieht, die sich in einem disproportionirt engen Raume bewegt. Möge der gute Geist diese Gefühle zu rechter Zeit segnen und fördern.

Schon der Anblick deiner Composition macht mich wieder froh, ich will sie nun auch zu hören suchen und sehen, daß ich die dem Gesang widerwärtigen Stellen abändere. Bei dieser Gelegenheit muß ich erzählen, daß ich, um die Gedichte zum Aufzug zu schreiben, drei Wochen anhaltend in Berka zubrachte, da mir denn der Inspector täglich drey bis vier Stunden vorspielte und zwar, auf mein Ersuchen, nach historischer Reihe: von Sebastian Bach bis zu Beethoven, durch Philipp Emanuel, Händel, Mozart, Haydn durch, auch Dusseck und dergleichen mehr. Zugleich studirte Marpergers vollkommenen Capellmeister und mußte lächeln indem ich mich belehrte. Wie war doch jene Zeit so ernst und tüchtig und wie fühlte nicht ein solcher Mann die Fesseln der Philisterey in denen er gefangen war.

Nun habe ich das wohltemperirte Clavier, so wie die Bachischen Chorale gekauft und dem Inspector zum Weihnachten verehrt, womit er mich denn bei seinen hiesigen Besuchen erquicken und, wenn ich wieder zu ihm ziehe, auferbauen wird.

[45] In das Choralwesen möchte ich mich an deiner Hand freilich gern versenken, in diesen Abgrund, worin man sich allein nicht zu helfen weiß; die alten Intonationen und musikalischen Grundbewegungen immerfort auf neue Lieder angewendet und durch jüngere Organisten einer neueren Zeit angeähnelt, die alten Texte verdrängt, weniger bedeutende untergeschoben u.s.w. – Wie andere klingt das proscribirte Lied: Wie schön leuchtet der Morgenstern! als das castigirte, das man jetzt auf dieselben Melodie singt; und doch würde das echte älteste, wahrscheinlich lateinische, noch passender und gehöriger seyn. Du siehst, daß ich wieder an der Gränze deines Reiches herumschnopere, daraus kann aber nichts werden bei meiner Fischumgebung. Dieß ist aber nicht der einzige Punct worüber man muß verzweifeln lernen.

und so fort und für ewig

Weimar, den 4. Januar 1819.

G.


31/48.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren sende in Erwiderung Ihres gefälligen Schreibens das Manuscript zu geneigtem Durchlesen und Überlegung des Drucks; alsdann bitte es mit wieder zurück, da, wie Sie selbst finden werden, noch manches fehlerhaft, ja hie und da sogar lückenhaft ist. In einigen Tagen kann das aber alles[46] berichtet werden, vielleicht bemerken Sie mit Bleistift was Ihnen auffällt, da Sie diese Blätter mit frischen Augen ansehen. Ich habe mich bey'm Einlernen der Gedichte ganz matt und stumpf daran gehört.

Wegen allem übrigen das nächste Mal; mit den besten Wünschen und Empfehlungen

ergebenst

Weimar den 6. Januar 1819.

Goethe.


31/49.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende sogleich etwas Manuscript-Nachtrag zum Divan. Es möchte nicht ganz zwei gedruckte Bogen ausmachen; da jedoch das Übrige schon meist bereit liegt und zum Schlusse nur noch einer Revision bedarf, so kann, wie der Druck vorwärts geht, immer das Nöthige nachgesendet werden. Wir wollen die Schrift beibehalten, wovon Sie mir eine Probe gesendet haben, da es keine Noten sind, sondern fortlaufende Erläuterungen. Seiten- und Bogenzahl, wie bemerkt worden, gehen fort.

Was die einzelnen Absätze betrifft, so ist nicht nöthig, jedesmal eine neue Seite anzufangen, wenn nicht die vorhergehende schon über die Hälfte herunter ist. Wir wollen es damit halten wie bei Kunst und[47] Alterthum, wovon das vierte Stück ganz anständig aussieht.

Mehr wüßte ich vorerst nicht zu bemerken. Gegenwärtiges sende mit eben abgehender Post, das Übrige mit dem Sonnabendboten.

Mit den besten Wünschen!

Weimar den 7. Jänner 1819.


31/50.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Weimar den 7. Januar 1819.

Ew. Wohlgeboren

freundliche Zuschrift mit dem beygefügten ehrenvollen Diplom haben zu seiner Zeit glücklich erhalten und uns allen von Herzen Glück gewünscht, daß der Naturwissenschaft, unter Ihrer besondern Leitung, so glückliche Aussichten eröffnet sind. Auch konnte ich mich enthalten, sogleich mancherley Gedanken, Grillen, Wünsche, Sorgen und Vorschläge mitzutheilen; daraus entstand ein briefartiger Aufsatz, der theils zu viel theils zu wenig enthielt, aber doch abgegangen wäre wenn man mich nicht über Ihren Aufenthalt irre gemacht hätte.

Nunmehr aber versichert man mir, daß Sie wirklich nach Bonn gezogen, welchen schönen Aufenthalt ich Ihnen von Herzen gönne, ob es mir gleich scheint, als wenn ich dadurch verlöre: den in Franken[48] Wohnenden glaubte ich noch immer zu unserm Kreise rechnen zu dürfen. Lassen Sie mich recht bald von Ihrer überrheinischen Thätigkeit erfahren, damit ich im Glauben gestärkt werde und mich dauerhaft überzeuge, daß sich das Verhältniß zu Ihren nördlichern Freunden nicht verändert hat.

Von meinen Beschäftigungen kann ich wenig sagen. In dem Laufe dieses halben Jahres wird Ihnen mancherley zu Gesicht kommen, das ich ihrer Aufmerksamkeit empfehle. Unmittelbare Naturbetrachtungen habe ich wenig gemacht. Die Lehre von den entoptischen Farben glaube ich gegenwärtig sowohl aus sich selbst zu verwandten Erscheinungen naturgemäß dargestellt zu haben.

Die wiederkehrende Sonne verspricht meinen Hausgarten bald wieder zu beleben. Möchten Sie mir gelegentlich ein wissenschaftliches Sortiment von Astersamen zuschicken, so würden Sie mich sehr erfreuen; wie ich gegenwärtig Ihre Gentianen unter Glas und Rahmen vor mir sehe, so würde ich diesen Sommer Ihrer schönen Bemühungen bei einem wohlgeordneten Beete Astern immer eingedenk seyn.

Durch einen sechswöchentlichen Aufenthalt in Carlsbad habe ich mir einen leidlichen Winter vorbereitet und denke denn auch ganz wohl und vergnügt dem Frühjahr wieder entgegen zu schreiten. – Möchte ich bald vernehmen wie Sie die überrheinische Pflanzenwelt[49] ordnen und meistern und dabei einer guten Gesundheit an dem großen, heitern Flusse genießen.

ergebenst

Weimar d. 7. Jan. 1819.

Goethe.


31/51.


An Carl Cäsar von Leonhard

[Concept.]

Da ich das Schulden- und Sündenregister vom vorigen Jahre, nach der höchst lebhaften, geschäftigen Bewegung am Schlusse, zu gegenwärtiger ruhiger Stunde freundschaftlichen Pflichten gemäß durchgehe, finde ich, daß ich gegen Ew. Hochwohlgeboren sehr im Rückstand bin, der mich schon die ganze Zeit über schwer gedrückt hat. Sie haben, verehrter Mann, Aufmerksamkeit und Mittheilung ununterbrochen fortgesetzt, wenn ich auch schweigsam blieb, indem Sie sich wohl überzeugen konnten, daß bei mir eine unveränderliche Neigung, Dankbarkeit und Zutrauen obwaltet.

Sechs Wochen in Carlsbad mußten meine alte liebevolle Behandlung der böhmischen Gebirge wieder anregen. Die Gegenwart derer Herrn Schweigger, Weiß u.a.m. erhöhten meinen Antheil an diesen Gegenständen. Ein kurzer Aufenthalt in Schlackenwalde und höchst merkwürdige ältere und neuere daselbst gefundene Mineralien, die ich mir zueignen konnte, gaben viele Lust und erfrischten Liebhaberey[50] und Studium. Vom Karpholithen besonders gewann ich eine sehr bedeutende Stufe, so wie denn auch die Mannigfaltigkeit meiner früheren Sammlung zur Zinnformation sich gar schön bereichert hat.

Der gute, alte Joseph Müller in Carlsbad ist endlich auch abgeschieden und hat seine Gebirgsarten in großer Unordnung hinterlassen. Seine Erben vermehrten dieselbe, indem sie, um den Platz zu nutzen, in einem gewölbartigen Zimmer alles über einander häuften. Nur mit Mühe habe ich aus der ganzen Gegend wieder ein Exemplar der ehemals von mir beschriebenen Sammlung zusammengebracht. So viel erzähle nur, daß Ew. Hochwohlgeboren sich überzeugen: es lebe noch immerfort in mir ein geologisch-mineralogischer Funke, der in der Nähe wie in der Ferne manche Nahrung findet.

So haben wir ganz nahe bei Weimar treffliche fossile Knochen neuerdings entdeckt: eine halbe Oberkinnlade mit Zähnen, ganz dem Paläotherium ähnlich, mit Resten von Elephanten, Hirschen, Pferden und was sich sonst zusammen zu halten pflegte. Doch ist das Wundersamste, daß ein einziger Bäreneckzahn unter allen diesen und zwar zum erstenmal in unserer Gegend gefunden worden.

Professor Renner, der in comparirter Anatomie fortfährt höchst thätig zu seyn, treibt auf die Publication dieser Ausgrabungen, vielleicht gelingt uns auch dieses im Laufe des Jahres. Was mich immer[51] abgehalten hat daran zu denken ist die Schwierigkeit, ein echtes geologisches Niveau darzustellen, wie diese Reste in verschiedenen Tiefen liegen, und bezüglich zur übrigen Gegend. Ich habe viele Puncte beobachtet im Ilm- und Unstrutthale, wo dergleichen vorkommen, und habe auch nähere Maaßbestimmungen öfters angeregt, allein die Menschen haben über der Erde so viel zu thun, daß man sie in die Kies- und Tuffsteinbrüche nicht leicht hineinbringen kann, wenn einmal Haus- und Wegebaumeister versehen sind. Vielleicht kann ich im nächsten Jahre etwas weiter ausreichen.

Breislacks, zu Mailand, geologisches Werk giebt zu mancherley Betrachtungen Anlaß. Werners ruhige Seele war kaum von uns geschieden, als die Flötz-Trapp-Formation, die und bisher beschwichtigte, auf einmal wieder in feurigen Tumult gerieth. Alles eilt, wieder zu den Fahnen des Vulkanismus zu schwören, und weil einmal eine Lava sich säulenförmig gebildet hat, sollen alle Basalte Laven seyn, als wenn nicht alles Aufgelöste, durch wässerige, feuerige, geistige, luftige oder irgends eindringende Mittel in Freiheit gesetzt, sich so schnell als möglich zu gestalten suchte. Wenn ich Zeit finde, so setze ich hierüber mein Glaubensbekenntniß auf. Wie Sie in so viel jüngeren Jahren, der Sie noch eine Weile der Sache zusehen können, es damit halten wollen, bin ich verlangend, früher oder später zu erfahren.[52]

Möge Ihr fortgesetzter Aufenthalt in Heidelberg Ihren Geschäften und Studien durchaus förderlich seyn. Daß unsere Boisserée's wegziehen, ist Ihnen wohl auch kein erfreuliches Ereigniß.

Weimar den 8. Jänner 1819.


31/52.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Durch die Reise unserer jungen Herrschaft in Begleitung der Kaiserin Frau Mutter, Majestät, hat sich mir wieder ein Bild von Berlin aufgethan und ein lebhaftes Gefühl ist wieder entstanden, was alles dort, auch für mich, Gutes wes't und webt. Zelter schrieb mir, manche andere Grüße sind mir geworden. Auch Johann Schulze, sonst der unserige, jetzt bei Ihnen ehrenvoll angestellt, besuchte mich und regte manche Erinnerung auf. Da will ich denn, mein Verehrter, zum neuen Jahr gleich auch ein Wort vernehmen lassen.

Ihr theurer Brief aus Breslau ist mir zu rechter Zeit geworden; Carlsbad hat mir einen guten Winter verschafft. Unter die bedeutenden Bekanntschaften darf ich wohl den Geheimenrath Berends rechnen, der mir besonders durch meinen ärtzlichen Begleiter, dem er viele Güte durch meinen bekannt geworden. Empfehlen Sie mich ihm zum allerschönsten. Daß ich dort vorher und nachher fleißig gewesen, erfahren Sie[53] nach und nach. Es erwachsen allerley Hefte zu 12 bis 16 Bogen, die zu Ostern erscheinen sollen; ich wäre weiter damit vorgerückt, hätten diese letzten sechs Wochen nicht gefordert, daß ich alle Wirksamkeit nach innen kehrte und zu den angeordneten Festen das Meinige beytrüge. Was, indem sich die Haupterscheinung dem Auge entzog, an Worten übrig geblieben, erfahren Sie auch und vergegenwärtigen sich wohl dabei das Vorübergehende. – Für den Augenblick mache eine nothgedrungene Reise nach dem Orient: der westöstliche Divan läßt sich nicht wohl ohne Vor- und Mitwort in die Welt senden. – Mein Carlsbader Aufenthalt hat die alte Berg- und Felsenfreundschaft wieder aufgeregt. Die gefälligste Belehrung des Herrn Professor Weiß, den ich freundlich zu grüßen bitte, hat mich in gesunden Tagen bedeutend angeregt und in kranken (denn auch an solchen sollte es zuletzt nicht fehlen) aufrecht erhalten.

Ganz eigen ist es, daß ich wirklich, nach Art des Enceladus, die Urgebirge berührend, ein neuer Mensch werde und immer wieder frisch gewahre, in wie schönem und doch wie seltsamen Verhältniß wir zur Natur stehen. Jeder spricht sich nur selbst aus, indem er von der Natur spricht, und doch darf niemand die Anmaßung aufgeben wirklich von der Welt zu sprechen.

Und so glaub ich denn auch die entoptischen Farben nunmehr in meiner Gewalt zu haben. Das[54] atmosphärische Verhältniß, auf dem Umschlag meines morphologischen Heftes ausgesprochen, bleibt der Grund von allem, bleibt, wie Glas zum Harz, wie Kupfer- und Zinkerscheinung, immer dasselbige. Die mannigfaltigen Umwendungen aber dieser abermaligen Polarität am Licht und durch's Licht, aber nicht in und aus dem Licht, werden Sie gewiß erfreuen, ja ich hoffe überraschen. Ich sehne mich nach den ersten freien Wochen, wo ich dieß mit Liebe und Genuß zu behandeln gedenke. Dagegen hoffe ich, daß Sie Ihr wissenschaftliches Thun und Lassen, das auf mein Wesen und Treiben so günstigen Einfluß hat, nicht ganz hintan setzen werden.

Von gar manchem andern sollte ich sagen, denn es ist diese Zeit auf vielerley Weise für mich liebreich und bedeutend geworden, darauf will ich mich aber nicht einlassen, damit nur dieser Brief zu Ihnen gelange und, wo nicht die Verjährung, doch die Vermonatung unterbreche, die sich so leicht zwischen Briefwechsel hineinlegt.

Möcht ich von Ihrem Befinden und Ihrer Thätigkeit bald das Beste vernehmen. Empfehlen Sie mich Herrn Minister von Altenstein auf das angelegentlichste und lassen mich von Freund Langermann bald etwas Tröstliches hören, man will seinen Gesundheitszustand nicht zum Besten schildern.

Übrigens entschuldigen Sie mich, wenn Sie hören sollten, daß ich mehreren Freunden Briefe schuldig[55] bin. Es ist mir nicht möglich einzelne Zahlungen zu leisten, zum Staatsbanquerout soll es aber hoffentlich auch nicht kommen.

Erhalten Sie mir Neigung und Andenken!

gehorsamst

Weimar den 8. Januar 1819.

Goethe.


31/53.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Höchst angenehm war mir's zu vernehmen, daß die Gedichte des Festzugs Ihnen und den werthen Ihrigen eine recht frohe Stunde verschaffen konnten. Ich durfte mich in Ihre Mitte versetzen, wo ich so gern verweile. Möge mir diese Gunst des guten Geschicks bald gewährt seyn!

Vorläufig sende das Wenige, was auf die beiden leeren Seiten des Umschlags gesetzt werden kann. Wegen des Übrigen will ich mit mir und Freunden zu Rathe gehen und nächstens das Weitere vermelden.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen

ergebenst

Weimar den 9. Januar 1819.

Goethe.


31/54.


An Bernhard Hundeshagen

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht sogleich zu vermelden, daß die Exemplare Ihres schätzbaren Werkes glücklich angekommen[56] und alsobald vertheilt worden sind, ich hoffe zu allgemeiner Zufriedenheit. Möge nur auch daraus zu Ihrer persönlichen Förderniß etwas Erfreuliches entstehen; in so fern es an mir liegt, werde ich immer gern dazu beitragen. Mehr sage dießmal nicht, damit der Brief nicht zurück bleibe.

Mich geneigtem Andenken unter der Zusicherung aufrichtiger Theilnahme empfehlend.

Weimar den 9. Januar 1819.


31/55.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Zu geneigter Beurtheilung.

Der vor mir liegende Ariost von Gries hält das Format der größeren mir übersendeten Probeseite, hat jedoch einen größeren Druck, demjenigen, der zum Divan gebraucht worden, gleichzuhalten, und nimmt sich sehr gut aus. Daher würde ich rathen, die Festgedichte in demselben großen Octav mit den Lettern des Divans abzudrucken, die andere hingegen, 1/2 Grad kleiner, zu dem prosaischen Nachtrag desselben anzuwenden. Stimmen Sie damit ein, so können Sie diesen Nachtrag bald möglichst anfangen und den ersten Bogen absetzen lassen. Binnen acht Tagen schicke ich die revidirten Gedichte und auch damit könnte der Anfang gemacht werden.

[57] Mir ist sehr viel daran gelegen, daß beiderseitigen Abdruck sich nicht so weit in den März hineinziehe, und geschähe mir daher durch Beschleunigung ein sehr großer Gefalle.

Weimar den 10. Januar 1819.


31/56.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Sie verzeihen mir gewiß, mein theuerster Herr und Freund, wenn ich Ihren Brief nicht schnell erwiderte; die großen Epoche, die vor uns vorüberging, hat uns alle in Nachdenken. Thätigkeit und Bewunderung gesetzt, und so flogen acht Wochen unter Vorbereitung, That, Genuß und Nachklang hin, ohne daß wir selbst recht wissen wie es uns zu Muthe war.

Nun also zu Ihrer freundlichen Mittheilung, deren Unerfreuliches mir nicht ganz fremd war; denn wir alten Praktiker müssen ohngefähr die Wirkung der Arzney voraussehen. Die gute Lila, aus den allerzufälligsten Elementen, durch Neigung, Geist und Leidenschaft, für ein Liebhabertheater nothgedrungen zusammengereiht, konnte niemals eine große, bedeutende Darstellung begründen; das dort aus Noth Gebrauchte war reizend, aber mehr verlangt man billig, wo so viel Mittel bereit sind. Möge daher Ihr guter, freundlicher Wille für den Compositeur der Casse nicht zu allzugroßem Schaden gereichen.

[58] Über Paläophron und Neoterpe wagte ich nichts zu fragen, denn mir war diese liebe kleine Production nicht mehr gegenwärtig. Vor wenig Tagen jedoch lasen mir zwei hübsche, verständige, gelehrige Kinder das Werkchen ganz anmuthig wieder vor dabey macht ich die Bemerkung, daß daran gar nichts weiter zu thun sey. Denn dieser Scherz, dessen unschuldigen Ursprung und heitere Wirkung Sie am besten kennen, gewinnt für den Augenblick etwas Bitteres, da Gelbschnabel und Haberecht, nicht etwa nur innerhalb kleinstädtischer Philisterey, sondern in Reichs- und Weltbezirken ihr Wesen treiben und, anstatt einander aus dem Wege zu gehen, ein Schutz- und Trutzbündniß mit Einschluß von Naseweis und Grießgram getroffen haben.

Sollten Sie also auf irgend einer Privatbühne davon Gebrauch machen, so würde ich rathen, das Ganze zu lassen wie es ist und nur am Ende, da es denn doch wohl als gelegenheitlich irgend einer verehrten Person gebracht wird, die Züge mit wenig Pinselstrichen zu verändern. – Bei diesem Anlaß darf ich nicht verschweigen, daß unsere liebe Neoterpe in diesen Tagen glücklicherweise eine Aristeia (das heißt verdolmetscht: eine vollkommen darstellende Erscheinung ihrer inwohnenden Kräfte und Tugenden) gehabt habe. Bey dem großen Redoutenaufzug vor J. M. der Kaiserin Mutter nämlich habe die Freundin verführt den Epilog zu sprechen. Wenn er Ihnen nächstens[59] gedruckt zu Handen kommt, hoff ich daß Sie billigen werden, wenn sie sich hat verführen lassen, auch ist es so vollkommen geglückt, daß sie als der liebenswürdigste Stern unter Sternen und Sonnen zum Schluß aufleuchtete.

Nun aber auch kein weiteres Wort, als daß ich Ihrer Neigung und freundlichstem Andenken empfohlen zu seyn wünsche.

Der Ihrige

Weimar der 14. Januar 1819.

Goethe.


31/57.


An Sulpiz Boisserée

Vorerst also muß ich in Erwiderung Ihres lieben Schreibens vermelden, daß I. M. die Kaiserin Mutter Ihrer Sammlung mit vielem Antheil gedacht, sodann aber meinen Glückwunsch hinzufügen, daß Sie die bisherige Lage, die denn doch zuletzt peinlich werden mußte, verändern, wodurch denn doch eine Bewegung in Ihr Schicksal kommt und Ihnen vorerst eine freiere Ausstellung Ihrer Schätze gewährt ist. Möcht ich Sie in Ihrer neuen Lage doch dieses Jahr begrüßt können.

Von meinen Zuständen läßt sich nur so viel sagen, daß ich anhaltend thätig und fleißig war, wozu mir der Gebrauch des Carlsbader Brunnens erwünschte Leichtigkeit verlieh. Ich habe diesen Winter noch keine Unterbrechung erlitten. Innerhalb der nächsten vier Monate sehen Sie allerley von mir: ein Heft Kunst[60] und Alterthum, den Divan, die prosaischen Nachträge dazu und die Gedichte, die ich zum Festzug bei Gegenwart J. M. der Kaiserin auf meiner Einsiedeley zu Berka schrieb. Möge das alles zu guter Stunde Ihnen zukommen.

Vermehrt habe ich meine Natur- und Kunstschätze zwar nicht so reichlich wie Sie die Ihrigen, doch aber genug zu Belehrung und Unterhaltung, welche in den langen Winterabenden höchst nothwendig war. Vorzügliche Männer haben sich auch wieder in unsere Kreise gefunden, und stirbt denn doch das alte Weimar nicht aus. Meyer freilich ist der treuste Lehr- und Lebensgenosse und so sehen wir noch einmal zusammen den Tag sich Morgens und Abends erweitern.


Vorstehendes hielt ich zurück um vielleicht noch irgend etwas Erfreuliches beizulegen; nun kommt die Nachricht von dem Tode der Königin von Würtemberg, die arge Verwirrung verursacht. Daß ich im ersten Schreck Ihrer gleich gedacht war das Natürlichste, und obgleich nicht zu fürchten ist, daß dieß an Ihrem Verhältniß etwas verändere, so ist es doch höchst unangenehm in einen neuen Zustand einzutreten, der vor kurzem einen solchen Stoß erlitten hat. Sagen Sie mir baldmöglichst hierüber ein tröstliches Wort.

Mögen meine besten Wünsche fruchtbar sein!

Weimar den 14. Januar 1819.

G.[61]


31/58.


An Christian Gotthold August Urban

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Schreiben und Sendung konnte mir nicht anders als angenehm seyn. Sie zeugt von einsichtiger Aufmerksamkeit auf die Ereignisse der Natur und des Lebens. Mit Wenigem bemerke daher, daß es mir angenehm seyn würde, von den kleinen Bergkrystallen mehrere zu erhalten. Auch würd ich dankbar seyn, wenn Sie mir den bezeichneten Schädel übersendeten.

Eben so wünscht ich Ihre geführte Tagestabelle zur Einsicht, welche baldigst zurückerfolgen sollte.

Hat man versucht, die Glockenschrift zu lesen? Ich werde sie erfahrenen Männern sogleich mittheilen.

Soviel ohne Aufenthalt.

Weimar den 15. Januar 1819.


31/59.


An Georg Heinrich Noehden

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

nehmen beikommendes Heft zu geneigtem Andenken. Bei Durchlesung desselben wird die kleine halberhobene Arbeit in Ermangelung einer größern Nachbildung gute Dienste leisten.

[62] Nach bequemen Gebrauch erbitte mir sie gelegentlich zurück.

In Hoffnung baldiges Zusammentreffens.

Weimar den 15. Januar 1819.


31/60.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Da mir nunmehr auf Serenissimi höchsten Befehl die Leitung des Geschäftes am Löberthor übertragen ist, so wünsche ich, mein werthester Herr Doctor, daß Sie Montag den 18. Januar bey Zeiten herüberkämen, damit alles nochmal umständlich beysprochen, auch die sämmtlichen Expeditionen ausgefertigt würden.

Den Sonntag aber (morgen) wendeten Sie dazu an, die Sprache nochmals mit Timmlern durchzusprechen, ob ihm noch etwas zu bemerken beygehe.

Gleichfalls wünschte ich, daß Sie Herrn Hofrath Succow in meinem Namen begrüßten, ihm von dem vorseyenden Geschäfte nähere Nachricht gäben und zugleich anfragten, ob er, den die Abtragung des inneren Thurms so nahe berührt, etwas zu erinnern finde, oder ob und wie derselbe, nach seinen bisherigen Äußerungen zu schließen, mit in die Angelegenheit eingreifen und die eintretenden Umstände zu eigenem Vortheil, zur Verbesserung und Verschönerung seines Wohngebäudes zu benutzen gedenke.

Weimar den 16. Januar 1819.

Goethe.[63]


31/61.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Als ich eben in Begriff bin zu Eintritt des Jahres mich wieder zu Ew. Hochwohlgeboren Gedächtniß zu empfehlen und fernere Geneigtheit zu erbitten, auch die aufrichtigsten Wünsche für Ihr Wohl hinzuzufügen, erhalte ich von Ihro Auftrag, den ich mit vielen Grüßen ausrichten soll und dessen ich mich am besten mit höchst eigenen Worten des Handbillettes entledige:

»1° ist in dem Garten zu Stra, an der Brenta, zwischen Venedig und Padua, eine ungeheure Magnolia Grandiflora im Freien, die alle Jahre viel reifen Samen trägt und die welchen diesen Herbst gehabt hat. Sehr wünschte ich, einige Zapfen von selbiger, in welchen noch der Samen befindlich ist, zu haben und dieses balde.

2° wünsche, daß Herr von Bose in Schönbrunn oder die Erzherzöge Carl oder Anton ersucht würden, mir junge Exemplare von der

Paeonia arborea fl. rubro (auch Moutan genannt)

– – pavonatia zu überlassen.«

Ew. Wohlgeboren werden hieraus ersehen, daß meinem gnädigsten Herrn eine besondere Gefälligkeit durch Mittheilung dieser Pflanzen geschieht, weshalb eine geneigte Übernahme dieses kleinen Geschäfts nicht weiter empfehle.

[64] In wenigen Tagen übersende mehrere Exemplare der Heilsberger Inschrift, welche denn auch mancherley Unterbrechungen endlich zu Stande gekommen. Wobei ich freundlich-geneigtes Andenken auch für die Zukunft hoffen darf.

Weimar den 18. Januar 1819.


31/62.


An Carl Friedrich Zelter

Nicht allein die Seefische sind glücklich angelangt, sondern am 14. d. speisten wir den letzten, als Beylage zu Teltower Rübchen; der im Augenblick ankommende Caviar verwandelte die ganze Mahlzeit in deine Gabe. So viel wollte kürzlich vermelden. Zugleich auch, daß sowohl Ballade als Klaggesang zu meiner größten Zufriedenheit vom Inspector Schütz, den ich ausdrücklich hineinholen ließ, sind vorgetragen worden. Ich finde beide sehr glücklich, wie man bei Wiederholung derselben erst recht gewahr wird.

Wegen der Festgedichte mußt du dich noch gedulden; sie wollen theilweise nichts heißen. Auch ist wenig, vielleicht gar nichts zum Gesang zu gebrauchen, da selbst die lyrischen Stellen eigentlich für die Recitation angelegt sind.

Sonst ist mir manches Erfreuliches widerfahren. Meine Sammlung von Bronzen hat eine lehrreiche Vermehrung erhalten, so wie auch die geschnittenen[65] Steine. Das junge Volk ist munter und wohl und ich halte mich diesen Winter so ziemlich auf den Füßen, und so sehen wir denn, mit einiger Behaglichkeit, der wieder herankommenden Sonne entgegen und somit allen guten Geistern empfohlen.

Weimar den 18. Januar 1819.

G.


N.S.

Das wohltemperirte Clavier soll, wenn es ankommt, auch in duplo willkommen seyn, so behalte ich ein Exemplar in der Stadt und der gute Inspector braucht das seinige nicht von Berka hereinzuschleppen. Das Corrigendum im Klagegesang ist auch sogleich berichtet worden.

eod.


31/63.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

haben mir erlaubt in schwierigen Sprach- und Geschmacksfällen bei Denenselben Rath und Entscheidung zu erholen; gegenwärtige befinde mich in solchem Falle.

Man gedenke den Pflanzenkatalog von Belvedere herauszugeben mit der Anschrift: Hortus Belvedereanus. Dieses Adjectivum will mir nicht gefallen, ohnedaß ich ein anderes wüßte. Möchten Sie mir hierüber zu einer Bestimmung verhelfen, so würde ich mit Sicherheit in einem Geschäfte[66] verfahren, welches unserm gnädigsten Herrn besonders am Herzen liegt, und Ew. Wohlgeboren gefällige Mitwirkung anzurühmen nicht verfehlen.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 19. Jänner 1819.

Goethe.


31/64.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey das Manuscript zum Divan, zugleich auch ein corrigirtes Druckexemplar; doch wäre der Wiener Drucker und Corrector vorzüglich an letzteres zu weisen, weil solches gegenwärtig auf alle Weise zuverlässige ist als das Manuscript.

Hiezu fügen wir noch die treusten Wünsche und besten Empfehlungen.

Weimar den 21. Januar 1819.


Wegen dem Druck des hier beykommenden Manuscriptes thue vorläufig folgende Vorschläge:

1. Man entschiede sich für Großoctav.

2. Brauchte man die Lettern vom Divan.

3. Das Unterstrichene wird entweder gesperrt oder cursiv gedruckt; welches von beiden wäre vorzuziehen? Vielleicht Letzteres.

[67] 4. Man finge jedes Gedicht auf einer neuen Seite an; oder nur alsdann, wenn das vorhergehende wenigstens die Hälfte der Seite herunter ist?

5. Besonders müßte man sich hüten, eigentlich Strophen, sie seyen acht-, sechs- oder vierzeilig, zu brechen.

6. Die verschiedenen Schmutztitel als entscheidende Abtheilungen wünschte ich beibehalten.

7. Da keine Prachtausgabe beliebt wird, so wünschte doch, daß diese möglichst elegant würde.

8. Da sich Herr von Cotta über die Stärke der Auflage nicht erklärt hat, so wüßte darüber auch nichts zu sagen. Ew. Wohlgeboren werden ja nicht nach Analogie ähnlicher Druckschriften verfahren.

9. Außer denen mir gewöhnlicher zukommenden Exemplaren wünschte noch hundert auf vorzüglich gutes Papier. Was würde man billigerweise dafür zu zahlen haben?

10. Sollte man nicht ein Dutzend mit breiterem Rand, also in Quadratformat, abdrucken, den höchsten Personen damit aufzuwarten?

11. In welcher Zeit könnte man allenfalls auf die Beendigung des Drucks rechnen?

12. Wie der Titel einzurichten, daß die beiden unterstrichenen Worte gut in's Auge fallen und das Ganze wohl proportionirt sey, bleibt typographischer Einsicht überlassen.

[68] 13. Mir doppelte Revisionsbogen erbittend.

14. Das Manuscript schneiden Sie nach Bequemlichkeit aus einander.


31/65.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

[21. Januar 1819.]

Hierbey, mein würdiger Freund, sende mit vielem Dank die Quittung. Mögen Sie die Gefälligkeit haben, an die Herrn Müller, Bury und Jünger in Hanau acht Thaler zu senden, das Übrige aber, was mir noch zukommt, wohlgepackt mit dem Postwagen unter meiner Adresse anher zu schicken.

Wegen des vormals Ochsischen Hauses haben Sie doch die Güte zu überlegen, ob sich nicht jemand fände der diese Hypothek übernähme, wenn man ein Billiges daran fallen ließe. Man mußte an Staatspapieren so manchen Verlust erleiden, warum sollte man sich nicht bey einer Hypothek gleichfalls dazu entschließen. Wir sind Ihnen für geneigte Verwaltung und Besorgung so sehr verpflichtet, daß ich Sie gern auch der Bemühung wegen des kleinen Überrestes überhoben sähe.

Die Meinigen, die sich wohl befinden, empfehlen sich Ihnen und den theuern Ihrigen zum allerschönsten. Möchten Sie unserer jederzeit mit Liebe gedenken.

Weimar den 20. Januar 1819.[69]


31/65a.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Indem Ew. Wohlgebohren hiebey ein Dutzend Titelblätter Heilsberger Innschrift übersende, lege abermals etwas Manuscript bey, und empfehle mich unter den besten Wünschen zu geneigtem Andenken.

ergebenst

Weimar den 21 ten Jan. 1819.

Goethe.[44]


31/66.


An N.N.

[Concept.]

Zum Behuf der meteorologischen Anstalt auf dem Ettersberge habe einen Kleinen Aufsatz über die Howardische Wolkentheorie geschrieben. Ich wünschte denselben wieder auf einige Zeit in meine Hände, da mir eine reine Copie davon abgeht.

Weimar den 22. Januar 1819.


31/67.


An Münderloh und Comp.

[Concept.]

Unter den Elgin Marbles befindet sich ein wohlerhaltener Pferdekopf, welcher in dem Werke über diese Gegenstände, London 1816 in 4°, auf der zwölften Platte in Kupfer abgebildet ist. Einen guten Abguß in Gyps von diesem Kopf wünschte man zu haben und ersucht die Herren Münderloh & Comp. denselben zu bestellen, auch ihn wohleingepackt anher transportiren zu lassen.

Weimar den 22. Januar 1819.


31/68.


An Friedrich Theodor von Müller

[Weimar, Ende? Januar 1819.]

Mit dem schönsten Danck die politico-literaria zurück. Es ist eben ein neuer Zanckapfel zwischen[70] die schon kämpfenden Partheyen gefallen wodurch die Ilias nur kampfreicher werden muß.

G.


31/69.


An Julie von Egloffsteinund Adele Schopenhauer

Da ich nicht das Vergnügen haben kann, meine schönen Freundinnen heute Abend zu begrüßen, so will ich nur bemerken, was ich mündlich zu eröffnen gedachte: daß ich wünschte, wir führten Paläophron und Neoterpe Mittwoch den 3. Februar in meinem Saale auf zu Ehren der Prinzeß Marie und zu Freuden anderer Zuschauer.

Für Altar, Mäuerchen, Sessel und schickliche Wändeverzierung ist gesorgt, nicht weniger für die Masken der vier stummen Personen. Wegen einiger Proben bereden wir uns noch. Ich hoffe bald wieder präsentabel zu seyn.

Alles Frohe und Gute wünschend!

Weimar den 28. Januar 1819.

Goethe.


31/70.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Sie erhalten hierbei, mein werthester Herr Dr., bei beikommenden Blätter zu weiterer Bestellung, wobei noch einiges bemerke.

Ich habe in Ihren Tagebüchern gefunden, daß von einem Hause die Rede ist, welches Timmler selbst[71] kaufen und in der Folge vielleicht besser bauen wolle. Sollte hiemit das Lößelische Haus gemeint seyn, so mache aufmerksam, daß es nicht bleiben kann. Übrigens wäre es nicht übel wenn man mit demselben gelegentlich eine leidliche Abkunft treffen könnte.

Wegen Römhild muß bemerken, daß derselbe nur provisorisch angestellt war und daß ich nicht gemeint bin, ihn, als einen bedürftigen Fremden mit Familie, gegen die Protestation der Behörden zu schützen. Wie ich denn Großherzoglicher Landesdirection auf deren Communicat unbewunden erwidert habe. Wornach Römhild, wenn die Sache zur Sprache kommt, zu bedeuten wäre.

Weimar den 31. Januar 1819.

Goethe.


31/71.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende die revidirten beiden Bogen hiermit zurück und ersuche Dieselben, diese kleinen Geschäfte nach Gelegenheit gefällig zu fördern.

Ich wiederhole daß ich zu erhalten wünschte

25 Velinpapier, 15 Druckpapier in 8°,

wie gewöhnlich, und außerdem besonders

12 Velinpapier in 4°,

50 Velinpapier, 50 Druckpapier in 8°.[72]

Dabei muß bitten, von diesen mir bestimmten Exemplare die Worte: Stuttgart, in der Cottaischen Buchhandlung wegzulassen, weil denen Höchsten und hohen Personen, denen solche bestimmt sind, die traurigste Erinnerung hiedurch wieder erregt würde. Wollte Sie etwa die Jahrzahl 1818 darunter setzen, so würde doch wenigsten etwas an jener Stelle stehen.

Manuscript auf einige Bogen zum Nachtrag des Divans liegt bereit. Mit den beten Wünschen mich empfehlen.

Weimar den 4. Februar 1819.


31/72.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

komme, nach langer Pause, in der ich mich nicht zum besten befunden, endlich einmal freundlichst zu begrüßen und einige Exemplare der Heilsberger Inschrift vorzulegen. Wohin und an wen wären allenfalls Abdrücke zu senden? Wollten Ew. Exzell. mir darüber einigen Winck ertheilen; so wollte für sorgfältiges Einpacken besorgt seyn. Vielleicht nach Göttingen einige durch Herrn Dr. Nöhden? Und sonst.

Mich herzlichst empfehlend

W. d. 5. Febr. 1819.

Goethe.[73]


31/73.


An Adolf Heinrich Friedrichvon Schlichtegroll

[Concept.]

In Ägypten bei Rosette ward eine Inschrift gefunden, welche sowohl in Hieroglyphen als in andern Sprachen ein Denkmal aus den Zeiten des Ptolomäus Epiphanes darbot. Der Stein gelangte nach England, woher ein Facsimile der gelehrten Welt mitgetheilt wurde. Dieses ist in München durch Steindruck vervielfältigt und durch ein Programm des Herrn von Schlichtegroll am 28. März 1818 uns näher bekannt geworden. Es wäre zu wünschen, diese Münchner Nachbildung allhier zu besitzen.

Weimar den 9. Februar 1819.


31/74.


An Georg Heinrich Noehden

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben die geneigt zugesagte Gefälligkeit, beygehendem Brief eine englische Gestalt zu geben.

Darf ich zugleich ersuchen Morgen, Sonntags, den Abend bey uns wie vor acht Tagen zuzubringen; wodurch mir und den Freunden einige sehr angenehme Stunden bereitet würden.

Weimar den 13. Februar 1819.[74]


31/75.


An Julie Seebeck

[Concept.]

Ihre geneigte Sendung, meine theure Freundin, hat mich auf vielerley Weise Vergnügen gemacht. Zuerst will ich Ihnen also im Namen meiner artigen Schwiegertochter den schönsten Dank für das schmackhafte Küchengeschenk abtragen; sodann aber mich in meinem eignen Namen höchlich erfreuen daß es die letzten Nürnberger Würstchen sind die ich durch Sie erhalte. Sie melden mir alles Erwünschte, und zu gleicher Zeit empfange von Berlin ein Schreiben dessen Auszug hierher zu setzen mir nicht verwehre.

»Das erste betrifft Seebeck. Die Akademie der Wissenschaften hat ihn zu ihrem ordentlichen Mitgliede erwählt, die Wahl ist bestätigt, und in diesem Augenblick sind die letzten Verhandlungen vor, die seine vortheilhafte Stellung hieselbst sichern. Er ist schon mit Anstalten zur Häuslichen Niederlassung beschäftigt, und hat am Mittwoch der ersten Sitzung der Akademie beigewohnt. Sein Aufenthalt seit dem Sommer hat ihn überall auf das vortheilhafteste bekannt gemacht; schon ist sein Einfluß erfreulich wahrzunehmen.«

Nehmen Sie also meine besten Glückwünsche mit dem einzigen Vorbehalt, daß bey Ihrer Durch- und Vorbeyreise ich, wenn ich gegenwärtig seyn sollte, persönlich,[75] oder, in meiner möglichen Abwesenheit, die Meinigen das Vergnügen haben Sie und die werthen Ihrigen zu begrüßen, ältere Verhältnisse zu erneuern und neue anzuknüpfen.

Weimar den 14. Februar 1819.


31/76.


An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

mir gemeldeten Entschluß hatte schon früher zu meinem großen Leidwesen vernommen: denn da in meinen Jahren man schwerlich neue zeit- und charaktergemäße Verbindungen anknüpfen möchte, so muß es uns schmerzlich fallen, ältere geprüfte sich auflösen zu sehen. Hiebey bleibt uns nur zu Trost und Beruhigung, wenn wir nicht uns selbst, sondern den andern betrachtendem eine solche Veränderung zum Heil gereicht, wie dieses gegenwärtig der Fall ist.

Ew. Hochwohlgeboren wünsche, zu neuer und erweiterter Thätigkeit, so den Naturforschern, denen, wie Nees von Esenbeck meldet, das Schloß Poppelsdorf schon eingeräumt ist; zur Übersicht des Himmels und der Erde werden Sie sich gewiß kein geringeres Local wählen, da ich Sie denn dringend ersuche, im Angesicht des Siebengestirns und des Siebengebirgs früherer[76] freundschaftlichen Tage in den Thälern der Ilm und Saale zu gedenken, und mich von Zeit zu Zeit mit Nachricht zu erfreuen.

Aufrichtigst wünschend!

Weimar den 16. Februar 1819.


31/77.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht zu vermelden daß mit dem heutigen Postwagen mehrere Exemplare des Aufsatzes über die Heilsberger Inschrift an Hochdieselben abgegangen, deren gefällige Vertheilung wir uns erbitten.

Ihro Königliche Hoheit der Großherzog ersuchen mit den besten Grüßen, Ihro des Erzherzogs Johann Kaiserliche Hoheit, des Herrn Fürsten von Metternich Durchlaucht, nicht weniger die Herrn von Hammer und Gentz damit zu versehen, auch wer sonst noch an diesen antiquarischen Blättern einiges Interesse findet. Hiebey bemerke daß noch mehrere Exemplare zu Diensten stehen.

Der ich mich auch für das laufende Jahr Hochderoselben Theilnahme und geneigter Beförderung unserer kleinen wissenschaftlichen Wünsche und Zwecke angelegentlichst empfehle.

Weimar den 16. Februar 1819.[77]


31/78.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ihr letztes Schreiben, mein Werthester, mit der Beylage, hat manche frühere Sorge und Bedenklichkeit aufgehoben. Meine zurückgehaltenen Papiere sind auch deshalb ganz ohne Werth, nur ward darin Ihre freundliche Stimme aus einer sonst so unfreundlichen Region nach Würden geschätzt; ich begriff nicht wie mir von dort her etwas Erfreuliches kommen sollte.

Alles aber was ich eigentlichst und herzlichst zu sagen hätte, könnte bloß mündlich geschehen, denn es ist vollkommen esoterisch; wie wollen Sie

1. Wahrhaftigkeit in die Wissenschaften bringen, welche durch so viele einzelne angehende, mittlere, ältere, älteste Individuen mehr oder weniger getrieben, genutzt und behauptet werden; wie wollen Sie die Knoten auflösen, die ich Ihnen hier nur Lakonisch vorlege: Priorität, Anticipation, Präoccupation, Plagiat, Posseß, Usurpation, und wie der Greuel alle heißt.

2. In Gefolg dessen, obgleich gewissermaßen lyrisch die Zwischenglieder überspringend, widerrathe den Vorschlag: die übrigen deutschen wissenschaftlichen Vereine sich zu affiliiren. Diese äußere Form führt Sie zu nichts, sie schmeckt ein wenig nach Autorität, die dem Deutschen immer verhaßt war und immer verhaßter wird.[78] Vertrauen aber schenken die lieben guten Landsleute gern und nur dadurch kann man werden, bleiben und wirken.

3. Deswegen wäre für Sie das Gerathenste, sich im Stillen umzusehen was denn von Individuen in Ihrem, in unserm Sinne bisher männlich wirke, gewirkt habe, oder sich jugendlich bestrebe. Diese auch ohne äußere Form zu versammeln, festzuhalten, mit ihnen lebendig zu wirken ist keine Kunst, ist die Natur selbst und muß gedeihen.

Was übrigens das eigentlich Exoterische betrifft, so bedürfen Sie dazu weder Rath noch Beyhilfe. Ihr schöner Feenpallast auf altem geistlichen Grund und Boden, zu behaglichen Zwecken errichtet, giebt für die Wissenschaften ein Merkzeichen, welches Augen und Sinn anzieht. Als Präsident der edel gegründeten würdigen, gerade zur jetzigen Zeit, als zur glücklichsten Epoche, wieder zu belebenden Anstalt, sehen Sie Ihren äußeren Wirkungskreis gränzenlos, und ich freue mich noch Zeuge zu seyn, wie weit Sie ihn erstrecken und wie würdig Sie ihn ausfüllen.

Freylich hätt ich noch tausenderley Dinge, die ich als geheimes Fideicommiß Ihrem Treuglauben hinterlassen möchte. Da solche aber nur mündlich geschehen kann, so wäre mir nichts wünschenswerther als Sie diesen Sommer besuchen und mich an Ihrer Thätigkeit kräftigen zu können.

[79] Mögen Sie Sorge tragen daß die Astern bey mir zu rechter Zeit anlangen, werden Sie mir viel Vergnügen verschaffen. Dagegen hoffe zu rechter Zeit an Samen und Pflanzen einiges übersenden zu können, damit ich aber nicht ganz fehlgreife, so werden Sie wohl die Gefälligkeit haben, mir anzuzeigen, womit Ihnen am meisten gedient wäre.

Nun aber, indem ich das Geschriebene übersehe, kommt mir Inhalt und Ausdruck ganz anders vor, als da ich's dictirte; fast mögt ich das Blatt abermals zurückhalten, und sende es nur fort in Hoffnung, daß Sie es als freygesprochenes Wort am Ufer des Rheins aufnehmen, und sich selbst einen Commentar über diese gedrängten Zeilen vorsprechen werden. Lassen Sie mich nicht lange ohne Nachricht. Alle echte Thätigkeit, gewiß auch die Ihrige, eilt einer jeden Vorstellung, die man sich davon machen könnte, vor.

Tausend Lebewohl und Empfehlungen an die Mitbewohner des Paradieses.

ergebenst

Weimar den 17. Februar 1819.

Goethe.[80]


31/78a.


An Johann Heinrich Färber

Wollen Sie, mein guter Färber, beykommendes baldigst bestellen!

W. d. 17 Febr. 1819.

G.[44]


31/79.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Durch Ihren abermals geneigten und günstigen Brief erfüllen Sie einen doppelten Wunsch, den mich[80] endlich aus jenen unsichern Verhältnissen gesetzt zu sehen, und zugleich, Sie von mancher um meinetwillen übernommenen Mühe für künftig befreit zu wissen. Haben Sie daher die Güte die für mich eincassirten 3000 fl. in Kopfstücken wohlgepackt, etwa durch die fahrende Post, anher zu senden. So eben finde Gelegenheit sie anzulegen und die kleine Lücke der Interessen ist von gar keiner Bedeutung.

Was die durch jene Versur mir zuständig gebliebene zweite Hypothek betrifft, so haben Sie die Güte solche gleichfalls bald möglichst zu veräußern; was Sie an der Summe fallen lassen billige zum voraus und weiß daß Sie auch dieses letzte Geschäft genauer und strenger behandlen als ich selbst thun würde. Auch die daraus erlös'te Summe haben Sie die Gefälligkeit mir mit dem Postwagen zu senden.

Nehmen Sie für diesen Abschluß meinen vollen Dank den ich mit Beschämung abstatten müßte, wenn ich nicht Ihre Thätigkeit im Allgemeinen kennte und Ihre Neigung und Gewogenheit für mich und die Meinigen zu ehren wüßte.

Leben Sie recht wohl, mein Theuerster, und empfehlen mich den werthen Ihrigen zu Hause und in Coblenz auf das angelegentlichste.

Weimar den 19. Februar 1819.[81]


31/80.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

aufmunterndem Schreiben vom 23. Januar gemäß, habe die oft vorgenommene, höchst mißliche und beschwerliche Arbeit, von meinen Schriften chronologische Rechenschaft zu geben, abermals angegriffen und hoffe in etwa vierzehn Tagen wo nicht das Ganze, doch einen Theil zu übersenden. Wie auch schon im Morgenblatt gesagt worden, lassen sich meine Schriften vom Leben nicht sondern, deshalb ich auch schon fünf biographische Bändchen geschrieben habe. Das Mögliche will ich dießmal in möglichster Kürze thun; auf eine weitere Ausführung, in so fern sie uns gegönnt seyn möchte, hindeutend.

Zu dem Register der Pränumeranten hätte wohl zu guter Stunde einigen Städten und Freunden ein gutes Wort gesagt. Gegenwärtig möchte es nicht möglich werden, da mich der Andrang aller Art in Athem setzt.

Da wir schon im Damenkalender von den Gedichten des Divans mitgetheilt, so würde kaum rathen, noch etwas davon in's Morgenblatt zu setzen. Zusammenhang und Neuheit sollte diesem kleinen Werk das eigentlich Interesse verschaffen, und das liebe deutsche Publicum ist von der Art, daß es dasjenige für gar nichts hält, was es schon kennt.

[82] Der Druck der Festgedichte geht vorwärts.

Viele Grüße an Boisserée's.

Meine besten Wünsche.

ergebenst

J. W. v. Goethe.

Weimar den [20.] Februar 1819.


31/81.


An Philipp Joseph von Rehfues

[Concept.]

[20. Februar 1819.]

Wohlgeborner,

besonders hochgeehrtester Herr Kreisdirector!

In Gefolg Ew. Wohlgeboren gefälligen Schreibens so wie eines von Herrn Canonicus Pick unmittelbar an Ihro Königliche Hoheit den Großherzog eingesendeten Antrags verfehle nicht anzuzeigen, daß Höchstdieselben geneigt sind, nachstehende Gemälde zu acquiriren.

1. Cornelius Agrippa.

2. Heiligen Augustin.

3. Heilige Ottilie. Ferner

4. Einige bedeutende Glasmalereyen.

Wollten Ew. Wohlgeboren bei dem Antheil welchen Sie dem guten Canonicus beweisen mich ohnschwer benachrichtigen, um welche Preise diese Kunstgegenstände zu erhalten wären, so würde weiteren unterthänigsten Vortrag deshalb thun und Dreoselben Bemühungen dankbar erwähnen können.

Der ich die Ehre habe.

Weimar den 17. Februar 1819.[83]


31/82.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Kaum haben Sie, theuerster Freund, meine letzten Aufträge und Bitten erhalten, so folgt schon wieder eine neue Sendung, die nur deshalb mit neuer Zuversicht überschicke, weil wir uns der zu hoffenden Beendigung des Geschäfts immer mehr zu nähern scheinen.

Hiebey erfolgt

1) die Deserviten-Rechnung des Herrn Dr. Schulin in meiner eignen Angelegenheit.

2) eine andere, eigentlich Herrn Liebich betreffend.

3) der Brief des Herrn Dr. Schulins.

Aus letzterem erhellet daß mit noch in den Händen des Herrn Doctors befindlichen Geldern obgedachte Rechnung ziemlich abgethan werden kann. Sodann bin auch nicht entgegen wenn man wegen No. 2 eine Abkunft trifft. Mögen Sie das alles geneigt berichtigen indem Sie die zweite Hypothek, wenn es möglich ist, verkaufen.

Mehr füge nicht hinzu als die Versicherung meiner immerfort wachsenden und Dankbarkeit.

Weimar den 22. Februar 1819.


31/83.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Hierbey erhalten Sie, mein werthester Herr Doctor, die neulich erinnerte Verordnung an Rentamtmann[84] Müller wegen der vierteljährigen Beyhilfe. Ferner wünschte, daß Sie mir baldmöglichst ausmittelten, wie viel der Büchertransport aus der Schloßbibliothek in die Akademische Bibliothek gekostet hat. Da ohngefähr die Hälfte noch zurück ist, so können wir wissen, auf welche Ausgabe wir uns vorzubereiten haben.

Ihrer wird soeben in einem Privaterlaß nach Gotha gedacht, ich wünsche gute Wirkung. Tausend Grüße den Freunden.

Weimar den 24. Februar 1819.

G.


Wegen Schröters dient Folgendes zur Erläuterung:

Schröter erhält vierteljährig 50 rh. Besoldung, ohngekürzt. Ferner 30 rh. vierteljährig für Auslagen, Präparate u. d. g. Über diese legt er bei'm Jahresschlusse Rechnung ab, welche der unserigen appendicirt wird; wodurch denn abermals eine Simplification unserer Museumsrechnung bezweckt wird.

Weimar den 24. September 1818.

G.


31/84.


An Johann Georg Lenz

Weimar den 24. Februar 1819.

Ew. Wohlgeboren

werden durch Herrn Hofrath Schwabe von Seiten Ihro Königlichen Hoheit der Frau Erbgroßherzogin eine Anzahl ausgestopfter, in Berlin angeschaffter Vögel erhalten. Färber mag sie in Empfang nehmen[85] und einstweilen verwahren, wegen der Ausstellung wird Rath zu pflegen seyn. Man pflegt in neuerer Zeit nicht mehr einzeln in Kasten zu verwahren sondern in Glasschränken auf beweglichen Stängelchen zu ordnen. Hierüber wäre erst Erkundigung einzuziehen.

Das Beste wünschend

ergebenstGoethe.


31/85.


An Johann Heinrich Meyer

Könnten Sie, theurer Freund, um 12 Uhr bey mir einsprechen, so würden Sie Herrn Staatsrath Köhler bey mir finden, wie es die Hoheit zu wünschen scheint.

Weimar den 26. Februar 1819.

G.


31/86.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Erbgrosherzoginn,

gnädigste Fürstinn und Frau,

Ew. Kayserl. Hoheit geruhen meinen aufrichtigsten Danck gnädigst aufzunehmen für die mir gegönnte Bekanntschaft des H. Staatsrath Köhler. Schon die ersten Stunde war höchst belehrend und erfreulich. Möge der werthe Mann und Kenner uns noch manche Stunde seines Hierseyns zu schencken belieben!

Verehrend

Weimar d. 26. Feb.

unterthänigst

1819.

J. W. v. Goethe.[86]


31/87.


An Johann Georg Lenz

Serenissimus wünschen zu wissen, wohin man den Stein des beykommenden Ringes rechnen könnte, mögen Ew. Wohlgebornen uns durch Ihre Kenntniß hiebey zu statten kommen.

Mit den besten Wünschen

ergebenst

Weimar den 27. Februar 1819.

Goethe.


31/88.


An den Großherzog Carl August

1) Aus beiliegendem Lenzischen Briefe ersehen Ew. Königliche Hoheit, daß dieser Erzkenner den Ringstein für ein Artefact erklärt. Wunderbar ist es, daß ein durchreisender Kunstkenner, welchem ich ihn vorlegte, gleicher Meinung war. Ich kann mich aber derselben nicht conformiren: denn wäre es ein chemisches Product, so müßte man es als Glas ansprechen, das diese Härte nicht hat, indem ich der Rückseite mit dem schärfsten englischen Stahl nichts anhaben konnte. Meo voto ist es daher ein streifiges Quarz-Gestein, deren es manche, obgleich von andern Farben, unter den Mecklenburgischen giebt. Eine blaue Abweichung könnte gar wohl vorkommen.

2) Das gleichfalls beigelegte Schreiben des Hofraths Schwabe veranlaßt mich ferner Ew. Königlichen[87] Hoheit Befehle zu erbitten. Die Vogelbälge werden in diesen Tagen wieder hier seyn. Soll ich

a) Stengern kommen lassen?

b) die Sache mit ihm besprechen?

c) von ihm vernehmen in wie fern er die Vögel, ihre Art und Weise kennt?

d) ihm auf der Bibliothek Abbildungen derselben vorlegen lassen?

e) mit ihm einen Accord machen?

f) wäre auch zu bestimmen wie man sie aufstellte? Einzelne Glaskästen sind kostspielig und nehmen gar zu viel Raum weg. Ich erinnere mich dunkel sie irgendwo in Glasschränken, auf beweglichen Stäben gesehen zu haben, doch ist mir der Mechanismus nicht mehr deutlich; vielleicht ist Höchstdenenselben aus Paris eine solche Veranstaltung gegenwärtig. Hofrath Voigt müßte auf alle Fälle Auskunft geben können...

Weimar den 2. März 1819.


31/89.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey den 18. Bogen revidirt mit Dank zurück. Sowohl die Lettern als das Arrangement der Absätze nehmen sich recht gut aus. Weiteres Manuscript folgt nächstens.

[88] Die Exemplare des Festzugs betreffend, so war die Absicht nur

12 Exemplare Velinpapier in 4°

25 Exemplare Velinpapier in 8°

25 Exemplare Druckpapier in 8°

ungeheftet zu erhalten, das Übrige ginge seinen Gang. Die Aushängebogen erbitte mir baldigst.

Auf den Umschlag setzte man vielleicht in einem artigen Rähmchen:

Festgedichte.

Weimar

18. December 1818.

p. p. p.

Weimar den 4. März 1819.


31/90.


An Johann Friedrich Cotta

[5. März 1819.]

Hochwohlgeborner!

Nach einer achtwöchentlichen ununterbrochenen Arbeit, die mich jedoch nicht weiter als bis zum Schluß des vorigen Jahrhunderts führte, muß ich mich entschließen, die chronologische Darstellung meiner schriftstellerischen Arbeiten nur summarisch mitzutheilen. Der Aufsatz erklärt das Nähere. Möge Zeit, Lust und Kraft das Weitere fördern.

Mit dem Wunsch von Ihrem Befinden die besten Nachricht zu erhalten, mit der Bitte die werthen[89] Ihrigen, Herrn Dannecker und das Boisserée'sche Kleeblatt schönstens zu grüßen.

gehorsamst

Weimar den 3. März 1819.

Goethe.


31/91.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Können Sie, werthester Herr Professor, mir auf die Spur verhelfen, wer zuerst den Diogenes den rasenden Sokrates genannnt habe? und wo sich die Stelle in alten Autoren findet, so würden Sie mir eine besondere Gefälligkeit erzeigen.

Mit den besten Wünschen

Weimar den 8. März 1819.

Goethe.


31/92.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

Ew. Gnaden

für die freundliche liebevolle Einladung zum schönsten dankend, wage ich, weil auswärts zu streifen ich nicht wohl unternehmen darf, die geziemende Frage: ob es nicht der hohen und werthen Gesellschaft genehm wäre morgen Mittwoch früh ein paar Stunden, vielleicht von eilf bis eins, bey mir zuzubringen.

Mancherley würde zur Unterhaltung vorzulegen seyn.

gehorsamst

Weimar den 9. März 1819.

Goethe.[90]


31/93.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbei abermals einiges Manuscript zu dem Nachtrag des Divan, wobei ich den Empfang der

25 Exemplare Kunst und Alterthum Band 2 Heft 1 Velinpapier

15 Exemplare Kunst und Alterthum Band 2 Heft 1 Druckpapier

ingleichen der Festgedichte Aushängebogen 4 und 5 gebührend bekenne.

Der Umschlag möge ganz Ihrer Einsicht überlassen seyn.

Ihrem werthen Familien- und Freundeskreis den ich nun bald wieder zu betreten hoffe mich zu wohlwollendem Andenken empfehlend.

Weimar den 10. März 1819.


31/94.


An Johann Gottfried Schadow

Ew. Wohlgeboren

sehr willkommenes und erfreuliches Schreiben vom 7. November v. J. schließt sich mit den Worten: »An die schöne Medaille von Michael Angelo denkend« pp. und diese sind Schuld daß erst so spät wieder ein Lebenszeichen von mir zu Ihnen gelangt.

