1820

[138] 32/107.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Mit verpflichtetem Dank erkenn ich, mein Werthester, daß Sie, nach herkömmlicher treuer Ordnungsliebe und Wohlwollen, mich aus dem Schlafe wecken in welchem bisher meine Correspondenz versenkt lag. Zur Entschuldigung darf ich wohl anführen: daß ich, von Carlsbad spät zurückkommend, sowohl in Jena als hier dergestalt mannichfaltig beschäftigt ward, daß mir den letztvergangenen Monaten kaum eine Wirkung in die Ferne möglich blieb.

Die schönen, um einen leidlichen Preis erstandenen Kupfer Martin Schöns kamen zur rechten Zeit bey mir an und veranlaßten mich, aus der Becker'schen Auction zu Dresden mehreres von diesem Meister zu erstehen, so daß ich nun gerade genug besitze um sein Talent würdigen und schätzen zu können.

Auch sonst ist manches Angenehme und Bedeutende[138] von Kunstwerken bey mir eingelangt, woran ich mich denn freylich in meinem häuslichen Kreise trösten und erbauen muß, wenn Freunde Gelegenheit finden, an fremden Orten mannichfaltigere und mehr bedeutende Kunstwerke zu beschauen. Unsere Freude in Stuttgart hätt ich freylich gerne längst besucht; dort müssen ihre Schätze, in größerer Freyheit aufgestellt, hohen Genuß und Belehrung gewähren.

Mögen Sie mir doch auch einmal gelegentlich sagen wie es mit dem Frauenbilde steht, das der jüngere Morgenstern zu restauriren unternommen. Der Vater ist, wie ich höre, mit Tode abgegangen, nachdem er sich eines langen und thätigen Lebens erfreut.

Manchmal berichtet mir ein Reisender, daß sich Ihr Herr Bruder in Coblenz noch ganz wohl befinde. Auch in seinem Wirkungskreise hoff ich soll ihm das Unternommene gedeihen. Grüßen Sie ihn gelegentlich zum schönsten; ob er mir auch einmal schreiben möchte?

Und so lassen Sie mich, mit den besten Grüßen an Ihre theure Frau Gemahlin, für dießmal schließen und mich unterzeichnen

treulichst verbunden

Weimar den 7. Januar 1820.

J. W. v. Goethe[139]


32/108.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

sende mit vielem Dank die mitgetheilten Bände zurück und freue mich, Ihre Bemühungen um die ansehnliche Societät immer auf gleiche Weise gesegnet und gefördert zu sehen. Zu den Wiederherstellung von dem sonderbaren Zufall habe gleichfalls Glück zu wünschen, Sie sind überzeugt daß ich aufrichtig Antheil daran genommen.

Auch für das angetretene neue Jahr das Beste wünschend und hoffend

ergebenst

Weimar den 7. Januar 1820.

Goethe.


32/109.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

darf wohl mit einigem Bedauern bemerken, daß leider diese vierzehn Tage durchaus in Unthätigkeit zugebracht, auch mich nur langsam zu einiger Wirksamkeit wieder erhebe. Geringes Zeugniß hievon gebe beykommend:

1) Vorläufige Nachricht von dem Zuwachs der Gletscher auf den Gränzen der Schweizkantone.

2) Botanik von Teneriffa und Jsle de France.[140] Die Insel Bourbon wird sich reicher und bedeutender erweisen.

3) In dieser Zeit sind auch die in Jena vorgefundenen alten Kupfer losgelös't worden. Wenn sie nun geordnet und die brauchbaren neu aufgetragen sind, werden sie in der Kupferstich-Sammlung als angenehme Zubuße erscheinen.

Weimar den 8. Jänner 1820.


32/110.


An J. C. Schaum

[Concept.]

Wohlgeboren,

insonders hochgeehrtester Herr!

Schon zu Anfang Octobers vergangenen Jahrs, als Ihro des Herrn Fürsten von Solms-Braunfels Durchlaucht für das mitgetheilte antiquarische bedeutende Werk meinem schuldigen Dank darzubringen nicht verfehlte, nahm ich mir zugleich die Freyheit zu vermelden, daß unter denen in hiesiger Gegend aufgefundenen Alterthümern sich eins befinde, das vielleicht dem dortigen, Tab. 11. dargestellten einige Aufklärung geben könnte.

Mancherlei Umständen verhinderten mich an diesem angenehmen Vorhaben und nur jetzt erst sehe ich mich im Stande, Zeichnung und Nachricht zu übersenden, welche mit meinem unterthänigsten Empfählungen Ihro Durchlaucht vorzulegen bitte. Das Instrument,[141] welches wir für eine Art von Cymbel hielten, ist zerbrochen vorgestellt, wie es in meiner Sammlung befindlich. Man sieht auf diese Weise besser das Innere und die Zartheit des Gusses. In dem neusten Stücke von Kunst und Alterthum ermangelt es nicht an ehrenvoller Erwähnung Ihres jedem Alterthumsforscher gewiß höchst interessanten Werks.

Der ich mit den besten Wünschen für das nächste Jahr und devoter wiederholter Empfehlung an Ihro Hochfürstliche Durchlaucht die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Weimar den 12. Jänner 1820.


32/111.


An Sulpiz Boisserée

Ihren liebwerthen Brief, mein Bester, will ich nicht lange zu beantworten zaudern; denn er eröffnet mir eine fröhliche Aussicht auf das laufende Jahr, obgleich nicht so frey als ich wohl wünschte.

Nach meinem Bedünken wäre die Theilnahme meiner lieben Vaterstadt und das übrigen guten Deutschlands an meinem Geburtstage wohl hinreichend gewesen, den Verdiensten zu begnügen und beide bescheidende Betrachtung der Resultate seines Lebens zu erleichtern. Gedenkt man aber, wie Sie mir vermelden, noch weiter zu gehen; so ist es räthlich, mit bescheidender Sorgfalt, damit Nemesis nicht aufgerufen werde, dabey zu verfahren.

[142] Mein alter und meine Gesundheit leiden keine Wagestücke mehr; wenn man ja noch leben soll, so gilt es Herkommen und Gewohnheit. Carlsbad hat sich das vorige Jahr abermals dergestalt günstig erwiesen daß ich, in mehr als einer Rücksicht, entschlossen bin, im ersten Frühjahr wieder hinzugehen.

So werth und lieb uns nun aber auch die Gegenwart Herrn Danneckers seyn würde, wenn er sich entschließen könnte uns zu besuchen, so ist doch auch diese Zumuthung bey einer so weiten Entfernung, wie mir scheinen will, etwas stark. Damit ich aber von meiner Seite einer so wohlgemeynten und ehrenvollen Unternehmung gern entgegen komme, so will ich mich den Monat April in Weimar halten; Herr Professor Dannecker soll mir und den Meinigen willkommen seyn, einige Zimmer zu seiner Wohnung und eine anstoßende Werkstatt bereit finden; da wir denn nichts mehr wünschen als daß ihm der Aufenthalt in jedem Sinne möge gefällig und erfreulich seyn.

Zu Ende April geh ich nach Carlsbad, weil ich den ruhigen May dort abzuwarten und Anfangs Juny wieder hier zu seyn gedenke, obgleich dieses letztere keine so genaue Bestimmung erleidet. Und so leg ich auch das alles in Ihre werthen Hände und übergehe gar manche in solchen Fällen sich aufdringende Betrachtungen.

Das neuste Heft unserer Zeitschrift war schon abgeschlossen und ich konnte nur noch auf den Umschlag[143] das Blättchen, das ich Ihnen zusandte, abdrucken lassen. Da nun eine deutsche Übersetzung in Ihren Händen ist und jede Untersuchung deshalb Ihnen näher liegt als mir, so überlaß ich Ihnen gern alles was sich darauf beziehen und daraus entwickeln kann. Sie werden aus der Übersetzung geschwinder als ich aus der abbrevierten Originalschrift einsehen was zu brauchen ist, und finden wahrscheinlich in Ihrer Nähe jemanden der einen lesbaren Auszug macht; denn manches Lästige findet sich doch hie und da im Ganzen. Indessen bin ich überzeugt, es kann sich aus allem Diesem etwas Angenehmes entwickeln.

Für das Kunstblatt wird sich wohl manches finden. Da unsere Hefte langsam gehen, so ist es gewiß angenehm, in der Zwischenzeit irgend etwas schnell in's Publicum zu bringen. Dadurch, daß Name und Chiffern gelten sollen, setzt sich der Redacteur außer aller Verantwortung und hat den Vortheil, nach Bleiben Gegenschriften drucken zu lassen. Möge das alles der Kunst und den Unternehmern zum Besten gereichen.

Da ich noch Platz vor mir sehe, so wend ich mich denn doch zu jenen Betrachtungen die ich oben liegen ließ. Sollte es nicht etwas bedenklich seyn, meine Freunde, einen Bildhauer dahin zu senden, wo er keine Formen mehr findet? wo die Natur auf ihrem Rückzuge sich nun mit dem Nothwendigen begnügt, was zum Daseyn allenfalls unentbehrlich seyn möchte;[144] wie kann dem Marmor ein Vorbild günstig seyn, aus dem die Fülle des Lebens verschwunden ist? Schon Jahre sind es, daß wir uns nicht gesehen haben, ich wünsche, daß unser werther Künstler sich nach einer langen Wallfahrt nicht allzu sehr getäuscht fühle.

Hiernach aber sey feyerlich protestirt, daß ich nichts gesagt haben will was jenes so wohlgemeynte und mir höchst ehrenvolle Unternehmen auch nur im mindesten aufhalten und hindern könne. Das zuerst Gesagte blieb in voller Kraft. So wie ein treues Freundesbündniß.

Weimar d. 14. Jan. 1820.

Goethe.


32/112.


An Friedrich August Walter

[Concept.]

Wohlgeborner,

insonders hochgeachtester Herr!

Ew. Wohlgeboren haben durch die interessante Schrift: Die wiederhergestellte Malerkunst der Alten den weimarischen Natur- und Kunstfreunden ein höchst angenehmes Geschenk gemacht. Nur ein flüchtiger Durchblick läßt schon die Belehrung voraussehen welche sie Ihnen werden zu danken haben. Ich eile diesen Dank vorläufig abzustatten und mich Ihrem geneigten Andenken angelegentlich zu empfehlen.

Mit vorzüglicher Hochachtung mich unterzeichnend.

Weimar den 14. Jänner 1820.[145]


32/113.


An Friedrich Justin Bertuch

[Concept.]

Geneigtest zu gedenken.

Vor einiger Zeit ließen Ihro Königliche Hoheit Unterzeichneten die Versuche sehen welche gemacht worden, den Belvedere'schen Katalog in Steindruck auszuführen, wobey sich mancher Zweifel hervorthat. Gestern jedoch theilten Höchstdieselben mir die Probe mit, wie derselbe auf dem gewöhnlichen Wege des Drucks dem Publicum vorgelegt werden könnte, welches freylich in mehr als einer Rücksicht vortheilhafter erscheint.

Hiebey konnte jedoch bemerken daß es Serenissimo angenehm seyn würde, wenn Großherzogliches Industrie-Comptoir den Verlag dieses Katalogs übernähme, damit Höchstdieselben das Geschäft auf einmal abgethan und sich aller weitern Berechnung überhoben sähen. Da mir nun scheinen will als wenn hiebey eher einiger Vortheil als ein Risico zu erwarten sey, indem das Manuscript unentgeltlich geliefert, auch für strenge Revision diesseits gesorgt wird, der Aufwand aber an Druck und Papier von wenig Belag ist; so will mich bedünken, als wenn Großherzogliches Industrie-Comptoir Höchstdieselben hierin gar wohl zu Gefallen leben, den Verlag übernehmen, etwa funfzig Freyexemplare abgeben und das Werk dem[146] Publicum zu beliebigem Preise überlassen könnte. Welche Angelegenheit gefällig zu überlegen und mir eine geneigte Entschließung zu weiterer Beförderung wissen zu lassen, hiedurch, mich bestens empfehlend, ersuche.

Weimar den 17. Januar 1820.


32/114.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

Da die geistige Verwandschaft zwischen uns bisher so wohl gediehen, wird ein Gleiches nunmehr von der geistlichen zu hoffen seyn. Mit Vergnügen übernehme daher bey Ew. Wohlgeboren liebem kleinem Sohne Pathenpflicht und bedauere nur, daß die strenge Witterung mich abhält, meine treuen Gesinungen gegenwärtig zu betheuern. Möge bald ein freundliches Frühlingswetter uns zusammenführen und ich Sie mit der anmuthigen Gattin, der ich mich bestens empfehle, und dem aufblühenden Knaben wohl munter begrüßen. Für das mir erzeigte ehrenvolle Zutrauen herzlich dankbar

ergebenst

Weimar den 18. Januar 1820.

J. W. v. Goethe.[147]


32/115.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Inliegendes Schreiben, das an meiner Statt Pathenpflicht zusagen soll, bestellen Sie gefälligst und fragen Frau Majorin: ob es schicklich wäre, von meiner Seite dem Kirchner und der Amme pp etwas Geld zustellen zu lassen? und Wie viel? Um dessen geneigte Besorgung ich sodann auch ersuchen würde. Wie befindet sich unser Freund auf seiner Zinne? Ich erhole mich und nach wieder in meiner Klause.

Das gnädigste Rescript wegen der 200 rh. für Sie ist an Geheimecammerrath Stichling ergangen, erkundigen Sie sich dort, ob Lange deshalb Verordnung erhalten hat.

freundlichst grüßend

Weimar den 18. Januar 1820.

G.


Ich erhalte den Brief vom 17. und werde Sie zu Ende der Woche gerne bey mir sehen, da es doch immer was zu besprechen giebt.


32/116.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

und Ihrem werthen Herrn Sohn habe noch nicht für den mir höchst erwünschten Katalog mit Preisen[148] schuldigst gedankt; er kam mir sehr zur rechten Zeit, indem ich eben mit Vergleichung alter und neuer Preise von Kunstwerken beschäftigt war.

Gegenwärtige frage an: wie es denn etwa mit der Schneider'schen Auction zu Dresden zu halten seyn möchte? Ich würde zwar nur geringe Commission zu geben haben, wüßte aber niemanden daselbst an wen ich mich wenden könnte. Möchten Sie vielleicht den Auftrag übernehmen und ihn durch irgend einen zuverlässigen Freund besorgen lassen? Ich würde diese Gefälligkeit wie so manche andere dankbar erkennen. Beliebter Kürze wegen lege deshalb ein Blättchen bey, dem Sie vielleicht nach Einsicht die Preise gefällig beysetzen. Die roth unterstrichene Nummer 2150 wünschte sehr zu besitzen, es käme mir nicht darauf an, 5-6 rh. dafür zu bezahlen.

Für die Sammlung Ihres lieben Sohnes lege wenigstens Einen höchst bedeutenden Namen bey.

Weimar den 19. Januar 1820.


32/117.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

haben mir erlaubt in schwierigen Sprach- und Geschmacksgefällen bey Denenselben Rath und Entscheidung zu erholen; gegenwärtig befinde mich in solchem Falle.

[149] Man gedenkt den Pflanzenkatalog von Belvedere herauszugeben mit der Aufschrift: Horatus Belvederanus. Dieses Adjectivum will mir nicht gefallen, ohne daß ich ein anderes anzugeben wüßte. Möchten Sie mir hierüber zu einer Bestimmung verhelfen, so würde ich mit Sicherheit in einem Geschäfte verfahren, welches unserm gnädigsten Herrn besonders am Herzen liegt, und Ew. Wohlgeboren gefällige Mitwirkung anzurühmen nicht verfehlen.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 19. Jänner 1820.

Goethe.


32/118.


An Johanna Antonia Josefa Brentano

Es ist eine Empfindung, verehrte Freundinn, so wunderbar als unerfreundlich wenn wir uns an werthgeschätzte vielgeliebte Personen erinnern, mit denen wir so manche glückliche Geist und Gemüth fördernde Stunde verlebt haben und fernerhin zu verleben hofften, uns nun aber nach und nach gewöhnen sollen auf ein Wiedersehen Verzicht zu thun mit dem wir uns solange schmeichelten. Man mag sich nicht gern entschließen dergleichen Gefühle auszudrucken und hierhin liegt die Ursache meines langen Stillschweigens; ja ich darf wohl gestehen daß beykommendes Packet[150] schon ein Vierteljahr geschlossen ist, ohne daß ich den Muth gehabt hätte diese wenigen Worte hinzuzufügen.

Nehmen Sie, verehrte, nachsichtige Freundinn, zum neuen Jahr diese Gabe geneigt auf; Sie haben an meinen Arbeiten so schönen Antheil genommen, daß ich eine gleiche Gunst auch wohl für die späteren hoffen darf. Leben Sie glücklich in dem schönen Franckfurt, von den theuern Ihrigen umgeben, gedencken Sie mein bey reichen Schönheiten der Natur und Kunst; lassen mich aber nicht ganz ohne Nachricht.

Meine werthen Landsleute haben sich vergangnes Jahr so höchst freundlich erwiesen daß ich über der Feyer des Alters das Alter selbst vergaß. Wie denn auch jetzt noch die schöne goldene Gabe, den trübsten Wintertag aufheitert.

Möge Ihnen alles zum Besten gedeihen! Und Sie meiner in Liebe und Neigung gedencken!

[Weimar den 19 Januar 1820.]


32/119.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

ersehen aus den letzten Blättern beykommenden Fascikels meine Verhandlungen mit Leg. R. Bertuch. Da er sich wohl schwerlich zu etwas weiterem verstehen möchte so würden die 250 Exemplare Ew. Hoheit[151] etwa 65. rh. kosten. Damit wäre aber auch alles abgethan.

Weitere Anordnungen erbittend

unterthänigst

Weimar d. 20. Jan 1820.

J. W. v. Goethe.


32/120.


An die Großherzogliche Bibliothekin Weimar

Ich wünschte Ansichten von Luxenburg und Verdun; vielleicht stehen sie in Merians Topographie, Galerie du Monde?


In der Göttinger Anzeige 1820, 2. Stück, ist ein Buch recensirt: Catalogue de la Bibliothèque d'un amateur, Paris 1819. Es darf auf der Bibliothek nicht fehlen und könnte, da es nicht theuer ist, angeschafft werden, es kostet 33 Franken. Sollte es von Serenissimo angeschafft werden; so nehme die Doublette für Jena.

Professor Werneburg hat um das große Orgelwerk von Bedos de Celles gebeten. Man könnte solches an Professor Güldenapfel senden, mit der Anweisung, daß er es Professor Wernenburg auf der Akademischen Bibliothek benutzen ließe, solches aber nicht in's Haus verabfolgte.

Weimar den 21. Jänner 1820.

Goethe.[152]


32/121.


An Johann Heinrich Meyer

Hierbey vermelde, theuerster Freund, daß das Antwerper Bild angekommen sey. Vielleicht ist es schon in den Zimmern an der Gallerie aufgehängt, und da können Sie ja wohl, indem Sie unsere jungen Fürstinnen besuchen, im Vorbeygehen darnach schauen. Ich möchte gern durch Sie davon mehrerer Kenntniß erlangen, vielleicht theilen Sie mir solche heute Abend gefällig mit.

Schönstens grüßend und das Beste wünschend

Weimar den 21. Jänner 1820.

G.


32/122.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Indem Ew. Wohlgeboren ersuche auch beyliegende Commission gefälligst zu übernehmen, lege abermals ein Handschriftliches Blättchen bey.

Mich zum besten empfehlend.

Weimar den 23. Jänner 1820.


32/123.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey das mitgetheilte Schreiben zurück; wollen Sie mir melden was man dem Manne für[153] seine dery Affen bezahlen könnte, so würde eine von Ihnen deshalb ausgestellte Quittung autorisiren. Sollten dergleichen künftig wieder ankommen, so haben Sie die Gefälligkeit solche auf die Veterinärschule zu schicken, da mir gegenwärtig mehr an Skeletten und Bearbeitung innerer Systeme als an der äußern ausgestopften Haut gelegen ist.

Ich wünsche daß das Frühjahr mir bald Raum und Gelegenheit gebe den Zuwachs zu bewundern, den das Museum neuerdings Ihrer Sorgfalt schuldig geworden.

ergebenst

Weimar den 23. Jänner 1820.

Goethe.


32/124.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

darf wohl mit einer kleinen Angelegenheit behelligen. Vorstehendes ist schon vor vier Wochen nach Nürnberg abgegangen, darauf aber noch keine Antwort erfolgt. Da man nun wenn auch nicht die Communication der Katalogen, doch wenigstens einige nähere Kenntniß wünscht; so fragt es sich, ob Ew. Hochwohlgeboren nicht durch Ihre sichern Bekanntschaften darüber einige Nachricht einziehen wollten. Die Masse der Medaillen ist so groß, der Werth so ungewiß, daß man keinen Auftrag zu geben wüßte.[154] Könnte man hierüber einigen Wink, Rath oder Vorschlag erlangen, so würde man dafür sehr dankbar seyn. Vielleicht hätte die Riegel- und Wießnerische Buchhandlung, derer man in dem letzten Stücke von Kunst und Alterthum freundlich gedenkt, diese Gefälligkeit. Die Auction beginnt den 1. März, doch wünscht man bald einige Nachricht.

Mich schönstens empfehlend

gehorsamst

Weimar den 23. Januar 1820.

Goethe.


32/125.


An Albert Cajetan Graf von Edling

[Concept.]

[23. Januar 1820.]

Hochgeborner,

hochverehrter Herr!

Ew. Excellenz nehmen diese treuen Grüße zum neuen Jahre freundlich auf; es ist dieß eine Epoche wo man sich gerne mancher Schulden erinnert, die doch eigentlich nicht verjähren sollen.

Bleiben Sie überrzeugt daß Ihr Abschiedsschreiben mich tief gerührt hat, und daß ich noch jetzt sehr ungern an eine Trennung denke die auf unsere Verhältnisse einen so ungünstigen Einfluß ausübte. Wie gar oft vermiss ich Ihre so einsichtige als wohlwollende Vermittlung und werde dabey, wenn ich mich erinnere was wir Ihnen alles schuldig geworden, immer auf's neue aufgefordert, Ihrem übrigen Lebensgang[155] jeden Segen auf das herzlichste zu erflehen. Möchten Sie manchmal mit Ihrer würdigen Frau Gemahlin zu guter Stunde meiner anhänglichen, aufrichtigen Sinnesweise gedenken!

Weimar den 18. Januar 1820.


32/126.


An Friedrich Justin Bertuch

[Concept.]

Geneigtest zu gedenken.

1) Gutachten eines Philologen.

»Das Belvedereanus, oder (wie man auch flectiren könnte) Belvederianus will nicht gefallen, zumal da ein Zusatz wie prope Vimariam doch hinzu kommen müßte, um das rechte Belvedere (es giebt deren mehrere) zu bezeichnen. Sollte es daher nicht besser seyn, dem Hauptwort einen bedeutenden Platz auf dem Titel einzuräumen? etwa

Hortus

Belvedera-Vimariensis.

Bey der wohlklingenden Form Belvedera hat man die Analogie von Belna (für Beaulne in Burgund), Sodera (für Sodere in Schottland) und ähnliche zum Beyspiel.«

2) Autorität von Seiten des hiesigen Gymnasiums. Unter dem Schülerverzeichniß des Gedichtes bey Ankunft des Herrn Superintendent Krause ist ein junger Sckell als Belvederiensis bezeichnet.

[156] 3) Titel der Exemplare ohne Preise.

Sollte man diesen nicht lateinisch verfassen und eine dergleichen kurze Vorrede dazu, wodurch man vom Ursprung, Wachsthum der neueren wissenschaftlichen Anstalt zu Belvedere Rechenschaft gäbe, besonders den Ausländern gewiß willkommen?

Weimar den 25. Jänner 1820.


32/127.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Wohlgeborener,

insonders werthgeschätzter Herr!

Aus Ew. Wohlgeboren geehrtem Schreiben habe mit Vergnügen ersehen daß Baumann sich in seine Lange schickt und auf eine mäßige Weise das Institut zu beleben und zu verbessern trachtet. Ich will dazu gern alles, was auch Sie räthlich denke, mit bewirken helfen; deshalb folgt hier der Anschlag autorisirt. Ist die Arbeit gefertigt, so lassen Sie eine Quittung darüber aufsetzen und ich autorisire auch diese zur Bezahlung.

Mit den besten Wünschen daß für Sie und die theueren Ihrigen diese letzte Winterzeit glücklich vorübergehen und wir uns im Frühjahr zeitig im neuaufgründenden Garten begrüßen mögen.

Weimar den 28. Jänner 1820.[157]


32/128.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

haben schon mehrmals gnädigst erlaubt, an diese, festlichen Tage meine treuen Gesinnungen schriftlich auszusprechen, auch heute hoff ich es zugestanden wo ich auf's neue geschenkte Huld, Gnade, Nachsicht und Antheil zu danken habe. Möge das mannichfaltige Glück, womit das höchste Paar mich und andere täglich und stündlich segnet, doppelt und dreyfach auf Höchstdieselben und die nächsten theuren Ihrigen zurückwürken. Mir sey vergönnt meine letzten Tage in dem Einfluß des mildesten Sonnenscheines nicht ganz unthätig zu verleben.

Weimar den 30. Januar 1820.


32/129.


An Carl Friedrich Zelter

Es ist denn auch gut und der Jahreszeit gemäß, wenn unsere Correspondenz sich wieder aufeiset, und so vernimm denn Folgendes. Bey meiner Rückkunft in Jena erquickte ich mich an dem Schluß deiner schönen Reise, von deren Ereignissen du mir so freundlich umständliche Nachricht gabst; ich besorgte daselbst Bibliotheks- und andere Geschäfte und gelangte endlich den 24. October nach Weimar. Daselbst[158] habe ein neues Heft von Kunst und Alterthum, ingleichen ein anderes Morphologie völlig zu Stande gebracht, dabey mag ich mich mehr als billig angegriffen haben, sonst hätte vielleicht eine Verkältung, die ich mir aus gutmüthiger socialer Nachgiebigkeit zugezogen hatte, nicht so bedeutend geschadet. Vierzehn Tage wurden mir verdorben und ich gewöhne mich nur erst nach und nach wieder zur Arbeit.

Wir gedenken deiner und der Deinigen so oft wir zusammen sind, und meine Kinder haben durch die Gunst der Berliner Freunde einen großen Schatz für's Leben gewonnen. Dank sey dir für deine hausväterliche Sorgfalt.

Nicht mehr für dießmal, damit beykommender Divan die Post nicht versäume. Möge er dich auf's neue erregen und drängen, daß du mit musikalischer Fülle dieses doch im Grunde für sich nackte Liederwesen bekleidest und in die Welt einführt. Übrigens bin ich auf neuem Wege fleißig und es fördert auch.

Lebe wohl, mein Theuerster!

Weimar den 30. Jänner 1820.

G.


32/130.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Aus Nachstehendem belieben Sie, theuerster trefflichster Freund, zu ersehen, daß ich Ihnen schon[159] wieder eine neue Bemühung zugedacht. Sollte die Kiste worin sich die Abgüsse befinden in vollkommen gutem Zustande bey Ihnen anlangen, so würde ich freylich nicht rathen solche zu eröffnen; würde aber eine Eröffnung und nähere Untersuchung nöthig gefunden, so trifft es vielleicht gerade in eine Zeit wo es Ihnen selbst nicht unangenehm ist, diese merkwürdigen Reste des Alterthums zu betrachten und kennen zu lernen. Die Auslage übersende sogleich, entweder durch Anweisung oder baar.

Nach vierzehntägigen Leiden an einem starken Katarrhfieber (worüber ich mich jedoch nicht beklagen darf, da ich so viele Freunde und Fremde als Mitleidende wissen mußte) erheb ich mich wieder zu gewohnter Thätigkeit. Möge sie ununterbrochener dauern ich von Ihrem und der theuren Ihrigen Befinden immer das gleiche Gute vernehmen.

treulichst verbunden

Weimar den 1. Februar 1820.

J. W. v. Goethe.


32/131.


An Ludwig Tieck

[Concept.]

[2. Februar 1820.]

Ew. Wohlgeboren

freundliches Schreiben und lehrreich Sendung konnte nicht, wie ich wohl gewünscht hätte, gehörig honoriren, indem ich den zugewiesenen jungen Mann wegen katarrhalischen Fieberleidendes nicht aufnehmen[160] und sprechen. Jedoch verfehle nicht durch Gegenwärtiges meinen aufrichtigen Dank ungesäumt abzustatten.

Den Aufenthalt in Dresden gönne und mißgönnt meine besten Freunden und freue mich, wenn Ihre Gesundheit erlaubt, das dortige Gute völlig zu genießen und zu nutzen. Die reich ausgestatteten Blätter über Shakespear und seine Zeitgenossen haben mich wieder auf einmal an alles was mir von jener Sprache nach und nach einzeln bekannt geworden; und so machte dieser mir gegönnte kurze Entwurf freylich den Wunsch rege, jene merkwürdige Zeit vor Sinn und Einbildungskraft umständlich entfaltet zu sehen. Ich begreife aber freylich die große Schwierigkeit, ein so reiches und verschränktes Leben, die wechselseitigen Wirkung so bedeutender Menschen darzustellen, besonders wenn man denkt daß bey'm Theater immer nur vom Augenblick die Rede ist und die wunderliche, bunte, zufällige Abwechslung desselben sich zu einem geschichtlichen Vortrage kaum bequemen mag.

Von dieser Wahrheit werde ich so eben überzeugt, da ich die Geschichte des weimarischen Theaters, das ich so viele Jahre selbst und nicht ohne eine gewisse Methode geführt, mir genugthuend und andern faßlich entwerfen möchte. Ein solches Geschäft ist aus so vielen Elementen zusammengesetzt und erlebt zu gleicher Zeit soviel Hinderliches als Förderliches,[161] so daß man allenfalls nur vom Effect Rechenschaft geben kann, nicht aber von Weg und Mittel wie man ihn erlangte.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

Weimar den 23. Januar 1820.


Zum Schlusse muß ich noch ausführlicher sagen, daß meine Kinder Ihre Grüße zum allerschönsten erwidern. Der Aufenthalt in Berlin hat ihnen einen solchen Reichthum von Gegenständen und Persönlichkeiten in den Geist und soviel Freundliches und Liebliches in's Gemüth gebracht, daß unsere Winterunterhaltung dadurch sehr angenehm und lebhaft wird. Auch Ihrer geneigten Theilname haben sie sich oft dankbar erinnert.


32/132.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgeboren

sage den schönsten Dank, daß Sie die bisherige Stockung unseres Briefwechsels unterbrechen wollen. Mir ist es gerade wie Ihnen ergangen: indem ich auf etwas Mitzusendendes hoffte, blieb das Sendbare liegen; hier eine kurze Darstellung meines bisherigen Lebenswandels. Nachdem ich den 28. September in Jena angekommen, beschäftigte mich die Revision des in meiner Abwesenheit immer fortgeschrittenen akademischen Bibliotheksgeschäftes und gelangte endlich den[162] 24. October nach Weimar, woselbst ich ein neues Heft von Kunst und Alterthum, ingleichen Morphologie etc. endlich abschloß. Ich lege den Inhalt bey, der vielleicht in öffentlichen Blättern nicht zu Ihnen gekommen ist, und Sie werden mir zugeben daß einige Anstrengung und Anhaltsamkeit erfordert wird, um sich und seine Mitgehülfen aus solchen Labyrinthen herauszuziehen; besonders da die anatomischen Dinge die ich gegeben kein productives Interesse mehr für mich haben können. Man muß mit guter Lebenskraft ausgestattet seyn, wenn man sich in dieses Feld Hesekiels wagen will. Sobald die Hefte nur in meinen Händen sind, erhalten Sie Exemplare.

An allem was Sie fördert nehm ich aufrichtigen Antheil, zu allem was sich in den Weg stellt wünsche guten Muth; in Ihren und Umständen kann er nicht fehlen.

Sogleich als ich jene Arbeiten bey Seite gebracht, dacht ich Ihnen einen Beytrag zu senden; allein kurz vor Ende des Jahrs zog ich mir, aus gutmüthiger socialer Nachgiebigkeit, eine Verkältung zu, die mich an einem gewaltformen Katarrhfieber vierzehn Tage leiden ließ. Dadurch bin ich in den currenten Geschäften zurückgekommen, die sich gerade in einer solchen Übergangsepoche schließen und häufen. Kaum wird mir der Februar erlauben an etwas Wissenschaftliches zu denken. Vielleicht wenn Sie meine Hefte gesehen haben, erweisen Sie mir eine anregende Theilnahme,[163] wodurch ein- oder andere, was ich nur lakonisch behandelt, zu Ihren Zwecken weitläufiger auszuführen wäre. Besonders möcht ich Ihnen Zeichnungen schicken die sich alle auf den Formenwechsel der Pflanzen beziehen, worüber Sie mir auch in Ihrem Brief soviel Einsichtiges und Erbauliches zusprechen.

Die Trüffeln, die ich hier mitsende, stehen seit langer Zeit schon vor mir. Es ist dabey zu bemerken: daß sie eine Umwandlung erlitten haben; mit ihrem Geruch und Geschmack verloren sie zugleich die gewöhnliche Lederzähigkeit, die Schwärze hat sich in eine Gräue verwandelt, die durch und durch geht, und sie lassen sich zu Pulver reiben. Alles dieses macht sie Ihnen vielleicht interessanter, indeß unsere Köchinnen darüber in Verzweiflung sind.

Mehr sag ich nicht, damit nicht wieder eine Stockung eintrete. Zu vielem Dank füge ich die Bitte, mir von Zeit zu Zeit und wäre es auch nur flüchtige Nachricht zu geben.

Meine Kinder grüßen zum allerschönsten, sie sind dießmal in Geburts- und Feststunden befangen; der Enkel spricht ihren Namen schon mit Anstand und Ehrfurcht aus. Möge er zu einem treuen Mitarbeiter heranwachsen.

gehorsamst

Weimar den 4. Februar 1820.

Goethe.


Die angekündigte Schachtel folgt mit der nächsten fahrenden Post.[164]


32/133.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Hochwohlgeborner!

Hier folgen denn endlich die versprochenen Trüffeln. Möge Ihnen daraus irgend eine bedeutende Betrachtung entspringen. Meinen Brief vom 4. Februar werden Sie erhalten haben. Dem Gegenwärtigen füge ich eine etwas wunderliche Bitte hinzu.

In Ihrer Gegend wirkte zur französischen Zeit ein Präfect namens Leçan Marnesia; ich habe soviel Bedeutendes von ihm gehört, daß ich seine Handschrift in meiner Sammlung, die ansehnlich genug ist, aufbewahren möchte, er hat so viel angeordnet und befohlen, daß seine Hand – wenigstens seine Namensunterschrift – wohl zu finden seyn möchte. Verzeihen Sie dieses sonderbare Zumuthen.

gehorsamst

Weimar den 7. Februar 1820.

J. W. v. Goethe.


32/134.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey nur wenige Manuscriptblätter des Schlusses. Die Tabelle wäre ohnehin nach der gedruckten wieder abzudrucken, weil von derselben keine reinliche Abschrift vorhanden ist und sie nicht gut wieder in's Concept zu schreiben wäre. Für[165] übersendeten Exemplare Kunst und Alterthum danke zum schönsten und erbitte mir das morphologische Heft sobald es beendigt ist.

Gern will ich gestehen, daß ich mich auch in die freye Luft sehne und, nach der weimarischen Überwinterung, wohl auch einen jenaischen Frühlingshauch mit Ihnen und den lieben Ihrigen genießen möchte. Empfehlen Sie mich bestens und bleiben meiner eingedenk.

ergebenst

Weimar den 7ten Febr. 1820.

Goethe.


32/135.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

lege den bis zum Halbbogen F. vorgeschrittenen Katalog zu gnädigster Einsicht vor, und wünsche daß Höchstdieselben mit Lettern und Arrangement zufrieden seyn möchten. Das Papier zu den Exemplaren ohne Preise scheint auch Beyfall zu verdienen; wenn es geschlagen und gepreßt ist, wird es sich gut ausnehmen. Der Druck geht unausgesetzt fort.

Mit Legationsrath Bertuch und Professor Dennstedt bespreche eine Vorrede, worin dasjenige was seit vierzig Jahren und drüber für Pflanzencultur, zu Fort-, Park-, Garten- und wissenschaftlichen Zwecken in ununterbrochener Folge geschehen, so gedrängt als[166] möglich ausgeführt werden soll. Diese Vorrede würde deutsch vor den Katalogen mit Preisen, lateinisch vor denen ohne Preise gedruckt. Möge dieß alles zu Ew. Hoheit Zufriedenheit gereichen.

Beykommende von Bran eingesendete Hefte sind wohl schon in Ew. Hoheit Händen, das ethnographische verspricht er nächstens und empfielt sich zu fernerer gnädigsten Aufmerksamkeit.

Die mir gütigst mitgetheilte Reisebeschreibung ist unterhaltend zugleich und unterrichtend; doch will mir hie und da der Europäer unter der orientalischen Maske hervorblicken.

Weimar den 8. Februar 1820.


32/136.