Als Künstler werden Sie gewiß dem Liebhaber und Besitzer eine gewisse Pedanterey und Philisterey[91] verzeihen. Ich hatte früher einige sehr ärgerliche Fälle erlebt, welche mich gegen das Abgießen von älteren Dingen sehr apprehensiv machten; wie sehr ich aber wünschte Ihnen das wirklich schätzbare Kunstwerk des Leo von Arezzo, zum Andenken unseres plastischen Urältervaters, in Abguß zu überliefern, ersehen Sie daraus, daß ich nicht eher ruhen konnte, als bis sich jemand fand dessen Gewissenhaftigkeit ich diesen bleiernen Schatz anzuvertrauen geneigt wäre. Nun erhalten Sie einen Abguß des Kunstwerks, das mir durch Ihre Aufmerksamkeit doppelt werth geworden. Dem blanken und farbigen Exemplar lege zur Vergleichung noch ein größeres Medaillon bei, von dem verdienstvollen Varin gefertigt, wahrscheinlich nach derselben Münze; wie weit aber bleibt solches gegen dem Original zurück. Die Abgüsse einiger geschnittener Steine, die sich seit kurzem bei mir eingefunden, lege bei, auch diese Miniaturen sind dem Künstler sehr ergötzlich.

Mögen Sie mir nächstens weitere Nachricht geben wie unser guter Blücher fernerhin ausgearbeitet wird, so erzeigen Sie mir eine wahre Freundschaft. Nachdem die Sorge für den Guß überstanden ist, so möcht ich doch auch nun gern im Zusammenhang bleiben, wie Sie zur Vollendung vorschreiten. Mögen Sie mich auch Herrn von Preen, dem auch eine Dankantwort schuldig bin, gelegentlich empfehlen, so verbinden Sie mich auf's neue.

[92] Sagen Sie mir doch auch: was haben Sie von den Abgüssen Elginischer Marmore in Berlin? Wir haben uns hier einstweilen mit Kreidezeichnungen in wirklicher Größe, sehr brav von Haydons Schülern gearbeitet, begnügen müssen, da denn zwei, von den Engländern sogenannte Fates, eine in der andern Schoße ruhend, von dem größten Werthe sind. Jeden Kunstfreund wird es freuen daß der Plastik hiedurch neuer Succurs zukommt, da sich die Malerey, aus frömmelndem Jammer, weder theoretisch noch praktisch so leicht erholen kann.

Von Ihrem Jahresfest habe durch Gubitz und sonst manches Erfreuliche vernommen. Wenn ich nicht selbst einiges beigetragen, verzeihen Sie, Andrang und Zersplitterung vermehrt sich in Jahren wo Ruhen und Einigung das Nöthigste wäre.

Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken und grüßen die Freunde.

Weimar den 11. März 1819.

Goethe.

Die Sendung folgt nach.


31/95.


An Benjamin Robert Haydon

Weimar, Febr. 16. 1819.

Sir,

In answer to your polite letter, which you did me the honour of adressing to me last November, permit me to remark, that if such young men as[93] Messrs. Bewick and Lansdown have great reason to rejoice at having found in you so able and so distinguished a Master, you must, on the other hand, feel an equal degree of satisfaction to have had it in your power to bring your pupils acquainted with such excellent models, as those which your country of late has had the good fortune to acquire.

Those of us at Weimar, who love and admire the arts, share your enthusiasm for the remains of the most glorious period, and hold ourselves indebted to you for having enabled us to participate, to such a degree, in the enjoyment and contemplation of those works, by means of such happy copies.

We look forward with pleasure (tough we may not live to witness it), to the incalculable effect and influence, which will be produced upon the arts by those precious relics, in England as well as in other countries.

I have the honour to be with great regard

Sir

your most obedient humble servant

[11. März 1819.]

W. Goethe.


31/96.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Beykommendes besorgen Sie gefälligst mit meinen schönsten Grüßen.

Lassen Sie sich ein Recepisse geben.

Weimar den 13. März 19.

G.[94]


31/97.


An Jakob Wilhelm Christian Roux

Ew. Wohlgeboren

Entschluß, Jena mit Heidelberg zu vertauschen, ist mir in diesem Augenblick um so unerfreulicher, als ich eben von Serenissimo den Auftrag erhalte mit Ihnen die Einrichtung einer bedeutenderen Kunstschule zu Jena nach früheren Ideen zu besprechen.

Indem mir nun aber leid thut dieses Geschäft unterbrochen zu sehen, so werde ich mich doch jederzeit erfreuen zu vernehmen, wenn es Ihnen auch am Neckar recht wohl gehe.

Empfangen Sie Beykommendes zu meinem Andenken und als ein Zeichen daß ich die bisher mir öfters erwiesene Gefälligkeit und Assistenz einigermaßen dankbar zu erkennen wünschte.

Mit den besten Hoffnungen für Sie und Ihre werthe Gattin

ergebenst

Weimar den 13. März 1819.

Goethe.


31/98.


An Christian Gotthold August Urban

[Concept.]

[14. März 1819.]

Sie haben mir, mein werthester Herr Amtsphysicus, durch Übersendung des pathologischen Präparats viel Vergnügen gemacht, wogegen ich etwas Angenehmes zu erzeigen wünschte. Die von vieler Aufmerksamkeit und Beharrlichkeit zeugende Tabelle[95] sende hiermit zurück, verwahre jedoch den letzten Monat bei mir, ersuche Sie um die folgenden, werde sie heften lassen und sodann dankbar zurücksenden.

Kommt Ihnen sonst etwas Merkwürdiges vor, so theilen Sie es gefälligst mit.

Das Beste wünschend

Weimar den 11. März 1819.


31/99.


An Friedrich Constantin von Stein

[Concept.]

[14. März 1819.]

Unser Freund Raabe soll dießmal mehr als irgend ein Sing- und Prachtvogel gelobt werden, daß er mein Andenken bey Ihnen, mein Werthester, erneuert und Sie zum Senden und Schreiben angeregt. Zuvörderst also will ich sagen, daß meine artige Schwiegertochter Ihnen für das vortreffliche und reichliche Küchengeschenk den schönsten Dank abstattet, und zwar doppelt, weil sie als Hausfrau und Wirthin Freunden und Genossen etwas Gutes vorzusetzen im Stande ist; theils aber einen, den ganzen Winter über beynah entbehrten Genuß selbst höchst erfreulich findet. Was Ihnen diese Jahre her Leid und Freude brachte, hört ich von Zeit zu Zeit und nahm herzlichen Theil daran. Nun dank ich Ihnen auf's beste daß Sie mir Nachricht von Ihrer Thätigkeit geben wollen. Die Lust einzelne Gesellschaften zu bilden, die Sie in Breslau bemerken, geht durch ganz Deutschland und[96] deutet darauf hin, daß mehr Bedürfnisse vorhanden sind, als man von oben herein befriedigen, mehr Thätigkeiten, als man von oben herein dirigiren und nutzen kann. Die Frauenvereine bildeten sich zur Zeit der Noth, weil sonst niemand helfen konnte, die Noth ist vorüber und die Vereine verzweigen sich durch die Länder bis in Städtchen und Dörfer als Erziehungs- und Unterrichtsanstalten. Die Turn- und Burschenschaft, gleichfalls in's Allgemeine wirkend, dann so manches Besondere, z.B. bey uns die Freunde in der Noth, durch Falk zusammen gerufen, alles Staaten im Staate, abgesonderte Kreise die sich berühren, durchschneiden, schätzbar durch allgemeinen guten Willen, gefährlich durch besondere Zwecke, unentbehrlich, weil jeder selbst zu helfen und zu schützen sucht. Und nun, durch einen wundersamen Gegensatz, hebt man die Innungen auf, weil jeder Einzelne gern an denen Vortheilen Theil nähme die nur durch Corporationen zu erringen sind; man hebt die Gemeinschaft der Grundstücke auf, weil ein solcher Complex durch Corporationen nicht so gut als durch einzelne Besitzer genutzt werden kann. So setzt man sich in den Besitz, aus dem Besitz nach Convenienz, aus Überzeugung und Grille und versichert durchaus, das sey der Zeitgeist dem nicht zu widerstehen sey. Woran man denn auch wohl recht haben mag.

Verzeihen Sie diese allgemeine Betrachtungen und denken sich das Beste dabei.

[97] Möge die Ausstellung Ihrer Statue zu allgemeiner Zufriedenheit gelingen; können Sie mir davon eine kleine Skizze senden woraus Intention der Stellung und Handlung sich erkennen ließe, so wäre es mir höchst angenehm. Ich schicke dagegen in einigen Wochen die Festgedichte zu Aufklärung des großen Maskenzugs bei der Anwesenheit Ihro Majestät der Kaiserin Mutter.

Herrn Raabe bitte schönstens zu grüßen und meiner fortan in Liebe und Freundschaft zu gedenken.

Weimar den 11. März 1819.


31/100.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Erbgrosherzoginn,

gnädigste Fürstinn und Frau,

Möge beykommendes Gelegenheit geben Allerhöchsten Ortes meiner in Gnaden zu gedencken!

Ew. Kayserl. Hoheit

unterthänigster

Weimar d. 15. März 1819.

J. W. v. Goethe.


31/101.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

erhalten hierbey eine Copie des bis auf Ein Wort dechiffrirten Briefes. Kann ich nunmehr sogleich an[98] den Mann schreiben und ihm den förmlichen Ruf zugehen lassen? oder ist eine förmliche Beystimmung von Gotha noch zurück? Ich könnte alsdann zugleich das freie Quartier zusichern; die freie Benutzung des Gartens, wofür von Münchow jährlich 10 Thaler gezahlt hat, hübe man ihm auf als Artigkeit bei seiner Ankunft. Die Nähe des Hofmechanicus so wie die Beihülfe des Dieners und sonst, würde ich ihm gleichfalls melden damit er von seinem Zustand völlig unterrichtet würde. Bewegungsgründe braucht es nicht, da er gern und willig kommt.

Auf alle Fälle lege Ew. Königlichen Hoheit mein Concept vor zu gnädigster Approbation.

unterthänigst

Weimar den 19. März 1819.

Goethe.


31/102.


An Christian Gottlob von Voigt?

Möge beykommendes meinen verehrten Freunden, zur guten Stunde, Geist und Herz erfreuen! Mit den heisesten Wünschen, auf die Fortsetzung guter Nachrichten hoffend, aufrichtigst theilnehmend

W. d. 19. März 1819.

Goethe.


31/103.


An den Großherzog Carl August

Die gründe des Buchstabenmeisters sind freylich überzeugend, nur kann ich nicht zugeben, daß die[99] Sache nicht gefördert sey. Ist auch die Inschrift neuer, so findet sich doch hier schon ein Alphabet aufgestellt von Buchstaben und Zeichen und ein Versuch sie auf die Tafel anzuwenden; dieses ist eine Vorarbeit die jeder nutzen kann, der sich mit der Entzifferung beschäftigen will. Meo voto wartete man daher ab, ob aus diesem oder weiteren Widerspruch etwas Positives hervorgeht, widmete der Sache eigenes Nachdenken und benutzte alles zusammen in einem nachzubringenden Blatt, wenn man vorher Herrn von Hammer gehört, der seine Meynung vielleicht selbst verläßt; dadurch bleibt die Angelegenheit in dem beabsichtigten Gleise und die Intention wird erfüllt, Aufmerksamkeit auf den Stein zu erregen, da man nicht wissen kann, ob nicht vielleicht jemand auf Diplomen und Monumenten irgend eine erhellende Analogie entdeckt. In einem andern Fall wovon die Beylage zeugt, haben wir unsere eigene Sagacität zu üben gehabt.

unterthänigst

Weimar den 20. März 1819.

Goethe.


31/104.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie, theurer Freund, heute mit uns speisen und etwas früher der Kupferbeurtheilung wegen kommen.

21. März 1819.

G.[100]


31/105.


An Christian Gottlob Voigt

Verzeihen Sie, verehrtester Freund, wenn ich erst nach vier und zwanzig Stunden Ihre köstlichen Zeilen erwiedere. Daß Sie in diesen heiligen Augenblicken von dem Freunde Ihres Lebens Abschied nehmen ist edel und unschätzbar. Ich aber kann Sie nicht loslassen! Wenn gegenwärtige Geliebteste sich auf eine Reise vorbereiten, die sie durch einen Umweg bald wieder zu uns führen soll; so stemmen wir uns dagegen. Sollten wir im ernstesten Falle nicht auch widerspenstig seyn?

Lassen Sie mir also die schönste Hoffnung bald wieder an Ihrer Seite zu Wiederherstellung Ihrer Kraft und Thätigkeit mir und uns allen Glück wünschen zu können.

jetzt und für ewig treulichst verbunden

Weimar d. 21. März 1819.

J. W. Goethe.


31/106.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

hatte neulich in sicherer Hoffnung, daß Baumann von Paris bald ankommen würde, geschrieben, indessen läßt er nichts von sich hören, und Sie ersehen aus der Beilage daß die Sprache wenigstens provisorisch eine Wendung nimmt, die Ihnen nicht unangenehm[101] seyn kann. Sollte ich verhindert werden in diesen Tagen selbst zu erscheinen so kommt mein Sohn, um dem Geschäft die nöthige Form zu geben. Sollten Sie noch irgend ein Bedenken oder einen Wunsch haben, so bitte mir oder ihm davon Kenntniß zu geben. Möge, wie es den Anschein hat, die Angelegenheit zu Ihrem Wunsche sich wenden und befestigen.

Noch füge hinzu daß Sie die Gefälligkeit haben möchten für das Quartier des Gehülfen zu sorgen. Das Wagnerische Bett wird ihm eingeräumt oder ein anderes gemiethet, Holz und Licht ihm zugestanden, Sie werden geneigtest für eine billigmäßige Abgabe Sorge tragen.

Weimar den 24. März 1819.


31/107.


An Anton von Ziegesar

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

ersehen aus Beiliegendem gefällig, was Ihro Königliche Hoheit der Großherzog in doppelter Rücksicht, sowohl damit die neuen Anlagen im Erbgroßherzoglichen Garten befördert als auch neue Einrichtungen bei der unmittelbaren botanischen Anstalt eingeleitet werden mögen, zu beschließen und zu erklären geruht haben. Nach dem was ich von Höchstdenenselben vernommen, stimmt diese Einrichtung mit Ew. Hochwohlgeboren[102] Wünschen überein und ich bin überzeugt, daß ein gutes Vernehmen auch künftig die beiderseitigen Zwecke der akademischen Anstalt und des Erbgroßherzoglichen Besitzes auf das beste fördern werde.

Der ich diese Gelegenheit ergreife um mich Denenselben bestens zu empfehlen, in Hoffnung gemeinsamer Thätigkeit. Der Abschied des ältesten mitwirkenden Freundes muß den Wunsch um Theilnahme von jüngeren auf das lebhafteste erregen, um die Augenblicke des Scheidens durch entschlossene neue Lebensthätigkeit erträglich zu machen.

In Hoffnung zunächst in Jena mich über diesen und andere Gegenstände besprechen zu können, habe die Ehre mich mit vorzüglichster Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 24. März 1819.


31/108.


An Georg Friedrich Grotefend

[Concept.]

Wohlgeborner, insonders hochgeehrtester Herr!

Dieses erste Schreiben welches mir das Vergnügen verschaffen soll in nähere Verhältnisse mit Ew. Wohlgeboren zu treten, bringt Ihnen leider eine Trauerpost. Der Herr Staatsminister von Voigt, ein vierzigjähriger Freund und Mitarbeiter, verläßt uns alle und mich besonders in diesen Tagen. Merkwürdig und rührend muß es seyn, daß sein letztes, mit sterbender[103] Hand geschriebenes Blatt Ihren Namen noch deutlich bezeichnet, indem unsere gemeinsame Thätigkeit abschließende Sendung den bewundernswürdigen Aufsatz enthielt welchen über die Heilsberger Inschrift Ew. Wohlgeboren mitzutheilen gefällig gewesen. Nehmen Sie dafür den verbindlichsten Dank von dem Abgeschiedenen und von mir und vergönnen eine kurze Frist über diese Angelegenheit das Weitere zu berathen.

Mit vorzüglichster Hochachtung.

Weimar den 24. März 1819.


31/109.


An Marianne von Willemer

Den schönsten Augenblick der Täuschung erlebt ich. Der verehrte Freund tritt in's Zimmer, die geliebte Freundinn hofft ich im Hinterhalte. Da fühlt ich recht daß ich ihr noch immer angehöre. Sagen Sie mir bald ein Wort. Hierbey wieder Fragmente; das Ganze folgt bald als Zeugniss fortwährender Unterhaltung mit der Entfernten.

Und so fort und für ewig

W. d. 26. März 1819.

G.


31/110.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die Briefe mit Dank zurück; ich gratulire daß alles so wohl von statten geht.

[104] Den eingesendeten Affen geben Sie an Schrötern an die Veterinärschule damit das Innere genutzt werde. Den Balg könnte man sodann an Hofgärtner Wagner zum Ausstopfen überliefern.

Von Färbern erhalten Sie Faujas de Saint Fond, die Mineralogie da la montagne de Saint Pierre prés de Maestricht, in fol.

Die für das zoologische Museum von dem Hofconditor Stenger allhier sorgfältig ausgestopft und erscheinen hoffentlich zu schöner Frühlingszeit.

Mit den besten Wünschen

ergebenst

Weimar den 28. März 1819.

Goethe.


31/111.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Wie sehr bin ich Ihnen, theuerster Freund, abermals verpflichtet daß Sie den zweiten Insatz auch unterbringen wollen. Es bedarf keiner Argumente für dieses glücklich abgeschlossene Geschäft; der Verlust ist unbedeutend, Fürsten und Städte haben uns schlimmer behandelt als dieser gute Bürger. Dabei freut mich am meisten daß Sie dieser Geschäft überhoben sind worüber ich mir oft Vorwürfe gemacht habe.

Ganz loslassen aber kann ich Sie nicht, wie aus beiliegendem Blättchen zu ersehen. Sie haben ja wohl[105] die Gefälligkeit, Herrn Schütz mit meiner besten Empfehlung darüber zu befragen, besonders wegen No. 50. Man wünschte dieses Bild zu besitzen, ob man gleich nicht unbestimmten Auftrag darauf geben wollte. Vielleicht sagt er auch seine Gedanken über die beiden Bronzen 86 und 87 und Sie hätten die Güte, noch vor der Versteigerung mir einige Kenntniß zu geben.

Das für mich zu erhebende Geld behalten Sie in Händen, da es ohnehin nicht hinreichen würde. Das Fehlende sollte sodann gleich angewiesen werden. Möge Ihre theure Frau Mutter durch das herankommende Frühjahr vollkommen hergestellt werden. Ich habe diesen Winter leidlich zugebracht und lebe ohne bestimmten Plan dem Sommer entgegen.

Möge ich immer das Beste von Ihnen und den geliebten Ihrigen vernehmen.

Weimar den 28. März 1819.


31/112.


An den Großherzog Carl Friedrich

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

erhalten hiebei einen Becher von getriebener Arbeit, sowohl in Betracht des Metalls als der Kunst nicht ohne Werth. Es ist eine Gabe die Rath Wickler, pensionirter Amtmann von Berka, zu Füßen stellt, da er vernommen, daß es Höchstderoselben Angelegenheit sey Ihro Museum zu vermehren.

[106] Durch den zurückkehrenden Boten habe sogleich eine freundlich dankbare Anerkennung erfolgen lassen, mit der Versicherung, daß das Andenken des Gebers ehrenvoll solle erhalten werden. Ich wünsche daß wir uns mehrerer Nachfolger dieses braven Mannes mögen zu erfreuen haben.

Weimar den 31. März 1819.


31/113.


An Johann Ernst Wickler

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe sogleich im Namen Ihro Königlichen Hoheit des Herrn Erbgroßherzogs für den übersendeten Becher auf das verbindlichste zu danken. Es konnte eine solche freundliche Gabe zu keiner glücklichern Zeit anlangen als eben jetzt, da das Museum geordnet ist und alles was sich anschließt an seine verdiente Stelle zu stehen kommt. Der Platz Ihres Bechers wird ehrenvoll seyn und der eingegrabene Name des Gebers Ihre gute Meinung auf künftige Zeiten vererben. Nehmen Sie, da ich dieser Anstalt vorstehe, auch meinen verbindlichen Dank mit dem Wunsch einer bald wieder gewonnenen Gesundheit, damit Sie selbst das Museum besuchen und Ihres Beitrags an Ort und Stelle sich erfreuen mögen.

Weimar den 31. März 1819.[107]


31/114.


An Bernhard August von Lindenau

[Concept.]

Hochwohlgeborner,

insonders hochgeehrter Herr!

Ihro Königliche Hoheit konnten wir bei dem bedauerlichen Abgang des Herrn von Münchow nichts Erfreulicheres mittheilen als die Nachricht daß Ew. Hochwohlgeboren für die Wiederbesetzung der Stelle sogleich Sorge tragen wollen.

Herrn von Münchow ist in diesen Tagen die ganze Anstalt nebst Zubehör abgenommen und dem Herrn Dr. Körner übergeben worden; sobald Herr Posselt ankommt, wird er gleichmäßig eingesetzt und soll überhaupt willkommen seyn. Außer der ihm zugesicherten Besoldung erhält er noch freies Quartier und die Benutzung eines angenehmen Gartens. Für mich hoffe bei dieser Gelegenheit den Gewinn mit Ew. Hochwohlgeboren in ein näheres Verhältniß zu treten.

Und so will ich denn gleich jetzt nicht verfehlen, daß ich mich schon längst mit dem Gedanken trage, mathematische und chemische Physik zu trennen, wie es die großen Fortschritte dieser Wissenschaft zu verlangen scheinen. Man sehe, wie wunderlich die Physik sich unter des klugen und thätigen Lichtenbergs Händen auf Erxlebens schmalen Grunde aufhäuft, man sehe Grens Handbuch, und man wird eine Masse[108] von Wissen bemerken, die niemand lehren und niemand lernen kann. Diesen Reichthum zu sondern, wäre Zeit und könnte Herr Posselt vielleicht gerade der Mann seyn, welcher den mathematischen Theil der Physik glücklich behandelte und zufrieden wäre, wenn das Andere nicht von ihm gesondert würde. Und so könnten die höchsten Höfe bei dem dereinstigen Abgange des Mannes, der diese Wissenschaft jetzt verbunden vorträgt, derselben nutzen und den Zustand der Lehrer verbessern.

Sind Ew. Hochwohlgeboren diesem Gedanken nicht ganz abgeneigt, so kann ich ein längst entworfenes Schema mittheilen, wo ich tabellarisch einen Theilungstractat aufgeführt habe, um zu bezeichnen, was dem Mathematiker und dem Chemiker zufiele; einer verwiese sodann auf den andern, einige Capitel behandelten sie gemeinschaftlich; alles was über die Erfahrung hinaus geht, überließen sie den Philosophen.

Für die merkwürdige Nachricht aus den fernen Himmelsräumen danke zum allerschönsten; möchten Dieselben mich von Zeit zu Zeit auf jene Regionen aufmerksam machen, so würde es mich in meinen Beschäftigungen innerhalb unserer Atmosphäre gewiß erheben und erfreuen.

Der ich die Ehre habe mich mit vollkommenster Hochachtung zu unterzeichen.

Weimar den 31. März 1819.[109]


31/115.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Hochwohlgeborner,

insonders hochzuverehrender Herr!

So angenehme Nachrichten als Ew. Hochwohlgeboren Brief erhält unserm verehrten Fürsten überbringen zu können machte mich sehr glücklich. Auch erhielt ich sogleich den Auftrag die allerschönsten und verbindlichsten Danksagungen abzustatten für die mannigfaltige Bemühung und Versorge, welche schon so glücklichen Erfolg gehabt und ferneren verspricht.

Nur mit wenigem beeile ich mich für das gehaltvolle Schreiben auch meinen Dank auszudrücken und acceptire zum voraus mit vielem Vergnügen die angekündigte Sendung, wie ich denn zugleich den wegen der Skelette geschlossenen Accord in allen seinen Theilen vollkommen billige.

Eine Folge von Präparaten einzelner Organe, als vorerst der Gehörwerkzeuge der Säugethiere im natürlichen Zusammenhang u.s.w. sollte höchst willkommen seyn.

Unser Professor der vergleichenden Anatomie, Dr. Renner, verdient daß man zu seinen Demonstrationen was nur möglich ist sammle und zurichte.

Von der Heilsberger Inschrift erfolgen abermals zwölf Exemplare. Dieser Aufruf hat schon sehr schöne Folgen gehabt. Es entdeckt sich daß Herr Professor[110] Grotefend in Frankfurt a/M., ein Freund und Verehrer Herrn von Hammers, schon längere Zeit sich mit dieser Inschrift abgiebt und nunmehr, auf's neue angeregt und eingeleitet, seine Meynung eröffnen wird. So viel ich bemerken kann, hält er die Inschrift für jünger, bleibt aber an mehreren Stellen bey Herrn von Hammers Leseart; auch nach ihm ist dieser Stein von großer Bedeutung.

Mit meiner besten Empfehlung bitte Herrn von Hammer davon zu benachrichtigen, auch eins von beyliegenden Exemplaren der Festgedichte zu überreichen. Die angekündigten Schriften erwarte mit Verlangen.

Trifolium flexuosum kommt auch bey uns vor. Unsere Botaniker haben angenommen, daß es keinen Samen trage; Professor Dennstedt verspricht mir sogleich an die Standorte zu gehen um genau zu untersuchen ob er nicht Körner entdecken kann. Die Sendung halte zurück, ob es vielleicht möglich wäre etwas Ihren Wünschen gemäß, mitzusenden. Da die Pflanze mehrere Jahre perennirt, sollte man nicht durch Zerreißung der Stöcke und Pflanzung diese Kleeart vermehren und durch eine bessere Cultur zur Fructification bewegen? Mir gedenken sogleich einigen Versuch zu machen.

Nach Ankunft Dero geneigter Sendung und vor Abgang der meinigen das Mehrere, mit angelegentlichster Bitte Ihre gewogentliche Beyhilfe und Mitwirkung auch künftig uns genießen zu lassen.

Weimar den 2. April 1819.[111]


31/116.


An Carl Wilhelm Constantin Stichling

Ew. Wohlgeboren

übersende hiebei die mitgetheilte Rechnung bei welcher ich nichts zu erinnern wüßte, und welche der Revision zu übergeben Sie die Gefälligkeit haben werden.

Morgen zu Mittage wünsche das Vergnügen zu haben mich über mehreres zu unterhalten.

ergebenst

Weimar den 3. April 1819.

Goethe.


31/117.


An Carl Friedrich von Reinhard

Beyliegende Hefte sollten längst in Ihren Händen seyn; erst in diesen Tagen haben Buchdrucker und Buchbinder abgeschlossen. Hier also, ohne Aufenthalt, das Festgedicht dem ich eine so frohere Aufnahme hoffen kann als Sie den Gegenstand verehren und lieben dem sie gewidmet sind. Mir war es höchst erfreulich das Preiswürdigste ohne Schmeicheley aussprechen zu können:

Jenen verabredeten Brief hatte concipirt als mich die unerwartete Katastrophe aus dem Concept brachte und so wußte ich bis auf den heutigen Tag den Faden nicht wieder anzuknüpfen. Selbst wenn ich jetzt darüber denke, so scheint es mir als wollte man dem vorzüglichen[112] ja großen Manne durch ein dergleichen Schreiben nur unerfreuliche Erinnerungen aufwecken.

Soviel für dießmal, verehrter Freund, damit das Paquet nicht aufgehalten werde.

Jedoch lege noch einen Bogen bey zum Zeugniß, daß ich auch von meiner Seite die Preßfreyheit gebrauche und mißbrauche; in vier Wochen hoffe mit dem Ganzen aufzuwarten, bis dahin bitte das Bruchstück zu secretiren.

Mit treuer Anhänglichkeit

und so fort und für ewigder Ihre

Weimar den 4. April 1819.

Goethe.


31/118.


An Georg Sartorius

[Concept.]

Beikommendes Heft, theuerster Freund, sollte schon längst gedruckt und in Ihren Händen seyn, erst gestern erhalte ich es und es folgt sogleich. Das Fest war schön und glänzender als eines das ich seit vierzig Jahren veranstaltete. Wort und Lied mögen den Geist davon auf die Nachwelt bringen; wir wollen abschließen.

Auch mit dem Divan zaudert die Presse ganz unerträglich. Unter vier Wochen kommt er Ihnen schwerlich zu Handen. Mögen Sie alsdann mir der lieben kleinen Frau sich älterer und neuerer guter Stunden gern erinnern.

[113] Mancherlei anderes liegt um mich her und verlangt Abschluß, wo nicht Vollendung. Man vertrödelt das Leben in allerlei Übungsversuchen und wenn man vollbringen könnte mangelt wo nicht Kraft doch Lust.

Sonst wäre noch manches nicht durchaus Erfreuliches zu melden.

Zum Schlusse nur noch eine vertrauliche Frage: In Gefolg der letzten Erschütterung der Akademie Jena entfernen sich wahrscheinlich auch die Griechen, zwölf an der Zahl, ruhige, fleißige Menschen. Sollten sie wohl sämmtlich oder zum Theil in Göttingen Aufnahme finden, wenn sich gebührend meldeten? deuten Sie mir, mein Werthester, die dortige Constellation. Niemand erfährt was Sie mir vertraulich eröffnen mögen. Ich habe diesen jungen Leuten, denen es Ernst ist, bisher im Stillen genutzt und wünsche in der jetzigen Verlegenheit ihnen freundlich zu dienen.

Verzeihen Sie und gedenken mein!

Weimar den 4. April 1819.


31/119.


An Johann Friedrich Rochlitz

Daß Ew. Wohlgeboren nicht schon längst auf Ihren werthen Brief geantwortet, ist der verspätete Druck beykommenden Heftes eigentlich Schuld. Nehmen Sie es freundlich auf und gedenken dabey vergangener Zeiten.

[114] Briefe, wie Sie solche wünschen, finden sich wohl unter meinen Papieren. Leider verbrannte ich 1797 eine zwanzigjährige geheftete Sammlung aller eingegangener Briefe, die ich meinen biographischen Arbeiten sehnlichst zurückwünschte; die neueren, bis auf wenigen Jahre, stehen in Kisten geschlagen in Bodenkammern, wo jetzt unmöglich zu arbeiten ist. Ferner habe ich eine schöne Sammlung eigenhändiger Briefe der Schriftzüge wegen gesammelt, auch diese will ich durchgehen, um etwas für Sie herauszufinden. Nur gegenwärtig bitte um Geduld! Außer mancherley äußern Zudrang habe ich noch meinen Divan auf Messe zu bringen und was dergleichen mehr ist.

Nun noch eine vertrauliche Frage, die ich mir baldigst zu beantworten bitte. Nach der augenblicklichen Erschütterung von Jena möchten wohl auch die Griechen daselbst, zwölf an der Zahl, auswandern. Ich kenne mehrere davon, vorzügliche, fleißige und stille Menschen. Sollten sie wohl sämmtlich oder zum Theil in Leipzig Unterkommen wenn sie sich gebührend meldeten? Sagen Sie mir, da Sie die dortige Constellation kennen, wie Sie hierüber denken, es soll, was Sie mir vertraulich äußern, niemand erfahren. Über die wunderlichen Zustände des Tages kein Wort, jeder muß diese Vorfälle bei sich selbst verarbeiten.

Mit unwandelbaren Neigung und Vertrauen

Weimar den 4. April 1819.

Goethe.[115]


31/120.


An Johann Heinrich Meyer

Hier sende, mein theurer Freund, den Anfang der Abschrift mit dem Original und da es gar schön Wetter ist frage an: ob ich um 11 Uhr Sie mit dem Wagen abholen soll, daß wir nach Belvedere führen und der freien Luft genössen.

Weimar den 5. April 1819.

Goethe.


31/121.


An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

[Concept.]

Ihren werthen Sohn kann ich nicht ohne ein ausgesprochenes Wort an Sie, verehrte Freund, abgehen lassen. Er hat sich bewundernswürdig mit Freyheit und Selbstständigkeit in dieser schlimmen Zeit betragen; er wird Ihnen unerfreuliche Wunderdinge erzählen. mit den Meinigen befand er sich wohl, froh und vertraulich; ich konnt ihn weniger nutzen, als ich gewünscht hätte. Das Alter lös't sich ohnhin von der Jugend wie von der Welt ab und die neueren, neusten Ereignisse sind nicht der Art Annäherung zu bewirken. Doch muß ich Ihrem Sohn auch hier eine musterhafte Aufführung zugestehen.

In seinem Fache hat er durchaus den Ruhm eines entschiedenen Fleißes und Application, und Sie werden, wie er seine Zeit genutzt, am besten beurtheilen.[116] Möge ihm in so bedenklichen Tagen sein Vater für lange Jahre erhalten seyn, möge er ja sich immer mehr überzeugen daß zu allen Zeit, besonders in der neusten, kein Glück zu finden ist, als in der täglichen und stillen Erfüllung seiner Pflicht.

Beygehende Gedichte zu einem glänzenden Festzug zeugen vom Glück vergangner Jahre und von einer herrlichen Nacht. Ihr Sohn mag vom Ganzen und von seiner Theilnahme Sie umständlich unterhalten. Meine Kinder gedenken diesen Sommer eine Reise nach Berlin zu machen; mögen sie Ihnen willkommen seyn und Ihre Gunst erwerben.

Weimar den 7. April 1819.


31/122.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Die glückliche Ankunft der vierhundert und siebzehn Gulden danke und quittire darüber sogleich.

Die bevorstehende Auction betreffend erkläre mich in Gemäßheit Ihrer Anträge dahin:

1. Die bezeichneten Gemählde hätte Herr Schütz die Gefälligkeit, wenn er solche für original erkennt und der Preis die normirte Höhe nicht übersteigen sollte, für meine Rechnung anzukaufen und allenfalls für den großen Seghers ein Drittel mehr aufzuwenden.

2. Da das Schnitzwerk, ob es gleich vielleicht nur Albrecht Dürers Namen führt, von großer Schönheit[117] seyn soll, so wird Herr Schütz hiedurch ermächtigt, auf dasselbe bis zu der ausgesprochenen Summe zu bieten.

3. Die zwey Bronzen betreffend wird Herr Schütz gleichfalls, sie mögen antik oder modern seyn, wenn sie Kunstwerth haben und verhältnißmäßig gut erhalten sind, die angesetzte Summe zu bieten beauftragt.

Ich erkenne dankbarlichst die von so mehr, als ich seine Gefälligkeit auch bey der Kupferstichsammlung in Anspruch werde zu nehmen haben.

Geben Sie mir ja bald Nachricht, daß Ihre werthe Frau Mutter völlig wieder hergestellt sey. Ich habe meinen vierzigjährigen Freund und Mitarbeiter, den Staatsminister von Voigt, verloren und es ist mir bange für jedes werthe Haupt um mich her.

Weimar den 9. April 1819.


31/123.


An Adolph Oswald Blumenthal

Vorläufig, mein werthester Herr, will ich ungesäumt zu erkennen geben, daß Ihr Schreiben vom 31. März bei mir eingegangen und mir viel Freude gemacht hat. Nur bin ich gegenwärtig nach vielen Seiten hin dergestalt beschäftigt, daß es mir unmöglich fällt, meine Gedanken gerade auf diesen Punct[118] zu richten. Doch werde ich, um Ihnen einigermaßen entgegenzukommen, das Capitel unseres Realkatalogs, deutsche Dichter enthaltend; die in lateinischer Sprache gedichtet, für Sie abschreiben lassen und baldigst übersenden; indessen giebt es ja auch wohl Raum über das Geschäft selbst und dessen wünschenswerthe Führung einiges mitzutheilen. Fahren Sie in der löblichen Arbeit fort, deren Resultat kein anderes seyn wird, als daß der Deutsche auch in fremden Formen und Sprachen sich selbst gleich bleibt, seinem Charakter und Talent überall Ehre macht.

Mit den aufrichtigsten Wünschen

ergebenst

Weimar den 10. April 1819.

Goethe.


31/124.


An Johann Salomo Christoph Schweigger

[Concept.]

[12. April 1819.]

Die persönliche Bekanntschaft des Herrn Präsidenten Nees von Esenbeck hat mich sehr glücklich gemacht, denn man weiß nur was man einem Manne schreiben soll mit dem man einmal persönlich verhandelt hat. Ein gleiches Glück hab ich mit Ihnen und antworte nun dankbar auf Brief und Sendung. Mögen Sie der guten Nürnbergischen Freundin die mir schon früher in meine Sammlung manch angenehmes Geschenk verliehen in meinem Namen nochmals für die übersendeten Täfelchen den schönsten[119] Dank abstatten. Man sagt, der gäbe zweimal der schnell giebt, aber der giebt zehnfach der zur rechten Zeit giebt. Möge ich baldig im Fall seyn Ihnen mitzutheilen zu welchem Zwecke ich solche Beyspiele gewünscht.

Ein Auszug aus Ihrem werthen Brief, den jungen Osann betreffend, hat die Gemahlin des Herrn Staatsminister von Voigt, meines vierzigjährigen Freundes und Mitarbeiters, in dem Augenblicke seines Scheidens getröstet. Der junge Mann ist Ihnen durch sich selbst empfohlen, sey er es nunmehr doppelt, da er einen hülfreichen Vater verliert, sich aber gewiß um desto mehr beeifern wird auf eignen Füßen zu stehen.

Ihre geneigte Gabe zum 28. August erkenne ich zwar immer höchlich dankbar; in welchem Grad und Maaß dieß aber sey, werden Sie erst überzeugt werden, wenn ich die Lehre von den entoptischen Farben nach meiner Weise vortrage. Ich werde mich eines Ihrer glücklichen Gedanken dabei erfreuen, jedoch nicht ohne den Urheber zu nennen. Wären die Zeitgenossen so ehrlich zu gestehen was sie einander schuldig sind, so wäre jede Wissenschaft weiter.

Für die fortgesetzte Sendung Ihrer Zeitschrift danke verbindlichst; lassen Sie mich aber von Zeit zu Zeit schriftlich hören wie ein jedes Ihrer Unternehmen gedeihen mag. Besonders wünsche ich zu erfahren in wie fern Ihr Plan einer praktischen Societät zur Ausführung gekommen.[120]


31/125.


An Johann Gottfried Eichhorn

[Concept.]

Nachdem ich nun schon mehrere Tage den Verlust eines vieljährigen Freundes und Mitarbeiters, des Herrn Staatsministers von Voigt, betrauert und mich der entschiedenen Einwirkung auf mein Leben dankbar schmerzlich erinnert, so wende ich mich nun wieder zu den Geschäften die uns sonst gemeinsam oblagen und bei welchen ich immer einer kräftigen Theilnahme mich zu erfreuen hatte. Hier will es nun eine der ersten Angelegenheiten seyn Ew. Wohlgeboren zu ersuchen, die dem theuern abgeschiedenen Manne gegönnte Neigung auf mich zu übertragen und, wie sonst ihm, also auch mir in der Folge mit gütigem Rath und Beistand nachzuhelfen.

Ich darf diesen Wunsch um so eher aussprechen als Herr Dr. Noehden gewiß berichtet haben wird, daß ich unter diejenigen gehöre welche Ew. Wohlgeboren die Berufung dieses vorzüglichen Mannes höchlich verdanken und, um sein selbst und um Ihretwillen, ihm so viel nur vermögen, förderlich und dienstlich zu seyn gedenken.

Auch die Bemühungen wegen der Heilsberger Inschrift weiß ich anzuerkennen und bitte fernerhin diese vaterländisch-antiquarische Angelegenheit nicht aus den Augen zu lassen. Über die, zwar einsichtige,[121] aber etwas herbe Mißbilligung des vortrefflichen Herrn Geheimen Cabinettsrath Kopp in Mannheim hat Herr Professor Grotefend in Frankfurt a. M. uns durch freundliche Theilnahme vorläufig getröstet. Dieser würdige Mann beschäftigte sich schon lange mit gedachter Inschrift. Er setzt sie freilich auch in's dreizehnte Jahrhundert, behält aber an mehreren Stellen die von Hammerische Lesart bei und giebt dieser Tafel einen höchst bedeutenden historischen Sinn.

Der Stein selbst, der bisher an einem sehr ungünstigen Orte gestanden, wird versetzt, die Schrift revidirt und Herrn Grotefend möglichst entgegen gearbeitet. Eine genaue den jetzigen Zustand des Steines nachbildende Kupfertafel wird besorgt, Heilsberg und seine Gegend durch einen geschickten Zeichner aufgenommen und so ein interessanter Nachtrag, den wir Herrn Grotefend verdanken werden, in gleichem Format erscheinen. Ew. Wohlgeboren erlauben daß ich davon ersten Abdrücke dereinst übersende. Nicht weniger erbitte mir die Erlaubniß, theils über wissenschaftliche Gegenstände theils über persönliche Vorkommenheiten geziemende Anfrage zu thun.

Der ich mich zu geneigtem Andenken auf das angelegentlichste empfehle.

Weimar den 12. April 1819.[122]


31/126.


An Gregor Willamow

[Concept.]

Ew. Excellenz

haben durch einen freundlichen und liebevollen Brief mich an die herrlichen Stunden erinnert, in denen mir das Glück ward Ihre Gegenwart zu genießen und eine Frau zu bewundern, deren Andenken und Gnade mich immerfort belebt und im anerkannten Guten bestärkt.

Mögen Sie sich bei Betrachtung der aus treuem Herz und Sinn geflossenem Festgedichte schöner Stunden erinnern, wo Sie fern von Ihrem Vaterlande sich in vertraulichem Cirkel wie unter Mitgeborenen gefühlt und uns eine lebenslänglich dauernde Verehrung eingeflößt haben. Wie oft beschäftigt sich dieser Kreis mit Ihrem theuren Andenken.

Den würdigen Freunden bitte die beigelegten Hefte zu überreichen, mich auf das beste zu empfehlen und Ihrem eignen edlen Herzen immerfort empfohlen zu halten.

Weimar den 12. April 1819.


31/127.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

[Concept.]

Kaum habe ich mich über das Abscheiden unseres verehrten Freundes und Mitarbeiters, des Staatsministers[123] von Voigt, einigermaßen gefaßt und erholt, so vernehme, daß der treffliche, treue Freund in Freiberg, gefährlich krank, dem Abscheiden sich gleichfalls genähert. So soll denn für die Letzten nur eine öde Welt übrig bleiben.

Mögen beykommende Gedichte, wo der alte Schwan vergangne Zeiten und Verdienste singt, indem er die Hoffnung auf künftige zu gründen wünscht, zu guter Stunde dir in die Hand kommen und dich vermögen noch eine Zeit bey deinen treuen Freunden zu verweilen; wozu du mich gewiß aus alter treuer Ueberzeugung zählen magst.

Mit Freuden habe ich deine längst bekannte und verehrte Hand als neues Lebenszeichen vor einigen Tagen in einem Brief an Bertuch gesendet. Laß mich nicht ohne Nachricht.

Weimar den 14. April 1819.


31/128.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

wünsche Glück zu dem sehr wohlgerathenen Aufsatz. Er wird bey'm Vortrage gewiß allgemeinen Beyfall gewinnen. Vor dem Abdruck ließe sich vielleicht über einige Stellen rathschlagen welches zu einer angenehmen Unterhaltung Gelegenheit geben könnte.

gehorsamst

Weimar den 14. April 1819.

Goethe.[124]


31/129.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

danke nur mit wenig Worten für die gegebene Nachricht. Können Sie gelegentlich diesen jungen Männern ohne Beschwerde einige Freundlichkeit erzeigen, so werden Sie ein gutes Werk thun. Empfehlungsschreiben, wie sie wohl verdienten, habe ich ihnen nicht mitgegeben. Dagegen habe einem Stuttgarter Musicus, namens Kocher, Sie in meinem Namen zu begrüßen aufgetragen; er hat mir durch musicalischen Vortrag und Gespräch wirklich Interesse abgewonnen. Mögen Sie ihm einige Aufmerksamkeit schenken und mir Ihre Gedanken über ihn und seine Composition eröffnen da ich mir in einer fremden Kunst wohl Antheil aber kein Urtheil erlaube.

Wegen gewünschter Briefe ging mir in diesen Tagen der Gedanken bei: meinen Freund von Knebel, in Jena, deshalb anzusprechen. Er führt seit vielen Jahren mit allen deutschen Literatoren Correspondenz und vielleicht gewinnen wir da einige Ausbeute.

Mit den herzlichsten Wünschen

aufrichtig ergeben

Weimar den 15. April 1819.

Goethe.[125]


31/130.


An Georg Friedrich Grotefend

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Schreiben vom 12. April erwidere sogleich, wenn schon nur vorläufig:

1. Ich habe diese Feiertage einen jungen geschickten Zeichner nach Heilsberg gesendet, umbenannten Ort, die neue Kirche, die Spuren der alten zu erkunden, die Lage und Aussicht zu zeichnen und von dem was sich dort vorfindet genaue Kenntniß zu nehmen. Nach dessen Rückkunft werde das Nähere umständlich mittheilen.

2. Die Frage, ob sich nicht bloß Wallfahrten, sondern auch Landgerichte in Heilsberg nachweisen lassen, soll baldigst untersucht werden. Beier hat voluminose Handschriften über Thüringen hinterlassen, die sich in der Jenaischen Universitätsbibliothek befinden, vielleicht geben die einigen Aufschluß.

3. Ist Ew. Wohlgeboren Vermuthung völlig richtig: der Kupferstich in den Curiositäten war nach Schilter copirt; hierauf ruht Herrn von Hammers Erklärung. Die Vignette auf unserm Titelblatt ist gleichfalls eine nur verkleinerte Copie. Man hatte die Schilterische Zeichnung mit der Tafel im Allgemeinen verglichen und fand ziemlich getreu. Der Stein wegen plumper Form und schwerem Gewicht ward ungünstig aufgestellt, auf Ew. Wohlgeboren letzte Anregung[126] aber in gutes Licht gebracht, mit Öl getränkt und von demselben Künstler, der die beiden ersten Copien verfertigt und die Stöcke geschnitten, ganz genau durchgesehen und gezeichnet. Woraus sich denn ergiebt, daß das Alphabet viel einfacher ist, daß die Buchstaben die Zeilen rein ausfüllen oder Röschen gesetzt sind. Sobald alles von unserer Seite aufgeklärt worden, erhalten Ew. Wohlgeboren umständliche Nachricht, so wie ich auch den ersten Aufsatz nebst dem Nachtrag zu weiterer Bearbeitung übersende.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 15. April 1819.


31/131.


An Johann Friedrich Rochlitz

Es ist der Mühe werth gelebt zu haben wenn man sich von solchen Geistern und Gemüthern begleitet sieht und sah; es ist eine Lust zu sterben wenn man solche Freunde und Liebhaber hinterläßt, die unser Andenken frisch erhalten, ausbilden und fortpflanzen. Nehmen Sie meinen herzlichsten Dank für Ihren herrlichen Brief, dessen ich mich als des schönsten Zeugnisses zu rühmen habe. Nächstens erhalten Sie ein Exemplar meines Divans, dem ich gleichfalls eine günstige Aufnahme versprechen darf.

Wahrscheinlich kommen meine Kinder auf einer kleinen Reise durch Leipzig, die ich in Ihr Connewitz[127] zu führen bitte, damit sie mir, nach dem Augenschein, die Wiederherstellung Ihres so lieben und auf eine Zeitlang verkleideten Luftsitzes bescheinigen.

und so fort und ewiglich

verbunden

Weimar den 18. April 1819.

Goethe.


31/132.


An den Großherzog Carl August

Hohwiesner'sche Auction betreffend.

Rath Schlosser und Schütz melden Folgendes:

Ersterer sagt: »Herr Schütz besah noch am Tage vor der Auction in meiner Gegenwart, und in ganz vorzüglicher Berücksichtigung Ihrer Aufträge, die ausgestellten Kunstsachen und fand hauptsächlich Anstoß in Betreff des angeblichen Dürerischen Schnitzwerks No. 83. Überhaupt hatten die Stimmen der Kunstkenner sehr gegen dieses Stück sich ausgesprochen. Ich glaubte indessen Herrn Schütz nur auf Ihrer Ordre verweisen und das was hiernach zu thuen sey seiner Überzeugung überlassen zu müssen.«

Herr Schütz schreibt seine Bemerkungen über die ersteigerten Gemählde und zugleich die Ursache der nicht ersteigerten Kunstsachen.

»No. 9. Angeblich von Camill Capucino (1540), ist mehr wie zweifelhaft. Das Bild ist auf Kupfer[128] gemahlt dessen Gebrauch zu diesem Zweck zu der Zeit, wo der Künstler lebte, noch unbekannt war. Auch ohne diesen Zweifel hätte mich der Zustand worin dieß Bild ist, mich persönlich, von dem Ankauf abgehalten, doch in Rücksicht auf die ertheilte Commission erlaubte ich mir bis zu 120 fl. zu gehen. Die Familie war allein mein Gegner und kaufte es zurück.

No. 16 ersteigerte ich um 80 fl. Es ist ein herrliches Porträt. Es bedarf einige Ausbesserung an der Stirn und daher ergeht die Frage: ob es nicht gut sey, die Herstellung desselben dem Herrn Morgenstern, dem Sohn, zu übertragen?

No. 49 ersteigerte aus Ursache des kleinen Preises (zu 12 fl.) und als Gegensatz des Bildes

No. 50, das entschieden in jeder Rücksicht ein herrliches Bild ist, von Daniel Seghers, um 126 fl. Seine Schönheit, gute Erhaltung, Größe, alles ist in reinster Übereinstimmung.

No. 83. Setzte mich in einige Verlegenheit. Weder ich noch andere Kunstfreunde konnten bei genauester Betrachtung Albrecht Dürers Hand und Geist bei der Arbeit erkennen. Wenn der erste Anblick dem Liebhaber der altdeutschen Kunst einiges Vorurtheil erregt, so verschwindet solches bei näherer Prüfung. Ich ging jedoch bis zu 52 fl., war aber sehr froh, durch die Familie, die auch hier allein mein Gegner war, abgeboten zu werden.«

[129] Erstanden sind also

No. 16 für80fl.

" 49 "12 "

" 50 "126 "

Auctionsgebühren3 "

fl.221

Meo voto ließe man daher

No. 9 auf sich beruhen,

" 16 gäbe man Morgenstern zur Restauration,

" 49 und

" 50 ließe man sogleich kommen. Wegen

" 83 sondirte man, da Schütz sehr gewissenhaft und streng zu seyn scheint und diesem Kunstwerke, das sonst so hoch geschätzt wurde, jetzt aller Werth abgesprochen werden will, durch einen Dritten die Hohwiesner'schen Erben um zu erfahren, wie hoch sie solches allenfalls aus der Hand verkaufen. Auf alle Fälle ist man jetzt im Vortheil, da in der Auction außer Schütz, wie es scheint, niemand geboten.

Rath Schlosser sagt ferner:

»Die Gemählde befindet sich sämmtlich in Gewahrsam des Herrn Schütz, der mir auch für die Verpackung zu sorgen versprochen hat. Nun fragt es sich, ob ihm etwas für seine Bemühung gebühre. Ich bin mit dem Styl in Dingen dieser Art nicht bekannt und leicht könnte die Delicatesse des sehr empfindlichen Mannes gekränkt werden. Ich sehe hierüber Ihrer Ordre entgegen.«

[130] Die Bemühung des Herrn Schütz läßt sich nicht zu Geld anschlagen, die wenigen Commissionsprocente würden der Summe nach gering seyn. Eine silberne Medaille mit Bild und Namen Ihro Hoheit wäre eine schickliche und für ihn erfreuliche Renumeration.

Den Betrag der Hauptrechnung habe mit einigem Zuschuß, um die Nebenkosten, nicht weniger Restauration und Einpackung besorgen zu können, schon angewiesen, deren Restitution mir nach der Schlußrechnung erbitte.

unerthänigst

Weimar den 19. April 1819.

Goethe.


31/133.


An Carl Ernst Adolf von Hoff

Ew. Wohlgeboren

wahrhaft erfreuliche Zuschrift erschien mir wie ein leuchtender Stern aus einer umwölkten Nacht. Ein solcher Blick überzeugt uns daß über einer ganz finstern Atmosphäre die ewigen Gestirne ihre Bahn ungestört fortsetzen. Möge Ihnen für die thätige und wirksame Theilnahme ein dauernder Genuß an dem Bewirkten und Geleisteten vorbehalten seyn. Ich freue mich auf die Zeit wo wir Sie wieder in Jena zu verehren hoffen. Sie werden günstig betrachten was geschehen und wegen des Künftigen Rath und Beistimmung ertheilen. Der so ansehnliche Beitrag heißt[131] uns alle Kräfte aufbieten, damit das Angefangene würdig zu Stande komme.

Das ehemalige medicinische Auditorium ist in einen heitern Saal umgewandelt. Die Repositorien der Schloßbibliothek und die zweite Bücherhälfte werden so eben hingebracht. Ist nun erst einmal alles in dem geräumigen Local beisammen, so wird man die weitere Aufstellung und Einrichtung näher überlegen können. Alsdann läßt sich auch der gegenwärtige langsame Gang des Katalogirens beschleunigen. Zur Zeit ist nicht mehr zu fordern als geschieht; denn man kann denen Angestellten wirklich zum Verdienst anrechnen, daß während der großen Umwälzung keine der beiden Bibliotheken geschlossen wurde, ja daß man sich vielmehr beeifert, die durch vermehrte Theilnahme und Anforderung an ein neubelebtes Geschäft entspringenden stärkeren Arbeiten ununterbrochen zu leisten. Man darf sogar dahin die vermehrten Besuche von Fremden rechnen.

Bibliothekar Dr. Güldenapfel ist freilich mehr geeignet Ordnung zu erhalten als einzurichten. Da er sich keine Übersicht machen kann, sondern nur im Einzelnen erst probirt und die Bücher so lange zurechte rückt bis ein gewisses Geschick haben, so geht es freilich gemacht, doch kann man mit dem Resultate zufrieden seyn. Man muß noch eine Weile zusehen, denn es wäre jetzt nicht räthlich selbst einen Fähigen mit einzumischen.

[132] Dr. Wellers Thätigkeit kann ich nicht genug rühmen und wie ich ihn immer mehr kennen lerne steht zu hoffen daß er sich gleich bleiben werde. Gegenwärtig ist er nur von Großherzoglicher Oberaufsicht hingeborgt, und ich möchte bei einem würdigen Geschäft, daß so vielen Scheelblicken ausgesetzt ist, nichts rathen noch veranlassen was einer Begünstigung ähnlich sähe. Ist er für's Vergangene remunerirt, so wartet er wohl noch einige Zeit bis man ihm seine Zukunft sichert. Bei nächster Ankunft der Herrn Commissarien wäre hierüber so wie über anders mündlich zu verhandeln.

Bibliotheksschreiber Baum ist mit dem Einzelnen sehr wohl bekannt, schreibt gut und ist höchst brauchbar.

Ein Diener, namens Römhild, ist provisorisch angestellt. Seine Vorgesetzten sind mit ihm wohl zufrieden, auch er mag sich mit einem mäßigen Interimsgehalt gedulden.

Erlauben Ew. Wohlgeboren daß ich über diese Gegenstände Sie von Zeit zu Zeit vertraulich unterhalte und dadurch meinen Dank zu erkennen gebe den ich empfinde über die glückliche Wendung die Sie der Sache zu geben gewußt. Eine solche Erlaubniß mich Ihres Raths erfreuen zu dürfen, wird mir um so schätzbarer ja unentbehrlich seit dem Tode meines vierzigjährigen Freundes und Mitarbeiters, der, von den ersten Anfängen an, gemeinsam Maximen der Thätigkeit befolge, Gang und Verhältniß aller unserer[133] Geschäfte von jeher kannte, theilte, und mit dem ich mich gar leicht verständigen und seinen Beifall erwerben konnte. Jetzt aber verläßt er uns alle und mich insbesondere in der bedenklichsten Zeit, wo man oft in Fall kommt die Toten zu beneiden. Lassen Sie mich in dem Anblick der Thätigkeit zweier junger Männer wieder Muth fassen und für die Zukunft arbeiten als wenn keine Gegenwart wäre.

Anstatt mich jedoch in diese düstern Betrachtungen weiter zu vertiefen, will ich meinen Sohn, dessen thätige Ordnungsliebe ich wohl rühmen darf, bestens empfehlen. Er ist in den Jenaischen Museen vom Knaben heraufgewachsen, sie sind neben ihm entstanden und so ist ihm alles dabei Vorkommende geläufig. Möge er künftig Ihnen wie jetzt mir in die Hand arbeiten.

Nehmen Sie die Beilage freundlich auf und gedenken dabei meiner im Guten; es ist ein wunderbar Geschick das mich veranlaßte eine mehr als vergangene Zeit mit gutem Muthe noch einmal hervorzurufen.

Findet sich Gelegenheit, so haben Sie ja die Güte mich Ihro Durchlaucht dem Herzog, Ihrem gnädigsten Herrn, dankbarlichst unterthänigst zu empfehlen.

gehorsamst

Weimar den 19. April 1819.

J. W. v. Goethe.[134]


31/134.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Auf Ihr angenehmes Schreiben, mein Werthester, beeile ich mich zu antworten. Zuerst meinen allerbesten Dank für geneigte Besorgung und für Herrn Schütz' gewissenhafte Behandlung. Es ist immer eine besorgsame Sache Kunstwerke in der Fremde zu kaufen; wie selten ist es, Personen zu finden welche die Sache besser verstehen als wir und es höchst redlich meinen.

Ihro Königliche Hoheit der Großherzog hatten diese Kunstwerke vorübergehend gesehen, gewinnen dazu Neigung, ohne nähere Untersuchung, Sie erfreuen sich jetzt der Acquisition und beruhigen sich bey Herrn Schützens Urtheil.

Eine silberne Medaille mit Bild und Namen Ihro Hoheit möchte vielleicht für den werthen Mann eine schickliche und angenehme Remuneration seyn für eine Gefälligkeit die sich nicht mit Geld anschlagen läßt, wenn Sie den Gedanken billigen, so sende das Schaustück allsogleich.

Die erstandenen Kunstwerke selbst betreffend, so möge No. 9 und 83 auf sich beruhen. No. 16 gäbe man Herrn Morgenstern zur Restauration, No. 49 und 50, die man baldigst zu sehen wünscht, besonders da das letzte so hoch empfohlen ist, wird sorgfältig eingepackt, nächstens hierhergesendet; die beiden Erzbilder,[135] wenn sich nicht eine Reisegelegenheit findet, auf der fahrenden Post an mich gesandt, da ich ohnehin postfrei bin.

Das ausgelegte Geld assignire nächstens.

Mehr sag ich nicht, damit der Brief heute nicht zurückbleibe.

Weimar den 19. April 1819.


31/135.


An Carl Ernst Schubarth

das übersendete Heft folgt hier mit Dank zurück; es freut mich, daß Sie das einmal gewählte Feld so eifrig und treulich bebauen, leider kann ich gegenwärtig nicht umständlich, wie ich wohl wünschte, erwidern, doch lege einen schematischen Text bei, den Sie sich selbst auslegen und ausführen werden.

Es ist die Absicht, daß Ihr zarter, guter Sinn auch gerecht werde gegen Wissenschaft.

Noch eine Bemerkung füge hinzu: wenn Ihnen ein glückliches Gleichniß aufgeht, das sich nicht lakonisch ausdrücken läßt, so suchen Sie es der Parabel zu nähern und hüten sich die Allegorie in's Einzelne durchzuarbeiten. Ueberläßt man's dem Leser, so thut es ein jeder nach seiner Art; übernimmt man es selbst, so hat jedermann etwas zu erinnern.

Möge beikommendes Heft Ihrer guten Meinung nicht widersprechen.

Weimar den 21. April 1819.

Goethe.[136]


Auf

Glaube Liebe Hoffnung

ruht des Gottbegünstigten Menschen

Religion Kunst Wissenschaft

diese nähren und befriedigen

das Bedürfniß

anzubeten hervorzubringen zu schauen

alle drei sind eins

von Anfang und am Ende

wenn gleich in der Mitte getrennt.


31/136.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

Ew. Wohlgebornen

ersuche hiermit, mir mit der nächsten Post Ein Tausend Thaler sächsisch in 20 Xr. zu 5 gr. 4 pf. für Rechnung der von Cottaischen Buchhandlung in Stuttgart zu übersenden, und benachrichtige Dieselben zugleich daß ich heute eine Anweisung zu Gunsten des Herrn Rath Dr. Schlosser in Frankfurt a. M. oder dessen Ordre auf die Summe von welche gefälligst ebenfalls zu honoriren bitte, mich bey dieser Gelegenheit bestens empfehlend

ergebenst

Weimar den 21. April 1819.

J. W. v. Goethe.[137]


31/137.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

Sendungen der Festgedichte sind zu rechter Zeit glücklich angelangt, wofür ich, wie weit ich die dreißig Bogen mit meiner Arbeit hinein reichen werde, kann ich nicht genau voraus sagen. Einiges Manuscript liegt bey, die Folge soll nunmehr nicht ausbleiben. Möchten Sie in Leipzig bey fortdauerndem guten Wetter die besten Geschäfte machen und fortfahren meiner geneigt zu gedenken. Meinen Wunsch einen Theil dieser schönen Zeit in Jena zuzubringen konnt ich leider nicht erfüllt sehen. Empfehlen Sie mich Ihrem werthen häuslichen Kreise.

Weimar den 21. April 1819.


31/138.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

hätte schon früher antworten sollen da die gehaltreiche Sendung den 12 April angekommen. Die bewegte Zeit die wir mitten im friedlichen Thüringen erleben möge zu einiger Entschuldigung diene.

Vertheilt sind sogleich die lehrreichen Gegenstände an die verschiedenen Behörden zu wissenschaftlicher Benutzung.

[138] Alles wie das Einzelne hat große Freude erregt und wir empfehlen uns geneigter Vorsorge auch für die Zukunft und erwarten die abermals angekündigte Sendung mit Verlangen. In diesen Tagen ist ein Kameel unsern Zootomen unter's Messer gerathen.

Ew. Hochwohlgeboren besondere Gefälligkeit läßt mich eine nur halb naturhistorische Bitte wagen, daß Sie der nächsten Sendung 12 Pfund Mokkakaffee, der gewiß in Wien vorzüglich zu haben ist, möchten beifügen lassen, und äußere diesen Wunsch im Namen meiner artigen Schwiegertochter, die ihre Kaffeeschwester gern einmal mit einem außerordentlichen Trank überraschen möchte.

Herrn von Hammers Gedichte haben auch in unserm Kreise vielen Antheil erregt und großen Beifall gefunden. Ich wünsche mich nächtens dankbar erweisen zu können, wie ich denn hier Ew. Hochwohlgeboren in meinem eignen Herrn des Großherzogs und in meinem eignen Namen den besten und aufrichtigen Dank für die bisherige ununterbrochene Vorsorge vorläufig abzustatten habe.

Mich zu fernerem wohlwollenden Andenken hochachtungsvoll empfehlend.

Weimar den 25. April 1819.[139]


31/139.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein werther Herr Professor, beykommendem Aufsatz einige Betrachtung schenken; was den Vortrag des paradoxen Inhalts im Ganzen betrifft, so wie die Einzelnheiten des Styls, so gäbe es Anlaß zu einer heitern Unterhaltung bey der nächsten Zusammenkunft.

Weimar den 27. April 1819.

G.


31/140.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vermelde gebührend, daß die 1000 rh. in 20 Xr-Stücken zu rechter Zeit mit dem Postwagen glücklich angelangt sind, welches hiedurch quittirend bekenne.

Auch habe ich zu Gunsten des Banquier Elkan, allhier, eine Anweisung auf Ein Hundert und Funfzig Thaler Sächsisch gestellt, welche zu honoriren und auf Herrn J. G. Cotta's Buchhandlung in Stuttgart Rechnung gefällig zu notiren bitte.

Mich zu fernerem geneigten Andenken und Wohlwollen empfehlend.

Weimar den 28. April 1819.[140]


31/141.


An Johann Gottfried Schadow

Weimar den 28. April 1819.

Ew. Wohlgeboren geneigtes Schreiben beantworte sogleich und vermelde, daß ich gleichfalls Ihrer Meinung sey. Die Hauptinschrift: »Dem Fürsten Blücher von Wahlstadt, die Seinigen« mit dem darüber gesetzten Wappen müßte wohl auf der Vorderseite stehen, die wenigen Reimzeilen auf der Rückseite auf der Rückseite.

Auch möchte man vielleicht die Tafel mit dem Sturze unter die linke Hand, die mit Siege unter die rechte Hand setzen. Auf alle Fälle wird das Ganze einen sehr guten Eindruck machen und die Feyerlichkeiten unter Ew. Wohlgeboren Leitung anständig und schön ausgeführt werden.

Der Unterschied der Worte die Seinen und die Seinigen ist nicht groß, das erste ist älter und ernster, das letzte neuer und gefälliger, und so kann dieses bei gegenwärtiger Gelegenheit wohl statt finden.

Zu der vollbrachten glücklichen Gußarbeit sowohl von Blücher als Luther wünsche jetzt um so mehr Glück, als die umständliche Nachricht zu und gekommen, wie schlecht es den Franzosen mit der Statue Heinrichs IV. ergangen. Möchte ich Ew. Wohlgeboren doch in Ihrer lebhaften Werkstatt besuchen dürfen! Wenigstens aber kann ich dieses Glück meinen Kindern versprechen und gönnen, die bei ihrem nächsten Aufenthalt[141] in Berlin wohl zu geneigter Aufnahme empfehlen darf.

Auch Herrn von Preen bringen Sie mich gelegentlich zu geneigter Erinnerung. Zu meinem Geburtstage, welcher den 28. August fällt, sollte mir nichts angenehmer seyn als die Nachricht, daß die Statue in Rostock zu glücklicher Aufstellung gelangt.

Erhalten Sie mit Neigung und Zutrauen!

ErgebenstGoethe.


31/142.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Mit Vergnügen melde sogleich daß die beiden Erzbilder glücklich und zu meiner größten Zufriedenheit angekommen sind; sie gehören ganz ohne Frage unter die vorzüglichsten Gegenstände meiner kleinen Kunstsammlung.

Sobald das Blumenstück anlangt, sende die Medaille an Herrn Schütz, dieß hindert nicht, daß man ihn schließlich noch auf billige und schickliche Weise remunerire.

Sollte man das Schnitzbild: Adam und Eva, No. 83, für einen leidlichen Preis haben können, so wäre es mir sehr angenehm; wir haben auf der Bibliothek ein Museum wo gar manche curiosa, die nicht immer die höchsten Kunstwerke sind, aufgestellt erscheinen.

[142] Ferner wäre die Frage, ob No. 88, Erzbild, der heilige Joseph mit dem Jesuskind, vielleicht gleichfalls von den Erben zurückgekauft und für ein Leidliches zu erhalten wäre.

Übernehmen Sie gefällig diese Bemühung. Sie erzeigen mir eine große Wohlthat wenn Sie mein Kunstleben anfrischen, worin ich gegenwärtig meine größte Zufriedenheit finde. Empfehlen Sie mich den theuren Ihrigen und geben mir bald Nachricht von allgemeinem Wohlbefinden.

Weimar den 6. May 1819.


31/143.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

bekenne freylich daß das mitgetheilte Mährchen das wunderlichste Produckt des wunderlichsten Mannes bleiben möchte.

Die Verwunderung über die enormen Forderungen des guten Pic haben mit rothen Strichen anzudeuten gesucht.

Das Franckfurter Schnitzwerck habe Hoffnung zu erhalten.

Die Scelette von Wien sind noch nicht angekommen.

Das Cameel macerirt noch.

Die Kartoffeln werden danckbarlichst anerkannt.


[143] Dieses unter dem Pinsel des englischen Mahlers eiligst geschrieben.

unterthänigst

Weimar d. 6. May 1819.

Goethe.


31/144.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Wohlgeboren

sage den schönsten Dank für beschleunigte Beendigung eines mir so angelegenen Geschäftes, weshalb eine Quittung beyliegt. Erlauben Sie daß ich in ähnlichen Fällen Ihre freundschaftliche Bereitwilligkeit in Anspruch nehme. Die mehr und minder erfreulichen nova erfolgen gleichfalls mit Dank hierbey.

gehorsamst

Weimar den 7. May 1819.

Goethe.


31/145.


An Charlotte von Schiller

Erlauben Sie wohl, verehrte Freundinn, daß Hr. Dawe, ein vorzüglicher englischer Portraitmahler, Ihnen um zehen Uhr aufwarte, um seine Verehrung für unsern großen Abgeschiednen zu bezeugen und seine Marmorbüste zu betrachten, die so viel ich weis, bey Ihnen aufgestellt ist.

treulichst

W. d. 7. May 1819.

Goethe.[144]


31/146.


An Anton von Ziegesar

[Concept.]

Hochwohlgeborner,

insonders hochzuehrender Herr!

Daß Ihro Erbgroßherzoglichen Hoheiten dem Hofgärtner Wagner eine hinreichende Entschädigung wegen verlorner Emolumente angedeihen lassen, ist zum schuldigsten Dank unterthänigst zu erkennen. Man hat dagegen diesseits den Rentamtmann Müller befehligt die bisherige Besoldung von 200 rh. und 8 Scheffel Korn auch noch für das laufende Rechnungsjahr auszuzahlen, mit dem Wunsche daß gedachter Hofgärtner, in der ihm gegönnten Probezeit, sein Geschäft dergestalt verrichten möge, um sich einer anderweitigen förmlichen Anstellung würdig zu machen.

Der ich mit vollkommenster Hochachtung, unter freundlichsten Wünschen die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Weimar den 7. May 1819.


31/147.


An Georg Friedrich Grotefend

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende mit vielem Dank die mitgetheilten Abhandlungen, wovon ich Abschrift nehmen lassen um die darin enthaltenen höchst schätzbaren alterthümlichen Nachweisungen auch fernerhin näher zu betrachten und[145] zu benutzen. Zugleich kann ich vermelden, daß wir nunmehr den Stein in ein günstiges Licht gebracht, ihn mit Öl getränkt, wodurch denn die Schrift viel deutlicher zum Vorschein kommt. Ein gewandter Sprachkenner sorgt nun für eine genauere Abschrift, wobey jedoch mehr Schwierigkeiten vorkommen, als man denken möchte. Sobald wir nur einigermaßen zu eigner Zufriedenheit darüber gelangen, verfehle nicht, Denenselben eine Copie zu übersenden, da denn nicht zu zweiflen ist daß eine schließliche Entzifferung Ew. Wohlgeboren Scharfsinn gelingen werde.

Weimar den 12. May 1819.


Erlauben Ew. Wohlgeboren zugleich eine nachschriftliche Anfrage. In den Curiositäten, deren zweitem Band, Seite 262, steht Nachricht und Beschreibung eines schneckenförmig gewundenen hohlen Körpers, welchen man für ein Klanginstrument halten mußte; auf der letzten Tafel steht die Abbildung desselben. Ist Ew. Wohlgeboren etwas Ähnliches bekannt? und für was würden Sie diese antiquarische Erscheinung ansprechen?


31/148.


An Johann Carl Wilhelm Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

würde auf Ihr geehrtes Schreiben vom 30. März schon früher geantwortet haben, wenn ich darauf etwas[146] Behufiges zu sagen wüßte. Ich erinnere mich, die in Frage gestellten Abdrücke gesehen zu haben, jedoch schienen sie in das Großherzogliche Museum nicht brauchbar. Sollte Gerlach sich an die Frau Staatsminister von Voigt wenden, so würde sie kein Bedenken tragen ihm die Sammlung zurückzugeben.

Was das Leonhardische Taschenbuch betrifft, werde sorgen, daß es Theil Ihnen zugesendet werde.

Mit den besten Wünschen um Ihr fortdauerndes Wohl.

Weimar den 13. May 1819.


31/149.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Lange leben, mein theuerster Freund! heißt eigentlich viele erleben und überleben; die Ersten fordern und auf für ihre Bildung zu sorgen, die Zweyten an der Geschichte ihrer Bildung zu sorgen, die Zweyten an der Geschichte ihrer Bildung und Wirkung uns zu erbauen. Die Nachricht von dem Hinscheiden Ihrer würdigen Frau Mutter traf mich über fortwährender Betrachtung der Verdienste meines würdigen, vierzigjährigen Freundes und Mitarbeiters, Staatsministers von Voigt, von dessen bedeutungsvollem Leben ein junger Freund und eine wahrhaft erfreuliche Erinnerung aufbewahrt. Das beyliegende Heft werden Sie gewiß mit Theilnahme durchlesen.

[147] Und so war mir denn auch gleich die Persönlichkeit und der Lebenswandel Ihrer würdigen Frau Mutter, in so fern es mir bekannt geworden, gegenwärtig; ich erinnerte mich dessen was sie mir von den französischen traurigen Zeiten erzählte und wie mir eigner Besonnenheit sie mir von jenen Zuständen Rechenschaft gab, wo eigentlich jeder friedliche Bürger die Besinnung verlieren müßte.

Im vielfachsten Sinne wird Ihnen dieses Andenken gesegnet seyn, wie ich so oft auf meinem Lebenswege an Denk- und Handelsweise meiner Mutter, an ihren Muth und Glauben kräftig erinnert werde. Möge Ihnen und den theuren Ihrigen, denen ich mich bestens empfehle, alles Gute gerathen und gedeihen. Meine Kinder sind nach Berlin, um sich in den Glanze der Königstadt zu sonnen. Mein Enkel gedeiht und ich selbst befinde mich besser als seit langen Zeiten. Lassen Sie manchmal hören wie es Ihnen allerseits ergeht, und erlauben daß ich in kleinen und größern Angelegenheiten mich an Sie wende. Den Cassevorrath haben Sie die Gefälligkeit vorerst an sich zu behalten.

Zugleich vermelde daß das herrliche Bild glücklich angekommen, obgleich nicht ohne Gefahr verderbt zu werden. Bey sorgfältigster Packung konnte man einen Umstand nicht voraussehen, der sich unterwegs ereignet hat, und welchen ich umständlich nächstens melde, weil in solchen Dingen niemand auslernt. Diese Geschichtserzählung[148] so wie die Medaille für Herrn Schütz erfolgt mit nächster fahrender Post.

Mich angelegentlichst empfehlend

treulichst

Weimar den 17. May 1819.

J. W. v. Goethe.


31/150.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

Ew. Wohlgeboren

schenken beikommenden Blättern einige Aufmerksamkeit und sagen mir etwas gegen Abend Ihre Gedanken darüber.

ergebenst

Weimar den 18. Mai 1819.

Goethe.


31/151.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

Ew. Gnaden

würden mich und einen Freund höchlich verbinden, wenn Sie und das mathematisch-chinesische Grillenspiel der verschiedenen geformten Täfelchen, mit einer dazu gehörigen Pappe, auf kurze Zeit verleihen wollten.

Tausend Empfehlungen und Hoffnungen für Jena!

W. d. 18. May

gehorsamst.

1819.[149]


31/152.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Sie erhalten hiebey, werthester Herr Doctor,

1. Eine Verordnung an Rentamtmann Lange, wogegen Sie 150 rh. Cassegeld erhalten und darüber quittiren. Denen anwesenden Herrn Commissarien sagen Sie schönen Dank, empfehlen sich für die Zukunft. Ein Gleiches möchte Ihr Herr Vater bey Rückkehr des Herrn von Hoff nach Gotha beobachten.

2. Für Herrn Lavés wegen französischen Sprachunterrichtes eine von mir bezahlte Quittung des Hofapothekers Tietzmanns auf 25 rh. Courant, sodann einen Thaler baar. Über diese 26 Thaler erhalte die beygelegte Quittung zurück.

Möchten Sie wohl Färbern sagen daß er den Rahmen, der in meinem neuen Quartiere steht, wovon das Papier durchlöchert ist, von beyden Seiten neu überziehen und grün anstreichen lasse.

Viele Grüße den Freunden; in einigen Tagen hoff ich Sie wieder zu sehen.

Weimar den 18. May 1819.

Goethe.


31/153.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Hiebey sende die Geschichtserzählung wie es sich mit dem übersendeten Bild verhalten; ich sollte nicht[150] denken daß es Herrn Schütz unangenehm seyn könnte, von dieser Erfahrung Nachricht zu haben. Ich gestehe gern daß ich mich in solchen Fällen auch immer auf die Schrauben verließ; doch treffen in jedem Geschäft gar mancherley Bedingungen von eigner Art ein, an die niemand denken kann. Beyliegend erfolgt auch die Medaille von einigen Worten begleitet.

Mein Wunsch ist zu hören daß Sie sich mit den theuren Ihrigen recht wohl befinden.

Weimar den 20. May 1819.


Das herrliche Blumengemählde von Seghers war in seiner Höhe kleiner als der Kasten worin es gepackt wurde, es blieb daher einiger Raum zwischen dem Rahmen und den Wänden. Man glaubte nicht nöthig zu haben, diesen mit Holzstücken auszufüllen und so das Bild in den Kasten einzuklammern, weil man für hinreichend hielt dasselbe sorgfältig anzuschrauben; da jedoch das Bild bey dem Transport auf die hohe Kante gestellt war, so überwältigte bey der Erschütterung das Gewicht die sämmtlichen Schrauben, welche unmittelbar am Bilde abbrachen, wodurch dasselbe in dem Kasten schlotterte. Da nun das kleinere Bild am Deckel angeschraubt war und von dem großen Bild nunmehr hätte berührt werden können, so war jedoch die Ausladung des goldenen Rahmens groß genug daß noch ein Zwischenraum übrig blieb und das Bild ganz unbeschädigt und nur mit einem ganz[151] leisen Kritzchen bey uns anlangte. Die Papiere an den Ecken jedoch waren durchgescheuert und die Vergoldung daselbst übrigens bey uns die größte Freude erregt.

Man bittet in diesen Rücksichten bey Anhersendung des Frauenbildes den allenfallsigen und alsdann vielleicht etwas längere wo nicht stärkere Schrauben anzuwenden.


31/154.


An Christian Georg Schütz

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben durch geneigte Besorgung des Auctionsauftrages die sämmtlichen Weimarischen Kunstfreunde, besonders aber unsern gnädigsten Herrn den Großherzog dergestalt verpflichtet daß ein Zeugniß der Dankbarkeit billig erfolgen sollte; deshalb denn das Bildniß dieses vortrefflichen Fürsten hiebey zu übersenden das Vergnügen habe, mit dem Wunsch, daß Sie unserer dabey gern gedenken und auch künftig in ähnlichen Fällen eine geneigte Vorsorge nicht versagen werden.

[Weimar den 20. Mai 1819.][152]


31/153.


An Johann Gottfried Eichhorn

[Concept.]

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Wohlgeboren freundliche Sendung hat mir so viel Vergnügen gemacht, daß ich nicht umhin kann die glückliche und erfreuliche Ankunft derselben sogleich zu melden. Wegen des einzelnen schätzbaren Inhaltes mir von Zeit zu Zeit dankbare Erwiderung vorbehaltend, empfehle die von Jena nach Göttingen gezogenen Griechen zu geneigter Aufmerksamkeit, und mit den aufrichtigsten Wünschen und vollkommenster Hochachtung unterzeichne mich.

Weimar den 21. May 1819.


31/156.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Weimar den 25. May 1819.

Zur Nachricht.

In meinen Acten finde ich, daß Timmler die drey Thüren mit Kittfarbe anzustreichen unternommen hat, wofür 1 rh. 12 gr. angesetzt sind. Dieß wird doch wohl Oelfarbe heißen sollen? wonach sich zu erkundigen wäre.

G.[153]


31/157.


An August von Goethe

Deine Schreiben, mein lieber Sohn, bis zum 18. May, sind glücklich angekommen, haben uns und den Allernächsten viele Freude gemacht; daher es denn wohl billig scheinen möchte auch etwas von hier vernehmen zu lassen. Zuvörderst also befinden wir uns beide wohl; Kräuter ist, nach dem Hauskreuz mit seinem Kinde, selbst sehr krank geworden und hilft sich nothdürftig wieder auf, indessen gehen meine Arbeiten ununterbrochen fort.

Ein englischer Maler Herr Dawe ist angekommen, hat mein Porträt gemacht und daran, mit Unterbrechung, vier Wochen gearbeitet, dadurch ist ein neuer Onkel in die Familie gekommen, aber, wie Ulrike versichert, der leidlichste von allen. Dawe hat unsere Erbgroßherzogin sehr glücklich gemahlt.

Ferner hat mein alter Freund Cogswell, ein freyer Nordamerikaner, mich auf der Durchreise besucht, schöne Bücher und Aufsätze mitgebracht, auch viel Erfreuliches von dort her erzählt.

Den Engländer und Nordamerikaner triffst Du vielleicht in Dresden; sieh dich nach beiden um und sey ihnen freundlich; da ihr denn auch dem Onkel die gehörige Ehrerbietung erweisen könnt.

Unser Großherzog ist nach den Niederlanden, die Frau Erbgroßherzogin nach Ems, ihr Gemahl nach[154] Dresden, geht aber zurück und nach Phyrmont; die Prinzessinnen sind in Jena, wo ich den Garten sehr glücklich verändert gefunden.

Schon zweymal hab ich eine eigene Expedition in das liebe verworrene Städtchen gemacht, Freytag Abend hin und Sonntag früh zurück. Unter den gegenwärtigen Umständen muß man immer drüben als Gast erscheinen und über ein Kleines, ehe die Menschen ihre Unarten herauskehren, wieder verschwunden seyn. Sonntags waren hier die Freunde jederzeit zu Tische, zuletzt Rehbein und Braut in forma.

Der Divan schreitet nur langsam vor; sonst steht hier und in Jena in Oberaufsichtsgeschäften alles gut und vortrefflich. Das Blumenstück von Seghers ist wohlbehalten angekommen, im Ganzen vortrefflich, obgleich hie und da restaurirt.

Du siehst daß wir durch innere Thätigkeit uns gegen eure Genüsse in der Königsstadt im Gleichgewicht zu erhalten suchen, dabey haben wir nebenher uns einige Späße ausgedacht, welche, obgleich offenbar, jedoch euch ein Geheimniß bleiben müssen.

Nun braucht's weiter keiner Versicherung daß wir an dem Glück eures Berliner Aufenthalts den aufrichtigsten Antheil nehmen, wobey es mich höchlich freut daß du dich in Kunst und Wissenschaft so vorbereitet findest um wohl, wie billig ist, zu erstaunen, aber doch nicht zu erschrecken. Ich hoffe sehr auf das Einzelne, Mündliche; am meisten aber, daß in deiner Weimarschen[155] Dämmerschaft es dir künftig nicht an lebhaften und schönen Traumbildern fehlen wird.

Zeltern grüße zum allerschönsten und dank ihm auch in meinem Namen für freundliche Aufnahme und treuliche Bewirthung. Zuerst weiß ich nichts zu erwidern als daß ich ihm eine schwer geladene Bombe in's Haus werfe und wünsche daß sie die Wirkung einer Leuchtkugel thun möge.

Es bleibt mir nun weiter nichts übrig als Ottilien zu grüßen, zu allem was euch widerfährt Glück zu wünschen, zu versichern daß der kleine täglich hübscher und artiger wird, Ulrike sich munter befindet und an mancher Spazierfahrt theilnimmt; womit ich euch denn allen guten Geistern empfohlen haben will, sämmtliche Freunde zu grüßen und für die gute Aufnahme auch in meinem Namen zu danken bitte.

treulich

Weimar den 26. May 1819.

Goethe.


31/158.


An von Baumbach

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

günstigem Schreiben gemäß habe sogleich Herrn Dawe beschieden welcher denn auch schon gestern aufgewartet haben wird. Gegenwärtiges erlasse dankbar für geneigte Aufnahme meines Vortrags, mit Bitte Ihrem gnädigsten Herrn mich angelegentlichst zu empfehlen;[156] wobey zugleich bemerke daß ich Abschrift Ihres verehrten Schreibens dem Künstler eingehändigt; damit über das was er zu erwarten hat kein Zweifel entstehen könne. Nun wünsch ich nichts mehr als daß ich in einigen Tagen aufwartend des glücklichen Anfangs der Ausbildung einer uns allen so werthen hohen Person mich möge zu erfreuen haben.

Weimar den 26. May 1819.


31/159.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey eine geringe Ausbeute, der ersten beiden Buchstaben meiner Handschrift-Sammlung, damit ich vorläufig meinen guten Willen beweise. Diese vier Briefe haben wenigstens das Interesse, daß man in gewisse Zeiten, Zustände und Charaktere hineinsieht, von denen wir kaum mehr einen Begriff haben. Bodmers Hand zu entziffern möchte wohl die größte Schwierigkeit seyn, doch ist es interessant genug zu sehen welche Bücher man damals zu lesen anrieth. Finden Sie diese Blätter einer Abschrift zu künftigem Gebrauche werth, so erbitte sie mir sodann zurück. Ich gehe die Sammlung nach und nach durch und sende mehr, vielleicht auch Bedeutenderes.

Mit aufrichtigen Wünschen

dankbar anhänglich

Weimar den 27. May 1819.

J. W. v. Goethe.[157]


31/160.


An Adolph Oswald Blumenthal

Hierbei erfolgt das versprochene Verzeichniß der auf hiesiger Großherzoglicher Bibliothek befindlichen Werke, welche bei Ihrer Arbeit interessant seyn könnten; ist die Breslauische reicher, so zeigen Sie mir es gefälligst an. Umstände erlauben mir nicht, gegenwärtig, wie ich wünschte, auf Ihr Geschäft meine Gedanken zu richten; nur so viel sage ich:

Die chronologische Betrachtung und Ordnung geht allen anderen vor. Denn wie sich die lateinische Sprache durch zufälliges, dann vorsätzliches Pfaffenverderbniß in die romanische verlor und die südwestlichen Völker mit einer solchen Verkindischung sich begnügen mußten; so war nichts natürlicher, als daß begabte, freiere Geister von der ausgearteten absurden Tochter wieder zur hohen Mutter zurückkehrten.

Eben so mußte sich der Deutsche aus einem mönchisch barbarischen Druck erst in seine eigne natürliche Liebenswürdigkeit, dann aber mit entschiedenem Geschmacksbedürfniß gegen die lateinische Sprache wenden.

Damit aber auch ich von Ihren Untersuchungen Vortheil ziehe, so gegen das alphabetische Verzeichniß ein chronologisches zurück. Die frühesten Dichtungen gegenwärtigen Verzeichnisses sind aus der zweiten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts, nur Sebastian Brant erscheint am Ende des fünfzehnten;[158] hier begegnen und kreuzen sich die derbere deutsche und die zartere lateinische Dichtkunst. Et deosculatae sunt, wie zwei verwandte Tugenden, kann man wohl ausrufen, beiliegendes Gedicht ansehend und dessen Veranlassung bedenkend.

Ferner möchte ich Sie ermahnen, daß, wenn Sie die Dichter chronologisch gestellt, Sie alsdann einen jeden nach seinem eigenthümlichen Charakter schildern; daraus folgt schon, wie und was er gedichtet hat. Lassen Sie sich ja nicht auf die Rubriken ein, wornach man die schönen Redekünste zu sondern und zu ordnen pflegt. Auf Ihrem Felde werden Sie ohnehin unter allen äußeren Formen immer nur elegische und didaktische Gesinnung finden. Im Nachtrag zu meinem Divan habe ich mich hierüber, zwar sehr kurz, aber zu Ihrem Zweck hinlänglich erklärt.

Metrische deutsche Übersetzung zu versuchen, können Sie nicht umgehen. Möge doch an Ihrer Hand lateinische und deutsche Poesie zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts abermals sich begegnen, wobei erhellen wird, wie sehr in dreihundert Jahren unsere Sprache sich ausgebildet, um auf ihre Weise auszudrücken, was wir bei und an den Alten so höchlich bewundern.

Nun noch ein Wort von der neuern Teutschthümlichkeit. Die Menschen in Masse werden von jeher nur verbunden durch Vorurtheile, und aufgeregt durch Leidenschaften; selbst der beste Zweck wird somit immer getrübt und oft verschoben; aber demohngeachtet wird[159] das Trefflichste gewirkt, wenn auch nicht im Augenblick, doch in der Folge, wenn nicht unmittelbar, doch veranlaßt. Und so werden Sie erleben, daß Werth und Würde unserer Ahnherrn rein und schön aus der eignen Sprache hervortreten; denn es ist wahr, was Gott im Koran sagt: Wir haben keinem Volk einen Propheten geschickt, als in seiner Sprache! Und so sind denn die Deutschen erst ein Volk durch Luthern geworden. Lassen Sie sich aber durch alles dieß in Ihrem eigensten Geschäfte nicht irren; denn man kennt die Eigenthümlichkeit einer Nation erst alsdann, wenn man sieht, wie sie sich auswärts beträgt.

So weit für dießmal. Mit den besten Wünschen und Hoffnungen für Ihr Unternehmen.

Weimar den 28. Mai 1819.

Goethe.


31/161.


An Carl Friedrich Zelter

Daß meine Festgedichte dir wohlbehagen, ist in der Regel; denn ich habe die Zeit in Berka, wo ich sie schrieb, indem ich den Marperger las und Schütz spielen hörte, unablässig an dich gedacht, und uns ein näheres Zusammenseyn gewünscht. Mehr, als ich irgend sagen kann, hast du schon aus diesem Heftlein genommen. Die Mannigfaltigkeit und Freiheit der Sylbenmaße ist mir unvorsätzlich unter dem Arbeiten, bei Beschauung der vielfachen Gegenstände geworden. Neuere[160] Künstlichkeit habe ich kaum berührt; die achtzeiligen Strophen waren mein letztes Ziel, und recht merkwürdig ist es, daß kein Sonett in diesen Cykluß passen wollte; auch dein Gefühl wird schwerlich einen Punct angeben, wo es stehen könnte.

Für die freundliche Aufnahme der Kinder danke dir herzlich. Ich werde durch sie genießen, was ihr mir längst günstig bereitete. Mir will nun nicht mehr wohl werden als in meinem Haufe, das besonders den Sommer alle Vortheile genießt, und wo mir so vieljährig zusammengetragene Besitzthümer zu Gebote stehen, die mit Freude und Nutzen bringen, ob sie gleich vor den Nagelischen Kunstschätzen verschwinden möchten.

Habe Geduld mit den Kindern, und lasse sie, nach ihrer Weise, aus dem großen Born ihr Theil schöpfen und genießen. In August Briefen finde ich weder Wolf noch Hirt genannt; sorge, daß diese Freunde nicht übergegangen werden.

Die Jenaische Druckerei verspätet meinen Divan unverantwortlich; indessen hoffe ich soll er euch auch noch immer zur rechten Zeit kommen. Damit nun aber diese Sendung nicht ganz leer und leicht ausfalle, so folgen ein paar Bogen Aufklärungen zum Divan. Ich wünsche, daß sie dir die folgenden wünschenswerth machen.

treulichst

Weimar den 29. Mai 1819.

G.[161]


31/162.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

wird auch in diesem Falle guter Muth und Thätigkeit nicht verlassen. Ich enthalte mich aller weiteren Bemerkungen, und sage nur, daß Herr Inspector sich bis heute nicht hat vernehmen lassen. Ungern lege ich die Verordnung an Müller auf drei Thaler bei; denn wenn wir dieß einem Gartenknechte geben, wo soll denn zuletzt eine Besoldung für einen fähigen und unterrichteten Gehülfen herkommen. Doch will ich durch eine Verneinung das Verworrene nicht verschlimmern. Gehen Sie den ruhigen Gang. Bald habe ich das Vergnügen, Sie wieder zu sehen.

Weimar den 29. Mai 1819.


31/163.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Das Wetter ist zur Troschkenfahrt nicht einladend, bei nächstem Sonnenschein hoffe zu besuchen. Den Freunden die schönsten Grüße.

Weimar den 29.5.1819.

G.


31/164.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Vor allen Dingen also, theuerster und geliebter Freund, meinen besten und schönsten Dank für die[162] gütige und ehrenvolle Aufnahme meiner Kinder. Sie sind, wie ihre Schreiben vermelden, in ihrem Aufenthalt zu Berlin glücklich und selig. Mögen Sie des Fürsten Radziwill Durchlaucht gleichfalls meinen verbindlichen Dank abtragen für die Gnade, die er gegen den alten Hexenmeister fortsetzt. Mein Sohn weiß mir nicht Gutes genug von der doppelten Aufführung zu schreiben. Von mündlicher Ausführlichkeit erwarte ich noch manches Erfreuliche.

Nun zu Ihrer Anfrage mit Zurücksendung der Zeichnung. Diese Darstellung des Erdgeistes stimmt im Ganzen mit meiner Absicht überein. Daß er durch's Fenster hereinsieht, ist gespensterhaft genug. Rembrandt hat diesen Gedanken auf einem radirten Blatte sehr schön benutzt.

Als wir uns hier auch einmal vornahmen, dieses Stück anzugreifen und vorzubereiten, war mein Gedanke gleichfalls nur, einen colossalen Kopf und Brusttheil transparent vorzustellen, und ich dachte, dabei die bekannte Büste Jupiters zu Grunde zu legen, da die Worte: schreckliches Gesicht auf die Empfindung des Schauenden, der vor einer solchen Erscheinung allerdings erschrecken kann, eben sowohl als auf die Gestalt selbst bezogen werden konnten; auch überhaupt hier nichts Fratzenhaftes und Widerliches erscheinen dürfte. Wie man etwa durch flammenartiges Haar und Bart sich dem modernen gespensterhaften Begriff[163] einigermaßen zu nähern hätte, darüber waren wir selbst noch nicht einig; einem klugen Künstler gelingt vielleicht eine, der Sache recht gemäße, Erfindung. Übrigens darf ich mich in diesem Sinne sehr geschmeichelt fühlen, daß man mir bei so guter Gelegenheit, in so ansehnlicher, schöner Gesellschaft diese wichtige Rolle vorläufig übertragen wollen.

Schon nach den Briefen meines Sohnes bewundere ich, was für Faust geschehen und geschieht. Nur mit solcher Genialität und Vorliebe konnte das Geschäft glücklich angegriffen werden. Wolff wird erzählen können, wie und wo wir stecken geblieben. Und doch, wenn das Ganze einmal durchgearbeitet ist, bringen Sie es wohl durch Ihre unternehmende Sorgfalt zur öffentlichen Erscheinung. Auch wird Ihr hergestelltes Theater gewiß eine neue Epoche der deutschen Bühne eröffnen und zu manchem Guten Gelegenheit geben und nöthigen.

Hiebei will ich ein gewisses unangenehmes Gefühl bekennen, das mich überrascht, und nicht läugnen, daß es mir leid thut, nicht wieder in Ihrer Gesellschaft noch einmal von vorne anzufangen!

treulichst

Weimar den 2. Juni 1819.

Goethe.


31/165.


An Friedrich August Wolf

Meinen Sohn beneide ich, verehrter Freund, um das Glück, Berlin zu schauen und Sie zu begrüßen.[164] Das erste soll mir, wie es scheint, niemals werden: das zweite will ich mir, nach geraumer Zeit, doch endlich wieder einmal durch diesen Brief verschaffen.

Nach einer so langen Pause ist eine Gelegenheit sehr erwünscht, die uns auffordert, entfernten Freunden unser Andenken aufzunöthigen.

Gegenwärtiges überbringt Herr Dawe, ein englischer Mahler, der seinen Landsleuten, denen Ihr Name so ehrenvoll bekannt ist, auch gern Ihr Bildniß mitbringen möchte. Er hat hier einige Bilder gemahlt, mit denen man sehr zufrieden ist. Er denkt, sie in Kupfer stechen zu lassen, wozu ihm einige Stunden gönnen, so würden Sie ihn einsichtig, unterrichtet und von angenehmer Unterhaltung finden. Nehmen Sie dieses Schreiben, wenn es auch später in Ihre Hände kommt, als ein Zeugniß hochachtungsvoller Anhänglichkeit auf.

Vorstehendes sollte Herr Dawe auf seiner unmittelbaren Reise nach Berlin mitnehmen: da er aber, wie es scheint, einen Umweg macht, vielleicht einen großen; so versage mir nicht, Beiliegendes zu geneigter früherer Aufnahme zu übersenden.

treulich ergeben

Weimar den 4. Juni 1819.

Goethe.[165]


31/166.


An Johann Friedrich Blumenbach

Eine Gelegenheit, Ihnen, verehrter Freund, mich wieder in's Gedächtniß zu rufen, darf ich nicht versäumen, und glaube nicht überlästig zu seyn, wenn ich Herrn Dawe, einen sehr geschickten englischen Mahler, der bey Ihnen eingeführt zu seyn wünscht, durch Gegenwärtiges bekannt mache. Er hat bey uns mit vielem Glück einige Porträte gefertigt; und mir scheint, als wenn es ihm zu großem Vergnügen gereichen würde, wenn er Ihr wohl getroffenes Bildniß mit auf seine Insel nehmen könnte, wo Ihr Name so ehrenvoll bekannt ist. Gönnen Sie ihm einige Stunden, und Sie werden ihn als einen denkenden, unterrichteten und lebensklugen Künstler finden. Möge er Sie bey gutem Wohlseyn antreffen, wie er denn auch das Zeugniß geben kann, daß er mich ganz wohl und froh und ihrer mit aufrichtiger Neigung und Anhänglichkeit gedenkend, verlassen hat.

Mein Sohn ist mit seiner Gattin nach Berlin; ich darf aber doch auch in seinem Namen grüßen, da Ihr früheres Wohlwollen ihm unvergeßlich und die Anregung zum Naturstudium noch immer wirksam bleibt. Möchten mir doch bald die besten Nachrichten von Ihrem Befinden zukommen.

Vorstehendes sollte Herr Dawe auf seiner unmittelbaren Reise nach Göttingen mitnehmen; da er[166] aber, wie es scheint, einen Umweg macht, vielleicht einen großen, so versage mir nicht, Beiliegendes zu geneigter früheren Aufnahme zu übersenden.

aufrichtig ergeben

Weimar den 4. Juni 1819.

J. W. v. Goethe.


31/167.


An Georg Sartorius

[Concept.]

[4. Juni 1819.]

Der englische Mahler, Herr Dawe, wird beiliegenden, an ihn gerichteten Brief mit meinen besten Empfehlungen abholen. Er hat einige Bilder bei uns glücklich gemahlt und möchte, wie es scheint, Herrn Geheime Hofrath Blumenbach Bildniß auch gerne mit nach England nehmen. Empfangen Sie ihn freundlich; er ist es wohl werth. Bei näherer Unterhaltung werden Sie ihn denkend über seine Kunst, wohl unterrichtet und überhaupt umsichtig finden. Gedenken Sie meiner mit Gattin und Pathen bei dieser Gelegenheit mit herkömmlicher Neigung.

Meine Kinder sind nach Berlin, und schauen daselbst die reichlichen Kunstschätze und Menschenwerke und, gerade zur guten und lebhaften Jahreszeit, auch Menschenkinder aller Art. Indessen beschäftigt mich die Erziehung meines Enkels, welche, wohlbedächtig, darin besteht, daß ich ihm allen Willen lasse, wodurch ich ihn denn, eh' die Eltern zurückkommen, auf die[167] Beine zu bringen gedenke, wornach er selbst, obgleich etwas unbehülflich, jeden Tag sich zu bestreben scheint.

Möge ich von Ihnen und den theuern Ihrigen das Beste vernehmen.

Weimar den 1. Juni 1819.


31/168.


An Georg Dawe

[Concept.]

[Weimar den 4. Juni 1819.]

Sie erhalten hiebey, mein werthester Herr, die zugesagten Briefe, von denen ich mir die beste Wirkung verspreche, da Ihr vorzüglicher Talent und die Proben desselben die allerbesten Empfehlung sind, meine Wünsche, daß es Ihnen auf Reise wohl ergehen möge, welche ich hiermit erneuere, und zugleich versichere, daß ich mich stets mit lebhaftem Antheil der Tage Ihres erfreulichen und belehrenden Hierseyns erinnern werde. Sollten Sie mir auf Ihrer Reise, oder auch erst nach Ihrer Rückkehr in's Vaterland, einige Nachricht von sich ertheilen, so würde es mir sehr angenehm seyn. Letzteres könnte durch Herrn Hüttner geschehen, den Geschäftsträger des hiesigen Hofes.

Meiner mit Neigung zu gedenken bittend.[168]


31/169.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Für die ferneren geneigten Bemühungen zu unseren Kunstliebhabereyen danke zum allerschönsten und bitte um Fortsetzung dieses freundlichen Antheils.

Können Sie das bewußte Schnitzwerk nicht anders als um den Preis von zwanzig Carolin erhalten, so bitte doch solches für denselben anzuschaffen, da ich unseren gnädigsten Herrn, der einen besondern Wohlgefallen daran gefunden, damit bey seiner Rückkunft überraschen möchte. Herr Banquier Ulmann, dem ich gegenwärtigen Brief einhändige, hat den Auftrag Ihnen obgedachte Summe auszuzahlen, damit unser übriger Cassebetrag nicht angegriffen werde. Vorsichtigste Einpackung wird freylich stattfinden; dann wird aber doch der noch außen wohl zu emballirende Kasten auf der fahrenden Post zu senden seyn. Die Bronzestatuen sind wenigstens sehr glücklich angekommen.

Weimar den 4. Juni 1819.


31/170.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

Es ist sehr freundlich von Herrn Dr. Wetterstrand daß er von dem verirrten Dichtwerke Nachricht giebt. Allerdings ist dieses Drama von mir, unvollendet wie so vieles andere. Nur zwey Acte können es seyn, der[169] Monolog Prometheus, der durch Jacobi's Unvorsichtigkeit so vielen Lärm machte, gehörte eigentlich hieher, kann aber nicht in dem Manuscript stehen, welches sich bey Lenz gefunden.

Will der livländische Freund mir das Document übersenden, so werd ich es dankbar erkennen und unter die Paralipomena legen, deren Erscheinung künftigen Tagen vorbehalten ist.

Meinen Kindern ist es in Berlin sehr wohl gegangen, auch Ihnen dank ich für geneigte Theilnahme. Zu Anfang July finden Sie mich höchst wahrscheinlich zu Hause, denn bis jetzt hab ich weder Reiselust noch Plan, alsdann hoff ich mich mit Ihnen über so manches gemeinsame Studium vergnüglich zu unterhalten. Nehmen Sie meine aufrichtigsten Wünsche zu Gründung Ihres Zustandes.

Weimar den 5. Juny 1819.


31/171.


An August Claus von Preen

Ew Wohlgeboren

baldigst auf die neusten Anfrage zu antworten mache mir zur angenehmen Pflicht. Nachdem ich den eintretenden Umstand mit den Weimarischen Kunstfreunden wohl überlegt und das Für und Wider vielfach besprochen, so melde nur kürzlich das Resultat: daß nämlich bey obwaltender Lage gar wohl zulässig sey[170] der Vorderseite g. h. die vorgeschlagene Richtung nach Süd-Osten zu geben, wie der hiemit zurückkehrende Riß anzeigt.

Mich freut übrigens unendlich daß Ew. Hochwohlgeboren Beharrlichkeit, ohne welche mein gutgemeinter Beyrath wohl ohne sonderliche Wirkung geblieben wäre, endlich belohnt wird, wie ich denn der Vollendung des so einsichtig angelegten Ganzen mit den besten Hoffnungen entgegen sehe. Lieber möchte ich des Glücks kaum theilhaft werden diesem so erfreulichen Nationalfeste beyzuwohnen. Gedenken Sie meiner dabey im Guten.

gehorsamst

Weimar den 5. Juny 1819.

J. W. v. Goethe


31/172.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

und die lieben Ihrigen wieder auf's freudigste zu begrüßen, hatte ich mich mit Hofrath Meyer schon auf die Troschke gesetzt, als man uns anrieth unmittelbar nach Weimar zu fahren, um einem drohenden Gewitter zu entgehen, und so bleibt uns denn bey nächsten längeren Aufenthalt die Hoffnung, Sie allerseits recht wohl und geneigt zu finden, auch viel von Leipzig zu hören. Meinen Kindern ist es in Berlin auch recht gut gegangen, sie sind im Begriff, über[171] Dessau, Torgau und Dresden wieder nach Hause zu kehren.

Auch die Hoffnung, daß bey Ew. Wohlgeboren Wiederkunft unser bisher einigermaßen stockendes Druckgeschäft sich sogleich beleben würde, hat mich nicht getäuscht. Hierbey erfolgt abermals Manuscript und wenn ich mich nach dem bisherigen Verhältniß des Gedruckten und Geschriebenen nicht irre, so möchten wir wohl auf fünfunddreißig Bogen kommen. Könnte ich gewiß erfahren, wie viel das schon abgesendete Manuscript ausgebe, so würde sich das Nähere bestimmen lassen.

Auch würde ich sogleich, wenn es Ihre Convenienz wäre, Manuscript zur Morphologie übersenden, so daß etwa vier Bogen hinter einander abgedruckt werden könnten. Wobey ich jedoch anzufragen habe: ob nicht noch ein weniges Manuscript in Ihrer Druckerey befindlich sey, wenigstens finde ich die sich unmittelbar an die Druckschrift anschließenden Blätter nicht unter meinen Papieren.

Mit den besten Wünschen und in Hoffnung baldigen Wiedersehens mich zum schönsten empfehlend.

Weimar den 9. Juny 1819.


31/173.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Weimar den 9. Juni 1819.

Indem ich beikommende Tagebücher zurücksende, daß mir viel Vergnügen gemacht[172] und die Überzeugung gegeben haben, daß die sämmtlichen Verfasser bei Fortsetzung derselben sich zu eigner Satisfaction, zu pflichtmäßiger Beruhigung und Legitimation arbeiten. Ich kann daher nicht genug die mit einiger Bemühung verknüpfte wichtige Arbeit empfehlen. Jedes andere Geschäft erhält doch sein Andenken in den geführten Acten, welche bei den Bibliotheken wenig oder gar nicht vorkommen. Vierteljährig werden mir diese Hefte die angenehmste Lectüre sein.


31/174.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Vorstehenden Zettel wünschte ich, so wie die folgenden in derselben Angelegenheit, umständlicher, so, daß die Namen der Tagelöhner angegeben würden, nicht weniger auch die Zeit welche auf den Transport verwendet worden; vielleicht wär es am besten und am regelmäßigsten wenn man alle Sonnabend bezahlte.

Weimar den 9. Juny 1819.

G.


31/175.


An Christian Johannes Oldendorp

[Concept.]

Schon längst hätte, werthester, hochgeschätzter Mann, meinen verbindlichen Dank abstatten und das Vergnügen ausdrücken sollen, welches mir ein nach so langer Zeit erneuertes Andenken verursachen mußte.[173] Es freut mich gar sehr zu sehen daß Sie Ihr Talent immer weiter fort üben und bilden, und wünsche dazu das beste Glück; wie ich denn hoffe auch fernerhin an Ihren Bemühungen zu Erhaltung deutscher Alterthümer theilzunehmen.

Die Ursache meiner verspäteten Antwort aber liegt darin, daß ich die eingeschlossene Rolle an des Herrn Grafen von Edling Excellenz noch nicht abliefern konnte. Wir erwarteten denselben von Zeit zu Zeit; da ich nun aber vernehme daß er sobald nicht wieder hier eintreffen dürfte, so verfehle nicht solches zu vermelden und mich geneigtem Andenken zu empfehlen. Wie ich denn auch den trefflichen Mitarbeitern an der längst gegründeten und so schön erhaltenen Anstalt, die sich meiner frühern persönlichen Bekanntschaft erinnern mögen, sowie Herrn Professor Lange bestens empfohlen zu seyn hoffe.

Weimar den 9. Juny 1819.


31/176.


An Adam Weise

[Concept]

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch ein so schnell und treulich gehaltenes Versprechen sehr viel Vergnügen gemacht. Das Übersendete ist nach Ihrer Absicht theils für die Großherzogliche Bibliothek, theils für meine kleine Sammlung sehr brauchbar und auch in diesem Sinne[174] schon vertheilt worden. Wir bleiben deshalb Schuldner und wünschen baldige Gelegenheit Ihnen was Angenehmes erweisen zu können.

Daß Sie bey Ihren vorzüglich schönen und mittheilbar nützlichen Kenntnissen den Wunsch erregt haben Sie Ihrem Vaterlande wiedergegeben zu sehen, überzeugen Sie sich gewiß. Und wenn eines wohlgegründeten Wunsches Erfüllung auch nicht sogleich zu erwarten ist, so dürfen wir uns doch immer schmeicheln, daß günstige Umstände das Erfreuliche wohl herbeyführen könnten. Geneigtes Andenken und Kunstantheil mir auch für die Zukunft versprechend.

[Weimar den 9. Juni 1819.]


31/177.


An Christian Friedrich Tieck

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

geneigtes Schreiben habe seiner Zeit richtig erhalten, auch die Beylage sogleich abgegeben. Herr Kaufmann lehnte jedoch den gethanen Antrag mit den angeführten Gründen ab: daß er von Serenissimo, vor höchst Ihro Abreise, für diesen Sommer hinreichende Beschäftigung erhalten und deshalb erst gegen Michael von einer auswärtigen Arbeit die Rede seyn könnte. Dieses Anführen mußte man um so eher gelten lassen, als bey Serenissimi Abwesenheit ohnehin kein Urlaub zu[175] ertheilen gewesen, und würde doch die Sache gegen Michael erst zur Sprache gekommen seyn.

Da mir selbst, wie es scheint, Berlin zu besuchen nicht gegönnt seyn möchte, so erfreut es mich, diese große und bedeutende Stadt durch meine Kinder geschildert zu sehen, die, wie ich aus Briefen vorläufig ersehe, sich anschicken, dankbar für eine lieb- und huldreiche Aufnahme ein freundliches Bild der herrlichen Königsstadt zu anmuthiger Unterhaltung in den häuslichen Kreis, welchen Sie kennen und wo Ihr Andenken auch auf's treulichste aufgehoben bleibt, nächstens zu bringen.

Empfehlen Sie mich Herrn Rauch zum allerschönsten und gedenken meiner im Guten.

Weimar den 9. Juny 1819.


31/178.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey den 27. Revisionsbogen dankbar zurück; ich erwarte mit Vergnügen die baldige Folge.

Das Manuscript der Prosa zum Divan habe allerdings aufgehoben, nur wüßt ich es grad in dem Augenblick nicht zu finden, ich zweifle jedoch nicht daß es in kurzer Zeit irgendwo auftauchen werde.

Zur Morphologie sende das Manuscript; so bald nur wieder ein Anfang gemacht ist, findet sich die Fortsetzung nach und nach.

[176] In der nächsten Woche scheidet auch unsere gnädigste Großherzogin von uns und dann hoff ich daß mir nichts weiter entgegen stehen werde, um meine Jenaischen Freunde wo nicht auf längere Zeit, doch wiederholter als jetzt zu besuchen.

[Weimar] den 12. Juni 1819.


31/179.


An Carl Friedrich Zelter

Heute, Sonntag den 13. Juny werden meine Kinder in Dresden eintreffen und es naht nun die Zeit wo sie wieder herankommen und von dir manches Gute und Freundliche erzählen werden. Heute soll auch dieses abgehen, und da zufälliger Weise der Tag bewegter als gewöhnlich wird, so sage ich nur soviel: gedenke bey diesen Bogen jetzt und künftig eines treuen Freundes. Nächstens mehr, auch kommt noch ein Velin-Exemplar nach. Tausend Lebewohl!

Weimar den 13. Juny 1819.

G.


31/180.


An Johann Friedrich Rochlitz

Sie haben mich, theurer Mann, mit immer gleichem Schritt und unverwandter Gesinnung durch's Leben begleitet und mich, der ich so viele Mißklänge von außen zu vernehmen hatte, stets mit reiner, wahren, echten Theilnahme erfreut, daß ich sehr undankbar sein müßte wenn ich nicht eine darbietende[177] Gelegenheit ergriffe, meinen Dank endlich auszusprechen. Nehmen Sie daher im Ganzen freundliche auf, was Ihnen im Einzelnen zusagte und gedenken mein jetzt und künftig in Geist und Liebe.

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung hinzufügen welche einem alten Autor wohl ziemen mag. Es giebt dreierley Arten Leser: Eine, die ohne Urtheil genießt, eine dritte, die ohne zu genießen urtheilt, die mittlere die genießend urtheilt und urtheilend genießt; diese reproducirt eigentlich ein Kunstwerk auf's neue. Die Mitglieder dieser Classe, wozu Sie gehören, sind nicht zahlreich, deshalb sie uns auch werther und würdiger erscheinen. Ich sage nichts Neues, Sie haben hierüber gleichfalls erfahren und gedacht.

Leben Sie recht wohl und seyen meinen Kindern freundlich, wenn sie auf ihrer Rückreise von Berlin in Leipzig verweilen sollten wovon ich noch keine gewisse Nachricht habe.

und so fort und ewig

verbunden

Weimar den 13. Juny 1819.

Goethe.


31/181.


An Heinrich Ludwig Verlohren

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

zu begrüßen findet sich eine erfreuliche Gelegenheit. Mein Sohn mit seiner kleinen jungen Frau werden[178] sich in diesen Tagen Ihnen vorstellen und um geneigte Aufnahme, auch gefällige Mitwirkung bitten, daß sie sich des kurzen Aufenthalts in Dresden nützlich erfreuen mögen. Sollten sie einiges Geldes bedürfen, so ersuche damit auszuhelfen, die Wiedererstattung erfolgt sogleich durch Herrn Frege in Leipzig.

Meinen Wunsch Ew. Hochwohlgeboren in Dresden zu begrüßen und mich dort an Natur und Kunst wieder einmal recht gründlich zu erfreuen, muß ich nun auf meine Kinder übertragen, die mir denn bei ihrer Rückkunft durch ihren jugendlichen Genuß frühere Zeiten gewiß erfreulich vergegenwärtigen sollen.

Mich zu geneigten Andenken auf's angelegentlichste empfehlend.

Weimar den 14. Juny 1819.


31/182.


An August von Goethe

Deine forgesetzten Relationen, mein lieber Sohn, verdienen auf alle Weise den schönsten Dank, deshalb dich auch Gegenwärtiges in Dresden begrüßen soll. Daß es auch gut ergangen, lässest du mich vernehmen, daß ihr guten Eindruck gemacht, davon hab ich Anzeigen, und so seht denn wie ihr mit Freunden und Ehren nach Hause kommt.

Dagegen wüßte ich nichts Bedeutendes zu erwidern. Im Hause geht alles seinen gewohnten Gang und[179] der Knabe mit seinem unruhigen Leben und Wesen gehört auch schon mit in's hergebrachte Ganze.

Wenn der Großherzogin Hoheit den 18. dieses nach Wilhelmsthal geht, so sind wir uns in so weit selbst überlassen. Eine große Ruhe folgt und nur die Verlobung von Mandelsloh und Clementinen veranlaßt eine fröhliche, herzliche Feyerlichkeit. Wie wir Rehbein und seine Braut zu Tische gesehen, so gedenken wir auch diese den nächsten Sonntag einzuladen. Da fehlt nun freylich, außer euch, Adele und Lina und wir müssen die abgeschiedenen Geister durch andere ersetzen.

In Jena war ich auf anderthalb Tage mit Meyern, ohne sonderliche Freude; nächstens muß ich wieder hinüber, denn der atheniensische Pferdekopf ist angekommen, der dir schon gegenwärtig nicht mehr fremd seyn muß.

Thue in Dresden die Augen auf so gut du kannst uns übereile dich nicht, du möchtest so bald nicht wieder hinkommen und hast dort sehr viel zu gewinnen. Die Reise bis dahin hat dich wahrscheinlicher Weise schon mehr gekostet als du dachtest, ich schreibe daher Herrn von Verlohren daß er dir Geld zahle wenn du etwas brauchest. Um Dresden mußt du die Natur beschaulich genießen, in Dresden die Kunstwerke aller Art, die näher beysammen stehen als irgendwo und auf einem echten Grund und Boden. Übereile dich also nicht, damit du einige Jahre hier mit Zufriedenheit[180] verweilen und nichts Versäumtes bereuen mögest.

treulich

Weimar den 14. Juny 1819.

G.


Nachschriftlich

wollte ich also noch Ottilien grüßen und versichern, daß der Kleine allerliebst ist, woraus denn folgt daß er gesund sey. Seine Spiele werden schon mannigfaltiger und seine Aufmerksamkeit getheilter. Noch läßt er sich zerstreuen und auf irgend ein neues Interesse hinleiten; dabei schwatzt er immer fort.

Sodann will ich Ottilien gratuliren daß ihre kleine Person höchsten Orts sehr guten Eindruck gemacht hat; das kommt mir denn von mehreren Seiten zu und die Leute freuen sich doch auch einmal, der seltenen Abwechselung wegen, etwas Günstiges und Angenehmes zu klatschen.

Ferner wird das beiliegende Schopenhauerische Blättchen euch sehr wohl thun, mehr noch wenn ihr sie selbst in Dresden begegnet. Die fatale Nachricht sie betreffend und der deshalb verrückte Reiseplan haben mich selbst verdrossen. Man muß die Menschen aus der Welt scheiden lassen, sie aber in der Welt aus ihren Zuständen gerückt zu sehen ist noch fataler.

Hiedurch veranlaßt mache ich dir es nochmals zur Pflicht, Dresden ruhig zu genießen. Ich habe dort[181] niemand dem ich verpflichtet sey, übrigens manche Wohlwollende; grüße alles und halte dich an Verlohren der am besten weiß was zu thun ist.

G.


31/183.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Weimar den 15. Juni 1819.

Wie sehr uns die Sendung des Herrn Raabe und die demselben ertheilten chromatischen Aufträge erfreut haben, werden Sie aus dem beiliegenden Aufsatz sehen, den wir ihm mit den besten Segenswünschen als Lebewohl zustellen. Sie werden das von und Gesagte völlig einstimmig finden mit dem, was Sie selbst für räthlich und nützlich hielten, auf das nächste Bedürfniß hindeutend und zu einiger Bequemlichkeit anleitend. Freilich wäre ein längerer Aufenthalt bei uns nöthig gewesen, um kurz, jedoch theoretisch zusammenhängend, auszusprechen, was eigentlich gesucht und gewünscht wird. Indessen wird er gewiß, talentvoll, durch eigenen Instinct geleitet, manches Erfreuliche zurückbringen. Den hiedurch gemachte Anfang halte ich indessen für unschätzbar; denn niemand kann wissen, was hiedurch angeregt wird. Sobald einmal von oben Geister und Hände bereit, aus Gehorsam, Glauben, Zutrauen, und endlich aus Überlegung zu handeln. Mich selbst haben Ihre einsichtigen Worte aus dem Schlafe des Unglaubens[182] geweckt. Ich werde diese Tage nach Mailand schreiben, wo sich gerade zu unseren Zwecken kostbare Bilder befinden, die uns durch die Pinacoteca del Palazzo Reale delle Scienze e delle Arti di Milano bekannt geworden. Ich will suchen, daß man Aquarellcopien in mäßiger Größe (die Figur etwa einen Römischen Palm hoch) auf weiß Papier erst getuscht, dann angefärbt erhalte. Ist der Preis billig und der erste Versuch gerathen, so gebe ich Nachricht, und Sie verschaffen sich auch vielleicht dergleichen durch meine Vermittelung. Möchten Sie auf ähnliche Weise auch unsere Farbenlehre in's Leben einführen und zur Anschauung bringen! Mein einziger Wunsch war, die Erscheinung zu sondern, zu ordnen, und nur erst erfreulicher Bekanntschaft näher zu führen. Wenn Seebeck nach Jena kommt, werde ich ihm zur Pflicht machen, sobald er in Berlin wirklich scientifischen Fuß gefaßt hat, einen Apparat bei der Akademie anzulegen, durch welchen sämmtliche Versuche wenigstens dargestellt werden können. Nehmen Sie sich der physiologischen an, Seebeck der physische, so wird sich ja wohl auch Chemiker finden, der vorurtheilsfrei hier eingriffe. Döbereiner in der neuesten Ausgabe seines chemischen Lehrbuchs deutet schon dahin. Die Sache ist freilich schwer, die Elemente einfach, die Anwendung unendlich. Das Verzeichniß eines nöthigen Apparats gebe ich Dr. Seebeck mit, in der sicheren Hoffnung, daß Sie ihn beiderseits beleben werden. Denn freilich ist[183] ein Apparat auch nur wie Pinsel und Palette: wer mahlt aber gleich! Und so hat mich dieser Tage doch ein englischer Mahler, indem er mich abschilderte, sehr angenehm unterhalten. Er war begründeter und unterrichteter, als Künstler zu sein pflegen, praktisch gewandt und auf alles praktisch Brauchbare wie die Katze auf die Maus. Die Hauptlehre vom Trüben ergriffe er mit Freude; er hatte das längst geübte und brachte schnell auf seiner Palette eine Mischung hervor, die er über Schwarz und Weiß zog; dort erschien ein Bläuliches und hier ein Gelbliches, Er versicherte, von nun an diesen Kunstgriff zu besonderem Vortheil anzuwenden. Ich verehrte ihm eine klare Glasphiole mit einer Infusion, die ich Döbereiner schuldig bin, die im Effect, das herrlichste Urphänomen hervorzubringen, alles übertrifft, was vom lignum nephriticum erwartet. Kommt dieser Mann, Dawe genannt, nach Berlin, so gehen ihm freundlich entgegen. Sie werden ihn als Künstler, als Engländer, der freilich um des Gewinnstes willen reis't, als gebildeten, unterrichteten, eine gewisse eigenthümliche Naivetät nicht verläugnenden Mann sogleich beurtheilen.


31/184.


An Friedrich Lehne

Ein würdiger Sohn meines verewigten Freundes von Schiller, im preußischen Dienste am Niederrhein[184] angestellt, unternimmt in diesen Tagen die reise, die ich vor einigen Jahren mit so viel Vergnügen vollbracht.

Ich verfehle nicht bei dieser Gelegenheit ihm so viel als Ihnen den Vortheil wechselseitiger Bekanntschaft einzuleiten. Sie werden gewiß gute Stunden zusammen verleben und er für Ihre Mittheilungen, die er sonst nirgends hernehmen kann, den aufrichtigsten Dank lebenslänglich im Herzen tragen. Möge Sie, hiedurch veranlaßt, mir einige Kenntniß geben, wie weit Ihr wichtiges, mannigfach eingreifendes Werk gediehen und wie Sie sich überhaupt gegenwärtig finden und befinden, so wird es mir zu besonderer Zufriedenheit gereichen, denn ich habe zeither bey Mittheilung der mir damals anvertrauten Kupfer und Kenntnisse manchen Freund angenehm unterhalten und belehrt.