An Johann Gottlob Stimmel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey 17 rh. 12 gr. Sächsisch, ingleichen das Verzeichniß der ausgewählten Kupfer; es ist dabey das Versehen vorgegangen, daß man nicht ihre Nummern beybehalten, sondern von Nummer 1) neu gezählt hat. Da jedoch die Gegenstände und die Meister beygeschrieben sind; so werden Sie sich darinnen leicht finden können; gegenwärtiger Sendung folgt auch das Portefeuille mit den übrigen Kupfern. Die Quittung erbittet sich Unterzeichneter.

Mit den besten Wünschen.

W. d. 9. Febr. 1820.[167]


32/137.


An Friedrich Alexander Bran

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke verbindlichst für die mir neuerlich gegebenen Andeutungen. Ich werde hiernach aufmerksamer seyn können auf das was Ihnen brauchbar ist. Es versteht sich jedoch immer daß Sie diese Mittheilungen ganz nach Ihrem Zweck benutzen.

Zwey Bücher

1) Letters from Buenos Ayres and Chili, London 1819, in Octav

2) History of Brazil, by Robert Southey, London 1819, in Quarto

können auf Verlangen sogleich übersendet werden.

Für die überschickten Hefte schönstens dankend und das Beste wünschend.

Weimar den 13. Februar 1820.[168]


32/137a.


An Christian Ernst Friedrich Weller?

Für jetzt und künftig die größte Behutsamkeit empfehlend.

Weimar den 13. Februar 1820.

G.[45]


32/138.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

geruhen aus beykommendem zu bemercken was Rath Vulpius in Stadt Ilm ausgerichtet hat; vielleicht erlauben Sie ihm das Umständliche mündlich vorzutragen.

unterthänigst

Weimar d. 15. Febr. 1820.

Goethe.[168]


32/139.


An Johann Georg Lenz

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

glauben nicht daß es von Rentamtmann Müller eine Unterfreundlichkeit sey, wenn er den Vorschuß zu geben sich geweigert. Er hat ausdrücklichen Befehl, ohne Vorwissen seiner Vorgesetzten nichts zu thun, und ich muß ihn deshalb sehr loben. Dagegen autorisire gern die übersendete Quittung welche hiebey zurückfolgt; möge Ihnen und den werthen Ihrigen alles zum Besten gedeihen.

Weimar den 16. Februar 1820.


32/140.


An Johann Friedrich Posselt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren!

Die beide Blätter, durch welche man von der bevorstehenden Sonnenfinsterniß näher unterrichtet wird, sende dankbar zurück, nachdem solche Serenissimo zu Höchstihrer vorgezeigt.

Die Anschaffung der fehlenden Bände des Astronomischen Jahrbuchs, nicht weniger der dritten Abtheilung der Beobachtungen der Königsberger Sternwarte genehmige sehr gern, ingleichen daß Herrn von Zachs in französischer Sprache herauskommendes astronomisches[169] Journal für die Sternwarte gleichfalls regelmäßig angeschafft werde.

Der ich ein baldiges angenehmes Frühjahr wünsche, damit Sie sich Ihrer Wohnung und des Gartens recht erfreuen mögen; fahren Sie fort, von Zeit zu Zeit mich von Ihrer Thätigleit zu unterhalten.

Weimar den 16. Februar 1820.


32/141.


An Johann Wolfgang Döbereiner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke zum verbindlichsten für die übersendete neue Ausgabe Ihres Lehrbuchs. Wenn ich hoffen darf, durch das Studium desselben in dem so sehr erweiterten Felde der Wissenschaft mich einigermaßen zurecht zu finden; so wird mich eine mündliche Unterhaltung, nach der ich mich in guter Jahrszeit sehne, desto schneller belehren und fördern; indessen soll es an Vorbereitung nicht fehlen, um mich Ihnen desto freudiger und theilnehmender darstellen zu können. Eines jeden Beyfalls, der Ihren Bemühungen gewiß zu Theil wird, mich an meinem Theil miterfreuend und das Beste wünschend.

Weimar den 20. Februar 1820.[170]


32/142.


An Gabriel Ulmann

[Concept.]

Herr Banquier Ulmann wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn Rath und Dr. Schlosser die Summe von

Funfzig Gulden 36 Kr. Rheinisch

für meine Rechnung gefällig auszahlen zu lassen, worauf denn baldige Erstattung erfolgen wird.

Weimar den 21. Februar 1820.


32/143.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Zu allgemeinem Vergnügen ist das schöne Frauenbild glücklich und zur rechten Zeit angekommen; nehmen Sie für die Besorgung meinen besten Dank den ich auch Herren Schütz und Morgenstern abzustatten bitte.

Herr Banquir Ulmann allhier hat den Auftrag die ganze Summe von 50 fl. 36 Kr. an Sie, mein Werthester, auszuzahlen, die 11 fl. bitte noch für mich in Casse zu behalten.

Mehr sage dießmal nicht, damit dieses Blatt nicht aufgehalten werde. Doch noch eine Frage füge hinzu, in welchem Jahr, an welchem Tage mein Oheim, der Schöff Textor, gestorben?

Mich schönstens und angelegentlich empfehlend.

Weimar den 21. Februar 1820.[171]


32/144.


An Friedrich Justin Bertuch

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vermelde dießmal nicht gerne, daß der reichhaltige Inhalt unserer projectiren Vorrede mir erst bey Bearbeitung derselben deutlich geworden, ich werde mit derselben so bald nicht fertig und die lateinische Übersetzung rückt nur langsam vor. Hiebey können wir uns trösten, da Herrn Dr. Dennstends den Hauptzweck vollkommen erfüllen wird; auch fehlen wir nicht, da Serenissimus dafür halten daß gedachte Vorrede zu einem andern Zwecke aufbewahrt werden könne. Lassen wir deshalb auch die Aufschrift Hortus belvedereanus; Cartone sind immer eine beschwerliche Sache; wenn kein entschiedener Zweck dadurch erreicht wird, unterläßt man sie lieber.

Zugleich bemerke daß Serenissimus auch den Katalog der Varietäten ohne Preise verlangen. Ich lege einen halben Bogen bey, der mir doppelt zugekommen ist, und wünsche nach vollendetem Geschäft einmal wieder eine fröhliche Zusammenkunft. Das hereintretende Frühjahr wird ja wohl die Gartenliebhaber wieder vereinigen.

Weimar den 24. Februar 1820.[172]


32/145.


An Sulpiz Boisserée

Mit heute fahrender Post geht endlich, mein Theuerster, ein Exemplar Divan an Sie ab. Ein gleiches sollte zu Epiphanias bey Ihnen einlangen, allein zu Weihnachten machte ein hübsches Kind darauf Anspruch, und so wird der Freund verzeihen daß er im Nachtheil stand.

Seit ich nichts von Ihnen vernommen, ist die unschätzbare Zeichnung des Mittelstücks des großen Hemmling bey mir angelangt. Es erregt Bewunderung und Freude bey allen die sie betrachten.

Wegen der Reise unseres trefflichen Danneckers hieher sind mir diese Zeit über einige Zweifel aufgestiegen, denn der Mensch denkt über eine Sache nicht einen Tag wie den andern. Es sind wohl sechs und mehr Jahre, daß ich Gall zu Liebe, der bey uns einsprach, meine Maske abformen ließ; sie ist wohl gerathen, Weiser hat sie nachher aufgesetzt und die Augen geöffnet; sollte es nicht hinlänglich seyn, wenn ich beydes hinsendete? wie müßte man thun, wenn sich das Original in die ewigen Wohnungen entfernt hätte. Die Formen sind hier ganz genau, Geist, Leben und Liebe muß ja ohnedem der Künstler hinein stiften. Es sey dieses nur eine Zwischenrede, der Hauptsache unbeschadet.

[173] Ein Heft Kunst und Alterthum liegt bey, möge Ihnen darin einiges gefällig seyn. Ein Heft Morphologie wird auch zunächst ausgegeben. Ich arbeite jeden Tag etwas weg, aber es giebt des Stoffes so viel, daß ich denselben sich kaum vermindert sehe. Arbeiten Sie fleißig mit frischen Kräften. Graf Reinhard schreibt mir daß Sie eine Reise nach Paris machen, ich hoffe noch vorher von Ihnen zu hören.

Weimar den 27. Februar 1820.

G.


32/146.


An Georg Höhn

[Concept.]

Es ist also wie Sie sagen, mein werthester Herr Höhn, daß eine Köchin namens Maria Schleicherin bey mir im Dienste gestanden, im Juni vorigen Jahrs jedoch aus einiger Bewegung denselben verlassen. Sie hatte ihre Geschäfte zu meiner Zufriedenheit geführt und ich wüßte ihr nichts als Gutes nachzusagen; was ihr aber seit dieser Zeit begegnet, ist mir nicht bekannt geworden.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 29. Februar 1820.[174]


32/147.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Erbgrosherzoginn

gnädigste Fürstinn und Frau;

Das mir gnädigst zurückgelassne Packet schuldigermassen wohl überlegend fühle mich zu dem Wunsch gedrungen: Höchstdieselben möchten die bewußte Angelegenheit Heutabend nicht zur Sprache bringen, sondern erlauben, nach vorgängiger Überlegung, die Sache nochmals, vielleicht künftigen Donnerstag, wenn es gefällig zu besprechen.

Verehrend, anhänglichst

unterthänigst

am Schalttage 1820.

J. W. v. Goethe.


32/148.


An Friedrich Justin Bertuch

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

wünsche Glück zu dem nunmehr vollbrachten Katalog. Serenissimus haben mich von den sehr zweckmäßigen Übersetzung des Vorworts benachrichtigt, zugleich auch geäußert, daß sämmtliche für Höchstdieselben bestimmte Exemplare roh abgeliefert werden möchten, um solche nach Ermessen einbilden zu lassen. Dieses vermelde hiemit, weil ich nicht weiß ob solches schon gegen Ew. Wohlgeboren geäußert worden.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 2. März 1820.[175]


32/149.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

dancke verbindlich für die gegebenen Notitzen.

Den lieben Kleinen gratulire zur gesunden Bewegung.

Die Exemplare des Catalogs werden sämmtlich roh abgeliefert.

Die doppelte Übersetzung des Denstedtischen Vorworts ist ein glücklicher Gedancke.

Von dem trefflichen Meister des köstlichen Bildes hiebey kurze Notiz.

Vulpius hat referirt daß der Kauf glücklich abgeschlossen worden. Beykommendes flüchtige Verzeichniss giebt gutes Vorurtheil für die Sammlung.

Der schuldige Bericht liegt gleichfalls bey.

unterthänigst

Weimar d. 2. März 1820.

J. W. v. Goethe.


32/150.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Großfürstinn

gnädigste Erbgrosherzoginn

und Frau.

Ew. Kayserl. Hoheit heute nicht bey mir aufwarten zu können schmerzt mich sehr, besonders da ich noch eine Erläuterung schuldig bin.

[176] Darf ich dieselbe an Meyern geben, so kann es diesen Abend geschehen.

Mich und meine Gebrechen zu gnädigster Geduld empfehlend

unterthänigst

Weimar d. 2. März 1820.

J. W. v. Goethe.


32/151.


An Theobald Renner

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey ein wunderbares Schafmonstrum. Unter den beiden Ohren finden sich Rudimente von Kinnladen. Überlegen Sie wie es am besten zu benutzen und aufzubewahren sey; vielleicht stecken Sie es vor der Hand ganz in Branntwein, damit es zusammen bleibe und eine Untersuchung mit Muße geschehen könnte, doch sey Ihnen der Entschluß überlassen.

Mit den besten Wünschen

ergebenst

Weimar den 3. März 1820.

Goethe.


32/152.


An Friedrich von Luck

[Concept.]

Auf Ihr baldiges, ausführliches, höchst liebes Schreiben sollen Sie, dießmal tadelnswerther Freund, eigentlich nur ein Bescheltungs-Document erhalten;[177] Vater und Kinderstimmen darin überein, Sie mehr als einmal an dem bekannten Tische zu tadeln, daß Sie sich durch einen Irrgeist haben verwirren und abhalten lassen einige Tage bey uns zu bleiben, wie Sie sich angemeldet hatten und wie es der Sach mit allen Umständen gemäß war. Der Enkel selbst macht zu so ernsten Gesprächen ein bedenkliches Gesicht.

Bey allem dem aber möchten wir, da Sie sich selbst so reuig und bußfertig erzeigen, Ihnen das Allerbeste und Erfreulichste überliefern und zusenden, wenn die Kluft die uns trennt nicht gar zu groß und an manchem Guten hinderlich wäre. Nun aber nehmen Sie wenigstens die Versicherung, daß Ihr Andenken uns lieb und werth bleibt, und es im kleinen Kreis viel Freude erwecken wird, wenn Sie manchmal Nachricht von sich geben.

Gegenwärtiges, vor einiger Zeit geschrieben, bliebe wohl auch noch Posttage liegen, wenn nicht ein Hausfreund und für Sie ein Kriegsfreund bey uns durch nach Münster ginge. Da ich nun, ohne Ihnen durch irgend eine Auslösung meiner Gaben beschwerlich zu fallen, das neueste Heft meiner Meynungen und Grillen übersenden kann, so eile ich abzuschließen, einzupacken.

Alles Gute und Liebe wünschend.

[Weimar den 5. März 1820.][178]


32/153.


An Sulpiz Boisserée

Wenn eine Correspondenz von Zeit zu Zeit stockt, so ist es dagegen auch wieder gut wenn zuweilen die Briefe im Wechsel gehen, und soll auch dieser, ehe ich Nachricht von meinem letztabgesendeten erhalten, zu Ihnen unverzüglich wandern. Ich habe um Vergebung zu bitten, daß ich der freundlich übersendeten Schriften nicht erwähnte; mir geht so viel vor der Seele vobey, daß ich es nicht immer wieder auffassen kann gerade wenn ich's brauche. Herrn Jägers Werk, den ich schönstens zu grüßen bitte, kam mir bald nach dem Abdruck meines ersten Hefts Morphologie zu Handen, es steht durchschossen neben mir, manches ist bemerkt und nachgetragen, auch wird in meinem zweyten Heft desselben dankbar und ehrenvoll gedacht. Einige Erinnerungen nimmt mir der würdige Verfasser nicht übel; jeder hat seine Sinnesart und muß sehen, wie er sich durchhilft.

Auch das Jahrbuch hat mir viel Vergnügen gemacht, die Abbildung der Überschwemmung von Cannstatt ist mir deswegen auch sehr merkwürdig, weil sie einen anschaulichen Begriff giebt, wie es dort ausgesehen haben mag, als die Elephanten verschüttet wurden. Sobald das Frühjahr erlaubt sich mit dem kalten Geisten abzugeben, machen wir ein Schwänchen von fossilen Knochen zusammen und übersenden es,[179] in Hoffnung geneigter Erwiderung von Cannstätter Seltenheiten.

Ihre körperliche Beschwerden, mein Bester, bedauere mehr als meine eigenen. Die Jugend fordert freyen Gebrauch ihrer Glieder; nicht allein der Jüngling selbst macht Ansprüche an sich, die Welt läßt's auch daran nicht fehlen. Da man von uns Alten keinen Botengang mehr fordert; so verzeiht man, wenn wir bey'm Spazieren ein wenig hinken und säumen. Die mir mitgetheilten Durchzeichnungen und Umrisse sollen Freunden und Freundinnen nochmals als kostbare Schätze vorgewiesen und sodann alsobald abgesendet werden.

treulichst

Weimar den 6. März 1820.

Goethe.


32/154.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

setzen gefälligst Ihre Bemühungen nach meinem Wunsche fort, wofür ich den besten Dank abzustatten habe. In Gefolg des Bisherigen also ersuche ich zunächst um Folgendes.

Vor allem würde bitten, mich der Miß Dawe bestens zu empfehlen und für das so wohl gerathene Porträt des General Hill schönstens zu danken, und[180] dabey zu versichern daß die Anwesenheit ihres Herrn Bruders mir so angenehm-unterhaltend als aufregend und nützlich gewesen; ich freue mich deshalb auch der guten Meynung die sie von mir hegt, und erbitte mir die Fortdauer eines geneigten Andenkens.

Die Subscription auf die herauszugebenden Bildnisse bitte folgendermaßen zu besorgen:

vor der Schrift 7 Paare

nach der Schrift 15 Paare.

Wegen der Bezahlung werde mit dem Cassirer Ihro Königlichen Hoheit des Großherzogs das Nöthige verabreden, daß Sie solche aus der unterhabenden Casse leistet können. Sorgfältige Packung darf ich nicht empfehlen, so wie ich auch die Versicherung meiner aufrichtigsten Dankbarkeit nicht wiederhole.

Beyliegenden Brief bitte Herrn Dr. Noehden zukommen zu lassen und, wenn derselbe etwas an mich zu senden hätte, solches gefälligst zu übernehmen; nicht weniger dem Buchhändler Herrn Bohte gelegentlich zu danken. Die kleinen Kupfer zu Faust, welche derselbe in England bekannt machen will, sind wirklich geistreich und geben einen guten Begriff vom Charakter des Gedichtes.

Weimar [den 6.] März 1820.[181]


32/155.


An Georg Heinrich Noehden

Ew. Wohlgeboren

für das bezeigte Andenken verbindlichsten Dank abstattend, übersende sogleich die besprochene Zeichnung. Die beiden Seiten der Medaille, etwas näher zusammengerückt, werden entweder auf dem Titel oder über dem Anfange der Schrift nach gefälliger Wahl gute Wirkung thun und hoffe durch das Ganze unsern gnädigsten Herrn angenehm überrascht zu sehen. Eine gleiche Empfindung wird gewiß bey Ihro Kaiserlichen Hoheit zu erwarten seyn und ich unterließ deshalb wegen der Zuschrift eine vorläufige Anfrage.

Ich füge noch einige Notitzen hinzu, um einer gar artigen Nachbildung des Abendmahls in erhabner Arbeit und der Veranlassung unsere Medaille zu gedenken.

Indem ich nun das Übrige Ew. Wohlgeboren Einsicht und Thätigkeit mit Vergnügen überlasse, darf ich wohl versichern, daß in unserer kleinen Abendgesellschaft, welche immer noch ihren alten Fortgang hat, auch Ihrer öfters gedacht und Ihre freundliche und belehrende Gegenwart vermißt werde. Lassen Sie uns von Zeit zu Zeit vernehmen, wie Sie sich befinden und was Ihrem würdigen Kreise Neues und Bedeutendes sich hinzufügt, erlauben uns auch gelegentlich irgend eine Anfrage, damit das[182] frühere angenehme und nützliche Verhältniß auch in der Folge einer wünschenswerthen Dauer sich erfreue.

Mit den aufrichtigsten Wünschen

ergebenst

Weimar den 6. März 1820.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Als Zugabe gedenken wir einer kleinen, länglich viereckten Nachbildung des da Vinci'schen Abendmahls, in Metall ausgeprägt, 6 Zoll lang, 3 1/2 hoch, von Putinati in Mayland gegraben; jedermann wird sie mit Vergnügen betrachten. In den Köpfen der Apostel ist die Verschiedenheit des Charakters recht sehr gut ausgedrückt, und wer die traurigen Reste des Originals, alte Copien oder auch nur R. Morghens schönen Kupferstich in Gedächtniß behalten hat, erkennt hier die Züge jeder Figur wieder. Der perspectivische Grund, wie auch die übrigen reichen Nebenwerke sind mit großer Sorgfalt, ohne die Figuren zu benachtheiligen, ausgeführt.


Um nun zuletzt noch die Veranlassung der Medaille zu erklären, deren Abbildung wir gegeben, sagen wir Folgendes: Ihro Königliche Hoheit der Großherzog von Weimar wurden auf Ihro Reise in die Lombardey mit den Verdiensten des schon mit Tod abgegangenen Mahlers Bossi genau bekannt, sowohl in so fern er einige Composition und Arbeit geleistet, als[183] auch wie er sich bey Wiederherstellung des Abendmahls von Leonard da Vinci die größten und redlichsten Bemühungen gegeben. Sie verschafften daher Ihrer Residenz eine besondere Zierde, indem die eigenen Cartone Bossi's, nicht weniger die Durchzeichnungen verschiedener Copien des großen de Vinci'schen Bildes über die Alpen gebracht wurden, wovon wir oben umständlich Rechenschaft gegeben.

Hierdurch veranlaßt vereinigten sich mehrere mayländische Kunstfreunde und ließen durch den schon gerühmten Künstler Putinati eine Medaille schneiden, deren Abbildung unsere Leser kennen. Der Avers zeigt das wohlgetroffene Bildniß des Großherzogs von Weimar, die Kehrseite aber kleine, gegen einander gewendete Profilköpfe des Leonard da Vinci und des mehr genannten Bossi, mit beygeschriebenen Namen, am Rand umher die Worte: Italia salutata monumentis artium conquisitis patriaeque donatis, und unter den besagten Profilköpfen: Saxonia memor. MDCCCXVII.


32/156.


An Johann Jacob von Willemer

Madame Hollweg ist bey uns glücklich und freundlich angelangt, leider an einem Tage wo meine Kinder mit Hof- und Ballgeschichten dergestalt bedrängt waren, daß wir die treffliche Frau nur kurze Zeit bey uns sehen konnten. Es steht zu hoffen daß[184] sie bey ihrer Rückkehr das Betragen Freund Willemers nicht nachahmen werde.

Frau von Hollweg und meine Schwiegertochter, zwey sehr wohlerzogene Frauenzimmer, konnten ihre Neugierde nicht bergen, was in dem kleinen, mitgebrachten, saubern Paquetchen wohl erhalten seyn möchte; da ich aber solches in die Busentasche steckend an meinem Herzen verbarg, so beruhigten sie sich nur ungern und langsam.

Erst heute komme ich dazu schönstens dafür zu danken und durch den geflügelten Boten neue Aufträge zu wagen. Vielleicht finden die Freunde in dem beykommenden Hefte einige Unterhaltung, wenigstens sehen sie daraus womit wir uns in engem Kreise diesen Winter über beschäftigt.

Zelter schreibt mir so eben daß er einige Lieder des Divan componirt; sobald ich sie erhalte übersend ich sie. Der Westwind besonders hat stark auf ihn gewirkt und ich hoffe lieblichen Ausdruck. Sodann wünscht ich aber zu erfahren was die zarten Herzen am Mayn, dergleichen es dort doch wohl auch geben mag, sich für Lieder und Stellen ausgesucht. Aus dem nördlichen Deutschland sind mir zwar anonyme, aber sehr freundliche Worte zugekommen. Was ich diesen Winter im Stillen arbeite giebt vielleicht im Verlauf des nächsten Jahrs den Freunden einige nachdenkliche genußreiche Stunden. Lassen Sie uns indessen von Zeit zu Zeit liebevolle Worte wechseln.

[185] Grüßen Sie mir zum allerschönsten die Freundin die man sonst zutraulich Rosette zu nennen wagte. Möge sie im gegenwärtigen veränderten Zustande unserer immerfort freundlich theilnehmend gedenken. Frau Hollweg konnte mir nur wenig von Frankfurt berichten, sie blieb kaum so lange bey uns daß ein erstes Vertrauen sich einigermaßen hätte eröffnen, eine freye Gesprächigkeit hätte einleiten können.

treulichst, herzlichst

Weimar den 6. März 1820.

G.


32/157.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit, wenn nachstehende Personen noch nicht zu den Mitgliedern unserer Gesellschaft aufgenommen wären, Diplome auszufertigen und mir solche zuzusenden. Es sind ein paar Männer die sich unserer Wissenschaft redlich annehmen.

1) Christian Gottlob Laspe, Kaufmann zu Gera,

2) August Gotthelf Rein, Director des dasigen Gymnasii.

Beiden wird solche Auszeichnung gewiß sehr erfreulich seyn.

Mit den besten Wünschen

ergebenst

Weimar den 6. März 1820.

J. W. v. Goethe.[186]


32/158.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke zum schönsten für die Art und Weise wie Sie die Baumannische Unregelmäßigkeit in's Gleiche gebracht haben. Wie sehr ich dabey die am Schlusse des Briefes angedeutete künftige Verfahrungsart gegen diesen brauchbaren Menschen zu schätzen weiß, sehen Sie aus beykommendem Erlaß, den ich in gleichem Sinne verfaßt habe. Bey solchen jungen Leuten, die übrigens gutartig sind, ist das beste Mittel, sie anrennen zu lassen, und wenn sie sich und andere in Verlegenheit setzen, auf die Folgen der Insubordination hinzuweisen und ihnen väterlich herauszuhelfen.

Eine Verordnung an Rentamtmann Müller liegt bey.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

Weimar den 7. März 1820.


32/159.


An Ludwig Wilhelm Cramer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gratulire zu dem endlichen Abschluß Ihres Handels, wenn er auch gleich nicht ganz zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen. Lassen Sie sich nicht reuen daß[187] Ihnen ein Theil der Sammlung zurückgeblieben, wodurch Sie veranlaßt werden, abermals an eine neue zu denken, ohne die man nicht leben kann wenn man sie einmal gewohnt ist. Geben Sie mir Zeit bis man sich wieder in die kalten Steinzimmer begeben darf, und ich hoffe alsdann manches Angenehme und Wünschenswerthe übersenden zu können; obgleich nicht diejenigen Stücke, welche Sie benennen, da ich davon die wenigsten besitze und kenne, ob sie schon in unserer Nähe sich vorfinden sollen.

Die vom Herrn Minister von Fritsch erhaltenen zwey Schächtelchen darf ich mir wohl zuschreiben.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

Weimar den 7. März 1820.


32/160.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

erhalten hiebey die angekündigte Wiener Sendung:

1) Nachrichten von den K. Österreichischen Naturforschern in Brasilien.

2) Über den Gingo, von Freyherrn von Jacquin. Ich weiß nicht ob nicht eine solche Pflanze schon in Belvedere im Conservatorium steht, wo sie, an sonniger Stelle, trefflich fortkommen und in gewissen Jahren auch wohl blühen müßte. Die Blätter des[188] Baums haben das Einige, daß sie sich in jüngeren Jahren in der Gestalt zeigen wie sie Jacquin hat abbilden lassen, wo ein Einschnitt in dem Fächer kaum angedeutet ist. Dieser Einschnitt aber nimmt an späteren Zweigen zu, wie an beiden Blättern unter dem dadurch veranlaßten Gedicht zu sehen, und zwar endlich dergestalt, daß es zwey Blätter zu seyn scheinen.

3) Die angekommenen Osteologica habe ich nicht auszupacken fortgefahren, es sind alles Gehörwerkzeuge der Vögel, wie ein beykommendes. Auf diese Unterscheide aufmerksam zu seyn gehört freylich ein besonders Interesse.

4) Ankündigung einer Darstellung deutscher Brombeer-Arten mit Kupfern, von Bonn angelangt, liegt gleichfalls bey. Nees von Esenbeck ist mit seinen Gehülfen sehr thätig, allein es will doch scheinen, als wenn er kämpfen habe.

5) Dankbar erwähne sodann der Mittheilung der Johanna von Orleans; wobey jedoch gestehen muß, daß die Lecture wirklich sinnezerstörend ist. Das wundersam überirdisch Erfreuliche des Anfangs und das irdisch absurdest Grausamste des Endes verwirrt Gefühl und Einbildungskraft ganz und gar.

Weimar den 10. März 1820.[189]


32/161.


An Carl Wilhelm Constantin Stichling

Ew Wohlgeboren

sende die schon allzulang behaltene Bibliotheksrechnung hiedurch dankbarlichst wieder. Ich habe eine Abschrift zu meinen Acten genommen um das Detail derselben jederzeit vor Augen zu haben; über einiges zunächst zu Verfügende hoffe bald das Weitere zu besprechen.

Mich angelegentlichst empfehlend

ergebenst

Weimar den 11. März 1820.

J. W. v. Goethe.


32/162.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

nehmen vielleicht Gelegenheit von diesem Herrn Director von Schreibers eingesendeten Exemplar einiges Freundliche über die Unternehmung sagen zu lassen, welches um so wünschenswerther ist, als ihm von Jena aus laut pag. 188 und 189 höchst Erfreuliches widerfahren.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

ergebenst

Wiemar den 11. März 1820.

Goethe.[190]


32/163.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Von Ew. Hochwohlgeboren erhalte niemals Brief oder Sendung, ohne daß ich mich Ihnen zur Seite wünsche; diese Sehnsucht vermehrt sich nur, seitdem ich Herrn d'Alton als Ihren Arbeitsgenossen weiß. Gegenwärtig müßte man seyn und zusammenwirken, wenn sich etwas Fröhliches entwickeln sollte.

Was die geologischen Zeichnungen betrifft, wüßte ich nicht wie sie verkleinert oder im Auszug benutzt werden könnten, da ihr ganzer Werth in der Charakterristik besteht, die nur in einem großen Format und Zusammenhang der Massen darzustellen ist; auch bin ich so entfernt von diesem Studium daß ich es kaum wieder aufzunehmen wüßte. Selbst der Zeitsinn ist der Art und Weise nicht günstig wie ich diese Gegenstände gefaßt, eben so wenig als der Absicht weshalb ich sie dargestellt habe.

Unser guter Heim ließ Fichtelgebirg und Thüringen Wald, Petersberg und Harz vom Himmel fallen, dem Vulkanisten war und ist es etwas Leichtes dergleichen Massen aus der Tiefe herauszubefördern. Was mag in beiden Fällen nicht durch einander gepurzelt seyn; und wer möchte sich mit einer solchen Polterkammer nur noch abgeben? Manchmal denk ich an ein Vermächtniß das ich Ihnen, zu beliebiger Geheimhaltung, hinterlassen möchte.

[191] Astersamen folgt mit der fahrenden Post; beygefügt ist noch eine Partie der sogenannten schwarzen Trüffeln, zur chemischen Küche, da sie aus der häuslichen verbannt sind.

Die Disseration Ihres Herrn Bruders, die Anzeige des Brombeer-Werkes, die Handschrift des ehemaligen Präfecten, alles habe wohl erhalten, benutze und verwahre es mit Dank.

Nächstens erhalten Sie ein zweytes Heft Morphologie pp., ein wahrhaft posthumes Werk; beleben Sie es durch Theilnahme.

Jetzt noch eine Anfrage an den Mykologen. In den Campagnen, denen ich beygewohnt, sah ich mehrmals ganze Brotlieferungen, die, wie der Laib aufgeschnitten wurde, hohle Räume zwischen Kruste und Krume zeigten und letztere sich bald spangrün, dann auch wieder organfarbig angeschimmelt fand. Man schrieb es einem allzu wässrigen Teig zu, den man, um an Gewicht zu gewinnen, zum Brot genommen habe. An welchem Wurzelzweig der übersendeten Tafel habe ich dieß Phänomen zu suchen?

Könnten Sie mir ein Exemplar Thanatophyton Croci verschaffen? es interessirt mich diese Erscheinung gar sehr.

Schließen darf ich übrigens nicht, ohne zu versichern daß ich mich in meinem Nachlaß von Zeichnungen und Aufsätzen redlich umgesehen, jedoch nichts finde was augenblicklich communicabel wäre, um in[192] Ihre Acten aufgenommen zu werden. Es zeigt sich abermals, was ich längst weiß, daß ich immer zu weit ausgeholt und den Erwerb auf halbem Wege habe stehen lassen, deswegen mir andere zuvorgekommen sind, welches mich nicht verdrießt, nur betrübt, wenn ich meinen Freunden nicht nützlich seyn kann.

Neigung und Theilnahme!

W. d. 12. März 1820.

G.


32/164.


An Christian Wilhelm Schweitzer

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

sende dankbar den Lenzischen Katalog zurück, füge bey das Gutachten des Bibliothekars und meine unvorgreifliche Meynung, zu geneigter Beurtheilung und Beförderung.

Bey dieser Gelegenheit erhalte mich nicht einer Anfrage, ob es gefällig wäre, diese Woche mir eine Morgenstunde zu schenken? die ich alle, Donnerstags ausgenommen, frey habe. Ich wünsche einige bedeutende Zeichnung vorzuweisen, die sich auf die Boisserée'sche Sammlung beziehen und die ich diesen Freunden nächstens zurücksende. Eine kurze vorläufige Anzeige erbittend.

Weimar den 13. März 1820.[193]


32/165.


An das Großherzoglich SächsischeOberconsistorium

[Concept.]

Ihro Königliche Hoheit, unser gnädigster Herr, haben auf den Antrag des Großherzoglichen Ober-Consistorii geruht, die weitere Fürsorge für die einigermaßen unscheinbar gewordenen Kirchbilder unterzeichneter Behörde zu übertragen. Aus angefügtem copeylichen Aufsatze ist nun zu ersehen was Herr Hofrath Meyer auf eine an denselben gerichttete Anfrage gutachtlich erwidert. Wie man denn hiedurch den Wünschen des Großherzoglichen Ober-Consistorii entgegen zu kommen glaubt, so ersucht man dasselbe hiedurch freundlichst, die nöthigen Befehle zu ertheilen und solche Anordnungen zu treffen, daß gedachter geschätzte Künstler, bey guter Jahrszeit die Bilder aufzufrischen vornehmend, die nothwendigen Vorrichtungen und erforderliche Beyhülfe antreffe, nicht weniger den geringen Aufwand ersetzt erhalte. Wie man denn, die mitgetheilten Acten hiebey remittirend, für das Geschäft einen glücklichen Ausgang hoffen kann.

Weimar den 14. März 1820.

Großherzoglich Säch

sische Ober-Aufsicht.[194]


32/166.


An Gräfin Josephine O'Donell

Auf Ihren lieben Brief, verehrte, theuere Freundinn, dachte ich recht umständlich zu antworten, indeß ich von Kupferstichen und Steindrücken was Ihnen Freude machen könnte zusammensuchte. Jetzt aber meldet man mir einen abgehenden Courier, dem ich lieber ohne viele Worte diese Blätter mitgebe. Ihres Andenckens, meine Beste, halt ich mich gewiß und doch war das Blatt von Ihrer Hand mir doppelt und dreyfach angenehm; auch ich lebe in Erinnerungen und da kennen Sie die unauslöschlichen. Ihrer Wincke und Wünsche treulich eingedenck, dießmal das herzlichste Lebewohl!

Weimar d. 15. März 1820.

Goethe.


32/167.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Daß vor einigen Tagen das Kästchen mit den willkommenen Präparaten angelangt, vermelde durch einen Courier, dessen Abgang mir so eben angezeigt wird; Ihro Königliche Hoheit schreiben selbst, doch zeige an daß Höchstdieselben vor einiger Zeit mir aufgetragen Erkundigung einzuziehen, ob in Wien etwas verlautet von Beleuchtung des Theaters vermittelst einer Glaskugel,[195] welches in Neapel soll geschehen seyn. Man wünschte freylich hierüber das Nähere zu wissen, da bey uns nur das Allgemeinere bekannt geworden. Zu einiger Erwiderung des angenehm Gesendeten lege ein morphologisches Heft bey, worin ältere, vielleicht veraltete Aufsätze von mir abgedruckt worden. Möchten Ew. Hochwohlgeboren wenigstens Blätter darinne, die unseren schuldigen Dank öffentlich ausdrücken, geneigte aufnehmen.

Mich zu Neigung und Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 15. März 1820.


32/168.


An Johann Georg Lenz

Von einem Mineralienhändler von Marienberg, namens Müller, ist eine Stufe blaues Bleyerz angeboten worden, deren Größe hiebey gezeichnet ist.


1820

Er verlangt 50 Thaler dafür. Bey dem so hohen Preise ist nicht ausgesprochen, ob sie derb oder crystallisirt[196] oder wie sonst beschaffen sey. Ew. Wohlgeboren ersuche daher um Antwort auf folgende Fragen:

1) ob Sie eine Blau-Bleyerzstufe im Kabinett besitzen;

2) wünscht ich die Größe und sonstige nähere Bestimmung zu erfahren;

3) glaube ich nicht daß man sich auf einem solchen Handel einlassen dürfe, weil der Preis allzu groß und von unserer Etatsumme zu viel aufgewendet würde.

4) Dagegen frage doch an: ob man nicht etwa interloquiren, die nähere Bestimmung, ob sie crystallisirt sey, verlangen und allenfalls den Besitzer um eine Zeichnung ersuchen solle.

Hierüber erbitte mir Ew. Wohlgeboren Sentiment und werde alsdenn das Weitere besorgen.

ergebenst

Weimar den 19. März 1820.

Goethe.


32/169.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

In Gefolg unseres vorgestrigen Gespräches erhalten Sie, werthester Herr Professor, gegenwärtiges Blatt, welches ich ungern verfasse, da es die Veränderung Ihres bisherigen Wohnortes zum Zwecke haben soll. Wenn aber auf irgend eine Empfehlung von meiner Seite auswärts einige gute Wirkung erfolgen könnte;[197] so möchte die Darstellung unserer mehrjährigen Verhältnisse hiezu die beste Veranlassung geben.

Als Sie in Jena [1803] aus Italien zurückkehrten, faßte ich sogleich einen günstigen Begriff von Ihrer Persönlichkeit und Kenntnissen, entbot Ihnen eine Stelle unter meinen Hausgenossen, mit dem Wunsch, daß Sie an der Bildung meines Sohns Theil nehmen möchten; welches Sie denn auch fleißig und treulich, durch gut- und böse Tage durchgeführt.