Mich geneigtem Andenken empfehlend, jener schönen, mir leider nicht wieder gegönnten Stunden oftmals dankbar eingedenk.

Weimar den 16. Juny 1819.

J. W. v. Goethe.


31/185.


An Joseph Carl Mellish

[Concept.]

Eine Gelegenheit, verehrter Freund, will ich nicht versäumen, die sich mir darbietet Ihnen beyliegende Festgedichte zu übersenden. Sie nehmen daran gewiß[185] den unmittelbarsten Antheil, denn Sie haben ja alles mit erlebt und getheilt was hier freundlich wieder hervorgerufen wird. Begeben Sie sich in Gedanken in unsere vorzeitige Mitte und empfinden mit mir das Vergnügen daß wir und noch auf Erden begrüßen können.

Herr Unzelmann, der Gegenwärtiges überbringt, ist gewiß auch noch aus vorigen Zeiten erinnerlich; von Kindheit an war er und seine nachherige Gattin meiner dramatischen Pädagogik untergeben, mögen sie beyde in Hamburg ein gutes Vorurtheil für unsere Weimarischen Bemühungen zurück lassen.

Das schöne Menschenkörperchen, auf dem unförmlichen Naturproduct, begegnet mir alle Tage, wenn ich in den wohlbekannten Hallen hin und wieder wandle.

Diesen schönen Sommer hab ich das Glück ruhig zu Hause zu verweilen. Ob ich mich noch auswärts bewege, wüßt ich nicht zu sagen.

Meine Kinder machen eine Reise und haben mir einen mehr als jährigen Enkel zurückgelassen, den ich mit großväterlicher Affenliebe, die größer als der Eltern seyn soll, für das allerliebste Geschöpf von der Welt halte und wirklich durch seine Gegenwart den leeren weitschichtigen Haus- und Gartenraum für völlig ausgefüllt halte. Die sämmtlichen Beeren reifen für ihn und meine Rückahnung, daß sie mir auch einmal schmeckten, verwandelt sich, wenn ich ihn kosten sehe, in das entschiedene Gefühl, als schmeckten sie mir noch.[186] Empfehlen Sie mich Ihrer theuren Frau Gemahlin, nehmen Sie meine schönsten Wünsche für Ihr Wohl und das Wohl der Ihrigen und gedenken mein in herkömmlicher geprüfter Liebe.

[Weimar den 16. Juni 1819.]


31/186.


An Friedrich Christoph Perthes

[Concept.]

Wenn es eine eigne wunderliche Vorstellung ist, daß Hamburg so weit von uns ab in der Welt liege; so mag sie irgend einen Grund in dem Mangel des unmittelbaren Bezugs haben, der uns tiefe Mittelländer mit den Seeküsten verbände; deshalb werden Sie es freundlich aufnehmen, wenn bey Gelegenheit, daß jemand von den unsrigen zu Ihnen reis't, ich immer daran denke Sie zu begrüßen, eben als wären es noch uralte Zeiten, wo die Persönlichkeit der Boten nöthig war um Verhältnisse anzuknüpfen und zu erneuern. Nehmen Sie Herr und Madame Unzelmann freundlich auf, als meine Zöglinge von Kindheit an. Wie sich ihr Talent und ihre Bildung zu dem verhält was man in Hamburg liebt und lobt, möge die Erfahrung günstig erproben, denn ich weiß nur zu gut wie Ort und Augenblick dergleichen Erscheinungen unsicher machen.

Wenn ich beykommendes Heft, das Ihnen nicht mehr neu ist, bey dieser Gelegenheit übersende, so erkennen[187] Sie daran den Wunsch, daß Sie es im eigentlichern Sinne auf mich und meine früheren und gegenwärtigen Umstände beherzigen mögen. Aufrichtig dankbar erkenne ich das gegönnte Glück, (wie man bei jenem Spiele scherzhaft zu sagen pflegt) als Küster die alte Kirche zu schließen. Neue Tempel werden aufgebaut, denen die immer lebendigen Götter Gunst und Gedeihen nicht versagen werden.

Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken und wenn sich irgend junge, gute Leute von dort her zu uns bewegen, so geben Sie ihnen ein Wort der Empfehlung, das ich, wie Sie es aussprechen, gern honoriren werde.

Weimar den 16. Juny 1819.


31/187.


An Charlotte von Stein

Möchte der theuere Breslauer Freund mich heute früh um 11 Uhr besuchen; so würde einiges zu verabreden seyn.

W. d. 18. Jun. 1819.

G.


31/188.


An Charlotte von Stein

Mögen Sie, verehrte Freundinn, mit den lieben Ihrigen, wozu ich Fräul. v. Staff zähle, heute Abend einen freundlichen Thee einnehmen so würde es allen wohl vergnüglich seyn. W. d. 18. Jun. 1819.

G.[188]


31/189.


An Sulpiz Boisserée

Es ist mir ein unangenehmes, beynahe trauriges Gefühl wenn ich in einer Jahreszeit, wo wir sonst froh, theilnehmend und glücklich zusammen unter schönen Constellationen wandelten und haus'ten, einen Ablauf nehmen muß, um Ihnen endlich einmal zu sagen, daß ich mit aufrichtiger Theilnahme fort und fort Ihrer gedenke. Sogar daß Sie mit Herrn von Cotta in einer Stadt leben, wo es Ihnen also an meinen neuesten Productionen nicht fehlen kann, ist Ursache daß ich weniger sendete und schrieb.

Ein ausgezeichnetes Exemplar meines Divans zu übersenden, war meine entschiedene Absicht. Den Druck haben die Jenenser unverantwortlich verspätet und ich selbst kann mit dem prosaischen Nachtrag nicht fertig werden. Möge alles zusammen, zur guten Stunde, Sie rück- und vorwärts erfreuen.

Die Anwesenheit Ihro Majestät der Kaiserin von Rußland und die mir auferlegte Einleitung der Festfreunden nahm das letzte Viertel des vorigen Jahrs hinweg. So gut ich auch secundirt ward, so ist doch für mich die Epoche dieser Späße vorbey und ich darf mich freuen daß Anlage und Ausführung noch heiter und ergötzlich genug waren; die Gedichte zeugen davon und wir wollen es nun dabey bewenden lassen.

[189] Das vierte Stück von Kunst und Alterthum ist Ihnen nun auch bekannt. Indem ich mancherley vergangene Arbeiten wieder belebe, ist es freylich eine ganz besondere Rückkehr in vergangene Zustände. Die Lebenszerstreuung, die mich von einem Gegenstand, von einer Arbeit zur andern riß, wird mir dabey nur allzudeutlich, die Actenhefte und Papierbündel, wie ich sie durchsehe und aufschnüre, machen mich oft den Kopf schütteln. Wie manches Gute, auch auf Ihre Unternehmungen und Thätigkeit bezüglich, liegt hier verschüttet.

Da bleibt nun weiter nichts übrig als sich nicht zu besinnen, und immer nur das Nöthigste vor die Hand zu nehmen. An der Morphologie, Naturwissenschaft u.s.w. wird auch immer sachte fortgedruckt. Ich erinnere mich bey dieser Gelegenheit eines Vorwurfs den ich von Lavatern in ähnlichem Falle hören mußte, er sagte: »Du thust auch als wenn wir dreyhundert Jahre alt werden wollten.«

Und doch ist, besonders in wissenschaftlichen Dingen, kaum anders zu handeln; wenn man sich nicht alle Jahre zurücknehmen will, so darf man nur mit sich selbst reden. Glücklicherweise hab ich in diesen Dingen nichts zurückzunehmen, und doch gesteh ich: man sollte manchmal einen kühnen Gedanken auszusprechen wagen, damit er Frucht brächte.

Meine Kinder sind nach Berlin und Dresden; ich mag sie gern in bewegtem gegenstandreichen Leben[190] wissen; sie haben mir einen Knaben zurückgelassen, der mit vierzehn Monaten ein gesundes, geregeltes, heiter auffassendes Wesen bethätigt, das sind denn gute Dinge, und so scheint für jedes Alter gesorgt zu seyn, versteht sich, wenn es für sich selbst sorgt.

Willemer war vor geraumer Zeit bey uns auf einer Reise nach Berlin; ich freute mich sehr ihn in meinem häuslichen Cirkel zu sehen, nun ließ er nichts weiter von sich hören; er muß auf einem andern Wege in sein Land zurückgekehrt seyn. Sie sehen, ich denke Sie wie immer noch am Neckar und Mayn.

Allerley hübsche bedeutende Kunstsachen habe die Zeit erworben, einiges unter das Beste zu stellen was ich besitze. Und nun noch zur Frage, wo ich diesen Sommer hingedenke? Seitdem die Dämonen, auf eine so unartige Weise, meinen raschen Flug zu Ihnen unterbrochen, bin ich mehr als jemals gewohnt den Tag walten zu lassen. Daß ich auf einige Monate mich ins Freye, vielleicht in ein Bad begebe, ist nothwendig; wohin? bin ich unentschlüssig. Neben jeder Lockung seh ich schon etwas Bedrohliches und vermisse die schöne Zeit wo man in den Tag hinein nach Freud und Leid hascht.

Lassen Sie sich durch gegenwärtiges Blatt zu einer baldigen Mittheilung aufregen; geben Sie mir von Ihren Zuständen frohe Kunde, so ergiebt sich wohl im Laufe der Zeit wieder eine lebhaftere Mittheilung. Grüßen Sie mir die lieben Ihrigen, Freunde und Wohlwollende.[191] Mögen Sie mir von Danneckers Christus vertraulich eröffnen was davon zu erwarten und zu hoffen ist. Mög es Ihnen wohl und nach Wunsch gehen.

und so treulichst fortan

Weimar den 18. Juni 1819.

J. W. v. Goethe.


Herr von Cotta, dem ich mich bestens zu empfehlen bitte, theilt Ihnen wohl freundlich die Aushängebogen mit, die von Zeit zu Zeit in seine Hände kommen.


31/190.


An Constantin Ludwig Freiherrn von Welden

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

kurzer Besuch hat mit, ich will es gern gestehen, eine gewisse Unruhe hinterlassen. Ich fühlte mich geneigt über einige wichtige Gegenstände meine Gedanken zu eröffnen und die Ihrigen dagegen zu vernehmen. Indem ich nun darüber nachdenke, denn es ist wohl die Zeit, wo man sich mit geprüften Männern über die Tagesläufte gar gern unterhalten möchte, kommt mir Ihre kostbare Gabe zur Hand, deren Anmuth sich verdoppelt, indem sie so schnell eintrifft.

Die höchst bedeutende Bildung, die mir bey Betrachtung mehr oder weniger erhaltener Trümmer niemals auffallen konnte, setzt mich hier vollständig in Erstaunen. Diese Erfahrung ist mir gegenwärtig[192] um so wichtiger als ich eben einen vor dreyundzwanzig Jahren geschrieben osteologischen Aufsatz endlich abdrucken lasse. Mögen Ew. Hochwohlgeboren hieraus ersehen, daß Sie eine recht altgegründete und immerfort erhaltene wissenschaftliche Neigung gütig gefördert haben.

[Weimar den 18. Juni 1819.]


31/191.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende hierbey das Manuscript zur Morphologie. Wir sind in denselben bis zum achten Bogen gekommen, der neunte würde noch etwas Botanik enthalten, welches nachbringe. Gegenwärtige Abhandlung gäbe also den zehnten Bogen u.s.w. Es ist so viel Manuscript vorräthig, daß etwas vier Bogen unmittelbar auf einander folgen können. Ließen sich binnen vier Wochen auch hier einige Vorschriften thun, so sollte es mir sehr angenehm seyn. Das Manuscript für Wien, gestern abgesendet, ist wohl schon glücklich angelangt.

Der ich Ihnen und den theuren Ihrigen bestens empfohlen zu seyn wünsche.

Weimar den 19. Juny 1819.[193]


31/192.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[19. Juni 1819.]

Dießmal theuerer, trefflicher Freund, geht es mir wie schon oft, daß ich meinem Dank für Gefälligkeit neuen Wunsch und Bitte auf Gefälligkeit zufüge. Dießmal wenigstens nicht ohne Zuversicht daß ich Ihnen zugleich ein wahres Vergnügen bereite.

Der jüngere Sohn des verewigten Schiller, im preußischen Rechtssache am Niederrhein als Assessor angestellt, überbringt Gegenwärtiges und erweckt gewiß, auf mehr als eine Weise, Ihre Theilnahme. Lassen Sie ihn also hiedurch mehr angekündigt als empfohlen seyn. Sollten Sie ihm auf den Grad geneigt werden, daß Sie ihn weiter fort, Mayn und Rhein hinab, durch freundliche Worte beförderten, so werden Sie auch mich dadurch gar sehr verbinden. Ihrem Herrn Bruder in Coblenz wünscht ich bey dieser Gelegenheit auch herzlich empfohlen zu seyn.

An dem Tage da ich dieses abgebe, erhalte ich Ihre gütige Nachricht, daß das Geld ausgezahlt worden, nur finde eine Differenz darin, daß Ihr Brief von vierundzwanzig Carolin spricht, da die Quittung nur auf zwanzig lautet. Aufklären wird sich dieses leicht; möge das Kunstwerk selbst glücklich anlangen.

Einem Packet das im Wechsel in diesen Tagen an Sie abgeht wünsche freundlichen Empfang.

[194] Mögen Sie mir doch sagen, ob Geheimderath von Willemer wieder zu Hause ist? er hat seit seiner Abreise von Berlin nichts wieder von sich hören lassen.

treulichst

Weimar den 16. Juny 1819.

Goethe.


31/193.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

In ungesäumter Erwiderung der an mich ergangenen geneigten Anfrage gebe zu erkennen, daß nach Inhalt des von des Herrn Staatsminister von Voigt sel. unter dem 11. October 1818 an Herrn Geheime Hofrath Eichstädt erlassenen Schreibens Rentamtmann Müller anheute beauftragt worden, denen nunmehr benamsten Gehülfen an der Allgemeinen Literaturzeitung, Rath Vogel und Professor Schad, das von Serenissimo unter dem 6. October 1818 bewilligte Fruchtdeputat von 8 Scheffel Korn und eben so viel Scheffel Gerste jedem zur Hälfte vom 1. Januar an bis zu anderweitiger Anordnung vierteljährig abzureichen.

Zu allen Erläuterungen in diesen Angelegenheiten jedesmal bereit und willig.

Weimar den 19. Juny 1819.

J. W. v. Goethe.[195]


31/194.


An Lorenz Pansner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

kann ich nunmehr mit Vergnügen melden daß die Carlsbader Sendung endlich nach Lübeck abgegangen ist. Den bisherigen Verzug darf ich wohl durch mancherley zufällig eintretende Umstände bey mir selbst entschuldigen, mögen Sie und die verehrten Mitglieder der Hochansehlichen Gesellschaft auch ohne weiter anzuführende Gründe zu verzeihen geneigt seyn. Eine Hauptursache jedoch, die mich am völligen Abschluß hinderte, muß ich anzeigen: ich konnte nur mit einiger Mühe die Sammlung, die ich für vollständig hielt, bis wenigstens nichts Wesentliches abgeht. Das wenige Ermangelnde ist im beigelegten Katalog roth angestrichen Aufenthalt in Carlsbad nachzubringen seyn.

Dürft ich als eine gefällige Gegengift und als Zeichen geneigter Theilnahme mir etwas erbitten, so würde es im Folgenden bestehen. Unter den russischen Mineralien habe ich, sowohl crystallisirt als geschliffen, schön-amethystfarbene Bergcrystalle gesehen, ich besitze jedoch keinen in meinem Cabinette und wollte deshalb darum gebeten haben.

[196] Dürft ich ferner hoffen, das Resultat der Vergleichung mit einer ähnlichen Formation in England zu erfahren; so würde es für mich sehr unterrichtend seyn. Die hießen Heilquellen im badenschen Baden kommen gleichfalls an einer Stelle hervor wo Übergänge von Gebirgsarten bemerkbar sind.

Der ich einer Hochansehlichen Gesellschaft und Ew. Wohlgeboren geneigtem Andenken bestens empfohlen zu seyn wünsche.

Weimar den [20.] Juny 1819.


31/195.


An Carl von Schlözer

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

übersende in diesen Tagen eine der Gesellschaft für die gesammte Mineralogie zu St. Petersburg bestimmte Kiste mit Gebirgsarten; ich nehme mir diese Freiheit nach Anweisung des Herrn Dr. Pansner, Secretär gedachter Gesellschaft, welcher sich Ew. Hochwohlgeboren geneigter Förderung schmeichelt, mit dem Wunsch daß gedachte Kiste wohlbehalten ankommen und gefälligst weiter spedirt werden möge.

Der ich die Ehre habe mit vollkommenster Hochachtung mich zu unterzeichnen.

Weimar den [20.] Juny 1819.[197]


31/196.


An Ernst Christian August von Gersdorff

[Concept.]

Ew. Excellenz

nehmen eine väterliche Vorbitte geneigt auf. Meines Sohnes siebenwöchentlicher Urlaub geht morgen zu Ende, er bat mich ihm noch eine Woche Verlängerung zu verschaffen; da aber der ungewöhnlich verspätete Brief erst heute anlangt so bleibt mir nichts übrig als Hochdieselben auf das freundlichste zu ersuchen, wenn er solchen Urlaub, den er bey seiner Rückkehr aus der Sächsischen Schweiz vorzufinden hoffte, als stillschweigend gegeben ansehn und einige Zeit länger verweilen sollte, solches günstig nachzusehen und ihn bey seiner Rückkunft, wo er die Geschäfte gewiß mit erneutem Eifer angreifen wird, günstig und wohlwollend zu empfangen. Der ich diese Gelegenheit ergreife um auch für mich eine fortgesetzte Geneigtheit verehrungsvoll zu erbitten.

Meinen aufrichtigen herzlichen Antheil an dem hoffnungsreichen Befinden der theuren Ihrigen zugleich aussprechend.

Weimar den 21. Juny 1819.[198]


31/197.


An Theobald Renner

Ew. Wohlgeboren

vermelde mit Wenigem: daß nach reiflichster Überlegung unserer Verhältnisse ich bey mir festgesetzt habe, daß die Stelle eines Prosectors bey der akademischen Anatomie niemals mit der Stelle eines Custos bey dem Großherzoglichen anatomischen Museum vereinigt seyn dürfe. Bleibt Schröter daher bey uns, so behält er jene Stelle, wird er dort Prosector, so muß er sie abgeben. Ich sage dieses eigentlich nur im Vertrauen und in so fern es Ew. Wohlgeboren bey Leitung der Negociationen nützlich und förderlich zu wissen ist; die Maxime jedoch wünscht ich nicht ausgesprochen.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 23. Juny 1819.

J. W. v. Goethe.


31/198.


An Johann Diederich Gries

Daß Ew. Wohlgeboren ich noch nicht für die angenehme Gabe gedankt, wird Entschuldigung finden, wenn ich die Wochen her fast täglich nach Jena abzugehen hoffte und immer wieder durch neue Hindernisse in meinem löblichen Vorsatze gestört worden bin. Ich freue mich sehr, daß Sie Ihr schönes Talent so beharrlich auf einem Wege fortüben und äußern, wo[199] man, eben dadurch daß man nach dem Unerreichbaren strebt, einen Grund der Vollkommenheit erreicht, den man sich früher kaum versprechen durfte.

Wenn ich mich erinnere wie mein guter Heinse zu Venedig das befreyte Jerusalem übersetzte, im Bette liegend um das Holz zu ersparen, und schon zufrieden war den Tasso in deutsche Prosa umgebildet zu haben, nun aber Ihre neueste Arbeit betrachte; so merk ich denn doch, daß ich manche Jahre und zwar in guter, lebendiger, fortschreitender Gesellschaft gelebt habe.

Mögen wir noch eine Zeitlang zusammen wirken und genießen!

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 23. Juny 1819.

Goethe.


31/199.


An August von Goethe

[23. Juni 1819.]

Da ich vermuthen kann, daß dich dieses Brieflein noch in Dresden finden werde, so lass' ich es abgehen, und vermelde zu allenfallsiger Beruhigung, daß Herr Staatsminister von Gersdorff deinen Urlaub freundlich auf acht Tage verlängert hat. Es kommt nun darauf an wie du es halten willst, besonders wegen Leipzig, ob du nämlich deine Zeit in Dresden zubringen und alsdann hieher eilen, oder ob du in Leipzig dich ein paar Tage aufhalten willst. Rochlitz ist sehr krank,[200] doch würdest du von Küstnern wohl empfangen seyn. Freges müßtest du freilich auch besuchen. Ob euch das alles aber frommt, wegen ein paar Theatervorstellungen, will ich nicht untersuchen, das ist ganz eure Sache.

Eure letzten Briefblätter, abgeschlossen den 10. Juny, sind glücklich angekommen. Sowohl von deinen als Ottiliens Meldungen sind Auszüge nach Wilhelmsthal gegangen. Ein freundlicher Brief vom Grafen Gneisenau hat mir viel Vergnügen gemacht; Ottilie soll deshalb wie wegen der übrigen Blätter gelobt deyn. Heute den 22. ist bey und sehr schlechtes Wetter, möge es sich nicht bis zu euch verbreiten. Wahrscheinlich besuchst du die Johannes [*Loge] in Dresden, deren Einrichtung und Anstalt ich zu vernehmen neugierig bin.

Vieles hast du gesehen und guten Bericht erstattet, es ist mir lieb daß du dich einmal an den Gegenständen so tüchtig durchprüfst, du wirst wenig finden was du nicht zurecht legen könntest.

Wir leben sehr stille fort; das Kind erheitert auch die trüben Tage. Sein größter Spaß sind jetzt die Schlüssel und am Schloßblech damit herum zu fahren. Meyer kommt die Abende fleißig, alles Übrige fast ist verschwunden. Herr von Stein aus Breslau besucht uns, erwartet aber schwerlich deine Wiederkunft.

Sehr schönes Geschenk an Mineralien ist eingelangt, das einige starke Lücken unserer Sammlung ausfüllt, sonst begegnen uns noch allerley Gutes so daß wir[201] und keineswegs zu beklagen haben. Und so wollen wir denn diese Woche beschließen, euch zu Anfang der nächsten freundlichst erwartend.

Hiezu füge noch daß ein completter, Erstaunen erregender Bärenschädel aus der Muggendorfer Höhle gleichsam als Geschenk angekommen ist, und somit nochmals zum allerschönsten gegrüßt!

So eben kommt zu größter Freude und Erbauung Zelter an. Sehr verwundert, euch noch nicht zu Hause zu finden.

Weimar am längsten Tage 1819.

G.


31/200.


An Ludwig Wilhelm Cramer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

letzten Briefe haben bey mir ein schmerzliches Gefühl erregt. Sie sind überzeugt daß ich mich jener Tage noch immer mit dem größten Antheil erinnere, die ich mit Ihnen in so angenehmer als lehrreicher Unterhaltung zubrachte; Sie glauben mir wenn ich versichere: daß ich die mit Aufopferung verknüpfte höchst bedeutende Vermehrung zu schätzen weiß, ferner auch, daß jene so erfreuliche als unterrichtende, zusammen unternommene Reise mir unvergeßlich bleibt.

Wie unangenehm, ja wie traurig mußte ich es daher empfinden daß ich in meiner Lage nicht das[202] mindeste mitwirken konnte, um Ihre so werthe und wichtige Sammlung vortheilhaft angebracht zu wissen.

Ew. Wohlgeboren Erklärung nach Berlin sehe freylich nur als nothgedrungen an, indessen wüßt ich nichts Besseres anzugeben, ja selbst für diesen mehr als billigen Preis würde man, bey dem Zustande unserer Cabinette und bey den Kräften unserer Cassen zu Vermehrung derselben, so sehr wie ich es auch wünschte, weder Weg noch Mittel finden.

Der Tod unseres guten Achenbach thut mir sehr leid; er hätte wohl erleben sollen die Stelle zu lesen, wo ich ihm und Ihnen dafür öffentlichen Dank sage, daß Sie meiner bey einem so schönen Mineral gedenken wollen.

[Weimar] den 24. Juni 1819.


31/201.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Nach Ihrem Abscheiden, verehrter Freund, macht ich mir Vorwürfe Sie so bald und leicht entlassen zu haben; gar manches war noch vorzuzeigen, mitzutheilen, das wohl einen Aufenthalt von einigen Tagen gerechtfertigt hätte. Wir Menschen haben es aber an der Art daß wir uns bald zu heftig gegen Entsagung wehren, bald aber, ohne Widerstand zu versuchen, ganz gelassen und darein ergeben. Dießmal wenigstens hab ich bereut Ihnen nicht dringende Vorstellung gethan zu haben.

[203] Lassen Sie mich alsobald einige Anfragen thun und um einiges bittlich ersuchen.

1. Den Namen des Verfassers und den Titel seines Werks wünschte zu erfahren, welches zu einiger Constelation zwischen Ihnen und Herrn von Buch Gelegentlich gegeben. In meiner Lage ist es höchst interessant zu sehen wie diese bedeutenden Ideen, diese anordnenen Begriffe im Element der Geisterluft walten und Kopf um Kopf aufhellen.

2. Werden Sie mir erlauben in meinem nächsten Stücke der Morphologie Sie dringend aufzufordern, der guten Sache nun den Ausschlag zu geben, wörtlich und bildlich die Darstellung zu unternehmen, wozu Sie in jedem Sinne berufen, berechtigt und ausgestattet sind. Zu seiner Zeit mehr hievon.

3. Sodann muß ich vermelden daß an meinem Bryophyllum, nachdem es neun einfache Blattpaare hervorgebracht, wovon die letzten an Größe zunahmen, sich die zehnten Blätter wieder in drey zu theilen anfangen. Die frey-warme Zone scheint überhaupt der Pflanze höchst günstig zu seyn; sie ist gegenwärtig 23 Leipziger Zolle hoch geworden und gerade ein Jahr alt. Mögen Sie diese monographische Liebe mit einigem Lächeln segnen!

4. Auch die Astern vor meinem Fenster haben tüchtig zugenommen und zeigen die wunderbarste Mannigfaltigkeit ihres Wachsthums.[204]

Möchte ich doch, am herrlichen Rhein, in Ihrer Nähe mich über so mancherley schneller aufklären!

5. Lassen Sie mich ja bald vernehmen wie es Ihnen bey der Rückkehr ergangen, und wie weit Sie sich gefördert sehen; auch wie sich Ihre Gesellschaft innerlich und äußerlich gestaltet.

6. Wollten Sie mir zugleich Nachricht geben ob die öffentliche Versteigerung der Pickischen Sammlung noch den 15. August vor sich gehen werde, ich würde so frey seyn wenige Aufträge zu bezeichnen, zu deren Ausführung Sie ja wohl einen sichern Mann finden würden.

Baldige Nachricht wünschend

treulichst

Weimar den 24. Juny 1819.

Goethe.


31/202.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Ew. Excellenz

erlauben, daß ich nach meiner Rückkunft von Jena, wohin ich auf einige Tage mich begebe, persönlich für geneigte Mittheilung beykommender wichtigen Acten meinen verbindlichsten Dank abstatte; wobey ich zugleich den erwünschten Erfolg eines so nothwendigen Schrittes zu vermehren hoffe.

Verehrungsvoll

gehorsamst

Weimar den 26. Juny 1819.

J. W. v. Goethe.[205]


31/203.


An Christian August Vulpius

Auf beiliegendem Blatte, mein werthester Herr Rath, finden Sie verzeichnet was vor Zettel aus der Schloßbibliothek sich gegenwärtig in der akademischen Bibliothek befinden; senden Sie mir vor Ihrer Abreise die übrigen damit alles beisammen ist und bei Ihrer Rückkunft die Sonderung ernstlich angegriffen werden kann.

Der ich recht wohl zu leben und glücklich zu reisen wünsche.

Jena den 29. Juny 1819.

Goethe.


31/204.


An August von Goethe

Durch die rückkehrende Boten wünsche

1. das auf meinem Tisch am Ofen liegende, an Dr. Weller gerichtet, zugesiegelte Packet, die Einführung des Dr. Posselt enthaltend.

2. Gleichfalls die Berechnung der Sternwartencasse mit Zubehör; es wird zusammengebunden im Actenschranke liegen.

G.


N.B. Auch wünschte ich das Fascikel eingegangener und das abgegangener Briefe wohl eingepackt zu erhalten.

[206] Ferner wäre ein Ries Katalogenpapier, in meiner Bibliothek liegend, wohl eingepackt an Herrn Professor und Bibliothekar Dr. Güldenapfel herrschaftlich zu senden.

Auch das vierte Actenfascikel, die neue Einrichtung bei der Jenaischen Bibliothek betreffend, erbitte mir.

[Jena den 29. Juni 1819.]


31/205.


An Johanna Frommann

Wo beikommende Frühlings-Feldblumen gepflückt und der Strauß geordnet sein mögte, gebe zu errathen. Dürft ich mir ihn nach Tische zurück erbitten.

nachbarlichst

J. 2. Juli 1819.

Goethe.


31/206.


An Georgine Weppen

[Concept.]

[Weimar 4. Juli 1819.]

Die Gedichte des Timotheus a Lyra haben etwas Anziehendes; man gewahrt sogleich die Gegenwart eines reinen, anspruchslosen, frei umherschauenden, sich seiner Vergangenheit ruhig erinnernden jungen Mannes. Man vernimmt gern, wie er seine innern Zustände, sie mögen gegenwärtig oder vorüber seyn, mild und sinnig ausspricht; selbst sein Streben nach[207] dem Unerreichbaren ist mäßig, so drückt sich auch sein Widerwille ohne Härte und Heftigkeit aus. Kein scharf hypochondrischer Zug macht ihn lästig, man erfreut sich seines Daseyns und kann hoffen, auch in seiner Gegenwart diesem angenehmen Gefühl ungestört zu folgen.

Sein poetischer Ausdruck stimmt hiemit vollkommen überein, sowohl in der obern als untern Rhythmik zeigt sich geschmackvoll das Gehörige. Soll man aber weiter sprechen, so muß man sagen: Man findet ihn immer allein, denn nicht einmal eine Geliebte wird man recht gewahr, man fürchtet für ihn und die Gedichte sind bedenklich, und indem man mit ihm als einem Einzelnen einsam umgehet, ist man zwar so glänzend und bewegt als möglich wünscht, so müßte man in dieser wahrhaft ländlichen Ruhe und anmuthlichen Beschaulichkeit nun auch Mittheilungen erwarten, welche die Einbildungskraft beflügelten und die Leidenschaft bewegten.

Hätte ich unserm Timotheus zunächst im praktischen Sinne einen Rath zu geben, so ginge er dahin, sich auf die lakonische Ballade zu werfen, auf die nächste und köstliche Art, worin man alles thun und woran man viel lernen kann; deshalb auch, wenn von Kritik oder vielmehr von Didaskalie die Rede ist, bei dieser[208] Dichtart am ehsten, deutlichsten und sichersten unter Kunstfreunden sich handeln läßt. Das Weitere nachzusehen im westöstlichen Divan Seite 381.

Soviel, meine Liebe, kann ich eilig erwidern, da Ihre Sendung mich augenblicklich ereilt, indem ich eine Sommerreise anzutreten im Begriff bin. Ich fühle recht gut daß so zarte Verhältnisse, wie die Iris ausspricht, zu berühren, man mit anmuthiger Bestimmtheit und vorsichtiger Genauigkeit verfahren müsse. Doch was hiezu erfordert wird, kann ich jetzo von mir selbst nicht verlangen und Ihr schönes Gemüth das ich aus Ihrem Brief recht wohl erkenne, wird diese Blätter zum besten deuten und benutzen.

Mit neu aufgeregtem Gefühl, in die Ferne auf persönlich Unbekannte zu wirken.

Jena den 1. July 1819.


31/207.


An Pius Alexander Wolff

[Concept.]

[Weimar 4. Juli 1819.]

Nochmals das Vergnügen, Sie wieder gesehen und gesprochen zu haben, ausdrückend, sende das Verlangte, mit der Bitte mich meinen hohen Gönnern und Freunden bestens zu empfehlen; zugleich mit Versicherung daß ich jederzeit bereit bin jenen löblichen, mir so ehrenvollen Zweck nach Kräften zu befördern. Schreiben Sie mir nur immer gefälligst was man wünscht.

[209] Möge ich immer vernehmen daß Sie in behaglicher Thätigkeit fortfahre, sich und andern zu genügen. Grüße Sie Ihre lieben Frau zum schönsten.

Jena den 3. July 1819.


31/208.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Wohlgeboren

ersuche durch Beygehendes um eine kleine Nachhülfe einem bekannten Geschäft und lege zu schnellerer Übersicht die Acten bei.

Soll ich nicht das Vergnügen haben, vor Ihrem Abgange Sie noch zu sehen, so wünsche glückliche und vergnügte Reise.

Mich angelegentlichst empfehlend und zugleich versichernd, daß mit Herrn Geheime Kammerrath die Jenaischen Angelegenheiten ich nächtens weiter besprechen und vorbereiten werde.

ergebenst

Weimar den 4. July 1819.

Goethe.


31/209.


An Friedrich Ludwig von Froriep

Daß Ew. Hochwohlgeboren die englische vergleichende Höhenkarte nicht sogleich übersenden kann, thut mir sehr leid, ich wüßte sie nicht sogleich zu[210] finden, doch hoffe ich nächtens sie mit Dank wieder zuzustellen.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

gehorsamst

Weimar den 4. July 1819.

Goethe.


31/210.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

Mögen Ew. Gnaden mir gefällige Nachricht geben, ob Sie gestern Abend mit den lieben Prinzessinnen den Cometen gesehen? und ob Sie wegen heut Abend einige Vorkehrungen getroffen haben? Körner wünscht freylich astronomische Beobachtungen zu machen und könnte deshalb nicht wohl in Anspruch genommen werden, auch fällt die Zeit der Erscheinung zwischen 10 und Mitternacht, woraus manche Unbequemlichkeit außer und in dem Hause entstehen möchten. Auf alle Fälle biete mich an, Abends gegen 8 Uhr aufzuwarten und solche Verabredungen zu treffen, daß die verehrte Familie, allenfalls ohne fremden Beystand, dieses merkwürdige Phänomen genugsam in Betrachtung ziehen könne.

Meine Kinder die ich gestern wohl und fröhlich angetroffen, empfehlen sich allerseits zu Gnaden.

gehorsamst

Jena den 5. July 1819.

Goethe.[211]


31/211.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

Verehrte Freundinn,

Man denckt sich würcklich müde an einer solchen Handelsweise, von der wir andern keinen Begriff haben. Unsre liebe, verständige, einsichtige, folgelustige Fürstinn dauert mich. Ja ich weis weder was ich hoffen noch wünschen soll.

treulichst

J. d. 6. Jul. 1819.

Goethe.


31/212.


An Kriegsrath Gottsched

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrter Herr!

Ihro Königlichen Hoheit, Ihres gnädigsten Herrn geäußertes Verlangen die Quartausgabe des Römischen Carnevals mit ausgemahlten Kupfern Höchstihro Cabinettsbibliothek, wo es bisher gemangelt, wieder einzuverleiben, ist mir allzu schmeichelhaft als daß ich einen Augenblick anstehen könnte, das einzige Exemplar welches mir von jener Zeit übrig geblieben, Höchstdenenselben zu Füßen zu legen. Es erfolgt deswegen hiebey, mit der aufrichtigsten Versicherung, daß mir durch die Annahme desselben die größte Gnade widerfahre.

[212] Denn wenn es, wie doch bey meinen mannigfaltigen literarischen Verbindungen höchst wahrscheinlich ist, mir auch nicht gelänge sogleich wieder ein anderes Exemplar aufzufinden, so würde ich dennoch sehr gern dieß geringe Opfer einem solchen Fürsten bringen, da es mir Gelegenheit giebt Höchstdemselben die Verehrung einer bewunderswürdigen Standhaftigkeit und Beharrlichkeit unter den bedenklichsten Umständen, devotest darzulegen. Möge ich höchster Gnade immerfort empfohlen seyn, wie sich jene frühere kleine Arbeit, nach so viel Jahren, einer ausgezeichneten Theilnahmen und Erinnerung zu erfreuen hat.

Der ich Ew. Wohlgeboren für geneigte Vermittelung den verbindlichsten Dank abstatte und mich zu sonstigen freundlichen Diensten immer bereit erkläre.

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 8. July 1819.

J. W. v. Goethe.


31/213.


An Johann Gottfried Langermann

[Concept.]

Nachdem ich gestern nach Weimar gefahren um meine Kinder zu begrüßen, ihnen zu glücklicher Rückkehr und zu allem dem Guten Glück zu wünschen was ihnen auswärts, besonders in Berlin begegnet, so halte ich hier in meiner Einsiedeley für die erste[213] Pflicht, auch ein Wörtchen des Danks an die günstigen Freunde gelangen zu lassen.

Zelter, den ich sowohl in Weimar als hier gesehen, hab ich persönlich die freundlichsten Worte sagen können. Nun wend ich mich in die nächste Nachbarschaft, zu dem werthen Blumen- und Kuchenfreunde, von dessen Gefälligkeit zu erzählen Ottilie fortfährt, da sie in Briefen schon das Anmuthigste gerühmt hatte.

Möge für so viel Freundlichkeit auch Ihnen das Freundlichste zu Theil werden.

Und so will ich denn auch für die gesendeten Beyträge zu des trefflichen Petersburger Wolfs bescheidener Lebensgeschichte den besten Dank sagen. Empfehlen Sie mich Herrn von Mursinna auf das angelegentlichste und fragen an: ob ich von dem Mitgetheilten in dem so eben der Presse übergebenen zweyten Hefte der Morphologie mit Erwähnung des freundlichen Gebers Gebrauch machen dürfe? Es ist mir eine angenehme Empfindung daß jener Mann, der so ganz im Stillen gelebt, daß seine Collegen, als er starb, gar nichts von ihm zu sagen wußten, doch endlich wieder zur Evidenz des Tages gelangt und zwar in dem Sinne, wie er seiner Zeit voraus gewesen und eine nächste vorbereitete. Nicht einem jeden wird es so wohl.

Alles Gute sey mit Ihnen.

[Jena] den 8. Juli 1819.[214]


31/214.


An Johann Jacob von Willemer

Nichts hätt ich mehr gewünscht, verehrter Freund, als daß Sie, da meine Kinder nach Berlin gegangen waren, im Stillen Zeuge gewesen wären wie das tägliche Tischgespräch zwischen Ulriken und mir sich um eine unruhige Verwunderung bewegte, wie Sie konnten so lange außenbleiben und schweigen. Zuletzt freylich erwarteten wir Sie nicht mehr und ich schrieb an Schlosser: ob Sie denn wirklich zu Hause seyen? welches er bejahete, da ich denn zugleich Ihren lieben Brief erhielt.

Ich blieb um so ungewisser über Ihre Zustände, als ich Mariannen gleich nach Ihrer Abreise geschrieben und einiges gesendet hatte, worauf ich einige Erwiderung hoffte. In einer Lage wie die meinige, ich darf sagen, wie die unsrige, haben wir treuen Sinn zu bewahren für diejenigen auf die unser Lebenswohl, unsere Lebensfreuden sich gründeten und stützten; dieß war mir von je eine natürliche, nothwendig eingeborne Pflicht, ich konnte sie im beweglichsten Leben einigermaßen erfüllen und ich nähre und erbaue mich daran in der Einsamkeit. Wie schön und dafür eine Gegenwart, sie mag uns zufällig gegönnt seyn, oder vorsätzlich erreicht werden, belebt und belohnt, empfand ich bey Ihrer Erscheinung, mein Theuerster, bey dem Besuche Zelters und anderer früheren That- und[215] Leidensgenossen; selbst bey der Rückkehr meiner nur zwey Monat entfernten Kinder.

Welche Seligkeit würde es daher für mich seyn, an dem freundlichen heiteren Maynstrom die theuren, wahrhaft geliebten Freunde wieder zu finden, und auf's neue das übrige Leben zu verpfänden. Wie ich dieses Jahr dazu gelangen sollte seh ich nicht ab, da außer den allgemeinen Schwierigkeiten noch besondere eintreten worüber Sie mir öfter, ersuchen Sie Mariannen, daß sie von sich hören lasse. Wie nah ich meinen südwestlichen Freunden bin, können Sie denken, da ich mich gegenwärtig in Jena befinde um den Abdruck des Divans zu beschleunigen, den man mir bis jetzt unverantwortlich verzögert hat.

Zu einigem Aufschluß des Obgesagten füge bey: daß ich eine bedeutende Aufforderung, an Rhein und Mayn diesen Sommer zu gehen, erhalten hatte; die ich aber aus Gründen ablehnte, die noch jetzt dagegen gelten würden und die gewiß von Schwere seyn mußten, weil sie die Hoffnung mit aufwogen die theuersten Freunde wiederzusehen. Mehr sag ich nicht. Nur den Wunsch noch bald wieder von den Lieben zu hören!

Jena den 9. Juli 1819.

G.[216]


31/215.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit hätte schon längst pflichtgemäß schriftlich aufgewartet, wenn ich nicht auch zugleich etwas Vollbrachtes aus meinem kleinen Geschäftskreis hätte zu melden gewünscht. Gegenwärtig in Jena fehlt es mir nicht an Stoff, wenigstens sehe ich mich am Schluß einer Epoche, wo man umherschauen muß was zunächst zu thun sey.

1. Sämmtliche Bücher, und was sonst zur Schloßbibliothek gehörig, sind nun in das akademische Gebäude gebracht und in dem medicinischen Hörsaale fächerweise aufgestellt; die letzten leeren Repositorien werden auch noch diese Woche hingeschafft und aufgeschlagen, und so wäre denn der erste Theil des höchsten Auftrages vollbracht, und beyde Bibliotheken wenigstens dem Locale nach vereiniget.

2. Professor Güldenapfel mit seinen Gehülfen, denen noch ein Schreiber beygefügt worden, hat indessen die Arbeit ununterbrochen fortgesetzt. Erst wurden vier Stunden, vom Juny aber sieben Stunden täglich gearbeitet. Und die in dem neuen Arbeitszimmer aufgestellte Glottik wurde nach verschiedenen Absonderungen dieses Faches methodisch geordnet und alphabetisch katalogirt. Ist diese Abtheilung in einigen Wochen völlig zu Stande; so wendet er sich an das[217] medicinische Fach im juristischen Auditorium und behandelt solches auf gleiche Weise. In einigen Monaten werden sich die Fortschritte dieser Rubrik auch beurtheilen lassen.

3. Rath Vulpius hat indessen, bey einem dreywöchentlichen Aufenthalte, die Buderischen und Sagittarischen Manuscripte verzeichnet und wird nach einer vierwöchentlichen ihm gegönnten Badefahrt auf Liebenstein das Geschäft wieder antreten und was alsdann für das Erste und Nothwendigste gehalten wird, vornehmen. Und so gedenken wir bis in den October hinein zu arbeiten, wo sich resumiren und überblicken läßt, was seit zwey wird, was und in welcher Ordnung fernerhin zu thun und zu handeln sey, wo sich nach dem Maaßstabe des bisher Geschehenen ergeben mag, in wie fern eine Beschleunigung und durch welche Mittel sie zu erreichen seyn möchte.

Aus Vorstehendem werden Ew. Königliche Hoheit zu ersehen geruhen: daß das Geschäft seinen stäten und vorgeschriebenen Gang genommen, so daß die wenigen Retardationen ihm nicht schaden können.

Übrigens ist zu Gunsten der sämmtlichen Beauftragten annoch anzuführen, daß die Bibliothek diese Zeit her eifrig wie sonst benutzt worden, wovon das genau geführte Ausleihebuch ein gültiges Zeugniß ablegt; nicht weniger, daß Fremde aller Art, durch den[218] Ruf des neuen Vorhabens angelockt, sich zum Besuch fleißig einfinden, worauf denn der Bibliothekar und seine Gehülfen manche Zeit zu verwenden genöthigt sind, welche dem gegenwärtigen Hauptgeschäft unzersplittert wäre zu widmen gewesen. Der Vortheil aber, daß dieser Bücherschatz immerfort benutzbar bleibt, ist zu groß als daß man sich nicht auch hierin finden sollte.

Weimar den 11. July 1819.


Geheimerath Loder hat den Prosector Homburg, unter bedeutenden Bedingungen, nach Moskau berufen. Es scheint, der so erfahrene Mann habe vergessen was für eine bedenkliche Person dieser Homburg ist, habe auch nicht bedenkliche Person dieser Jahre ein praktisches Talent an Energie gar oft verkürzen. Homburg hat seit seiner großen Krankheit wenig gethan, sein geschickter, aber auch an Sitten dem Vater ähnelnder Sohn mußte für ihn eintreten, und so wird es auch in Moskau werden, denn er ist mitgegangen.

Hofrath Fuchs warf nun sogleich seine Augen auf den bey der Veterinärschule angestellten Schröter; es ist sein Schüler, war bisher Custos des anatomischen Cabinetts und hatte sich auf dem Heinrichsberge unter Renner sehr ausgebildet. Er ist primo loco vorgeschlagen und wir freuen uns diesen jungen Mann so weit herangebracht zu haben.

[219] Glücklicherweise findet sich wieder ein recht guter Schüler von Renner, den wir auf Zeitcontract annehmen, wie solches bey subalternen Stellen zu empfehlen ist. Durch diese Wendung werden die Geschäfte nirgends stocken, vielmehr arbeiten die Angestellten künftig einander in die Hände.

Zu dem venetianischen Pferdekopf ist auch noch der Londner angekommen; sie sind im osteologischen Cabinett aufgestellt, und es ist daraus ersichtlich, wie man in jenen uralten Zeiten gedacht, was man verstanden und zu welchen Zwecken man gearbeitet hat.


Vorstehendes hätte längst abgesendet, wenn ich nicht Tag zu Tag gehofft hätte, die Ankunft Posselts melden zu können; sie ist aber noch nicht erfolgt und der bedeutende Comet hat also keinen entschiedenen astronomischen Empfang erlebt. Körner hat ihm nach seiner Art einige Aufmerksamkeit erwiesen.


Unsere guten Fürstenkinder sind wohl und munter, in dem aufgehellten Garten; sie werden mit mancherley Gutem und Erfreulichem beschäftigt.


Das große vortreffliche Blumenstück ist glücklich angekommen, und dient schon zu mancher künstlerischen Betrachtung und Nachbildung. Auch darf ich nicht verhehlen, daß Adam und Eva von Frankfurt gesund[220] in ihrer ganz nackten Vortrefflichkeit angelangt. Es ist gewiß ein höchst bedeutendes Werk und auf alle Fälle das Beste was unser Museum in dieser Art besitzt. Es möchte etwas später seyn als Albrecht Dürer, doch nicht weit in die zweyte Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts hineinreichen.


So eben kündigt mir Director von Schreibers die Spedition der osteologischen Kiste mit angelegentlichster Empfehlung, das verspätete Absenden entschuldigend, getreulich an. Der brave Mann war krank gewesen und mag in seinen laufenden Geschäften sehr zurückgekommen seyn. Die Jenaischen Naturfreunde erfreuen sich höchlich über den nun bald zu hoffenden Biber und Consorten.


Ein Himmelsereigniß, dergleichen sich niemand erinnert, hat und vom 8. auf den 9. July wach erhalten. Bey einem hohen Barometerstand, 28" und etwas drüber, bey ganz vollkommen klarem Himmel, fing es nach 9 Uhr an im Westen zu wetterleuchten, man glaubte, daß nach drey, vier unerträglich heißen Tagen sich die Atmosphäre auf diese Weise abkühlen würde. Allein das Wetterleuchten wuchs um 10 Uhr dergestalt, daß es den vollkommenen Halbkreis von Westen nach Süden, ohne Pause aufflammend, einnahm. Um es zu beobachten fuhr ich erst zum Neuthor, dann zum Erfurterthor hinaus, wo das Phänomen[221] immer gewaltsamer erschien. Die zu uns her nach Osten ziehenden Wolken waren nicht gewitterartig schwer, sie strebten leicht vor und erschienen keineswegs drohend. Von halb 11 Uhr an hatte man wohl Donner gehört, aber sehr Ferne, und die ganze atmosphärische Operation ging, wie auch schon die Barometerhöhe andeutete, in den höchsten Lustregionen vor. Gegen Mitternacht gelangt es endlich hierher, Sturm und Regen waren in Jena nicht der Erwartung gemäß, die Saale weiter hinauf, besonders in Drakendorf, wurden viel Bäume umgerissen und Äste der ältesten zerbrochen.

In Weimar war das Gewitter viel stärker, in Gotha aber gewaltsam überraschend, indem ein unerwarteter Donnerschlag die Landlustigen auf Mühlen und Dörfern aufschreckte und sie unter fortwährendem Blitz und Donner nach der Stadt trieb. Sturm und Regen haben viel Schaden angerichtet.


Nees von Esenbeck meldet mit Freunden Ihren gnädigen Besuch, Depositum und Mittheilung. Von Ihro Frau Gemahlin erfahre daß eine schöne Fächerpalme in Eisenach angekommen. Es wird mich freuen diese merkwürdige Pflanze, die ich vor soviel Jahren in Padua bewundert (die stufenweise Ausbildung der Blätter bis zur Blüthe bewahre noch getrocknet), wieder in Belvedere lebendig zu erblicken.

[222] Bey der hiesigen Anstalt macht Voigt seine Sachen mit einem belvederischen Gartenknechte (der Geselle Wimmer hatte uns sehr bald verlassen) so gut, daß ich wünsche es möge bey dieser Einrichtung künftig sein Bewenden haben. Nach einer Übereinkunft mit ihm habe das Gartenhaus zur oberaufsichtlichen Wohnung genommen und sehe also täglich was geschieht und was Noth ist. Genau betrachtet erscheint diese Anstalt so klein, daß außer dem Director ein gelernter Kunstgärtner eher hinderlich als förderlich wird. Voigt ist jetzt immer im Garten, ordnet an, alles geschieht nach seinem Sinne und keine Mißhelligkeit ist denkbar. Die Studenten wenden sich an ihn, sie attachiren sich an den Lehrer, weil keine Mittelsperson Entfremdung verursacht.

Die beyden Prinzen leben geregelt, besuchen und repetiren ihre Stunden fleißig. Ihre Führer scheinen sehr kluge und diesem Geschäft recht gewachsene Männer zu seyn.

Canzleyrath von Schmidt besitzt sehr schöne Kupfer und seine Freude daran vermehrt unsere Theilnahme. Er konnte bey seinem Aufenthalt in Genf, in der Nähe von nicht allzutheuren Kunsthändlern, in weniger Zeit viel zusammen bringen.

Vorstehendes, seit zehen Tagen schon Begonnenes, hat so lange gezaudert daß ich nun auch das medicinische Auditorium als ganz fertig ankündigen kann. In wenig Tagen hoffe das Bild unseres verdienten[223] von Voigt daselbst an einem, zwar etwas wunderlichen, doch höchst schicklichen Platze, aufzuhängen.

Darf ich, nach soviel anderem, auch noch häuslicher Zustände gedenken, so vermelde: daß meine Kinder, bey einem fünfwöchentlichen Aufenthalt in Berlin, sehr wohl und freundlich behandelt wurden. Man gab ihnen Gelegenheit, alles zu sehen, und bey der Vorstellung einiger Scenen aus dem Fürst Radziwillischen Faust in Monbijou zugelassen, wurden sie Ihro Majestät dem König und sämmtlicher Familie vorgestellt. Auch waren sie Zeuge von dem überraschenden Manövre, das sich in die Stadt zog und die Bürger nicht wenig in Verwunderung setzte, als ihre, die königlichen und prinzlichen Fenster vor dem Kanonendonner in Stücke sprangen. Die einige Tage darauf erfolgte Parade soll sehr imposant gewesen seyn.


31/216.


An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

Daß meine Kinder bei Ihnen, verehrter Freund! sehr gut würden aufgehoben sein, fühlte ich wohl voraus, auch konnte ich mich leicht überzeugen, daß durch Ihre Vermittelung die Merkwürdigkeiten der Königsstadt diesen jungen erfahrungsbegierigen Reisenden sämmtlich würden aufgeschlossen werden. Und so ist es denn auch geworden, und zugleich endlich einmal ein wahres Lebens- und Familienverhältniß[224] zwischen unsern Häusern entsprungen, welches bei meinem wunderlichen früheren Lebensgange nicht zu Stande kommen konnte. Lassen Sie es also fortan wirken und wachsen, auch die Kinder nachholen was die Väter versäumten.

Ihre Absicht, Hamanns Schriften endlich zu Tage zu fördern, habe ich nicht vergessen; doch wird mirs schwer mich über die Sache zu erklären, weil ich daran irre geworden bin. Letzten Winter durchdachte ich die bei mir aufbewahrten einzelnen Schriften und vergegenwärtigte mir so viel als möglich die Zustände des würdigen Mannes. Nun erhalten wir Auszüge von Halberstadt her und durch wird die Sache nur verwickelter.

Sollte ich das Resultat meiner Betrachtungen aussprechen, so würd ich sagen: was zu jener Zeit Vorrecht eines von Gott und der Natur privilegirten Mannes gewesen, ist gegenwärtig Gemeingut geworden und so finden wir seine Schriften stellenweis dem jetzigen gemeinen Menschenverstand angemessen, dem man zur Ehre nachsagen kann, daß er nicht wie der Nicolai'sche überall mäkelt und marktet. Dabei finden sich immer noch Stellen, die uns durch Kraft, Tiefe und Klarheit in Erstaunen setzen.

Eine Ausgabe seiner hinterlassenen Schriften wäre daher eine Art von Document, daß er unter uns[225] gewesen und wie er es gewesen. Die sämmtlichen Aufsätze möchten in chronologischer Ordnung aufzuführen sein; freilich aber auch dabei, in so fern es möglich, mit Fingerzeigen auf Zeit und Gelegenheit, auf seine Absicht im Ganzen und Einzelnen hinzudeuten.

Hier kommen aber bedenkliche Puncte vor: Das Verhältniß zu seinen Zeitgenossen war für sie nicht so ehrenhaft, als sie wohl denken mochten; man sehe die Briefe an Jacobi, wo er sich über diesen Freund offenbar lustig macht, man betrachte sein Verhältniß zur Fürstin Gallitzin, die ihn nach Münster zog, um ihn der römischen Kirche zu gewinnen, in deren Hause er aber so hartnäckig heidnisch-protestanisch verschied, daß sie ihn unwillig in einer Gartenecke begraben mußte. Auch blieb seine entschiedene Abneigung gegen die Ehre immer etwas problematisch und, so wenig als das Vorhergesagte, vor dem Publicum darstellbar, und doch bezeichnen diese Excentricitäten ganz eigentlich das Eigenthümliche seiner Bahn. Nach allem diesem bleibt mir nichts weiter übrig, als seine sämmtlichen sibyllinischen Blätter, wie sie in meinen Händen liegen, nächstens zu beliebigem Gebrauch zu übersenden und vielleicht gelegentlich Ihre Gedanken über die Art einer öffentlichen Benutzung zu vernehmen.

Gegenwärtig befinde ich mich in Jena, um der Druckerpresse endlich zu übergeben, was auf mir so viele Jahre lastet, und doch schein ich den rechten Weg noch nicht gefunden zu haben.

[226] Sie erlauben, daß ich Früheres und Späteres nach und nach zusende. Manchmal kommen mir solche Druckschriften vor wie jene eingefrornen Stimmen, die im Frühjahr aufthauen. Bei Hamanns Bogen war es mir oft so, auch bei den meinigen.

Leben Sie schönstens wohl und lassen Belebung unserer Kinder auch auf uns wirken.

[Jena den 11. Juli 1819.]


31/217.


An Theobald Renner

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht die gute Nachricht mitzutheilen, daß Herr von Schreibers in einem Briefe vom 2. Julius mir nunmehr meldet, daß die verzögerte Absendung nun wirklich der Spedition übergeben sey. Sie enthält:

1. Ein sehr wohlgerathenes, sehr vollständiges, vollkommenes (was höchst selten der Fall ist, da die Thiere üblicher Maßen sehr brutal mit Knitteln erschlagen werden) Skelett eines Bibers.

2. Ein nicht minder schönes und vollkommenes einer Gazelle.

3. Ein zwar vollkommenes, aber in der Bleiche minder gut gerathenes (wiewohl nach Betheurung des Prosectors, unvermeindlich) eines schönen ausgewachsenen Känguruhs.

4. Ein vortreffliches Kopfskelett eines schönen Büffels, sammt den Hörnern.

[227] 5. Ein vollständiges schönes Skelett eines Himantopus vulgaris, eines höchst seltenes Vogels, der auf einer früheren Desideratenliste ausdrücklich bezeichnet war.

6. Ein sehr fleißig präparirtes Cranium eines Corvi monedulae, des Gehörorgans wegen.

Von diesen merkwürdigen Präparaten können wir angenehme Unterhaltung und mannigfaltige Belehrung hoffen.

ergebenst

Jena den 11. July 1819.

Goethe.


31/218.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

besitzen unter den Büchern der naturforschenden Gesellschaft, wenn ich mich recht erinnere, das große Zedlerische Lexikon. Ich wünschte daß Sie mir dieses in meine neue Wohnung gegen Schein anvertrauten. Durch meine Entfernung vom Schloß, mehr noch durch die Verbindung der Schloßbibliothek mit der akademischen, fühl ich mich aller literarischen und historischen Hülfsmittel dergestalt beraubt, daß ich in jeder Stunde in Verlegenheit bin; obengenanntes Werk könnte zur Basis dienen einer kleinen Büchersammlung die ich nothwendig zusammenstellen muß.

Mich bestens empfehlend.

Jena den 11. July 1819.[228]


31/219.


Nach Weimar

[Concept.]

Da mir nicht bekannt ist, wer, nach dem plötzlichen Hintritt des guten Canzleyrath Vogel, die Geschäfte besorgt, in welchen er mir sonst gefällig war; so melde Folgendes zu freundlicher Beachtung:

In einiger Zeit wird durch Spedition des Hauses Fries und Comp. in Wien ein großer Verschlag unter Addresse Ihro Königlichen Hoheit des Großherzogs ankommen. Dieser enthält Thierskelette, für das hiesige osteologische Museum bestimmt.

Da diese Gegenstände schon lange erwartet und zu vorseyenden Arbeiten sehr erwünscht sind, so würde eine schleunige Sendung des uneröffneten Verschlags hieher, durch Schneidewein, sehr willkommen erscheinen, weshalb man von der Ankunft baldige Nachricht und schnelle Beförderung erbittet.

Jena den 11. July 1819.


31/220.


An Ottilie von Goethe

Deiner Sagacität, meine liebe Tochter, wird nicht entgehen was inliegendes an Grafen Gneisenau Gerichtetes eigentlich für Bedeutung habe. Es ist, wie du siehst, Erwiderung, Erinnerung, Entschuldigung, Dank und was nicht alles zugleich; wovon ich mir gute Wirkung verspreche.

[229] Wenn du nun, meine Liebe, einen recht zierlichen Brief dazu schreiben und das Blatt sogleich absenden wolltest, so hätten wir wieder einen Theil unserer Schuld wenigstens mit Papier abgethan.

Lebet wohl und zufrieden. Grüße Ulriken. Es kommt mir manchmal wunderbar vor daß wir so lange mit einander gelebt und nun auf einmal geschieden sind. Oft vermiß ich sie und den Kleinen und euch dazu. Doch da ist kein Rath! diese acht bis vierzehn Tage muß ich noch aushalten, alsdann aber ist auch das beynahe Unmögliche geleistet. Lebet zum schönsten.

treulichst

Jena den 12. July 1819.

Goethe.


31/221.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

[Jena] 16. Juli 1819.

Ew. Wohlgeboren

übersende einstweilen ein Exemplar zu geneigter Beachtung, die letzten Bogen folgen zunächst. Ganz zum Schluß wünschte ich noch einen orientalischen Spruch, ohngefähr des Inhalts:

Herr laß dir gefallen

Dieses kleine Haus

Auf die Größe kommts nicht an,

Die Frömmigkeit macht den Tempel,

oder wenn Ihnen etwas Schicklicheres einfällt.[230]

Mögen Sie vielleicht heut Abend um 7 Uhr einige Stunden bey mir zubringen.


31/222.


An Carl Ludwig von Giesecke

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben durch die angenehmste Sendung, welche die Herren Gruhner und Dörftling von Wien geneigt und wohlbehalten befördert, mir ein unerwartetes Vergnügen gemacht. Der ganze Inhalt war von ausgezeichneter Bedeutung. Die Zinnformation, zu der ich aus alter, nachdenklicher Liebhaberey immerfort zusammentrug, ist höchst belehrend vermehrt. Auch der Kryolith zeichnete sich aus, indem er eine merkliche Lücke meiner Sammlung erwünscht ausfüllte, der helle Labrador ist von großer Schönheit, ja ich müßte jedes einzelne Stück benennen, sie sind sämmtlich ausgesucht und willkommen.

Nehmen Sie daher meinen aufrichtigsten und besten Dank, daß Sie mich Theil haben an denen mit so vielem Aufwand an Zeit und Kräften gesammelten Schätzen, und bleiben versichert daß ich Ihrer jederzeit bey wissenschaftlicher Durchsicht meiner Lieblingsfächer anerkennend gedenken werde.

Durch Herrn Dr. von Schreibers hatte früher schon Nachricht von Ihren großen und glücklichen Unternehmungen, auch wie herrlich das Kaiserliche Cabinett[231] sodann bereichert wurde, da Sie Ihre Schätze demselben überließen; und Sie werden es gegenwärtig gewiß freundlich aufnehmen, wenn ich das längst zugedachte Diplom der Jenaischen mineralogischen Gesellschaft hiemit zusende.

Es hat diese, durch ihren würdigen Director Lenz, das entschiedene Verdienst, daß sie seit so viel Jahren den Antheil an Oryktognosie und Geognosie unter den ungünstigsten Umständen bey der akademischen Jugend immerfort Leben gleich bedeutende Wissen unablässig fortgepflanzt so wie die Ehrfurcht für diejenigen, welche sich aufopferten das Fach zu erweitern und zu erhellen. Gönnen Sie unserem Kreise ein geneigtes Andenken, wie denn auch künftighin auf Ihre Wirkungen aufzumerken eine unserer angenehmsten Pflichten seyn wird.

Jena den [17.] July 1819.


31/223.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Hochwohlgeborner!

Das längere Außenbleiben der angekündigten Sendung sollte uns nicht leid thun, wenn wir nicht erfahren müßten, daß eine Krankheit, welche Hochdieselben ergriffen, dabey in Betrachtung käme; möge, bey dem großen und herrlichen Wirkungskreise, in[232] welchem Sie unablässig thätig sind, auch physische Kraft immer zur Hand seyn, an die so ununterbrochener Anspruch genommen wird.

Ich muß aufrichtig gestehen daß ich mit Bewunderung gelesen und wieder gelesen habe die Instuctionen, welche der brasilianische Expedition ertheilt worden; denn bey einem solchen Unternehmen, wo gränzenlose Zufälligkeiten weniger zu hoffen als zu fürchten sind, muß ein solcher heiliger Anker das Beste thun, daß man sich immer fest an der Hauptabsicht halte, wenn auch so manches irre macht und aus dem Wege treibt. Ich habe mich mit einigen Freunden an diesen Kostbaren Blättern ergötzt und erbaut; gern hätt ich sie weiter mitgetheilt, aber Gebrauch und Mißbrauch berühren sich jetzt so nahe, daß Vertrauen nur unter den Zuverlässigsten statt finden kann.

Nun hab ich noch etwas zu melden und anzufragen. Durch die Gefälligkeit des Herrn Ritter von Giesecke, dessen Verdienste um die Kaiserlich Königliche Sammlung mir aus den mitgetheilten Blättern erst recht klar geworden, erhalte eine sehr angenehme, bedeutende Sammlung von grönländischen und andern Mineralien, die eine Lücke meines kleinen Cabinetts gar freundlich ausfüllen. Ew. Hochwohlgeboren Theilnahme möchte ich diese überraschende, höchst angenehme Gabe gern zuschreiben, und da ich nicht weiß wo gedachter wackere und wohlwollende Mann sich gegenwärtig befindet;[233] so nehm ich mir die Freyheit einen dankenden Brief an denselben hier beyzulegen, indem die Sendung durch das Wiener Haus Gruhner und Dörftling an mich befördert worden, an welche allenfalls dieses Schreiben geneigstest abzugeben wäre.

In der jetzt etwas aufgeregten lieben Musenstadt Jena beschäftigen wir uns noch immerfort mit dem unversieglichen Naturstudium. Wir besitzen glücklicherweise noch Männer, die an diesem Felsen fest halten und sich nicht durch die Welle des Tags losreißen und hin und her treiben lassen. Die Ankunft der zugesagten Naturmerkwürdigkeiten wird abermals über uns alle ein neues Leben verbreiten.

Ihro Königliche Hoheit, mein gnädigster Herr, befindet sich gegenwärtig an Lahn und Rhein recht wohl und zufrieden. Ew. Hochwohlgeboren Andenken konnte in diesen Tagen auf das freundlichste erneuern.

Die abschriftlichen Instructionen für Brasilien sind wohl verwahrt in meinen Händen; ich lege sie bey nächster Sendung mit Dank wieder bey.

Meine gute Schwiegertochter empfiehlt sich dankend zum allerschönsten. Bey der nunmehr sich annähernden Erfüllung unserer Wünsche möchte ihre Ungeduld das Verlangen der Naturforscher wohl übersteigen, doch wird eine schmackhafte Befriedigung desto höhern Genuß gewähren.

Verehrungsvoll.

Jena den [17.] July 1819.[234]


31/224.


An Constantin Ludwig Freiherrn von Welden

[Concept.]

[17. ? Juli 1819.]

Ew. Hochwohlgeboren

geneigtes Schreiben erhielt ich zu meinem besonders Vergnügen als ein ausführliches Supplement zu unserer leider sehr abgekürzten Unterhaltung und versichere erwidernd aufrichtig, daß ich mit Denenselben völlig übereinstimme, sowohl in der Ansicht der Zustände als in dem Sinne wie man sich zu betragen habe. Da ich nun also weiter nichts anzufügen wüßte; so nehme mir die Freyheit einigen historischen Betrachtungen Lauf zu lassen die etwas Licht über die Sache zu verbreiten scheinen.

Katholische Schulanstalten ruthen zu ältester Zeit auf mönchisch-klösterlichem Zusammenseyn, auf einer Form wie sie jetzt noch in Rom, ja im protestantischen England besteht. Aber schon im Papstthume, bey weiter verbreitetem wissenschaftlichem Bedürfniß, wurden die Anstalten freyer und weiter, man sehe die Heidelberger Universität zu ihrer Stiftungszeit und Prag zu Zeit Hussens.

Man vergegenwärtige sich wo möglich den ungeheuren Drang nach Wissen zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts, woraus die Reformation in der Schweiz und in Deutschland hervorging. Man gedenke der Schule von Breslau und der Völkerwanderung dahin.

[235] Das alles ward angeregt durch Wißbegierde, durch Glauben und Vertrauen zu dem Lehrer, der wirklich oft eine tyrannisch-väterliche Gewalt über unmündige und bärtige Studenten ausübte.

Ein gleicher Sinn ging auf die protestanischen Universitäten über, die Lehrer hatten einen unglaublichen Vorsprung vor den Lernenden. An ihnen war ehrwürdig: feste Anhänglichkeit an gewisse Maximen, Glaubens- und Meinungsregeln, zusammenhängendes Wissen, gegründete Gelehrsamkeit, gewandter Geist, Ausdruck in alt- und neuen Zungen, ein etwas pedantischer Anstand im Betragen; das alles zusammen gab Ansehen, und indem die Kernmänner meist ein hohes Alter erreichten, erschienen sie als Ahnherrn ihrer Schüler. Hierauf ruhte die akademische Disciplin; das väterliche Regiment war auf Ehrfurcht gegründet.

So ohngefähr war es noch in meiner Jugend; alsdann aber hab ich seit funfzig Jahren junge Professoren herankommen sehen und immer jüngere strebenden, die lehrend lernten und in den letzten Zeiten sich gar der Jugend gleich stellten, Gesinnungen, nicht Wissenschaft überlieferten, mit revolutionärem Geiste alles nivellirten, ohne zu bemerken, daß sie sich selbst, mit der übrigen Gesellschaft, auf die Wasserebene herunterbrachten. In der letzten, hoffnungs- und thatenreichen Jahren erschienen Lehrer und Schüler als Zelt- und Spießgesellen, selbst ältere[236] wollten dafür gelten. Wo soll nun Disciplin herkommen, wenn sich alles für gleich erklärt, und die sämmtliche studirende Jugend sich als Masse consolidirt hat. Dieser Zustand wird noch verschlimmert dadurch, daß die akademischen Körper, wie alle übrigen nach und nach entstandenen Vereine, einen Staat im Staat zu bilden und sich vom Gouvernement unabhängig zu machen gesucht haben. Kaum erlangten sie dieß auf einen gewissen Grad, so zeigt sich daß sie dadurch selbst innerlich ohnmächtig geworden und weder Collegen noch Untergebene zu bändigen im Stande sind. Jetzt verschlimmern sich die Zustände bis zum Extrem, das Gouvernement muß doch zuletzt wieder eingreifen und, weil in der Sache keine Folge ist, geschieht dieß vielleicht auch zur unrechten Zeit und mit bedenklichen Mitteln, unausreichend.

Vorstehende Skizze, mit Belegen ausgeführt, würde einen Denkenden von der wahren Lage der Dinge überzeugen, die jetzt auch für kluge und gewandte Männer oft ein Problem bleibt.

Bey der vorseyenden Reorganisation von Erlangen wird Ihnen alles das was ich hier ausgesprochen, so wie der einsichtige Inhalt Ihres Briefs gar oft zu Gedanken kommen.

Findet man nach allem diesem auch noch manche in ihrem Fach völlig verrückte Lehrer wie Kanne z.B., so wird die Sache noch viel complicirter und wunderlicher.

[237] Ew. Hochwohlgeboren werden gewiß ohne meine Bitte diese Blätter auf's strengste secretiren; sie enthalten zwar nichts als was mancher im Stillen denkt, allein ich habe bisher das Glück gehabt nicht in die öffentliche Controverse eingeschleift zu werden, wie jedem gar leicht begegnen kann. Die Chorführer der Menge sind gar aufmerksame Leute, ohne sich beredet zu haben handeln sie zu gemeinsamem Vortheil.

Ihr bedeutendes Geschenk hat mich zu einiger Veränderung meiner Sammlung genöthigt und schon zu lehrreichen und angenehmen Unterhaltungen mit Naturfreunden Gelegenheit gegeben.


31/225.


An Anton von Ziegesar

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

ist das Mißverhältniß nicht unbekannt geblieben welches zwischen dem Hofgärtner Wagner und seinem Vorgesetzten längst obwaltete; es nahm mit den Jahren dergestalt zu, daß man sich nicht ohne Aufopferung entschließen mußte, diesen sonst brauchbaren Mann von dem botanischen Garten zu dispensiren, und man hoffte nunmehr, besonders nach der günstigen Anstellung in dem Erbgroßherzoglichen Garten, endlich zur Ruhe zu kommen.

Allein es hat sich gedachter Hofgärtner Wagner in diesen Tagen ganz frühe, ich weiß nicht auf welchem[238] Wege, in dem botanischen Garten eingefunden und sich, wie man sagt, Pflanzen zugeeignet, auch ist er im Laufe des Tags zu den Arbeitern gekommen, soll ähnliche Forderungen gethan und sich geäußert haben daß er berechtigt sey sich des botanischen Gartens nach Belieben zu bedienen.

Ich habe diese unangenehme Sache nicht weiter untersuchen wollen, sondern trage sie vor wie sie mir erzählt worden. Ew. Hochwohlgeboren entgeht nicht, was aus einem solchen Betragen für Unordnung, Mißstand auf's gimpflichste beseitigen zu helfen.

Jena den 20. Juli 1819.


31/226.


An August von Goethe

[Concept.]

In Erwiderung der guten Nachrichten und des köstlichen Rehbratens vermeld ich, daß heute der immer noch in mancherley Retardationen schwankende Abschluß des Divans endlich bis zum Ende revidirt in die Druckerey abgegeben worden. Die letzten Aushängebogen können nun auch nicht lange außenbleiben und Ottilie erhält sodann ein vollständiges Exemplar.

Daß die Angelegenheit der Hinterhäuser so glücklich beseitigt worden, ist sehr löblich und gut; wenn[239] ich hinüber komme, wollen wir das Weitere besprechen und verfügen.

Von hier hoffe mich diese Woche los zu machen, ob sich schon, wenn man auch eins abgethan hat, manches wieder hervorthut.

Auf der Bibliothek ist alles im Gange und es bedarf daselbst meiner nicht weiter. Mit entschiedenem Entschluß hoff ich alles übrige auch abzuschließen; ich würde Sonntags früh eintreffen. Doch Sonnabends erst noch nähere Nachricht.

Zelter fängt einen Brief in Carlsbad an den 7. July und endigt denselben den 10. in Regensburg; den 12. wollt er zu Wasser nach Wien hinunter. Er schreibt wie er denkt und spricht gar tüchtige Dinge.

Wenn ich zurückkomme, hoff ich Ottiliens drei Wünsche auf einmal zu befriedigen; es macht sich alles glücklich nach und nach.

[Jena 20. Juli 1819.]


31/227.


An Johann Carl Wesselhöft

Ew. Wohlgeboren

danke für die gegebene Kenntniß zum schönsten und würde in gegenwärtigem Fall das erste angezeigte Verfahrungsmittel vorziehen, daß

der Buchbinder auf dem Bogen, auf welchem die Cartons angedruckt sind, durch gebräuchliche Linien[240] im Kreuz- und Bundstege aufmerksam gemacht werde, daß er hier etwas abzuschneiden und anderswohin zu binden habe.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

ergebenst

Jena den 20. July 1819.

Goethe.


31/228.


An Anton von Ziegesar

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

danke verbindlichst für die so schleunig beygelegte und geordnete Sache; ich habe hiernach den Hofrath Voigt beruhigt und erbitte für ihn die Erlaubniß, in einem zwar nicht wahrscheinlichen, doch möglichen Falle sich an Hochdieselben unmittelbar wenden zu dürfen.

Die gefällig mitgetheilten Hefte werde mit Antheil studiren, in Hoffnung, vielleicht in der Folge, durch mündliche Unterhaltung, noch tiefer in diese offenbaren Geheimnisse eingeweiht zu werden.

Nicht weniger fühl ich mich dankbar verpflichtet für die Mittheilung des zwar etwas wunderlichen, aber doch immer genugsam interessanten Werkes.

Der ich mich, unter vielen herzlichen Grüßen an die theuren Ihrigen, zu geneigtem Andenken empfehle.

Jena den 23. July 1819.[241]


31/229.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey noch einige Aushängebogen; die beyden letzteren werden unmittelbar aus der Druckerey an Dieselben gelangen, und indem ich nochmals für geleistete Theilnahme den verbindlichsten Dank abtrage, füge ich den Wunsch hinzu daß Sie auch fernerhin meiner Arbeit Antheil, Urtheil und Berechtigung nicht versagen mögen.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Jena den 23. July 1819.


31/230.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

übersende bey meiner Abreise noch drey Gegenstände:

1. Das mitgetheilte Stück Bernstein, welches jedoch seine entoptische Eigenschaften verloren zu haben scheint.

2. Ein Stück sogenanntes Nierenholz zu gelegentlichem Versuch, ob nicht etwa auch aus demselben wie aus der Quassia ein trüber Liquor zu entwickeln wäre.

3. Etwas schwarzen Kaffee. Sollte die Farbe durch Einfluß des Meerwassers, worin die Kisten eine Zeitlang gelegen, etwa hervorgebracht worden seyn?

[242] Mit den besten Wünschen mich in einer kurzen Abwesenheit empfehlend

ergebenst

Jena den 24. July 1819.

Goethe.


31/231.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Sollten Serenissimus Vinariensis bei Ihro Anwesenheit in Cöln nicht anders angeordnet haben, so bitte nach beiliegendem Blättchen geneigt zu verfahren.

Verzeihung dem Lakonismus. Nächstens mehr und hoffentlich Geschriebenes, Gedrucktes, und Gebildetes zusammen.

Freundlichstem Andenken!

Weimar den 25. July 1819.

Goethe.


Aus der Auction des Canonicus Pick wünscht man Folgendes:

No. 5. Das Porträt des Cornelius Agrippa von Nettesheim

20 Carolin.

– 88. Der heilige Augustinus und die Odilia

10 - .

pag. 21. Sechs und dreißig Stück gemahlte Glasfenster

15 - .


Weimar den 25. July 1819.

J. W. v. Goethe.[243]


31/232.


An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

[Weimar den 25. Juli 1819.]

Hierbei sende, versprochener Maßen, die Hamannischen Schriften, wie sie diesen letzten Winter von mir eingepackt worden. Auch lege einen kleinen Aufsatz bei, den ich auf Anregung Herrn Hofrath Dorow, welcher sich mit einer Ausgabe der Hamannischen Schriften schmeichelte, wohlmeinend verfaßt. In wie fern das Gesagte Ihnen brauchbar seyn kann, da Sie diesen Gegenstand näher und genauer zu beurtheilen gerüstet sind, werden Sie in der Folge geneigt eröffnen.

Nehmen Sie übrigens das Gegenwärtige freundlich auf und zugleich meinen wiederholten Dank für alles meinen Kindern erzeigte Gute; sie befinden sich wohl und das Enkelein auch.

Tausend Grüße den theuern Ihrigen, und allen Freunden.

treulichst

Jena den 20. July 1819.

Goethe.


31/233.


An Marianne von Willemer

Nein, allerliebste Marianne, ein Wort von mir sollst du in Baden nicht vermissen, da du deine Lieben Lippen wieder walten lässest und ein unerfreuliches[244] Stillschweigen brechen magst. Soll ich wiederhohlen daß ich dich von der Gegenwart des Freundes unzertrennlich hielt und daß bey seinem treuen Anblick alles in mir rege ward was er uns so gern und edel gönnt. Ob du gleich schwiegst hatte ich allerley zurecht gelegt, der Rückkehrende vermied und es blieb liegen.

Nun da du sagst, und so lieblich, daß du mein gedenckst und gern gedencken magst; so höre doppelt und dreyfach die Versicherung daß ich jedes deiner Gefühle herzlich und unabläßig erwiedre. Möge dich dies zur guten Stunde treffen, und dich zu einem recht langen Commentar über diesen kurzen Text veranlassen. Wäre ich Hudhud ich liefe dir nicht über den Weg, sondern schnurstracks auf dich zu. Nicht als Boten, um mein selbst willen müßtest du mich freundlich aufnehmen. Zum Schluß den frommen liebevollen Wunsch

Eja! wären wir da!

W. d. 26. Jul. 1819.

G.


31/234.


An Joseph Cogswell

[Concept.]

In Hoffnung daß dieser Brief, theuerster Herr und Freund, Sie noch in Dresden finden werde, lege ich ein Diplom der mineralogischen Gesellschaft für Herrn Parker Cleaveland in Boston bey; dieser würdige[245] Mann hat gedachtem wissenschaftlichem Verein sein belehrendes Werk freundlich zugesendet und verpflichtet und zu dankbarer Anerkennung.

Nun aber frag ich an, wohin Sie die längst zugesagte Sendung meiner dichterischen und wissenschaftlichen Schriften wollen gerichtet wissen, die ich Ihrem vaterländischen Institut mit Vergnügen widme, damit auch über dem Meere mein Andenken gestiftet sey. Erhalten Sie mir Ihre freundlichen Gesinnungen und lassen mich manchmal aus jener Weltgegend einiges erfahren, wie ich denn versichern darf daß Herrn Mardens Werk auf's fleißigste studirt werde, besonders aber auch der kleine Aufsatz aus dem Edinburgh Magazin mir die schönsten Aufschlüsse verliehen, so daß ich ihn nicht genug lesen und wiederlesen kann. Man lernt bedeutende, sich auf eine eigne naturgemäße Art entwickelnde Zustände kennen.

Weimar den 29. July 1819.


31/235.


An Juliane Auguste Christinevon Bechtolsheim

[Concept.]

Sie erhalten, verehrte Freundin, auch einmal wieder einen Brief von mir und zwar bey einer ganz freundlichen Gelegenheit. Mich besucht nämlich heute früh ein junger Mann, der sich als Franzose ankündigt. Seine Decorationen deuten auf vielfache Verdienste in den letztvergangenen Kriegen und sein[246] Gespräch beweis't weit umsichtige Kenntniß mehrerer Sprachen, besonders auch gute Bekanntschaft mit der deutschen. In Naturwissenschaften ist er wohl erfahren und setzt mich durchaus in Verwunderung.

Aus einer zwar nicht tadelnswerthen aber doch vielleicht unzeitigen Discretion mag ich mich bey seinem kurzen Aufenthalte nicht weiter nach seinen Zuständen erkundigen, ob ich gleich vermuthe, daß er früher schon als Emigrirter Deutschland betreten und seinen Gesinnungen getreu zur jetzigen Gestaltung Frankreichs thätig mitgewirkt habe. Daß er aus Auvergne gebürtig, entdeckte sich bey einem mineralogischen Gespräche.

Glücklicherweise fand sich am Ende der Unterhaltung daß er in Eisenach bekannt und mit Ihnen in Verbindung sey, auch Sie zu besuchen gehe; da ich mich denn schnell entschließe zu schreiben, um durch Sie, meine werthe Freundin, das Nähere zu erfahren. Sagen Sie mir bey dieser Gelegenheit wie Sie sich befinden, daß Sie bey Anwesenheit unserer Herrschaften angenehmer Unterhaltung genossen und was Sie sonst für gut und freundlich achten.

Ich bewege mich nach alter Weise zwischen der Ilm und Saale, wahrscheinlich auch bald zur Eger und Elbe. Möge Gegenwärtiges Sie gesund und vergnügt und meiner noch mit Neigung eingedenk nicht unwillkommen überraschen.

Weimar den 30. July 1819.[247]


31/236.


An den Kurfürsten Wilhelm von Hessen-Cassel

Durchlauchtigster Kuhrfürst,

gnädigster Großherzog und Herr

Eine jede Anzeige daß meine schuldige Sendung zu Ew Königl Hoheit gnädigsten Händen gelangt sey würde mich schon vollkommen beglückt haben. Daß aber HöchstDieselben mich davon, unter den ehrenvollsten Ausdrücken, Selbst zu versichern geruhen fordert und verpflichtet mich zu devotester Danckbarkeit, welche hiemit gerührt auszusprechen nicht verfehle. Mit wiederholter Anerkennung HöchstIhro erhabenen Eigenschaften und redlichster Betheurung wie schmeichelhaft es sey Ew. Königl Hoheit Aufmercksamkeit meinen Arbeiten zugewendet und erhalten zu wissen, zu aufrichrichtigst empfundener Verehrung zeitlebens mich bekennend

Ew Königl Hoheit

unerthänigster

Weimar den 1. Aug. 1819.

J. W. v Goethe.


31/237.


An Adolph Müllner

[Concept.]

[1. August 1819.]

Ew. Wohlgeboren

bin für gefällige Mittheilung des vollständigen Trauerspiels den verbindlichsten Dank schuldig; die letzten[248] Acte habe ich mit wachsendem Interesse gelesen und wünschte nur daß es in einer Zeit entstanden wäre wo ich mit Ernst und Treue noch auf das Theater einwirkte, um, von Ihnen wohlberathen, durch eine sorgfältige Vorstellung den Antheil thätig zu beweisen, den ich daran empfunden.

Unsere lieben Landsleute werden dieses vorzügliche Stück gewiß ehrenvoll empfangen und ich hoffe, sie sollen auch eine so glücklich erfundene, gedachte und ausgeführte Arbeit nach Würden honoriren, damit der verdiente Autor bey dem höheren Gefühl, etwas Bedeutendes geleistet zu haben, auch noch durch wohlerrungenen irdischen Vortheil billig erfreut werde.

Möge, nach meinen Wünschen, alles zum Besten gedeihen.

Weimar den [29.] July 1819.


31/238.


An Johann Salomo Christoph Schweigger

[Concept.]

[2. August 1819.]

Es wird nun bald jährig daß ich das Vergnügen hatte Ew. Wohlgeboren in Carlsbad zu begegnen und von Denenselben manches Angenehme zu erfahren. Gegenwärtig bin ich im Begriff einen Aufsatz über entoptische Erscheinungen zu redigiren, wobey ich Gelegenheit finde Ihrer geneigten Theinahme in jedem Sinne zu gedenken. Da ich nun aber zugleich[249] den dazu nöthigen Apparat wenigstens im Allgemeinen beschreiben möchte; so wünschte den Namen Ihres geschickten Erlanger Künstler zu erfahren um auf denselben hinweisen zu können.

Ich unterscheide aber dreyerley Apparate.

1) Den einfachsten, Cubus uns Spiegel, welche, beyde durch ein Scharnier verbunden, zum täglichen und Reisegebrauch bequem sind.

2) Apparat mit zwey Spiegeln, einem untern und obern, wo der Cubus zwischen die Spiegel gelegt wird; der untere bleibt unbeweglich gegen jede Art von Hellung gewendet, der obere läßt sich um seine perpendiculäre Achse drehen, da denn der Zuschauer seinen Platz verändern muß.

3) Der als Mikroskop angelegte, wie ich denselben Ew. Wohlgeboren Geneigtheit verdanke.

Möchte der geschickte Künstler erklären ob er diese dreyerley Apparate und um welchen Preis er sie zu fertigen geneigt sey, und dürfte man vielleicht äußern daß Ew. Wohlgeboren nicht abgeneigt seyen, bey Bestellungen einigen Antheil an der Ausführung zu nehmen?

Noch bin ich nicht ganz entschieden ob ich dießmal einen Besuch in Carlsbad machen werde. Auf alle Fälle aber wünsch ich dort eine so angenehme und lehrreiche Gesellschaft als mir im vorigen Jahr zu finden glückte.

Weimar den 1. August 1819.[250]


31/239.


An Johann Salomo Christoph Schweigger

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe vor einigen Tagen schriftlich begrüßt und um einiges angefragt. Noch eine Frage füge ich durch Gegenwärtiges hinzu. Bey Ihrer hiesigen Anwesenheit zeigten Sie mir das entoptische Phänomen mit dem Untersehen die Erscheinung umkehren konnte. Auch eine deutliche Beschreibung davon haben Sie in dem Journal für Chemie und Physik gegeben; da ich nun aber die Stelle nicht sogleich finden kann, so ersuche, zu gefälliger Antwort auch noch diese Notiz hinzuzufügen.

Der ich die Ehre habe mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 2. August 1819.


31/240.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgeboren

habe unter dem 24. July ersucht in der Pickischen Auction einige Commissionen besorgen zu lassen. Nun vernehme aber von Serenissimo daß Höchstdieselben Ihre Commissionen schon an Herrn von Münchow gegeben, wovon hiedurch avertire und die Sache auf sich beruhen zu lassen bitte.

[251] Mich zu geneigtem Andenken angelegentlichst empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 4. August 1819.

Goethe.


31/241.


An Johann Jacob von Willemer

Weimar den 5. August 1819.

Hier, mein verehrter Freund, die verlangten Festgedichte, ich glaubte nicht daß es Ihnen noch eine Neuigkeit seyn könnte, denn vor mir sind diese Erscheinungen wie so viele andere längst vorüber. Nach Baden habe ich gleich geschrieben, man wird verzeihen wenn ich zu aufrichtig gewesen bin. An jedem schönen Tage sehne ich mich nach Ihren Ufern, bin jetzt noch viel gebunden und seh am Ende doch noch die steilen böhmischen Gebirge vor mir. Zu liebenswürdigen Entschlüssen scheint es nicht mehr an der Zeit zu seyn. Möge sich alles Gute so gewiß um Sie versammlen, als ich an Gedanken jederzeit bei Ihnen gegenwärtig bin.

treulichst

Goethe.


31/242.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey die gewünschte Abschrift, da ich denn zugleich bemerke daß nur durch die Saumseligkeit[252] des Buchhändler Hoffmann die Anschaffung der verlangten Bücher verspätet worden. Auf wiederholte Erinnerung wird sich endlich das kleine Geschäft aufklären.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

gehorsamst

Weimar den 10. August 1819.

Goethe.


31/243.


An Joseph Cogswell

Sie erhalten hiebey, mein Theuerster, durch Bemühung der Herrn Bassenge & Comp. ein Packet, worin meine nachverzeichneten, sowohl poetischen als wissenschaftlichen Schriften enthalten sind. Sie sind gut gepackt und ich wünschte nicht daß sie aus einander genommen würden. Vielleicht ließen Sie solche wegen der weiten Reise noch in einen Kasten schlagen; doch dieses sey Ihnen überlassen.

Mögen Sie bey Übersendung dieser Resultate meiner Studien und Bemühungen Ihren lieben Landsleute mich zum besten empfehlen; so werde ich es dankbar erkennen.

Auch ich bereite mich zu einer reise nach Carlsbad vor, bitte mir aber nach hieher die Nachricht zu senden, daß das Packet wohl angelangt sey. Gar sehr hätte ich gewünscht in jener wichtigen Gebirgsgegend mich mit Ihnen über bedeutende Vorkommenheiten[253] unterhalten zu können. Wenn Sie mir die Nummern anzeigen die in Ihrer Sammlung der Carlsbader Mineralien fehlen, so kann ich vielleicht auch diese nachsenden.

Bey einem fleißigen Studium von Herrn Mardens höchst interessantem Werke befinde ich mich oft in Ihrer Heimath, wo ich Sie, wenn Sie uns verlassen sollten, mit Gedanken und Gemüth fleißig besuchen werde.

Leben Sie glücklich und vergnügt und lassen sowohl diesseits als jenseits manchmal von sich hören. Die zugesagten Zeitschriften erwarte mit verlangen.

treulichst

Weimar den 11. August 1819.

Goethe.


31/244.


An die Harvard University

Thro' the Agency of Mr. J. G. Cogswell.


Goethe's Works Vol. I – XX.

Doctrine of the Colours Vol. I – II.

– Plates 4to.

The Propylaea Vol. I – III.

Life of J. G. Hackert.

Travels in Italy Vol. I – II.

Art and Antiquity Vol. I – II.

On Natural Science.

Bohemian Mountains (3 Copies).

[254] Iphigenia translated into Modern Greek (3 Copies).

Occasional Poems.


The above poetical and scientific works are presented to the library of the University of Cambridge in N. England, as a mark of deep Interest in its high literary Character, and in the successful Zeal it has displayed thro' so long a Course of Years for the promotion of solid and elegant education.

With the high respects of the Author

J. W. v. Goethe.

Weimar Aug. 11. 1819.


31/245.


An Heinrich Ludwig Verlohren

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

durch Gegenwärtiges anzugehen nehme mir die Freyheit auf Veranlassung und Befehl meines gnädigsten Herrn, wie sie mir kurz vor seiner Abreise zu Theil wurden; es ist die Rede von denen übersendeten Granaten welche geschliffen werden sollen. Nun wäre der Wunsch daß sie nicht entzwey geschnitten, sondern durchbohrt nach allen Seiten hin geschliffen, sondern durchbohrt nach allen Seiten hin geschliffen werden, wobey denn freylich der Diamant- oder Rosettenschliff anzuwenden wäre.

Könnte ich, in wie fern es thunlich sey und was die Kosten seyn würden, baldigst Nachricht erhalten;[255] so wird es mir sehr angenehm seyn, indem ich gegen Ende des Monats von hier abzureisen gedenken.

Sollte die Antwort sich irgend wegen eines Umstandes verziehen; so haben Sie die Gefälligkeit sie geradezu an Serenissimum anher zu addressiren.

Der ich, für die meinen Kindern geneigte Aufnahme den besten Dank hinzufügend, mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar den 11. August 1819.


31/246.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

begrüße dießmal nicht ohne einigen Schmerz, indem ich mich so eben zu einer Reise nach Carlsbad anschicken muß, da ich doch so gern meinen Weg nach Ihrer Gegend richtete, wo so manches Gute von Alters her und auch neuerdings die vermehrten und geordneten Schätze unserer Boisserée's mich erwarteten. Ich ergebe mich aber drein, besonders da ich dießmal nur kurze Zeit von Hause wegbleiben kann.

Hierbey erfolgt meine abgeschlossene Jahresrechnung, welche mit der Ihrigen zu vergleichen bitte. Was mir zu Gute bleibt werde nach und nach gelegentlich erheben.

Zugleich äußere einen Wunsch: daß ich doch möchte vier Velin- und acht Schreibpapierexemplare der Supplemente zu meinen Werken erhalten,[256] Freunde denen ich die vorige Ausgabe verehrt, mahnen mich darum.

Ferner wünschte ich die Herderischen und Schillerischen Werke um einen billigen Preis zu erhalten, da ich den Ladenpreis nicht gern zahlen möchte. Wollten Sie mir mit irgend einem Rabatt dazu verhelfen; so würde ich es dankbar erkennen.

Der Divan ist nun endlich beysammen und ich bin sehr zufrieden diese Arbeit los zu seyn, die sich im Fortschreiten auf manche Weise immer schwieriger machte. – An dem morphologischen Hefte wird gedruckt; Kunst und Alterthum kommt nächstens auch wieder an die Reihe; der dritte Band der italiänischen Reise ist eingeleitet und manches andere Biographische zusammengestellt. Möge es noch eine Zeitlang so fortgehen und ich mich Ihres Wohlwollens und Ihrer Theilnahme zu erfreuen haben.

Die Beylagen, in so fern es thulich, gefälligst zu beachten bittend

Hochachtungsvoll

treulichst

Weimar den 11. August 1819.

Goethe.


31/247.


An Sulpiz Boisserée

[12. August 1819.]

Ehe es entschieden war wohin ich meinen Weg richten würde, wollte ich auf Ihren lieben Brief[257] nichts erwidern. Nunmehr de es ausgemacht ist, daß ich nach Carlsbad gehe, begrüße ich Sie zum schönsten aus der Ferne.

Die Theilnahme, die Sie an meinen Arbeiten aussprechen, freut mich unendlich, weil ich darin Folge und Wirkung eines früheren fruchtbaren Zusammenseyns gar deutlich gewahre. Wenn man eine Zeitlang so bedeutende Tage zusammen verlebt hat, so versteht man sich für die übrigen Jahre zum deutlichsten.

Daß von der vorübergehenden Erscheinung des kaiserlichen Festes soviel übrig bleiben konnte, um auch ferner zu erfreuen und zu ergötzen, macht mir gegenwärtig selbst Vergnügen; den Werth solcher Dinge, die durch Vorsatz, Drang und Muß entstehen, erkennt man erst hinterdrein, da ihre Entstehung immer etwas Peinliches, ja Ängstliches mit sich führt.

Ein reinliches Exemplar des Divans mit ausgemahltem Titelkupfer soll unmittelbar an Sie abgehen, vor meiner Abreise, wenn ich dergleichen bis dahin zusammenbringen kann. Sie werden dem Werklein ansehen, welche Ausdauer und Anstrengung gefordert war, um es zu ründen und abzuschließen.

Von Ihrer Sammlung lasse mir viel erzählen; niemand sieht sie, ohne bleibendsten Eindruck davon zu behalten. Die wundersame Wirkung, die ein solcher Schatz auf Stuttgart und dessen Umgebung ausüben wird, ist gar nicht zu berechnen: denn man kann es immer als ein Evangelium ansehen, das[258] frisch und neu gepredigt wird, ich möchte es gar gern auch mir wieder einmal verkündigen lassen.

Auch bey einer neuen Darstellung des Cölner Doms haben wir Ihrer mit Freuden gedacht. Moller giebt, wie Sie wissen, von dem Facsimile seiner Zeichnung Druck und Contradruck, das hat man hier, auf Leinwand gezogen, schattirt und illuminirt, wodurch denn ein sehr schöner Begriff uns entgegen kommt. Worin ich besonders die Sagacität des alten Künstler bewundert habe, ist die schickliche Größe des Maaßstabes. In der Entfernung, in der man das Ganze übersehen muß, macht es gerade ein Bild, das sich in der Einbildungskraft an die Stelle der Wirklichkeit setzt, woraus eine sehr angenehme Befriedigung für Auge und Sinn sich hervorthut.

Wegen des Büchleins: Über das Studium der griechischen Künstler, will ich soviel sagen. Es lag eine ausführliche Recension zu Handen, als wir bey näherer Betrachtung der Sache lieber davon künftig ganz zu schweigen den Schluß faßten. Denn genau besehen sind beyde Theile einig, nur daß jeder die Seite von wo er ausgeht in das günstigste Licht setzt und auf die andere den Schatten wirft, indessen der Gegenstand in der Mitte unwandelbar stehen bleibt. Er werde beleuchtet, wie es auch komme. Was uns zum Schweigen und Abwarten am entschiedensten bestimmte, war die Ausstellung der deutschen Künstler zu Rom bey des Kaisers Anwesenheit. Aus mehreren[259] Briefen, die zu mir gelangten, so wie aus der Beylage No: 124 zur Allgemeinen Zeitung ließ sich ersehen, daß die Sache auch wieder ziemlich leidenschaftlich zur Sprache gekommen. Wir sind der Überzeugung daß sich dieses Räthsel nur praktisch auflösen lasse. Durch Erhaltung und zweckmäßige Vermehrung Ihrer Sammlung entscheiden Sie mehr, als mit Worten jemals geschehen kann.

Der Beyfall, den Sie den Philostratischen Bildern geben, erfreut mich gar sehr, indem ich so eben die andere Hälfte jener Gallerie zu bearbeiten gedenke. Es ist ein wundersam erfreuliches Leben in diesen Bildern. Von den merkwürdigen Resten der Arbeiten des Phidias besitze ich zwey Abbildungen in wirklicher Größe, mit vorzüglicher Sorgfalt gearbeitet, den Hercules und die Parzen. Damit begnüge ich mich einstweilen und auch hier schon werden ganz zu sehr geneigt Rückschritte zu thun, so stünde hier eine neue Laufbahn offen.

Wir wollen übrigens mit bestem Willen zusehen was die Lebenden hervorbringen, indem wir die Thaten der Abgeschiedenen verehren. Und so leben Sie für dießmal zum allerschönsten wohl mit wiederholten Grüßen an die brüderlichen Freunde.

treulichst

Weimar den 7. August 1819.

Goethe.[260]


31/248.


An Basil von Canicoff

[Concept.]

Ew. Excellenz

betheuere vor meinem Abgange nach Jena nochmals einer aufrichtigen und innigsten Anhänglichkeit. Die sehr bedenklichen, leider jetzt tagtäglichen Meynungsäußerungen liegen bey; man kann sich nur sagen daß die Folgen keineswegs zu berechnen sind.

Und so darf ich denn auch nicht Abschied nehmen ohne den verbindlichen Dank wiederholt auszusprechen für das herrliche Geschenk womit Sie mich wahrhaft beglückt haben. Mein Freund Meyer genießt mit mir schon seit einigen Abenden der vollkommensten Zufriedenheit einer einsichtigen Bewunderung. Möge dem Geber dafür gleich Angenehmes widerfahren.

Weimar den 12. August 1819.


31/249.


An den Großherzog Carl August

Sogleich nach meiner Ankunft in Jena verfügte ich mich heute auf das osteologische Kabinett, um die von Herrn von Schreibers angekündigte Sendung auspacken zu lassen. Es fand sich ein Büffelschädel, ein Biberskelett, eines vom Känguruh u.s.w. vor.

Den Prosector Schröter habe ich sogleich veranlaßt, die Gegenstände durchzugehen, das allenfalls[261] Nöthige wieder herzustellen und für Stative der nicht aufgestellten zu sorgen.

Übrigens war alles wohl eingepackt und die Beschäftigung gering gewesen.

[Jena] Donnerstag den 12. August 1819.

J. W. v. Goethe.


31/250.


An Johann Heinrich Meyer

Jena den 16. August 1819.

Sie erhalten, mein lieber Freund, eine Veranlassung wie sie solche gewünscht; möge alles zum Besten gerathen.

Die gute Hoheit hoffe heute zu sehen; möge ich sie heiter froh finden! Die Kinder sind wohl, munter und liebenswürdig.

Ich befleißige mich jeden Tag etwas zu beseitigen, damit ich getrost abschieden könne; so manches kommt denn doch zu Stande; auch die Abschriften Ihrer Manuscripte hoffe beendigt zu sehen. Sie kommen ja wohl Donnerstag nochmal herüber, ich wünsche sehr nochmalige Besprechung.

treulichst

G.


31/251.


An August von Goethe

[16. August 1819]

Gegenwärtiges, mein lieber Sohn, bringt der Bibliotheksschreiber Baum, der in Privatangelegenheiten[262] nach Weimar reiset. Hast du etwas an mich, was leicht fortzubringen ist, so gieb es ihm mit.

Hier geht alles gut, Schreiben sowohl als Abschreiben und Drucken, und ich denke wir wollen diese Wochen ziemlich weit kommen. Der Bibliothekar ist eingeleitet; den botanischen Gehülfen erwart ich. Ich hatt ihn auf heute bestellt, er ist aber außen geblieben. Es könnte nicht schaden wenn der Garteninspector erinnert würde ihn zu schicken, Stadelmann kann sich einen Weg nach Belvedere machen und zugleich bey dieser Gelegenheit seiner Pflanzenlust Genüge thun.

Vor allen Dingen aber sende mir den Bericht an Serenissimum wegen dieses Baumanns, damit alles vor meiner Abreise abgethan werde. Laß den Bericht gleich von Kräutern mundiren, damit ich nur zu unterschreiben brauche, denn geht mir gleich wieder Zeit verloren.

Ich lege ein Briefchen an Fräulein v. Schiller bey, worinnen ein Stammbuchsblatt. Es wäre sehr artig wenn Ottilie ein Wort hinzufügte.

Frau von Voigt nimmt für Ottilien ein Pfund auserlesenen Moccakaffee mit, nun mögen die Kennerinnen den Werth desselben prüfen; ich wünsche ihn nicht gelobt, aber zu erfahren ob es wirklich der Mühe werth sey, dergleichen ferner kommen zu lassen.

Von Carlsbad weiß ich mehr als mir lieb ist, aber nichts anderes als man erwarten konnte. Weimaraner und Jenenser betrachtete man mit Scheu; die[263] Unterhaltung begann mit Vorwürfen und endigte sich mit Bedauern. Ich hoffe daß bey meiner Ankunft das alles so ziemlich abgewittert habe. Nächstens mehr; was etwa angekommen wäre gebt Baum mit.

Dienstag Abend das Weitere.

Jena den 15. August 1819.

G.[264]


31/251a.


An Johann Heinrich Meyer

Da es das Ansehen gewinnt als wenn Ihro Königl. Hoheit der Großherzog auf Höchst Ihro Geburtstag[44] in Weimar seyn würden, so wird Herr Hofrath Meyer hiedurch veranlaßt zu einer Ausstellung alles Nöthige vorzubereiten, die Schulstunden nach gewohnter Weise zu unterbrechen und die Ausstellung wie sonst in dem Saale der dritten Classe zu bewirken, auch wie solches geschehen denen Herrschaft gebührend anzuzeigen.

Jena den 16. August 1819.

J. W. v. Goethe.[45]


31/252.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

bedeutende Sendung ist zwar schon vor einiger Zeit angekommen, aber erst in diesen Tagen fand ich Raum, in Jena zu verweilen um bey dem Auspacken gegenwärtig zu seyn. Nunmehr aber kann ich sichere Nachricht ertheilen daß alles glücklich und unversehrt angelangt, zu besonderm Vergnügen und Belehrung unserer thätigen Naturforscher, wie denn gewiß auch unsere gnädigsten Herrn K. H., welchen ich in diesen Tagen hier erwarten darf. Möchten Hochdieselben auch fernerhin, wie vielleicht ein und das andere belehrende Präparat fertig wird, solches für uns bey Seite stellen und gelegentlich anhersenden lassen. Unsere Absichten und Zwecke, denen Sie bisher so thätig nachgeholfen bleiben immer dieselbigen.

Und so hab ich denn auch für die gütige Sorgfalt Dank zu sagen mit der Sie meine Wünsche nach echtem arabischen Kaffee so günstig befriedigen wollen.[264] Meine niedliche Schwiegertochter schließt ihren Dank an den meinigen und der kleine Stolz, daß sie ihren Freundinnen mit etwas Außerordentlichem dienen kann, erhöht den eignen Genuß. Diese durch Ew. Hochwohlgeboren Vermittelung erlangte Gabe macht sich auch dadurch um soviel angenehmer, daß ich die ganze Masse von jedem Fremdartigen nach Dero Bemerkung säubern ließ und also freylich ein sehr wohl in die Augen fallendes genießbares Naturproduct übergeben konnte. Sollte sich dergleichen in der Folge wieder anschaffen lassen; so würden Ew. Hochwohlgeboren mich dadurch sehr verbinden, ob ich gleich voraussetzten darf daß man mit dem gegenwärtigen Schatze haushältisch genug umgehen werde.

Schließlich vermelde daß ich in einigen Tagen nach Carlsbad abreise und daselbst bis Ende Septembers zu verweilen gedenke; sollten Ew. Hochwohlgeboren in dieser Zeit an mich etwas gelangen zu lassen beliebig finden; so trifft mich solches innerhalb den Gränzen der Monarchie. Wo ich aber sey, werd ich mich immer der geneigten Theilnahme erfreuen, die Sie unsern wissenschaftlichen und persönlichen Bedürfnissen bisher gegönnt haben und um deren wünschenswerthe Fortdauer hiemit abermals gebeten haben möchte.

Jena den 20. August 1819.[265]


31/253.


An Heinrich Ludwig Verlohren

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben meine Bemerkung wegen der Granaten geneigt aufgenommen und auch ich bin völlig überzeugt, daß wenn die übersendeten Steine durchbohrt und ringsum als Rosetten geschlissen werden, ein sehr hübscher und erfreulicher Halsschmuck daraus entstehen müsse. Mögen Dieselben deshalb mit dem Steinschneider gefällig contrahiren und den Preis zu 18 bis 20 Groschen festsetzen.

Da diese perlenartig aufzureihenden Granaten wahrscheinlicherweise nicht von ganz gleicher Größe sind; so möchten sie von der Mitte aus gegen die Enden von den größten bis zu den kleinsten eingefädelt und mit einigen zierlichen Schleifen versehen gleich bei'm ersten Empfang einen guten Eindruck machen. Ich wünsche daß Sie alsdann die Schnur unmittelbar an Serenissimum übersenden, weil ich so eben im Begriff bin nach Carlsbad zu gehen.

Gedenken Ew. Hochwohlgeboren meiner freundlich und erlauben daß ich bey irgend einem Vorfalle Ihrer geneigten Theilnahme mich wie immer erfreuen dürfe.

Weimar [Jena] den 20. August 1819.[266]


31/254.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey, mein theuerster Freund, ein antiquarisches Heft. Dergleichen regnet's nun seit Ausbreitung des Steindrucks, doch wird auch dieses wohl werth seyn daß man dessen gedenke.

Donnerstag den 27. denke abzugehen und hätte freylich gewünscht Sie noch zu sprechen; doch will ich auch so treulichst Abschied nehmen und Sie ersuchen unserer Angelegenheiten bestens zu gedenken. Die Abschriften der Aufsätze über Kunst und Alterthum geh ich durch.

Sie erhalten solche mit dem Dienstagsboten. John fährt fort an der Geschichte der Kunst und wird Abschriften und Original mitbringen.

Ich komme erst spät von Dornburg, kann also nur den schönsten Wunsch hinzufügen daß es Ihnen wohl und erfreulich gehen möge.

treulichst

Jena den 20. August 1819.

G.


31/255.


An Johann Georg David Melder

Ihr werther Brief, mein theuerster Vetter und Freund, hat mir ein doppelt angenehmes Gefühl erregt, theils durch das mir gethane vortheilhafte Anerbieten, besonders aber auch als Zeugniß Ihres edlen Charakters und einer glücklichen Lage.

[267] Schon bey meinem Aufenthalt in Frankfurt erfreute ich mich zu sehen, wie Sie durch Talent und Thätigkeit sich in den erwünschten Zustand gesetzt, einer trefflichen Mutter ihr hohes Alter mit Bequemlichkeit und Vergnügen zu umgeben und sich selbst dadurch eine Empfindung zu bereiten, welche für einen dankbar Sohn die erfreulichste von allen bleibt.

Wenn Sie aber nunmehr, mein Theuerster, ältere, von dieser würdigen Frau im Drang der Umstände eingegangene Verbindlichkeiten frühzeitig erfüllen, so geben Sie derselben abermals einen Beweis, daß Sie allen Pflichten, die sich nur irgend auf die gute Mutter beziehen könnten, genug zu thun geneigt sind. Ich nehme daher besonders auch in diesem Sinne Ihr Anerbieten dankbar auf, und freue mich das wohlwollenden Verhältniß zwey so ehrwürdiger Schwester auf die edelste und anständigste Weise gelös't zu sehen. Möge eine ununterbrochene Thätigkeit immerfort zu Ihrem und Ihrigen gesegnet seyn.

treulich ergeben

Jena den 20. August 1819.

J. W. v. Goethe.


N. S.

Mögen Sie die Gefällichkeit haben, gedachte Summe baar, in zwey Fäßchen gepackt, mit der fahrenden Post unfrankirt unter meiner Addresse anherzusenden und zwar in Kopfstücken, wenn auch sie zu erhalten einiges Aufgeld nöthig wäre, indem alle unsere hiesigen Verhandlungen in dieser Geldsorte abgethan werden.[268]


31/256.


An Johann Jacob von Willemer

Nur noch wenige Tage, verehrter Freund, und ich bewege mich doch noch endlich, obwohl nicht ganz gerne nach Carlsbad; vielleicht kommt mir noch vorher einige Nachricht von Freund und Freundin, wo nicht, doch hoffentlich dorthin.

Complette Exemplare vom Divan erhalt ich so spät daß ich sie nicht einmal einbinden lassen. Soviel bemerke ich, daß zwey Blätter des ersten Bogens durchschnitten, die Cartone aber sogleich eingelegt sind. Der in Kupfer gestochene Titel liegt inwendig, er soll künftig bunt und das Ganze besser im orientalischen Anstand erscheinen.

Möge indessen das Vergangene in die Gegenwart und der Freund in die nächste Nähe treten!

Dießmal geh ich ganz allein und spät, ich hoffe die diplomatische Fluth soll sich verlaufen haben.

anhänglichst

Jena den 22. August 1819.

Goethe.


31/257.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey erhalten Sie, mein Theuerster, das meiner Schwiegertochter bestimmte Exemplare des Divans. Mögen Sie das Titelkupfer durch Aufhöhen mit Weiß, wie Ihre Absicht war, ausstaffiren, so werden wir es dankbar erkennen, die übrigen haben Zeit bis ich zurückkomme.

[269] Da ich Sie schwerlich vor meiner Abreise wieder sehe, so wünsche das Beste; besuchen Sie meine Kinder manchmal, von Carlsbad aus geb ich bald Nachricht.

Tausend Lebewohl.

Jena den 22. August 1819.

G.


31/258.


An August von Goethe

Hierbei sende, mein lieber Sohn, mancherlei Briefe und Paquete selbige nah und fern zu besorgen. Die Acten werden niedergelegt, bis ihr sie allenfalls braucht, es wird kaum etwas Unerwartetes vorkommen. Von allem was hier sich ereignen könnte ist Dr. Weller unterrichtet, mit welchem du dich auch der Baulichkeiten wegen besprechen wirst.

Zwei Divane liegen bei für die Prinzessinnen. Besprecht euch mit Hofrath Meyer, ob man die Titelkupfer vor oder nach dem Binden ausmahlt und vergoldet; gebt den Bänden auch etwas Phantastisches und Kostbares, unser Buchbinder wird euch darin secundiren. Ottilie mag sodann mit laufender Feder das ihrige thun. Ich wünsche sodann daß der französische Roman Anatole der unter meinen Büchern steht, baldmöglichst an Mademoiselle Pallard herübergesendet werde.

Und so lebet schönstens wohl!

J. den 23. August 1819.

G.[270]


31/259.


An Johann Friedrich Rochlitz

Nichts Angenehmeres hätte vor meiner Abreise nach Carlsbad bey mir einlangen können als ein Brief, von Ihrer Hand, mein Theuerster, überschrieben. Die Lesung des vorigen erregte mir ein Gefühl das ich in ähnlichen Fällen mehrmals empfand, das nämlich, daß mich keine Furcht für Sie anwandlen wollte. Eben aber, die Reise nach Böhmen anzutreten endlich bestimmt, wollte ich zu meiner Beruhigung bey andern anfragen und in demselben Augenblick erfahren ich, von freyen Stücken, durch Sie selbst, Ihre Genesung. Lassen Sie mich dazu aufrichtig Glück wünschen und nach einem solchen Sturze eine dauerhafte Gesundheit hoffen. Der vielfache Drang vor meiner Abreise verbietet mir mehr zu sagen, deshalb ich auch auf Ihren ferneren geneigten Antrag zu antworten bis auf meine Rückkunft verschiebe: denn dergleichen überraschende, wohlmeynende Gesinnungen anzunehmen oder abzulehnen ist gleich bedenklich. Leben Sie inzwischen recht wohl und empfangen meinen aufrichtigen Dank, sowohl für baldige Nachricht Ihrer Besserung, als die sogleich gegen uns gewendete Neigung Ihres lieben Gemüthes.

Möge ich bey meiner Rückkehr das Gute und Bessere von Ihrem vernehmen.

treulichst verbunden

Jena den 23. August 1819.

Goethe.[271]


31/260.


An Carl Ernst Schubarth

[24. August 1819.]

Ihr werthes Schreiben, mein Theuerster, mit Beilage, trifft mich eben bei'm Aufräumen und Einpacken zu einer bevorstehenden Badereise, und ich eile nur für fortgesetzten Antheil und Zutrauen zu danken.

So eben lasse ich an meiner Morphologie weiter drucken. Ältere hervorgesuchte Aufsätze nöthigen mich unmittelbar wieder an die Natur, die, Gott sei Dank! immer classisch bleibt; ihre ewig unwandelbar große Wahrheit vereinigt mehr und mehr die Menschen. Ich wenigstens darf mich freuen, daß junge, tüchtige, den Gegenständen auf's Mark dringende Freunde auch in dem Sinne wandeln, aus dem ich mich seit so vielen Jahren nicht entfernen konnte.

Eben so erfreulich ist mir im ästhetischen Sinne Ihre treue Theilnahme. Nehmen Sie es aber mit sich selbst nicht zu genau: denn in der Art, wie Sie es betreiben, ist nichts natürlicher, als daß von Zeit zu Zeit neue Ansichten hervortreten und Sie mit eigenen früheren Äußerungen nicht ganz zufrieden sein können.

Von den Nibelungen habe ich seiner Zeit so viel zu mir genommen, als mir frommte. Mögen sie jetzt und künftig hin einem jeden auch das Seine bedeuten; für den Augenblick kann ich mich nicht damit[272] befassen. Übrigens komme ich mir bei Gelegenheit des zurückkehrenden Heftes abermals wie der Leichnam Mosis vor, um welchen sich die Dämonen streiten. Thun Sie von Ihrer Seite das Mögliche, daß der Altvater bei seinen Ahnen im Haine zu Mamre anständig beigesetzt werde.

Anfang Octobers bin ich wieder zurück und wünsche alsdann das Weitere von Ihnen zu hören.

treulichst

Jena den 21. August 1819.

Goethe.


31/261.


An Antonia Brentano

Diesen Sommer, verehrte Freundin, hatte ich einige Hoffnung Sie wieder zu sehen und in Ihrer Nähe manches Gute und Erfreuliche zu genießen: denn unseres Großherzogs Königliche Hoheit hätten es wohl nicht ungnädig aufgenommen wenn ich am Rhein und Mayn aufgewartet und meine Freunde zu gleicher Zeit herzlich begrüßt hätte. Die Zeit aber ist mir unter mancherley kleinen, doch verwickelten Geschäften hingegangen, so daß ich erst jetzt die nach Carlsbad dringend angerathene Reise unternehmen kann.

Da nun in demselben Augenblick Herr Hofrath Jagemann sich zu einer Wallfahrt nach dortiger Gegend bereitet, so verfehle nicht diesem geschickten Künstler meine besten Grüße mitzugeben, bittend und hoffend daß Sie ihn freundlich aufnehmen und den[273] Anblick Ihrer Kunstschätze gönnen werden. Gedenken Sie meiner auch bey dieser Gelegenheit und bleiben meiner aufrichtigen Anhänglichkeit und treuen Freundschaft versichert.

treulichst

Jena den 25. August 1819.

J. W. v. Goethe.


31/262.


An Johann Gottfried Eichhorn

[Concept.]

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrtester Herr.

Ew. Wohlgeboren geneigtes Schreiben hatte mich und alle diejenigen welchen das Heil unserer fürstlichen Familien am Herz liegt, durch die schöne Hoffnung erfreut, daß wir Herr Dr. Noehden in unserem Kreise an seinem wichtigsten Posten wahrscheinlich besitzen würden. Es hat sich jedoch leider das Gegentheil erwiesen, indem dieser wünschenswerthe Mann, von Rom aus, die Nachricht gegeben: daß er eine vortheilhafte Anstellung derjenigen die ihm von hieraus geboten worden, durch entscheidende Gründe bestimmt, endlich vorgezogen habe. Ew. Wohlgeboren ermessen selbst daß es schmerzlich fällt, die Plane, welche von unseren gnädigsten Herrschaften solchen Hoffnungen gemäß eingeleitet, nunmehr gänzlich aufzugeben.

Weil aber ein Verhältniß wie des bisherige, selbst bey seiner Auflösung, beiden Theilen noch immer ehrwürdig[274] und vortheilhaft bleiben sollte; so hat man diesseits den Herrn Dr. Noehden ersucht, wenn er in seinem neuen Wirkungsstreife, wo ihm so viele merkwürdige Personen vor Augen kommen, irgend jemand fände, welchen er an seiner Statt empfehlen möchte, solches gefällig anzuzeigen und einige nähere Auskunft deshalb zu ertheilen.

Da nun derselbe gewiß mit Ew. Wohlgeboren über diese Angelegenheit treulich conferiren wird; so wünscht man diesseits, wie ich gegenwärtig im Namen unserer jungen gnädigsten Herrschaften versichere, Ew. Wohlgeboren möchten diesem uns so wichtigen Geschäft gewogen Aufmerksamkeit zu schenken geneigt seyn und, sowohl auf wahrscheinliche Mittheilung des Herrn Dr. Noehden als auch aus eigenem Wohlwollen und Überzeugung, Ihre Gedanken über ein oder das andere Subject vertraulich zu eröffnen.

Auf alle Fälle würde jedoch ein Deutscher angenehm seyn, der sich eine Zeitlang in England aufgehalten, eine vorhergegangene gründliche Anlage dort weiter ausgebildet hätte und, soviel als möglich und denkbar, mit den Verdiensten des Herrn Dr. Noehden ausgestattet wäre.

Wie ich nun dieses unmittelbar vor meiner Abreise nach Carlsbad vorzutragen mir die Freyheit nehme, so bemerke daß ich vor Ende des Septembers hieher nicht wieder zurückkehre, wo ich denn eine geneigte Antwort vorzufinden hoffen darf. Sollte jedoch[275] eine frühere Mittheilung nothwendig seyn; so würde bitten, solche an Herrn Cammerherrn von Vitzthum gelangen zu lassen.

Der ich, die freundliche Erwähnung meiner Festgedichte in den immer gleich schätzbar bleibenden Göttinger Anzeigen dankbar anerkennend, die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Jena den 25. August 1819.


31/263.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hiebey, mein theuerster Freund, ein eben bey mir angekommenes Werk, das ich erst mit nach Carlsbad nehmen wollte. Die aufgeschnittenen Blätter aber gaben mir wenig Freude; das bißchen Heiterkeit was die Griechen hiernach sollen in's Leben gebracht haben, wird von den tristen ägyptisch-indischen Nebelbildern ganz und gar verdüstert, mir wenigstens verdirbt's die Einbildungskraft; vielleicht können Sie einigen Vortheil daraus ziehen.

Und so nehm ich denn wirklich Abschied, ungern, weil ich mich nach dem Badezustand nicht sehne.

Meine Kinder haben ein paar gute Exemplare Divan; sprechen Sie doch mit ihnen, ob etwa die Titelblätter vor oder nach dem Binden zu mahlen und mit Gold auszustaffiren wären.

Nur noch ein Wort bei Gelegenheit des ankommenden Werkes. Was soll man sagen, den dunkel-[276] poetisch-philosophisch-pfäffischen Irrgang zu einer Zeit zu schauen, wo das alles doppelt und dreifach schon wieder einmal dagewesen und wo sich unsere letzten Ansichten wahrhaftig schön und ehrwürdig gereinigt haben.

Und somit auf glückliches Wiedersehen.

Jena den 25. August 1819.

G.


31/264.


An Georg Heinrich Noehden

[Concept.]

So bereitwillig und mit Vergnügen ich sonst die Befehle meiner gnädigsten Herrschaft ausrichte, so muß ich doch gestehen daß Gegenwärtiges abzulassen mir gewissermaßen peinlich fällt: denn ich soll in Höchstihro Namen auf eine erfreuliche und bedeutende Hoffnung Verzicht thun, welche so lange und mit so vielem Ernst genährt worden.