Da nun der erwachsene Sohn auf Akademien zog, verweilten Sie bey mir und nahmen an allen meinen Bemühungen für Kunst, Wissenschaft, Natur und Alterthum den thätigsten Antheil und überzeugten mich zugleich von bedeutenden Fortschritten in Ihrem eigenthümlichen Fache.

Eine Stelle bey unserem Gymnasium eröffnete sich und ich opferte meinen Vortheil gern der allgemeineren Bildung und Ihrer verdienten Anstellung auf; wie ich denn zugleich bey der Großherzoglichen Bibliothek Sie noch immer unter den Meinige fand. Die Ausgaben Ihres Lexikons zeugen von dem fortgesetzten entschiedenen Fleiße, so wie die bey dieser Gelegenheit geäußerten Grundmaximen und die daher abzuleitende leichtere Unterrichts-Methode fähigen Schülern zu großem Vortheil gereichte. Auch mir waren bis jetzt Ihre neusten Bestrebungen höchst nützlich und erfreulich, um so mehr, als durch ein langes Zusammenleben unsere Ansichten über ästhetische[198] und wissenschaftliche Behandlung der Vorkommnisse zu völliger Übereinstimmung gedeihen. Mein Sohn ist indessen zu allem Guten und Tüchtigen herangewachsen und seine Unterhaltung deutet unablässig auf Ihren Unterricht, wodurch er dem Alterthum Geschmack und Sinn abgewonnen.

Wenn ich nun gerade in gegenwärtigen Augenblick durch zusammentreffende Umstände einer solchen fruchtbaren Geselligkeit entbehren soll, in einem Alter, wo man sich geprüfter Freunde zu erfreuen wünscht, kaum aber noch neue in seinem Kreis aufzunehmen wagt; so muß ich abermals Ihres eigenen Vortheils und irgend einer vaterländischen Lehranstalt gedenken, wo Sie schon vorbereiteten und gebildeten Schülern in einem höhern Sinne nützlich zu seyn wünschen, als es bisher an einer Stelle möglich war, wo nur von Anfängern meistens die Rede seyn konnte.

Fasse ich eine solche Betrachtung recht in's Auge, so wird es mir denn leichter meinem eigenen Vortheil zu entsagen und Ihren auf einer neuen Laufbahn alles denkbare Glück zu wünschen.

Weimar d. 19. März 1820.


32/170.


An Friedrich Alexander Bran

[Concept.]

Anstatt Ew. Wohlgeboren den ersten Theil der Mémoires de Condé mit Dank zu übersenden, frage[199] vielmehr freundlich an: ob Sie mir nicht den zweyten Band nochmals zuschicken, ja mir vielmehr das Werk selbst gegen die Gebühr überlassen wollten: Text und Beylagen sind interessant, mit den Facsimiles würde meine Handschriftsammlung vermehrt.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 22. März 1820.


32/171.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

hatten die Gefälligkeit mir von Gera einige angenehme Mineralien mitzubringen, besonders war die Rauhwacke, worin der Schaumspath so schön crystallirt zu seyn ist, mir höchst erwünscht; leider mußt ich bey näherer Betrachtung der Stufe bemerken, daß die freystehenden Crystalle sämmtlich abgerieben und zerstört waren, wie solches an einem so zarten Mineral bey'm Transport sehr leicht geschehen kann.

Wollten nur die dortigen Freunde noch ein ähnliches Stück an mich wenden; so würde ich es dankbar erkennen, aber zugleich bitten, bey Versendung die Stufe mit dem flachen Theil auf dem Boden einer proportionirten Schachtel mit Tischerleim aufzuleimen, durch welche Art die zartesten anstehenden Crystalle der Stufen vollkommen erhalten werden.

Weimar den 23. März 1820.[200]


32/172.


An Carl Friedrich Zelter

Die Memorabilien deiner Sommerreisen waren mir so werth daß ich dachte sie müßten dich auch wieder erfreuen; denn wenn du auch ein recht ordentliches Tagebuch hieltest, so würde das doch gerade in dem Augenblick nicht so reflexiv und mittheilend gewesen seyn. Deswegen nimm es hier wieder und vergieb die allenfallsingen Schreibfehler, die ich zu tilgen übersah.

Er erfolgt zugleich auch ein neues Heft Kunst und Alterthum, wobey wohl einige Artikel dir zu Sinne gehen mögen. Ich gehe in allem sachte fort, was mich von jeher interessirte, ridigire, sondere, erhalte, was nur gehen will, rufe manches aus den letheischen Überschwemmungen des Lebens wieder herauf und benutze so jede Stunde, die einigermaßen behaglich ist. Sonst lebe ich in der entschiedensten Abgeschiedenheit und erwarte den nächsten Frühlingshauch, um nach Carlsbad zu gehen, dessen spätem Gebrauch ich einen leidlichen Winter verdanke. Und hiermit lebe wohl bis auf weiteres.

Weimar den 23. März 1820.

G.


32/173.


An die Gebrüder Will

[Concept.]

Nachdem ich entschlossen bin zu Ende April nach Carlsbad in die Cur zu reisen; so ersuche die Herren[201] Gebrüder Will in Schweinfurth, Einen Eimer meines gewöhnlichen Tischweins an Madame Heilinggötter in den drey Mohren zu adressiren, und diese Sendung durch Gegenwärtiges als Wein für einen Curgast bestimmt zu bezeichnen und zu legitimiren.

Weimar den 24. März 1820.


32/174.


An Frau Heilinggötter

[Concept.]

Nach Ihrem Wunsch, meine werthe Frau Heilinggötter, vermelde durch Gegenwärtiges, daß ich zu Ende April bey Ihnen einzutreffen und vier Wochen lang zu bleiben hoffe. Auch habe ich einen Eimer Würzburger Wein bestellt welchen, wie er ankommt, aufzunehmen und wohl zu verwahren bitte. Sollte einige Auslage nöthig seyn, so werde solche mit Dank bey meiner Ankunft erstatten.

Der ich recht wohl zu leben und Sie mit den werthen Ihrigen in guter Gesundheit anzutreffen wünsche.

Weimar den 24. März 1820.


32/175.


An Friedrich Alexander Bran

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Andeutung vom 19. Januar gemäß nehme aus denen neuangekommenen englischen Büchern zwey heraus:[202]

1) Buckhardt's Travels in Nubia in 40.

2) Modern Voyages and Travels Vol. IInd No. 6 in 40.

welche hiebey übersende.

Ein drittes, Macculloch's Western Islands of Scotland T. I. IInd, 2 Vol. in 80, ist beynahe ausschließlich der Geologie gewidmet; finde ich aber, wie es mir bey'm Durchlaufen scheint, daß zu Ihren Zwecken wenn auch nur wenigstens abfällt, so steht es gleichfalls zu Diensten.

Aus der weimarischen Bibliothekscasse erhalten Ew. Wohlgeboren die 5 rh. Sächsisch für Condé.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 25. März 1820.


32/176.


An Sulpiz Boisserée

Ihr freundliches Schreiben vom 13. März befördert die in Stocken gerathene Sendung. Mit der fahrenden Post geht in diesen Tagen ab:

1) Hauptzeichnung der drey Könige von Hemmling.

2) Albrecht Dürers Grablegung.

3) Kreuzigung, Mabuse.

4) Veronica, Durchzeichnung.

5) St. Johannes Abschied, Durchzeichnung.

Weil alles ohnehin reinlich auf einander reinlich auf einander paßt, so habe ich kein Zwischenpapier gelegt, da solches oft ein ungleiches Rollen verursacht.

[203] Die kleinern Durchzeichnungen folgen auch auf einer besondern Rolle.

Noch vor der Absendung habe ich mich mit Freunden daran geletzt und Ihnen zum Besitz der Originale doppelt und dreyfach Glück gewünscht.

Sollten Sie Gelegenheit finden mir kleinere Gruppen aus Ihren Bildern zeichnen zu lassen, die in meine bescheidene Sammlung paßten; so würde ich solche mit Dank erkennen, z.B. die Gruppe der Rückkehr der drey Könige, die Bildchen unter der Kreuzigung von Mabuse pp.

Wie schön wäre es wenn diese Männer bey ihren großen Talenten auch in Kupfer gestochen hätten, wie es Lucas von Leyden zu thun gefiel, so könnte jedermann nach soviel hundert Jahren gerade vor sie treten und sich von ihren Verdienst überzeugen.

Habe ich Ihnen nicht schon gesagt, daß mir ein uralter Wunsch erfüllt worden: einen ganz vortrefflichen Abdruck vom Tod der Maria von Martin Schön zu erlangen? Wie an Ihren unversehrten Bildern von Hemmling pp., so auch an einem echten Abdruck der älteren Kupferstecher lernt man erst das gränzenlose Verdienst der charakteristischen Deutlichkeit und Ausführung dieser Meister kennen.

Die Behandlung bey'm Bearbeiten der alten Übersetzung des Manuscripts der heiligen drey Könige billige ich vollkommen; es gehört Geschmack und Sinn dazu um dergleichen ohne Pedanterey und Neologie[204] wieder an den Tag zu bringen. – Ich sende zu diesem Zweck mein Original, mit der inständigen Bitte: die größte Sorgfalt dafür zu hegen; es hat für mich einen gar vielfachen Werth.

Da ich diesen Winter in entschiedenster Einsamkeit lebe und nur mit wenigen Freunden conferire; so ist mir höchst angenehm, wenn das von uns ausgeht auch Ihnen Freude und Belebung bringt. Ist Ihnen Don Juan von Byron schon begegnet? Dieses Gedicht ist verrückter und grandioser als seine übrigen. Immer dieselben Gegenstände, aber mit höchstem Talent und Meisterschaft behandelt. Wäre er ein Mahler, so würde man seine Bilder mit Gold aufwiegen. Jetzt gehören seine Bände jedermann und da kommt nun allzu deutlich zum Vorschein was Sie so treffend aussprechen. Und wie er durch ewige Wiederholung unsern Antheil ermüdet, so ermüdet er zuletzt auch die Bewunderung.

Die Medaillen, von denen Sie mir schreiben, will ich mir zu verschaffen suchen. Aus Wiesbaden verschafft mir die eine wohl der wunderliche, mir nicht ganz erklärliche Dorow. Er hat mir einen Schwefelabguß eines persischen cylindrischen Talismans gesendet, den er auch in seinen morgenländischen Alterthümer abgebildet und commentirt hat. Wenn man jene Zeit und Weise gelten läßt, so muß man auch dieses Werk in's Besondere für bedeutend und fürtrefflich halten. Das Lobenswürdige daran erscheint[205] freylich nicht in der Nachbildung, wo für lauter Detail gar nichts zur Anschauung kommt.

Wo ich mich mit unsrem vortrefflichen Dannecker, den Sie bestens grüßen werden, diesen Sommer zusammenfinde, müssen wir den Gestirnen überlassen. Ich will vor allen Dingen suchen von Carlsbad zurückzukehren, alsdann wird sich ja wohl das Weitere ergeben.

Mit der Rolle das Mehrere.

treulichst

Weimar den 23. März 1820.

Goethe.


Fortsetzung.


Daß Sie die Surrogate ablehnen, kann ich nicht schelten, wir wollen also die Originale zu erhalten suchen.

Sie haben indeß eine größere Expedition vor, wozu ich alles Glück wünsche und gar nicht läugne, daß Ihre Pilotenthätigkeit und Aufmerksamkeit mir sehr respectabel sey. Die Complication Ihrer Zustände erfordert eine rühige Consequenz die man kaum immer von sich fordern kann.

Nach Ihrem Domwerk sehne ich mich recht sehr; denn in so fern ich sagen kann, daß ich dieß unschätzbare Gebäude zu ehren weiß, erscheint mir doch alles übrige dieser Art nur als ein allenfalls löbliches Nachbild.

[206] Möge sich Ihre Gesundheit zur vorhabenden Reise und auf derselben befestigen und stärken; eh ich von hier abgehe, hören Sie von mir und ich wohl von Ihnen.

Weimar den 23. März 1820.

G.


Meine Hauptsendung wird ganz unvermuthet auf gehalten; ich mußte wohlgenähte Wachstuch-Rolle wieder aufschneiden, da gerade erst in diesen Tagen die Notitz von den schätzbaren Zeichnungen durch einen Umweg gelangt und ich also veranlaßt werde sie auch hier vorzuzeigen. Deshalb folgt die kleinere Rolle zuerst, die größere folgt bald nach.

Mit den besten Wünschen und Grüßen

Weimar den 26. März 1820.

G.


32/177.


An Georg Wilhelm von Wedekind

[Concept.]

[26. März 1820.]

Ew. Hochwohlgeboren

sehr angenehme Sendung erinnert mich lebhaft an die so wichtige Epoche des vorigen Jahrs, wo mich meine theuern Landsleute durch eine herrlich und weit verbreitete Geburtstagsfeyer überraschten. Und da will ich denn gern gestehen daß die ersten Nachrichten jener so ehrenvohhen Festlichkeiten, die mich böhmischen Einsamkeit aufsuchen, mir einige Apprehension[207] gegeben und ich deshalb auszusprechenden Dank nur scheu und unsicher entrichtete, da man nicht gewiß ist, ob der Mensch ein solches Glück, gesetzt auch es wäre verdient, wirklich ertragen könne.

Nun aber, da ich mich hierüber beruhigt, mir die Neigung meiner theuren Landsleute, den ehrenvoll dargerichten Kranz näher zugeeignet, weiß ich dieß alles nicht besser noch treuer zu erwidern, als wenn ich die gegönnte Zeit zu Erhaltung und Ausbildung früher Arbeiten verwende.

In einer solchen Thätigkeit findet mich Ew. Hochwohlgeboren Schreiben, das mir die Feyer eines brüderlichen Festes, wovon mich nur allgemeine Kenntniß berührte, mit allen seinen bedeutenden Einzelheiten verkündigt. Diese Mittheilung gewährt mir ein schönes, heiteres Nachfest, dessen Genuß durch das Andenken vorhergehender Zustände nur desto reiner und entschiedener wird.

Mögen Sie den verehrten Brüdern meinen aufrichtigsten Dank aussprechen, den ich im Stillen oft zu wiederholen Ursache haben werde, da ich das mir anvertraute Büchlein mit meinem Sohn, den ich auch Ihren heiligen Hallen zugeführt, durchlese und durchspreche. Möge er Ihnen, wenn er dereinst anklopfen sollte, persönlich empfohlen seyn.

Erlauben Sie daß ich einige Blätter beylege, die ich als Mittel benutze, um ein Zeichen lebendigen Erwiderns soviel umher vertheilten, besonders jungen[208] Freunden, einigermaßen auszusprechen. Mögen Sie daher den jüngeren Gliedern unsres Bundes diese Zielen als Dank und Aufmunterung hingeben, den vollendeten Meistern dagegen und sich selbst mich zum freundlichsten Andenken empfehlen.

Weimar den 25. März 1820.


32/178.


An Johann Friedrich Blumenbach

Wenn ich zurücksehe, was wir seit 1790, als in welchem Jahre ich das erste Heft Ihrer köstlichen Schädelsammlung erhielt, Ew. Wohlgeboren wie überhaupt so auch in diesem Fache schuldig geworden, wenn ich die letzte, reiche, trefflichst ausgestattete und künstlerisch ausgeführte Sendung betrachte; so freue ich mich einer Zeit, die solche Genossen erweckte und sie so lange neben einander und mit einander wirken ließ. Meine Dankbarkeit so wie die meines Sohns kann sich nicht vermindert, in beiden wirkt der Anstoß fort, der uns, persönlich, in Schriften und Briefen, aufgeregt und gefördert hat; wobey unsere größte Freude bleibt, daß alle Ihre Schüler und Mitarbeiter von gleichem Sinne durchdrungen sind. Mögen wir uns noch manche Tage eines wechselseitigen Andenkens und Theilnehmens erfreuen.

treulich verpflichtet

Weimar den 27. März 1820.

J. W. v. Goethe.[209]


32/179.


An Gaëtano Cattaneo

[Concept.]

[28. März 1820.]

Mein Herr!

Den schuldigen Dank für das übersendete Trauerspiel il Conte Carmagnola darf ich nicht länger verschieben, ob ich gleich gegenwärtig nur im Allgemein darüber sprechen kann. Herrn Manzoni habe ich an seinen Inni sacri schon als einen gebornen Poeten erkannt und ihn als einen solchen auch meinen Landsleuten gerühmt; in gegenwärtigem Trauerspiel bewährt er sich ebenmäßig als originellen Dichter, sein Vaterland hat sich noch viel von ihm zu versprechen.

Daß er die Einheit der Zeit und des Ortes nicht streng beobachtet, kann von uns Deutschen nicht getadelt werden, da wir seit langen Jahren der Überzeugung sind, die er in seiner Vorrede freymüthig ausspricht. Daß er dagegen die dritte Einheit als die unerläßliche, die der Handlung und des Interesses, stets vor Augen gehabt und uns von Anfang bis zu Ende immer in gleicher Theilnahme erhält, verdient allen Beyfall.

Wäre er nun mein Landsmann, so würde ich weiter gehen, um von der Ökonomie des Stücks zu sprechen und zu entwickeln: in wie fern er, die alten Regeln verschmähend, sich selbst neue gegeben hat. Eine solche Entwicklung aber hat ihre Schwierigkeiten,[210] besonders bey Werken einer fremden Literatur; denn unser Urtheil gründet sich immer auf eine gewisse Theorie, mit der nicht einmal alle unsere eigene Landsleute, geschweigen denn fremde Nationen übereinstimmen.

Sobald ich jedoch einigermaßen Raum finde, verfehle gewiß nicht, die Deutschen von den Verdiensten des Herrn Manzoni und dessen neustem Trauerspiele zu Unterhalten.

Wenn Sie die Gefälligkeit haben, mit älteren Medaillen so wie mit den neuesten meine Sammlung zu vermehren; so werde jederzeit die Auslagen dafür durch Herrn Mylius dankbar ungesäumt dagegen erstatten. Mögen Sie mich dem werthen Paare abermals empfehlen und mich eines ferneren Andenkens und mancher interessanter Mittheilung werth achten.

Weimar den 5. März 1820.


32/180.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

erlauben heute einen unterthänigsten Vortrag mannichfaltigen Inhalts.

1) Bekenne gern daß die Lehre von ungleich vertheilter Wärme auf dem Erdboden zu Erklärung mancher Phänomene die Hand günstig bietet, und[211] es wird deshalb sehr räthlich seyn von allen Orten und Enden, zu jeder Jahreszeit Erfahrungen einzuziehen.

2) Nees von Esenbeck legt seinen neuen Katalog zu Füßen und fügt hinzu: »Vielleicht daß Ihro Hoheit, die eine so reiche Beysteuer in den Gründungsstock geworfen haben, gefiele: eine oder die andere Pflanze heraus zu wählen, die ich entweder zur Stelle heraus zu wählen, die ich entweder zur Stelle oder doch sobald ich sie in Vermehrung habe unterthänigst übersenden werde«.

3) Sollte er noch kein Exemplar des Belvedere'schen Katalogs erhalten haben, so erbitte mir eins, und vielleicht noch einige für andere Freunde.

4) Baurauth Steiner hat die Angelegenheit des Belvedere'schen Pavillons dergestellt vorbereitet, daß in einigen Tagen die Sache Ew. Königlichen Hoheit zu endlicher Entscheidung wird vorgelegt werden können.

5) Einen Brief an Cattaneo hoffe ich diese Tage zu Stande zu bringen; es ist eine schwere Aufgabe. Die guten Romantiker, wozu dieser Freund auch gehört, verlangen, genau besehen, kein Urtheil, sondern unbedingtes Lob, womit sie sich gegen ihre Widersacher verstärken können. Der Verfasser des Trauerspiels hat Talent, das Stück selbst Verdienst; dieß aber zu entwickeln ist eine schwere Arbeit, die ich nicht übernehmen kann, besonders da man damit gewiß keinen Dank verdient. Ich werde mich daher mit einigen guten Worten aus der Sache zu ziehen suchen.

[212] 6) Die letzte englische Sendung war sehr bedeutend, Rubien und die Antillen sind an ihre Bestimmung abgegangen. Maccullochs Westliche Inseln studire mit großem Antheil. Merkwürdig und angenehm ist es für uns alte Neptunisten daß das Wort Vulkan, vulkanisch im Buche gar nicht vorkommt und die gränzenlosen Basalte auf gut Wenerisch zur Trappformation gerechnet werden.

Möge Höchstdenenselben im eintretenden Frühjahre alles zu Lust und Freude gedeihen.

Weimar den 28. März 1820.


32/181.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

werden mich abermals verbinden durch gefällige Nachricht von den Resultaten der Dresder Auction des Herrn Bischof Schneider; ein mitinteressirter Freund hegt denselben Wunsch. Auch könnte ich sogleich durch die Herrn Frege und Comp. den allenfallsigen Betrag erstatten.

Der mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar den 29. März 1820.[213]


32/182.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Erbgrosherzoginn,

gnädigste Großfürstinn und Frau,

Da die jugendliche Entwicklungs-Krankheit sich bey unserm Kleinen sehr günstig anlässt, so hatte ich weder Sorge noch Betrübniss diese Zeit her als daß ich voraussah ich würde der Gegenwart meiner threuen und verehrten fürstlichen jungen Freude auf einige Zeit entbehren müssen.

Ew. Kayserl. Hoheit trösten und beruhigen mich deshalb zum allerschönsten indem Sie mir eigenhändig die Fortdauer höchster Gunst und Gnade zu versichern geruchen. Dieses Blat verwahr' ich als werthes Pfand und soll mir solches nicht aus den Augen kommen bis ich das Glück habe durch heitere günstige Blicke meiner sehnsuchtsvoll erwarteten Donnerstags-Gäste wieder völlig belebt zu werden.

Verehrend

unterthänigst

Weimar d. 29. März 1820.

J. W. v. Goethe.


32/183.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

darf heute meinen stillen Wunsch bekennen, zu Ende des nächsten Monats meine dießjährige Reise[214] nach Carlsbad antreten zu dürfen. Ehe die große Menge sich dort versammelt, möcht ich schon wieder zu Hause angelangt seyn.

Von den jenaischen Bibliothek darf ich wohl für dieses Jahre das Beste versprechen. Vulpius schreibt von dort: »Es hat mich recht gefreut, daß sämmtliche hiesige Bibliotheks-Verwandte mir mit wahrer Freude entgegen kommen, als sey alles nun vollständiger, seit ich da bin. Sie haben auch recht brav gearbeitet.« So sind also durch einige Jahre zweckmäßiger gemeinsamer Thätigkeit schon alle Apprehensionen und alle Stockung gehoben.

Da die höchsten Herrn Erhalter den projectirten äußeren Bau zu verschieben geruht, kann man alle Kräfte nach innen wenden; der untere Hauptsaal, durch Abgraben in's Trockene gelegt, sollte dieses Jahr eine freundliche Einrichtung erhalten, um Theologie und Jurisprudenz ausschließlich aufzunehmen; bis in den Juni wird schon manches zur ergötzlichen Erscheinung gelangt seyn.

3) Möge beykommendes Heft einiges enthalten das nicht mißfällig wäre; es giebt wenigstens Zeugniß früher und ununterbrochener wissenschaftlicher Thätigkeit.

4) Namentlich wüßt ich noch zwey Freunde anzugeben, welchen ich den Belvedere'schen Katalog zu übersenden wünschte, Professor Schelver in Heidelberg und Hofrath Jäger in Stuttgart; ich weiß nicht ob[215] Höchstdenenselben dieses Mannes höchst verdienstliches Buch über die Mißbildung der Pflanzen bekannt ist. Vielleicht ist es erlaubt, ein Exemplar mit nach Carlsbad zu nehmen wo sich gewöhnlich mehrere Liebhaber der Natur zusammenfinden.

[Weimar den 30. März 1820.]


32/184.


An Carl Friedrich Zelter

Beykommendes Heft mag ich gern gleich fortschicken und ich will es nicht ohne Wort und Gruß versenden. Ich hoffe daß einiges auf diesen Bogen dir gemüthlich seyn und dich anregen solle, es in deine Kunstsprache zu übersetzen: denn das wohlgesehene Besondere kann immer für ein Allgemeines gelten. Ich benutze die Zeit so gut ich kann, arbeite vor zu einem Bändchen aus meinem Leben, zu einem fernern Heft von Kunst und Alterthum, so wie zur Naturwissenschaft; dadurch find ich eine so nöthige als nützliche Abwechselung, ohne mich zu zerstreuen, und es bleibt doch zuletzt von den tausenderlei Gedanken etwas auf dem Papier fixirt, was andere wieder unterhält, aufmuntert und belebt. Soviel für dießmal; möge ich bald von dir hören.

treulichst verbunden

Weimar den 31. März 1820.

G.[216]


32/185.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Beykommendes Heft, welches wenigstens in einigen Theilen als posthum angesehen werden kann, belebt, indem ich es absende, das Andenken an die Freundschaft und Güte wodurch Sie mich schon mehrere Jahre beglücken. Hat auch in der letzten Zeit die Mittheilung gestockt, so bin ich doch durch den Aufenthalt meiner Kinder in Berlin und deren höchst freundliche Aufnahme jenen Zuständen und auch Ihnen besonders nahe genug gekommen.

Wichtige Aufträge haben Ihre Thätigkeit, wie ich höre, in eine bedenkliche Region versetzt, wodurch Sie dem was uns sonst gemeinsam interessirte freylich sehr entfremdet seyn mögen; doch habe ich, auch schweigend, vergangenen Sommer Ihrer hundertmal gedacht, als ich zu Jena in dem bekannten Gartenstübchen die entopischen Farben nach allen ihren Bedingungen durcharbeitete; die einzelnen Erfahrungen schrieb ich sogleich nieder und ordnete sie dann nach der Weise, die Ihnen aus meiner Farbenlehre bekannt ist. Es sind immer die alten Phänomene, unter andern Bezügen sich wiederholend und sich der Hauptansicht willig fügend.

Bey Ihnen darf ich wohl nicht anfragen, ob Sie indessen auf Ihrem Wege fortgegangen? Sagen Sie mir aber doch ein Wort von Ihren Zuständen.

[217] Gewöhnlich richtet sich das Tischgespräch meiner Kinder nach Berlin, und da kommen denn, mit Geistes- und Herzensverwandschaften, auch die geistlichen zur Sprache. Sagen Sie, ob alles im Hause und so auch das Pathchen wohl sey? Meine Tochter ist noch, wie ich höre, ein Dankschreiben schuldig für die trefflichen, von uns mit lautem Dank verzehrten Küchengaben; für dießmal empfiehlt sie sich schönstens, in einer etwas peinlichen Lage, denn sie giebt sich eine zwar mütterlich-löbliche, aber doch unter vorwaltenden Umständen, wie mich dünkt, zu ängstlich-entkräftende Bemühung um ihren Kleinen, den die Masern bedrohen.

Ich von meiner Seite suche den Tag möglichst zu benutzen und bereite mich, bald wieder nach Carlsbad zu wandern, grüße zum allerschönsten und wünsche künftige Mittheilung nicht wieder so lange unterbrochen.

treulichst

Weimar den 31. März 1820.

Goethe.


32/186.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

In Erwiderung Ihres für den Anfang schon so wohl versehenen Pflanzen-Katalogs senden Serenissimus mit besonderen ausdrücklichen Begrüßungen ein Exemplar des Belvedere'schen, damit fernere Communication zu beiderseitigem Vortheil statt finde.

[218] Möchten Sie das Heft Morphologie mit dem Bleystift in der Hand lesen, Ansicht und Bemerkung mittheilen, dagegen ich mich erbiete: allenfalls über Stellen, die Erläuterung bedürfen, auf Anfrage mich weiter zu erklären. Wäre ich mit Ihnen und Herrn d'Alton zusammen, so wollten wir über Seite 248-251 bald im Reinen seyn. Die Umrisse des guten Spix müßten freylich, zu Heil und Frommen eines bequemeren Wissen, sämmtlich andere Zahlen und Zeichen erhalten.

Wegen des Portos bleiben Sie ganz beruhigt. Wenn Sie die Sendung bis an Ihre Gränze frankiren, so kommt sie frank in meine Hände, da ich der Portofreyheit bey uns genieße.

Mich angelegentlichst und treuerlichst empfehlend

Weimar den 31. März 1820.

Goethe.


32/187.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgebornen

ersuche mir nachstehende Frage gefällig zu beantworten. Im Blankenburgischen, am Harze, liegen zwey Dörfer Wienrode und Timmenrode, zwischen beiden soll ein Steinbruch seyn, dessen Steine in einander stehende Schlüsseln bilden, deren sich die Nachbaren zu Viehtrögen bedienen.

[219] Der Gegend nach müßte es Sandstein seyn. Ist Ew. Wohlgeboren nicht wohl etwas davon bekannt, oder haben wir dort Freunde, durch die wir das Nähere erfahren können?

Das Blau-Bleyerz kommt mit Dank zurück, die Stufe ist sehr schön und instructiv.

Das Beste wünschend

ergebenst

Weimar den 1. April 1820.

Goethe.


32/188.


An Johann Lambert Büchler

[Concept.]

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrtester Herr!

Um das ehrenvolle Verhältniß, welches eine hochansehnliche Gesellschaft mir zu gönnen geruht, sowohl für mich zu benutzen als auch vielleicht zu gleicher Zeit zu Ihren haben Zwecken einigermaßen mitzuwirken, übersende beyliegendes Blatt, welches sich selbst erklärt indem es eine antiquarische Frage aufwirft. Könnte ich durch Ew. Wohlgeboren Vermittlung hierüber einigermaßen aufgeklärt werden; so würden Ihro Kaiserliche Hoheit unsere Frau Erbgroßherzogin den Besitz, den Höchst Ihro Sorgfalt unseren Museen zu verschaffen gewußt, in seinem Werthe gesteigert finden. Möge diese Anfrage nicht ungeneigt aufgenommen[220] und ich der verehrten Gesellschaft auf's empfohlen seyn.

Freylich kann man in dem gegenwärtigen Falle noch die vorläufigen Frauen aufwerfen, ob diese Taufschüssel schon bekannt, vielleicht abgebildet und erklärt sey?

Ferner, ob sie nicht vielleicht eher Friedrich II. zu geschrieben werden könne, welches nur von Kennern der deutschen Geschichte gründlich zu beantworten seyn möchte.

Sollte für gut erkannt werden, dieses Denkmal mit entscheidender Erklärung zu den Acten der Societät zu bringen; so erbiete mich hier am Orte eine genaue lithographische Nachbildung zu besorgen, um Abdrücke davon soviel man deren benöthigt seyn möchte zu übersenden.

Der ich mit ausgezeichneter Hochachtung die Ehre habe zu unterzeichnen.

Weimar den [1. April] 1820.


32/189.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Die reichhaltige Sendung, theuerster Herr und Freund, erschien mir in gar mancher Sinne höchst angenehm. Zuvörderst giebt sie mir eine längst erwünschte Gelegenheit für alles das Gute zu danken, was Sie meinen Kindern während ihres Aufenthaltes[221] in Berlin reinlich und vielfältig angedeihen lassen; mit immer gleichem Entzücken sprechen sie von der günstigen und gnädigen Aufnahme, von Genüssen aller Art, welche auch nur die wohlwollenden Bewohner einer Königsstadt gewähren: die Geschichte davon ist zur nie versiegenden Familien-Unterhaltung geworden. Auch von Ihrem Theater und von der großen darauf verwendeten Sorgfalt habe durch diese munter-theilnehmende Jugend nähere Einsicht gewonnen, die sich durch Ihre freundliche Gabe zum unmittelbaren Anschauen steigert.

Die Weimarischen Kunstfreunde nehmen aufrichtigen Theil an allen diesen Bemühungen und hoffen freundliche Aufnahme wenn sie zunächst darüber auszusprechen gedenken. Durch die Treue mit der Sie am Costüm in jedem Sinne, der Gebäude, der Kleidung und sämmtlicher Umgebungen fest halten, erwerben Sie sich das große Verdienst, die charakteristische Eigenthümlichkeit jedem Stück zugesichert und es in sich selbst abgeschlossen zu haben. Da jedoch die strenge Befolgung dieser Maxime kaum einem Königlichen Theater, geschweige andern möglich wird; so dürfte hierbey eine gewisse Liberalität anzurathen und anzunehmen seyn, worüber die Weimarischen Kunstfreunde sich, mit Ihrer Vergünstigung, bescheidentlich nächstens zu äußern gedenken.

Dem theuren Paare mich treulichst empfehlend

Weimar den 2. April 1820.

Goethe.[222]


32/190.


An Johann Friedrich Rochlitz

Nun möchte denn doch auch wieder einmal Zeit seyn bey Ihnen, mein werthester Herr und Freund, theilnehmend anzuklopfen, nach Ihrer Thätigkeit zu fragen, damit man doch wieder als mittlebend erscheine. Seit dem August vorigen Jahrs hab ich mir viel auferlegt und ist mir viel auferlegt worden, so daß diese Zeit, ob ich gleich gar keiner Zerstreuung Raum gebe und der entschiedensten Einsamkeit genieße, auch Tag und Stunde zu nützen suche, ich dennoch immer in Rückstand verbleibe. So schleicht sich denn auch die Erfahrung ein, daß das Alter weniger fördert als die Jugend und man nicht mehr von einer Thätigkeit zur andern so schnell übergeben kann.

Nehmen Sie ein Exemplar meines Divans als Zeichen des Zutrauens und der Hochachtung. Da ich mich einmal in jene Regionen gewagt, so hab ich, wie es auf Reisen zu gehen pflegt, mich länger verweilt, mehr Zeit und Kräfte verwendet als billig, auch zuletzt keine Anstrengung gescheut um endlich wieder nach Hause zu kommen. Sagen Sie mir nun auch etwas von sich und wie es mit Ihren literarischen und Kunstbeschäftigungen geht? Herr Weigel schreibt mir Entzücken von den Abenden, wo Sie[223] Freunden eine Beschauung Ihrer Schätze gewähren. Möcht ich doch auch Theil daran nehmen können!

teulichst

Weimar den 3. April 1820.

Goethe.


32/191.


An Carl Bernhard Preusker

[Concept.]

Daß die Handschrift des Menschen Bezug auf dessen Sinnesweise und Charakter habe und daß man daran wenigstens eine Ahnung von seiner Art zu seyn und zu handeln empfinden könne, ist wohl kein Zweifel, sowie man ja nicht allein Gestalt und Züge, sondern auch Mienen, Ton, ja Bewegung des Körpers als bedeutend, mit der ganzen Individualität übereinstimmend anerkennen muß. Jedoch möchte wohl auch hiebey mehr das Gefühl als ein klares Bewußtseyn statt finden; man dürfte sich wohl darüber im Einzelnen aussprechen, dieß aber in einem gewissen methodischen Zusammenhang zu thun möchte kaum jemand gelingen.

Indessen da ich selbst eine ansehnliche Sammlung Handschriften besitze, auch hierüber nachzudenken und mir selbst Rechenschaft zu geben oftmals Gelegenheit genommen; so scheint mir daß ein jeder, der seine Gedanken auf diese Seite wendet, wo nicht zu fremder, doch einiger Belehrung und Befriedigung einige[224] Schritte thun könne, die ihm eine Aussicht auf einen einzuschlagenden Weg eröffnen.

Da die Sache jedoch äußert complicirt ist und man selbst über die Stelle in Zweifel schwebt, wo der Ariadneische Faden, der uns durch dieses Labyrinth führen soll, anzuheften wäre? so läßt sich, ohne weit auszuholen, hierüber wenig sagen. Da mir es aber nicht unmöglich scheint, daß man dasjenige, was man bemerkt, auch andern zu einiger Aufmunterung und zu einiger Fortbemühung gar wohl überliefern könne; so gedenke ich, aufgeregt durch Ihre Anfrage, in dem nächsten Stücke von Kunst und Alterthum soviel darüber zu äußern, wie zu solchem Zweck eine Sammlung anzulegen, zu bereichern und einem zu fällenden Urtheil vorzuarbeiten sey.

Nehmen Sie einstweilen Gegenwärtiges als eine Versicherung meines Antheils auch an solchen Betrachtungen freundlich auf und fahren indessen fort mit Eifer zu sammeln. Ihren Wunsch wegen Möser und Hamann kann ich nicht erfüllen, da ich sie selbst nur einzeln besitze; von Herders Hand wird sich wohl etwas vorfinden.

Weimar den 3. April 1820.[225]


32/192.


An Johann Ladislov Pyrker

[Concept.]

[3. April 1820.]

Hochwürdiger,

hochverehrter Herr!