Zwar läßt sich nicht in Abrede seyn daß Ew. Wohlgeboren die hier theils früher, theils später ausgesprochen Verbindlichkeiten nur bedingungsweise eingegangen und sich einen Rückschritt bey günstigem Anerbieten des Auslandes vorbehalten haben; allein es wird gewiß selbst für Sie schmeichelhaft seyn, wenn man das öfters Gesagte wiederholt: daß man sich von Ihrer Einwirkung in ein so wichtiges Geschäft das Allerbeste versprochen und deshalb auf der vorgefaßten Meynung verharrt, daß eine endlich Entscheidung[277] zu dieseitigen Gunsten ausfallen müsse, und derselben zu entbehren kaum für möglich achtete.

Da jedoch ein solches Verhältniß, wie es einmal angeknüpft worden, für beide Theile, auch unter veränderten Umständen, nicht völlig unfruchtbar bleiben darf; so füge im Namen meiner Höchsten Committenten den mit dem freundlichen Anerbieten Ihres letzten Schreibens übereeintreffenden Wunsch hinzu: daß Ew. Wohlgeboren nämlich auch in der Folge eine geneigte Vorsorge für diejenigen fortsetzen möchten, denen Sie solche eine Zeitlang ernstlich und treulich gewidmet. Sollten Sie daher einen Mann finden, den Sie sich in dem bekannten Geschäft allenfalls zum Gehülfen ausersehen hätten, um vereint mit ihm zu wirken und ihn gelegentlich an Ihrer Stelle wirken zu lassen; so würden Sie sich durch dessen nähere Bezeichnung in dem gegenwärtigen Falle ein bleibendes Verdienst um einen würdigen Familienkreis erwerben, wo Sie im hohen Grade geschätzt und als theilnehmendes Mitglied gewiß jederzeit vermißt werden. In diesem Sinne und in dieser Hoffnung darf ich auch wohl voraussetzen daß Dieselben mir gleichfalls ein fortdauerndes Andenken zu gönnen und einem gelegentlich fortzusetzenden Briefwechsel nicht abgeneigt seyn werden.

Weimar [Jena] den [25?] August 1819.[278]


31/265.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Im Augenblick meiner Abreise nach Carlsbad begrüße Sie noch zum freundlichsten und sage wegen der herannahenden Hochwiesnerischen Kupferstichauction nur soviel: daß die sämmtlichen Kupferstiche von Martin Schön sämmtlich angenehm wären, wenn sie, verhältnißmäßig zur Güte der Drücke, um einen leidlichen Preis weggingen. Für den Tod Mariä könnte man auch etwas mehr wie billig bezahlen. Herr Schütz, dem ich mich bestens empfehle, hat ja wohl die Gefälligkeit den Auftrag zu übernehmen.

Verzeihen Sie diese flüchtige Kürze; das Abreisen ist unter jeder Bedingung immer eine unruhige und wunderliche Function.

Jena den [25.] August 1819.


31/266.


An Carl Emil Spiegel von und zu Pickelsheim

Ew. Hochwohlgeboren

habe mir vor einiger Zeit die Freyheit genommen zu bemerken: daß der Polizey-Inspector Bischoff den Wunsch geäußert, das von mir sonst bewohnte Quartier gnädigster Herrschaft um einen billigen Miethzins zu überlassen, wenn solches, wegen Nähe des Schlosses,[279] vielleicht angenehm seyn sollte; auch waren Ew. Hochwohlgeboren einen Antrag bey Serenissimo zu thun nicht abgeneigt. Da nun Michael herannaht, so wünscht der gute Mann hierüber einige Entscheidung, indem er, wenn sie verneinend ausfallen sollte, sich nach andern Miethleuten umsehen oder mit solchen, die sich schon gemeldet haben, überein kommen möchte. Um Verzeihung meiner wiederholten Zudringlichkeit bittend und im Augenblick meiner Abreise nach Carlsbad mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Jena den 25. August 1819.


31/267.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Herr Dr. Ernst Weller erhält hiedurch den Auftrag die in der untern Bibliothek stehende Büste des Herrn Staatsrath Hufeland herauf zu schaffen und sie im kleinen Sälchen schicklich wieder aufzustellen.

Jena den 25. August 1819.

J. W. v. Goethe.


32/1.


An August Claus von Preen

Ew. Hochwohlgeb.

ersuche angelegentlichst so vielen schon erwiesenen Gefälligkeiten noch eine hinzuzufügen. Ich finde nemlich bey meinem Eintreffen in Carlsbad, wo ich freylich dieses Jahr sehr spät anlage, ein Schreiben vom 10. Juli, worin die höchstverehrten Herren Mecklenburgischen Stände mich zu dem wahrhaft patriotischen Feste geneigtest einladen.

Mögen Ew. HWohlgeb. mein aufrichtiges Bedauern diesen herrlichen Tag versäumt zu haben und zugleich meinen verpflichteten Danck gefällig aussprechen. Ich erwarte mit Verlangen die Nachricht wie alles glücklich vollbracht worden, um meiner danckbaren Anerkennung auch noch die Glückwünsche zu einem vollbrachten würdigen Unternehmen in schuldiger Erwiederung hinzufügen zu können.

Anfangs künftigen Monats hoffe wieder in Weimar zurück zu seyn.

gehorsamst

J. W. v. Goethe

Carlsbad d. 30. August 1819.[1]


32/2.


An August von Goethe

Donnerstag den 26. August.

Früh fünf von Jena. Starker gleichvertheilter Nebel. Rothenstein 6 1/2. Kahla 7 1/4. Brücke unter Orlamünde 8 1/2. Pößneck 11. Ab um 1. Schleiz um 6. Der Himmel hatte sich aufgeklärt. Schönes Wetter, leidliche Wege.


Freytag den 27. August.


Von Schleiz ab6Uhr.

In Gesell9 - .

In Hof11 - .

Ab12 1/4 - .

Rehau2 - .

Von der Mauth expedirt4 1/4 - .

Asch4 3/4 - .

Im Posthause leidliches Unterkommen.


Sonnabend den 28. August.

Gewitter von der aufgehenden Sonne. Zerstreut durch Ostwind. Die Waldwiesen bethaut. Klarer Himmel. Wege fürtrefflich. Ein sonderbarer Fund ein Quarzhügels, nicht ganz zum Felsen consolidirt; unschätzbar für den Chausseebau.[2]


Ab von Asch6Uhr.

Franzenbrunn8 - .

Ab von da8 1/2 - .

Maria Kulm10 3/4 - .

Zwotau12 - .

Ab von da12 3/4 - .

Carlsbad vor4 - .

Nach einen kleinen Fußumweg mein altes Quartier bezogen. Alles eingerichtet und geordnet.


Sonntag den 29. August.

Herrlichster Morgen. Zu trinken angefangen. Biographica 1815. Nach Tische 1816 schematisirt. Die Andreasgasse hinauf. Pragerstraße. Hinter der Kirche herunter. Brief der Mecklenburgischen Herrn Stände von dem 10. July.


Montag den 30. August

Getrunken zu Hause. Schema von 1817. Zu Fürst Metternich, zu Geheimenrath Berends. Adam Müller bey mir. Zu Meyers, Prager Kunsthändler. Chotekischer Weg. General Wolzogen zu mir.

Abends für mich. Recapitulation des Vernommenen. Neubrunnen getrunken.


Aus Vorstehendem werdet ihr ersehen daß es mir bis jetzt ganz gut ergangen; von acht Tagen zu acht Tagen erhalten ihr das Fernere.

[3] Herr Geh. Cammerrath Stichling war abgereis't, des Herrn Canzlers Brief blieb daher bey mir liegen.

Meinen abermaligen Nachbar Herrn Geheimenrath Berends habe schon besucht; er grüßt Rehbein schönstens, für welchen Freund auch das Blatt der Piaristen beyliegt.

Carlsbad d. 31. Aug. 1819.

G.


32/3.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit glücklich wiederkehrendes Fest kann ich in aller Stille und Sammlung feyner, da die rauschende Bewegung von Pferd und Wagen, womit gestern der diplomatische Kreis aus einander ging, nunmehr auch in ihren Folgen gänzlich verklungen ist.

Daraus ziehe denn wie billig die erfreuliche Vorbedeutung daß Höchstdenenselben des nächste Lebensjahr ruhig und genußreich unsern Wünschen gemäß verfließen werde.

Mit diesen getreuen Hoffnungen finde meist übereinstimmend was ich in zwar kurzen, doch bedeutenden Augenblicken zu vernehmen gehabt. Ich eilte denen Fürsten Metternich und Kaunitz aufzuerwarten, sah den Regierungsrath Adam Müller bey mir, begegnete zufällig General von Wolzogen und erfreute mich eines Besuchs des Grafen Bernstorff. Zwar nur der erste[4] und der dritte sprachen eigentlich von der Sache; doch finde ich mich durch ihre Äußerung in meinem gläubigen Zustande bestärkt und beruhigt.

Ew. Königlichen Hoheit sind die Resultate dieser Verhandlungen gewiß bald bekannt, und ich wünsche nur daß der Erfolg meinem Vorgefühl völlig entsprechen möge. Aller weiteren Bemerkung enthalte mich, das Beste hoffend, wünschend und lebenlängliche Treue wiederholt betheurend.

C. B. d. 3. Sept. 1819.


32/4.


An August von Goethe

Dienstag den 31. August.

Schema von 1817 geendigt. Briefe abgesendet. Das Schema von 1818 angefangen. Mineralien vom Boden heruntergeschafft, eine Sammlung auszulegen begonnen. Geh. Rath Berends zum Besuch. Obige Arbeit des Schematisirens geendigt. Regentag. Die sämmtlichen Jahre von 1810 an revidirt. Mehrere Abendmusiken.


Mittwoch den 1. September.

Heiteres Wetter. Bald umwölkt. Spazieren die Töpl hinauf. Schemata der Zoologie. Carlsbader Mineraliensammlung ausgelesen und geordnet. Streifregen. Spazieren durch die Stadt. Nach Tische abermals. Auf die Höhen. Herrliche Wolkenbewegung.[5]


Donnerstag den 2. September.

Leichtbewölkter Himmel, Abendwind. Halb Neun Fürst Metternich ab, mit allen Haus-, Canzley- und Gestandtschaftsverwandten. Gestern und heute mochten über zwölf Wagen abgegangen seyn. Auf die Zeitungen abonnirt. Briefe von Haus und von Frankfurt.

Nach Tische zu Fürst Kaunitz. Prager Straße erster Stieg. Androhender, einbrechender Nimbus, vom sächsischen Gebirge. Besuche mich Geh. Rath Berends. Am Schema gearbeitet. Spät Bergrath Herder. Wegen von Einsiedels in Jena Krankheit nachfragen.


Freytag den 3. September.

Überzogener Nebelhimmel. Sämmtliche Papiere in Tecturen. Auf die Höhe über den Schloßbrunnen. Ganz überzogener Himmel. Schwüle. Auf den Chotekischen Weg. Nach Tische allgemeiner Land- und Weltregen. Zufriedenheit, unter Dach zu seyn.


Den guten Vorsatz, mir in der Abwesenheit ein Tagebuch eurer Zustände und Verhandlungen zu übersenden, hoffe ich bestärkt zu sehen durch ein Gleiches von meiner Seite. Die ersten Blätter habt ihr erhalten, hiebey die Fortsetzung.

Die Feyer meines Geburtstages hat mir viel Freude gemacht; danket den Unternehmenden und Anregenden in meinem Namen. Da ist Fest in meiner Abwesenheit nur schicklich war; so tröstet es mich einigermaßen[6] unsern Nicolovius verfehlt zu haben: denn es läßt sich doch keine andere Gelegenheit denken, wo er für ihn und uns so vortheilhaft hätte können bewirthet werden.

Den 28. saß ich früh eine Stunde in Franzensbrunn, unter freyem Himmel, wahrscheinlich sind die jungen Freunde später dort angekommen.

An Geh. Rath Willmer laß ein Verlinexemplar meiner Werke mit einem freundlichen Wort wohlgepackt sogleich abgehen; Kreuter kann es die gleich überliefern: denn die Exemplare sind schon einzeln zusammen gebunden.

Meine vorgenommenen Arbeiten sind schon recht hübsch schematisirt und unter Tecturen gebracht. Es gehört aber eine solche entschiedene Einsamkeit zum Entschluß und zum Vollbringen. In den nächsten drey Wochen hoffe ich den Wintertagen viel vorzuarbeiten.


Sonnabend den 4. September.

An beyden Brunnen, Frau von Trebra angetroffen. Den Schloßberg erstiegen, bis zu Findlaters Obelisk. Die Bergwege fortan. Den Stieg hinunter der Harfe herab. Besuch von Archivrath Kestner von Hannover. Nach Tische mit Carl der Prager Straße nach, fehlende Exemplare aufgesucht. An der Kirche herunter. Regnete sogleich. Besuche mich Minister Graf Bernstorff mit Bergrath Herder.

C. B. d. 5. Sept. 1819.

G.[7]


32/5.


An August von Goethe

In Erwiederung Eurer freundl. festlichen Nachrichten sende einen Willmer-Brief, Franckfurter Wohlwollen Bezeichnend.

Zugleich einen Strumpf. Ob er gerecht zu den Füßchen sey? Feinere giebt es nicht. Das Paar 3 f Schein. Baldige Antwort wird die Anschaffung beschleunigen. Der Mann heist Joh. Tobias Unger und ist zu Asch wohnhaft. Dies zur Notitz künftiger Reisenden.

Mein Befinden ist so gut als ich es wünschen kann. Das Wetter gestern und heute herrlich. Nun lebet zusammen schönstens wohl.

C. B. d. 6. Sept. 1819.

G.


Zu schnellern Übersicht melde daß:

3 f Schein gleich sind 21 gr. 3 pf Weim.

G.


Der Strumpf bleibt dort. Das Gegenstück bring ich mit.


32/6.


An Johann Lambert Büchler

[Concept.]

Kaum erfuhr ich zu meiner großen, obgleich durch einige Beschämung gemäßigten Freude die bedeutende Feyer, die man in meinem Geburtsorte dem 28. August[8] gewidmet hatte, als ich die eben von dort mir als Theilnehmer gerühmten Namen hier wieder erblicke unter einer Zuschrift, für mich höchst ehrenvoll, wenn ich sie gleich auch nur mit Bescheidenheit aufnehmen darf.

Sey es vergönnt vorläufig nur meinen allgemeinsten Dank im Kerne auszusprechen, da der Gebrauch einer ernstlichen Cur die Entwickelung aller Geistesäußerung trübt und hindert. Bey meiner Rückkehr nach Hause verfehle nicht, meiner Schuldigkeit ausführlicher nachzukommen.

Mögen Ew. Wohlgeboren diese wenigen Worte bey der höchst verehrten Gesellschaft zum Besten deuten, so vermehren Sie meine Verpflichtung zu der ich mich aufrichtig bekenne. Die Erlaubniß zu weiteren Mittheilungen mir angelegentlichst erbittend.

Carlsbad den 8. September 1819.


32/7.


An Johann Jacob von Willemer

In Erwiederung so manches Freundlichen soll ich von meinem bisherigen Lebenslauf einiges vertraulich erzählen.

Den 28sten brachte, bey schönem Wetter, unter freyem Himmel zu, auf dem Wege von Asch nach Carlsbad; wo ich zeitig anlangte. Wenige Tage drauf entfernten sich die hier versammelten Staatsmänner,[9] ihnen folgten einige nähere Verhältnisse, so daß ich in der vollkommensten Einsamkeit zurückblieb.

Sogleich aber begrüßte mich Hudhud auf's liebenswürdigste, vertraute mir viel und mancherley und verlangte zu seiner Legitimation, richtig erledigter Aufträge, den Inhalt derselben in Reimen verfaßt zu hören; Welches ihm denn nicht zu versagen gewesen.

Bald hierauf erschien unmittelbare Freundes Nachricht von dem herrlich begangenen Feste, die mich zugleich erfreuen und beschämen mußte. Von Weimar aus meldete mein Sohn Höchstdanckenswerthes von angekommenen Geschencken und Gaben und heut erhalte ein Diplom als Ehrenmitglied der Gesellschaft älterer deutschen Geschichtskunde; gleichfalls bezüglich auf jenen Tag, und von verehrten Nahmen unterzeichnet, die Sie mir Theuerster Freund, als vorzügliche Theilnehmer jenes Festes genannt haben.

Geblendet von dem Abglanze solcher in der Entfernung mir zu Gunsten bereiteten Erfreulichkeiten finde ich mich auf einmal wieder im Angesicht schroffer Felsenwände, denen ich kaum mit Schlägel und Eisen einige Erklärung abgewinnen kann und mich in Gedancken um so lieber zu den werthesten Freunden hinwende, die, in freyer Gegend, am belebtesten Flusse, gewiß so schöner Herbsttage genießen, als hier in diesen Schluchten mir zu Gute kommen, wo sie freylich von doppelt und dreyfachem Werthe sind.

[10] Im Laufe dieses Monats würden mich einige Zeilen von dorther höchst glücklich machen. C. B. d.

8. Sept. 1819.

Goethe.


Geben Sie mir doch einen Winck wie ich den günstigen Unternehmern des Festes irgend etwas Freundliches erweisen kann.


32/8.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Da aus vorstehenden eigenhändigen Blättern ein abgeschiedener klösterlicher Zustand hervorgeht; so darf ich doch nicht unbemerkt lassen daß ein trefflicher Arzt von Berlin, Geh. Rath Berends, mein nächster Nachbar ist, dessen Rath mich von Zeit zu Zeit auf rechte Wege leitet und beruhigt.

Sogleich ist es Pflicht zu melden daß auch aus der Ferne her Freundliches zu mir gelangt, indem die Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, gegenwärtig zu Frankfurt versammelt, mir zu meinem Geburtstage das Diplom als Ehrenmitglied durch österreichische Couriergelegenheit gesendet hat.

Könnte ich, damit der Raum ausgeht, nur noch mit wenigen Worten andringlich betheuren wie ich für immer Höchstdenenselben, Ihro Frau Gemahlin Königliche Hoheit zum allerbesten empfohlen seyn möchte!

Carlsbad den 15. September 1819.[11]


32/9.


An August von Goethe

Fortgesetztes Tagebuch,

Carlsbad.


Sonntag den 5. September.

Zu Hause getrunken. Geologica durchgedacht. Dichter Nebelmorgen. Zu Findlaters Obelisk. Herrliche Enthüllung der Sonne wie der Gegend. Zum Hirschensprung, Kreuz und Lufthäuschen. Herab. Besuch von Geh. Rath Berrends. Schreiben an Serenissimum.

Nach Tische Geologica. Um 4 Uhr nach der Egerbrücke, auf der Wiese nach Fischern, Mandelsteine und Basalte geklopft. Granit, sodann zur Kirche hinauf. Sonnenuntergang. Die Chaussee herunter. Spät nach Hause, die Stufen gemustert.


Montag den 6. September.

Heiterster Morgen. Ganz reiner Himmel. Zu Hause getrunken. Schreiben von Willemer, das Frankfurter Fest am 28. vermeldend. Geologica. Spazieren, nach der Kaiserin Platz. Aufsteigende Wolken. Um zwey Uhr nach Rohlau, der Pocellanfabrik, gefahren und dort den alten Bekannten von Dallwitz besucht. Schöne, wohlgelegene Anstalt, doch nicht eigentlich im Flor. Sammlung der Naturkörper und Producte. Nach und nach hatte sich der Himmel[12] drohend überwölkt. Es regnete an allen Gebirgen. Mit mäßigen Schlagregen nach Hause. Ausgepackt und geordnet.


Dienstag den 7. September.

Zu Hause getrunken. Wolkig mit Sonnenblicken. Gestrige Stufen gemustert und numerirt. Zum Platz der Kaiserin und weiter. Mit Herrn Amtmann wegen einer Tour nach Petschau. Carl holte von der alten Prager Straße Granit und einzelne Crystalle. Beyreuther Zeitungsnachricht von dem Frankfurter Fest am 28. August. Chotek'scher Weg. Platz der russischen Kaiserin. Findlaters Tempel und Weg. Gegen 6 Uhr zu Hause. Carl war auf der Kobesmühle gewesen, Basalte und schwere Schlacken zu holen.


Mittwoch den 8. September.

Sendung von Frankfurt, durch österreichische Couriergelegenheit, Diplom als Ehrenmitglied der Gesellschaft älterer deutschen Geschichtskunde. Briefe. Nach Tische nach Schlackenwerth. Erst Chaussee mit Granit gebaut und erhalten. Dann mit pseudovulkanischen Producten. Gelber Porcellanjaspis und stränglicher Eisenstein. Der Abhang nach Schlackenwerth Basalt. Um den Ort gegangen. Fläche bebaut gegen Joachimsthal. Einige Mühlen. Die Eger fließt eine Stunde von da vorbey. Herrschaftlicher Garten, die alten Bäume erhalten, die Wege reinlich, übrigens feuchter Aufenthalt. Den Fußpfad[13] aufwärts, umzugehen die Böse Straße. Auf der Höhe über Lassau, zunächst an der Chaussee der Bruch zur Reparatur der Straße, gelber Porcellanjaspis, eine fußstarke Lage Eisenstein, meist stänglich gebrannt. Nach sieben zu Hause, Mineralien geordnet. Übersicht was sich die Menschen zu ihrem Nutzen davon zugeeignet. Heitester Tag.


Donnerstag den 9. September.

Zu Hause getrunken. Carlsbader erweiterte Sammlung. Geburtstagsbriefe von Hause. Zum Platz der Kaiserin. Bald gesessen. Nach Elbogen. Mit dem Steinhauer gesprochen. In die Porcellanfabrik. Gehülfe des Herrn Mohs zu Freyberg. Mineralogica. Zurück. Abends die Papiere der deutschen geschichtlichen Gesellschaft gelesen.


Freytag den 10. September.

Zu Hause getrunken. Nachricht von der Geburtstagsfeyer zu Mainz. Besuch von Bergrath Herder und dessen Geschwornen. Standrede von Dr. Frisch auf Treba. Zur Kaiserin Platz. Mittag für mich. Stufen umgeräumt und geordnet. Besuch des Porcellanfabrikanten Haidinger von Elbogen und dessen Bruder, attachirt an Bergcommissionsrath Mohs. Schöne Einsicht, freyer Blick, vereinfachtes Studium. Auf die Prager Straße. Heitrer Himmel im Ganzen.[14] Einzeln ruhende gehäufte Wolkenmassen (Cumulus), leichtere sich auflösende. Reiner Sonnenuntergang. Nach Sechse Rückkehr über die Lorenz-Capelle. Abschiedskarte vom Grafen von Bernstorff.


Sonnabend den 11. September.

Vollkommen reiner Himmel. Zu Hause getrunken. Übereinstimmende Gestalt der Basalte vom Horn. Auf eine Grundform zu reduciren. Dictirt. Geschichte des Jenaischen Osteologischen Museums. Bezug auf die Veterinärschule. Bey Herrn Geh. Rath Berends. In die Puppische Allee. Um halb Biere gegen die Egerbrücke. Wundersam wolkiger Himmel, auf blauem Grunde gehäufte Wolken, sich an den zusammentreffenden Enden in lustige Streifen auflösend. Ostwind. Gegen Fischern die Chaussee hinauf, sodann rechts ab zur Kobesmühle und dem Hügel daselbst. Basalte, Quasi-Ätiten, schwere Schlacken. Fortdauernde Wolkenstreifzug von Osten nach Westen. Donner und in den feinen, wie mit Besen hingekehrten, leichten, weißlichen Luftstrecken Regenbogen, der sich auch über den blauen Himmel fortsetzte, zum Zeichen unmerklicher Verdunstung. Nach Sonnenuntergang stiegen von Morgen noch geballte Wolken auf. Halb acht Uhr war ich zu Hause. Der Himmel reine, in Osten Wetterleuchten. Durch frühere Dunststreifen war Jupiter klar zu sehen gewesen.[15]


Sonntag den 12. September.

Zu Hause getrunken. Lucian Bonaparte's Leben. Gebadet. Vollkommen heiterer Himmel. Gegen Mittag im Osten aufsteigende Cumulus, wie gestern. Gegen Abend zur Dorotheenaue und dem Säuerling. Einige Stufen eingebracht. Über die Höhe, den Sälen gegenüber, nach Hause. Meteorologisches dictirt.


Montag den 13. September.

Heiterster Himmel, nur die leichtesten Wölkchen von Norden nach Süden im Zenith hinziehend. Bergrath Herder und [Lücke] von Greifswalde. Gebadet. Gegen Abend den Schloßberg hinauf, zum Schießhause; sodann nach dem thörichten Bergwerksversuch am Fußpfade nach Schlackenwalde. Abends dictirt, Meteorologisches und Gegenwärtiges zur nächsten Expedition nach Weimar.


Dienstag den 14. September.

Heiterster Himmel. Gestriges durchgesehen und durchgedacht. Zu Hause getrunken. Zeitungen. Gebadet. Geh. Rath Berends besuchte mich. Carl handelte Mineralien ein. Schnell gegessen, um 2 Uhr auf Engelhaus. Ich ging unten umher, Carl erstieg den Felsen. Nachher Schriftgranite. Dreyeinigkeits-Capelle. Heiterster Himmel, herrlicher Sonnenuntergang. Die ganze Pragerstraße ausgefahren.[16]


Merkwürdige Zeitungsanzeige.


Am 15. August starb mein geliebter Mann, Gerhard Christoph Schöning, nachdem wir nur vier Wochen in der vergnügtesten Ehe gelebt hatten, an den Folgen der Schwindsucht, nach beynache siebenwöchentlichem Krankenlager, im noch nicht vollendeten dreyßigsten Lebensjahre.

Unvergeßlich pp.

Oldenburg den 15. August 1819.


Vorstehendes, als Frucht meines aufmercksamen Zeitungslesens, empfehle zu ernstlicher Betrachtung.

C. B. d. 15. Sept. als am allerklarsten Sonnentage 1819.

G.


Carlsbad den 16. September 1819.

Vorstehendes war geschrieben, damit es gleich abgehen könnte, wenn ich Nachricht von euch erhielt, wie es denn auch geschehen soll. Deinen Brief vom 12., früh 8 Uhr, erhielt ich den 16. zu gleicher Stunde: wenn du also auf Gegenwärtiges mit umgehender Post einiges erwiderst; so kann es mich noch antreffen, sonst nicht. Das Beyblatt und Sonstiges, was dein Brief vom 3. September als durch die fahrende Post abgegangen ankündigt, ist noch nicht angekommen, wenn du also ein Paquet mit der Rostocker Sendung und sonst erst nach dem 12. auf die fahrende Post gegeben hast; so wird es mich kaum mehr erreichen.[17] Ach habt ihr wegen des Frauenstrumpfs, den ich meiner Sendung vom 6. September beylegte, nichts gemeldet, dieß müßte nun mit mir umgehender Post geschehen. Damit wir bey der Durchreise durch Asch die Commission besorgen können.

Zuvörderst also soll Ottilie den schönsten Dank haben für ihren liebenswürdigen Brief vom 28. und so fort; ich hoffe, wir wollen nächsten Winter anmuthig zusammen seyn und das Weitere guten Geistern überlassen.

Auf Walthern freue ich mich gar sehr, grüße Ulriken zum schönsten und lasse alle übrigen hoch leben.

Daß ihr mit Nicolovius ein gut Verhältniß angeknüpft, welches bey meiner wunderlichen Lebensweise niemals möglich war, ist mir sehr angenehm. Laßt immer nächsten Sommer die Töchter zu euch kommen und bereitet euch dagegen in ein paar Jahren in Berlin wieder eine gute Aufnahme, dieß wird euch in jedem Sinne heilsam und ersprießlich seyn.

Gleichfalls lobe ich eure Ausflucht nach Schwarzburg. Man erfährt erst wie viel Gutes nahe liegt, wenn man sich rasch vom Flecke bewegen kann und mag. Dir gönne ich besonders den Augenblick der beyden Colossalköpfe. Ich wünschte sie selber wieder einmal zu sehen: denn dadurch wird man auf lange Zeit wieder in allem Guten bestärkt.

Aus meinem Tagebuch ersiehst du daß wir uns ziemlich in der Gegend umgethan und viele Steine[18] geklopft haben. Besonders war Stadelmann unersättlich, den er in pseudovulkanischem Bruche in großen Kugeln antraf, zusammenzulesen. Wie denn über ein Viertelscentner nach Hause geschleppt wurde.

Die Sammlung von hundert Stücken habe nun auch schon wieder, und zwar um vieles vermehrt und besser geordnet, aufgelegt. Schöne Egerane bringen wir mit, große Zinngraupen und dergleichen. So viel Unterhaltung und Zufriedenheit giebt ein fortgesetztes Studium, das ein echtes Fundament hat. Halte ja fest an allen was dich in Natur und Kunst immer mehr begründen und auferbauen kann.

Bergrath von Herder nimmt eben Abschied. Nach Trebra's Tode wird er viel Einfluß gewinnen. Er hat das Vertrauen des Königs und verdient es auch. Er hat sich mit großem Muth und Freyheit den Begriff seines Metiers gebildet, kennt das Einzelne recht gut und schickt sich übrigens, bey seinem heiteren Humor, trefflich zu einem Handwerk, das immer von Hoffnungen lebt, Hindernisse als täglich Brot speis't, um allenfalls am Sonntage ein Stückchen Kuchen zu essen.

So eben höre, daß Graf Carl Harrach, einer meiner ältesten Carlsbader noch lebenden Bekannten, angekommen; wodurch denn einige der letzten Stunden höchst erfreulich werden können.[19]


Nachtrag.


Mittwoch den 15. September.

Heiterster Morgen. Schreiben an Serenissimum. Expedition an die Kinder präparirt. Carl handelte abermals Mineralien. Gegend Abend über den Posthof, zu Antons-Ruhe. Herrlicher Abend. Die höchste Klarheit. Auch an der Schattenseite waren einzelne Zweige und Büsche zu unterscheiden, wie sie der ausführlichste Landschaftsmahler nur hinschreiben könnte.

Abends das erweiterte Mineralienverzeichniß dictirt.


Donnerstag den 16. September.

Zu Hause getrunken. Briefe von Hause und Jena. Briefe nach Hause vorbereiten. Bergrath v. Herder nahm Abschied. Über Freyberg. Nachricht, Graf Carl Harrach von Wien sey angekommen. Besuch von demselben. Erinnerungen. Nach Tische auf Elbogen. Carl ging um den Hornberg. In die Porcellanfabrik. Fand die drey Gebrüder Haidinger. Der Freyberger gab mir einige Mineralien und nahm Abschied. In Elbogen das Schloß und auf dem Rathhause den zurückgebliebenen Meteorstein gesehen. Nach Carlsbad zurück. Der Tag war wolkig gewesen, streifenartig; Westwind. Abends Besuch von Graf Harrach. Wiener Wesen und Treiben.


Soweit wären wir denn auch gekommen daß ich nichts weiter zu sagen wüßte. Gr. Harrach erinnert[20] sich seines Weimarischen Aufenthalts und deiner mit Freuden, grüßt dich und wünscht Glück zu deinen häuslichen Zustand. Meine Absicht ist Sonntag d. 26. hier abzugehn, da ich denn Dienstag Abend in Jena sehen kann. Zeige dies Färbern an; doch verlaßt euch nicht so sicher darauf, wegen möglicher Zufälligkeiten. Ich schreibe gleich nach meiner Ankunft, du schickest mir die Pferde, ich blieb einige Tage in Jena, um alles einzusehen, damit ich sodann meinen Weim. Aufenthalt nicht wieder zu unterbrechen brauche. Und so lebet wohl und empfangt mich freudig.

C. B. d. 17. Sept. 1819.

G.


32/10.


An August von Goethe

Deine reiche, höchsterfreuliche Sendung ist so eben, Sonnabends d. 18. Sept. glücklich angekommen, welches hiemit eiligst vermelde. Wahrscheinlich erhalte in nächster Woche das zweyte mit den Mecklenburger Papieren, und dann geh ich Sonntag ab, wie schon geschrieben. Bleiben sie aus; so verweile noch eine Woche hier; das Wetter ist unendlich schön und die Cur hat mir noch nie so wohl gethan. Daß du Medaille und Kranz zurückbehalten hast war wohl gethan. Sage überall wo du kannst freundliche Erwiederung von mir und so lebet wohl.

Carlsbad d. 18. Sept. 1819.

G.[21]


32/11.


An Albert Cajetan Graf von Edling

[Concept.]

Ew. Excellenz verehrliches Schreiben, wodurch Sie die leider mir schon bekannte Scheidung auch gegen mich aussprechen, hat mir ein sehr trauriges Gefühl gegeben, und erst jetzt, in der Carlsbader Einsamkeit, fühle ich mir Ruhe genug, meine Pflicht durch eine Antwort zu erfüllen. Soll denn, möchte ich wohl ausrufen, nichts mehr eine Folge haben! soll denn die in späteren Jahren angeknüpfte Verbindung mit einem zuverlässigen Manne gleich wieder aufgehoben seyn und ich mich dieser in so manchen Fällen erprobten Theilnahme, Mitwirkung und Beystand abermals verlustig sehen! Dergleichen Fälle werden in den letzten Tagen immer empfindlicher und es wird schmerzlicher sich auszusprechen, weshalb ich wegen diesen verspäteten Zeilen gar wohl Verzeihung hoffen darf.

Möge bey Ihrer That- und Lebenskraft diese Veränderung Sie zu erneuter Wirksamkeit führen: denn so sind Männer nicht wünschenswerth, die bey redlicher Gesinnung und freyer Umsicht, mit mäßiger Behandlungsweise, die wichtigen Verhältnisse höherer Geschäftsregionen anzufassen und zu leiten verstehen.

Carlsbad den 19. September 1819.[22]


32/12.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ihnen meinen lebhaftesten Dank für die freundliche Zuschrift, die mir verspätet zukam, von hieraus abzustatten, darf ich nicht länger säumen. Mögen Sie meinen verehrten Heidelberger Freunden die aufrichtigste Versicherung geben, wie gerührt ich anerkenne die schöne und herzliche Theilnahme an meinem Verweilen unter geliebten, näher und ferner verbundenen Landsleuten. Mein größtes Glück ruht auf der Hoffnung, daß diese Neigung mir auch künftig unwandelbar vorbehalten sey.

Die Mittheilungen über Basalt-Genese interessiren mich sehr. Haben Sie die Gefälligkeit, mich auf alles aufmerksam zu machen, was in diesem Capitel vorkommt. Obgleich ein verjährter Neptunist, habe ich doch die Acten nie für geschlossen gehalten.

Den schönsten Dank für so manche mir bisher gegönnte bedeutende Zuschrift.

[Carlsbad den 19. September 1819.]

Goethe.


32/13.


An Johanna Maria Melber

[Concept.]

Ein Brief von Ihrer lieben Hand, allertheuerste Tante, mußte ein höchst erfreulich Geschenk seyn zu einem Tage wo man doch durch immer eine Art neuen Daseyns[23] beginnt: denn ein Zeichen Ihres kräftigen Lebens, in so hohen Jahren, ist allerdings aufregend für einen Vetter der das Glück hat schon eine schöne Weile mit Ihnen auf Erden vorzuschreiten. Möge uns von Zeit zu Zeit ein ermutendes Wiedersehen gelingen.

Herzlich darf ich bey dieser Gelegenheit auch Ihrem Sohn Glück wünschen, dessen redliche Thätigkeit sich das Bewußtseyn verschafft, ein schönes Daseyn Ihnen und den Seinigen zu gründen. Auch der letzte Beweis davon ist ein angenehmes Ereigniß für beyde Theile, da es den Glauben bestätigt daß so manches, was auf Zutrauen und Hoffnung gesät wird, die besten Früchte bringt.

Erhalten Sie mir Ihrem lieben Familienkreise ein unverwelkliches Andenken.

Carlsbad den 19. September 1819.


32/14.


An Carl Ludwig von Knebel

Nach einen dreywöchentlichen Aufenthalt muß ich doch mit wenigen Zeilen bey dir anklopfen und vor allen Dingen für die herrliche Stelle aus dem Lucrez meinen allerbesten Dank abstatten. Sie erschien mir als ein leuchtendes Meteor, höchst erquickend, obgleich durch die Anwendung einigermaßen beschämend.

Aber auch dafür danke herzlich, daß du dich zu bekannten und unbekannten Freunden gesellen mochtest, um mich an dem Tage fühlen zu lassen, daß man[24] nicht allein sey. Es ist dieß nöthiger als je: denn man findet doch überall ein Irrsal unter den Menschen, das sie vom Vertrauen lostrennt, indem sie es anzuknüpfen wünschen.

Meine erste Beschäftigung hier war, die Müller'sche Sammlung wieder vor mir aufzulegen. Anfangs erschien sie blos als Cadre, bis nach und nach das ganze Regiment vollständig ward und wirklich alles beysammen war, weshalb wir aber manche lustige Fahrt und machen sauren Gang unternommen. Durch diese Veranlassung habe ich denn auch wieder die Gegend umher meist gesehen: Schlackenwerth, Engelhaus, Elbogen zweymal, wo der Überrest des Meteorsteins höchst merkwürdig ist. Jammerschade, daß man so ein kostbares Naturproduct in Stücken schnitt, eben als wenn man einen großen Diamanten spalten wollte, um sich darin zu theilen, oder wenn, nach Salomonischem Urtheil, ein halbirtes Kind auch eine Art von Säugling wäre.

Sonst habe ich mancherley mitgenommene Papiere geordnet, schematisirt und auf den Winter vorbereitet. In acht Tagen denke ich abzugehen und werde wohl bald bey euch seyn.

Möge der Druck deines Lucrez nur dießmal gelingen! damit man den herrlichen Geist auf Reisen immer mit sich führen könnte; da eine Übersetzung wie die deine uns ein Gefühl giebt, als wäre er uns näher verwandt geworden.

[25] Verzeih der Unfähigkeit meines Schreibenden, unter gegenwärtigen Umständen ist er mir von großer Hülfe. Grüsse Wellern; er dancke seinen Mitarbeitern! Kennst du gegenüberstehende Juwelen griechischen Ursprungs?

Alles Gute! dir und den Deinigen.

Carls Bad d. 20 Sept. 1819.

G.


Knüpf an das Grab des Ertrunknen getrost die Taue des Schiffes,

Ich ging unter, es ziehn andere froh auf dem Meer.


Mich zubrach ein Orkan! was schlagt ihr zum Schiff noch die Fichte,

Welche der Stürme Gewalt schon auf der Veste bestand?


32/15.


An Georg Friedrich Grotefend

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

stille Begrüßung, aus einem schmerzlichen Familienzustande, an den ich aufrichtig Theil nehme, war mir freundlichst willkommen, zu gleicher Zeit, als die Nachricht zu mir gelangte, wie eine stattliche Anzahl lieber Landsleute mein Andenken geneigst zu beehren versammelt gewesen. Erhalten auch Sie mir ein fruchtbares Wohlwollen und lassen mich, so lange wir noch zusammen auf der Erde verweilen, Theil an Ihrer schönen Thätigkeit nehmen.

[26] Zu besserer Einsicht in den gegenwärtigen Zustand der Heilsberger Inschrift kann ich von Hause nächstens mehreres mittheilen. Sie werden Ihre Vermuthungen, daß die Röschen zu Schlußausfüllungen der Zeile dienen, und anders bestätigt finden.

Bemerkungen eines Schriftkenners, wie die Striche innerhalb der Buchstaben anzusehen, eine veränderte Leseart einiger Stellen, auch etwas über Localität von Heilsberg und der Umgegend werden auch Ihnen frisches Interesse gewähren.

Diese Mittheilungen geschehen nunmehr ganz eigentlich aus Pflicht, indem die so viel verheißende Gesellschaft auch mir, dem Laien, ein Diplom als Ehrenmitglied zu meinem Geburtstage gesendet und ich deshalb jede Gelegenheit gern ergreifen werde, zu jenen edlen Zwecken nach Vermögen mitzuwirken. Deshalb ich denn auch bey meiner Rückkunft ungesäumt Anstalt machen werde das Vorhandene zusammenzubringen.

Möge ich Ihrem Andenken immer empfohlen bleiben.

C. B. d. 21. Sept. 1819.


32/16.


An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

Immer habe ich, nahverwandter und verbundener Freund! eine einige Fügung in dem Umstande erblickt, daß wir niemals persönlich zusammen treffen und, in[27] reiferen Jahren, eine eigentlich vollkommene Vereinigung stiften können. Nun seh ich das Vergangene als ein Capital an, zu welchen die Interessen immerfort geschlagen worden, und wovon die erhöhten Zinsen uns in späterem Alter, unsern Kindern aber für ihre Lebenszeit zu Gute kommen. Auch daß Sie in Weimar zum erstenmal unter Umständen gelebt, bei denen ich nicht füglich hätte gegenwärtig sein können; daß Sie in dem Raum meines Hauses, an lebendigen Bewohnern und sprechenden Leblosigkeiten, meine Zustände nach eignem Sinn und Weise sich angebildet und mir dadurch um vieles näher geworden, scheint einem liebenvollen Sinne der moralischen Weltordnung ganz gemäß, so daß ich meinen Theil an dem wechselseitig genossen Guten wohl auf die nächste Folgezeit vertragen darf. Doch lassen Sie dieses nicht als unbestimmten Termin gelten, gründen wir darauf eine so nützliche als erfreuliche Familien-Einrichtung: daß die Unsrigen sich wechselseitig besuchen, eine Zeitlang zusammen verweilen, Gedanken und Gesinnungen austauschen und so zu einer wahren Vereinigung gelangen, welche auch die Väter endlich zusammenführt. Genau betrachtet ist es jetzt gewiß an der Zeit sich durch persönliche Verbindungen zu stärken, und auch in der Ferne solche Fäden anzuknüpfen, an denen wir, von Jahr zu Jahr, eine wahre Mannigfaltigkeit des Lebens aufsuchen können. Nur die wenigen Wochen auswärts haben mich über vieles weggehoben, womit[28] ich zu Hause kaum fertig geworden wäre. Auch Sie, auf einer größern Reise, werden gewiß manchen Zug und Bezug entdecken, der Ihren bedeutenden innern Wirkungskreis günstig aufhellt. Mit den herzlichsten Wünschen und dem innigsten Vertrauen

treulichst verbunden

Carlsbad den 21. September 1819.

J. W. v. Goethe.


32/17.


An August von Goethe

Ein rechtes Glück ist es, mein Sohn, daß das Vielfache was mir zu meinem Geburtstage bescheert war, theils durch deine Sorgfalt hierhergelangt ist, wo ich Zeit hatte Erwiederungen, auszufertigen und vorzubereiten. Die größten Schwierigkeiten sind überstanden und noch die wenigen Tage sollen genutzt werden.

Mein Entschluß bleibt noch Sonntag d. 26ten abzugehen. Dein letztes Packet kommt indessen wahrscheinlich an.

Hiebey ein Brief an Nicolovius den du baldigst besorgen wirst.

Ein Steinkästchen, nicht zu eröffnen, ist abgegangen.

Die Cur ist mir noch nie anhaltend so gut angeschlagen.

[29] Das Wetter fortdaurend schön wenn auch manchmal wechselnd.

Grüße alles und empfangt mich freundlich!

C. B. d. 21. S. 1819.

G.


32/18.


An Johann Georg David Melber

Daß Sie, mein werthester Herr Vetter und Freund, die Veranstaltung jenes, mir zu hohen Ehren gereichenden Festes, mit andern Wohlwollenden, gefällig übernommen ist mir umständlich bekannt geworden. Ich statte dafür den herzlichsten Danck ab, indem ich zugleich geziedmend Bitte anliegendes den vielverehrten Gliedern des Museums bescheidentlich zu überreichen, dabey auch die Entschuldigung anzubringen: daß meinen wohlgefühlten Gesinnungen nicht eine äußere schicklich-zierliche Form gegeben werden konnte. Von Schreibtisch und Kanzley entfernt blieben mir nur zufällige Materialien, welche, wie ich hoffe, meine Aufrichtigkeit dankbaren Zeilen nicht entstellen werden. Erhalten Sie mir eine Freundschaftliche Theilnahme und empfangen wiederholte Anerkennung der, von meinem Sohne indessen Empfang genommenen Sendung.

treulich

ergeben und verbunden

Carlsbad am 22. Sept. 1819.

J. W. v. Goethe.[30]


32/19.


An die Frankfurter Festgenossen

Da mir meiner lieben Vaterstadt, ungeachtet aufgehobner bürgerlichen Verhältnisse, mich noch auf das Innigste verbunden fühle, konnte mir nichts erfreulicher begegnen als daß daselbst wahre Sinnesverwandte einen Tag feyerten, an welchem wohldenkende Mensch Aufmunterung von Außen bedarf, weil er sich gewiß nicht enthält innerlich sowohl rückwärts zu blicken, jenes mit vollem Ernst, dieses mit einiger Bedenklichkeit.

Was aber sollte uns über alles Vergangene mehr beruhigen als ein öffentliches, liebevolles Zeugniß daß man nicht umsonst gelebt, daß eine gütige Vorsehung uns von Schritt zu Schritt vergönnte etwas zu leisten, welches wir solange scheu als das Unsrige betrachten, bis uns andere versichern daß es auch für sie bleibenden Werth habe.

Mit Freuden will ich daher die mir bis jetzt verliehenen Kräfte fernerhin anzuwenden trachten, daß meinen lieben Landsleuten etwas angenehmes und nützliches daraus entsprießen könne. Und in solchem Sinne darf ich jenen herrlichen Kranz gar wohl mit bescheidenem Vergnügen anblicken als ob er noch zu verdienen wäre. Dieser mit bevorstehende unschätzbare Genuß reitzt mich früher nach Hause; und mit welchem Gefühl werde ich, in der Stunde Rückkehr, den[31] doppelten Gruß der Meinigen, wie ich sie nah und fern benennen darf, noch immer überraschend, empfangen und mir zueignen. Möge allen Wohlwollenden die beste Vergeltungen werden!

neubelebt und verbunden

Carlsbad am 22. September 1819.

J. W. v. Goethe.


32/20.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit freundlich gnädiges Schreiben hatte meine Cur glücklich abgescholossen; ich bin mit dankbar gerührtem Herzen dort abgefahren, ob ich gleich, wie es am Schluffe zu gehen pflegt, versucht wurde meinen Aufenthalt zu verlängern.

Indessen bin ich, bey anhaltendem guten Wetter, in Jena angelangt und gedenke hier mit gnädigster Vergünstigung was in Bibliotheks- und Museumsgeschäften vor Winters nöthig seyn möchte dergestalt zu besorgen, daß es keines weitern hiesigen Aufenthaltes bedürfte.

Noch einige Witterungsbeobachtungen und sonst auf Natur Bezügliches hoffe mündlich vortragen zu dürfen.

Der ich meinem gnädigsten Fürstenpaare auf das allerbeste empfohlen zu seyn wünsche.

Jena den 29. September 1819.[32]


32/21.


An Johann Heinrich Meyer

Über nachstehende Puncte, mein theuerster Freund, wünschte zu verhandeln, und wünschte daher daß Sie Sonntags bey guter Zeit von Weimar ausführen und was Sie für nöthig hielten so wie Nachstehendes mitbrächten.

1) Ihre kurzen Kurznachrichten wünschte herüber. Wir könnten das Manuscript gleich zum Druck befördern, indem wir das fünfte Heft damit anfingen.

2) Haben Sie vielleicht schon die Scenen aus meinem Leben und Ifflands Darstellungen berührt? Sie verdienten wohl ein freundlich Wort.

3) Die Pariser Medaille Luthers. Bücher Mecklenb.

4) Die Pferdeköpfe wünschte auch zu besprechen, obgleich Renner auswärts ist.

5) Die von Leipzig gekommenen Kupfer verdienen auch alle Aufmerksamkeit, es sind wieder die köstlichsten Sachen für 2 Groschen erstanden worden.

6) Ich erwarte Kupfer von Frankfurt, und wahrscheinlich sind angekommen, einige Martin Schön; bringen Sie doch solche mit herüber.

7) Auch habe ich zu einiger Ergötzlichkeit zwey Flaschen Champagner von meinem Sohn verlangt, haben Sie die Güte solche mit zu bringen. Gar manches Andere wird sich zu besprechen finden, worauf[33] ich mich gar sehr freue, und inzwischen tausendmal wohl zu leben wünsche.

treulich

Jena den 1. October 1819.

G.


32/22.


An August von Goethe

Meine Geschäfte, lieber Sohn, fangen nach einer so langen Pause sich wieder zu regen an, und es giebt überall etwas zu thun und nachzuhelfen.

Nachstehendes wünsche durch Herrn Hofrath Meyer, den ich auf Sonntag einlade, zu erhalten:

1) Einige Lagen Pro-patria-Papier, die aber ja nicht verknüllt werden dürfen, weshalb ich beyliegende Pappen mitschicke.

2) Ein Programm, das Nees v. Esenbeck geschickt.

3) Die wahrscheinlich angekommenen Frankfurter Kupfer.

4) Das Actenstück welches den Etat der Museen ausführlich behandelt, ingleichen ihre fernere Verwaltung bestimmt.

5) Die Allgemeine Zeitung,

6) und was sonst von Briefen und Paqueten angekommen wäre.

6) Und zu Erfüllung alles dieses zwey Flaschen Champagner, nicht weniger

8) etwas Kaltes an Hasen etc.

Tausend Grüße.

Jena den 1. October 1819.

G.[34]


9) Siegellack wollte mir zuletzt erbitten an dem völligen Mangel erleide.

10) Auch wird mir Kräuter den ich schönstens grüße die vier Bände von Bartsch überschicken.

Von meiner Reiserechnung kann ich dir nunmehr mit Vergnügen vermelden daß es die erste sey die abgeschloßen ist. bisher gingen sie mir immer in's blaue. Bereite dich auf eine mäßige baare Sendung von Leipzig.

Ferner habe einen Gedancken gehabt:

Nimm doch ein Stück verzinntes Blech, und stelle es in den Schranck, wo die Tobacksbüsche steht. Um zu sehen ob auch das anläuft.

11) Die von Cotta verlangte Fortsetzung der vorigen Ausgabe meiner Werke u.s.w. wird ehestens bey euch anlangen.

12) Ich wünsche Ottiliens Exemplar des Divans; da ich mehrere muß binden lassen, so möchte ich sehen ob es mir als Probeband ansteht.

13) Wenn Ottilie der Schlacht von Foldden etwas abgewinnen kann, so wird sie dieses kleine Gedicht gewiß wohl in ihre Sammlung mit aufnehmen.

Nächstens eine ähnliche Litaney von ähnlichen Wünschen.

Jena den 1. October 1819.

G.

Das Blatt zurückerbittend.[35]


32/23.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

freundlichen Wünschen, womit Sie meine Badereise geneigt begleiteten, wird es gemäß seyn, wenn ich vermelde, daß ich sie glücklich vollbracht und dort bey sehr schönem Wetter mein Vorhaben auf das günstigste ausgeführt gesehen. Indem ich nun vermelde, daß ich auswärts keine Anweisung auf Dieselben gestellt, so ersuche zugleich an Herrn Auctionator Weigel die Summe von Ein Hundert und einunddreyßig Thaler sächsisch, über welche er eine Assignation einreichen wird, gefällig auszuzahlen. Ferner Fünf Hundert Thaler sächsisch in Kopfstücken durch die fahrende Post unter meiner Addresse nach Weimar zu senden.

Genehmigen Sie bey dieser Gelegenheit die Versicherung einer ausgezeichnet-dankbaren Hochachtung.

Daß nebenstehende Zahlungen für Rechnung der von Cottaischen Buchhandlung in Stuttgart geschehen, möchte noch nachzubringen seyn.

Weimar [Jena] den 2. October 1819.[36]


32/24.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

[Jena den 3. October 1819.]

Ew. Wohlgebornen

angenehme Sendung hat mich bey meiner Rückkehr von Carlsbad gar freundlich empfangen, sie ist ganz im Sinne der vorhergehenden und konnte nicht anders als mir viel Vergnügen machen. Wenn hie und da den Drucken an Güte etwas abgeht; so sind sie für den angesetzten Preis immer noch dankenswerth.

Anbey liegt eine Assignation auf Hunderteinunddreyßig Thaler sächsisch, wodurch meine bisherige Schuld getilgt ist; das Übrige gedenke auf die Becker'sche Auction zu verwenden und sende nächstens ein Verzeichniß dessen was ich allenfalls besitzen möchte.

Die anzeige einer alljährlichen Kunstversteigerung ist gewiß für alle Liebhaber höchst interessant, und es soll mir angenehm seyn auch mit daran Theil zu nehmen.

Die griechischen Autoren habe gleichfalls erhalten und bitte mit deren Sendung fortzufahren, obgleich die erste Absicht, worum ich sie erbat, durch die Entfernung der jungen Griechen vereitelt ist.

Weimar [Jena] den 1. October 1819.[37]


32/25.


An August von Goethe

Es ist mir denn doch, mein lieber Sohn, in einsamen Stunden eingefallen, daß es etwas wunderlich aussieht wenn ich den von Frankfurt mir zugedachten Lorbeerkranz so ganz ruhig in Weimar stehen lasse, da ich ihm eigentlich entgegen reisen und abholen sollte. Ich habe deswegen beikommenden Schein geschrieben gegen welchen dir Herr v. Froriep der Jüngere das Kästchen wohl einhändigen wird. Für dessen sichern Transport herüber du auf ein- oder die andere Weise Sorge tragen wirst.

Mein Erwiederungsgedicht wird indessen fertig und ich sende meinen Dank zugleich mit an Freunde.

Jena den 3. October 1819.

G.


32/26.


An Georg Friedrich Grotefend

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

das gethane Versprechen sogleich nach meiner Rückkunft zu erfüllen, übersende nebst einem Exemplar der von Hammer'schen Abhandlung drey nach und nach erstandene Blättchen.

Nr. 1 ist der erste Versuch, die Schilterische Zeichnung mit dem Steine zu confrontiren und hiernach zu rectificiren; jedoch ist zu bemerken daß bey der[38] Randschrift mehr die Schilterische Schrift als das Original befolgt worden; eine Vergleichung mit Nr. 3 giebt hievon die Überzeugung.

Nr. 2 ward, wie die erste, von dem Kupferstecher unternommen, der bisher in der Sache gearbeitet. Diese kommt dem Original schon um vieles näher.

Nr. 3 ein Facsimile des gegenwärtigen Zustandes des Steines, in so fern thunlich war.

Ew. Wohlgebornen Urtheil greife nicht vor, doch werden Sie bald bemerken daß durch diese Blätter so wohl im Ganzen als Einzelnen manches aufgeklärt wird. Professor Riemer, ein vorzüglicher Sprach- und Schriftkenner, hat noch mehr Fleiß auf diesen Gegen stand verwendet, und ich erfahre bey meiner nächsten Ankunft in Weimar, was ihm bey seiner freylich sehr beengten Zeit gelungen seyn möchte.

Er äußert den Gedanken, daß man die Striche innerhalb der Buchstaben als solche anzusehen habe, wie sie der Schreiber zieht, damit der Mahlende die Zwischenräume ausfülle.

Eben so lassen sich die wunderlichen Figuren in welchen das S erscheint auf diesem Weg am besten auflösen. In Herrn von Hammers Alphabet bestätigt sich also manches, einiges aber erleidet Abänderung, wie Ew. Wohlgeboren es selbst bey näherer Betrachtung finden werden. Mehr sage nicht, sondern bemerke nur, daß wir in den zwey letzten Zeilen zu lesen glauben: [Lücke]

[39] Indem ich mich bestens empfehle, ersuche Dieselben, was Sie etwan hierauf an mich gelangen lassen, nach Weimar zu addressiren, wohin ich in diesen Tagen mich begebe.

[Jena den 4. October 1819.]


32/27.


An Wilhelm Christian Carlvon Solms-Braunfels

[Concept.]

Durchlauchtigster Fürst,

gnädigster Herr!

Ew. Durchlaucht haben durch eingene Sorgfalt und persönliche Aufmerksamkeit die in Ihnen Bezirkren aufgefundenen Alterthümer zu einem Familienschatz erhoben, da sie somit leider durch gelohnte Hände oft zerstreut und gar zerstört werden, wie ich selbst unangenehm erfahren habe. Eine geschmackvolle und zugleich wahrhafte bildliche Darstellung war bey den Fortschritten des Steindrucks möglich und die schätzbaren Bemerkungen eines wohlunterrichteten Mannes geben zu weiterer Überlegung und Vergleichung Anlaß.

Daß nunmehr Ew. Durchlaucht die Gnade haben mich mit einem Exemplar zu beehren, erkenne mit verpflichtetem Dank und bitte für jetzt und künftig um die Erlaubniß, was irgend einen Bezug haben könnte schuldig mitzutheilen.

[40] Es finden sich zum Beyspiel ähnliche Ringe, Äxte und dergleichen bis mitten nach Thüringen hinein, wovon die hiesigen Sammlungen manches aufzuweisen haben.

Erlaubt sey mir sodann, bey Tab. XI. zu verweilen und zu erwähnen, daß ein ähnlicher Körper im Fürstlich Reußischen Voigtlande gefunden worden, wovon die Curiositäten mehr Nachricht geben und denselben für ein Klanginstrument erklären. Eine genaue Zeichnung in wirklicher Größe nehme mir die Freyheit nächstens zu übersenden, um mit jenem Exemplar zusammengehalten zu werden, ob vielleicht eine Übereinstimmung der Gestalt und des Zwecks zu finden, zu muthmaßen wäre.

Einige Exemplare der von Hammer'schen Erklärung der Heilsberger Inschrift nehme mir die Freyheit sogleich beyzulegen und zu bemerken, daß Herr Professor Grotefend in Frankfurt a. M. denselben Gegenstand bearbeitet. Er gesteht der Inschrift ein so hohes Alter nicht zu, giebt ihr aber ein höheres politisches Interesse.

Von seiner Forschung erhalten wir vielleicht bald öffentlich die Resultate.

[Jena den 5. October 1819.][41]


32/28.


An J. C. Schaum

[Concept.]

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Wohlgeboren empfangen meinen verpflichtetsten Dank für das schöne Exemplar eines jedem Alterthumslustigen gewiß höchst willkommenen Werkes. Sorgfältige Ausgrabung, von höchster Hand geleitet, vollständige Sammlung, treue Aufbewahrung und Nachbildung solcher Gegenstände macht einem Vaterlandsfreunde die angenehmste Empfindung.

Von jeher war die Aufmerksamkeit auf diese edlen Reste gerichtet, von manchen ist uns Kenntniß geblieben, vieles aber wieder zerstreut und zerstört worden. Glück zu wünschen ist daher gegenwärtiger Sammlung, daß sie, sicher aufbewahrt, an Ihro Hochfürstlichen Durchlaucht einen einsichtigen Gönner und Besitzer und an Ew. Wohlgeboren einen kenntnißreichen Ausleger gefunden. Überdieß kommt der Steindruck dem Geschmack und Geist des Künstlers zu Hülfe, wodurch auch der ertfernte Liebhaber wie durch eine Art Facsimile von solchen Gegenständen unterrichet wird, deren Gestalt bisher nur im Allgemeinsten durch verkleinerte Kupferabbildungen mitgetheilt wurde.

Noch will ich zum Schlusse nicht verfehlen anzuzeigen, daß in dem nächsten Hefte von Kunst und[42] Alterthum Ihres interessanten Werkes kurz und freundlich Erwähnung geschehen wird.

So wie ich Ew. Wohlgebornen Vermittlung erbitte, daß Ihro Durchlaucht mein nicht eigenhändiges Schreiben dem Reconvalescenten in Betracht aufrichtiger Gesinnungen gnädig verzeihen möchte.

Weimar [Jena] den 5. October 1819.


32/29.


An Johann Heinrich Meyer

Mit vielem Dank, mein trefflichster Freund, für Ihren neulichen Besuch vermelde in Gefolg unserer Abrede, daß ich die kleinen Kunstnotizen und -urtheile nochmals durchgesehen und sie sämmtlich probat gefunden habe; ich konnte, weil sie schon zahlreich sind, ihnen sogar durch eine gewisse Stellung Bezug auf einander und Folge geben. Was Sie mir senden wird eingeschaltet, und dann soll der Druck sogleich beginnen. Um eins habe ich noch bitten wollen, um ein paar freundliche Worte über die Mailänder Medaille in künstlerischem Sinne; über die Veranlassung werde ich auch das Nothwendige und Schickliche hinzufügen.

Bald habe ich mich aus meinen Danksagungsschreiben herausgewunden, dann steht mir aber noch manches geschäftsweise bevor.

Der Großherzog hat die lithographische Anstalt auch meiner speciellen Aufsicht übergeben; haben Sie[43] die Güte freundlich in die Sache hinein zu sehen und allenfalls zu ermessen wie man sie fördern kann.

Unsere Unterhaltung über die Pferdeköpfe schwebt mir noch immer vor, sie sollten neben den Colossal köpfen stehen und man würde Wunder erblicken.

Alles Gute und Freundliche.

Jena den 5. October 1819.

G.


Ihre beyden Schweizer, die ich gebührlich aufgenommen, verlassen mich so eben.

Mittag.

G.


32/30.


An Johann Lambert Büchler

[Concept.]

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrter Herr!