Gleich nach erhaltener Tunisias, nicht weniger bey Empfang des geneigten Schreibens würde meinen Dank abgestattet haben, wenn ich nicht auch gewünscht hätte, über ein Werk, welchem der Verfasser so viele Jahre gewidmet, ein auslangendes Wort sagen zu können. In solchen Fällen mag ich gern die Zeit abwarten, wo mir ein ländlicher Aufenthalt bey der Betrachtung länger verweilen läßt; ich besehe mir erst den Gegenstand, untersuche was ihm der Verfasser abgewonnen, was er ihm verliehen, beschaue mir Anlange und Ausführung, in wie fern sie nach bekannten Mustern und Formen etwa gebildet, oder ob der Verfasser nach einem einigen System gearbeitet, nach welchem er denn auch beurtheilen seyn will. Dieses alles zu entwickeln und nicht sowohl ein Urtheil als eine Darstellung der Arbeit zu geben, ist mein Wunsch den ich so oft es mir möglich war zu realisiren gesucht. Allein die Zeit ist flüchtig, die Kräfte mäßig, der Aufgaben viele und mich daher oft in Verlegenheit, mit dem besten Willen in Rückstand zu bleiben. Möge dieß zu meiner Entschuldigung dienen, wenn ich auch gegenwärtig nur meinen allgemeinen[226] Dank ausspreche für das Wohlwollen und Zutrauen das mir die Sendung Ihres Gedichtes bezeugt; hiebey entsage der Hoffnung nicht, sobald ich den ästhetischen Studien näher treten kann als es mir gegenwärtig erlaubt ist, auch Ihrem Gedicht die verdiente Aufmerksamkeit zu widmen und darüber meine Gedanken zu eröffnen.

[Weimar den 2. April 1820.]


32/193.


An Sulpiz Boisserée

Es ist ein so löbliches als erfreuliches Resultat fortgesetzter Forschungen daß eine Entdeckung die andere aufklärt, und so wollen wir uns erfreuen, daß Johannes Secundus, das schöne poetische Talent, auch alles als Künstler oder wenigstens Dilettant im Plastischen erscheint. Man sieht in seinen Schriften so wie in seinem kurzen Leben den Abglanz des unvergleichlichen sechzehnten Jahrhunderts; welche Menschen haben da nicht zusammengewirkt! Unter seinem Bildnisse, dessen Sie erwähnen, steht:

Praevenit cita mors at, docti dextra Scorelli

Quam dederat, vitam laedere non potuit.

Ich hätte niemals geglaubt daß das Verdienst dieses Scorellus mir so anschaulich werden könnte, als es durch ihre Sammlung geschehen ist. Nun müßten Sie auch noch zu vielen anderen glücklichen Ereignissen eben dieses Bild auffinden und acquiriren.

[227] Ich habe aus jener Zeit viele Profilabbildungen von Männern und Frauen, genannten und ungenannten, nun käme es darauf an, ob sich Spuren fänden, ihm eins und das andere zuzueignen.

Mein Vorsatz ist nunmehr, mit Jubilate mich in die böhmischen Gebirge zu versenken. Der Winter, den ich, obgleich in guter Gesellschaft, fast ganz in meinem Hause zugebracht, ist mir doch zuletzt ein wenig lang erschienen; indessen hab ich sehr vieles vorgearbeitet, was den Sommer über zur Reise gedeihen mag. Ihre großen Zeichnungen gehen auf alle Fälle vor meiner Abreise wieder zu Ihnen zurück; wünschen Sie sonst noch etwas, so sagen Sie es bald. Denn ich muß auch noch nach Jena und am Ende wird es immer tumultuarisch, man habe auch noch soviel vorgearbeitet, und somit abermals die besten Grüße und Wünsche.

und so fort und für ewig

W. d. 3. Ap. 1820.

Goethe.


32/194.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

wüßte kaum durch ein Schreiben in dem Augenblick recht würdig zu begrüßen und für mancherlei bisher empfangenes Gute unbewunden zu danken, da ich so lange geschwiegen und daher wohl Ursache hätte, hinlängliche Entschuldigungen auszusprechen. Ihre geneigte[228] und geprüfte Denkweise jedoch läßt mich hoffen daß Sie meinem Schweigen die wahre einzige Ursache eines für meine Jahre eigentlich mit mancherlei Obliegenheiten von der verschiedenster Art überdrängten Zustandes suchen werden. Nehmen Sie Gegenwärtiges als eine Begrüßung, die ich nicht unterlassen darf indem ich mich zu einer Frühjahrsreise anschicke, die mich leider nicht zu Ihnen und zu meinen theuren Freunden an den südwestlichen Flüssen führen wird.

Da ich zu Jubilate nach Carlsbad zu gehen gedenke, so könnte, wenn etwas von den dortigen Mineralien gefällig wäre, solche mitbringen. Denn seitdem der gute Müller in hohen Alter abgegangen, muß man selbst an Ort und Stelle sich das Nöthige zu verschaffen wissen. Besonders könnte mit sehr schönem, ob gleich großstengeligen Eisenstein, wovon eine Lage durch Chausséearbeit entblößt worden, dienen und auch wohl mit sonstigen Stücken aus der von mir bezeichneten Sammlung.

treulich theilnehmend

Weimar den 3. April 1820.

Goethe.


32/195.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Abermals, mein theuerster Herr und Freund, einen kleinen Auftrag, den Herr Schütz ja wohl die Gefälligkeit hat zu übenehmen. Seiner Kenntniß und[229] genauen Beurtheilung des Werths, wovon er mir schon manche so Probe gegeben, überlasse gänzlich die Bestimmung der Preise. Die für den Ankauf zu entrichtende Summe werde sogleich auf erhaltene Nachricht erstatten. Eine freundschaftliche Besorgung dankbarlichst erkennend, mich und die Meinigen geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 3. April 1820.


32/196.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

Weimar den 9. April 1820.

Ew. Wohlgeboren

ersuche abermals um die Gefälligkeit: mir für Rechnung der von Cottaischen Buchhandlung zu Stuttgart die Summe von

Fünf Hundert Thalern Sächsisch

durch die Post zu übersenden, und zwar für Ein Hundert Thaler Wiener Einlösungsscheine, die übrigen Vier Hundert Thaler aber baar, in 20 Kr. Stücken. Bey meiner Frühreise nach Carlsbad empfehle mich zu geneigtem Andenken, mit dem ergebensten Ersuchen: wenn ich auswärts einige kleine Assignationen ausstellen sollte, solche geneigtest zu honoriren.

Mit vorzüglicher Hochachtung beharrend

ergebenst

J. W. v. Goethe.[230]


32/197.


An Sulpiz Boisserée

Damit nicht am Schluß meines hiesigen Aufenthalts das Manuscript der drey Könige, woran Ihnen gelegen seyn wird, vergessen werde, übersende solches alsobald und wünschen guten Gebrauch; nur bitte für dessen Erhaltung Sorge zu tragen, da es mir in manchem Betracht gar werth ist.

Für heute nichts weiter als die schönsten Grüße.

Weimar den 6. April 1820.

G.


Beykommendes Verspätete siegele eiligst, damit durch Herrn von Goes die Heiligen drey Könige zu Ihnen gelangen mögen. Heute war für mich ein glücklicher Tag, da ich Ihro Majestät den König bey mir zu verehren gewürdigt ward. Die Rolle wird etwa in acht Tagen abgehen; da sie glücklicherweise noch nicht wieder gepackt ist, behalte ich den großen Umriß dankbar zurück.

Von Ihnen ist heute soviel Liebes und Gutes gesprochen worden, daß Ihnen wohl die Ohren hätten klingen sollen. Zum 1. May hoffe ich in Carlsbad zu sey, lassen Sie mich dorthin ein Wörtchen hören.

Weimar den 10. April 1820.

G.[231]


32/198.


An Carl Jacob Alexander von Rennenkampff

Ew. Hochwohlgeboren

geehrten Namenszug unter einem Briefe zu sehen war mir höchst erfreulich an demselben Tage, wo ich das Glück hatte Ihro Majestät dem König aufzuwarten, mit den Herrn Obrist von Wimpffen und Legationsrath von Goes mich von Ihrem früheren Besuche bey uns angenehm zu unterhalten.

Auf Ihre vertrauliche Anfrage erwidere kürzlich, daß Dr. Ehrmann zu Frankfurt a. M. sich mir jederzeit gefällig erwiesen und so manchen Dienst geleistet hat; ich kenne ihn aber auch als einen Sonderling und humoristischen Mann, dessen Launen ich wohl selbst erfahren, ohne daß ich beurtheilen möchte, wie weit sie ihn führen und verführen könnten. Jene Angelegenheit habe ich meinem Freund Sulpiz Boisserée gänzlich überlassen, der denn wohl bey Herausgabe seines großen Werks über den Cölner Dom vor andern befugt seyn möchten diesen Gegenstand nach Würden zu behandeln. Dabey möchte wohl ein Unterschied zwischen geheimen und geschlossenen Gesellschaften zu machen seyn; die Darstellung, wie sie an einander gränzen und in einander überlaufen, aus einander entspringen, möchte wohl die größten Schwierigkeiten haben.

[232] Die ganzen richtige Bemerkung wegen des alten Manuskripts finden Sie auf der inneren Seite des Umschlags jenes Heftes, da sie mir vor Ausgabe desselben durch Freunde und einige Nachforschung geworden war.

Die zweyte Bemerkung ist sehr geistreich und artig und ich erbitte mir die Erlaubniß davon Gebrauch zu machen!

Möge ich Ihnen und Ihrem Freundes-Kreise bestens empfohlen seyn.

gehorsamst

Weimar den 10. April 1820.

J. W. v. Goethe.


32/199.


An Friedrich Alexander Bran

[Concept.]

Indem Ew. Wohlgeboren nochmals ein höchst bedeutendes Werk übersende, bemerke dabey daß, ob es gleich hauptsächlich der gewidmet ist, doch auch sehr schöne statische Notizen enthält und fürtreffliche Nachrichten von Sitten, Gebräuchen und Gewerbe alter und neuer Zeit.

Auch lege den letzten Schein bey worauf ich ein übersehenes Werk und das gegenwärtige nachgetragen habe; um die Unterzeichnung des Blattes ersuche.

Weimar den 11. April 1820.[233]


32/200.


An Johann Georg Keil

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrtester Herr!

Dem Namen eines so hochgeschätzten Dichters wie Calderon den meinigen auf irgend eine Weise beygestellt zu sehen, würde mir jederzeit geschmeichelt haben; vorzüglich angenehm aber ist die Empfindung daß es von Ihnen geschieht, der Zeuge war mit welcher Liebe und Pietät wir seine Productionen aufgenommen und mit sorglicher Zögerung nicht eher die öffentliche Darstellung gewagt, bis wir eines allgemein Effects vergewissert waren.

Nehmen Sie daher meinen aufrichtigsten Dank, daß Sie mich auf diese schöne Weise an jene Zeit erinnern wollen, wo Sie noch zu den Unsern gehörten und mir sowohl in öffentlichem Geschäft als in eigenen Angelegenheiten beygestanden, wovon mir noch die erfreulichsten Denkmale übrig geblieben. Möge das Glück, das Ihren Vorzügen und Verdiensten geworden, Ihnen und den theuern Ihrigen treu und beständig verbleiben; mir aber erlauben Sie daß ich irgend eine Gelegenheit ergreife, Sie durch eine freundliche Erwiderung an mich zu erinnern.

Einige Unruhe jedoch hat mir Ihre angenehme Sendung, wie ich nicht läugnen darf, gegeben: den Wunsch, diese in so einladendem Abdruck vor mir[234] liegenden Schauspiele im Original genießen zu können; ein Verlangen welches freylich nur durch Ihre Nähe und Gegenwart befriedigt werden könnte.

Mein auch fernerhin geneigt zu gedenken bittend

ergebenst

Weimar den 12. April 1820.

J. W. v. Goethe.


32/201.


An Carl Friedrich von Reinhard

An Ihrem erfreulichen Briefe, mein verehrter Freund, vom 1. Februar, habe ich mich die Zeit her mehrmals erquickt, ja denselben niemals aus dem Gedächtniß gelassen. Ihre Theilnahme an meinen Zuständen und unser wechselseitiges Verhältniß bewährt sich nur immer mehr und mehr. Daß Sie sich in der früheren Zeit der orientalischen Sprachen und Literatur beflissen, war mir, aus der treulichen Geschichte Ihres Lebensganges, wie Sie mir solche in Carlsbad vertraut, noch gar wohl erinnerlich, daß wir aber in der Bearbeitung desselben Gedichtes zusammentreffen, auch Sie an meiner Arbeit entschiedenen besondern Antheil nehmen würden, darauf hatte ich rechnen können.

Haben Sie vielen Dank daß Sie einer, zwar etwas eigenwillig scheinenden, aber gewiß liebenswürdigen Dame den Divan empfohlen, wahrscheinlich wird sie bekennen, daß es ganz anmuthig seyn müsse[235] so zu lieben und geliebt zu werden, wie sich Hatem und Suleika darstellen.

Ein paar Hefte, wie ich sie küzlich zu Stande gebracht, folgen hiebey, möge darin eins und das andere Sie unmittelbar ansprechen.

Übrigens habe ich, wie immer, soviel Rocken angelegt, daß es mir kaum gelingen wird einen völlig abzuspinnen; an Fleiß und Anhaltsamkeit fehlt es nicht besonders da ich mich ganz aller geselligen Obliegenheiten entledigen durfte. So kann ich denn jede Stunde benutzen, meine Geschäfte, die sich sämmtlich auf Kunst und Wissenschaft beziehen, an einem reinen Faden fortführen, meinen Briefwechsel lebendig erhalten, manche ältere Papier zusammenstellen und redigiren, bis Glück und Laune auch manchmal etwas Neues und Unerwartetes gelingen läßt.

Sie erwähnten in Ihrem Briefe der spanischen Ereignisse; wie gewaltsam ist seit jener Zeit der Schwären aufgebrochen! welche Heilung ist zu hoffen, welches neue Übel zu befürchten? Alles was man erfahren, hilft nicht zur Beurtheilung, noch weniger zum Vorauswissen noch zum Rathe.

In diesen Tagen ward mir ein sehr werther und theuerer Besuch; des Königs von Würthenberg Majestät hatte die Gnade, da ich bey Hof nicht aufwarten konnte, mich in meinem Hause durch Ihro Gegenwart zu beglücken, unser liebes Erbgroßherzogliches Paar veranlaßte und leitete die Zusammenkunft.[236] In solcher Gegenwart mußte freylich der Zeit und ihrer Erscheinung bedeutend gedacht werden.

Und nun schicke ich mich an das Carlsbad zu besuchen, so früh daß ich mir einen günstigern Sommer bereite als den vorherigen, wo ich meine Reise zu sehr verspätete.

Nehmen Sie zum Abschied die besten Grüße, im Laufe des Mays fände mich ein Brief dort, wenn Sie mich damit beglücken wollten.

und so fort und für ewig

Weimar den 12. April 1820.

G.


Nachtrag.


Das in Ihrem bezeichnete Buch: Nouvelle Chroagénésie par Le Prince, Paris 1819, ist seit einigen Tagen in meinen Händen und es will mir nicht gelingen, mich damit zu befreunden noch mir ein Bild von der Denkweise des Verfassers zu machen. Er sieht die Newtonischen Irrthümer und die sophistische Art sie geltend zu machen recht gut ein, weil er aber gleich von vorn herein polenisch verfährt und zugleich eine andere Erklärung an die Stelle setzen will, so wird weder sein Widerspruch noch seine Lehre ganz klar. Vielleicht gelingt es mir bey näherer und ruhigerer Betrachtung über beides deutlicher zu werden.

Seine Vorrede ist in meinem Sinne, den Sie kennen und billigen, aber diffus geschrieben, weder anziehend noch eindringlich. Es findet sich keine[237] Spur daß er meine Arbeit gekannt habe, auch sagt er ausdrücklich: er habe keine Schrift hierüber gelesen und kenne nur einen einzigen Verfasser den er citirt (Hauy).

Dieses Buch wird meines Erachtens ganz ohne Wirkung bleiben, wie das Werk des Engländers, Dr. Read; dieser sieht auch den Newtonischen Irrthum vollkommen ein, setzt aber einen andern an die Stelle, der noch absurder ist. Und so darf mich bis auf den heutigen Tag jene große Arbeit nicht reuen, da sie und in den Stand setzt, alles was in diesen Fache zum Vorschein kommt, mit leichter Übersicht zu beurtheilen.

Derselbe

Weimar den 12. April 1820.

G.


32/202.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

darf wohl nach Abreise des hohen Gastes auch wieder einmal mit einem unterthänigsten Vortrage angehen:

1) Zuvörderst statte schuldigsten Dank ab für die mitgetheilten Belvedere'schen Kataloge, wovon den besten und vortheilhaftesten Gebrauch zu machen hoffe.

2) Vermelde daß von Jena eine Kiste mit Jacquinischen Kupfern eingelangt ist; gefällt es, dieselben nach Belvedere an Dennstedt zu senden, so kann solche alsobald bey mir abgeholt werden.

[238] 3) Auch wird nunmehr die Mahlerey des Belvedere'schen Pavillons ungesäumt in Gang kommen. Baurath Steiner hat die accordgemäßen Ansätze dem Hofamt übergeben und Schmeller ist mit den Cartonen zum Plafond auch zu Stande. Es ist freylich eine bedenkliche Arbeit in die sich alle Theilnehmende erst finden müssen.

4) Ist es Ew. Hoheit Willen gemäß, so würde mich nächsten Mittwoch den 19. April nach Jena verfügen, alles übersehen und das Nöthige anordnen, so daß dort wie hier in meiner Abwesenheit nichts fehlen noch stocken kann, und mein Sohn wie alle Angestellten sich in jedem Falle zu benehmen wüßten. Sonntag den 23. April würde von dort aufbrechen und mein auf Ende des Monats in Carlsbad bestelltes Quartier beziehen; ich habe mich eingerichtet, in der ersten Woche des Junis wieder hier zu seyn.

Und so fort und fort mich zu Gnaden und Hulden empfehlend

unterthänigst

Weimar d. 12. Apr. 1820.

J. W. v. Goethe.


32/203.


An Franz Kirms

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

begrüße vor meiner Abreise nochmals zum allerschönsten und empfehle zum Überfluß eine Angelegenheit die Ihnen schon empfohlen ist.

[239] Schmeller hat den Auftrag, den chinesischen Pavillon in Belvedere zu mahlen und herzustellen, und wünscht, daß ihm oben Wohnung und Bette möge zugestanden werden.

Da diese Sache dem Hofmarschallamt übergeben ist, so würde derselben kaum erwähnen, wenn nicht Serenissimus mir einige Aufmerksamkeit darauf befohlen hätte.

Bey dieser Gelegenheit mich zu geneigtem Andenken abermals empfehlend.

Weimar den 13. April 1820.


32/204.


An Johann Christian Ernst Müller

[Concept.]

Sie erhalten hiedurch, mein werthester Herr Müller, den Auftrag, die Durchzeichnungen nach Leonard da Vinci und was sonst noch von Zeichnungen und Gemählden gnädigster Herrschaft zustehen möchte, aus dem bisherigen Jagemannischen Quartier auf die Bibliothek zu schaffen und die dort deshalb niedergelegten Scheine des sel. Hofraths dagegen in Empfang zu nehmen.

Weimar den 13. April 1820.[240]


32/205.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Da nach Ihrer Meldung, mein werthester Herr Dr., die Probefenster den 15. dieses abgeliefert werden, so wünsche daß in solche in dem leeren Saal der ehemaligen Schloßbibliothek aufgestellt werden, wovon Färber zu benachrichtigen ist.

Mittwoch den 19. gedenke Abends in Jena einzutreffen und würde mich Donnerstag Mittag ein Gericht Spargel in guter Gesellschaft sehr erfreuen. Übrigens bringe das Nöthige mit um vor meiner Abreise alles vorzubereiten.

Den Freunden viele Empfehlungen.

Weimar den 13. April 1820.

G.


32/206.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

gnädigster Anordnung fol. 8 der beykommenden Acten gemäß, hat Unterzeichneter während der Krankheit und nach erfolgtem Tode des guten Hofrath Jagemann fortbetrieben und bedacht, auch mit Müller, Vater und Sohn, öfters durchgesprochen.

Als Resultat ergab sich, daß beykommende Ankündigung gedruckt und von Müller, dem Vater, nebst den Probedrücken der zwey ersten Platten, auf die Leipziger Messe mitgenommen werden könnten.

[241] Erlauben Höchstdieselben, so warte Sonntag früh bey Zeiten auf, um über die nächste Führung des Geschäftes weitere Vorschläge zu thun.

unterthänigst

Weimar den 14. April 1820.

Goethe.


32/207.


An Carl Friedrich Zelter

Zu beyliegender Hymne wünsche eine wahrhaft Zelterische Composition, damit solche jeden Sonntags vor meinem Hause chormäßig möge gesungen werden. Käme eine solche im Laufe des Monat Mays an meine Schwiegertochter; so würde sie einstudirt und ich bey meiner Wiederkunft Anfangs Juni damit fromm und freundlich empfangen. Der Paraklet walte harmonisch über dem Freund jetzt und immerdar.

Weimar den 12. April 1820.

G.


Es ist gut daß man von Zeit zu Zeit aus seinen Umgebung zu scheiden und aufzuräumen genöthigt wird, daher entstehen so die Zwischentestamente unserer Laufbahn. In vierzehn Tagen gedenk ich nach Carlsbad zu gehen und da hab ich auch noch einen Hackert vorgesucht und sende ihn sauber gebunden. Du hast dem Büchlein Sorgfalt und Sinn abgefühlt, die ich ihm gewidmet und verliehen habe es ist dem lieben Deutschland verschollen und mit vielem andern, Gutem und Nützlichen von den Sandweben des[242] Tages zugedeckt, wird aber immer doch wieder einmal wie der Bernstein ausgeschwemmt oder -gegraben. Habe Dank daß du mich daran erinnern wollen.

Manches hast du indessen von mir erhalten, gieb in diesen Tagen nähere Nachricht. Mich verlangt sehr wieder in's Freye: denn der vergangene Winter war sehr lästig. Freylich wenn das Frühjahr eintritt, Märzenglöckchen und Crocus hervorbrechen, so begreift man kaum wie man in dem Schnee- und Eiskerker fortexistiren konnte. Bey euch in großen Städten ist's freylich anders, da ist das Winterleben das lustigste. Nun gedenke meiner in Guten, wobey ich, um gegen die moralische Weltordnung nicht undenkbar zu seyn, bekennen muß daß mir seit einiger Zeit gar manches Gute begegnete.

Das Gleiche wünschend

Weimar den 14. April 1820.

G.


32/208.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen daß die Sendung der

Fünf Hundert Thaler Sächsisch

in Papier und Silber mir glücklich zu Handen gekommen ist, worüber hiedurch quittire und mich fernerem geneigtem Wohlwollen angelegentlichst empfehle.

ergebenst

Weimar den 15. April 1820.

J. W. v. Goethe.[243]


32/209.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

von meiner Abreise nach Carlsbad nochmals freundlichst zu begrüßen ist mir eine werthe Pflicht: wie sehr wünscht ich daß mich die Ärzte in Ihre Gegend beordert hätten.

Vor allen Dingen darf zu melden nicht unterlassen daß ich das Glück hatte, Ihro Majestät dem König aufzuwarten und im Laufe einer anderthalbstündigen Unterredung die großen Einsichten und wohlwollenden Gesinnungen Allerhöchstdesselben zu bewundern. Die Herrn von Wimpffen und Goes hatte gleichfalls das Vergnügen zu sprechen und mich von dem lieben Stuttgart zu unterhalten.

Sodann ermangele nicht, meinen vielfachen Dank abzustatten für die fortgesetzte Mittheilung der Morgenblätter so wie für geneigte Complettirung der Defecte und für sonstige wünschenswerthe Gaben. Bey meinem Carlsbader Aufenthalt hoffe ich dagegen manches zu Ihrer Zufriedenheit vorzubereiten und auszuarbeiten.

Anfangs Juni denke wieder zurück zu seyn und zu vernehmen, daß Sie sich im erwünschten Wohlseyn befinden.

gehorsamst

Weimar den 15. April 1820.

J. W. v. Goethe.[244]


Nach Ew. Hochwohlgeboren gefälligem Schreiben vom 27. August vorigen Jahrs war mein Guthaben 631 rh. Diese habe den 8. October durch Frege erhalten. Den 10. April dieses Jahrs erhielt abermals 500 rh., welche durch Kunst und Alterthum 5. Heft saldirt seyn möchten, wie ich solches geneigt zu notiren bitte.

Weimar den 15. April 1820.

J. W. v. Goethe.


32/210.


An Sulpiz Boisserée

Und so sende denn kurz vor meiner Abreise das Verlangte. Den großen Umriß habe ich nach Ihrem Willen dankbar zurückbehalten. Mit der fahrenden Post geht die Rolle, zu der ich auch noch das Pfingstfest von Hemmling hinzufügen konnte. Durch dieses Wort angeregt, sende auch ein Exemplar Pfingstmontag, fröhliche Feyertage wünschend; Prinzeß Ursula von Herrn von Keverberg liegt bey.

Möge Ihren alles zum besten gedeihen und ich in Carlsbad oder wenigstens bey meiner Rückkehr vernehmen, daß es Ihnen wohl gehe, wie ich denn auch von mir hoffe das Gleiche melden zu können.

Weimar den 15. April 1820.

G.[245]


32/211.


An Carl Schäffer

Ich wünsche heute früh Nachricht zu erhalten, wie es mit Riß und Anschlag zu dem neuen Glashause in Jena stehe, welcher, von Bau-Inspector Kirchner gefertigt, zur Ober-Baubehörde soll gekommen seyn.

W. d. 17. Apr. 1820.


Ingleichen wünsche einen Weimarischen Conventionsthaler eingewechselt.

G.


32/212.


An August Claus von Preen

Ew. Hochwohlgeboren

haben die glückliche Gabe vom Himmel erhalten, Ihren Freunden gerade etwas eigenthümlich Angenehmes zu erweisen, und diese wird denn auch wie billig vom Glück begünstigt, so daß es immer zu rechter Zeit und Stunde geschieht.

So gelangte denn eben auch die höchst erfreuliche Sendung mir zur Hand, eben da ich von Berliner Freunden Musterstücke von solchen gleichfalls in jener Gegend umhergestreuten Urgebirgsblöcken erhalte. Schwer zu entziffern möchte fürwahr dieses geologische Phänomen seyn, welches wunderbar genug sich bis zu uns auf unsere Kalkflötze erstreckt. Bey[246] Eckartsberg liegen Granitblöcke, die Bestandtheile sehr groß, besonders der Feldspath, welcher von hochrother Farbe ist; über ganz Thüringen sind dergleichen ausgesäet. Sobald ich aus Carlsbad zurück bin, sende davon Musterstücke.

Der Almandingranit ist von der größten Schönheit; in meiner ganzen Sammlung, worin sich auch viele russische befinden, ist dergleichen nicht zu sehen; besonders danke für die ansehnliche Größe der Platte, woran man die Eigenschaften des Steins erst recht erkennen kann. Wundersam genug ist es, daß die Almandine zugleich mit dem Grunde im Werden begriffen gewesen, da denn ihre Neigung sich zu crystallisiren durch eilige Solidescenz gestört worden.

In Böhmen war mir immer ein selten vorkommender Gneis merkwürdig, die Feldpath-Flasern sind ihrer Intention nach Zwillingscrystalle, den bekannten Carlsbader ähnlich, aber durch die Einwirkung des Glimmers verflächt und einigermaßen verunstaltet. Machen Sie doch Ihre Freunde aufmerksam auf diese mir höchst wichtige Gebirgsart, wahrscheinlich findet sie sich auch bey Ihnen, denn aus den Berliner Geschrieben habe dergleichen erhalten.

Was die Wanderung der Granitblöcke betrifft, so will ich gestehen daß Bergrath Voigt zu Ilmenau schon von vielen Jahren auf den Gedanken gekommen, obenerwähnte bey uns zerstreute Blöcke einem solchen Eistransport zuzuschreiben, ich erinnere mich jedoch[247] nicht, ob er diesen Gedanken habe in Druck ausgehen lassen.

Auch Herrn Doctor Siemssen danken Sie vielmals für die übersendeten Fossilien; es ist sehr wichtig die einzelnen Mineralien wie Augit, Kokkolith pp. hier anzutreffen. Der Sandstein, mit Mangan in den Höhlungen, ist mir gleichfalls sehr bedeutend. Den besten Dank daher für alles Mitgetheilte.

Bey meiner Rückkehr nehme mir die Freyheit einiges von geologischem Werthe mitzutheilen.

Nun aber noch eine Bitte, damit ich ja nicht aufhöre Ihr Schuldner zu seyn. Ist nämlich die Umgebung des Blücher'schen Monuments vollendet, fängt die Pflanzung an sich munter zu erheben: so erbitte mir eine Zeichnung der ganzen Anlage und des mir in mancherlei Sinne höchst werthen Standbildes. Ich werde mich dabey der guten Zeit erinnern, wo ich das Glück hatte, über diesen Gegenstand mit Ew. Hochwohlgeboren öfters vertraulich zu conversiren, wobey ich nicht weniger mich jederzeit erfreuen werde daß Ihre bedeutenden und das Unternehmen einzig fördernden Bemühung von einem so glücklichen Erfolge gekrönt worden.

gehorsamst

Weimar den 18. April 1820.

J. W. v. Goethe.[248]


32/213.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Zu meinem größten Vergnügen, theuerster Freund, kommt Ihr werther Brief in dem Augenblicke, da ich nach Carlsbad zu gehen gesonnen bin, dießmal um so früher als ich das vorige Jahr mich verspätete.

Das Anerbieten Herrn Schützens: die beiden Blätter als Nachtrag zu erhalten, nehme dankbar an. Der Betrag würde sich also auf 80 fl. 31 Kr. steigern, wozu denn noch das Einpacken und sonst hinzu käme. Mögen Sie mir diese Summe bis zu meiner Rückkunft creditiren, auch das Paquet so lange bey sich behalten bis ich mich wieder anmelde; so erzeigen Sie mir eine Gefälligkeit.

Empfehlen Sie mich Herrn Schütz mit Gruß und Dank. Von den Meinigen kann ich nichts als Gutes melden und freue mich, das Gleiche von Ihnen und den lieben Ihrigen zu hören.

Weimar den 18. April 1820.


32/214.


An Ernst Christoph von Houwald

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

gefällige Sendung, das Manuskript Ihres Trauerspiels: das Bild enthaltend, gelangt zu mir gerade[249] in den Augenblick als ich eine Badereise anzutreten in Begriff bin. Da ich schon vorlängst aller Einwirkung auf das hiesige Theater entsagt, würde ich in Verlegenheit seyn wie ich Ihren Wünschen entsprechen sollte, wenn nicht glücklicherweise meine Schwiegertochter, geborene Fräulein von Pogwisch, als eine besondere Freundin Ihrer Muse sich hervorthäte, welcher ich denn das Glück übergeben und dessen Empfehlung bey der hiesigen Theater-Intendanz überlassen habe. Ich wünsche daß ihre Bemühung zu allerseitiger Zufriedenheit gereichen möge.

Weimar den 18. April 1820.


32/215.


An Wilhelm Dorow

Weimar den 19 April 1820.

Ew. Wohlgeboren

begrüße noch im Augenblick meiner Abreise nach Carlsbad, um den schuldigen Dank nicht länger zu verspäten; der Schwefelguß Ihres höchst schätzbaren Cylinders hat mich in den Stand gesetzt, mit desto mehr Interesse den Aufsatz selbst zu lesen, denn gerade bey solchen Dingen ist eine Nachzeichnung besonders schwer. Aus dem letzten Hefte Kunst und Alterthum werden Sie ersehen haben, daß die weimarischen Freunde mit Vergnügen Theil an Ihrer Arbeit nehmen.

[250] Ich höre daß Sie in Cöln sind und dort ein großes Museum einrichten. Mögen Sie mir von Ihren Bemühungen Nachricht geben, so werde ich derselben sogleich nach Werth und Würde gern gedenken.

Da die vorgefundenen Alterthümer besonders in jener Gegend sich unzähligemal wiederholen, so könnten Sie vielleicht einiges zu Vermehrung meiner eignen Sammlung in diesen Fache mittheilen.

An eine Ausgabe Hamann'scher Schriften ist nach dem Erscheinen beyliegender Ankündigung wohl nicht weiter zu geneigtem Andenken bestens empfehle.

Goethe.


32/216.


An Johann Heinrich Meyer

Erlauben Sie, theuerster Freund, daß ich Ihnen einmal einen reellen Antheil an unserm gemeinsamen Geschäft anbiete, mit dem Wunsch daß Sie fortfahren mögen, wie bisher geneigt einzugreifen.

Mit den besten Wünschen

W. d. 19. Apr. 1820.

G.


32/217.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten mit den schönsten Grüßen gleich bey meiner Ankunft einen Aufsatz welchen baldmöglichst gesetzt[251] und zur Revision zu erhalten wünschte; es wird doch wohl ein Quartblatt dazu nöthig seyn. Es sind 100 Exemplare und zwar auf Schreibpapier erforderlich, um deren baldigen Abdruck ich auch gebeten haben wollte. In Hoffnung einer wenn auch nur augenblicklichen Zusammenkunft empfehle mich Ihrem lieben häuslichen Kreise zum allerbesten.

Jena den 19. April 1820.


32/218.


An Friedrich Theodor Kräuter

Sie erhalten hiebey, mein lieber Kräuter,

1) Den Don Juan, welcher in das Vermehrungsbuch einzutragen ist und an vertraute Freunde und Personen verliehen werden kann.

2) Ein Blatt für Herrn Goullon, mit meinem Gruß mitzutheilen.

3) Ein Blatt für Herrn Oberbaudirector Coudray (wenn Sie das Buch erhalten, senden Sie es an Herrn Hofrath Voigt mit Bitte um baldige Resolution), wogegen Sie sich das bezeichnete Buch durch Sachse ausbitten lassen.

4) Ein Blatt für Hoffmann wegen der Subscription für Hamann.

5) Morphologie zweytes Heft an Herrn Major von Knebel.

Die Theilnahme des Herrn Goullon an dem Schicksal des guten Seidels konnte ich nicht ohnbeachtet[252] lassen und fragte daher bey meiner Ankunft in Jena sogleich nach dem Unglücklichen. Die erhalten Nachrichten überzeugten mich, daß nichts anderes noch Besseres hätte geschehen können, als ihn herüber zu schaffen. Er wüthete die erste Zeit; nun aber hat er sich beruhigt, spaziert mit dem Inspector im Garten, raucht Tabac und gefällt sich am Orte, ohne eigentlich zu wissen, wo er ist. Auch Herrn Geh. Hofrath Stark habe deshalb gesprochen, und alle Freunde können sich beruhigen daß er nirgend besser könne aufgehoben noch versorgt seyn.

Eine mögliche Herstellung wird durch gute Behandlung auf alle Fälle vorbereitet.

Jena den 21. April 1820.

J. W. v. Goethe.


Den 22. April Morgens. So eben besucht mich der Irrenhausinspector Eilenstein und bringt mir den Umständen nach gute Nachricht; was ich von ihm über die Behandlungsweise seiner Patinten gehört, überzeugt mich daß Seidel nicht besser aufgehoben seyn könnte. Hievon werden sich die Seinigen gleichfalls überzeugen, wenn sie von Zeit zu Zeit Erkundigung einziehen und zwar persönlich, wie auch schon geschehen ist.


33/1.


An August von Goethe

Alexander-Bad d. 25. Apr. 1820.

Euch freut es gewiß die Überschrift zu sehen, deshalb, mit wenigem, daß ich mich durchs herrliche Wetter anlocken lies von Hof hierher zu gehen. Saget unserm Freunde dem H. Kanzlar daß ich die Luisenburg zum größten Theil erstiegen und durchwandert habe; er wird Euch versichern daß ich ein Probe-Stück abgelegt habe, welches bezeugt daß ich noch leidlich zu Fuße bin.

Morgen geh ich auf Eger! Von Carlsbad Nachricht! Tausend Grüsse.

G.


33/2.


An August von Goethe

Marienbad d. 28. Apr. 1820.

Auch das wird euch freuen daß ich den Entschluß gefaßt diese merckwürdige Anstalt sogleich zu besehen. Mir war es als befänd ich mich in den nordamerikanischen Wäldern, wo man in drey jahren ein Stadt baut. Der Plan ist glücklich und erfreulich, die Ausführung[1] streng, die Handwercker thätig, die Aufseher einsichtig und wach. Fertige Häuser, auszubauende, unter Dach, bis ans Dach, aus dem Grunde kaum hervor, alles ist lebendig. Nicht leicht habe etwas erfreulicheres gesehen. Morgen Abend in Carlsbad. Dorther das weitere. Die Athmosphärischen Erscheinungen dieser sieben Tage waren unschätzbar. Gestern die ersten Streifregen, zum Trost des Landmannes.

Eger d. 29. A. 1820.

G.


33/3.


An August von Goethe

Carlsbad den 29. April [1820].

Nachmittags um 3 Uhr sind wir glücklich hier angekommen, mit bedecktem Himmel, ohne einen Tropfen Regen. Wie man an Straße und Äckern sah mußte es gestern, und mächtig stark niedergegangen seyn. So eine erfreuliche Woche wie die vergangene erinnere ich mich nicht. Mäßige körperliche Bewegung, neue Gegenstände und die alten von einer neuen Seite, mehr bedarf es nicht zum Wohlbefinden des Leides und der Seele. In Alexandersbad uralte, einzige Felsentrümmer, durch architektische Gärtnerey gefällig-spazierbar und im einzelnen dem Auge faßlich gemacht, erregen Bewunderung.

In Marienbad ein abhängiger, großer Wiesenraum, mit den anständigsten Gebäuden stufenweise[2] umgeben. Das Zufällige, was bey solchen Anlagen sich immer vorfindet und eintritt, war schnell genug durch eingreifende obere Leitung geregelt; der Plan, den man mir vorzeigte, ist, nach den besondern, wirklich wunderlichen Umständen, untadelhaft; man sieht die Angestellten sind gewohnt in's Große zu arbeiten. Das Ganze sieht aus als hätte Dido soeben ihre Riemen um den Raum geschlagen und nun ginge das Bauen los. Seit drey Jahren ist es erst recht Ernst, in den nächsten dreyen wird man Wunder sehen. Das Wunder aber wird dadurch bewirkt, daß das Haus, im ersten Jahre, wo es kaum fertig dasteht, schon zehn Procent einträgt. Dadurch werden nicht allein die Umwohner, sondern auch Fremde angelockt, und mancher, vermuth ich, um sein unsicheres Papiergeld zu fixiren. Der Prälat von Töpel ist ein Mann von einigen vierzig Jahren, der Sache geneigt und von oben her aufgemuntert; auch sieht man dem ganzen Benehmen eine gewisse geistliche Zucht und Ordnung an. Von der Lage des Orts und seinem Verhältniß zum Lande wäre viel zu sagen. Es liegt auf der Gebirgshöhe, von welcher die Töpel herab nach Carlsbad fließt, aber wagerecht mit dem obern flachen Lande, das sich gegen Plan und Pilsen zieht. Man fährt von der Ackerfläche sogar noch etwas hinunter, wie ohngefähr nach Tiefurt. Freylich fängt alsdann unmittelbar das Waldgebirge hinabwärts an. Alle Abänderungen von Granit kommen vor, seltener Gneis[3] mit Almandinen, die, gedruckt als Flasern drinne liegen, wie die Zwillingscrystalle im Gneus bey Petschau.

Wir haben von dem sämmtlichen Urgestein Musterstücke mitgenommen und einen Kasten in Eger stehen lassen. Herrn Huß habe ich auch besucht, er hat sich sehr an dem Andenken Serenissimi erfreut. Seine Sammlung hat sich außerordentlich vermehrt; sie durchzusehen hat mich fast mehr ermüdet als das Besteigen der Luisenburg. Den famosen Humpen, den ich dießmal zu gewinnen hoffte, hatte Fürstin Czartoryska vor einigen Jahren entführt.

In Carlsbad fand ich mich völlig im Alten; es war als wenn ich träumte oder geträumt hätte, denn alles fand sich wie gestern. Der Ort ist stille, wie ich ihn wünsche, und ich hoffe in allen meinen Geschäften vorwärts zu kommen.

Sonntag den 30. Mit Wassertrinken angefangen, mit Spazierengehn, Einrichtungen, Abrechnung fortgesetzt. Dein zweyter Brief kam an und erfreute mich; fahre so fort, daß die Kluft, die uns trennt, ausgefüllt bleibe, auch ich werde von meiner Seite das Gleiche thun.

Der Wein ist noch nicht angekommen, er liegt wahrscheinlich auf der Gränze. Sie haben bey der Mauth neue Chicanen ersonnen, um diese, den Kurgästen zugestandene Gunst zu schmälern; ich will nun sehen wie ich ihn hierher schaffe. Übrigens kannst du[4] denken in welchem seligen Zustande die Menschen hier leben, man findet keine Zeitung, auch nicht einmal die inländischen. Mich vertröstet man auf den 15. dieses Monats.

Bey dem Steuerwesen macht man hier nicht viel Abschätzungs-Umstände; der Kaiser befiehlt die Auflage auf's Bier, anstatt in Papier, künftig in Silber zu zahlen, wodurch sie ohne weiteres mit drey Fünftel vermehrt ist. Ebenso erhebt man von Fremden den Beytrag zu den Park- und sonstigen Anlagen; wir zahlen, statt vier Kopfstücken, zwölfe. Man schilt, aber man zahlt. Es soll eine Auflage auf die einzelnen Zimmer im Werke seyn. Freylich die Hausbesitzer in den Bädern gewinnen über die Maßen, aber die neue Steuer werden sie den Fremden schon abnehmen, so sieht es eben überall aus.

Nun lebet wohl und häuslich, das ist zuletzt denn doch das Beste. Auf eure Recension des Trauerspiels bin ich sehr neugierig. Hier ist die Bühne schon eröffnet. Auf morgen ist alles zum Jahrmarkt vorbereitet, ich freue mich sehr darauf, denn da sieht man auf einmal was die einen brauchen und was die andern anbieten.

Beykommendes an Rath Vulpius.

bey einbrechender Walpurgis-Nacht.

G.[5]


33/4.


An das Grenzzollamt bei Asch

[Concept.]

Ein löbliches K. K. Grenzzollamt wird aus der Beylage gefällig ersehen: daß Unterzeichneter einen Eimer Würzburger Wein, enthaltend achtzig Bouteillen, zu seinem eigenen Bedarf hierher bestellt, gegen dessen Einfuhr kein Anstand obwaltet.

Da nun dieser Wein, welcher zu Anfang April von Bamberg abgegangen, wahrscheinlich schon bey Demselben angelangt; so ersucht man um desfallsige baldigste Nachricht, da man denn von hier aus eine Fuhre hinschicken wird, um solchen abzuholen, wenn von dorther keine Gelegenheit fände. Im Fall der Wein nicht angekommen, erbittet man sich den Schein wieder zurück, da derselbe nicht in duplo ausgestellt wird, um sich anderweit zu erkundigen. Mit Bitte um baldige geneigte Beförderung der Sache.


[Beilage.]

Unterzeichneter hat, zu seinem Gebrauch während der Cur, einen Eimer Würzburger Wein, achtzig Bouteillen enthaltend, hierher bestellt, solchen aber bey seiner Ankunft nicht vorgefunden, deshalb der Wein auf der Gränze liegend zu vermuthen ist. Wahrscheinlich auf der Route von Asch, da derselbe von Bamberg kommt. Man bittet daher um gefällige[6] Verfügung, daß der Wein verabfolgt werde, auch um geneigte Belehrung wie er hierher zu schaffen.

Carlsbad den 1. May 1820.


33/5.


An Anton Beschorner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

denken ja nicht daß ich durch beykommende wenige Mineralien das reichliche Geschenk aufwiegen wollte welches Ihnen meine Sammlung verdankt. Diese kleine Gabe soll nur mein Andenken erneuern, und bezeugen, daß ich Ihrer in den Rheingegenden dankbar eingedenk gewesen. Ein dortiger Freund wünscht die hiebey verzeichneten in Schlackenwalde vorkommenden Mineralien; er hat mir die beykommende kleine Summe zu diesem Zweck übergeben, und Ew. Wohlgeboren werden mir eine besondere Gefälligkeit erweisen wenn Sie mir, insofern Sie Exemplare abgeben können, solche wollten zukommen lassen.

Die beiden Stücke Cölestin verdienen einige Aufmerksamkeit, das eine weil es noch auf der Mergelschicht aufsitzt, von welcher das Mineral sich gewöhnlich loslöst, das andere weil es stärker ist als der Cölestin gewöhnlich vorkommt.

Vielleicht habe ich das Vergnügen, Sie im Laufe dieses Monats abermals zu besuchen.

C. B. d. 1. May 1820.[7]


33/6.


An Joseph Sebastian Grüner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

bey meiner Durchreise zu begrüßen ist mir nicht gelungen, deswegen übersende den vor einigen Jahren von mir verfaßten Aufsatz über den Kammerberg. Vielleicht, da diese Angelegenheit jetzt wieder zur Sprache kommt, kann er einige Aufklärung geben. Sollte im Laufe dieses Monats bey der Nachgrabung sich irgend eine bedeutende Veränderung ergeben, dann bitte um Nachricht. Noch eine kleine Angelegenheit darf ich wohl hinzufügen: ich wünschte zu meiner Sammlung ein bedeutendes Stück Egeran, wo die aus einem Mittelpuncte ausgehenden Strahlen deutlich und die Crystallisationsweise dieses Minerals entschieden zu sehen wäre. Herr Amtsverwalter Wegner in Hoslau verwahrt gewöhnlich dergleichen Stücke und ist nicht ungefällig, und Ew. Wohlgeboren werden in Ihren Verhältnissen den sichersten Weg gehn, dazu zu gelangen. Jede Auslage erstatte mit dem größten Dank. Bey meiner Rückkehr wünschte mit Ew. Wohlgeboren den Kammerberg zu besuchen und was indessen geschehn näher zu betrachten. Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Carlsbad den 2. May 1820.[8]


33/7.


An Carl Friedrich Zelter

Dein lieber Brief vom 19. April trifft mich den 2. May in Carlsbad und erfreut mich gar höchlich. Zuvörderst will ich zu eurem Rafaelischen Fest Glück wünschen, es war gut ausgedacht und hat sich gewiß auch so ausgenommen; es macht es euch niemand so leichte nach. Laßt es immer Sitte werden, daß man die Heroen aller Art feyert, welche über die Atmosphäre des Neides und des Widerstrebens erhoben sind.

Die Musik hätte ich wohl hören mögen. Zu dem was du sagst kann ich mir wenigstens einen Begriff aufstellen. Die reinste und höchste Mahlerey in der Musik ist die, welche du auch ausübst, es kommt darauf an, den Hörer in die Stimmung zu versetzen, welche das Gedicht angiebt, in der Einbildungskraft bilden sich alsdann die Gestalten nach Anlaß des Textes, sie weiß nicht wie sie dazu kommt. Muster davon hast du gegeben in der Johanna Sebus, Mitternacht, Über allen Gipfeln ist Ruh, und wo nicht überall? Deute mir an, wer außer dir dergleichen geleistet hat. Töne durch Töne zu mahlen: zu donnern, zu schmettern, zu plätschern und zu patschen, ist detestabel. Das Minimum davon wird als Tüpfchen auf's i in obigen Fällen weislich benutzt, wie du auch thust. Und so verwandle ich, Ton- und Gehörloser,[9] obgleich Guthörender, jenen großen Genuß in Begriff und Wort. Ich weiß recht gut, daß mir deshalb ein Drittel des Lebens fehlt; aber man muß sich einzurichten wissen.

Vom 23. April an habe ich acht schöne Tage verlebt, vollkommen heiteres Wetter, leidlich Befinden, zur Beobachtung aufgelegt, Wetterzustand und Wolkenbildung mit Theilnahme betrachtend. In Alexandersbad besah ich mir die titanischen Felsenverstürzungen, die vielleicht ohne Gleichen sind. Seit dreißig Jahren, daß ich sie nicht gesehen habe, hat man sie durch architektische Gärtnerkünste spazierbar und im Einzelnen betrachtlich gemacht. Das Andenken eurer Königin schwankt und schwebt wundersam dazwischen.

Dann besuchte ich Marienbad, eine neue bedeutende Anstalt, abhängig vom Stifte Töpel. Die Anlage des Orts ist erfreulich; bey allen dergleichen finden sich schon fixirte Zufälligkeiten, die unbequem sind; man hat aber zeitig eingegriffen. Architekt und Gärtner verstehen ihr Handwerk und sind gewohnt mit freyem Sinn zu arbeiten. Der letzte, sieht man wohl, hat Einbildungskraft und Praktik, er fragt nicht wie das Terrain aussieht, sondern wie es aussehen sollte: abtragen und auffüllen rührt ihn nicht, und ein solcher ist besonders in gegenwärtigem Falle nötig. Mir war es übrigens, als wäre ich in den nordamerikanischen Einsamkeiten, wo man Wälder aushaut, um in drey Jahren eine Stadt zu bauen. Die niedergeschlagene[10] Fichte wird als Zulage verarbeitet, der zersplitterte Granitfels steigt als Mauer auf und verbindet sich mit den kaum erkalteten Ziegeln; zugleich arbeiten Tüncher, Stuccaturer und Mahler, von Prag und andern Orten, im Accord, gar fleißig und geschickt; sie wohnen in den Gebäuden die sie in Accord genommen und so geht alles unglaublich schnell. Ein Haus, das noch nicht unter Dach ist, soll im August schon zum Theil wohnbar seyn, ich mag wenigstens nicht hinein ziehen. Diese Eile jedoch und der Zudrang von Baulustigen (denn alle Baustellen nach einem regelmäßigen Plan sind schon vergeben) wird eigentlich dadurch belebt, daß ein Haus, sobald es fertig ist, im nächsten Sommer zehn Procent trägt; es kommt nun auf die Dauer an. Das Wasser läßt sich verschicken und geht auch schon stark nach Berlin. Schreib mir doch, ob Jemand von deinen Freunden Gebrauch davon machte? ich habe gutes Zutrauen dazu.


Profit vom gestrigen Jahrmarkt.

Parabel.


Zu der Apfel-Verkäuferinn

Kamen Kinder gelaufen,

Alle wollten kaufen!

Mit munterm Sinn

Griffen sie in die Hauffen; –

Sie hörten den Preis,

[11] Und warfen sie wieder hin

Als wären sie glühend heiß.


Was der für Käufer haben sollte,

Der alles gratis geben wollte.

Carlsbad d. 2. May 1820.

Nächstens mehr

G.


33/8.


An Josephine O'Donell

Kann Ihnen beykommendes Blatt, verehrte theure Freundinn, so lieb werden, daß Sie es zu der höchst verehrten Sammlung schmerzlicher Reliquien gesellen mögen, so machen Sie mich sehr glücklich. Im Laufe dieses Monats würde mich hier ein Wort von Ihrer Hand erfreuen u. erquicken. Wie habe ich Ihrer in Franzenbrunn wieder gedacht! Es ist was eignes um die örtlichen Erinnerungen! So auch hier!!

treulichst

Carlsbad d. 3. May 1820.

Goethe.


33/9.


An August von Goethe

Carlsbad, Mittwoch den 3. May 1820.

Der Carlsbader Jahrmarkt ist ganz munter vorübergegangen, die drohenden Wolken warfen nur Schneegestöber herunter und das war nur wenig unbequem. Ich hatte Lust verschiedenes zu kaufen,[12] allein erinnerte mich an deine Reisetugenden und so ging ich vorüber. Stadelmann hingegen hat einen trefflichen Egeran angeschafft, sieben Zoll lang, dreye breit und zwey hoch; man kann die Natur dieser merkwürdigen Gangart daran recht erkennen; die derbsten und dichtesten Stellen sind schon crystallisirt, strahlig wie du weißt, und wo der mindeste Raum ist, kommen die Säulen vor, wie wir sie auch einzeln besitzen. Dieses Stück wird dir viel Vergnügen machen.

Nachmittag um vier Uhr.

So eben kommt dein lieber Brief an vom 30. April früh acht Uhr, woraus ersichtlich ist, daß wir hoffen dürfen, in vier Tagen einander Nachricht zu geben: ich fahre daher fort verschiedenes niederzuschreiben.

Wenn es ein Trost wäre Unglücksgefährten zu wissen, so könnte ich dir sagen daß die Stadt Brix in Saazer Kreise von Grund aus abgebrannt ist, in Ungarn auch eine Stadt, bey Eger und Schleiz auch große Dörfer. Der Mensch bedenkt freylich nicht, daß er mit Holz, Brettern und Schindeln Scheiterhaufen baut, sie mit Scheitholz und Reisig, mit Stroh und Heu recht haushältig ausstopft und sie einem zufälligen Funken und eintretenden Windstoß anheim giebt. Da soll nun Gott wachen und schützen!

Ich höre, daß Herr Doktor Schütz in der Hälfte dieses Monats hierher kommt, mein Wand- und Thürnachbar zu werden; beschwere ihn nicht mit[13] vielem, aber kleine Sachen gieb ihm mit. Versäume auch nicht Hofrath Meyer zu sagen, daß er mir mit dieser Gelegenheit einiges schickt und schreibt. Erkundige dich, ob er mit einem dortigen Kutscher hierher geht, daß ich vielleicht ein kleines Kästchen zurücksende.

Die Charakterisirung Müllers war mir bekannt, sie wird dem Geschäft förderlich seyn. Wenn du im Laufe dieses Monats die beiden Stunden der Zeichenschule besuchtest, würdest du etwas Bedeutendes thun, bilde dir ein es stünde in der Registrande.

Alles andere ist gut. Nach eurem Urtheil solltet ihr das Trauerspiel Das Bild Herrn von Vitzthum übergeben und vielleicht allenfalls, wenn das Stück Beyfall fände und sich auf dem Repertorium erhielte, dem Autor ein billiges Honorar vorbehalten.

Noch eine Anfrage will ich hinzufügen. Wenn es euren häuslichen Zuständen, insofern ihr sie voraussehen könnt, nicht unbequem wäre, Herrn Nicolovius und die Seinigen im Juny oder July bey euch zu sehen, so würde ich, vor meiner Abreise, von hier aus ein freundliches Einladungsschreiben an ihn ergehen lassen, welches mir freundlicher scheint als wenn ich es nach meiner Zurückkunft thue. Berathet euch darüber und sagt mir eure Gedanken.

Eurem Frühling, wie du ihn meldest, kann ich das Gleiche nicht erwidern. Die Kastanien sind am weitesten hervor, obgleich mit noch verschlossenen[14] Blüthen, Buche und Vogelbeerbaum zeigen sich, besonders an sonnigen Stellen, die Linde ist am weitesten zurück, auch der Weißdorn zögert sich zu entfalten. Indessen sieht der abhängige Boden der Fichtenberge gar lustig aus. Anemone nemorosa zu Millionen belebt die tiefen Einsamkeiten, auch zieht sie sich auf abhängige sonnige Wiesenhügel, wo sie sich, in gleichfalls unzählbarer Gesellschaft der Schlüsselblumen, gar lieblich ausnimmt. Was aber dem Waldboden die wir bey uns in den Gewächshäusern kennen. Wer von Moosen ein Freund wäre fände sie hier in der größten Schönheit. Die Drosera ist mir auf dem Wege schon begegnet. Überhaupt merkt man, ohngeachtet der Gebirgshöhe, die Nähe des fünfzigsten Grades.

Donnerstag den 4. May machte es mit Schneesturm wirklich Ernst, so daß die Dächer weiß wurden und es eine Zeitlang blieben; doch wie die Wolken auseinander gehen, gleich ist die Frühlingssonne wieder da und wirkt mit Kraft. Da ist denn der Choteksche Weg gegen Mittag ein sehr angenehmer Spaziergang; wenn man nur nicht immer wieder auf den Scheiterhaufen von Schindeldächern hinunter sähe und in das präparirte Lauffeuer, in dem man auch mitbefangen ist. Das Wetter ist abwechselnd, Wolken und Atmosphäre liegen beständig mit einander in Streit. Gestern stürmte ein dichtes großflockiges[15] Schneegestöber gegen Mittag wohl eine Stunde lang. Heute will die obere Luft Herr werden, die Sonne scheint, der Himmel ist blau und es lassen sich Schäfchen sehn. Wolkenzüge zu beobachten hat es mir seit vierzehn Tagen nicht an Gelegenheit gefehlt. Besonders angenehm in dieser Jahreszeit ist die tägliche Verlängerung des Tags; man weiß gar nicht wie man dazu kommt. Ferner hat auch die Mayensonne, sobald sie wieder scheint, im Augenblick große Kraft und Wirkung.

Nun lebet wohl und nehmt noch zum Schlusse die Nachricht, daß die Cur mir sehr gut anschlägt, grüßet alles! von der Urgroßmama herab und zur Seite! Gedenkt meiner im Besten.

Carlsbad den 5. May 1820.

G.


33/10.


An Johann Heinrich Meyer

Da ich nun, mein theuerster Freund, wirklich eingerichtet bin, so will ich auch etwas direct von mir vernehmen lassen. Ich setze voraus, daß Sie von allen unterrichtet sind was ich an meine Kinder schrieb und wiederhole deshalb nichts davon. Die Reise ist mir sehr fruchtbar geworden, das schöne Wetter, die mannichfaltigen Gegenstände waren aufregend und belehrend, aber den größten Vortheil gewann ich durch Luft, Muth und Beyhülfe, daß alles, wie es gesehen[16] ward, auch sogleich aufgezeichnet werden konnte; ich habe schon ein ziemlich Fascikel Papier zusammen dictirt. Das Einzelne haben Sie allenfalls auch schon von meinen Kindern erfahren, im Ganzen darf ich aber sagen: daß ich für die beiden nächsten Hefte unserer Zeitschriften recht viel vorbereitet, ja ausgearbeitet habe, die langen Tage lassen sich trefflich nutzen, wenn man sich selbst überlassen und anheimgegeben ist.

Ich höre Herr Doctor Schütz wird mein Wandnachbar, in der Hälfte dieses Monats. Grüßen Sie ihn zum schönsten und schicken mir bey dieser Gelegenheit mancherley; auch Nachricht, ob jener Vorschlag auf ihn bezüglich angenommen worden? Es gäbe das grade Gelegenheit zu vertraulichen Unterhaltungen, die auf das Geschäft den besten Einfluß haben müßten, weil man sich wechselseitig verständigte über das, was zu wünschen und zu leisten ist. Wäre es nicht zu Stande gekommen, so schwiege man stille.

Hat Ruckstuhl etwas geschickt, so erbitte mir es. Mein Contingent wird bey der Rückkehr marschfertig seyn, von dem Ihrigen stehen die ersten Divisionen auch schon in Reihe und Glied; ich denke wir sollen dießmal besondere Freude daran haben. Käme uns nun noch ein Dritter zu Hülfe, so könnten wir uns zu einem neuen Zuge rüsten.

Daß der Großherzog Müllern den Professortitel gegeben hat wird Ihnen auch ganz angenehm seyn;[17] das Übrige läßt sich auch gut an und wird, wenn wir wieder zusammen kommen, zu besprechen seyn. Gehen Sie auf Ihrem Wege fort, doch besuchen Sie manchmal die Schulen im Jägerhause. Empfehlen Sie mich höchsten Orts zum allerschönsten und gedenken mein in allem Gute.

Die Briefe meines Sohnes habe ich bisher am vierten Tage erhalten, hätten Sie mir also etwas zu melden, so wissen Sie wann es zu mir gelangen kann. Alles Gute sey mit Ihnen.

Wenn man, wie ich vor meiner Abreise bestellt, Ihnen die Allgemeine Zeitung regelmäßig gebracht hat, so haben Sie die Güte sie einzupacken und durch Doctor Schütz gleichfalls zu senden. Seit vierzehn Tagen weiß ich kein Wort von der Welt und ihrem Vornehmen.

Hier zu Lande spielt man ein curioses Spiel mit Ablehnen und Abdämmen der Neuerungen jeder Art. Z.B. durch Magnetismus zu curiren ist verboten, auch nach der Hanemannschen Methode darf niemand practiziren; nun aber hat der sehr kranke und wahrscheinlich incurable Fürst Schwarzenberg Vertrauen zu dem neuen Theophrastus Paracelsus und erbittet sich Urlaub von dem Kaiser und Erlaubniß, auswärts sein Heil zu suchen, welches ihm denn auch nicht versagt wird. Nun noch tausend Lebewohl.

Carlsbad den 5. May 1820.

Goethe.[18]


33/11.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Carlsbad den 7. Mai 1820.]

Ew. Königliche Hoheit

nach verflossenen vierzehn Tagen wieder schuldigst und mit nicht ganz leeren Blättern aufzuwarten ist mir die angenehmste Pflicht.

Das heitere Wetter auf der ganzen achttägigen Reise war mir vielfach erwünscht, da zu so manchen andern Vortheilen sich auch noch der gesellte, daß ich, bey dem höchsten Barometerstande am 23. April Morgens 5 Uhr

28' 2'' 5'''

von Jena abreisend, so vom flachen Lande bis in's Gebirg und fernerhin, das Wolkenwesen und Treiben auf's genaueste zu beobachten Gelegenheit fand.

Da ich nun, täglich vor Sonnenaufgang aufstehend, zufällig immer gegen Morgen wohnte, sodann den ganzen Tag, unter freyem Himmel dahinfahrend, den Witterungsgang in seinem Verlauf, der Reihe nach, betrachten konnte, so habe ich, weil ein solcher Fall wohl selten wiederkehren möchte, alles sorgfältig von Stunde zu Stunde niedergeschrieben. Ich bereite einen kleinen Aufsatz darüber, mit bildlicher Darstellung, der dieser interessanten Lehre wohl zum Vorteil gereichen könnte, da sich am Ende dieselbigen Phänomene immer wiederholen und ihre Entwickelung aus einander allein den wahren Begriff geben kann.

[19] Das schöne Wetter verführte mich über Wunsiedel nach Alexandersbad zu gehen. Dort besah ich mir die titanischen Felsenverstürzungen, die vielleicht ohne Gleichen sind. Seit dreißig Jahren, daß ich sie nicht gesehen habe, hat man sie durch architektische Gärtnerkünste spazierbar und im Einzelnen betrachtlich gemacht. Das Andenken eurer Königin schwankt und schwebt wundersam dazwischen.

Dann besuchte ich Marienbad, eine neue bedeutende Anstalt, abhängig vom Stifte Töpel. Die Anlage des Orts ist erfreulich; bey allen dergleichen finden sich schon fixirte Zufälligkeiten, die unbequem sind; man hat aber zeitig eingegriffen. Architekt und Gärtner verstehen ihr Handwerk und sind gewohnt mit freyem Sinn zu arbeiten. Der letzte, sieht man wohl, hat Einbildungskraft und Praktik, er fragt nicht wie das Terrain aussieht, sondern wie es aussehen sollte: abtragen und auffüllen rührt ihn nicht, und ein solcher ist besonders in gegenwärtigem Falle nötig. Mir war es übrigens, als wäre ich in den nordamerikanischen Einsamkeiten, wo man Wälder aushaut, um in drey Jahren eine Stadt zu bauen. Die niedergeschlagene Fichte wird als Zulage verarbeitet, der zersplitterte Granitfels steigt als Mauer auf und verbindet sich mit den kaum erkalteten Ziegeln; zugleich arbeiten Tüncher, Stuccaturer und Mahler, von Prag und andern Orten, im Accord, gar fleißig und geschickt; sie wohnen in den Gebäuden die sie in Accord genommen und so geht alles unglaublich schnell. Ein Haus, das noch nicht unter Dach ist, soll im August schon zum Theil wohnbar seyn, ich mag wenigstens nicht hinein ziehen. Diese Eile jedoch und der Zudrang von Baulustigen (denn alle Baustellen nach einem regelmäßigen Plan sind schon vergeben) wird eigentlich dadurch belebt, daß ein Haus, sobald es fertig ist, im nächsten Sommer zehn Procent trägt; es kommt nun auf die Dauer an. Das Wasser läßt sich verschicken und geht auch schon stark nach Berlin.

Hier angelangt fing ich sogleich die Cur an, welche bis jetzt sehr vortheilhaft auf mich gewirkt hat.

Einen Frühling wie ich ihn draußen verlassen habe ich freylich hier nicht gefunden.

Die Kastanien sind am weitesten hervor, obgleich mit noch verschlossenen Blüthen, Buche und Vogelbeerbaum zeigen sich, besonders an sonnigen Stellen, die Linde ist am weitesten zurück, auch der Weißdorn zögert sich zu entfalten. Indessen sieht der abhängige Boden der Fichtenberge gar lustig aus. Anemone nemorosa zu Millionen belebt die tiefen Einsamkeiten, auch zieht sie sich auf abhängige sonnige Wiesenhügel, wo sie sich, in gleichfalls unzählbarer Gesellschaft der Schlüsselblumen, gar lieblich ausnimmt. Was aber dem Waldboden die wir bey uns in den Gewächshäusern kennen. Wer von Moosen ein Freund wäre fände sie hier in der größten Schönheit. Die Drosera ist mir auf dem Wege schon begegnet. Überhaupt merkt man, ohngeachtet der Gebirgshöhe, die Nähe des fünfzigsten Grades.

Das Wetter ist abwechselnd, Wolken und Atmosphäre liegen beständig mit einander in Streit. Gestern stürmte ein dichtes großflockiges Schneegestöber gegen Mittag wohl eine Stunde lang. Heute will die obere Luft Herr werden, die Sonne scheint, der Himmel ist blau und es lassen sich Schäfchen sehn. In der absoluten Einsamkeit habe sogleich vielfache Studien vorgenommen und lebe daher in selbstgewählter abwechselnder Gesellschaft.

Mit Brandes konnte ich mich bald befreunden, wozu die Einsamkeit freylich vieles beytrug. Ich fing mit der Wolkenlehre an, die er sehr einsichtig behandelt. Die Kupfer sind den englischen nachgestochen und geben leider kein lebendiges Anschauen mehr. Sodann hat mich der Aufsatz über den Höhenrauch, ingleichen über den Erdbrand in Island doppelt interessirt, indem er alte Erinnerungen weckte und jene Phänomene mir wieder frisch vor die Seele brachte.


33/12.


An das Grenzzollamt bei Asch

[Concept.]

Unter'm 1. May ist an das löbliche K. K. Grenzzollamt vor Asch, ein Curschein von hier aus abgegangen, in der Voraussetzung, daß ein Eimer Frankenwein, für Unterzeichneten bestimmt, alldort niedergelegt[20] worden sey. Da ich aber indeß ergeben, daß dieser Wein bey dem K. K. Grenzzollamt Mühlbach vor Eger niedergelegt worden, so ersucht man um die Gefälligkeit, gedachten Curschein an das Grenzzollamt Mühlbach gelangen zu lassen, mit dem Ersuchen, den gemeldeten Wein baldigst mit Gelegenheit anhero zu senden an Unterzeichneten, der sein Quartier in den Drey Mohren genommen hat.

Carlsbad den 7. May [1820].


33/13.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeb.

erwiedere sogleich meinen besten Dank für die so glücklichen Gedichte, die mich, am heitern, sonnigen Morgen, nachdem es die Nacht dem Wunsch aller Landleute gemäß, kräftig geregnet hatte, auf das lieblichste begrüßten; sie sind mir, wie die Veranlassungen, höchlich werth. Möge ich bey Ihren Familien- und Festkreisen immer gegenwärtig seyn!

Den verlangten Aufsatz übersende nächstens. Gegenwärtig nur das Nöthigste wegen Riemer. Sie werden Sich ein großes Verdienst erwerben wenn Sie ihn erhalten; ein solcher Verlust wird erst mit der Zeit mercklich, wo dann das Bedauern zu spät kommt.

Seine rasche Aufkündigung war die Folge einer Apprehension, die sich wahrscheinlich verlohren hat,[21] das Nähere werden Sie leicht von ihm vernehmen. Vielleicht empfindet er schon daß eine Orts- und Dienstveränderung auch Schwierigkeiten habe und Unannehmliches mit sich führe.

Soviel bemercke nur: daß ich ihm die dreyhundert Thaler bey der Bibliotheck, als Sine Cur auch gerne künftig gönne; in dem augenblicklichen Gang des Geschäfts wüßte ich nicht wie ich ihn wahrhaft und zweckmäßig wollte eingreifen lassen.

Den jungen Herrschaften ist auch an seiner Erhaltung gelegen und sie werden von ihrer Seite gern etwas thun. Dies alles nun sey Ihrer Einsicht und thätigen Klugheit anheimgegeben. Übrigens bemerke daß von dorther jedesmal d. vierten Tag Nachricht zu mir kommen kann.

Die Cur behandelt mich jedesmal sehr günstig, mein Befinden ist von der Art daß ich, wäre ich der Dauer gewiß, sogleich wieder zu Ihnen zurückkehren möchte.

Das Wetter war bisher wenigstens trocken, der Schnee verfliegt gleich, einige sehr schöne Stunden finden sich immer zum spazieren.

Die Einöde fängt an sich zu beleben. Frau Gr. v. der Reck, Fürst von Turm und Taxis sind angelangt, nebst anderen Ungenannten.

Empfehlen Sie mich ja Serenissimo gelegentlich, und sonst hominibus bonae voluntatis. Und Friede und Freude mit allen.

C. B. d. 8. May 1820.

J. W. v. Goethe.[22]


33/14.


An das Grenzzollamt Mühlbach bei Eger

[Concept.]

[Carlsbad den 9. oder 10. Mai 1820.]

Ein löbliches K. K. Grenzzollamt zu Mühlbach wird hierdurch höflichst ersucht: ein, durch den Fuhrmann Carl Wallich aus Gradlitz, bey demselben niedergelegtes Fäßchen Würzburger Wein, achtzig Bouteillen enthaltend, dem beykommenden Erlaubnißscheine gemäß, durch die erste sichere Gelegenheit, nach Carlsbad, an Unterzeichneten, wohnhaft in den Drey Mohren, gefälligst gelangen zu lassen.


33/15.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Da ich Ihnen, mein Theuerster, eine sehr angenehme Überraschung in Carlsbad verdanke, indem Sie Herrn Legationsrath Büchler meinen dermaligen Aufenthalt bekannt gemacht; so übernehmen Sie ja wohl auch den freundlichen Auftrag, diesem werthen Manne allerschönstens zu danken und mir bis zu meiner Rückkehr Stundung zu erbitten; wo ich die höchst erfreuliche Sendung umständlich zu erwidern und wohl auch einen Theil meiner Schuld abzutragen hoffen kann.

Mit der Brunnencur habe Ursache für dießmal sehr zufrieden zu seyn.

[23] Mögen Sie mich während meines Hierseyns mit der Nachricht erfreuen, daß es Ihnen wohl geht und ob die Kupferstichauction günstig für uns ausgefallen; so wäre es mir in meiner Einsamkeit höchst willkommen. In acht bis zehn Tagen könnte ich Ihren Brief schon erhalten.

Carlsbad den 10. May 1820.


33/16.


An Carl Franz Anton von Schreibers

Ew. Hochwohlgeboren

darf mit wahrer Zufriedenheit vermelden, daß ich den 29. vorigen Monats in Carlsbad eingetroffen und mich von den zeitherigen Curtagen schon sehr zu einem besseren Befinden gefördert fühle. Ich hatte vorher Marienbad besucht, eine Anstalt, welche allen denen, die dazu mitwirken, Ehre macht. Nun verfehle nicht, als ein zeitiger Staatsbürger der Monarchie, Hochdieselben auf's freundlichste zu begrüßen, um mir fernere gefällige Theilnahme zu erbitten. Ew. Hochwohlgeboren botanische Sendung an Gegenständen und Beziehungen ist indessen in Weimar glücklich angelangt und von meinem beauftragten Sohne sogleich Serenissimo zu höchstem Wohlgefallen übergeben worden.

Das mir und allen Naturfreunden so werthe Heft, die brasilianische Expedition betreffend, ist nicht etwa unbeachtet geblieben, eine Anzeige davon in der A. L. Z.[24] konnte nicht abwarten, der Redakteur jedoch wird sich es zur Pflicht rechnen, sie ungesäumt zu übersenden.

Darf ich nun, wie gewöhnlich, noch eine Bitte hinzufügen, so wäre es folgende: Im Pilsner Kreise, zwischen Cerhowitz und Radniz, auf einer Herrschaft des Herrn Grafen Sternberg, hat sich ein merkwürdiger verkohlter Urwald gefunden, es sey von Palmen, colossalen Farnkräutern oder gar Casuarinen, wovon Hochdenselben gewiß schon das Nähere bekannt ist. Der freundliche Doktor Heidler in Marienbad versprach mir davon zu verschaffen; allein ich bin überzeugt, daß ein Vorschreiben von Ew. Hochwohlgeboren an dortige Behörden wohl am ersten bewirken müsse, daß mir einige instructive Stücke nach Weimar gesendet würden. Allenfalls mit der fahrenden Post unter meiner Addresse. Ich nehme mir um desto eher die Freyheit zu dieser Bitte, als die Nachricht von diesem Naturphänomen meinen gnädigsten Herrn gar sehr interessiert, so daß Höchstdieselben, halb scherz- halb ernsthaft, bey'm Abschiede mich aufmunterten: da ich doch einmal so nahe sey, noch vollends hinzugehen, um gründlichen Rapport abzustatten; welches denn freylich mit meinem Alter und Befinden nicht vereinbar gewesen. Vor meiner Abreise nehme mir die Freyheit ein Kistchen Mineralien zu übersenden, welche diese Tage gewonnen. Gegen Schlackenwerth zu hat der Chausseebau einen Hügel aufgeschlossen, wo sich schöne und mannichfaltige pseudovulkanische Producte sammeln[25] ließen. Auch sprengen die Carlsbader, ihren Neben- und Hinterhäusern Raum zu gewinnen, manche Felsen. Hiebey wird jene merkwürdige Granitabweichung, welche verschiedene Arten des Hornsteins enthält, woraus der ganze Schloßberg, nicht weniger der Bernhardfelsen besteht, wieder frisch aufgeschlossen und bietet schöne Stufen dar. Vor dem 27. dieses würde mich ein freundliches Wort von Ihrer Seite hier antreffen und höchlich erfreuen.

gehorsamst

Carlsbad d. 10. May 1920.