Ew. Wohlgebornen haben auf mein vorläufiges Schreiben, Carlsbad am 8. September erlassen, gewiß die Gefälligkeit gehabt meinen vorläufigen schuldigen Dank der verehrten Gesellschaft darzubringen. In Hoffnung geneigter Aufnahme sende daher Gegenwärtiges und bitte solches geziemend zu übergeben. Es drückt zwar keineswegs meine Empfindung in der Maße aus, wie ich solche zu bekennen wünschte, und ich würde mit meiner Darlegung sehr unzufrieden seyn, wenn ich nicht hoffen dürfte auch von meiner Seite zu jenem edlen vaterländischen Zweck einiges beyzutragen.

[44] Der ich indessen, mir von Zeit zu Zeit geneigte Mittheilung erbittend, die Ehre haben mich zu unterzeichnen.

Weimar [Jena] den 5. October 1819.


32/31.


An die Centraldirection der Gesellschaftfür ältere deutsche Geschichtskunde

Hochwohlgeborne,

hochverehrte Herren!

Als im Sommer 1815 des Herrn Staatsminister von Stein Excellenz in Nassau aufzuwarten und mit einem so würdigen Freunde und Gönner eine kurze Rheinreise zu vollbringen das Glück genoß, machte mich derselbe mit einem Plane bekannt, wonach zu Bearbeitung älterer deutscher Geschichtskunde eine Gesellschaft wohl zusammentreten würde; auch erhielt ich nachher einen umständlichen Aufsatz hierüber, den ich mit älteren und jüngeren Freunden mündlich und schriftlich behandelte und, da ich mir in diesem Fache weder hinreichende Kenntniß noch Beurtheilung zutrauen darf, ihre Meinung vernahm, ihre Gesinnung erforschte.

Hier traten nun sogleich jene Schwierigkeiten bedenklich hervor, die man gegenwärtig schon überwunden mit Vergnügen an der Seite sieht. Wie vieles ist nicht schon geschehen! Doppelt viel, weil in dem Gegebenen das Geforderte schon enthalten ist.

[45] Geschichts- und weltkundige Männer verbinden sich, die Gesellschaft zu gründen, Statuen sind angeordnet und bis auf weiteres genau bestimmt, eine Gesammtausgabe der besten Quellenschriftsteller methodisch angedeutet, Zeithefte versprochen und alles zusammen durch eine Denkschrift in größter Klarheit der höchsten Behörde empfohlen, so daß Zweck und Mittel sich schon gegenwärtig berühren.

Welcher Deutsche sollte sich nicht schon im Allgemeinen über ein so glücklich gefördertes Unternehmen aufrichtig erfreuen, und wie sehr muß ich mich gerührt fühlen, wenn ich an einem mir höchst bedeutenden Tage durch die Erinnerung zum Mitgliede mich wahrhaft geehrt sehe.

Waren meine dichterischen und sonstigen Arbeiten zwar immer dem nächsten und gegenwärtigsten Leben gewidmet, so hätten sie doch nicht gedeihen können ohne ernsten Hinblick auf die Vorzeit.

In diesem Betracht darf ich wohl mich der erwiesenen Gunst bescheiden-dankbar erfreuen und die Hoffnung nähren, zu jenen herrlichen väterländischen Zwecken einigermaßen mitzuwirken.

Wie ich denn gegenwärtig mit Herrn Professor Grotefend wegen der Heilsberger Inschrift in Briefwechsel stehe, um demselben einige Auskunft zu geben, die wohl nöthig ist, um über dieses räthselhafte Document endlich in's Klare zu kommen. Noch einiges andere, sich auf jene Zeiten beziehend, dürfte, durch[46] einen so kräftigen Anlaß in's Leben gerufen, nicht ganz unwillkommen seyn.

Der ich mit wiederholter dankbarer Anerkennung der mir zugewandten ehrenvollen Auszeichnung für ein Glück schätze mich unterschreiben zu können

verehrend

Euer Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

Weimar [Jena] den 5. October 1819.

J. W. v. Goethe.


32/32.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgebornen

abermals gehaltvolle Sendung habe kurz vor meiner Abreise nach Carlsbad erhalten und kaum darein einen Blick thun können. Eben so geht es mir jetzt, da ich bey meiner Rückkunft mancherlei Aufgehäuftes vor mir finde; doch will ich meinen Dank wenigstens im Allgemeinen hiedurch abtragen, so wie für das überschickte Programm.

Möchte Ihrer schönen Thätigkeit nach innen und außen alles gelingen!

Bleiben Sie meines fortdauernden Antheils versichert, es sey nun in so fern ich von Ihren Bemühungen selbst Vortheil ziehn oder bemerken kann, wie sehr andere dadurch gefördert werden.

[47] Geben Sie mir von Zeit zu Zeit einiges Zeugniß Ihres Andenkens und Vertrauens, wodurch ich mich zu allem Guten ermuntert fühlen werde.

Grüßen Sie Herrn Professor Bischof zum schönsten und erhalten mir in Ihrem Kreise ein allgemeines Wohlwollen.

treulichst verbunden

Jena d. 5. Octbr. 1819.

J. W. v. Goethe.


Nächstens übersende ein Schächtelchen mit böhmischen getrockneten Trüffeln, sie sind von der schwarzen Sorte, für die schmackhaftesten gehalten und sehr gesucht, sie sollte sich daher in ihren Eigenschaften auch chemisch am eminentesten erzeigen.

eod.

Goethe.


32/33.


An August von Goethe

Hiebey sende ein paar kleine Geschäfte, die unverzüglich ausgerichtet wünschte.

1) Das lithographische Institut betreffend.

Du verfügst dich, wie angeordnet ist, hinaus, zeigt deinen Antheil und erkündigst dich auf's genauste. Sieht man, daß es nothwendig und angewendet ist; so können wir auch unserer Casse manchmal nachhelfen. Es ist wohlgethan sich die Sachen und Menschen zu attachiren.

[48] Eben so wünschte daß du dich in der Zeichenstunde zunächst sehen ließest. Hierüber und manches andere mündlich.

2) Die an Kräutern addressirte Kaufman'sche Sache ist freylich zweydeutig, wir haben es in anderer Namen versprochen und die haben es nicht gehalten. Ich mag die Sache nicht zur Sprache bringen; man könnte den Kaufmann veranlassen, daß er den Oberbaudirector um eine Vorsprache angeht.

Kräuters Relation wird uns in Stand setzen weitere Entschließung zu fassen.

Übrigens bin ich sehr zufrieden, daß man dem Kaufmann Urlaub giebt, denn er mußte hier verkommen.

3) Wünsche gar sehr, daß du mein letztes Blatt nochmals durchgingst und, was du das letzte Mal nicht senden konntest, sendest. Einige angezeigte Dinge die noch fehlen bedarf ich sehr.

4) Ferner sende mir die Papiersäcke mit Paralipomena, damit ich das Gedicht für Fouqué aussuche.

Ferner die Geschichte von Frankfurt von Kirchner; sie ist noch nicht gebunden, Kräuter wird sie ausfinden.

5) Laß es nicht an einigem Kalten fehlen. Eine Rebhuhn-Pastete wäre nicht unangenehm.


Vorstehendes blieb liegen und folgt noch in Zeiten. Ergeh es Euch wohl.

Jena d. 6. Octbr. 19.

G.[49]

6) Eine Rolle an Grotefend.

7) Eine andere Archivar Schaum; beide baldigst zu besorgen. Einen Brief an Hofrath Meyer, demselben auch die Isslandischen Darstellungen mitzutheilen und die Blücherische Medaille vorzulegen, da er etwas darüber zu sagen gedenkt.


32/34.


An Carl Friedrich Zelter

Wie soll ich dir, mein trefflicher Freund, dafür genug Dank sagen, daß du mich auf deiner Reise durchaus als guten Gesellen mitgeführt und dich mit mir beständigt unterhalten hast, wie deine kostbaren Blätter Zeugniß geben. Die erste Sendung erhielt ich in Weimar, die zweyte in Carlsbad, die dritte hier in Jena wo ich seit zehn Tagen wieder eingetroffen bin.

Nun aber habe ich dem regsamen Leben, an dem du bisher Theil genommen, nichts entgegen zu bieten; in Carlsbad, wo mir die Cur sehr wohl bekam, lebte ich vollkommen einsam, außer daß zuletzt Graf Carl Harrach durch seine Unterhaltung mich in den Wiener Strudel mit fortriß, so daß mir manchesmal Hören und Sehen verging, und ich mich daher auf deine lebhafte Darstellung recht gut vorbereitet fühle.

Übrigens gab mir die Freundlichkeit meiner Landsleute das angenehme Geschäft mich auf vielfachen Dank vorzubereiten, den ich ihnen für größere und[50] kleinere Feste, für geistige und verkörperte Gaben nach und nach schuldig ward, wie die Kenntniß davon in das verschlossene Böhmen gelangen konnte. Und so sind mir vier Wochen hingegangen, auch übrigens nicht unbenutzt, indem ich gar manches, was ich diesen Winter bearbeiten will, durchgedacht und schematisirt habe. Da ich es das erste Mal seit langer Zeit ganz allein war, so trug es viel bey mich zu sammeln und meiner eigenen Feder zu vertrauen, wie ich denn seit mehreren Jahren nicht so viel geschrieben habe.

Ferner setze ich mein altes Grillenspiel mit Felsen, Gebirgen, Steinbrüchen und Steinrütschen wieder fort, und bey dem schönsten denkbaren Wetter ging und fuhr ich in der ganzen Gegend umher. Ellenbogen besuche ich zweymal, Schlackenwerth, Engelhaus, Aich waren nicht versäumt; überall Steine geklopft, so daß ich zuletzt die bekannte Müllerische Sammlung von hundert Stücken eben so, als wenn der gute Alte noch lebte, zusammenlegen konnte.

Von menschlicher Einwirkung wüßte ich fast gar nichts zu sagen. Geh. Medicinalrath Berends von Berlin, mein nächster Nachbar, gab mir ärztliche Sicherheit und manche verständige Unterhaltung. Grüße ihn wo du ihm begegnest.

Der große diplomatische Convent ging drey Tage nach meiner Ankunft völlig aus einander. Einige der Herren habe noch gesprochen, und sinne jetzt mit[51] ganz Deutschland über die wichtige Resultate dieses Zusammenseyns.

Schreibe mir bald daß du in Berlin angekommen bist, und sage mir ja von dem Befinden Schadows das Genauste. Es war ganz nahe dran, daß er noch vor seinem Helden hinabgestiegen wäre; freylich ist ein solches Unternehmen zwischen Berlin und Rostock schwieger als mitten in Paris.

Nun lebe wohl und erwarte bald einige Sendung. – Daß du meinen Divan so theuer bezahlen müssen, geht mit in die Reisekosten; unterwegs, wo man das Geld am meisten braucht, scheint es weniger werth zu seyn. Möchtest du aus diesem Büchlein dich wieder auf's neue erbaut fühlen. Es steckt viel drin, man kann viel herausnehmen und viel hineinlegen. Ein gutes Exemplar ist für dich bestimmt. Außerdem schicke ich auch nächstens die Supplemente zur ersten Ausgabe, wodurch auch diese vollständig und brauchbar wird.

Was du über Mohamed und Tancred sagst, ist vollkommen richtig; doch waren mir dergleichen abgemessene Muster zu meinen Theaterdidaskalien höchst nöthig und haben mir unsäglichen Vortheil gebracht, weswegen ich ihnen nicht feind seyn kann.

Und somit nochmals den besten Dank für deine gehaltvollen Sendungen.

treulichst

Weimar [Jena] den 7. October 1819.

Goethe.[52]


32/35.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Das von Ew. Wohlgeboren mir übersendete Verzeichniß der Beckerischen Kupferstichsammlung hat mir zu vieler Unterhaltung und Belehrung gedient. Es findet sich darin freylich sehr viel Wünschenswerthes nach gegenwärtiger Lage und Bedürfniß meiner Sammlung, jedoch gedenke mich auf einen einzigen Meister zu beschränken und zwar auf Martin Schön, von welchem Seite 17 und 18 von Nr. 592 bis 615 bedeutende Blätter und zwar in guten Abdrücken angekündigt sind. Ich besitze schon mehrere Blätter von diesem Meister, aber gerade die angezeigten gehen mir ab oder lassen mich besser Abdrücke wünschen.

Ich autorisire daher Ew. Wohlgeboren, aus genannten Blättern nach Ihrer Überzeugung die besten Drucke zu wählen und die ganze von mir in Händen habende Summe auf diesen Meister zu verwenden. Besonders wäre mir der Tod der Jungfrau Maria Nr. 602 höchst wünschenswerth, und würde gern für denselben einen ansehnlichen Preis statuiren, wenn auch von den nachfolgenden weniger erstanden werden sollte.

Möchte Ew. Wohlgeboren über diesen Gegenstand vielleicht noch von der Auction Ihre Gedanken eröffnen; so könnte hierüber etwas Näheres bestimmt werden.[53] In diesem Fall wünschte Ihnen Brief nach Jena adressirt zu sehen, jedoch frankirt; diese kleine Auslage so wie das Porto von dem gegenwärtigen Brief bitte in Rechnung zu notiren. Finden Sie aber nicht nöthig mir zu schreiben, so bitte nach Obigem zu verfahren.

Jena den 7. October 1819.


32/36.


An August von Goethe

Hiedurch, mein lieber Sohn,

1) ersuche dich inständig mir den wohl und freundlich ertheilten Lorbeerkranz nicht länger vorzuenthalten; denn alle Entbehrungs-Geduld hat doch zuletzt ihre Gränze.

2) Existirt im Hause ein Actenfascikel, die Blücher'sche Statue betreffend, jedoch nur von der ersten Hälfte des Geschäfts. Wahrscheinlich ist es in dem obern Schrank zu finden, Kräuter wird es gewiß finden; es ist mir in diesem Augenblick höchst nothwendig, weil eine gewisse Erwiderung an die Mecklenburger Herren Stände darauf beruht.

3) Ferner bin ich dadurch, daß du das gebundene Exemplar des Divans nicht geschickt hast, sehr aufgehalten, die nothwendigsten Expeditionen werden dadurch verspätet; denn wie lange muß man nicht wieder warten bis sie gebunden sind.

[54] 4) Auch mag sonst noch manches auf meinem früheren Blatte stehen, z.B. Fürstenhuts-Papier und woran ich mich sonst nicht erinnere. Nicht weniger ist es

5) eine Tantalische Qual, wenn ich an unsere Küche denke und hier ganz nahe Hunger leide. Alle diese Dinge solltet ihr billig in Betracht ziehen, da mich vielfache Arbeiten hier festhalten die ich nothwendig abthun muß, wenn ich nicht drüben mit Unstatten antreten will. Freundlich war's von Ulriken mich noch zu besuchen; der Canzler munter und mittheilend. Im Ganzen befinde ich mich wohl, und so möge es euch auch ergehen!

Jena den 8. October 1819.

G.


32/37.


An August Claus von Preen

Hochwohlgeborner,

hochgeehrtester Herr!

Lassen mich Ew. Hochwohlgeboren vor allen Dingen einem jeden Glück wünschen der an dem nunmehr vollbrachten höchst bedeutenden Werke Theil nahm, und meine Freude ausdrücken, daß besonders Ihre treue und folgrechte Bemühungen so schön belohnt worden.

Empfehlen Sie mich bey Überreichung inliegenden Schreibens unsern Herrn Committenten zum allerbesten[55] und den sämmtlichen Bewohnern von Rostock zum freundlichen Andenken.

Die Langsamkeit, womit auswärtige Nachrichten in Böhmen sich verbreiten, kam mir dießmal gar wohl zu statten, der falsche Todesruf war nicht zu mir gelangt, als Ew. Hochwohlgeboren eilige Vorsorge mich mit der Genesung des trefflichen Mannes bekannt machte. Allerdings groß ist der Aufwand von geistigen und körperlichen Kräften in einem solchen Falle. Dergleichen Unternehmungen sind neu bey uns, und die Hülfsmittel die in anderen Ländern bereit sind müssen wir erst erfinden und erschaffen.

Von Berlin erwarte mit Ungeduld weitere Nachricht von der Besserung unseres Freundes.

Daß noch vor dem Ableben des Helden das Standbild aufgerichtet und enthüllt worden, finde ich bedeutend und angenehm. Der Deutsche ist eigentlich nicht gewohnt, bey Lebzeiten Ehre zu geben und zu empfangen, es ist eine gewisse löbliche Scheu in ihm, die er nicht leicht überwindet, weshalb wir ihn auch nicht tadelnswerth finden wollen.

Und so will ich denn auch nicht läugnen, daß die höchst ehrenvolle Theilnahme welche die lieben Landsleute meinem Geburtstage gewidmet, mich erst einigermaßen in Verlegenheit gesetzt, so daß ich mich in die Einsamkeit flüchtete und auch dort kaum den werthesten Zeugnissen von Wohlwollen entging; doch blieb in der Carlsbader wahrhaften Einsamkeit mir Sammlung[56] und Ruhe genug, um nach und nach zu vernehmen wie liebreich man mich bedacht, und mir dasjenige gemüthlich zuzueignen was mir so herzlich gegönnt war.

Nehmen auch Sie den schönsten Dank für die Einleitung die Sie getroffen, daß auch mir von dorther so viel Gutes und Köstliches zugenommen.

Da ich von Anfang unseres Verhältnisses, von der ersten Entstehung des Geschäftes an alle Blätter wie es sich gebührt geheftet und zusammen gehalten, so darf ich wohl sagen, daß unter meinen geführten Acten kaum ein Fascikel befindlich seyn möchte, in das ich mit so viel Zufriedenheit zurücksähe. Die Unternehmung, der Gang des Geschäftes, die Vollendung erscheint in den Art wie man wohl einen Plan entwirft, selten aber möchte es gelingen, die Ausführung zu sehen.

Mit den aufrichtigsten Wünschen

treu verbunden

gehorsamst

Weimar [Jena] d. 7. Octbr. 1819.

J. W. v. Goethe.


Ew. Hochwohlgeboren erlauben noch eine kurze Nachschrift; denn indem ich beyliegende Blätter übersehe, möchte ich sie fast umschreiben, weil sie von der Zerstreuung zeugen, in der sie verfaßte, und nicht, wie ich wohl wünschte und sollte, Liebe, Neigung und Dankbarkeit genugsam ausdrückt habe. Überhaupt[57] wünschte ich im gegenwärtigen Fall nur auf wenige Tage die Fülle der Jugend zurück, damit ich meinem Vaterlande recht warm und kräftig aussprechen könnte, wie sehr ich ihm für die Theilnahme an meinem gefristeten Daseyn verbunden und auf's neue verpflichtet bin. Ich muß also jungen Gemüthern überlassen, sich selbst zu belohnen für das Gute das sie mir erwiesen, und Ew. Hochwohlgeboren besonders bitten, bey sich und den Herrn Ständen mein Dolmetscher zu seyn.

Auch bleibt mir noch, den Schmerz ausdrückenden ich empfinde, Ew. Hochwohlgeboren persönliche Gegenwart entbehrt zu haben durch Schuld meines spätern Aufenthalts in Carlsbad; denn alle echte menschliche Verhältnisse zu gründen und zu vollenden, ist das volle Reale der Individualität das Sicherste und Erfreulichste.

Möge es mir noch auch so wohl werden, Ihnen auf irgend einem Weg glücklich zu begegnen. Beyliegenden Blättern eine freundliche Ausführung dieses Textes!

vielfach verpflichtet

J. W. v. Goethe

Weimar [Jena] den 9. October 1819.[58]


32/38.


An die Landräthe und Deputirte von Ritter- und Landschaft der Herzogthümer Mecklenburg zum Engern Ausschuß

[Jena den 9. October 1819.]

Hochwohlgeborne,

verehrte Herren!

Wenn körperliche Beschwerden mich schon oft im Leben an wünschenswerthem Genuß Theil zu nehmen verhinderten; so ist der gegenwärtige Fall gewiß einer der empfindlichsten, da ich mich von einem so herrlichen Fest unwiederbringlich ausgeschlossen sehe. Eine traurige Empfindung hat mir daher Ew. Hochwohlgeboren freundlichste Einladung erregt; denn ich wäre derselben, in Hoffnung günstiger Aufnahme, gewiß zuvor gekommen, wäre ich nicht abermals genöthigt gewesen, bey der Carlsbader Quelle eine für künftigen Winter vorbereitende Hülfe zu suchen.

Indem ich nun jene geneigte Einladung dankbarlich anerkenne; so versichere zugleich, daß mir das Programm der Festlichkeiten, der Rundgesang und die dem Gehalte so wie der Form nach kostbare Denkmünze zum größten Vergnügen gediehen.

Sey es mir nunmehr, da ich des kurz Vergangenen mit Freuden erwähne, auch noch erlaubt, für das höchst schätzbare Vertrauen während der ganzen Verhandlung meinen verpflichteten Dank abzustatten und[59] folgende Bemerkung hinzuzufügen, aufgeregt durch die ehrenvolle Erwähnung meines willig- und treuen Antheils.

Weder der ausführende Künstler noch der berathende Kunstfreund sollen sich zu viel dünken, nicht wähnen, irgend ein Werk aufzustellen, das, unter jeder Bedingung, ausschließlich Beyfall verdienen könne; aber ihre Pflicht ist, dahin zu sehen, daß ein bedeutendes Monument mit einer längst erprobten ästhetischen Denkweise zusammenstimme und zugleich den Anforderungen der Gegenwart zusage.

In unsrem Falle konnte bey der schlichten und tüchtigen Denkweise des Meisters sehr bald eine Übereinkunft getroffen werden, welche sich hoher und höchster Billigung zu erfreuen hatte.

Ein edles Vertrauen, die Vermittlung des Herrn Cammerherrn von Preen würden alles beseitigt haben, wenn sich auch irgend etwas von schwankender Meinung, Ungewißheit, Hinderniß und Verspätung hätte in den Weg drängen können. So begünstigt steht nunmehr, wie ich wohl überzeugt seyn darf, das Monument da – einem älteren zuverlässigen Sinne gemäß, nicht fremd dem gegenwärtigen Augenblick, der Zukunft ehrwürdig.

Und so enthalte ich mich nicht hinzuzufügen, daß die alte Rede sich auch hier wieder bewahrheite: daß eine schnelle Gabe für doppelt gelte; denn es gereicht gewiß den Unternehmenden und Anordnenden zu Ehren[60] und Vergnügen, daß dieses Standblid noch bey Lebzeiten des Helden aufgerichtet worden, als das erste, welches den Morgen des vaterländischen Glückes begrüßt; nicht weniger bedeutend ist es, daß der Geburtsort des außerordentlichen Mannes die Veranlassung giebt, wornach jetzt und künftig andere Landesbezirke mit gleichem Eifer zu verfahren sich bestreben werden.

Ist es mir nun schließlich erlaubt, den Blick auf meine eigene Zustände zurückzuwenden und zu betrachten, daß jenem herrlichen Nationalfeste ein Tag zunächst folgte, der mir von großer Bedeutung ist; so muß ich mich freuen, einigermaßen verdient zu haben, daß Ew. Hochwohlgeboren dabey mein gedenken und die schönsten Gaben in diesen Sinne, zu dieser Epoche mir verleihen wollen. Und sollte ich hierin die obere Fügung verkennen, die mir ein solches Glück seit langen Jahren wunderbar genug vorbereiten?

Möge der Anblick des erhabenen Standbildes nur von Zeit zu Zeit bey dortigen Gönnern und Freunden mein Andenken aufregen!

Hochwohlgeborne,

hochverehrte Herren,

Dero gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar [Jena] d. 7. Octbr. 1819.[61]


32/39.


An die Lesegesellschaft in Mainz

Einer hochansehnlichen und gegen mich so freundlich und liebevoll gesinnten Lesegesellschaft zu Maynz statte hierdurch den verbindlichsten Dank ab für den erquicklichen Festglanz, den Sie über meinen Tag verbreiten wollen. Sie waren in der freylichen Stunde gewiß überzeugt, daß ich alles empfinden würde, wie es gegeben worden, und daß in einem solchen Falle nur die treulichste Erwiderung Platz greifen kann.

Lassen Sie mich aber zugleich die Wirkung Ihres lieblichen Festes auf deutsche Gemüther überhaupt aussprechen und zu Ihrer Kenntniß bringen, was der öffentliche Bericht in edlen Seelen aufregte, mit denen ich zu jener Zeit in Carlsbad zufällig verbunden lebte.

Wir dürfen uns nicht läugnen, daß seit vielen Jahren unter wohlgesinnten Deutschen nur mit Betrübniß der guten Stadt Maynz gedacht ward. Wechselnde Kriegsereignisse, Entfremdung und Annäherung, Zerstören und Wiederherstellen, alles gab dem nahen wie dem fernen Beobachter nur ein verworrenes Bild. Auch zuletzt, bey örtlicher unveränderlicher Lage, deutet jede neue Befestigungsanstalt abermals auf künftiges Kriegsunheil, so wie das Staatsverhältniß dem wackern Deutschen, der sich gern am Entschiedenen hält, unfaßlich und trübe scheint.

[62] Diese Vorstellungsweise, sie treffe nun mit dem eigentlichsten Zustande zusammen oder nicht, gewöhnt die Geister an eine düstere Ansicht, die ich nicht geschildert hätte, könnte ich nicht hinzufügen, daß es den deutsch gesinnten Maynzern zu größer Freude gediehen wäre, wenn sie das auf einmal erhellende, aufheiternde Licht hätten beobachten können, welches durch ihr Fest in patriotischen Gemüthern sich aufthat. Meine Persönlichkeit war verschwunden; ihre geistige frohe Theilnahme an dem Reinen, Natürlichen, allgemein Menschlichen, was ich immer darzustellen bemüht gewesen, trat hervor und schien das linke Rheinufer erst eigentlich zurückzugeben. Man erfreute sich des Zeugnisses einer im Stillen bestehenden Einheit deutschen Denkens und Empfindens. Mit dem größten Vergnügen konnte ich gewahr werden, von welchem Sinne sie alle durchdrungen seyen, und es durfte mich nicht schmerzen, daß man über der Freude, eine solche überrheinische Brüderlichkeit entdeckt zu haben, mein eigenes Glück beynahe zu schätzen vergaß, der ich bestimmt gewesen, eine so erfreuliche Offenbarung zu veranlassen.

Mit wiederholtem Dank und den aufrichtigsten Wünschen

ergebenst

Weimar den 10. October 1819.

J. W. v. Goethe.[63]


32/40.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey das Adoptionsinstrument in multuplo, einen Theil sogar blanquettweise, um nach Belieben und Einsicht die Familie die Familie zu vermehren.

Der Kranz ist freylich sehr schön und hätte wohl einige Festlichkeit verdient, welcher wir nachbringen können, indem wir ihn selbst feyern, wie es mit dem Kreuze geschieht, ohne daß eben der Märtyrer daran geheftet sey; dadurch erhält er eine allgemeine Bedeutung und kann, wie der Becher, rings um die Tafel gehen.

Verlangen Sie noch einige Namen von meiner Hand geschrieben; so bitte sie zu verzeichnen.

Das Gedicht zum Kranz ist wirklich recht brav, ein Blättchen für den Verfasser liegt gleichfalls liegt gleichfalls bey.

Die politische Sendung ist freylich gewichtigen Inhalts, ob einem gleich bey'm Gedanken an die Ausführung schwindelt. Man darf hier wohl an Wielands Worte denken:

So etwas fordert man nur an der Spitze

Von dreymal hundert tausend Mann.

An denen es in gegenwärtigem Falle freylich nicht zu fehlen scheint.

Das angekündigte Erfreuliche soll mir höchst willkommen seyn.

Nächstens das Mehrere.

treulichst

Jena den 10. October 1819.

Goethe.[64]


32/41.


An Alois Clemens

Ew. Wohlgeboren

bin für die einsichtige, wohlmeinende Vorlesung wahrhaft verpflichtet; denn was ist wünschenswerther als zu erleben, daß unsere Absicht und Arbeiten erkannt, verstanden und richtig ausgelegt werden, besonders wenn man selbst gestehen muß, daß manches Problematisch davon nur durch reinen Sinn und guten Willen entwickelt werden kann. Nehmen Sie meinen besten Dank und die Versicherung eines fortdauernden treuen Andenkens.

Möchten Sie in eben dem Sinne beyliegendes kleine Gedicht vertheilen und vielleicht noch einige Namen einschreiben von Personen, denen es angenehm seyn könnte, und zu gleicher Zeit die Überraschung ausdrücken, die der zwar schon angekündigte, aber über Erwartung schöne Kranz auf mich gewirkt. Sollte ich irgend meinen Dank an die Unternehmer und Theilhaber ausdrücken, so geben Sie mir einen Wink auf welche Art und Weise.

Ich wollte daß es mir gelänge dichterisch zu erwidern, leider bin ich jetzt von gar mancherlei Zerstreuungen hin und wider getrieben.

Die Inlage vertheilen Sie wohl gefälligst und geben mir nur kurze Nachricht, Gegenwärtiges empfangen zu haben.

treulich danckbar

Goethe.

Weimar den 11. October 1819.[65]


32/42.


An Friedrich Theodor Kräuter

Überbringer des Gegenwärtigen, mein lieber Kräuter, ist Herr George Bancroft aus Nordamerika, der orientalischen Literatur Beflissener; ich wünschte daß er auf der Bibliothek gut aufgenommen und umhergeführt würde.

Finden Sie meine Kinder in der Disposition ihn zu sehen, so wäre es mir sehr angenehm; es ist ein sehr feiner junger Mann und Freund von Cogswell.

Die übersendete Eßwaare ist sehr willkommen. Einige Aufträge nächstens.

Jena den 12. October 1819.

G.


32/43.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey das Übersendete mit vielem Dank zurück; ich preise denjenigen glücklich der mit allen diesen Paragraphen nicht in Berührung kommt. Wie vieles muß ich nicht auf die nächste Zusammenkunft sparen, weil man in diesen Tagen weder weiß wo man anfangen soll.

Mich auf's schönste empfehlend.

gehorsamstGoethe.

Am Vorabend der Schlacht von Jena 1819.[66]


32/44.


An Johann Heinrich Meyer

Das mitgetheilte Druckblat und Heft, mein Theuerster, sende danckbar zurück, weis aber nur wenig darüber zu sagen.

Daß die Göttinger Anzeigen das Wercklein und den Verfasser mehr ablehnen als beurtheilen ist augenfällig; über den französchen Aufsatz ist schwer zu urtheilen. Es ist treffliches, halbes, treffendes und schwaches durch einander so daß man zu sehen glaubt der Verfasser habe mit verschiedenen Rindern gepflügt, die nicht gleichen Schritt hielten. Dem sey wie ihm wolle; so würde die beste Schrift dieser Art nicht beweisen daß der Mann zu der genannten Stelle tauglich sey.

Ich läugne nicht daß diese Sache, wie andre, mir deshalb die grösste Pein macht weil ich kein Mittel sehe sie zu fördern, und den Zweck zu erreichen. In Nöhdens Brief steht eine klassische Stelle die auch meine frühere und spätere Überzeugung enthält, ich habe sie mit Bleystift vorgestrichen, das ich wegzulöschen bitte. Denn ob das Gesagte Thesi ganz richtig mag; so fällt es doch in Hypothesi durch, da man von innen heraus sich zu dieser Selbstständigkeit nicht er heben kann und wenn auch Anlage dazu da wäre, durch äusseren Empfehlungs-Drang zur Ausbildung nicht gelangen würde.

[67] An Eichhorn sogleich zu schreiben wünschte nicht; es giebt aber bald eine Gelegenheit ihm etwas zuschicken, da denn der Sache schicklich erwähnt werden kann.

Empfehlen Sie mich tausendmal. Ich bin sehr gedrängt und verspaare viel auf Gegenwart und Gespräch.

Ihre liebe Sendung habe eingereiht, es sind gerade 24 Abtheilungen; ich hoffe Sie sollen mit dem Faszikel selbst zufrieden seyn.

Möchten Sie nicht ein freundlich Wort über den aufgezogenen, ausgemahlten Domriss sagen? Coudray und Moller verdancken es uns. Heute gehen Ihre Aufsätze in die Druckerey.

Das schönste Lebewohl!

Jena d. 13. Octbr. 1819.

G.


32/45.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Erwiderung unter'm 8. October habe mit Vergnügen erhalten und ersuche Dieselben nochmals, mir die Kupfer von Martin Schön nach Verhältniß der Beschaffenheit ja zu erstehen, wie ich denn sogar die schon in Händen habende Summe zu überschreiten Dieselben hiermit autorisire. Wobey ich zugleich bitte, mich baldigst und vor dem Beschluß der Auction von[68] dem Erfolg zu benachrichtigen. Sie werden gewiß der Ungeduld eines Liebhabers diesen Wunsch verzeihen.

Ihrem lieben Sohne, dessen Vornamen mir erbitte, werde, sobald nach Weimar zurückkehre, etwas seine Sammlung Förderndes erweisen.

Auch ich habe das Vergnügen daß mein Sohn an dem Kunstsache Freude hat und sich geziemende Kenntnisse erwirbt. Es ist immer gut, ja nothwendig, eine solche Baumschule von Kunstfreunden zu erhalten.

Auf die Hohwiesnerische Sammlung von Albrecht Dürer war auch von hier aus Bedacht genommen, allein wer wüßte sich über den Geldwerth solcher Dinge zu entscheiden, als wenn er sie vor Augen hätte und dann noch geprüfter Kenner wäre.

Die Umrisse des Julius Schnorrischen Gemähldes, den heiligen Rochus vorstellend, sind nicht zu mir gelangt; mögen Sie auch diese mir gelegentlich übersenden, so werde ich es mit Dank erkennen.

[Jena den 13. October 1819.]


32/46.


An Christian Wilhelm Schweitzer

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

überzeugen sich, daß in diesen Tagen ich mich vielfach dem Geist und Sinne nach mit Denenselben unterhalten habe und mir nur eine Stunde persönlicher[69] Gegenwart gewünscht hätte. Auch machte ich einen Versuch, den Zwiespalt meines Inneren zu Papier zu bringen, der aber mißlang. Möge mir bald gegönnt seyn, alles mündlich im ganzen Umfange zu eröffnen.

Herr Vicepräsident von Ziegesar hat bey seiner Aufwartung in Weimar gefällig übernommen, als mein Vorsprecher bey Serenissimo aufzutreten und bescheidentlich darzulegen wie unmöglich es mir sey, bey meinem Alter und den wenigen mir noch übrig gebliebenen Kräften eine so wichtige und die ununterbrochenste Thätigkeit fordernde Stelle zu übernehmen. Wenn auch Ew. Hochwohlgeboren mich für entschuldigt halten und geneigte Vermittlung bey unserm gnädigsten Herren übernehmen wollen; so werde mir es zum größten Glück schätzen. Lassen Sie mich hinzufügen daß die Aussicht, bey dieser Gelegenheit mit Ihnen in ein näheres Geschäftsverhältniß zu treten, mir höchst reizend gewesen und mich in früheren Jahren gewiß wieder zu einer ausgebreitetern Thätigkeit bestimmt hätte.

Doch ich schließe, weil ich in Gefahr komme ausführlich zu werden, welches zu vermeiden ich ein neues Blatt ergriff. Bey meiner Rückkehr nach Weimar soll es die erste Pflicht seyn, meinen verbindlichsten Dank für das so aufrichtig bewiesene Vertrauen und Wohlwollen ungesäumt abzustatten.

Jena den 13. October 1819.[70]


32/47.


An Johann Heinrich Meyer

Mein letztes, nicht ostensibles Schreiben haben Sie gewiß zurückgelegt; nächstens ein andres, das zwar auch nichts weiter enthalten kann, aber schicklicher ausgedrückt. Tausend Lebewohl.

Jena d. 14. Octbr. 1819.

G.


32/48.


An Johann Heinrich Meyer

Hier, mein Freund, ein allenfalls präsentables Blatt. Ich sehne mich über diese Angelegenheit, und manches andere, Wort und Urtheil zu wechseln. Die treusten Wünsche!

J. 14. Octbr. 1819.

G.


32/49.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

Möchten Sie, theuerster Freund, meine verspätete Antwort bestens zu entschuldigen wissen! Selbst in diesem Augenblick finde nicht Sammlung genug über den französischen Aufsatz ein sicheres Urtheil zu fassen. Redliches Bemühen, sich mit der deutschen Literatur bekannt zu machen, geht daraus hervor, es finden sich darin einzelne vorzüglich gute Ansichten; schaut der[71] Verfasser unsere Literatur nicht überall durch und durch, so kann man ihm als einem Fremden gar wohl verzeihen, da mancher Deutsche in demselben Fall seyn möchte. Übrigens aber ist es durchaus schwer, von einem solchen Aufsatz auf die Person zu schließen, da man sich, wenn von fremder Literatur die Rede ist, doch in manchen Stücken auf Hörensagen verlassen muß.

In dieser Angelegenheit scheint mir indessen alles die Zuverlässigkeit der Empfehlenden anzukommen und ob sie in dem Grade Vertrauen verdient, daß man einen nochmaligen Versuch wagen wollte. Auch glaube ich daß von dort her, wohin das bisherige deutschen Wesen keinen Einfluß gehabt haben mag, ein Mann zu Besetzung der Stelle wünschenswerth seyn möchte. Die götting'sche Anzeige ist, wie man wohl sieht, ablehnend und könnte keine Maßregeln einleiten.

Jena 15. Octbr. 1819.


32/50.


An Henriette von Pogwisch

Mit den besten und aufrichtigsten Wünschen zum heutigen Tag, dancke, theuerste Freundinn, nochmals zum schönsten daß Sie mir Ulriken solange gönnen wollen; ich gestehe gern daß ich sie, nach einem langen Zusammenseyn, sowohl in Jena als in Carlsbad vermisst[72] habe. Zu ihrer Wiederkehr ist ein Ball versprochen. Möge es ihr überall wohl gehen!

Des Divans Poesie und Prose empfehlen zum ferneren Wohlwollen. Ich habe gar manches hinein versenckt, und muß mich freuen wenn liebe Seelen es wieder herausfinden.

Von Byrons neuste Wercken habe nur gehört. Don Juan rühmen seine Landsleute stellenweise ganz unendlich, dann wieder dran wie immer. Sobald Ganzes oder Einzelnes zu mir kommt erhalten Sie es alsobald.

treulich verbunden

Jena d. 15. Octbr. 1819.

J. W. v. Goethe.


32/51.


An Johann Friedrich Fuchs

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die Instructionen welche ich von Oberaufsichtlicher Seite dem Prosector Schröter wollte einhändigen lassen. Es ist eigentlich nur eine Wiederholung dessen was Sie ihm schon zur Pflicht gemacht. Finden Sie kein Bedenken; so erbitte mir das Blatt zurück, um das Mundum zu besorgen.

ergebenst

Jena den 17. October 1819.

Goethe.[73]


32/52.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey, mein theuerster Freund, ein Brief der uns willkommen seyn muß, weil man daraus sich gern überzeugt, daß er es ehrlich gemeint hat und meint. Ich lege ein ostensibles Blatt bey und erwarte weitere Befehle. Es ist mir nur halb lieb, daß aus dem Brief ersichtlich ist, wie ich schon damals in Zweifeln schwebte. Möge uns Gott weiter helfen, denn es scheint in diesem wie in mehreren Fällen eine übernatürliche Hülfe nöthig zu seyn, um – – –

Die Redaction und Anordnung Ihrer Aufsätze macht mir täglich mehr Vergnügen, ich wiege sie hin und her, lasse sie schreiben und abschreiben, es wird ein liebenswürdiges Ganze. Senden Sie mir das Fertige über die Arbeiten der Gebrüder Henschel, weil diese einzuschalten sind. Die Pferdeköpfe machen den Schluß, es sind gerade vierundzwanzig Nummern.

Auch das Wenige über den ausschattirten Domriß wünschte, weshalb ich ganz Ihrer Meynung bin.

Überhaupt wird es gar manches zu bereden geben über Behandlung solcher Dinge, wie Sie ja schon jetzt verfahren. Ich habe viel darüber nachzudenken Ursache gehabt.

Bey Überhäufung der Druckerpressen, die in der Messe noch für die Messe arbeiten, bring ich erst zu[74] Anfang künftiger Woche das Manuscript in die Presse, dann wird es aber auch hinter einander weggehen.

Die Kupfer, die Sie schon kennen, machen mir viel Freude. Es ist immer wie Öl in die Lebenslampe, wenn man so außerordentliche Thätigkeiten auch nur im Widerglanz erblickt.

Und hiemit die besten Wünsche auf baldiges Wiedersehn.

Jena den 18. October 1819.

G.


32/53.


An August von Goethe

[Concept.]

Da ich mich denn doch nach und nach bereite, wieder zu euch zu kommen; so muß ich dir gestehen daß ein Umstand mich in Verlegenheit setzt. Ihr sagtet neulich, man verspare die Aufführung des Götz von Berlichingen bis zu meiner Zurückkunft, welches mir höchst unerfreulich ist. Hätte man auf meinen Geburtstag auch nur im mindesten an mich gedacht; so hätte ich mich es dankbar erkennen müssen; aber es ist längst bekannt und ausgesprochen, daß mir jeder persönliche Bezug in der Gegenwart höchst zuwider ist. Gieb das höflich und freundlich zu bemerken; denn ich würde auf alle Fälle bey der ersten Aufführung dieser Stücke nicht in's Theater gehen und überlasse dir daher, was du in der Sache zu thun für gut und schicklich hältst.

[Jena den 18. October 1819.][75]


32/54.


An Sulpiz Boisserée

Seit den 28. September bin ich wieder in Jena, wo ich auch Ihren lieben Brief erhalte, mit meiner Badecur wohl zufrieden, und habe, bey entschiedener Einsamkeit in Böhmen, manches gefördert.

Lassen Sie mich aber meine Erwiederung umgekehrt beginnen und sagen daß die Schattirung und Colirirung des Domrisses mich doppelt freut, weil der Gedanke von Ihnen ausgegangen. Was wir haben ist ein schätzbarer Versuch; wenn man so fort fahren könnte, würde gewiß das Erfreulichste sich zeigen. Es müßten Tapeziert und Theatermahler im besten Sinn zusammen wirken, daß es zuletzt eine Art Fabrikarbeit wäre; so könnte erreicht werden was man wünscht. Die unsrigen haben zur Probe sich wacker gehalten. Durch die verziert ausgeschnittene Spitze blickt der blaue Himmel durch. Bey Wiederholung machte man vielleicht noch andere Stellen durchsichtig. Zum hiesigen ersten Versuch gehörte Kenntniß und Praxis, um die Schatten richtig zu werfen, wobey der Grundriß gute Dienste leisten; so daß nun das Bild wirklich wie perspectivisch gezeichnet aussieht. Die fehlenden Statuen sind im alten Sinne eingezeichnet und überhaupt nichts versäumt. Unser Oberbaudirector Coudray mit einige Gehülfen hat das Werk vollbracht und wird es schwerlich zum zweytenmale[76] unternehmen, denn nun müßte Technik und Handwerk eingreifen. In Berlin hat Schinkel ein gleiches für den König gearbeitet, das meine Kinder bey ihrer letzten Sommerreisen gesehen haben.

Nun aber fließt so eben ein Bach bey mir vorüber, den ich gar zu gern auf Ihre Mühle leiten möchte. Ich erwerbe zufällig ein altes Manuscript, klein Quart, 84 Blätter, mit Abbreviaturen, consequent und also leserlich geschrieben, wenn es mir gleich stellenweise noch Mühe macht. Es enthält die Legende der heiligen drey Könige und ihres Sternes, vom Ausgang der Kinder Israel aus Aegypten an bis zur fortwährenden Verehrung ihrer Reste in Cöln.

Zu welcher Zeit das vorliegende Manuskript geschrieben ist, will ich nicht gleich entschieden: das Original aber mag, nach innern deutlichen Kennzeichen, zu Anfang des 15. Jahrhunderts verfaßt seyn. Jetzt ist nur die Frage; ob es bekannt ist oder nicht? und deshalb will ich davon in meinem nächsten Stücke Kunst und Alterthum sprechen; vielleicht wissen Sie darüber Auskunft zu geben.

Mag es seyn daß die Überraschung dieses Fundes mich dafür einnimmt, oder weil es an die Reise von Montevilla sogleich erinnert; Geschichte, Überlieferung, Mögliches, Unwahrscheinliches, Fabelhaftes mit Natürlichem, Wahrscheinlichem, Wirklichem bis zur letzten und individuellsten Schilderung zusammen geschmolzen, entwaffnet wie ein Mährchen alle Kritik. Genug ich[77] meine nicht, daß irgend etwas Anmuthigeres und Zierlicheres dieser Art mir in die Hände gekommen wäre.

Weder Pfaffthum noch Philisterey noch Beschränktheit ist zu spüren, die Art, wie der Verfasser sich Glauben zu verschaffen sucht und dann doch auf eine mäßige Weise das Zutrauen seiner Hörer mißbraucht, ohne daß man ihn geradezu für einen Schelm halten kann, ist allerliebst; genug ich wüßte kein Volksbuch neben dem dieses Büchlein nicht stehen könnte.

Mehr sag ich nicht und lege nur Anfang und Schluß bey, woraus hervorgeht, daß das Büchlein eigentlich für Cöln geschrieben ist, und es frägt sich hauptsächlich, ob ein Bischof dieses Namens damals existirt habe und ob man den Dom, wie an andern Orten, die Münster-Kirche genannt hat?

Alles übrige, was Sie freundlich sagen und melden, leg ich im Herzen treulich nieder. In diesen Tagen geh ich nach Weimar zurück, um den Winter dort zuzubringen, darum es mir jetzt hier noch bunt vor Geist und Augen hergeht.

Indessen Sie im Besitz der herrlichsten Kunstwerke sind, ergötz ich mich an Kupferstichen, die mir in ziemlicher Anzahl von mehreren Seiten zukommen. Und wenn es auch nur ein Augenreiz wäre, daß man in einsamen Stunden soviel sich vorüber gehen lassen kann, das wäre schon von großem Werth und[78] Einfluß. Von Martin Schön erhielt ich mehrere bedeutende Blätter. Hätte der Unselige statt der detestablen Passion nur immer die drey Könige wiederholt, so würde man sein liebenswürdiges Talent gewiß erkennen. Eine seiner klugen und unklugen Jungfrauen ist zu mir gekommen; es ist nicht möglich besser zu denken, als diese beyden Blätter gedacht sind. Ich wiederhole mein Glück auf! bey euren Niederdeutschen, in Sinne felix colonia!

Drey ernste Könige mit Gefolg und Schätzen nach Blieben, herrliche Mutter und Kind mit ärmlicher Umgebung, fromme tüchtige Ritter, eilftausend hübsche Mädchen, das ist doch noch ein Element worin der Künstler sich ergehen und fromm mit den Fröhlichen seyn kann.

Beyliegendes zu geneigter Aufnahme und Austheilung.

freundlichst

verbunden

Jena den 22. October 1819.

Goethe.


32/55.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey die versprochenen Trüffeln, sie geben eine Erscheinung Ihnen vielleicht nicht so auffallend ist als mir. Sonst ist ihr Innres lederartig zusammenhängend, sie haben einen durchdringenden[79] Geruch, woran sich denn ihre Geschmackhaftigkeit schließen mag. Beykommende haben eine Decomposition erlitten, sie lassen sich zwischen den Fingern zerreiben und haben keinen Geruch. Bey'm Kochen verliert sich dieser staubartige Zustand, sie werden wieder höchst zäh und lederartig und solider als sonst.

Mir fiel dabey der geriebene Paramesankäse ein, der in heißer Brühe sogleich zu hartnäckigen Fäden sich bildet, die man könnte.

Gegenwärtige Trüffeln haben keinen Geruch und geben den Saucen keinen Geschmack.

Das alles sey Ihnen anheim gestellt, der Sie bey Ihrem Gastmahl das Sie bereiten, auch solche Zwischenschüsselchen nicht verschmähen.

Seit den 28. September bin ich hier und werde in einigen Tagen zurückkehren. Ihre reichliche Sendung ist mir hier geworden; die allerliebsten wunderlichen Grünigkeiten haben Sie mir so recht zum Dank aufgetrocknet, ich klebte sie sogleich auf die Tapete um sie immer vor Augen zu haben.

Wie ich nach Hause komme, schicke ich sogleich etwas; es ist nichts Neues, aber ich denke mir immer wieder etwas bey dem Bekannten. Die Aushängebogen meines Aufrufs an Ihre Wirksamkeit sind in meinen Händen, das Heft ist bald abgeschlossen und wird alsdann sogleich in den Ihrigen seyn, zu geneigter Aufnahme und fernerer Communication sich empfehlend.

[80] Die Trüffeln sende mit der fahrenden Post. Was Sie mir zudenken bitte nach Weimar zu adressiren. Beykommendes zu gefälliger Austheilung. Die Herren Bischof und Ruckstuhl bitte bey dieser Gelegenheit schönstens zu grüßen.

treulichst

Jena den 22. October 1819.

Goethe.


32/56.


An Johann Friedrich Ludwig Wachler

Unter die schönsten Gaben, die ich zu meinem Feste wohlwollenden Landsleuten verdanke, gehört gewiß Ew. Wohlgeborenen Sendung. Nur stellenweise konnte ich Ihr bedeutendes, mit so vieler Sorgfalt gearbeitetes Werk mir zueignen, und ich habe durchaus darin gefunden, was mit meiner Überzeugung zusammentraf. Ferner hab ich zu danken für manche Belehrung über mittlere Epochen, in denen ich weniger bewandert bin; so wie für neue und frische Blicke auf Gegenstände, die mir zwar nicht unbekannt waren, deren Ansichten aber sich durch Zeit und Zerstreuung abgestrumpft hatten. Den Artickel mich selbst betreffend konnte ich nur mit Rührung aufnehmen. Es ist der Mühe werth lange zu leben und die mancherlei Pein zu ertragen, die ein unerforschlich waltendes Geschick in unsere Tage mischt, wenn wir zuletzt über uns selbst durch andere aufgeklärt werden, und Problem[81] unseres Strebens und Irrens sich in der Klarheit der Wirkungen auflös't die wir hervorgebracht haben.

Diesen schönen Genuß zu verdienen, werde ich nicht aufhören, meine Freunde und Landsleute theilnehmend im Sinne zu tragen und manches, was gearbeitet und vorbereitet daliegt, mittheilbar zu machen. Ich wünsche daß es mir gelinge, auch Ihnen noch etwas Erfreuliches darzubringen.

aufrichtig ergeben

Weimar den 24. October 1819.

Goethe.


32/57.


An Anton von Ziegesar

Möge die Ew. Hochwohlgeb. Verdienst zugetheilte neue Würde Ihren Muth und Beharrlichkeit kräftigen und stärcken, in so bedeutenden Tagen, nach Überzeugung Pflichtgemäß zu handeln. Möchten Sie auch bald, zu freyer geistiger Wirckung von allen körperlichen Übeln befreyt seyn.

Meines aufrichtigen Danckes für geneigte Theilnahme und Mitwirckung, in einer für mich so bedeutenden Angelegenheit, sind Sie jetzt künftig gewiß. Empfohlen zu seyn wünschend

gehorsamst

Jena d. 24. Octbr. 1819.

J. W. v. Goethe.[82]


32/58.


An Johann Wolfgang Döbereiner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey ein Carlsbader Mineral. Wir haben es immer für ein pseudovulkanisches Product gehalten, deren es in jener Gegend so viele giebt. Es unterscheidet sich von allen durch seine außerordentliche Schwere und durch die Gestalt seiner Oberfläche welche auf einen entschiedenen Fluß hindeutet. Einige Zweifler sind aufgestanden die darin eine Eisenschlacke sehen wollen. Hätten Sie wohl die Güte, solche chemisch zu untersuchen und Ihre Gedanken darüber zu äußern. Die specifische Schwere soll 4,251 seyn.

Dankbar für manche Gefälligkeiten bey meinem jenaischen Aufenthalt und mit dem Wunsch einer fortgesetzten Theilnahme.

Weimar den 25. October 1819.


32/59.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

begrüße sogleich bey meiner Ankunft von Carlsbad, wo es mir in jedem Sinne wohl ergangen. Sodann danke zuvörderst für die Gewährung meiner Wünsche, indem ich die Fortsetzung der vorletzten Ausgabe meiner Werke durch Ihre Geneigtheit hier angetroffen.

Was die Übersetzung des Buches Kabus betrifft,[83] so hatte solche Prälat von Diez auf seine Kosten drucken lassen und sie der Nicolai'schen Buchhandlung in Commission gegeben. Was er in seinem Testamente über das Eigenthumsrecht verfügt, ist mir nicht bekannt; ich will aber sogleich nach Berlin schreiben, um zu erfahren, wie sich die Sache verhält, und das Weitere melden.

Gar manche typographische Unternehmung hätte wohl einleiten können, ungern blicke zurück auf alles was ich mußte liegen lassen. Hiezu gehörte aber eine glücklichere Umgebung: Literatoren und Gelehrte. Künstler und Kunstfreunde, Verleger und Buchdrucker von ersten Rang, zu Erleichterung der Arbeit und der Ausführung.

Was wird in Paris und London nicht alles möglich, was bey uns hängen bleibt und stockt. Hätte ich das Glück, in Ew. Hochwohlgeboren Nähe zu leben; so würde manches geschehen seyn und noch geschehen; aber solche Dinge wollen besprochen seyn, daß man sich über Zweck und Mittel vereinige und daß die Unternehmung auch zur rechten Zeit reifen und in's Publicum treten könne. Auf Naturwissenschaft Bezügliches besitze noch manches Vortreffliche, in Zeichnungen mit Entwürfen und Aufsätzen, die auch jetzt nicht zu spät kämen; jene würden durch den Steindruck jetzt leichter zu überliefern seyn; doch ist alles zu weitschichtig als daß ich es anbieten oder unternehmen könnte.

[84] Ein Gleiches gilt von Zeichnungen zur Italiänischen Reise, eignen und fremden, ausgeführt, in reinen Umrissen, skizzenhaft angedeutet; darunter soviel Interessantes, daß der verstorbene Kaaz die Redaction übernehmen und dem Kupferstecher vorarbeiten wollte. Nach seinem Tode kamen die Blätter wieder in meine Hände; auch ein recht geschickter von unsern Künstlern hat, unter meiner und Hofrath Meyers Einwirkung, daran zu arbeiten angefangen; allein weil immer augenblicklich mehr zu verdienen ist als an solchen Arbeiten, mit Folgen, auf Hoffnung; so ist die Sache dadurch noch nicht viel weiter, ob ich gleich auch diese Arbeit schicklich und billig honorirt habe.

Sieht man die Reise des Grafen Forbin an, die, kaum vollbracht, schon in's Publicum springt wie Minerva aus Jupiters Haupt; so fühlt man freylich die Lähmung an der wir Deutschen kranken.

Den Boisserée's wünsche ich Glück daß sie endlich einen Hafen gefunden und sich Ihrer Theilnahme an so ernster und edler Unternehmung freuen. Die Bemühungen und Sorgen dieser jungen Männer sind allerdings respectabel. Sollte mir irgend etwas vorkommen was ich zu Ihren Zwecken für dienlich hielte, so würde nicht ermangeln davon Nachricht zu geben.

gehorsamst

Weimar den 25. October 1819.

J. W. v. Goethe.[85]


32/60.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie, mein theuerster Freund, den in's Reine geschriebenen letzten Theil Ihres Manuscripts nochmals durchgehen und was Ihnen zu bemerken vorkommt mit Bleystift bezeichnen. Den Punct wegen des ausgemahlten Domrisses habe ehrenhalber etwas erweitert, glaube aber nicht, daß ich aus dem Verantwortlichen herausgegangen bin.

Zugleich vermelde, daß mein Sohn ausdrücklich verlangt, wir sollen das jüngste Gericht behalten, und sogar das Geld schon niedergelegt hat. Er giebt den langen Winter zu bedenken und meynt, man habe sich innerhalb des Hauses einiges Interesse vorzubereiten. Ich ergebe mich drein, denn freylich ist man diesem Grundwerke der neuen Kunst noch niemals so nahe gerückt. Ich habe die unschätzbarsten Motive schon in dieser kurzen Zeit entdeckt und hievon ist die reichste Ernte zu hoffen.

Baldigstes Wiedersehen!

Weimar den 26. October 1819.

G.


32/61.


An Johann Gottfried Schadow

Des Herrn Cammerherrn von Preen thätige Sorgfalt hatte mich brieflich von Ew. Wohlgeboren Gesundheitsbesserung[86] und zu hoffender völliger Wiederherstellung früher unterrichtet, als jene übereilte Nachricht in das den Zeitungen meist unzugängliche Böhmen hineindringen konnte. Ich weiß ihm also nicht genug zu danken, daß er mir einen so großen Schrecken und manche Tage des höchsten Leidwesens ersparte. Denn was hätte mir trauriger begegnen können, als wenn Sie ein Opfer so vieler geistigen und körperlichen Bemühungen hätten werden sollen. Möge das alles zur Vorbedeutung langen Lebens und voller würdiger Thätigkeit gedeihen!

Bisher nun hab ich durch Freude Ihre zunehmende Genesung vernommen und wünschte gegenwärtig unmittelbar von Ihnen oder den Ihrigen deshalb gewisse und umständliche Versicherung zu erhalten.

Zugleich muß ich meinen treulichsten Dank abstatten für die geneigte Weise mit welcher Sie meiner in Ihrem Programm gedenken. Mit einem Künstler von so sichern Grundsätzen und geprüfter, die Erfahrungen so mancher Jahrhunderte redlich verehrender Denkweise ward freylich nicht schwer überein zu kommen: denn alles beruht ja den Maximen wonach man seine Handlungen und Arbeiten einrichtet; treffen Künstler und Kunstfreunde hierin zusammen, so ist das Ziel schon so gut als erreicht, weil man sich über die Mittel gewiß verständigen wird.

[87] Ist man übrigens von der artistischen und technischen Schwierigkeit eines solchen Unternehmens durchdrungen, so sieht man es fast als ein Wunder und Mährchen an, daß dergleichen bey uns zuletzt doch vollkommen gelingen konnte. Nehmen Sie daher meinen Glückwunsch und die ausgesprochene Hoffnung, daß es mit allen ähnlichen Ihren Unternehmungen noch lange Jahre gleich günstigen Gang und Vollendung haben möge. Wie ich denn auch von dem fernern Gelingen Ihres Luthers unterrichtet seyn möchte.

Wobey bemerke daß in Paris eine schöne Medaille auf das Jubiläum geprägt worden. Sollten Sie solche noch nicht besitzen oder sie für einen guten Freund wünschen, so steht ein Exemplar zu Diensten.

Mein Andenken in Ihrem Kreise zu erhalten bittend

treulich ergeben

Weimar den 27. October 1819.

J. W. v. Goethe.


32/62.


An Carl Georg Ludwig Schottin

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sage den verbindlichsten Dank für die merkwürdige atmosphärische Neuigkeit und frage nur mit Wenigem vertraulich an, ob man zum Besitz des gedachten Steines gelangen könnte, wobey denn freylich[88] zu wünschen wäre daß er in seiner Integrität verbliebe. Über einen billigen Preis würde man sich ja wohl vereinigen. Vielleicht könnten Sie mir ihn zum Ansehen überschicken, wobey ich feyerlichst versprechen wollte daß er nicht aus meinen Händen kommen, auch völlig unangetastet bleiben solle.

Mit vorzüglicher Hochachtung mich unterzeichnend.

Weimar den 27. October 1819.


32/63.


An Carl Ernst Schubarth

[Concept.]

Wollte ich auch, wie sonst wohl gern geschehen, in dem gegenwärtig an mich gebrachten Anliegen gefällig seyn; so erlaubt es doch meine Lage nicht. Die Stunden sind gezählt, die Wege gemessen. Wenn ich nothdürftig was mir obliegt zum Ziele führen, was mir vorschwebt erreichen will; so darf ich mich weder rechts noch links umsehen, noch weniger irgend eine neue Verbindlichkeit übernehmen.

Entschuldigen Sie mich daher bey sich selbst und Ihrem Freunde und erhalten mir beide ein geneigtes Andenken.

Weimar den 4. November 1819.[89]


32/64.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

[4. November 1819.]

Ew. Wohlbeboren

danke zum allerschönsten für die Anschaffung der Kupferstiche von Martin Schön und deren baldige Übersendung. Ich bin nunmehr nach meinen Zwecken mit Kupferstichen dieses Meister genugsam versehen, durch Ihre Sorgfalt und was ich aus der Hohwiesnerische Auction erhalten. Die geringeren Drucke geben im Allgemeinen einen Begriff von der Denkweise und Kunst des Meisters, die besseren, besonders der Tod Mariä, von seiner unschätzbaren Ausführung. Die neuerlich angebotenen müßten daher zu viel billigern Preisen geschätzt seyn, wenn sie mein sammlerisches Verlangen erregen sollten.

Beyliegenden handschriftlichen Blättern für Ihren lieben Sohn sollen bald andere nachfolgen.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 3. November 1819.