J. W. v. Goethe.


33/17.


An Carl Friedrich Zelter

Nach Abgang des Blattes am 3. May fahre sogleich fort. Da du deine Wohnung veränderst, so melde wohin du ziehst, damit man dich auf dem Berliner Plane, den meine Kinder gar oft produciren, auch wieder suchen und besuchen könne.

Ich glaube gerne, daß du in der bewegten Stadt sehr zerstreut wirst; alles macht Forderungen an den, der etwas vermag, und darüber zersplittert er sein Vermögen; doch verstehst du gar wohl dich wieder zusammenzuhalten.

Möge mein Divan dir immer empfohlen bleiben. Ich weiß was ich hineingelegt habe, welches auf mancherley Weise herauszuwickeln und zu nutzen ist.[26] Eberwein hat einige Lieder gesetzt, sage mir dein Urtheil darüber. Deine Compositionen fühle ich sogleich mit meinen Liedern identisch, die Musik nimmt nur, wie ein einströmendes Gas, den Luftballon mit in die Höhe. Bey andern Componisten muß ich erst aufmerken wie sie das Lied genommen, was sie daraus gemacht haben.

Unter den Eberweinischen hat das eine:

pp Jussufs Reize möcht ich borgen pp

mich und andere besonders angesprochen (wie sie es heißen). Die Frau trug sie recht gut, fließend und gefällig vor.

Indessen sammeln sich wieder neue Gedichte zum Divan. Diese mohamedanische Religion, Mythologie, Sitte geben Raum einer Poesie wie sie meinen Jahren ziemt. Unbedingtes Ergeben in den unergründlichen Willen Gottes, heiterer Überblick des beweglichen, immer kreis- und spiralartig wiederkehrenden Erdetreibens, Liebe, Neigung zwischen zwey Welten schwebend, alles Reale geläutert, sich symbolisch auflösend. Was will der Großpapa weiter?


Wunderlich genug daß jener, von mir selbstaufgegebene und vergessene und vergessene Prometheus grade jetzt wieder auftaucht. Der bekannte Monolog, der in meinen Gedichten steht, sollte den dritten Act eröffnen. Du erinnerst dich wohl kaum, daß der gute Mendelssohn an den Folgen einer voreiligen Publication[27] desselben gestorben ist. Lasset ja das Manuscript nicht zu offenbar werden, damit es nicht im Druck erscheine. Es käme unserer revolutionären Jugend als Evangelium recht willkommen, und die hohen Commissionen zu Berlin und Mainz möchten zu meinen Jünglingsgrillen ein sträflich Gesicht machen. Merkwürdig ist es jedoch, daß dieses widerspenstige Feuer schon funfzig Jahre unter poetischer Asche fortglimmt, bis es zuletzt, real entzündliche Materialien ergreifend, in verderbliche Flammen auszubrechen droht.

Da wie aber einmal von alten, obgleich nicht veralteten Dingen sprechen, so will ich die Frage thun: ob du den Satyros, wie er in meinen Werken steht, mit Aufmerksamkeit gelesen hast? Er fällt mir ein, da er eben, ganz gleichzeitig mit diesem Prometheus, in der Erinnerung vor mir aufersteht, wie du gleich fühlen wirst, sobald du ihn mit Intention betrachtest. Ich enthalte mich aller Vergleichung; nur bemerke daß auch ein wichtiger Theil des Faust in diese Zeit fällt.

Nun zu der Witterung, als einem Haupterforderniß der Reise- und Badetage. Die obere austrocknende Luft hat gesiegt, alle Wolken sind verschwunden, der heutige Himmelfahrtstag ist ein wahres Himmelsfest.

Im Ganzen thut einen sehr angenehm-bemerkbaren Effect der, bey einem so hohen Sonnenstand, weit[28] zurückgehaltene Frühling. Es ist als wenn bey ihrem Erwachen die Bäume verwundert wären, sich schon so weit im Jahre zu befinden und von ihrer Seite noch so weit zurück zu seyn. Mit jedem Tage eröffnen sich neue Knospen und die eröffneten entwickeln sich weiter.

Sehr lieblich ist es daher gegen Sonnenuntergang die Prager Straße hinab zu gehen. Alle unbelaubten Bäume, bisher unbemerkbar, wenigstens unbemerkt, werden nach und nach sichtbar, wie sie ihre Blätter entfalten, und, von dem Sonnenlicht vom Rücken her beschienen, als völlig durchscheinend in ihrer eigenthümlichen Form dargestellt und kenntlich werden. Das Grün ist so jung, gilblich und völlig durchsichtig; an dem wachsenden Genuß kann man sich gewiß noch vierzehn Tage ergötzen. Denn selbst zu Pfingsten wird das erste Grün noch nicht völlig entwickelt seyn. Der Tag wächst, und so ist alles schön und gut. Möge das Schönste und Beste dir gegönnt seyn!

C. B. d. 11. May 1820.

G.


33/18.


An August von Goethe

Ein junger Gärtner Nahmens Joh. Wawack, der in Schlackenwerth gelernt, zieht nach Weimar, angelockt von dem hohen Ruf unsrer Gartenkünste; ich[29] begrüße Dich schönstens durch denselben, mit Versichrung des besten Befindens. Schicke den jungen Mann an die rechte Schmiede, es geschieht hiedurch einigen hiesigen Freunden Gefalle. Mit Dr. Schützens Ankunft schreibe und sende mehr. Meine Arbeiten gehen gut von statten. Lebet wohl. Grüßt.

C. B. d. 12. May 1820.

G.


Beym beständig schönsten mildesten Himmel.


33/19.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ein junger Gärtner der in Schlackenwerth gelehrt worden, mit Nahmen Joh. Wawack, zieht nach Weimar, angelockt von dem großen Rufe unserer Gartenkünste; ich begrüße Sie schönstens durch denselben, mit Bitte ihn freundlich aufzunehmen, zu prüfen und weiter zu befördern. Baumann wird wohl das Gleiche thun. Die Cur bekommt mir sehr wohl; Anfangs Juni hoffe bey Ihnen zu seyn, wo denn unser Haupt Geschäft ungesäumt anzugreifen wäre. Mit den besten Wünschen

Ew. Wohlgeboren

ergebenster

C. B. d. 12. May 1820.

Goethe.[30]


33/20.


An August von Goethe

Carlsbad den 15. May [1820].

Eine Schachtel ist gepackt, in Erwartung von Schützens Ankunft, nun wollen wir auch ein kurzes Brieflein zurecht legen.

Herr Geh. Legationsrath Conta hat mich, durch seine Gegenwart, mancherley Mitgebrachtes und Mitgetheiltes sehr erfreut, Rehbein soll für seinen Brief höchlich gelobt seyn. Heute am 14. kam dein Brief vom 9.; wobey ich vorläufig bemerke, daß das Zusammenhalten der Tagebücher und Witterungsnachrichten höchst interessant seyn wird: denn eben Nachts, zwischen dem 7. und 8. May, war hier ein gewaltsamer Regenguß ohne Gleichen. Übrigens ist, gegen einander gehalten, bey uns das Wetter erfreulicher als bey euch.

Steine übrigens werden zusammengeklopft gränzenlos, seitdem Stadelmann, der keinen Garten weiter zu versorgen hat, seine Thätigkeit, insofern Zeit bleibt, auf das Einsammeln geologischer Producte verwendet. Eine Gelegenheit begünstigt unsere Nachforschungen. Denn zu einer Ansiedelung am Bernhardsfelsen arbeitet man das Gestein bis unter die Füße des Heiligen weg, und wir gewinnen Fauststücke von der größten Schönheit. Vor vierzig Jahren hätte man eine solche Operation für gottlos gehalten.

[31] Alles was geschieht wird in Schriften verfaßt und in die ordentlichsten Actenstücke geheftet, so daß, wenn ich nach Hause komme, alles zum Nutzen und Gebrauch bereit liegt. Der Druck wird gleich angefangen und so giebt es auch wieder Unterhaltung.

Da, wie und die Erfahrung lehrt, immer 8-10 Tage zum Hin- und Wiederschreiben nöthig sind, so will ich festsetzen als wenn ich Sonnabend den 27. May von hier abginge, damit ihr in der Pfingstwoche nicht weiter schreibt; ich aber schreibe immer fort, weil es euch am Ende doch erreicht. Genau bestimmen soll man nichts, weil so mancherley sich ereignen kann.

Die Carlsbader fühlen sich dießmal einigermaßen verlegen; es sind noch nicht so viel Bestellungen da als sie wünschten; doch zweifle ich nicht, es werde sich nach und nach schon füllen.

Frau von Herder ist schon hier, seit dem 26. April. Ich habe bey ihrer Gefährtin Frau Scheidhauer anfragen lassen, welche versichert, daß es sehr gut gehe, auch gebe der Arzt die beste Hoffnung. Ich will mich nun näher umthun und sie besuchen wenn es angeht. Empfehlt mich Herrn Geh. Cammerrath Stichling und grüßt der Reihe nach auf- und abwärts.

Dienstag den 16. May. Dein guter Brief ist angekommen, und erfreut mich gar sehr, euer häuslich-geselliges Wesen, so wie das Genießen eures Besitzes: denn da glaubt man doch einmal zu sehen, daß Friede im Lande ist. Fahrt so fort und ich will[32] hoffen, daß ich auch wieder zu euch gelange wie ich mich jetzt befinde. Doctor Schütz ist noch nicht da, die Schachtel aber gepackt und besorgt. Auf dich bezieht sich eigentlich der Egeran und eine seltene Versteinerung.

Als meine Carlsbader Sammlung abgegangen war, verlangte der Fürst von Thurn und Taxis sie zu sehen; dadurch wurden wir veranlaßt, aus dem Bodenvorrath der Drey Mohren und dem neu zusammen Getragenen eine zweyte aufzulegen, die sich, auf blau geglättet Papier, recht stattlich ausnimmt, nachdem uns deren Bereitung einige Tage unterhalten hat. Frau Herzogin von Curland und Frau Gräfin von Reck habe einigemal besucht; sie sind so gut, einsichtig und unterhaltend wie immer und auch so klug, jederzeit ein paar frische junge Augen in ihrer Umgebung mitzuführen.

An Nicolovius werde ich vor meinem Abgange einen freundlichen Brief erlassen und in diesen wenigen Tagen noch manches abthun.

Ferneres Gute wünschend

G.


33/21.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

[Carlsbad, etwa 18. Mai 1820.]

Durch unseren Doctor Schütz ist Ihre Sendung glücklich zu mir gelangt und ich habe sogleich das Packet Zeitungen nach alter Weise durchstudirt, wo[33] ich immer die vorjährigen gebunden mit hierher nahm. Da sieht es denn doch nach einer Weltgeschichte aus, von Posttag zu Posttage ist es immer nur ein Klatsch.

Mir geht es seht wohl, ich werde aber doch gern zurückkehren; wenn man jemand kennen lernen, so weiß man schon in der ersten Stunde im voraus, was er während vier Wochen sagen wird. Es wird so entsetzlich viel gedruckt, daß man weder Vernünftiges noch Unvernünftiges hört, was man nicht so eben gelesen hat.

Das Antwortschreiben nach Berlin würde rathen so bestimmt zu lassen als möglich. Der Fall ist so individuell, daß auch alsdann noch ein Auswärtiger sich immer kaum eine richtige Vorstellung wird machen können. Indessen muß man das Mögliche thun, damit Zeit und Kosten der Reise nicht abermals vergeblich aufgewendet werden. Dieß ist, scheint mir, die einzige Klugheit, die in diesem Falle anzuwenden wäre.


33/22.


An Jacob Christian Gottlieb von Schäffer

Ew. Hochwohlgeboren.

würden mich nunmehr höchlich verpflichtet wenn Sie mir Tag und Stunde gefällig anzeigen wollten die mir das Glück verschaffen sollen Ihro Hochfürstliche Durchl. bey mir zu verehren und die neu aufgestellte, ziemlich vollständige Sammlung unterthänigst vorzuzeigen.[34] Fortdaurender Gewogenheit mich angelegentlichst empfehlend

C. B. d. 18. May 1820.

gehorsamst

J. W. v. Goethe.


33/23.


An August von Goethe

[Carlsbad, 17. – 23. Mai 1820.]

In augenblicklicher Ermanglung des Briefpapiers ein in folio.

Mittwoch den 17. May. Doctor Schütz überbringt mir deinen Brief und Beylage. Die Noth, welche dir des Kutschers Krankheit gemacht, habe ich viel bedauert; daß aber Walther die Masern hat, freut mich gar sehr. Ein zufälliges Übel, das aber doch einmal nothwendig ist, kann man nicht geschwind genug los werden; möge er glücklich durchkommen und an Wachsthum und Entwickelung gewinnen, so daß besonders Ottilie für Sorge und Pflege viel Freude erlebe.

Stadelmann hat sich schon Mühe gegeben wegen eines Quartiers für Frau und Lyncker; es sind auch mehrere nach Wunsch zu haben, niemand aber will sich seinen Monat zerreißen, welches den Leuten nicht zu verdenken ist. Man muß sich nun weiter umsehen.

Donnerstag den 18. May. Gestern mußte ich leider, wegen eingefallenem Regenwetter, meine bestellte Fahrt nach Schlackenwalde aufgeben, indessen findet sich auch hier manches Interesse. Wegen der schönen[35] Prager Straße gehen viele Reisende durch, die nur kurz verweilen. Herr von Richthof besuchte mich noch spät am Abend mit einem Gefährten; da er des andern Morgens bey Zeiten wegging, weiß ich nicht, ob es sich weiter umgesehen und für die Hauptcurzeit Quartier bestellt hat. Andere merkwürdige Personen sind gleichfalls nur vorübergegangen, und war mir angenehm, daß sie mich aufsuchten.

Die Prager Straße wird von mir fleißig bey Sonnenuntergang besucht; dergleichen An- und Aussicht findet sich selten. Herr Conta ist wohl und nimmt Theil an mineralogischen Excursionen, er hat es sich schon zur Pflicht gemacht, die Carlsbader Nummernfolge zusammenzubringen.

Auch die Zeitungen nehmen wieder einige Stunden weg, und so kommt man nach und nach in Gefahr, bey zunehmender Menschen-Bewegung abermals in den Strudel gezogen zu werden. Die Hauptsache ist, daß ich keine Einladung zur Mittagstafel angenommen habe, durch diese kleine Vorsicht bleibt man Herr von seiner Zeit.

Sonnabend den 20. May. Heute beehrte mich der Fürst von Thurn und Taxis mit seiner Suite, die schnell und wohl ausgestattete Sammlung anzusehen. Man schien mit meinem Vortrag zufrieden; ich gab den Begriff vom Ganzen, den verschiedenen Abtheilungen, und das Einzelne ergab sich von selbst in dem, was in die Augen fiel oder sonst durch irgend einen Bezug[36] als nützlich und angenehm hervorgehoben zu werden verdient.

Von Morgen an mache ich Anstalt, mich loszulösen, alles einzupacken und zu besorgen: denn grade in diesen acht Tagen fällt wahrscheinlich etwas neu Verbindendes und Anregendes vor, da man sich denn für einer Schluß-Verwirrung und Verführung hüten muß. Mein Befinden ist gut und so denke es auch wieder glücklich nach Hause zu bringen.

Nach vielen Bemühungen und abschläglichen Resolutionen sind es Stadelmann zufällig gelungen, der Frau von Lyncker ein wünschenswerthes Quartier zu verschaffen; ihr Verlangen ist erfüllt und der Preis für die Jahreszeit und Lage (selbst mit dem verglichen, was ich bezahle) sehr billig. Ich habe die Leute versichert, es seyen zwey der liebenswürdigsten Damen von Weimar, welche bey ihnen einkehrten; da werden nun gewiß beide Schönheiten, Mutter und Tochter, das Möglichste thun, uns in den besten Credit zu setzen. Beyliegendes Blatt zeigt das Nähere und macht die Übereinkunft sicher und gewiß.

Die ganze Woche verehren sie den heiligen Johannes von Nepomuk mit Gesängen auf der nahen Brücke, welche Andacht in stillen Abendstunden denn doch sehr lästig ist; nun folgt Pfingsten, das in der Kirche, und Trinitatis, welches bey der Dreyeinigkeits-Säule auf dem Markt gefeyert wird; Frohnleichnam bald darauf, und so geht das Leben in lauter Festlichkeiten[37] hin, ohne daß man recht eigentlich ein Fest gewahr werde.

Die wöchentliche Rechnung der Fr. von Lyncker ist also:


Wohnung 18 f. Silber 20 f. Fuß = 12 rh.

Pferde pp 12 f. Wiener Währung = 3:5 Gr

rh. 15:5 Sächsisch.

Sonntag den 21. May. In der Nacht war ein heftiger Platzregen gefallen, welcher, auf den Schindeldächern hin- und widerschlagend, den Schlaf einige Zeit verhinderte; früh konnte man aber doch an den Brunnen gehn, wo sich nach und nach viel Gesellschaft einfindet. Ich besuchte Prinz Carl von Schwarzburg, welcher sowohl als seine Gemahlin sich freundlich und wohlwollend unterhielten. Dann beschäftigte ich mich zu Hause mit Ordnen, Schreiben und Abschreiben, des baldigen Scheidens gedenkend. Die Professoren Hermann und Poelitz aus Leipzig besuchten mich. Leider haben sie eine so wunderliche Bergwohnung genommen, daß man sie auch bey dem schönsten Wetter kaum besuchen kann.

Abends richtete ich mich eben, die Frau Herzogin von Curland zu besuchen, als der gewaltsamste und allgemeinste Landregen einfiel.

Montag den 22. May. Heute klärt es sich schon wieder auf, die Luft ist lauwarm und sehr angenehm, nur muß man sich bey solcher Feuchtigkeit wohl in Acht nehmen.

[38] Und so will ich nun für dießmal schließen. Meine Absicht ist, Sonntag den 28. in Eger zu seyn. Was ich von da aus den Umständen gemäß finden werde, wüßte ich selbst nicht zu sagen. Im Lauf dieser Woche schreibe noch einmal und dann hoffe ich euch bald und fröhlich wieder zu sehen.

Dienstag, den 23.ten May, vermelde daß ein Kistchen mit 30 kleinen Flaschen Marienbader Kreuzbrunn ankommen wird, welches auszupacken und den Inhalt im Keller aufzubewahren bitte. Was an Serenissimum angekommen, überliefre. Die wenigen Tage giebts noch mancherley zu thun. Schönstens grüßend

G.


33/24.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

höchst erwünschte Zuschrift trifft mich, der freundlichen Absicht gemäß, gerade in dem Augenblick, da ich meine Trennung von Carlsbad vorbereite. Alle Ihre lieben und guten Segenswünsche sind in Erfüllung gegangen: denn ich wüßte kaum ein Jahr, wo mir der Gebrauch dieses Wassers so vortheilhaft gewesen wäre.

Die angekündigte kleine Sendung war so eben eingepackt, die Verzeichnisse, mit einigen Bemerkungen, niedergeschrieben, und so möge denn das alles zusammen Ihrer Nachsicht empfohlen seyn. Bey einem[39] weiten Umblick wissen Sie schon der Pedanterie des Monographen freundlich zu verzeihen, und weil wir Menschen doch immer meinen müssen, so werden Sie auch den hier und da geäußerten Meinungen nicht abhold seyn.

Die Geologie der hiesigen Umgebung beschäftigt mich schon mehrere Jahre: denn da die Ärzte sagen, man solle weder lesen noch schreiben und zuletzt auch nicht einmal denken; so möchte denn doch wohl das ruhige Anschauen der Natur unterhaltend und erquicklich bleiben. Hier sind es nun vor allem Felsen und Gestein, was unsre Aufmerksamkeit an sich zieht, Ältestes, Neueres und Neustes in die Tiefen der Vorwelt eingeschlossenes, sodann im Gegensatz an jedem Tage erzeugtes, wodurch man denn immer von der Wirkung zur Ursache und von der Ursache auf ein Höheres geleitet wird. In diesem Sinne habe ich nun seit bald vierzig Jahren Carlsbad besucht, immer Neues bemerkt und Bewundernswerthes gefunden.

Indem ich nun aber mich auf die von mir commentirte Joseph Müllerische Sammlung berufe, ein Exemplar meines früheren Aufsatzes beylege, so fällt mir ein, was früher meine Hauptfrage hätte seyn sollen, ob nämlich eine solche Sammlung sich wirklich in denen Ew. Hochwohlgeboren untergebenen Museen befinde? Sollte sie daselbst nicht vorhanden seyn, so würde ich bey meinem nächsten hiesigen Aufenthalt, vielleicht auch gar von Weimar aus,[40] wohin ich seit so manchem Jahre bedeutende Stücke gesendet, eine solche und zwar mit den neuesten Erfahrungen bereichert überschicken können, wo sich denn das gegenwärtig Übersendete gar wohl einschalten ließe. Hier am Orte ist seit Joseph Müllers Tod niemand, der sie zusammenbrächte, ob sich gleich viele mit dem Einzelnen befassen.

Der geologische Bestand des Urgebirgs in seinen wunderlichsten Abweichungen, bis zuletzt die großen Kohlenlagerungen sich ansiedelten und diese wieder Erdbrände verursachten, giebt zu [so] mannnichfaltigen Betrachtungen Anlaß, daß der Curgast sich selbst und seine Übel vergißt und man für lauter Denken nicht zum Denken kommt.

Schließlich kann ich mich aber nicht enthalten, mit wenig Worten auszudrücken, wie sehr mich der Umstand rührt, daß meine Sendung in der Nähe von jener verwahrt werden soll, die von der Umgegend von Töplitz sich durch die Vorsorge der Höchstverehrten schon dort befindet. Diese Sammlung, der ich mich noch recht wohl erinnere, bezeichnet eine für mich entscheidende, höchst glückliche Zeit, und ich will lieber mit fremden als mit eigenen Worten schließen:

Infandum jubes renovare dolorem.

Carlsbad den 23. May 1820.[41]


33/25.


An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

Sie vernehmen gewiß, hochverehrter Freund, mit Vergnügen, wenn ich, zu Ende meiner Carlsbader Cur, heiter und froh vermelde, daß ich derselben in allem Guten gedenken kann. Ich habe seit meiner Abreise von Hause fünf sehr glückliche, unterhaltende, belehrende Wochen verlebt. Nun ergiebt sich aber eine ganz natürliche Folge, daß, nach einem so wohl durchbrachten Frühjahr, mir auch ein Sommer wünschenswerth sey, der sich daran mit gleicher Wohlthätigkeit anschließe, und da finde ich für Gemüth und Sinn keine Aussicht, die mir mehr schmeicheln könnte, als Sie, mein Theuerster, mit Ihren lieben, auch uns Angehörigen in den schönsten Jahrestagen in Weimar zu besitzen.

Es scheint wirklich Zeit zu werden, daß der zwischen uns so lange, wunderbar genug, niederhängende Schleier endlich falle und eine herzlich anerkennende Gegenwart uns für die Zukunft traulich vereinige. Durch meine Kinder ist ein guter Grund gelegt, lassen Sie uns auf demselben fortbauen! Ja, ich sehe es schon als Symptom der Gesundheit an, daß ich wage, Sie in der zweiten Hälfte Juny einzuladen, mit einem gewissen sichern Gefühl, daß ich Sie auch mit beiderseitigem Behagen werde empfangen können.

Lassen Sie diese Vorahndung sich glücklich erfüllen,[42] denn leider hat, im Gegentheil, ein Mißtrauen auf meine nächsten Gesundheitszustände mich gar oft von guten und erfreulichen Vorsätzen abgehalten. Lassen Sie mich bald in Weimar eine geneigte Zusage vernehmen.

Carlsbad den 24. May 1820.


33/26.


An Carl Friedrich Zelter

Zum Abschiedsgrus ein Liedlein, welches du mit Liebe entziffern und beziffern mögest. Meine Tage sind gesund und froh vorübergegangen. Nun eil ich nach Hause, wo ich von dir zu hören hoffe.

Carlsb. d. 24. May 1820.

G.


St. Nepomuks Vorabend.

Carlsbad, den 15. May 1820.


Lichtlein schwimmen auf dem Strome,

Kinder singen auf der Brücken,

Glocke, Glöckchen fügt vom Dome

Sich der Andacht, dem Entzücken.


Lichtlein schwinden, Sterne schwinden;

Also löste sich die Seele

Unsres Heil'gen, nicht verkünden

Durft' er anvertraute Fehle.


Lichtlein schwimmet! Spielt ihr Kinder!

Kinder-Chor, o! finge, finge!

Und verkündiget nicht minder

Was den Stern zu Sternen bringe.[43]


33/27.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

kann nun wohl am Ende meiner hiesigen Laufbahn vermelden, daß Thal und Gegend sich recht pfingstmäßig ausgeschmückt haben und daß an Blüthen und Blättern weiter nichts zu wünschen mehr übrig bleibt. Die Kronleuchter der Kastanien glaube nie so schön gesehen zu haben, es sind Fackeln darunter von einem Fuß bis achtzehn Zoll, vorzüglich an der Sommerseite. Alles steht so frisch und jung als man es nur wünschen kann, es donnert und regnet und hellt sich bald wieder auf, die Luft bleibt immer warm und der Zustand ist sehr angenehm. Die Einrichtung der Lohnfuhren läßt jede Stunde nutzen und ich habe die Gegend kreuz und quer nach geologischen Zwecken durchfahren. Conta erinnert sich seiner frühern Studien dieser Art und ist ein angenehmer Theilnehmer an solchen mitunter etwas schroffen Studien.

Indessen habe ich manches Neue und im Ganzen für interessant zu Haltende bey diesen Bemühungen aufgefunden, wovon ich das Bedeutendere an Herrn v. Schreibers gesendet, mit Beschreibung und Bemerkung. Der wackere Mann, den ich gleich bey meinem Eintritt in Carlsbad brieflich begrüßt, hat mir schon wieder geantwortet und besonders Hoffnung gemacht,[44] von jenem Urwald nächstens unterrichtende Exemplare ankommen zu sehen.

Auch Frau Gräfin O'Donell habe ein von ihr längst gewünschtes, auf Hinterlassenschaften Ihro Majestät der höchstseligen Kaiserin, die unsere Freundin als Reliquien bewahrt, deutendes Gedicht übersendet. Sie ist gar so gut und erwidert in der bekannten Art jedes Andenken. Ew. Hoheit sind immer der Anfang und das Ende ihrer freundlichen Erinnerungen. Nun muß ich aber vor allem der dringend aufgetragenen Empfehlung gedenken, womit mich der Fürst von Thurn und Taxis für Ew. Hoheit belud. Auf die Carlsbader Mineraliensammlung, die ich recht stattlich und vollständig wieder zusammengelegt und durch die letzten Excursionen bereichert hatte, war er aufmerksam gemacht worden und besuchte mich mit den Seinigen gar freundlich. Sie nahmen alle zusammen an meinem consequenten Vortrag verständig heitern Antheil. Es gab Gelegenheit, manche Bemerkung zu machen, in's Allgemeine deutend und dann wieder in's Einzelne, Besondere, Nutzbare.

Frau Herzogin von Curland wünscht gleichfalls ihr Andenken erfrischt zu wissen. Noch geht der Quell nicht aus eigener Anmuth, um die Menschen anzuziehen und zu verbinden.

Prinz Carl von Sondershausen darf ich nicht vergessen, dem ich und seiner Gemahlin zur guten Stunde aufgewartet.

[45] Höchst erfreulich war es mir auch, Professor Hermann aus Leipzig nach vielen Jahren wiederzusehen; er ist noch so wacker und nett wie jemals, sein Dämon ist ihm getreu geblieben.

Mehrerer gedenke ich nicht, obgleich noch manche Persönlichkeiten mich anziehen würden, wenn ich nicht abschließen müßte.

Bevor ich mich also hierdurch beurlaube, bemerke nur noch, daß die Carlsbader Bürger ganz angelegentlich die Frage wiederholen: ob denn Ew. Hoheit, da Sie doch sonst dem Bade günstig gewesen, nicht auch dasselbe abermals besuchen und die gute Meinung für dasselbe begünstigen möchten.

Nach meinen jetzigen Zuständen darf ich wohl als gewiß annehmen, daß ich Sonntag in Eger eintreffen werde. Den ächten Vulkan des Kammerbergs zwischen Eger und Franzensbrunn wünschte zu besuchen; man hat in dem sogenannten Krater nachgegraben; was auch daselbst vorgekommen sey, ist immer interessant.

C. B. d. 26. May 1820.


33/28.


An Sulpiz Boisserée

Ihr lieben Brief, mein theuerster, gelangte bald nach meiner Ankunft zu mir, bey meiner Abreise soll Gegengrus und Danck erfolgen.

Seit fünf Wochen ist mir alles gelungen, das[46] günstigste Wetter, der Genuß eines zurückgehaltnen, endlich gewaltsam durchbrechenden Frühlings, wenige, aber gute Gesellschaft und ein Befinden wie ich es verhältnißmäsig nur wünschen konnte. Möge ich nun auch glücklich nach Hause gelangen und baldigst hören daß es Ihnen auch wohl gelingt. Die schönsten Grüße!

treulichst

C. B. d. 26. May 1820.

Goethe.


33/29.


An August von Goethe

Daß ich in Eurer Nähe wieder sey verkündiget dieser Bote. Nun wünsch ich durch denselben:

1. Zu erfahren wie es Euch geht, besonders Waltern.

2. Zu erhalten was an mich gekommen, die Packete von Nees v. Esenbeck pp.

3. Eine Portion Wein, mit der Bitte mich des edlen Trancks nicht ermanglen zu lassen.

4. Kutscher, Pferde und Troschke wären angenehm, wenn sonst nichts entgegen steht.

5. Vermelde daß es mir wohl ergangen, daß ich mich aber stille hier halten will, um fortwährend Gutes zu hoffen.

Der Eurige

Jena d. 31. May 1820.

G.


Beyliegendes Schreiben sendest du alsbald aufs Schloß.[47]


33/30.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Jena, 1. Juni 1820.]

Ew. Königl. Hoheit

Höchsterfreulicher Willkommen begegnet mir im Augenblick meiner Ankunft, wie konnte man besser empfangen werden? Auf der ganzen Reise hatt' ich vor Augen was ich Aufregendes, nutzbares, eingreifendes mit zurückbringen konnte, möge es mir auch nur zum Theil gelungen seyn! Die Hoffnung Höchstdieselben hier zu sehen wird mich an dem Platz halten, wo doch so mancherley zu thun und vorzubereiten ist. Unverbrüchlich

unterthänigst


33/31.


An August von Goethe

Gefälligst zu gedenken.

1. Eine Kiste mit dreyßig kleinen Flaschen Marienbader Wasser wird ankommen oder angekommen seyn; ich wünsche sechs Fläschchen davon herüber.

2. Auch werden drey Kisten Mineralien ankommen, welche bis zu meiner Rückkunft stehen bleiben.

3. Ich wünschte einen Bogen durchscheinend Pappelpapier, es müßte um eine Rolle gewickelt werden.[48]

4. Könntet ihr mir etwas Krebse senden, allenfalls in Gelée, oder auch lebendig, so thut ihr mir eine Liebe.

5. In denen mancherley Sendungen war viel Angenehmes. Sind nicht auch Bremer Zeitungen dabey gewesen? Wenigstens Ikens Brief meldet davon als Beylage.

6. Johnen sende herüber: denn obgleich vier gut schreibende Hände mir zur Seite sind; so haben sie alle doch sonst zu thun, und in den besten Stunden entbehre ich sie.

7. H. Nicolovius habe auf die zweyte Hälfte des Juni freundlichst eingeladen. Das Übrige besorgt nun. Wenn er auch später, im Juli und Anfangs August erst abkommen kann, so ist es auch schön und gut. Freylich kann Otiliens Befinden, das ich herzlich bedaure, uns wegen dem Empfang der theuren Gäste einige Sorge machen.

8. Betreibe nunmehr die Hauptrechnung und sende sie bald herüber, damit ich mir Übersicht des Ganzen verschaffe.

9. Fascicel Museums Zustände. Etat zugleich.

Jena d. 2. Juni 1820.

G.

10. Meyers Herüberkunft Sonntag oder Montag zu besprechen.[49]


33/32.


An Carl Emil Spiegel von und zu Pickelsheim

Ew. Hochwohlgeb.

freundlichst zu begrüßen ergreife die Gelegenheit, daß so eben ein Lachs gefangen wird, welchen frisch geschlachtet übersende. mit dem Wunsche daß es unsern gnädigsten Herrschaften und Ihro Sonntags Gästen möge ein angenehmes Gericht seyn. Mich angelegentlichst zu empfehlen bittend füge den Wunsch hinzu: daß meiner guten Schwiegertochter ein schmackhafter Bissen davon zu Theil werde. Mich geneigter Aufnahme bey nächster Zurückkunft empfehlend

gehorsamst

Jena d. 3. Juni 1820.

Goethe.


33/33.


An Johann Heinrich Meyer

Da ich unter 10 bis 14 Tagen nicht von hier abkommen kann, so wäre mir sehr angenehm Sie, theurer Freund, hier zu sehen. Erwarte Sie daher Montag d. 5.ten. Es giebt doch mancherley zu besprechen und zu verhandeln, und freue mich auf mancherley Mittheilungen.

Jena d. 4. Juni 1820.

G.[50]


33/34.


An August von Goethe

Dießmal, meine lieben Kinder, hab ich wenig zu sagen und mache daher mein Schreiben durch eine Melone schmackhaft; gedenkt mein, wenn ihr sie zusammen verzehrt. Ich wünsche dagegen:

1. Mitternacht und

2. Über allen Gipfeln, Musik und Text.

3. Die kupferne Gluthpfanne.

4. Was ich an Acten und sonst wünsche, hab ich Kräutern geschrieben.

Des guten Meyers Gegenwart hat mich sehr angenehm nach Weimar versetzt, welches mir um so erfreulicher war, als ich sobald nicht werde von hier wegkommen.

Sende mir was einläuft, gieb mir von Zeit zu Zeit Nachricht; Ottilien danke für ihr Schreiben.

Die Kerne der Melone erbittet man sich zurück.

Jena den 6. Juni 1820.

G.


33/35.


An Friedrich Theodor Kräuter

Es wäre mir angenehm gewesen, mein guter Kräuter, von Ihnen zu hören, und durch Sie von Weimarischen Zuständen und Begebenheiten; nun da ich in der Nähe bin, werd ich Sie von Zeit zu Zeit[51] um eins und das andere ersuchen. Gegenwärtig wünschte ich:

1. Den kleinen Atlas von Böhmen; er liegt, wie ich glaube, mit auf den untern Repositorien bey den anderen Landcharten-Bänden. Er ist nur aus freyer Hand geheftet und nicht in Pappe, auch ist vornen eine Charte von Böhmen hineingeklebt.

2. Die kleine Postcharte auf Leinwand gezogen, das Königreich Böhmen auf der Rückseite.

3. Papier von allen Sorten, besonders etwas Briefpapier.

4. Die Acten des Aufsatzes über die hiesigen Museen, den wir vor einigen Jahren hier zusammenschrieben.

5. Die Acten, worinnen der Besoldungs-Etat der sämmtlichen Großherzoglicher Ober-Aufsicht untergeordneten Personen befindlich.

Mit den besten Grüßen und Wünschen

Jena den 6. Juni 1820.

G.


33/36.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hiebey, mein lieber Freund, die zurückgelassene Pappe, ich habe die Abschrift Ihres löblichen Aufsatzes hinein gelegt. Außer wenigen, hie und da veränderten Worten wünscht ich, daß Sie mir einen Zusatz erlaubten, den ich an ihr Manuscript[52] mit rother Tinte beygeschrieben habe; diese Stelle giebt sodann einen Text, über welchen viel zu commentiren ist.

Die kleine Felsenlandschaft empfehle zu geneigter Besorgung; ich arbeite fort am Text und wir könnten auch nach und nach die intentionirten Kupfer zu Stande bringen.

Ich such nach des Erzpedanten Menke hypochondrischen Äußerungen über den Everdingischen Reinecke; kann ich sie vor Abhang dieses Blattes finden, so leg ich sie bey. Überhaupt scheint Selbstgefälligkeit und Mißbehagen, beides aus Unzulänglichkeit entspringend, in Bremen zu Hause zu seyn.

Leben Sie wohl, empfangen Millionen Dank für Ihren Besuch.

Jena den 6. Juni 1820.

G.


33/37.


An Carl Friedrich Zelter

Jena den 6. Junius 1820.

Also will ich vor allen Dingen melden, daß deine Briefe sämmtlich, früher oder später, zu mir gelangt sind:

Vom 19. April,

Vom 13. May,

Pfingsttag,

Evangelium am Pfingstmontag,

Vom 2. Juni, mit dem lieben Nepomukchen.[53]

Woran ich mich denn durchaus höchlich erbaut habe und mich zu dem allerschönsten Dank hiedurch bekenne. Einzelne Betrachtungen, wozu mich deine Worte verleiteten, wurden sogleich aufgeschrieben und ich werde sie dir nach und nach aus meinen Papieren ausziehen. Gegen alles so vielfache Gute hab ich freylich nur zu erwidern: daß ich, in meiner Einzelnheit mannichfaltige Existenzen berührend, in fremde Zustände eindringend, gar viel Gutes und Nützliches erfahren habe. Auch hat sich in vielen einsamen Stunden eine solche Schreib- und Dictirseligkeit bey mir entwickelt, daß mehr Papier in diesen sechs Wochen ist verschrieben worden als sonst jemals, welches viel heißen will; wobey manches Erfreuliche aus den lethäischen Untiefen herausgefischt wurde, wovon dir dein gebührendes Theil nicht vorenthalten werden soll.

Vier Gedichte zum Divan, und zwar zum Buch des Paradieses, haben mich selbst überrascht, deshalb ich nicht zu sagen wüßte, wie sie gerathen sind.

Nun will ich also in umgekehrter Ordnung auf deine Briefe einiges erwidern. Eigentlich bin ich so früh in's Bad gegangen, um die Monate Juny und July, auch den halben August, in diesen Gegenden zuzubringen. Dein Besuch sollte mir höchst erfreulich seyn, nur bitte um Meldung und Verabredung, weil ich die ganze Zeit über von mancherley Äußerlichkeiten abhänge. Deine Gegenwart wird mir die[54] erfreulichste Ermunterung werden. Soll ich aber nun nach Berlin denken, so macht mir's eine traurige Empfindung, daß ich des Guten, was mir dort zu Theil werden sollte, mich nicht erfreuen darf.

Ich habe auf der letzten Reise zwar mancherley gewagt und unternommen und es ist mir alles geglückt, aber genau besehen blos deswegen, weil nicht allein jeder Tag und Stunde, sondern auch jeder Augenblick von mir abhing; ich konnte bis an's Ende meiner Kräfte gehen und zuletzt, ohne Rücksicht, rechts, links wenden oder auch umkehren. Wie ist dieß in einem so großen complicirten Zustande denkbar? Wenn du kommst, wollen wir das Weitere behandeln.

Was soll ich aber nun zu eurer Faustischen Darstellung sagen? Die treue Relation, die ich dir verdanke, versetzt mich ganz klar in die wunderlichste Region. Die Poesie ist doch wirklich eine Klapperschlange, in deren Rachen man sich mit widerwilligem Willen stürzt. Wenn ihr freylich wie bisher zusammenhaltet, so muß es das seltsamste Werk seyn, werden und bleiben, was die Welt gesehen hat.

Für den singbar zurückkehrenden Heiligen danke zum allerschönsten; der heilige Geist wird sich zu seiner Zeit schon selbst auszubilden wissen, und so will ich nach und nach das Weitere vermelden, und für unser Zusammentreffen soll doch noch manches übrig bleiben, was von Angesicht zu Angesicht am besten sich ausnimmt.

[55] Zu Ausfüllung des Platzes erzähle folgendes: Vor etwa einem Jahr erzähl ich meiner Schwiegertochter, da wir gerade allein sitzen, ein Geschichtchen, dergleichen du manche kennst und wie ich noch verschiedene im Sinne habe. Sie verlangt es zu lesen, ich muß ihr aber sagen, daß es nur in meiner Einbildungskraft waltet. Die Zeit her hab ich kaum daran gedacht. Jetzt komm ich nach Schleiz, etwas früh, und habe lange Weile, ziehe gerade ein Buch Schreibpapier und einen leicht schreibenden Wiener Schwarzkreide-Stift aus meinem Portefeuille, fange an die Geschichte zu schreiben. Jetzt da ich sie abdictire, wo ich wenig zu verändern weiß, find ich sie ziemlich in der Hälfte, das Weitere wird sich wohl geben.

Jena den 7. Juni 1820.

G.


33/38.


An August Hermann

[Concept.]

[Jena den 8. Juni 1820.]

Ob ich gleich in die Bedingungen, welche Natur uns auferlegt, mich gern und willig füge, so hätte ich doch bey'm Empfang Ihrer zutraulichen Sendung mich jünger gewünscht, um auf Ihre Arbeit mit gutem Rath und Willen einwirken zu können. Gegenwärtig aber bleibt mir nur noch Kraft für die nächste unausweichliche Pflicht; alles Andere muß ich abweisen,[56] meiner Selbsterhaltung willen; nehmen Sie freundlichen Dank für die Mittheilung Ihrer glücklichen Wanderungen, denen ich, da es ohne körperliche Anstrengung geschehen konnte, gern über Stock und Stein gefolgt bin. Ein künftiger Wallfahrer wird dieser Reihe von Darstellungen, als wegweisendem Faden gerne folgen. Mehr darf ich nicht sagen, denn die Stunde stürzt hin.

Jena den 2. Juni 1820.


33/39.


An Georg Gottlieb Güldenapfel?

Anfrage.

Ist von den Manuscripten, besonders dem größeren des Chronicons des Otto von Freysingen, schon irgendwo eine gedruckte Nachricht vorhanden, erbitte mir solche.

Jena den 8. Junius 1820.

Goethe.


33/40.


An Johann Heinrich Meyer

Hier folgen, mein theuerster Freund, die Ruckstuhlischen Papiere, mit denen ich nicht recht fertig werden kann. Die Aufsätze sind gut gedacht, auch nicht übel geschrieben, aber es fehlt ihnen ein gewisses Letzte, das Ansprechende, Anziehende, Überzeugende; erst dacht ich einen davon, etwa den über die Brücken, abschreiben[57] zu lassen, denn die Correcturen zerstreuen die Aufmerksamkeit. Da es aber ohnehin so viel zu thun giebt, und die Wesselhöftische Officin so im Zug ist, daß ich wöchentlich zwey Bogen zur Revision erhalte, so muß ich mich zusammen nehmen und die Schreibenden auch, da ohnehin gar manches außerdem zu fördern ist. Studiren Sie daher diese Bogen ruhig und sagen mir, wie es sich damit verhält. Unser dießmaliges Stück wird wirklich glanzreich, und ich fürchte, unser rheinische Freund erschien' in solcher Gesellschaft mehr verdunkelt als billig ist.

Empfehlen Sie mich in Belvedere zum allerbesten und schönsten.

Jena den 11. Juni 1820.

G.


33/41.


An Wilhelm Rehbein

[Concept.]

Gleich nach meiner glücklichen Ankunft in Jena, hätte ich Ihnen gern, werthester Herr und Freund, von dem glücklichen Verlauf und Erfolg meiner Cur Nachricht ertheilt und schriftlich Rechenschaft gegeben, wenn ich nicht gehofft hätte, Sie hier einmal mündlich zu begrüßen. Nun will ich nicht länger säumen zu versichern, daß mir das Carlsbader Wasser, besonders der Neubrunn, dieses Jahr bessere Dienste geleistet als je und daß sich die Wirkung bis jetzt noch nicht verläugnet. Möge es immer so weiter gedeihen!

[58] Auch in Marienbad bin ich gewesen, das Wasser hat mir Zutrauen eingeflößt und ich habe mir dreißig kleine Krüge bestellt. Auf die Wirkung werd ich genau Acht haben, da ich mich hier gar wohl abwarten kann. Das beykommende Büchlein von Doctor Nehr wird Ihnen Vergnügen machen, besonders die Geschichte des allmählichen Entstehens, durch Beharrlichkeit des guten Mannes, der nun endlich sein Werk auf einen hohen Grad von Ausführung gebracht sieht. In den Krankengeschichten werden Sie sich an der Humoralpathologie nicht stoßen und solche in einer anderen Sprache, vielleicht jetzt in die Hahnemannische übersetzen. Den sechsten Abschnitt empfehle besonders, wovon die Überschrift auf eine seltsame Terminologie hinweist.

Da sich der Marienbader Kreuzbrunnen gar wohl verschicken läßt, so hat er schon großen Abgang, nicht allein nach Prag, Wien und ganz Böhmen, sondern auch nach Breslau und Berlin. Es wäre zu wünschen, daß man auch in Weimar denselben Brunnen in kleinen Flaschen haben könnte, ich würde die Addresse geben, auch die Art und Weise anzeigen, wie solcher am bequemsten zu überkommen. Hofrath Döbereiner wird, sobald ich meine Flaschen erhalte, das Wasser auf's neue zerlegen.

Übrigens nehmen Sie Beykommendes als eine dankbare Anerkennung so vieler treulicher Vorsorge, nicht als ein Äquivalent derselben, freundlich auf.

[59] Zu der bevorstehenden häuslichen Epoche alles Glück wünschend.

Jena den 11. Jun. 1820.


33/42.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

nochmals für gnädige Gegenwart dankend nehme mir die Freyheit einiges nachzubringen.

1. Der Professor von Gödör, welcher Höchstdieselben, in beyliegendem Brief, der in meiner Abwesenheit eingegangen, um den Rathstitel bittet, hat hieselbst studirt, promovirt und zu lesen angefangen, seine Absicht war sich dem akademischen Leben zu widmen, allein auf dringendes Verlangen seines Vaters ist er zurückgekehrt und in Ungarn angestellt worden. Ich habe ihn nicht persönlich gekannt; indem ich mich aber nach ihm erkundige, vernehme ich nichts als Gutes. Inwiefern jedoch der erbetene Charakter zu ertheilen sey, muß Höchstem Ermessen einzig überlassen.

2. Das wunderbare Phänomen der in die Gräber eindringenden Lindenwurzeln ist höchst interessant; sowie ich auch jetzt in Carlsbad abermals das Eindringen von Kiefernwurzeln und das Anschwellen derselben, obgleich in gedruckter Gestalt, in die Spalten des Granitgebirgs zu beobachten Gelegenheit hatte, da wo Felsen abgearbeitet werden.

[60] 3. Erbitte mir das von Hüttner zuletzt eingesendete Stück von Morning Chronicle vom 11. May.

4. Sodann erbitte mir gelegentlich einige Aufklärung über beykommendes, von Geh. Legations-Rath Conta mir mitgetheilte ganz verrückte Manuscript, aus welchem jedoch eine Art ironisch-methodischer Tollheit hervorblickt.

5. Ferner werden Ew. Königliche Hoheit nicht ungnädig vermerken, daß ich mich des Amsterdamer verödeten Rathhauses alsbald angenommen und solches in acht Tagen wenigstens aufgestellt zu sehen hoffe, da man denn die völlige Reparatur auch sogleich mit Sorgfalt vornehmen wird. Je mehr man dieses Werk betrachtet, je würdiger und einer Wiederherstellung werther findet man solches zu schätzen. Möge es auf seiner gegenwärtigen Stelle einige Zeit verharren.

6. Der morgende Tag als der 12. ist bestimmt zum Anfange der Erdarbeit, des Abtragens und Grundgrabens im botanischen Garten. Ich wünsche, wenn Feld und Wiesen genugsam angefeuchtet sind, für dieses Unternehmen trockne Tage.

In Hoffnung, zunächst von unsern Fortschritten in den verschiedenen Geschäften erfreuliche Nachricht geben zu können.

Jena den 11. Juni 1820.[61]


33/43.


An Ottilie von Goethe

Liebe Tochter,

mit freundlichstem Dank für deine lieben Zuschriften sende ich hiebey ein Glas für Ulriken mit den besten Grüßen; wenn sie daraus trinkt, soll sie meiner gedenken.

Es thut mir sehr leid, daß ich nicht in mobilen Zuständen seyd, sonst sähe ich es gern, wenn ihr mich besuchtet und Walthern mitbrächtet, der sich in einem fremden Garten auch wohl behagen würde. Indessen da es nicht seyn kann, so lasset euch zu Hause wohl seyn wie es nur immer gehen will. Von meinen Küchen-Angelegenheiten sag ich folgendes: Die Wirthin des Fürstenkellers hat sich entschlossen für mich zu kochen, und zu Anfange finde ich es recht leidlich.

Krebse schickt mir nicht mehr, die Reise scheint ihnen nicht ganz zu bekommen, aber mit Blumenkohle wäre mir gedient. Zum Frühstück aber wünschte ich wohl eine geräucherte Zunge, kalte Beefsteaks; auch sonstige Cotelettes, kleines Gebackenes, gehacktes Fleisch, oder wie man es nennen mag, könnte mir wohlgefallen.

Übrigens ist der Regen keines Menschen Freund, aber wohl der Thiere; denn das Gras wächst schön und die Biertrinker haben sich auch nicht zu beklagen, daß die Gerste nicht geräth. Ich fahre wenig spazieren,[62] weil es wirklich draußen nicht lockend ist. In kurzer Zeit macht sich das wohl anders und ich bin gern hier, weil meine Geschäfte gut gehen und immer etwas Unerwartetes und Neues hinzukommt.

Das Wunderlichste, das ich dir aber nicht verschweigen kann, [ist,] daß ich am Schluß meiner Reise unterwegs den Verräther sein selbst aus den lethäischen Fluthen hervor gehoben und, ohne zu wissen wie, bis an die Hälfte geschrieben habe; der Schluß wird sich wohl auch geben.

Da du eine Freundin bist von Poesien, frisch wie sie aus der Pfanne kommen, so sende dir ehestens ein paar Bogen noch ganz naß unter der Presse weg.

Das Beste treulich wünschend

Jena d. 12. Juny 1820.

G.


33/44.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Meine wenigen Worte aus Carlsbad werden Sie, mein theuerster Freund, zu rechter Zeit erhalten haben. Gegenwärtig kann vermelden, daß ich in Jena glücklich angekommen bin und mit meiner Brunnencur, nach Verhältniß, sehr wohl zufrieden seyn kann. Ich wünsche zu vernehmen, daß es Ihnen mit den theuren Ihrigen gleichfalls wohl ergangen, und bitte zugleich, mir die allenfalls erstandenen Kupfer gefällig anher zu senden, auch zu melden, was ich dafür schuldig[63] geworden. Herrn Legationsrath Büchler bitte mich bestens zu empfehlen; nächstens übersende einige Notiz von drey auf der jenaischen akademischen Bibliothek befindlichen alten Manuscripten.

Mich auf das angelegentlichste zu fernerem freundschaftlichem Andenken empfehlend.

Jena den 12. Juni 1820.


33/45.


An Johann Lambert Büchler

[Concept.]

Wohlgeborener,

Insonders hochgeehrtester Herr.

Ew. Wohlgeboren höchst bedeutende Sendung, die mich in meiner Carlsbader Einsamkeit erfreulichst unterhielt, hat mich abermals von zwey alten Wahrheiten überzeugt: daß man nämlich vor die rechte Schmiede gehen solle und daß der Edelstein der Wahrheit durch die Folie des Irrthums nur desto glänzender hervortritt. Das dem Braunschweigischen Otto gegönnte allergnädigste Pathengeschenk würde sich so herrlich nicht ausnehmen, wenn es dem Sächsischen nicht abgesprochen wäre. Dadurch kommt die so wichtige Epoche jener Umwälzung wieder lebhaft in's Gedächtniß, wo ein großer, sich dem Kaiser gleichstellender Fürst zu Grunde geht, und durch Vertheilen seiner Besitzungen die Gestalt des Reichs vollkommen[64] verändert wird. Sagen Sie Herrn Dümgen und der theilnehmenden verehrten Gesellschaft für die uns gegönnte Belehrung den allerverbindlichsten Dank und erhalten mir die Erlaubniß zu fernern Anfragen.

Daß die Schale noch nicht gestochen und noch nicht bekannt sey, vermuthe aus Ihrem Stillschweigen und werde daher einen Abdruck veranstalten und dabey mit gehoffter Erlaubniß die gegebene Aufklärung nach meiner Weise dankbar benutzen.

Um aber eine fernere Gunst einigermaßen von meiner Seite zu verdienen, so darf ich, obgleich in diesem Fache völlig fremd, wohl hoffen, für die nächste Folge, nach wenigen Kräften, zu dem würdigsten Zweck mitzuwirken.

Wegen der bisherigen Versäumniß diene mir zur Entschuldigung: daß wir seit dritthalb Jahren beschäftigt sind, die akademische Bibliothek völlig umzubilden; das Local ist um ein Drittheil erweitert, indem man die älteren Hörsäle dazu gezogen; nur wenig Repositorien und Bücher stehen an der alten Stelle. Zu dieser Regeneration eines, seit dreyhundert Jahren flözweise über einander modernden Bücherschatzes kommt noch die Vereinigung der Schloßbibliothek, der ehemaligen Büttnerischen, welche eingeschaltet wird, indem man das Ganze in wissenschaftlicher Ordnung aufstellt und einen alphabetischen Catalog zu gleicher Zeit veranstaltet. Bey dieser Gelegenheit werden mehrere, bisher unberührte Abtheilungen[65] in's Klare gefördert, wie denn zum Beyspiel die Buderischen Manuscripte erst jetzt verzeichnet worden.

Rechenschaft von älteren auf deutsche Geschichte bezüglichen Manuscripten zu geben wird dadurch erschwert, daß kaum jemand hier zu finden, der sich in diesem Fach erfreute. Das augenblicklich Gegenwärtige zieht soviel Aufmerksamkeit an sich, daß das längst Vergangene völlig in die blaue Ferne verschwindet.

Indessen bin ich überzeugt, eine hochansehnliche Gesellschaft werde gern vernehmen, daß durch Ihre Anregung auch bey uns dieses alterthümliche Studium sich belebt und erneuert. Auf meinen Antrieb hat sich ein junger, schön schreibender Bibliotheksverwandter diesen Gegenständen gewidmet, mehrere Facsimile schon ausgearbeitet und uns dadurch in den Stand gesetzt, auch entfernten Kennern Nachbildungen der alten Schriftzüge zur Beurtheilung vorlegen zu können.

Gegenwärtig übersende einen solchen Versuch aus dem, durch Wiedeburg, schon bekannten Meister- oder Minnesänger-Codex, mit einigen Bemerkungen welche jedoch nur als Anfragen zu betrachten sind, um eine entscheidende Aufklärung zu veranlassen. Womit ich nun zunächst aufzuwarten gedenke, ist eine umständlichere Nachricht von dem Manuscripte der Chronik Otto des Freysingischen, sodann zwey dergleichen Conrads des Ursbergischen Bischofs.

[66] Womit ich denn unserm verehrten Herrn Stifter und Präsidenten, sowie den sämmtlichen hochachtbaren Gliedern auf das andringlichste empfohlen seyn möchte.

Jena den 14. Juni 1820.


Ew. Wohlgeboren muß noch ganz besonders mich verpflichtet erkennen für die Neigung, die Sie mir und meinem Thun zuwenden wollen. Ich finde mich glücklich, daß, nach einer so langen und mannichfaltigen Laufbahn, meine guten Landsleute mich durchaus noch als den ihrigen betrachten mögen. Diesen Vorzug einigermaßen verdient zu haben darf ich mir wohl schmeicheln, da ich weder Blick noch Schritt in fremde Lande gethan, als in der Absicht das allgemein Menschliche, was über den ganzen Erdboden verbreitet und vertheilt ist, unter den verschiedensten Formen kennen zu lernen und solches in meinem Vaterlande wiederzufinden, anzuerkennen, zu fördern. Denn es ist einmal die Bestimmung des Deutschen, sich zum Repräsentanten der sämmtlichen Weltbürger zu erheben. Erhalten Sie mir gleiche Gesinnungen und geben mir von Zeit zu Zeit davon die Versicherung.

Jena den 14. Juni 1820.[67]


33/46.


An Georg Gottlieb Güldenapfel?

Endesunterzeichneter wünscht:

1. Mylius Memorabilien.

2. Zu erfahren, wann Bosius gestorben und in welchem Jahre dessen Bibliothek an die akademische gekommen?

3. Ob von einem Gelehrten Wendelin Sprenger etwas aufzufinden?

Jena den 15. Juni 1820.

Goethe.[68]


33/46a.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

Wollten Ew. Wohlgeb. heute Abend um sieben Uhr mich gefällig besuchen; so würde einer längst gewünschten und einer verzögerten angenehmen Unterhaltung entgegensehen.

Jena d. 16. Jun. 1820.

Goethe.[45]


33/47.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königl. Hoheit

erhalten hiebey die befohlene Übersetzung der kleinen botanischen Schrift. Sie ist von Professor Lavés verfaßt, revidirt von mir, im Ganzen wird sie richtig seyn, hie und da hätte man sich eleganter ausdrücken können. Fürwahr! das Heftchen ist so einnehmend und überzeugend geschrieben, daß man sich damit gleich selbst beschäftigen und, wie er es von den Frauenzimmern verlangt, seine gleichgültigen Stunden damit beleben möchte.

Das Regenwetter hat die Erdarbeit im Garten verhindert; indessen werden Steine angefahren, an gutem Holze fehlt es auch nicht und prompte Förderniß ist versprochen.

[68] Die Reparatur des Amsterdamer Rathhauses macht viel zu schaffen und wäre ohne ein paar künstelnde Menschen, die sich gerade finden, nicht zu Stande zu bringen; indessen ist es wohl dieser Aufmerksamkeit werth.

Auch auf der Bibliothek rückt das Geschäft in dem einmal eingeleiteten Gang stetig fort und wird diesen Sommer abermals ein bedeutender Theil der Arbeit vollbracht seyn.

Zum Gebrauch unseres in seinen Studien eifrig vorschreitenden Kosegartens verschreibe ich mit höchster Genehmigung einige Werke aus England. Die in unseren Bibliotheken noch bemerkbare Lücke dieses Fachs ist freylich nur nach und nach auszufüllen.

Möge alles, was hier zunächst gefördert wird, zu Ew. Königl. Hoheit Zufriedenheit gereichen.

Jena den 17. Juni 1820.


33/48.


An Johann Heinrich Meyer

Beykommendes, mein theuerster Freund, überreichen Sie Ihro Kaiserl. Hoheit und empfehlen mich zum allerbesten. Diese Zweifel und Widersprüche sind wirklich lustig, und was dabey zur Sprache kommt, sehr unterhaltend.

Wegen Ruckstuhl bin ich ganz Ihrer Meinung, schicken Sie mir die Aufsätze zurück, damit ich sie in guter Stunde näher beleuchte.

[69] Der erste Bogen Ihrer Ilias ist abgedruckt und nimmt sich recht gut aus.

Richten Sie sich doch ein, daß Sie im Verlauf der nächsten Woche, wär es auch nur Sonntag den 25., zu mir herüber kommen, es giebt mancherley vorzuzeigen, zu besprechen und zu berathen.

Womit ich mich zum allerschönsten empfohlen zu setzen wünsche.

treulichst

Jena den 17. Juni 1820.

G.[70]


33/48a.


An Friedrich Theodor Kräuter

Ihr ausführlicher Brief, mein guter Kräuter, der mich in Karlsbad treffen sollte hat mir auch hier viel Vergnügen gemacht. Da es mir die Zeit ganz gut[45] und wohl ergangen, wünscht ich Ihnen und den lieben Ihrigen das Gleiche, auch daß Ihre Geschäfte in wiederholter Abwesenheit das Bibliothekars im gewöhnlichen regelmäßigen Gange fortschreiten ist mir zu vernehmen sehr lieb. Sagen Sie Herrn R.[ath] Vulpius, wenn er von Arnstadt zurückkommt, möge er mir Nachricht von seiner Expedition geben. Müller hat seine Sache, wie gewöhnlich, sehr gut gemacht und sich bey dem kleinen Bändchen als wahrhafter Meister bewiesen. Finden sich beykommend verzeichnete zwey Bücher auf der Bibliothek, so senden Sie mir solche baldigst herüber.

Auch wünsche ein complettes Exemplar von Rhein und Mayn, Kunst und Alterthum. Da es zu meinem Gebrauch dienen soll, so können Sie dasjenige nehmen was schon gebunden auf dem Repositorium steht.

Mit besten aufrichtigsten Wünschen

Jena den 17. Juny 1820.

G.[46]


33/49.


An Christian August Vulpius

Sie erhalten hiebey, mein werther Herr Rath, die Hoffmannische Rechnung autorisirt. Es bleibt übrigens bey der früheren Verabredung, welche ich in diesen Tagen schriftlich wiederholen werde: daß ich weder die Rechnung einer Buchhandlung noch einer Auction anerkennen werde, von der ich nicht gewußt, selbst wenn es Fortsetzungen sind. Denn solchen Heften und Schriften muß man in der neueren Zeit in's Innere sehen, ob sie auch werth sind, daß man sie weiterbezahlt.

Auf Ihre Arnstadter Expedition bin ich neugierig, so wie es sehr wohl gethan seyn wird, bald wieder in Jena einzutreffen, damit das ganze Deductions-Geschäft vor Michael beendet sey. Es giebt noch so[70] viel zu thun daß wir uns im vierten Jahr verwundern werden.

Leben Sie recht wohl und bringen mir den ausgegrabenen Schädel wohl eingepackt mit herüber, es ist mir sehr viel daran gelegen.

Jena den 20. Juni 1820.

Goethe.


33/50.


An Friedrich Theodor Kräuter

Sie erhalten hiebey, mein guter Kräuter, die Goldmünze wieder zurück, man könnte für dieselbe wenig mehr als den Metallwerth zahlen; denn seit den letzten zwanzig Jahren hat man die Goldmünzen so nachmachen gelernt, daß selbst große Kenner sind betrogen worden. Ich maße mir die Entscheidung nicht an; danken Sie Herrn Genast für die Mittheilung. Da es der spätere Gallienus ist, so hat auch die Abbildung keinen Kunstwerth. Verlangte man ein Mäßiges für die Façon, so wollten wir wohl einig werden.

2. Die Hoffmannische Rechnung liegt autorisirt in dem Couvert an Herrn Rath Vulpius. Ich habe mit ihm ernstlich gesprochen, daß ich dergleichen übertriebene Lieferung nicht mehr leide, und selbst wenn es Fortsetzungen, nicht ohne mein Vorwissen angeschafft wissen will. Sollte dergleichen vorkommen, so muß man sich es gefallen lassen, wenn ich die Rechnung gar nicht anerkenne.

[71] Es freut mich sehr, daß Sie in Abwesenheit des Bibliothekars sowohl im Geschäft selbst als in Bewirthung der Fremden sich thätig und freundlich erweisen.

Auch bey mir gehen die Arbeiten immer fort und ich wünsche Sie bald wieder am alten Platze zu treffen.

Senden Sie mir doch aus meinen Büchern die Büschingische Zeitschrift über alte deutsche Alterthümlichkeit, den Band oder das Heft, wo die Figuren des Sachsenspiegels nach dem Bentingkischen Manuscript gestochen und erläutert sind.

Mit den besten Wünschen

Jena d. 20. Jun. 1820.

G.


Auch wünsche des Breslauer Prof. Wagner Darstellung der alten und neuen deutschen Litteratur.

Sodann sehen Sie Sich doch um, ob nicht irgendwo von den Sitten und Gebräuchen der Altenburger irgend etwas ausführliches zu finden wäre.


33/51.


An Ottilie von Goethe

Wo ich wohne

Zeigt die Melone;

Am Paradiese

Zunächst der Wiese

[72] Liegt ein Garten;

Da warten

Hübsche Kinder auf mich,

Ich aber denck an dich,

In aller Tugend und Zucht

Schick ich die Frucht.

Jena 20. Jun. 1820.

G.


33/52.


An Joseph von Gödör

[Concept.]

[Jena, 21 Juni 1820.]

Hochwohlgeborner, insonders

Hochgeehrtester Herr.

Ew. Hochwohlgeboren würden Beykommendes, welches Ihro Königliche Hoheit einem würdigen Ungar gerne verleihen, schon früher empfangen haben, hätte mich nicht eine sechswöchentliche Abwesenheit in Carlsbad gehindert, Ihre Wünsche sogleich zu befördern. Sowohl Sie als Ihre Landsleute wußten sich, bey dem hiesigen Aufenthalte, die Achtung aller Guten zu gewinnen und hinterlassen den besten Nachruhm. Deswegen kann es uns sehr angenehm seyn, wenn Sie Sich in der Ferne auch zu uns bekennen und einen fortdauernden Antheil dadurch bezeichnen wollen. Möge der äußere Vorzug zu dem innern gesellt Ihrer Thätigkeit und fernern Wirksamkeit zu entschiedenem[73] Vortheil gereichen und ich von Zeit zu Zeit vernehmen, daß es Ihnen in allem wohlergehe. Der ich mich mit besonderer Hochachtung unterzeichne.


33/53.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

[Jena, 23. Juni 1820.]

Nach einer zerstreuenden Badereise, die mir aber in mehr als einem Sinne zum Vortheil gedieh, überdenke ich nur im allgemeinen, für wie viel ich Ihnen in der letzten Zeit zu danken habe, mache nur einen Anfang des Erwiderns, und sage gern von Ihren Berliner Stunden, daß sie, genommen wie sie sind, immer für höchst verdienstlich zu halten seyen; denn eben daß Einzelnes, mehr oder weniger Bearbeitetes, in's Öffentliche genöthigt wird und auch so, ohne viel Umstände und Bedenken, sich des Erscheinens nicht schämen darf, ist schon ein großer Vortheil, und an Ihrer Stelle, auf Ihrem Wege werden Sie sich noch oft in solchem Falle befinden.

In Belvedere habe ich mit Ihrem Verzeichniß angeklopft; allein mir will scheinen, daß man dort die Mutterpflanzen als ein Capital ansehe, wovon die Kindern hohe Zinsen liefern, wo nicht gar die ersten Auslagen wieder decken sollen. Ich zog mich daher wieder ganz sachte zurück. Das Jahr ist ohnehin abzuwarten; findet sich ein glückliches Gedeihen, so thut sich auch wohl eine Liberalität auf, die ich,[74] insofern es von mir abhängt, gern zum Vortheil eines erprobten Freundes hinleiten möchte.

Seit drey Wochen wieder in Jena wohnhaft habe ich Tag für Tag, Stunde für Stunde zu thun, um nur die frühern Fäden wieder anzuknüpfen und längst angelegte Rocken abzuspinnen. Von Kunst und Alterthum ist ein Drittel-Heft wieder abgedruckt, zur Naturlehre liegt manches parat. Genau besehen geht aber alles so langsam, als wenn man dreyhundert Jahre alt werden wollte. Man wird aber auch so alt und drüber, wenn man nur alle Tage seine Sachen redlich macht, so gut man kann und weiß.

Beyliegenden Catalog hat man mir übergeben mit dem Vertrauen, daß meine Empfehlung etwas bey Ihnen vermöge, ich bringe also denselben wenigstens zur Kenntniß. Das Kabinett selbst habe ich seit vielen Jahren nicht gesehen, es galt aber immer für bedeutend; die Preise sind hinzugeschrieben zu einer Zeit, da die Erbschaft noch frisch war, und man sich gar wohl erinnerte, was diese Dinge dem Erblasser kosteten und was er für Werth darauf legte. Gegenwärtig hat es durch die lange Zeit und durch die Beschwerlichkeit, ein bedeutendes Local diesem Zwecke zu widmen, in der Meinung der Besitzer sehr viel verloren, und man könnte den billigsten Preis erwarten; doch möchten gar manche Betrachtungen, besonders des Land-Transports, Sie abhalten, darauf zu reflectiren, und bitte um Vergebung dieser Anfrage.[75] Es ist doch indessen immer hübsch zu wissen, wo dergleichen Schätze niedergelegt sind. Vielleicht sehe ich sie diesen Sommer und gebe davon nähere Kenntniß.


33/54.


An Friedrich Albert Franz Krug von Nidda

[Concept.]

Jedwedem wünsch ich Glück, den die Muse begünstigt: denn ich weiß, was mir eine solche Geneigtheit zeitlebens war und bleibt. Auch Ihnen, der Sie soviel gelitten, gönne ich von Herzen diesen aus eigner Thätigkeit hervorquillenden Trost, des Ersatz für soviel was hinter uns blieb. Möge ich immerfort vernehmen, daß Ihnen eine so einzige Quelle nie versiegt und daß Sie mein freundlichst gedenken.

Jena den 24. Juni 1820.


33/55.


An Johann Heinrich Meyer

Jena den 25. Juni 1820.

So eben vernehme, mein theurer Freund, daß Serenissimus heute Abend hier anlangt und morgenden Tag bey uns zubringen werden. Deshalb ich solches sogleich melde und Sie ersuche, Ihre Anherkunft bis zu Ende der Woche zu verschieben, da unsere Unterhaltung einen ruhigen Zustand fordert, um nach und nach alles Nothwendige und Bedeutende zu Sprache zu bringen.

[76] Die Recension über das Ruhlische Bild ist schon in der Druckerey; drey Columnen stehen auf dem neunten Bogen, den zehnten möchte ich noch mit Kunstbetrachtungen anfüllen, weshalb mir kleinere Aufsätze lieb wären, worüber in diesen Tagen das Weitere.

G.


33/46.


An Carl Christian Sondershausen

[Concept.]

[Jena, 30. Juni 1820.]

Ew. Wohlgeboren

verzeihen, wenn ich beykommende Stücke ohne weitere Bemerkung zurücksende. Lassen Sie mich gestehen! Seit zwanzig Jahren und drüber habe ich kein Stück als im praktischen Sinne gelesen, betrachtend und überlegend, inwiefern es auf unserer Bühne darstellbar sey? Davon ist manches gelungen, anderes nicht und vieles ward indessen dennoch gewonnen.

Seitdem ich von diesem lieben und werthen Geschäft entbunden bin, enthalte ich mich von Beurtheilung aller Theaterstücke, die mich an die alte Thätigkeit wieder erinnern könnte. Und so folgen auch die Ihrigen wieder zurück, nicht ungelesen, und mit dem treulichen Wunsche, daß die Aufführung gelingen möge.[77]


33/57.


An Friedrich Theodor von Müller

Da Ew. Hochwohlgeb. uns abermals mit einem Besuche erfreuen können, so lassen Sie uns wenigstens die Hoffnung für die nächste Zeit und empfangen unsern Dank, daß Sie bey dem merkwürdigen Buch sich unserer sogleich erinnern. Der erste Band, schon durchgelesen, ist zu Knebel; dieses Werk giebt zu wichtigen Betrachtungen Anlaß. Man darf nicht anfangen davon zu sprechen, weil man nicht enden würde.

Empfehlen Sie mich überall, besonders aber unsern Dresdner Schönheiten; es ist gar kein Zweifel, daß sie sich auch die dortigen Musageten unterwerfen wird. Bey Director Hartmann ist sie wohl aufgehoben. Gedenken Sie unserer und lassen es nicht allein dabey bewenden, sondern vergönnen uns bald das Vergnügen Ihrer Gegenwart.

gehorsamst

Jena den 30. Juni 1820.

Goethe.


33/58.


An Gabriel Ulmann

[Concept.]

Herr Banquier Ulmann zu Weimar wird hierdurch höflichst ersucht, an Herrn Rath und Doctor Schlosser zu Frankfurt am Mayn die Summe von

drey und siebzig Gulden 42 Xr. Rheinisch[78]

gefällig auszahlen zu lassen. Und einer dankbaren Wiedererstattung alsobald gewärtig zu seyn.

Jena den 30. Juni 1820.


33/59.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Der schon längst in Weimar glücklich angekommene Kasten mit Kupfern ist nun auch zu mir herüber gelangt und ich bin mit dem Preise im Ganzen höchlich zufrieden. Ich würde auch nicht nach den einzelnen Posten fragen, wenn diesen Sendung nicht mit einem Freunde zu theilen wäre. Dürft ich Sie also, mein Theurster, ersuchen, mir ein Verzeichniß der erstandenen Kupfer, mit beygesetzten Preisen, gelegentlich zukommen zu lassen, so würde ich mich alsdann leicht mit meinen Committenten aus einander setzen. Besonders weiß ich Herrn Schütz sehr vielen Dank, daß er den Triumphzug des Mantegna festgehalten; Einzelnes besitz ich schon, das Ganze wünschte ich viele Jahre. Und so ist auch alles Übrige durchaus verdienstlich.

Empfehlen Sie mich nahen und fernen Freunden und erhalten mir immer so fort das treue reine Wohlwollen. Unter dem heutigen Datum erhält Banquier Ulmann in Weimar den Auftrag, die Schuld von 73 Gulden 42 Xr. abzutragen; sowie auch ein Heftchen an Herrn Büchler abgeht. Ich wünsche nur, daß es von der würdigen Gesellschaft und ihrem verehrten[79] Herrn Präsidenten möge freundlich aufgenommen werden. Ich habe eine besondere Eigenheit, die mich so glücklich als unglücklich geleitet hat, mehr oder weniger zu geben als man wünscht; sehr selten aber das, was man eigentlich wünscht. Meine alten Freunde haben sich daran leidend erfreut und sich erfreuend gelitten; mögen die neuen auch wohlwollend nachsichtig seyn.

Die Hoffnung Sie hier zu sehen erfreut mich höchlich, so wie die Meinigen. Doch bitte um zeitige Nachricht, da ich diesen Sommer und Herbst noch einigemal abwesend zu seyn genöthigt bin.

treulichst

Jena den 30. Juni 1820.

J. W. v. Goethe.


33/60.