32/65.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

endlich unmittelbar für so mannichfaltige Gefälligkeiten zu danken, ergreifen die bedauerliche Gelegenheit,[90] daß unser guter, so vielfach thätiger Canzleyrath Vogel, welcher auch meine kleinen Angelegenheiten vermittelte, aus der Zahl der Lebendigen geschieden ist. Künftighin erbitte mir die Erlaubniß, in ähnlichen Fällen Ihre Theilnahme direct zu erbitten; gegenwärthig würde ich um Nachstehendes ersuchen.

Ein geschickter englischer Mahler, Herr Dawe, hat bey seinem Hierseyn mein Porträt glücklich gefertigt, und, wie er sagte, war seine Absicht solches von einem Bruder in London stechen zu lassen. Nun entsteht die Frage: ob derselbe das Bild wirklich schon nach London abgesendet? und ob der Stich angefangen worden? Ferner ob eine Subscription deshalb eröffnet sey?

Die Schwester des Künstlers, Miß Dawe, 22 Newman Street, Oxford Street, London, an die er mich gewiesen, würde am besten hierüber Auskunft geben.

Wäre die Subscription deshalb eröffnet; so entstünde die Frage, wie hoch der Preis angegeben sey, sowohl vor als nach der Schrift? und Sie würden mich und meine Freunde sehr verbinden, wenn Sie mir hierüber nähere Auskunft geben und künftige Bemühung deshalb übernehmen wollten. Ein Gleiches gilt von dem jungen Herzog von Meinungen, dessen Bildniß Herr Dawe gleichfalls gefertigt und solches in Kupfer stechen zu lassen geäußert hat.

Lassen Sie mich zugleich anfragen, ob vielleicht gegenwärtig in London das Lexicon der Sanskritsprache[91] zu finden seyn möchte, da ich denn ersuchen wollte, solches für unsere Bibliothek anzuschaffen.

Nicht weniger werden Sie geneigt aufnehmen, daß ich an Herrn Bopp einen Brief beylege, einen gerade in diesen Kentnissen sehr verdienten Deutschen.

Weimar den 5. November 1819.


32/66.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

[6. November 1819.]

Ew. Hochwohlgeboren

auf das freundlichste zu begrüßen und für fortgesetzte Theilnahme in so manchen Fällen zum allerbesten Dank zu sagen, ergreife die Gelegenheit, da unser Herr Geheimerath und Staatsminister Freyherr von Fritsch eine Geschäftsreise nach Wien antritt, um auch denselben Ihrer geneigten Aufmerksamkeit zu empfehlen, ob es gleich bey dem Werthe dieses Mannes und Ew. Hochwohlgeboren allgemein erprobter Gefälligkeit dergleichen nicht bedürfte.

Auf einem Beyblatte entledige mich eines Auftrags Ihro Königlichen Hoheit meines gnädigsten Herrn und erbitte mir ohnschwer einige nähere Nachricht.

Empfangen Sie freundlich auch bey dieser Gelegenheit die Versicherung meiner umwandelbarsten Hochachtung.

Weimar den 1. November 1819.[92]


Gefällig zu gedenken.


An Ihro des Großherzogs Königliche Hoheit sind vor einiger Zeit Proben einer Mycotheca austriaca gesendet worden, ohne nähere Bezeichnung von wem und ohne bestimmte Preise.

Die gesendete Lieferung enthält vier Stück mit den Nummern:

Nr. 2. Agraricus coprinus plicatus.

" 3. Lycoperdon Bovista.

" 4. Daedalea quercina.

" 5. Amanita muscaria.

Nun entsteht die Frage:

a. wie stark die Sammlung ist?

b. wie stark sie werden könne?

c. was das Stück kosten solle?

d. ob es räthlich sey die Sammlung im Ganzen oder nur ausgesuchte Stücke derselben anzuschaffen? und

e. was dabey sonst noch zu beobachten wäre?

Des Herrn Director von Schreibers Hochwohlgeboren werden ersucht, hierüber einige Kenntniß zu geben.

Weimar den 1. November 1819.


32/67.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten zu gleicher Zeit mit Gegenwärtigem, welches Herr Regierungsrath und Cammerherr von Könneritz[93] überbringt, ein anderes, von Herren Staatsminister von Fritsch übernommen. Beide empfiehlt unser gnädigster Herr Ihrer geneigten Aufmerksamkeit; indem ich zugleich den höchsten Auftrag erhalte anzufragen: ob Herr von Boos in Schönbrunn mehrjährigen Listen von allem, was daselbst geblüht, besitze, in welchem Falle Serenissimus davon Abschriften zu haben wünschten. Diese Angelegenheit so wie alles was uns sonst berühren könnte zu fortwährender gefälliger Theilnahme angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 9. November 1819.


32/68.


An Christian Wilhelm von Dohm

[Concept.]

Ew. Excellenz

hätten Sie viel Sorgfalt und Folge auf Ihr unschätzbares Werk und dessen Fortsetzung nicht wenden können ohne die gewisse Zuversicht: unzählbaren Lesern, jedem in seiner Art, eine köstliche Gabe zu bereiten. Lassen Sie mich daher nur mit wenigen Worten dankbar sagen: daß auch in unserm Kreise mit wahrem schönen Enthusiasmus davon gesprochen wird.

In beyliegendem Schreiben werden Ihro Königliche Hoheit der Großherzog Ihro Gesinnungen gleichmäßig an den Tag legen. Von mir darf ich melden, daß dieses Werk schon manche Abende im häuslich-[94] freundschaftlichen Cirkel die willkommenste Unterhaltung bleibt uns jede Novemberwitterung, so ungünstig sie auch draußen sey, völlig vergessen läßt. Möge, geistig und körperlich, Ew. Excellenz eine freundliche Gegengabe zu Theil werden.

Weimar den 9. November 1819.


32/69.


An Charlotte von Schiller

Erlauben Sie es, verehrte Freundin, so kommt mein Wagen morgen Sonntag früh um 11 Uhr, Sie abzuholen, da Sie denn eine kleine freundliche Gesellschaft bey uns antreffen werden.

treulichst

Weimar den 13. November 1819.

J. W. v. Goethe.


32/70.


An Carl Ernst Schubarth

Ihre angenehme Sendung kam gerade zu einer Zeit, wo ich derselben gebührende Aufmerksamkeit widmen konnte; demohngeachtet wird mir eine wiederholte Lesung nach dem Druck erfreulich und aufregend seyn.

Was Sie über die Nibelungensagen trifft mit meiner Vorstellung völlig überein, und Ihnen bleibt das Verdienst, das was ich mir im Allgemeinen dachte bis in's Einzelne verfolgt zu haben.

[95] Der bleibende Kürze halben wiederhole: lassen Sie sich nicht irre machen, und wenn Sie ja getadelt seyn sollen, so thun Sie es selbst. Auch wird Ihr Kampf mit den Divan nicht ohne Frucht seyn.

Ihre Verhältnisse nicht kennend, hab ich schon längst den Wunsch unterdrückt, Sie in Dresden zu wissen, wo Natur, Kunst und lebhaftes Leben Ihnen zum Vortheil gereichen müßte. Stellen wir unsere Gedanken und Empfindungen eine lange Zeit nur gegen Geschriebenes und Gedrucktes; so nimmt denn doch unsere individuelle Denkweise mehr als billig überhand, und wir können uns zuletzt vor einer gewissen Grämlichkeit nicht schützen.

Das beste wünschend und aufrichtige Theilnahme versichernd

Weimar den 13. November 1819.

Goethe.


32/71.


An Johann Friedrich Posselt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht hiedurch zu vermelden daß der neuliche Bericht unter dem 23. October höchsten Ortes geneigt aufgenommen worden, wobey J. K. Hoheit Befehl gemäß angebogene Wetterbeobachtungen übersende. Fortdauernd Antheil an Ihren wissenschaftlichen Bemühungen versichernd.

Weimar den 14. November 1819.[96]


32/72.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

haben einem gewagten Unternehmen in seinen Anfängen nöthige Aufmerksamkeit gegönnt, möchte es nach seinem Abschluß Höchst Ihro Theilnahme nicht unwürdig scheinen.

[Weimar den 16. November 1819.]


32/73.


An Constantin Ludwig Freiherrn von Welden

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

glauben ja nicht daß ich Dero Schreiben vom [26. Juny] außer Acht gelassen, vielmehr fand ich mich hiedurch angeregt zu einer kurzen historischen Schilderung der Zustände, wie die Akademien im Katholicismus entstanden, wie sich gegen die unendlich breite Schülerschaft, die dem Protestantismus voranging und ihn veranlaßte, auch protestantisch verhalten, und wie sich das immer herauf gefügt, bis auf's Letzte. Allein mein Versuch war sehr lakonisch und unbefriedigend, und doch im Augenblick bedenklich. Jetzt da wir wieder Curatoren und Censoren haben, wär er unnütz, und so sey Gegenwärtiges nur gesagt, um Ew. Hochwohlgeboren Andenken mich dankbar zu empfehlen.

Weimar den 18. November 1819.[97]


32/74.


An Marianne von Willemer

[Weimar den 20. November 1819.]

Eine Schachtel Mirabellen

Kam von Süden zog nach Norden,

Als die Frucht gespeist geworden

Eilt sich wieder einzustellen

Das Gehäuß woher es kommen.

Bringet keine süssen Früchte

Bringt vielmehr ein ernst Gesichte

Das im Weiten und im Fernen

Nimmer will Entbehrung lernen.

April 1819.


32/75.


An Louise von Knebel

[Concept.]

[20. November 1819.]

In Gefolg unserer früheren Verabredungen erbitte mir eine kleine Gefälligkeit. Eben war ich in Begriff an Herrn Grafen von Einsiedel ein schicklich-gemüthliches Blatt abzusenden, als ich einen gar freundlichen Brief von demselben erhalte. Nun ersuche Sie, mir den Namen der Neugebornen, Geburts- und Tauftag derselben zu schreiben, damit ich mich darnach richten könne.

Was ich alsdann absende nehme mir die Freyheit durch Ihre Hände gehen zu lassen.

[98] Grüßen Sie unsern Freund zum schönsten und lassen mich von Zeit zu Zeit durch Wellern wissen, ob Sie sich alle wohlbefinden.

Weimar den 17. [18.] November 1819.


32/76.


An Carl Ludwig von Giesecke

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

Schreiben vom 4. dieses Monats aus Straßburg erhalte zu meiner Beruhigung, da es mich einer besondern Verlegenheit entzieht. Ende Mays des laufenden Jahrs erhielt ich von denen Herrn Gruhner und Dörstling zu Wien die Anzeige eines an mich auf Deroselben Ordre abgegangenen Kästchens mit Mineralien, welches mir denn auch zu gerechter Zeit durch Herren Heinz und Hausner in Leipzig übersendet wurde. Der höchstwerthe Inhalt machte mir das größte Vergnügen und ich sah manche Lücke meiner Sammlung ausgefüllt, allein ich fand keinen Brief dabey und keine nähere Bezeichnung. Da aber ich die Sendung von Wien kam und Herr Director von Schreibers mir kurz vorher die umständliche Nachricht von den herrlichen Schätzen gegeben hatte, welche durch Ew. Hochwohlgeboren Fürsorge dem K. K. Kabinett gegenwärtig zur größten Zierde gereichen; so glaubte ich nicht besser meinen verbindlichen Dank abstatten zu können, als daß ich[99] ein Schreiben mit beygelegtem Diplom der Mineralogische Gesellschaft zu Jena dort hin gelangen ließ. Da ich nun aber seit der Zeit nichts weiter deshalb vernommen; so freut es mich doppelt, daß ich Anlaß finde auch in die weiteste Ferne meinen unmittelbaren Dank gelangen zu lassen.

Sie haben durch Ihre Sendung so recht eigentlich die Wünsche des Liebhabers erfüllt: die grönländ'schen Mineralien waren für meine Sammlung wahrhafte Neuigkeiten, die Zinnstufen geben diesem Fache eine abschließende Vollständigkeit. Ich hatte noch nicht Kenntniß, daß die Zinnseifen so derbe, tüchtige Stücke frühren, auch das Zinn von Malaga fehlen mir ganz. Da mich nicht allzu weit ausbreiten darf; so habe ich mir einzelne geologische und oryktognostische Puncte erwählt, und da ist die Zinnformation wohl von der größten Bedeutung. Ich behandele sie monographisch und werde jeden Beytrag in irgend einem Exemplar oder auch nachrichtlich dankbar anerkennen.

Da Sie selbst die Welt so weit und breit gesehen und erkennt haben; so darf ich kaum anbieten irgend etwas Erfreuliches aus unserer und nahgelegener Gegend. Daher scheint es mir beynahe zudringlich, wenn ich ein Gesuch hier beyfüge.

In Schottland finden sich verschieden gefärbte Bergcrystalle, dem Rauchtopase angenähert, durch gelbliche Mischung in's Bräunlich-Grüne fallend, auch wohl rein gelb, unter dem Namen Citrin bezeichnet.[100] Nach Herrn Mawe kommen sie in Aberdeenshire im Berge Cairngorm vor. Sollten Sie mir dergleichen, nach ihrem natürlichen Vorkommen, in unverletzter Crystallisation, gefällig mittheilen; so würde ich es mit dem aufrichtigsten Dank erkennen.

So eben erhalten von St. Petersburg die sich in Farb' und Bildung dem Amethyst nähernden Bergcrystalle von Kamtschatka, dem Ural und dem Quluezkischen. Sie belehren mich auf dem Stützpuncte der Betrachtung, wie der so eigensinnige und hartnäckige Bergcrystall sich doch in seiner Bildung auf mehr als eine Weise bedingen und stören läßt.

Da ich aber, wie Sie gewiß aufnehmen, von Ihrem Lebensgange unterrichtet, mit wahrer Theilnahme dessen schönes und erfreuliches Fortschreiten bemerke; so erlauben Sie, daß ich auch fernerhin mich um Ihre nähern Zustände befrage und Sie ersuche, mit besonders von den geologischen Merkwürdigkeiten Ihrer Umgegend, von der ich nur die allgemeinsten Kenntnisse haben kann, näheren Aufschluß zu geben.

[Weimar den 22. November 1819.]


32/77.


An Johann Heinrich Meyer

Die Erklärung des Stierkopfes und Zuthaten glaube gefunden zu haben. Ihr Beyfall wird Gewißheit bringen.

Weimar den 23. November 1819.

G.[101]


32/78.


An Daniel Friedrich Parthey

Ew. Wohlgeboren

haben in einem geneigten Schreiben vom 2. November die Anfrage an mich gethan: ob ich genehmige, daß die empfehlenden Worte, die ich in meiner Lebensbeschreibung über Justus Möser gesagt, der neuen Auflage seiner patriotischen Phantasien vorgedruckt und auf dem Titel bemerkt werden können. Ich gebe hiezu gern Einwilligung und freue mich, den Manen eines so werthen Mannes auch auf diese Weise zu huldigen.

Nicht eben so willfährig kann ich mich bezeigen noch irgend eine Äußerung hinzuzufügen. Ich bin von jenen Studien zu weit abgekommen, und sich über die von dem trefflichen Manne behandelten Gegenstände in der jetziger Zeit, wo selbst gegen ihn ein gewisser Gegensatz sich offenbart, zu äußern, würde bedenklich seyn; wenigstens wäre es eine Arbeit die neue Bemühung und erstens Nachdenken erforderte, wenn man sich darüber gehaltvoll zu äußern gedächte, um schon zum voraus die Gegenwart mit dem Vergangenen zu versöhnen.

Hieraus erhellt jedoch, daß eben deswegen eine neue Ausgabe wünschenswerth sey, weil so manches in diesen trefflichen Bänden Enthaltene, daß bisher als Antiquität geruht, nun wieder zur Frage und Sprache komme.

[102] Lassen Sie mich zugleich bemerken, daß Herr Dr. Wachler in Breslau in seinen Vorlesungen über die Geschichte der deutschen Nationalliteratur, im 2. Theil, Seite 209 ff. zwar kurz, aber bedeutend über Möser gesprochen; sollte dieß nicht der Mann seyn der die neue Ausgabe würdig einführen könnte?

Zum Schluß erlauben Sie mir noch eine Frage: auf dem Theil der Diezischen Übersetzung des Buchs Kabus wird bemerkt, daß dieses Werk in der Nicolai'schen Buchhandlung in Commission zu haben sey. Nun wünschte zu wissen, wie es nach dem Tode des trefflichen Mannes damit gehalten werde, auf wen das Recht des Selbstverlags vererbt, wo und um welchen Preis es zu haben sey?

Dankbar für das mir bewiesene Vertrauen empfehle mich zum besten und wünsche, da ich dießmal gefällig zu seyn nicht in Stande bin, auf irgend sonst eine Weise gelegentlich dienen zu können.

Weimar den 24. November 1819.

ergebenst

J. W. v. Goethe.


32/79.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

machen mir viel Vergnügen daß Sie die Inschrift der Landschaft und dem Ort gemäß fanden; dergleichen will nicht immer gelingen, ich bin mehrere[103] schuldig geblieben. Möge der gute Vater sanft ruhen und mancher Pilgrim, an denen es dorthin nicht fehlen wird, bey dem Steine seiner in Liebe gedenken.

Wollen Sie mir ein Schreiben an Herrn Silvestre de Sacy schicken; so kann solches alsobald mit einem gebundenen Exemplare abgehen. Mit der Grammatik hat es Zeit, bis Sie solche zu Ihren Zwecken benutzt.

Der ich meine besten Wünsche für die nächste Festzeit treulich wiederhole.

Weimar den 28. November 1819.


32/80.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hiebey, mein Theuerster, das Verzeichniß der Kaufmannischen Meubles, zeichnen Sie an, so viel Sie davon brauchen können, und je eher je lieber, ich lasse Ihnen sodann die Sachen durch einige Tagelöhner in's Haus tragen.

Das beste wünschend

Weimar den 30. November 1819.

Goethe.


32/81.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[Concept.]

Es ist mir sehr angenehm, bey dieser Gelegenheit Ew. Wohlgeboren wieder einmal zu begrüßen und meinen Wunsch auszusprechen: daß es Ihnen, Ihren[104] Angelegenheiten, besonders auch der immer sich gleich bleibenden würdigen Literaturzeitung zum besten ergehen möge.

Daß die beiden Recensionen etwas später erscheinen, ist der Sache wirklich günstig. Das Urtheil des Publicums darüber ist reifer geworden, und ob man sich gleich schwerlich ganz vereinigen wird, so muß es doch immer klarer werden, worauf es ankommt.

Die Recension der Agape ist vortrefflich und macht den Verfasser des Werkes wie dem Recensenten Ehre. Der junge Mann leistet so viel als er verspricht, und wie viel muß nicht zur Sprache kommen, es sey nun seine Meinung zu begünstigen oder zu entkräften.

Zum Schlusse des Jahres wiederholte meine besten Wünsche, in Hoffnung noch manchen glücklichen Zusammenwirkens.

Weimar den 30. November 1819.


32/82.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

begrüße freundlichst und wünsche zu vernehmen, daß es Ihnen und Ihrer lieben Begleiterin auch die ganze Zeit über möge wohl ergangen sey. Mein letzter Aufenthalt in Jena war vergnüglich und heilsam; mit den theuern Ihrigen verbracht ich manche gute Stunde.

[105] Unser Druck ist denn auch ganz löblich vorgedrückt; die fünf Aushängebogen erhielt ich dankbar. Hierbey der 10. Bogen revidirt, und da der 11., wie Schwabe mir schreibt, gefüllt ist, das Manuscript, wie ich vermuthe, auch auf den 12. hinüber geht; so sende noch einiges zum Schluß. Wären noch wenige Columnen nöthig; so würde kleine Gedichte nachsenden.

Die drey Seiten des Umschlags wünsche zu Nachrichten und einer allgemeinen Inhaltsnachricht zu benutzen; nächstens sende das Manuscript.

Nach Neujahr hoffe ich ebenfalls die Handschrift zu den drey fehlenden Bogen der Morphologie zu übersenden, mit dem Wunsch, daß der Druck gleichfalls bald möge gefördert werden.

Das Manuscript habe ordentlich beysammen gehalten, wenn es für Wien verlangt werden sollte.

Mit den besten Grüßen und Empfehlungen

ergebenst

Weimar den 1. December 1819.

Goethe.


32/83.


An den Großherzog Carl August

Durchlauchtigster Großherzog,

gnädigst regierender Fürst und Herr!

Zwey Jahre sind nun verflossen, daß es den höchsten Herrn Erhaltern der Universität Jena gnädigst gefallen, unterzeichneter Behörde die Angelegenheit der[106] Universitätsbibliothek zu übertragen; wobey ihr zugleich befohlen ward, die Auffrischung und Erweiterung des Locals zu besorgen, die Schloßbibliothek zu vereinigen und überall zu künftiger Erhaltung, Verwahrung und Gebrauch die diensamsten Vorkehrungen zu treffen.

Wie dieses nach und nach, planmäßig, geleistet worden, hat man von Zeit zu Zeit schuldigen Bericht erstattet und sich darauf beyfälliger Resolutionen und fördernder Beyhülfe zu erfreuen gehabt. In diesen Rücksichten sey es erlaubt, die Übersicht des Geschehenen theils kürzer, theils umständlicher darzulegen, wie solches zur schnelleren Beurtheilung des Vergangenen, Gägenwärtigen und Zukünftigen sich nöthig machen dürfte.

In Gefolg dieser sämmtlichen Operationen sind nunmehr alle Räume, von der Thurmtreppe an der Kirchseite bis zu der Treppe an der Gartenseite, in vollkommene Verbindung gebracht. Ferner ward, um von dem untern großen Saale so wie von den Arbeitszimmern alle Feuchtigkeit möglichst zu entfernen, der innere Hof vertieft, das Erdreich von der Gartenseite erniedrigt, die Mauer nach dem Garten zu weggebrochen, die Fenster zum Theil erneut, theils neu gefertigt und was sonst erforderlich, neu aufgeführt oder reparirt und zuletzt auch die durchaus fehlenden Stühle und Tische angeschafft.

Schließlich ist noch zu bemerken, daß außer der[107] Buderischen Bibliothek und dem großen Saal, welche in ihrem vorherigen Zustand geblieben, alle die übrigen Räume theils gereinigt, theils in Farbe gesetzt, auch die vorhandenen Bildnisse chronologisch und schicklich angebracht worden.

Das ältere Expeditionszimmer ward durch ein Gitter getheilt, um das Geschäft des Ausgebens und Einnehmens zu beruhigen und zu sichern, der große anstoßende Vorsaal durch Einziehung einer Wand in ein zweytes Expeditionszimmer und einen Gang getheilt; eine Treppe in's juristische Auditorium geführt und dasselbe gleichsam in einen Bibliotheksaal verwandelt; die alte zugemauerte Communication mit der Buderischen Bibliothek ward geöffnet und in den heitern trocknen Saal die Manuscripte aus dem feuchten Gewölbe heraufgebracht; sodann der daran stoßende kleine Vorsaal durch Wegbrechen einer Wand erhellt und nutzbar gemacht; ohne Weiteres eine Thüre in das medicinische Auditorium gebrochen und dieses zum geräumigen Bibliotheksaal hergestellt, auch durch ein angebrachtes neues Fenster mit den besten Lichte versehen.

Gehen wir nun zu den eigentlichen Bibliotheksarbeiten über; so ward ein Vermehrungsbuch eingeführt, worin alle neuangeschafften und sonst eingehenden Bücher eingeschrieben werden, wodurch eine Controlle sowohl der Rechnung als der Katalogen gegründet ist. Ferner wurde ein Ausleihebuch eingerichtet,[108] worin die jedesmal ausgegebenen Bücher eingezeichnet werden, wodurch die Sicherheit der verliehenen Schriften bestätigt, besonders auch die Übersicht der Restanten erleichtert wird. Wobey zu beachten ist, daß eben diese Bücher, bey künftigen Revisionen zum Grunde gelegt, der Einsicht und Beurtheilung des Geschäfts höchst förderlich seyn werden, indem daraus vorzüglich die Zunahme und Erhaltung der ganzen Anstalt am sichersten hervorgeht.

Ziehen wir nun das Bibliotheksgeschäft ferner in Betrachtung; so zeigt sich bey demselben der Transport der Schloßbibliothek als die Hauptsache. Voriges Jahr waren die Bücher zur Hälfte herübergebracht und zwar der naturhistorische, medicinische und diesen Wissenschaften verwandte Theil. Man stellte die in diese Fächer gehörigen Werke in dem dazu bestimmten und eingerichteten juristischen Auditorium auf, wohin die Bücher der Universitätsbibliothek schon gebracht worden waren.

Naturgeschichte, Botanik, Medicin, Chemie, Physik, Mathematik, Technik und Ökonomie wurden methodisch aufgestellt, die Revision der hiezu vorhandenen Zettel vorgenommen und wo solche fehlten, neue geschrieben.

Da voraus zu sehen war, daß diese Arbeiten durch den Winter würden unterbrochen werden; so hatte man das zweyte Expeditionszimmer ebenfalls mit[109] Repositorien versehen und die glottischen Werke, welche, wie billig, den Bibliothekaren immer zur Hand seyn sollten, sowohl aus der akademischen als Schloßbibliothek zusammengebracht, da denn den Winter über die methodische Aufstellung derselben, die gleichlautende Signirung der Zettel und Bücher vollbracht und zugleich der Nominal-Katalog begonnen ward.

Bey diesen Geschäft fiel deutsch in die Augen, welch ein großer Vortheil der akademischen Bibliothek durch Vereinigung mit der Schloßbibliothek zuwachse, indem erstere für die hebräische und verwandten Sprachen und alles, was sich auf theologische Zwecke bezieht, genugsame Hülfsmittel darreichte, die Schloßbibliothek dagegen sowohl die neuern als die Sprachen fremder Völker und was zur allgemeinen Weltgeschichte nöthig ist, erfreulich lieferte.

Indessen hatte man den großen medicinischen Hörsaal gleichfalls der Bibliothek zugeeignet, die Repositorien der Schloßbibliothek nach und nach hingeschafft und in derselbigen Maaße auch die zweyte Hälfte der Bücher, bestehend aus politischer und Literärgeschichte und was denselben anhängig, transportirt und in der alten Ordnung aufgestellt.

Indem sich nun ein Theil des Personals hiemit beschäftige, setzte Professor Güldenapfel seine Arbeiten in der Glottik fort und wandte sich, da dieses Geschäft beendigt war und die Jahreszeit es erlaubte, wieder hinauf zur Naturgeschichte und wird sich von[110] dieser Arbeit nicht eher abwenden, als bis solche vollendet ist.

Indessen wollte man die Buderische Bibliothek nicht ganz unbeachtet lassen, besonders da man sich überzeugt hatte, daß gar manches nöthig sey, um sie in sich selbst aufzuklären. Dieses ganz abgesonderte Geschäft konnte man also dem Vulpius gar schicklich übertragen, welcher denn die Buderischen und Sagittarischen Manuscripte vor allen Dingen katalogirte, sodann auch ältere Paquete novellistischer Hefte vom Ende des sechzehnten und Anfang des siebzehnten Jahrhunderts, wo noch keine Zeitungen veranstalten waren und wichtige Begebenheiten an das Publicum einzeln gebracht wurden, sonderte, ordnete und binden ließ.

Sodann fand sich in dem vergangenen Frühjahr, daß die Zettel der akademischen Bibliothek zwar vorhanden, aber nicht geordnet waren. Weil nun bey dem neuen Unternehmen die Hauptsache ist, daß, wenn ein oder das andere Fach vorzunehmen bliebt wird, auch die Zettel desselben sogleich vorliegen; so übergab man Rath Vulpius auch dieses Geschäft der Sortirung; da er denn, mit Beystand seines Sohnes, über 30000 Zettel nach den verschiedenen Wissenschaften ordnete, so daß nunmehr sowohl was zur Schloßbibliothek gehört als was in der akademischen vorhanden ist, in einzelnen Paqueten zum künftigen Gebrauch vorräthig liegt.

[111] Übrigens konnte man bey dieser Gelegenheit festsetzen, daß die Buderische Bibliothek nach der Absicht des Stifters in ihrer Integrität gar wohl zu erhalten seyn möchte, indem sie schon einigermaßen methodisch gestellt ist und sich gar wohl Repositorien einschieben lassen, wo, dem Buderischen Vorrath gegenüber, jedem Fache antwortende Werke aufgestellt werden können, wie man denn, um die Sache besser zu beurtheilen, ein solches Repositorium zum Versuche angeordnet hat.

Dem Rath Vulpius wird indessen aufgetragen, die Fascikel der Deductionen im Einzelnen zu verzeichnen, um dadurch zur innern Aufklärung und Verbreitung der Kenntniß bis auf's letzte das Seinige beyzutragen. Es ist ein Geschäft, das er in Weimar verrichten kann, indem die Paquet nach und nach hinüber zu senden sind.

Es war freylich schon eine bedeutende Arbeit, beide Bibliotheken dem Körper nach zu vereignen; sie jedoch dem Geist und Sinne nach zu verschmelzen, sie für alle Zeiten brauchbar und zugängig zu machen, jeder Vermehrung dabey freyen Raum zu lassen, fand gar manche Hindernisse, wovon der größte Theil glücklicherweise beseitigt ist. Fortdauernd aber ist die Verspätung des Geschäfts durch das unausgesetzte Ausleihen der Bücher. Man hat aber lieber zu viel als zu wenig thun wollen, um auch den geringsten Schein einer Ungefälligkeit zu vermeiden. Doch wird[112] es zuletzt immer noch die Frage seyn, ob man nicht endlich ein halbes Jahr die Bibliothek schließen solle, um zu einem schnellen und reinen Abschluß zu gelangen; vielleicht wäre hiezu der Sommer des vierten Jahres zu wählen, worüber wir jedoch nur bey'm Abschluß des dritten Arbeitsjahres unterthänigste Vorschläge zu thun wagen dürfen.

Möchten die gnädigsten Herrn Erhalter mit demjenigen einigermaßen zufrieden seyn, was unter gegebenen Umständen von dem angestellten Personal hat geschehen können, da man sich wenigstens gestehen darf, daß durchaus planmäßig, genau und gewissenhaft, besonders in Absicht der Baulichkeiten nach hiesigen Handwerks-Verhältnissen ungemein schnell und wirksam verfahren worden; ja man betrügt sich nicht, wenn man behauptet, daß diese wichtige Anstalt schon jetzt für die Zukunft gegründet sey, und daß nur ein ruhiges, methodisches Fortwirken zu wünschen übrig sey.

Wenn nun aus der Beylage erhellt, daß die sämmtlichen Baulichkeiten mit etwa 2000 rh. ausgeführt worden, zugleich aber die innere Einrichtung, nämlich Transport der Schloßbibliothek, Anschaffung des Papiers und anderer Schreibmaterialien, nicht weniger Schreibgebühren von einem Theil des Katalogs, Remuneration des Personals und was sonst eine zu neuem Umschwunge bewegte Anstalt nöthig machte, durch zwey Jahre mit etwa 700 rh. bestritten worden; so glaubt man eines gnädigsten Beyfalls[113] deshalb sich schmeicheln zu dürfen. Auch werden sich gedachte Summen bey'm Abschluß der Rechnung nur umwichtiges erhöhen, wenn noch einige indessen bezahlte Posten kommen.

Weimar den 1. December 1819.

Goethe.


32/84.


An Münderloh und Comp.

Herr Münderloh wird höflichst ersucht, beykommenden Brief mit Paquet nach Paris dergestalt gelangen zu lassen, daß es Herrn Baron Silvestre de Sacy portofrey eingehändiget werde. Unterzeichneter wird die Auslagen deshalb sogleich ersetzen und die gefällige Bemühung dankbar anerkennen.

Weimar den 6. December 1819.

J. W. v. Goethe.


32/85.


An Johann Heinrich Meyer

Gegenwärtiges überbringt ein Italiäner der ein Portefeuille vorzeigt mit Albrecht Dürers und einigen niederländischen Dingen. Ich finde nichts darunter für unsere Bedürfnisse. Einige Ölbilder liegen bey; fragen Sie etwa nach dem Preise der sogenannten Katharina von Bora und besehen es näher.

Auch der Becher ist nicht übel, aber doch auch nicht wünschenswerth. Hat er noch außerdem anderes; so besehen Sie es etwa, mein Theuerster.

Weimar den 7. December 1819.

G.[114]


32/86.


An Friedrich Alexander Bran

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erinnern sich vielleicht meiner früheren Äußerung daß hier am Orte sich gebildete und bedeutende Freunde der Länder- und Völkerkunde befinden, welche an Ihrer Ethnographischen Anstalt ununterbrochen Theil genommen; diese wünschen sich daran das Interesse zu erhalten und daher, wenn es den Zwecken der Herausgeber gemäß wäre, beyliegend verzeichnete Bücher baldigst in Ihren Heften ausgezogen zu sehen. Sollten diese Werke nicht in Ihren Händen seyn; so kann ich sogleich zu gedachtem Gebrauche mittheilen, sobald ich erfahre, welche Sie vorerst zu benutzen wünschen.

Wie ich mir nun die gegenwärtig und vielleicht künftig mitzutheilenden Bände nach gemachtem Gebrauch wieder zurück erbitte, so wünsche daß dieses wohlgemeinte Anerbieten unter uns als eine stille Verabredung angesehen werde und nichts weiter davon verlauten möge. Der ich in Erwartung baldiger geneigter Erklärung die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Weimar den 7. December 1819.[115]


32/87.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

vermelde hierdurch daß Herr Giuseppe Cortesi, Professor der Geologie zu Piazenz, seine Saggi Geologici unserer Societät verehrt hat. Ich wünsche deshalb ihm ein Diplom als Ehrenmitglied zuzusenden, welches auszufertigen und mir zuzusenden bitte; da ich denn dessen weitere Spedition weitere übernehme. Das Buch soll ehstens Ihrer Bibliothek einverleibt werden.

Mit den besten Wünschen

ergebenst

Weimar den 11. December 1819.

Goethe.


32/88.


An Sulpiz Boisserée

Mit tausend Danck für Ihre Untersuchungen und Aufklärungen, hier die Revision-Bogen, woraus schon mehr ersichtlich.

Nächstens mehr!

W. d. 13. Dec. 1819.

G.


32/89.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

ersehen gnädigst aus beyliegenden kleinen Acten, daß auf höchste Veranlassung (fol. 1) sogleich an Dr[116] Brahn nach Jena geschrieben worden (fol. 2), das Verzeichniß der angebotnen Bücher (fol. 3), dessen Antwort (fol. 4. 5). Was ich demselben, mit Übersendung der ausgewählten Bücher zu erwiedern gedencke (fol. 6). Und es steht zu hoffen das dieses beyden Theilen vortheilhafte kleine Geschäft von angenehmen Folgen seyn werde.

Noch bemercke daß die an Brahn zu sendenden Bücher erst in die Vermehrungs Bücher eingetragen werden wenn sie zurückkommen, zudringliche Nachfrage zu vermeiden. Meine Acten machen die Controle.

Darf ich zugleich an Heinrich Müller erinnern, der das Honorar für den luftwandelnden Socrates, zu Weynachten gar sehr bedarf. Auch die sieben Thaler für Papier und Drück der 50 Exempl. wären ihn wünschenswerth, daß der Abdruck sogleich geschehen könnte. Wodurch denn der Grund unsrer lithographischen Unternehmungen gelegt wäre.

Don Juan, höchst merckwürdig und geistreich, verkürzt die langen Abende, danckbarlichst anerkannt.

unterthänigst

W. d. 14. Dec. 1819.

Goethe.


32/90.


An Johann Heinrich Meyer

Wenn Sie heute Abend, mein theuerster Freund, nach Hofe geladen sind; so kehren Sie vorher bey mir[117] einen Augenblick ein; ich sende den Wagen. Sagen Sie um welche Stunde, er führt Sie zu mir und dann wenn wir uns gesprochen haben auf das Schloß.

Weimar den 14. December 1819.

G.


32/91.


An Friedrich Alexander Bran

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten nach dem geäußerten Wunsch die beiden bezeichneten Bücher:

1) Account of the Kingdom of Nepal &c.

2) A classical and topographical Tour through Greece &c. 2 Vol.s

wobey ferner bemerke:

1) Die Bücher welche übersende behalten Sie so lange als es zu Ihren Zwecken dient.

2) Die Büchertitel vermelde sobald die Werke hier ankommen.

3) Sollten Sie von angekündigten Büchern einige zeitig zu haben wünschen; so würden Sie mir davon gefällig die Titel mittheilen, um nach dem Erscheinen baldmöglichst sie anlangen zu sehen.

4) Nicht allein von englischen, sondern auch von französischen könnte die Rede seyn.

5) Möglichste Schonung der kostbaren Bücher brauche nicht zu empfehlen.

[118] 6) Die Sendungen erhalten Sie frank durch die fahrende Post, dießmal durch einen bezahlten Boten, und senden solche unfrankirt zurück.

Ich bin überzeugt daß dieses beiden Theilen vortheilhafte Geschäft angenehme Folgen haben werde.

Weimar den 15. December 1819.


32/92.


An Sulpiz Boisserée

Im Gefolg Ihrer werthen Mittheilung, mein Theuerster, haben wir auch hier zu Land manche Untersuchungen angestellt; zusammengenommen geben unsere gemeinsamen Bemühungen beykommendes Resultat; auch ist vom Leben und Schriften des Johanns von Hildesheim noch manches andere bekannt geworden. Sie finden ferner die angeführte Stelle dem Manuskript in seiner Eigenheit nachgeschrieben. Ich erheitere mir die langen Winterabende durch solche Facsimiles aus freyer Hand.

Weimar d. 16. Dec. 1819.

G.


Geneigtes zu gedenken!

Schon seit langer Zeit und neuerlich wieder mit angefrischtem Eifer bemühen wir uns um die organische Reste, die sich in den Steinbrüchen nahe bey der Stadt von Zeit zu Zeit vorfinden. Nun sind wir aber höchst begiert, etwas Näheres zu wissen von[119] denen bey Cannstatt sich findenden Fossilien. Ein Freund dieser Gegenstände giebt ja wohl über älteres und neueres Vorkommen einige literarische Anzeigen von Schriften, aus denen man sich darüber belehren kann. Sollte man einige Exemplare von diesen alten Naturdocumenten erhalten können; so würde man mit Dank die Auslagen dafür erstatten. Verzeihen Sie diesen fremdartigen Wunsch und erhalten auch mir ein freundschaftliches Andenken.

im Nahmen meines Sohns

Weimar den 16. December 1819.

G.


32/93.


An Gallus in Würzburg

Die Parabeln gelingen Ihnen wohl; fahren Sie fort, bedeutende Lebensereignisse in dieser Form zu produciren, und senden Sie von Zeit zu Zeit.

Weimar den 16. December 1819.


32/94.


An Carl Ernst Adolf von Hoff

Hochwohlgeborner,

insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Hochwohlgeboren haben die freundliche Neigung, die Sie mir immer gegönnt, auch auf das Geschäft übergetragen, welches mir seit einigen Jahren[120] durch höchstes Zutrauen obligirt, und mich bey demselben alle Förderniß erfahren lassen. Gegenwärtig finde ich mich abermals in dem Fall, Hochdieselben um die Geneigtheit anzusprechen: beykommenden unterthänigsten Bericht Ihrem gnädigsten Herrn zu günstiger Aufnahme vorzulegen. Mein sehnlichster Wunsch ist, wenigstens zum Theil die höchsten Absichten erfüllt zu haben und zu ferneren Lösung einer so wichtigen Aufgabe noch Kräfte genug zu behalten.

Möge es nicht verargt werden, wenn Gegenwärtiges den Verlauf des Geschäftes nur im Allgemeinen vermelden, da ein umständlicherer Aufsatz mit Beylagen, welchen bey meinem gnädigsten Herrn dem Großherzog eingerichtet, durch baldige Mittheilung eine vollständigere Übersicht des Ganzen zu verleihen geeignet ist.

Gnädigster Beyfall und huldreiche Gewährung angefügter Bitten wird sowohl mich als das sämmtliche angestellte Personal auf das nächste Jahr zu frischer und zweckmäßiger Thätigkeit beleben.

Auf Ew. Hochwohlgeboren Mitwirkung in dieser bevorstehende Epoche mit Zuversicht rechnend und zum voraus dankbar anerkennend

Ew. Hochwohlgeboren

ganz gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 21. December 1819.[121]


32/95.


An J. L. S. Lechner

[Copie des Concepts.]

Aus dem Katalog über die zu verauctionirende Bibliothek des Herrn Dr. Benedict Wilhelm Zahn habe Seite 305 No. 3 ersehen, daß auch eine Sammlung von 7300 Medaillen von Bronce, Zinn und Bley zum Verkauf vorhanden, worüber auch ein Katolog in mehreren Heften gefertigt ist. Es geht daher mein Wunsch dahin, selbigen wo möglich bald einzusehen, und erlaube mir daher die Bitte um dessen Mittheilung.

Sollten die Erben vielleicht geneigt seyn, diese Sammlung auf dem Wege des Verkaufs ohne Auction abzulassen; so ersuche mir zugleich den etwaigen Preis wissen zu lassen.

Diesen meinen Wunsch Ew. Wohlgeboren bestens empfehlend, wogegen die baldige Rücksendung versprochen wird,

ergebenst

J. W. v. Goethe.

[Weimar den 21. December 1819.]


Zu senden unter der Addresse wie folgt:

Sr. Excellenz dem Geheimen Rath und Staatsminister von Goethe zu Weimar. unfrankirt.[122]


32/96.


An Alexander Palmer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mich durch die Übersendung des schönen Kunstwerks sehr viel Vergnügen gemacht; ich lasse es bey mir stehen bis Sie es gelegentlich selbst abholen oder einer vertrauten Person dazu den Auftrag geben. Denn der Transport ist wegen der Zusammensetzung der Theile doch bedenklich. Sie selbst wieder zu sehen wäre mir doppelt erfreulich, um zugleich Ihrer einsichtigen Unterhaltung und des Anblicks der schönen Gegenstände zu genießen, ohne deren Begleitung Sie sich nie vom Platz bewegen.

Fügen Sie beykommende vier Bände zu der übrigen Sammlung und gedenken meiner zum besten.

Weimar den 22. December 1819.


32/97.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey verlangtermaßen das vollständige Manuscript von Kunst und Alterthum zweyten Bandes zweytem Stück; nur fehlt am Ende der Monolog von Manfred, welchen beyschreiben zu lassen bitte.

Von der Morphologie hingegen kann ich das Manuscript nicht senden; es hat niemals ganz rein[123] existirt und ist aus einzelnen Blättern und alten corrigirten Aufsätzen zusammengedruckt, die drey letzten Bogen werden communicabel seyn und findet sich ja wohl ein Abschreiber in Ihrer Nähe.

Die Berechnung des zu der Morphologie noch nöthigen Manuscripts, die ich von Herrn Wesselhöft erhalten, trifft mit der meinige völlig überein und es wird sich also dieses Heft schicklich abschließen lassen.

Die glücklichen Feyertage mögen Ihnen und den theuern Ihrigen bescheert seyn.

Weimar den 22. December 1819.


32/98.


An Carl Friedrich von Reinhard

Wenn ich, verehrter Freund, erst am Ende des Jahres und sogar am kürzesten Tage mein treues Andenken durch einige Zeilen und späte Sendung ausdrücke; so darf ich wohl versichern daß mir die letzten Monate zwar nicht unruhig, aber doch sehr überdrängt vorbeygegangen. So manche Erwiederung, durch liebevolle Theilnahme meines Vaterlandes hervorgerufen, verlangte Aufmerkamsamkeit, wo nicht Anstrengung mehrere Wochen. Carlsbad hatte mir dießmal sehr wohl gethan, doch blieb eine gewisse Umstimmung zurück, die ich durch augenblickliche Thätigkeit zu überwinden trachtete; und so werden[124] Sie wieder zunächst ein Heft Kunst und Alterthum, ein anderes zur Naturwissenschaft und Morphologie erhalten. Ich suche manche Gedanken und Interesses der Vergangenheit zu fixiren und kann mich wirklich schon als Redacteur fremder Hinterlassenschaft betrachten. Mein Divan liegt bey, der mich denn doch auch schon durch manchen angenehmen Hin- und Widerklang ergötzt hat. Die Tage die ich ihn schrieb kommen nicht wieder und doch ist diese Dichtart späteren Jahren so gemäß, daß noch von Zeit zu Zeitei niges gelingt, das ich einschreiben und durch Füllung mancher Lücke das Ganze eingänglicher machen kann.

Kennen Sie das Buch Kabus, von Diez übersetzt? wo nicht, so kann ich ein Exemplar überschicken; es ist ein wahrer Schatz, von dem ich nicht Gutes genug gesagt habe. Der so wunderliche als treffliche Mann hatte sich mit den Beherrschern des Tages überworfen, die seine Arbeiten kunstreich tückisch außer Credit zu setzten wußten. Er verlegte die Werke selbst, sie gingen nicht ab, nun hat er sie bey seinem Tode mit Manuscripten und anderm der Königl. Preußischen Bibliothek vermacht mit dem Beding, daß sie nicht verkauft, nur verschenkt werden sollten. Meine Freunde haben mich mit mehreren Exemplaren versorgt, wovon eines zu Diensten steht.

Ist Ihnen ein Buch vorgekommen: Agape, von Professor Kestner in Jena? wo nicht, so lassen Sie sich's empfohlen seyn. Gesetzt auch, man gäbe dem[125] Verfasser nur für die Zeit recht die man zum Lesen braucht; so gewinnt man doch Ansichten von seinem Standproduct aus, an die niemand gedacht hat. Die ganze Frage geht darauf hinaus: hat sich das Christenthum durch sittliche Wirkung auf die Menge, zufällig wogend, hervorgethan und zur Einheit gestaltet, oder ist es von einer Einheit, von einem entschiedenen Bunde, vorsätzlich künstlich ausgegangen? Er behauptet letzteres, und wenn er es nicht streng beweis't, so giebt er uns doch Verdacht genug, es möge wohl so seyn. Wie wunderlich ist die Ähnlichkeit mit unserer neuen allgemeine Verschwörung, wo nicht immer für jedermann entschieden ist, ob sie von der Peripherie zu einem Mittelpunct oder von diesem zur Peripherie strebe. Vielleicht irrt man nicht, wenn man beides zugiebt und ein pulsirendes Wechselverhältniß zwischen Disposition und Determination annimmt.

Ihre sehr angenehme Sendung von Luthers Medaille hat mich doppelt gefreut. Ich konnte meine Sammlung damit vermehren und manchem Freude dienen; genau besehen ist es wirklich das beste Bild unseres Heros, das bey dieser Gelegenheit erschienen ist.

treulichst

Weimar den 24. December 1819.

Goethe.[126]


32/99.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey hinreichendes Manuscript zu zwey Bogen Morphologie, an dem dritten soll es auch nicht fehlen, ich suche kleinere Stücke zusammen, damit wir nicht darüber hinauskommen. Ließe sich das Geschäft bald abthun; so würde es mir sehr angenehm seyn, weil ich früher nicht wohl an eine neue Arbeit gehen kann.

Möge zu den heiligen Feyertagen so wie zum neuen Jahr Ihnen alles zum Besten gereichen.

ergebenst

Weimar den 25. December 1819.

Goethe.


32/100.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey eine Anzeige unserer neuesten Hefte. Ich wünschte sie bald in dem Intelligenzblatt der Allgemeinen Zeitung abgedruckt zu sehen, denn es ist mir daran gelegen daß man bey Zeiten aufmerksam werde, von was für Sachen und Menschen dießmal die Rede sey, deshalb auch ausführlich davon gesprochen worden.

Von dem fortgesetzten thätigen Wohlwollen meiner lieben Landsleute ist mir noch nichts Näheres bekannt[127] geworden. Alles, was es auch sey, werd ich dankbar in Stillen verehren, aber daraus schwerlich Anlaß und Anregung zu einer weitern Reise nehmen dürfen, so reizend auch die Einladung von allen Seiten ist.

Lassen Sie mich Ihnen und Ihrem werthen Kreise immer empfohlen bleiben. In Hoffnung baldigen Wiedersehens. Den guten Boisserée's die schönste Empfehlung.

gehorsamst

Weimar den 25. December 1819.

Goethe.


32/101.


An Johann Jacob von Willemer

Gerade zur rechter Zeit und Stunde, eben als Kinder und Enckel zu den Zuckerbäumen eilten und den Großvater sich selbst überliefen, trat das ersehnte Freundespaar auf, so zufrieden heiter blickend, daß man ihm das Gefühl ansah wie wohl es empfangen sey. Und so kann es denn selbst mitten im abschließenden Schnee nicht einsam werden und die rückkehrende Sonne begrüßt mich in der besten Gesellschaft. Reichliche Zuckergaben machen mich Kindern und Theefreunden interessant; und da Hudhuds Käthsel nicht unergründlich sind; so kann zum neuen Jahre nichts fehlen. Möge alles auch in der Nähe des Mayns zu bestem gereichen und gelingen!

W. d. 27. Dec. 1819.

G.[128]


32/102.


An Lorenz Pansner

[Concept.]

[27. December 1819.]

Ew. Wohlgeboren

haben mich durch die schöne Sendung, die mir zu rechter Zeit durch einen gefälligen Eilboten zugekommen, wirklich überrascht. Sie war viel reichlicher als ich wünschen und hoffen durfte. Sie füllt bedeutende Lücken meiner Sammlungen, sowohl der mineralogischen als geologischen, und ich bin Ew. Wohlgeboren als andern gefälligen Freunden dafür höchlich verpflichtet.

Wegen der schlackenähnlichen Mineral kann Folgendes anzeigen: bey meinem dießmaligen Aufenthalt in Carlsbad habe ich den Ort sorgfältig untersucht, ob es gleich schwer ist damit auf's Reine zu kommen. Der ganze Hügel ist zum Feldbau benutzt, an wenigen Stellen kommt der von mir erwähnte Basalt vor, den man aber gar wohl einen schaaligen Thoneisenstein nennen könnte.

Denn er hat völlig, wie die sogenannten Ätiten, eine gelblichbraune Farbe, von außen dunkel, von innen lichter, das Centrum manchmal hohl, zuweilen mit einem gelben Kern ausgefüllt. Die schwere Schalcke findet sich in der Nähe zerstreut auf dem geackerten Hügelrücken. Einige geologische Freunde behaupten, es müsse in der Nähe ein Hochofen gestanden[129] haben, welches ein vorbeyfließender starker Bach wahrscheinlich macht. Ich aber kann dieser Meynung nicht beystimmen. In der meinige bestärkt mich die Analyse von Döbereiner, welcher kieselsaures Eisen und zwar folgendermaßen gefunden:

34. Kieselerde

66. Eisenpentoxyd, mit Spuren Manganoxid.

Deshalb ist es denn wohl für keine Schlacke, sondern für eine durch Erdbrand geschmolzene Eisenmine zu halten.

So viel für dießmal, damit mein verpflichtetster Dank nicht länger außen bleibe. Ein Kistchen mit Mineralien wird in einiger Zeit abermals an Herrn von Schlözer nach Lübeck abgehen, mit dem Wunsch, daß es für Ew. Wohlgeboren und die verehrte Gesellschaft, der ich bestens empfehle, etwas Gefälliges enthalten möge.

Weimar den 29. November 1819.


32/103.


An Carl Ludwig von Knebel

[Concept.]

Eben als ich deinen freundlichen, mein Wohlbefinden begrüßenden Brief erhielt, muß ich der bösen Jahrszeit noch einen starken Tribut bezahlen. Zwar habe ich nicht völlig verloren, doch fang ich erst jetzt wieder an zu etwas nutz zu seyn.

[130] Herr Consistorialrath Mosengeil sende mir Beykommendes um es auch dir mitzutheilen. Der Gedanke ist ganz gut, eine Musik wie die Beethovische, die bey allem ihrem großen Werth doch nur ein sehr langes Stück noch mehr verlängert, einem ruhig aufmerksamen Auditorium genießbar zu machen.

Auch lege merkwürdige Blätter bey von Ludwig Tieck. Er war doch wegen Shakespeare'scher und gleichzeitiger Literatur in England gewesen und hatte einige Notitzen darüber mir längst versprochen. Aus dem Mitgetheilten sieht man denn freylich daß es ein Meer auszutrinken ist, und daß man Shakespearen von seinem Jahrhundert niemals wird literarisch absondern können. Auch Tieck verzweifelt, hierüber jemals etwas Entscheidens zur Sprache zu bringen, obgleich das Studium an und für sich schon höchst interessant ist, wie aus diesem Wenigen schon ersichtlich.

Geht es ja doch mit dem Alterthum auch so; der neue in Mayland vorgefundene gebildete Homer, besonders aber dessen Scholien werden unser Literatoren von neuem zu thun geben, indessen der ästhetische Sinn am Hergebrachten immer noch genug Nahrung findet. Die Recesion Kosegartens vom Divan habe noch nicht zu Gesicht bekommen, sie ist aber gewiß jedes Danks werth, da er so verständig als gelehrt und wohlwollend anerkannt werden muß.

Daß Julius Fronto bey dir gut aufgenommen[131] worden, daran konnt ich nicht zweifeln. Du erinnerst dich vielleicht noch daß ich über einen Herrn Roth sehr verdrießlich war, der über ihn mißredete. Wer Augen hat zu sehen blickt in eine höchst wundersame Zeit und sieht bedeutende Menschen sich seltsam bewegen.

Der Tod Stolbergs frapirt jedermann, weil er so nah auf Vossens Unarten erfolgt. Unmöglich ist es nicht daß ein so zarter Mann wie Friedrich Leopold, der am Ende seine besten Intentionen so schändlich vor die Welt geschleift sieht, davon einen tödlichen Schmerz empfinden mußte.

Nun lebe wohl mit den lieben Deinen und laß uns hoffen daß wir im nächsten Jahr so manche angenehme Stunden zusammen zubringen.

Weimar den 29. December 1819.


32/104.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mich nach einer langen Pause durch Brief und Sendung wieder einmal gar freundlich begrüßt; nehmen Sie dafür meinen besten Dank. Denn eigentlich sollte man im Leben nicht so lange Zeit vorübergehen lassen, ohne das längst bestehende freundschaftliche Verhältniß wieder zu erinnern. Die Erscheinung[132] Ihrer lieben Familie in Jena eröffnete wirklich die angenehmste Epoche eines erneuten Andenkens. Es war so manches anders geworden und die wechselseitigen Gesinnungen waren doch dieselbigen geblieben; das Wohlwollen der Eltern hatte sich in den Kindern vervielfacht.

Daß Sie den werthen Ihrigen eine angenehme Stätte in Berlin bereiten würden, daran hatte ich nie gezweifelt, möge es nun auch in Folge zum allerbesten gedeihen. Verlangend bin ich, von Ihrer Thätigkeit weiter zu hören und zu vernehmen, wie Sie in dem Berliner Elemente auf eigne Weise wirken und einwirken. Sagen Sie mir doch etwas vom Professor Friedrich Wolff, welcher den Auszug des Biotischen Werks übersetzt. Er scheint auf dieser systematischen Postkutsche Irrthum und Wahrheit zu uns herüberzuführen.

Rohde zu Potsdam wird als Stimme in der Wüste kaum wohl vernommen; wenn man diesen Dingen eine Zeitlang zugesehen hat, so läßt man sie am Ende mit Gelassenheit geschehen.

Manchmal kommt denn doch aber auch etwas das Freude macht. Die Durchreise des englischen Mahlers Herrn Dawe hat mich auf acht Tage belebt, er mahlte mein Bildniß und ich fand bey dieser Gelegenheit die angenehmste Unterhaltung. Er hatte Kenntniß von dem was seine Landsleute, Sowerby, Dr. Read und andere, in der Farbenlehre versucht hatten, es war[133] ihm allgemeine Kenntniß von unsern Bemühungen zugekommen. Ich suchte ihn von der praktischen Seite zu gewinnen, und in kurzem war er mit der Lehre vom Trüben, von der Farbenentstehung durch dessen Vermittlung so bekannt, als wenn er sie erfunden hätte. Dieß ist der Vortheil den man mit Engländern hat, daß sie das Brauchbare vom Unbrauchbaren gleich zu unterscheiden wissen. Franzosen und Deutsche geben sich mit den accès de facile transmission et de facile réflexion pp. bis an's jüngste Gericht immer auf's neue wieder ab, ohne zu bemerken daß sie ihre Zeit auf's schmählichste verderben. Dabey bleibt wohl nichts weiter übrig als seinen Gang in aller Unschuld und Sicherheit immer fortzugehen.

Der Prometheus nimmt sich wunderlich genug aus; ich getraute mir kaum ihn drucken zu lassen, so modern-fasculottisch sind seine Gesinnungen; wie wunderlich dieß alles seit so viel Jahren in den Geistern hin- und widerwogt!

Seitdem meine Kinder so freundlich in Berlin aufgenommen worden, höre ich von dort fast nichts mehr; lassen Sie von Zeit zu Zeit mich von sich, den lieben Ihrigen und den nächsten Sinnesverwandten einige Nachricht erhalten.

Weimar den 30. December 1819.[134]


32/105.


An Friedrich Mosengeil

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke verpflichtet für die angenehme Sendung. Ich bin mit Ihnen völlig überzeugt, daß auf diesen Weg ein höchst erfreulicher Genuß bereitet wird. Wenn unsere Theater mit Decorationen und Costümen nach und nach die Stücke belasten und sie fast erdrücken; so wird hier die Einbildungskraft des Hörers aufgeregt und der eigentlichste Inhalt zur Empfindung gebracht.

Auch Herr von Knebel freute sich der Mittheilung. Diese Art zu epitomisiren könnte uns zu einem Analogon der ältesten griechischen Tragödie zurückführen, wo der erzählende Chor die Hauptsache war, die Sprechenden und Handelnden aber fast nur zufällig eintraten. So könnte man auch hier einige Scenen ausgeführt geben, von andern in Allgemeinen nur den Inhalt. Auch Gesang müßte eintreten und ließe sich dadurch gar manches Angenehme und Überraschende bewirken.

Hiebey ein Auszug eines Londner Briefes, wobey ich Folgendes bemerke. Das übersendete Bild des General Hill ist höchst lobenswürdig: der Kopf, in der Größe eines durchschnittenen mäßigen Hühnereis, von der allerhöchsten Ausführung, so auch Haare,[135] Uniformkragen, Hemdkrause, Decorationen u.s.w. Schultern aber und das Übrige geht nun schon in das Skizzenhafte über und das Ganze endigt mit leichten Kreidezügen. Wenn die beiden zu erwartenden Porträte in eben der Maaße gelingen; so möchte in dieser Art wenig zu wünschen übrig bleiben. Daß sie beide jedoch als Paar behandelt werden und auf beide zugleich subscribirt werden solle, veranlaß uns wohl in Gesellschaft zu subscribiren. Ich würde auf etwa ein halb Dutzend Paare unterzeichnen, zwey vor der Schrift, vier nach derselben, worin man sich am Ende nach Convenienz theilen könnte. Der Subscriptionspreis ist nicht bedeutend. Eröffnen Sie mir hierüber mit wenig Worten eine nähere Bestimmung: ob ich in diesem Sinne auch für Se. Durchlaucht den Herzog von Meiningen unterzeichnen soll, dergestalt daß Höchstdieselben sich nur zu ihrem eignen Bildniß verpflichteten.

Weimar den 30. December 1819.


(Bey Gönnern und Freunden bedarf es wohl kaum einer Entschuldigung, daß Herrn Dawe's gute Meynung von seinem Aufenthalte bey uns mit in die Abschrift aufgenommen worden.)[136]


32/106.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

so einsichtige als wohlwollende Recension habe mit höchstem Wohlbehagen und Belehrung gelesen und mir einer wiederkehrende Jugend oder wenigstens eine frühlinghafte Stimmung gewünscht, um sogleich mit Ihnen in diesem herrlichen Weinberge fortzuarbeiten. Es würde dieß für mich um so sicherer und vortheilhafter seyn, als meine Ansichten mit den Ihrigen, in so fern ich sie durchdringe, genau übereinstimmen und sich daraus nach und nach auch für mich eine schöne, klare Welt immer mehr hervorbilden müßte.

Den guten Indiern sind wir so viel schuldig, daß es wohl billig war sie gegen meinen Unmuth in Schutz zu nehmen. Den Maaßstab griechischer äußerer Wohlgestallt darf man freylich da nicht anlegen, wo von innern großen Geisteseigenheiten die Rede ist. Möge mich bald ein gutes Geschick in diese Reiche zurückführen, da ich mir denn Ihr sicheres Geleit alsobald zu erbitten die Freyheit nehmen werde.

Der Brief an Herrn Bopp ist abgegeben, die Antwort hoffte Herr Hüttner schon am 10. December zu übersenden, erhielt sie aber nicht vor dem Postabschlusse. Derselbe meldet ferner: »Das Lexikon der Sanskritsprache war nicht vergessen. Black & Parry,[137] das einzige Haus, wo diese Bücher zu haben sind, sagen mir, daß in Zeit von zwey Monaten mit Eingang der ostindischen Flotte gewiß unter anderm Exemplare eines neuen Lexikons der Sanskritsprache von Wilson ankommen werden, wo denn Ew. Excellenz sich darauf verlassen können ein Exemplar zu bekommen.«

[Weimar den 30. December 1819.]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 32, S. 1-138.
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