An Johann Heinrich Meyer

Sehr ungern hab ich, theuerster Freund, Ihre vertrauliche Unterhaltung vermißt und wünsche sie so bald als möglich; damit denn aber aller Zwang von einem solchen freundlichen Zusammenkommen entfernt werde, so könnten Sie jeden Tag, wenn es Ihnen beliebte und sich's gerade machen ließe, auch ohnangemeldet zu mir herüberfahren. In meinen Arbeiten hab ich jetzt eine solche Versatilität, daß täglich und stündlich etwas anderes vorgenommen werden kann.

[80] Die Kiste mit Kupferstichen von Frankfurt ist angekommen, alles zusammen kostet nur 8 Carolinen, welches verhältnißmäßig ein sehr leidlicher Preis ist. Nur haben die Freunde versäumt, mir das besondere Verzeichniß, was jede Nummer kostet, mitzuschicken, welches ich mir von dorther jetzt erbitte, damit wir die beiderseitigen Bestellungen sondern können. Haben Sie noch das Verzeichniß Ihres Auftrags, so schicken Sie mir's, weil ich mich des meinen nicht mehr erinnere.

Sehr glücklich macht mich der Triumphzug des Mantegna. So oft ich ihn im Leben sah, hab ich ihn bewundert; wie man aber bisher ohne ihn leben konnte, begreif ich nicht recht. Dennoch ist es immer schön genug, daß uns solche Schätze für spätere Jahre aufbewahrt sind. Die Abdrücke sind noch sehr respectabel, wenn auch nicht von den ersten, wohlerhalten, unbeschädigt und so eine sehr schöne Erwerbung.

Dieser Festzug war in Mantua prope D. Sebastiani aedes in majori ejus aula, also in einem inneren Klosterhofe gemahlt; ist noch irgend etwas davon übrig?

Sehr schön ist auch die Kreuzabnahme nach Tintorett von Augustin Carrache, der Abdruck alt, unbeschädigt, obgleich verbräunt und mit kleinen Modeflecken. Auch dieses Werk setzt in Erstaunen, durch die Leichtigkeit, wie darin die ganze mahlerische Technik angewendet ist.

[81] Höchst erfreulich sind auch drey Blätter von Podesta nach Titian, wovon zwey buchstäblich Philostratische Gemälde vorstellen; freylich nicht im griechischen, aber im vollkommensten Titianischen Sinne. Die Entdeckung solcher Schätze macht immer glücklich; gemahlt müssen sie vom höchsten Werthe seyn. Ist Ihnen etwas hievon zu Gesicht gekommen? Es ist Bacchus und Ariadne, und die Spiele der Liebesgötter. Letzteres erscheint auf die wundersamste Weise wie ein Fleischklumpen in der Landschaft; die Genien, die im Griechischen mochten abgesondert wie Staffage im Bilde zerstreut seyn, sind hier alle hinter und über einander gehäuft, so daß man sie kaum entziffern kann. Was mögen da für Tinten die kleinen Lieder abgestuft und aus einander gesetzt haben. So mancherley giebt's zu besprechen. Kommen Sie bald.

Jena den 30. Juni 1820.

G.


33/61.


An Ottilie von Goethe

Hier send ich dir, meine liebe Tochter, abermals eine Melone mit der inständigen Bitte, die Kerne zurückzusenden und wo möglich auch von der vorigen; es ist bey guten Sorten den Gärtnern gar zu viel daran gelegen. Dich zu dieser kleinen Aufmerksamkeit, welche dir doch auch kommendes Jahr zu[82] Gute kommen kann, noch dringender zu bewegen, vermelde, daß ein Viertelscentner Musicalien angekommen ist, welche als Gegengabe der gewünschten Kerne, die jedoch separat zu halten sind, erfolgen sollen.

Rehbein hat mir einen freundlichen Brief geschrieben, welches vermelde.

August soll beykommende Notiz zu seinen mineralogischen Acten legen; es wird ihn freuen wie mich, daß er den Fundort der schönen Versteinerungen kennen lerne.

Unter den Kupferstichen sind sehr schöne Sachen, die ich mir lange gewünscht und die mir in meiner Einsamkeit zu großer Unterhaltung dienen. Lebe recht wohl, grüße Ulriken und die Mama's in aufsteigender Linie. Mein Mittagessen macht sich nach und nach ganz leidlich; wenn ihr mir für den Abend und manchmal für ein gutes Gemüs sorgt, so wäre ich nothdürftig versehn.

Vermelde mir etwas von Frau von Imhof und was von ihr zu hoffen und zu fürchten seyn möchte.

Erzähle mir auch etwas vom Walther, aber laß Ulriken dieß und anderes besorgen und thun; freylich ist es für sie ein großes Opfer, da sie ein paar tausend Nadelstiche versäumt, die ihr über alles lieb und kostbar sind. Eigentlich sieht's bey mir in der Stube nicht ganz lustig aus, verschimmeltes Pergament und Todtenköpfe könnte Fausts Studiergewölbe[83] nachahmen, wenn nicht der Blick in den lustigen Garten wieder das Entgegengesetzte empfinden ließe.

Die schönsten Tage und Abende wünschend

Jena den 30. Juni 1820.

G.


33/62.


An Friedrich Theodor Kräuter

Sie erhalten hiebey, mein guter Kräuter, die unterzeichneten Quittungen für Sachse, mit dem Ersuchen, die übrigen Beylagen baldigst abgeben zu lassen. Das Vermehrungsbuch folgt nächstens wieder zurück, es kommen freylich große Schätze nach und nach zusammen; wegen des Buchbinders bedenken Sie das Nöthige, um, wenn Müller zurückkommt, darüber etwas in einer überdachten Form zu beschließen, damit der Mann wüßte, was er im nächsten halben Jahre zu thun hat und sich einrichten kann.

Leben Sie recht wohl und vergnügt in dieser schönen Zeit, eigentlich für die Bibliotheksverwandten die erfreulichste.

Jena den 30. Juni 1820.

G.[84]


33/63.


An Johann Lambert Büchler

[Concept.]

[Jena, 1. Juli 1820.]

Ew. Wohlgeboren

beykommendes Heft übersendend nehme mir die Freyheit Folgendes zu bemerken. Das Verlangen einer hochahnsehnlichen Gesellschaft sowie unsers verehrten Herrn Präsidenten auf eine genügliche Weise zu erfüllen überdacht ich mir, wie nicht allein eine Anzeige, was für Manuscripte bey uns vorhanden, sondern auch von welcher Beschaffenheit sie seyen, wohl für das Wünschenswertheste gelten könnte. Ich arbeitete daher ein Schema aus, welches den Vortheil mit sich führte, einen jeden, der sich mit diesem Gegenstand befassen wollte, sogleich auf das Beobachtungswürdigste hinzuweisen. Es würde sogar zuletzt dadurch eine tabellarische Übersicht möglich, daß man die Beschaffenheit mehrerer Manuscripte neben einander mit einem Blick übersehen könnte.

Nach gefertigtem Schema habe den ersten Versuch an dem Codex des Otto von Freysingen, der wirklich alle Aufmerksamkeit verdient, selbst gemacht, weshalb ich Nachsicht hoffe. Indem nun der junge Scribent das angeheftete Werk gleichfalls zum Versuche beschreiben wird, so erbitte mir vor allen Dingen Berichtigung und Verfollständigung des Schemas, weil ich gegenwärtiges nur in großer Zerstreuung nach einigen Exemplaren gebildet: denn es können noch[85] manche Erfordernisse, von denen man Kenntniß zu haben wünscht, mir entgangen seyn. Da soll denn in den nächsten Monaten soviel als die lebhafte Sommerarbeit nur erlaubten will gefördert werden.

Die hiesigen Manuscripte hatte man zwar, seit dreyhundert Jahren, in einem feuerfesten Gewölbe gegen das wüthende Element verwahrt, nicht aber bedacht, was Schimmel und Moder, Einwirkung der schleichenden Feuchtigkeit auf Holzbände, auf Pergament pp. für verderbliche Folgen haben könnte. Schon seit mehreren Wochen arbeitet ein Buchbinder mit seinen Gesellen auf der Bibliothek, um diesen Gebrechen abzuhelfen, und ich darf wohl hoffen, daß durch eine solche Erneuerung auch die Zwecke einer würdigen Societät gefördert werden.

Da ich bey meinen Jahren und körperlichen Zuständen hiezu so kräftig nicht mitwirken kann, so ist es wohl das Verdienstlichste, jüngere Männer zu entzünden und einzuleiten, zu einer Zeit und an einem Orte, wo man wohl ein novellistisches Collegium, nicht aber ein deutsch-alterthümliches vorzutragen bereit ist. Empfehlen Sie mich überall, geben Sie mir einsichtige Anleitung, fordern und mahnen Sie, ich werde dadurch anzuregen angeregt, denn vielleicht war es nie schwerer als jetzt, jüngere und ältere Personen zu anderen Zwecken als ihren eigenen zu verpflichten. Der Straßen und Fußpfade sind unzählige und jeder geht seinen eigenen.

[86] Bey so bewandten Umständen würde jedoch in diesem Falle die Communication sehr beschleunigt werden, wenn die dortigen Kenner das Werk des Mylius durchsehen und gefällig anzeigen wollten, wovon nähere Nachricht wünschenswerth wäre.

Schließlich bemerke, daß bey meiner letzten Sendung gleich auf der ersten Seite statt Brandenburgisch Braunschweigisch geschrieben ist, welches Versehen jedoch sogleich der Kenner selbst verbessern wird.

Die verschiedenen Meinungen über das Taufbecken habe höchsten Ortes mitgetheilt, wo man, an historische Gewißheit noch immer starken Glauben hegend, sich verwundert, wie dergleichen Dinge noch im Zweifel schweben können. Ich aber, der ich überzeugt bin, daß alle Überlieferung nur durch inneren Assens und Zustimmung erst gewiß werde, halte mich in diesem Falle an das Brandenburgische Haus, bin völlig überzeugt, daß Friederikus über dem Täufling stehe nur wegen des erforderlichen Raums, daß man ferner nach alter löblicher Sitte, wo das Bild ohne Buchstaben nicht galt, dem Kaiser die Abbreviatur und dem Bischof die, vielleicht von dem Bischofstabe abzuleitende, monogrammische Hieroglyphe hinzugesetzt pp.

Da aus Ew. Wohlgeboren letztem Schreiben ersehe, daß die Verhandlungen über das Taufbecken in das Archiv der Gesellschaft dürften aufgenommen werden, so enthalte mich allen öffentlichen Gebrauchs des Mitgetheilten, und weil zu jenem Zweck eine Abbildung[87] sich nöthig macht, so werde sie gern besorgen; nur erbitte mir die erforderliche Anzahl der Abdrücke, weil es wohlgethan ist, sie gleich vom frischen Stein wegzudrucken; indem die Aufbewahrung desselben nicht so sicher ist als von einer Kupferplatte oder Holzstock.

Jena den 29. Juni 1820.


33/64.


An Carl Gustav Carus

Schon zu lange hab ich angestanden, theuerster Mann, für die liebwerthe Sendung zu danken. Ihre einsichtige Darstellung des animalischen Zimmergerüstes hat sich in dem anatomischen Werke genugsam erprobt, daß Sie aber auch den Schein, durch welchen uns die gute Natur überall, wenn wir ihn gewahr werden, beglückt, so lebhaft fühlen und kunstreich nachbilden, war mir eine freudige Überraschung. Erlauben Sie, daß ich dankbar die beiden Bilder bey mir aufstelle und Sie glücklich preise, daß die herrliche Dresdner Natur Sie umgiebt, nicht weniger, daß Sie Sich mit den abgeschiedenen großen Vorfahren, unter denen ich nur Ruysdael nenne, von Zeit zu Zeit nach Belieben und Bedürfniß unterhalten können.

Den Aufsatz von den Naturreichen etc. habe mit Vergnügen gelesen als wenn ich ihn noch nicht gelesen hätte. Verweilen wir doch immer gerne da wo wir gemeinsame Gesinnung finden.

[88] Die Entdeckung der drey vollkommenen Wirbel, zwischen den drey Fußpaaren des Heupferdchens, ist höchst willkommen; sie bringt zur sinnlichen Anschauung, was die innere längst zugesteht, daß nämlich das vollkommenste Gebilde durch alle Gestaltungen potentia durchgeht; ich wenigstens stelle mir intentionelle Wirbelknochen an jedem Rückenmark, wie so manches andere Glied an anderer Stelle, der Möglichkeit nach gern vor, die nur auf den geringsten Anstoß warten, auf die organische Forderung irgend eines benachbarten Theils, um in die Wirklichkeit zu treten.

Auch halt ich den Fall mit den Lindenwurzeln für unschätzbar. Hat man denn diese Kleinodien wenigstens zum Theil verwahrt? sie verdienten eine eigene Capelle. Leider! wenn man unvermuthet auf einen solchen Schatz trifft, weiß man ihn nicht gleich zu schätzen; es ist mir selbst so ergangen und ich tadle niemand; sollte aber so ein vegetativer Sarg zerstückt seyn, wie aus der Beschreibung wahrscheinlich ist, und Sie könnten mir einen instructiven Theil davon verschaffen, so würden Sie mir eine besondere Gefälligkeit erzeigen, die Kiste dürfte nur auf der fahrenden Post unfrankirt an mich addressirt werden.

Ihro Königl. Hoheit der Großherzog haben, als wahrer und gründlicher Freund des Pflanzenreichs, daran den lebhaftesten Antheil genommen, sowie ich ein merkwürdiges Beyspiel der in's Unendliche determinablen[89] Organisation hierin bewundert. Die gränzenlose Theilung solider Pfahlwurzeln unmittelbar in die feinsten Fasergeflechte bey dargebotener Gelegen heit!

Wie manches hätt ich noch zu sagen, doch will ich Gegenwärtiges nicht länger zurückhalten; schenken Sie Beykommendem Ihre Aufmerksamkeit und melden mir gelegentlich etwas Erfreuliches, ich darf meiner Correspondenz mit Kunst- und Wissenschaftsfreunden keine lange Pause mehr zugestehen.

ergebenst

Jena den 1. Juli 1820.

Goethe.


33/65.


An August Henschel

[Concept.]

Durch eine ganz besondere Eigenheit der Fügung irdischer Zufälligkeiten findet mich Ihr Werk genau an der Stelle, wo mir, vor soviel Jahren, der werthe Schelver seine Apprehension gegen die Sexualität der Pflanzen zuerst eröffnete. Ich ersuchte ihn damals, unsere Lage wohl kennend, er möge mit dieser Paradoxie zurückhalten, ward aber sogleich gewahr, daß die Lehre der Metamorphose, von mir auf einen gewissen Punct geführt, hiedurch überboten werde, und konnte, nachdem ich die Aussicht dieses Vorschritts überblickt, meinen Segen nicht zurückhalten, und freute mich über die erste öffentliche Darstellung, so wie über die Vertheidigung der These.

[90] Seit der Zeit ist mir die Angelegenheit immer gegenwärtig geblieben, ich habe manches notirt, was sich zu ihren Gunsten hervorthat, und nur zufällig bin ich verhindert worden, das Bemerkte, in dem zweyten Heft der Morphologie, abdrucken zu lassen. Es thut mir leid, denn es wäre Ihnen gewiß angenehm gewesen, eine unaufgeforderte Beystimmung vorläufig zu erhalten; es ist mir lieb, weil ich das alles in Ihrem Buche finden werde und mich immer noch, eben so unbewunden, über diese, so wie über andere verfängliche Materien öffentlich auszudrücken Raum finde.

Diese Behandlungsart des Gegenstandes deutet noch viel weiter vorwärts, und die nächste Zeit wird sich der herrlichsten Früchte erfreuen können, wenn wir vorsichtig und redlich handeln.

Mit Vergnügen werd ich ihr Werk in ruhigen Augenblicken, insofern sie mir gegönnt sind, durchlesen und meine Bemerkungen an Ihren Vortrag anknüpfen. Da ich noch erlebe, daß so merkwürdige Erscheinungen der Wissenschaft aus meinen unschuldigsten Anregungen hervorgehen, so sind Sie überzeugt, daß ihre Arbeit mich nicht nur im Ganzen, sondern von Seite zu Seite interessiren muß. Lassen Sie mich ferner, so lange wir noch auf diesem Erdboden zusammen verweilen, von Ihrem Seyn und Thun einiges vernehmen.

So eben bemerke, daß die Tectur, worin meine Bemerkungen zu diesem Capitel aufbewahrt sind, die[91] Rubrik führt: Über die Verstäubung. Sie sehen auch schon hieran, daß sie zu Gunsten dieser Ansicht gereichen.

Jena [2.] Juli 1820.


33/66.


An Johann Friedrich Cotta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

abermals so einladendes Schreiben empfange mit Vergnügen und Dank in meiner angenehmen Jenaischen Einsiedeley. Das Carlsbad, wo ich einen schönen May genossen, hat mir dießmal sehr wohl gethan und ich verlebe daher einen ganz guten Sommer.

Ihre große und würdige Thätigkeit ist mir nie aus den Augen gekommen und ich habe mich immer gefreut, wenn ich Ihren Namen in den Zeitungen fand, wo er einen ehrenvollen Platz einnahm. Möge so vieles Gute, was Sie längst kennen und wünschen, nun auch in treuer Ausübung gelingen.

Das Glück, Ihro Majestät den König zu verehren, war mir von größter Bedeutung, die gleichzeitige Gegenwart unserer jungen Herrschaften, die ich so oft zu sprechen beehrt bin, gab in dem Augenblicke eine wünschenswerthe Freyheit, welche sonst nur sich aus geselliger Gewöhnung zu entwicklen pflegt.

Das neue Stück von Kunst und Alterthum ist angefangen, vielleicht sind einige Bogen schon in Ihren[92] Händen, denen ich eine gute Aufnahme wünschen darf, eben so ist auch ein Heft Morphologie abermals vorbereitet und so hoff ich, soll sich eins mit dem andern freudig fortbewegen.

Wenn ich aber in meinen Jahren noch einiges vollbringen soll, so muß ich freylich mich still verhalten und darf an das Vergnügen nicht denken, das mir eine Reise und erquicklicher Besuch bey Freunden gewähren müßte.

Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken und bleiben von meiner treuen Anhänglichkeit überzeugt.

Jena den 3. Juli 1820.


33/67.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie, theuerster Freund, das Angestrichene im beykommenden Catalog beurtheilen, mit Bleystift Preise hinzusetzen, auch anderes ebenfalls anstreichen und würdigen. Tausend Dank für Ihren freundlichen Besuch.

Jena den 4. Juli 1820.

G.


33/68.


An Ferdinand Gotthelf Hand

[Concept.]

[Jena, 4. Juli 1820.]

Ew. Wohlgeboren

darf nicht verhehlen, daß nach meiner Ansicht die Bibliotheksverwandten ganz wohl gethan, das erbetene[93] Buch nach den vorliegenden Umständen zu verweigern, indem ihnen nicht zuzumuthen ist, daß ich eine dergleichen Verantwortung über sich nehmen sollen, von der sie durch ein Wort ihres Vorgesetzten entbunden werden, der die Verhältnisse allein beurtheilen kann. Auch ist heute die Anordnung hinüber gegangen, daß das Werk gesendet werde. Dabey kann jedoch den Wunsch nicht unterlassen, daß in ähnlichen Fällen, welche sich gar wohl wiederholen können, eine einfache Anzeige der Sache künftig beliebt werde, weil es nicht wohl gethan ist, leidenschaftliche Äußerungen in irgend ein Geschäft zu mischen, am wenigsten in ein solches, wo man gegen gefällige Bemühung nicht bittere Vorwürfe einzuernten erwarten darf.


33/69.


An Johann Christian Ernst Müller

[Concept.]

Unserer letzten Unterredung gemäß bin so eben im Begriff, an Herrn geheimen Hofrath v. Cotta zu schreiben und demselben den Verlag unserer lithographischen Hefte anzubieten. Dabey fühl ich denn aber gar zu deutlich, daß die Sache nicht genug vorbereitet, noch das Geschäft in einem solchen Gang ist, daß man sich etwas Sicheres davon versprechen könne; wie Ihr guter Sohn in seinem letzten Schreiben an mich selbst bekennt.

[94] Mir ist aber an diesem Geschäft viel gelegen, indem es auf Serenissimi Befehl unternommen und, bis auf einen gewissen Grad, mit Höchst Ihro Beyfall geführt worden, auch unsere lithographische Anstalt dadurch allein in einem gewissen Gang erhalten werden kann, welches Ihro Königlichen Hoheit Wille ist, wir auch nach der ausgegebenen Ankündigung uns selbst schuldig sind.

Um aber alles vorzubereiten und zu berichtigen, was zu einer Verhandlung mit Herrn v. Cotta nöthig ist, möchte eine mündliche Besprechung unerläßlich seyn.

Ich ersuche Ew. Wohlgeboren daher, Donnerstags den 6. früh um 10. Uhr bey mir einzutreffen, mit Ihrem guten Sohn, wo ich einen Aufsatz bereit halten will, damit die Sache in kurzer Beredung erschöpft werden könne. Den zu dieser Expedition erforderlichen Aufwand werde gern erstatten.

Ferner bemerke, daß ich einen Abdruck des Vandykischen Bildes zu sehen wünsche und zwar einen, wie die Platte zuerst vorgelegen, und sodann, wie hinein gearbeitet worden.

Mit den besten Wünschen.

Jena den 4. Juli 1820.


33/70.


An Johann Heinrich Meyer

Mein Sohn wird Freytag früh zu mir herüber reisen; es wird mir angenehm seyn. wenn Sie den[95] geschnittenen Stein ihm mit geben, er ist sehr artig; es mag allenfalls eine Muse seyn, die ihre Nacktheit vor neugierigen Augen verbergen will; es kann das Gewand in diesem Sinne nicht künstlicher angelegt seyn.

Ich habe noch eine andere Auslegung dafür, die mir aber etwas gewagt scheint; davon das Mehrere nächstens. Dank für den neulichen Besuch und für so manches Gute, lassen Sie uns nicht länger als vierzehn [Tage] eine solche Zusammenkunft verschieben, die immer höchst fruchtbar wird.

Gedenken Sie meiner an allen guten Orten und Enden.

Jena den 6. Juli 1820.

G.


33/71.


An Joseph Sebastian Grüner

Euer Wohlgeboren

statte für das übersendete Mineral verpflichteten Dank ab; es befanden sich dabey die schönsten belehrendsten Stücke, und aus dem mir dadurch gewordene Reichthum kann ich sämmtliche Freunde, die dergleichen ermanglen, gar wohl versehen und zufrieden stellen. Mehr zu verlangen würde unbescheiden seyn; doch käme ja der Fall, daß ein merkwürdiges in die Augen fallendes Stück sich vorfände, so bitte an mich zu denken und, bey Übersendung, das Einpacken mit Papier und Werg gefälligst zu besorgen.

[96] Beykommendem Buche war ich sogleich bey meiner Rückkunft auf der Spur, erhalt es aber erst diesen Augenblick. Es scheint mir ganz Ihren Zwecken gemäß, und wenn Sie in eben der Ordnung Ihre Materialien zur Kenntniß der Eger-Sitten anordnen und aufstellen, so wird Ähnlichkeit und Unähnlichkeit desto eher in die Augen springen. Um gefällige Mittheilung der Arbeit, insofern sie weiter gedeiht, darf wohl bitten, am angenehmsten wäre mir's, wenn ich sie selbst bey Ihnen abholen könnte.

Das Beste wünschend, und zugleich um eine kurze Anzeige der Ankunft gegenwärtiger Sendung bittend. Auch hätten Sie wohl die Gefälligkeit, mir ein Exemplar der dießjährigen Badeliste zu übersenden.

ergebenst

Jena am 9. Julius 1820.

J. W. v. Goethe.


Nachträglich bemerke, daß die am 28. May dem Spediteur Herrn Hecht in Eger übergebene zwey Kisten mit Mineralien noch nicht angekommen. Er würde wohl die Gefälligkeit haben, an diejenigen Handelsleute, an die er sie zu weiterer Spedition sendet, deshalb zu schreiben und anzufangen, und ich wünschte selbst den Weg zu erfahren, den sie genommen haben.[97]


33/72.


An Carl Joseph Heidler

Ew. Wohlgeboren

erlauben, Sie an die angenehmen Stunden zu erinnern, die ich Ihnen in Marienbad schuldig geworden. Der Ruf des Wassers hat sich auch schon bis zu uns verbreitet, es ist in unserer Gegend zu haben, ich bediene mich desselben zur Nachcur und habe mehrere Freunde dazu aufgemuntert. Dabey will ich jedoch eine Bemerkung machen, daß unter zehen kleinen Krügen, die ich eröffnet, sich zwey gefunden, wo das Wasser sehr trüb war und einen häufigen Bodensatz zeigte; wahrscheinlich liegt es an dem Pfropfen, durch den das heilsame Gas entweicht. Ich mache diese Bemerkung mit der Bitte, alle Aufmerksamkeit zu verwenden, damit ein so erprobtes Heilmittel nicht durch einen so kleinen Umstand an seinem Credit verliere.

Der Hofrath Döbereiner hat neuerlich eine Untersuchung Ihres Wassers angestellt, welche noch günstiger als die bisherigen ausgefallen zu seyn scheint. Ich lege sie bey, mit der Bitte, mich dem hochwürdigen Herrn Prälaten bestens zu empfehlen, auch Wunsch und Hoffnung auszusprechen, die ich hege, demselben bald persönlich meine Aufwartung machen zu können und meinen Antheil an der schönen Anstalt, die ihm ihren höchsten Flor verdankt, mit Vergnügen zu bezeugen. Mögen Sie mir einige Nachricht von den[98] dießmaligen Sommergästen ertheilen, so werden Sie mich auf's neue verbinden. Die neuen Häuser, deren Beginn ich gesehen, sind wohl schon alle bewohnbar?

ergebenst

Jena am 9. Julius 1820.

J. W. v. Goethe.


33/73.


An Carl Ernst Schubarth

Ihre liebe Sendung vom 10. May begrüßte mich bey meiner Rückkunft aus Carlsbad, zu Anfang Juni; da ich nun seit dieser Zeit her mich wieder eingerichtet, die Lücke meiner Abwesenheit hergestellt, Öffentliches und Eigenes zu beleben gesucht, so hab ich seit mehreren Abenden und Nächten mich Ihrem freundlich gesinnten Werk überlassen. Da geht es mir denn wunderlich genug, denn, als wenn ich durch einen Doppelspath hindurchsähe, werd ich zwey Bilder meiner Persönlichkeit gewahr, die ich kaum zu unterscheiden weiß, welches das ursprüngliche und welches das abgeleitete sey. Für jenes mögen meine Werke, für dieses Ihre Auslegung gelten.

Ich danke Ihnen gegenwärtig nur mit wenigen Worten: manchmal war ich aufgeregt, bey einzelnen Stellen meinen motivirten Beyfall aufzuschreiben; allein das führt zu weit, und mancher Brief ist bey mir liegen geblieben, weil ich zu weit ausgeholt hatte. Nehmen Sie also meine Beystimmung im Ganzen[99] freundlich auf; denn nicht allein coincidirt das Meiste mit meiner eigensten Vorstellung, sondern auch da, wo Sie an mir auszusetzen haben, wo Sie mir widersprechen, würde sich mit wenigen Worten eine Gleichförmigkeit herstellen.

Hie und da kömmt ein Periode vor, in den ich mich nicht zu finden weiß; einen haben Sie am Schlusse selbst umgeschrieben. Es ist schwer in einem solchen Falle sich selbst und andern durchaus genug zu thun: denn indem Sie, genau besehen, mit der Majorität Ihrer Zeitgenossen zu meinen Gunsten controvertiren, so haben Sie den schlimmen Stand, mit aller Einfalt abstrus zu seyn, indessen andere sich phrasenhaft bequem abzufinden wissen.

Wie viel Dank ich Ihrer Bemühung schuldig bin, werden Sie selbst immer mehr ermessen, je mehr Ihnen, bey Ihrer Neigung zu mir, nach und nach im letzten Detail deutlich wird, wie ich mein Leben aufgeben mußte, um zu seyn, wie ich den Augenblick aufgeben mußte, um nach Jahren des Guten zu genießen, was der Mensch so gern täglich von Hand zu Mund nehmen möchte, der Zustimmung mein ich, des Beyfalls.

Lassen Sie sich nicht entgehen, daß Mitlebende, von den verschiedensten Richtungen, unter sich Todfeinde, darin conspirirten, meine lebendige Wirkung im Augenblicke zu lähmen. Ich habe dabey nichts verloren, und meine jüngeren und künftigen Freunde[100] auch nichts; ich ward, in mich zurückgedrängt, immer intensiver, und so hab ich mich bis an den heutigen Tag gewöhnt, nur vorzuarbeiten, unbesorgt wie und wo das wirken könne.

Hieraus werden Sie leicht ermessen, daß ich Ihren zweyten Theil mit Ungeduld erwarte, damit er mich noch ganz von dem Interesse des ersten warm finde: denn der Fluß Lethe, der uns hinwegspülen soll, spült uns immer mehr an; weder günstige noch ungünstige Stimmung klingt so lange nach als in früheren Zeiten.


Nachschrift.

Daß Sie dem Fürsten Hardenberg Ihre Arbeit zusenden, find ich natürlich, ja nothwendig; ich stehe mit diesem wichtigen Manne, als alter Universitätsgeselle, in einem freundlichen Verhältniß und habe einige wohlmeinende Worte zu seinem erst jetzt gefeierten Geburtsfeste gesagt. Es wäre nicht unmöglich, daß ich gelegentlich irgend etwas zu Ihren Gunsten könnte einfließen lassen, ohne daß es eine directe Empfehlung wäre. Mit dem Ministerium des Innern steh ich in näherm Verhältniß und ergreife schon diese Tage eine Gelegenheit, Ihrer mit Antheil zu gedenken.

Meine Hefte Kunst und Alterthum und Zur Naturwissenschaft kommen Ihnen ja wohl in die Hand; gönnen Sie auch diesem Ihre Aufmerksamkeit,[101] ich hoffe, Sie werden nichts darinnen finden, was Ihrer früher gefaßten Ideen widerspräche. Schreiben Sie mir öfter: hora ruit!

treulichst

Jena den 9. Juli 1820.

Goethe.


33/74.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

begrüße nach einiger Pause abermals, und auf's neue um einige Gefälligkeit bittend:

1. Lege ein Blättchen bey. worauf einige Werke auf orientalische Literatur bezüglich verzeichnet sind, welche anzuschaffen und gelegentlich herüberzuschaffen Dieselben höflich ersuche.

Ferner liegt ein Quartblatt bey mit ebenfallsigem Auftrag; wie es damit gemeint sey, steht auf demselben geschrieben, so daß ich weiter nichts hinzuzufügen wüßte.

Inliegende Briefe bitte gleichfalls gefällig zu bestellen und, wenn beide Personen, Herr Robinson und Noehden, etwas wollten zu uns gelangen lassen, solches gleichfalls gelegentlich herüber zu senden.

Vielleicht geben mir Ew. Wohlgeboren auch einige Nachricht, wie es mit den Portraiten stehe, und ob Miß Dawe, der ich mich schönstens empfehle, gute Nachricht von ihrem Bruder hat.

[102] Der ich mit den aufrichtigsten Wünschen für Ihr fortdauerndes Wohl mich zu bleibenden Antheil empfehle.

Jena den [9.] Juli 1820.


[Beilage.]

Auf das Branische Blatt beygeschrieben.

Vorstehende Wünsche eines wackern, in diesem Fache thätigen Mannes, welchen unser Großherzog, durch Mittheilung mancher ausländischen Werke, bey seinen Journalunternehmungen anhaltend unterstützt, werden Ew. Wohlgeboren geneigt in Betrachtung ziehen und beurtheilen, ob Sie, ohne Ihre Beschwerde, zu so vielen andern Verdiensten um uns auch noch dieses hinzufügen könnten.

Das Gewünschte ist genau bestimmt und Sie hätten vielleicht die Gefälligkeit, eine kleine Sendung zum Versuch baldigst herüber zu schicken. Den Betrag, welchen Sie besonders zu notiren die Güte hätten, würde man großherzoglicher Schatulle sogleich erstatten, wie schon der Cassirer davon unterrichtet ist.


33/75.


An Georg Heinrich Noehden

[Concept.]

[Jena, 9. Juli 1820.]

Ew. Wohlgeboren

gefälliges Schreiben beantworte etwas später, indem eine umständliche Anfrage hinzuzufügen gedachte.

[103] Zu allererst vermelde, daß der Aufsatz über Leonard da Vinci in dem dritten Hefte über Kunst und Alterthum in den Rhein und Mayn Gegenden 1817 abgedruckt worden, wobey ich hinzuzufügen nicht unterlassen kann, daß ich den Resultaten Ihrer gefälligen Bearbeitung mit Vergnügen entgegen sehe.

Zugleich aber wollte vermelden, daß ich so eben eine Arbeit unternommen, welche einiges Antheils in England nicht ermangeln dürfte. Es hat nämlich Andreas Mantegna in Mantua, seinem Geburtsort, für den Herzog Gonzaga, seinen Gönner, und zu Verzierung eines großen Saales des Pallasts in der Nähe von St. Sebastian auf mehreren großen Tafeln gemahlt, welches von Andreas Andreani auf Holzstöcken nachgebildet und mit verschiedenen Tinten abgedruckt worden. Diese Gemählde, gegenwärtig in England, stehen im Pallast Hamptoncourt und sollen wohl erhalten seyn. Vielleicht findet sich in irgend einer Topographie oder Reisebeschreibung das Nähere, welches anzugeben Ew. Wohlgeboren wohl die Geneigtheit haben würden. Vorläufig aber bring ich einige Fragen vor, über welche ich aufgeklärt zu werden wünschte.

1. Wieviel an Zahl sind die Gemählde?

2. Wenn es über neune sind, fragt sich, ob hinter dem Triumphwagen der Zug sich noch verlängert?

3. Wie hoch sind die Gemählde, wie groß die Figuren?

[104] 4. Sie sind mit bunten Farben, und wie ich höre mit Wasserfarben gemahlt. Haben diese sich gut erhalten? Sind sie etwa in England früher oder später gestochen worden?

Diese Bilder sind im höchsten Grade durchgedacht und es läßt sich von jeder Einzelnheit Rechenschaft geben; meine Absicht ist, die Motive, wie sie auf einander folgen, zu entwickeln. Ob es schon irgend wo geschehen, blieb mir unbekannt. Vasari, indem er diese Bilder über alles erhebt, was Mantegna je gearbeitet, giebt doch nur eine allgemeine, tumultuarische Darstellung und hat einzelne, sehr schöne Motive verkannt und mißgedeutet. Ew. Wohlgeboren werden mich sehr verpflichten, wenn Sie auch an dieser Arbeit gefälligen Antheil nehmen und mich in den Stand setzen wollen, meine frommen Wünsche durchzuführen.

Außerdem wird es mir noch eine angenehme Angelegenheit seyn, von Ihrem Befinden und Thätigkeit manchmal nähere Nachricht zu erhalten.


33/76.


An Carl Friedrich Zelter

Meinen vorigen Brief hab ich mit einer Geschichte geendigt, diesen will ich mit einer andern anfangen. Du erinnerst dich vielleicht, daß mein Prometheus zuerst in Wien in Taschenformat herauskam; ich[105] hegte ihn damals, als wir in Töplitz beysammen waren, noch im treuen Sinne, und du nahmst gleichen Theil daran. Die Herzogin von Cumberland, von einer schweren Krankheit genesend, wünschte einiges vorgetragen, und ich nahm eben diesen Prometheus als das Liebste und Nächte, sie hatte große Freude dran und das Exemplar in Taschenformat überließ ich ihr.

Nun, bey unserem letzten Zusammentreffen, sprach sie von jener Zeit und von dem Gedicht und wünschte sich ein so kleines Exemplar für eine Freundin, das ich denn freylich selbst nicht mehr hatte. Nun bin ich so glücklich gewesen, ein solches verlornes Schäfchen in Carlsbad wiederzufinden, bestimmte es ihr sogleich, muß es nun aber erst binden lassen, daß es durch die schönsten aller Hände durchzugehen einigermaßen würdig sey. Da sie dir von mir so oft gesprochen, so dächt ich, es wäre artig, wenn ich es durch dich an sie gelangen ließe. Sage nichts davon, melde mir aber deine Sinnes- und Willensweise.


Vorstehendes liegt schon lange bey mir; ein Tag nach dem andern geht vorüber, es wird viel gethan, es begegnet aber wenig und kaum wüßt ich etwas zu erzählen. Ein Heft von Kunst und Alterthum, ein anderes Zur Naturwissenschaft werden gedruckt, von denen du auch dein Theil dahin nehmen wirst;[106] indessen ist das oben gemeldete Büchlein fertig gebunden und ich schick es geradezu, du wirst es schon zu bestellen wissen.

Von dem Bild der heiligen Cäcilie wüßt ich nur soviel zu sagen: die Heilige steht in der Mitte und läßt die in der Hand habende kleine Orgel sinken, so daß die Pfeifen herausrutschen, wodurch angedeutet wird, daß sie die irdische Musik fahren läßt, wie sie denn auch nach der himmlischen hinaufschaut; die andern Heiligen stehen ganz ohne Bezug auf sie, es sind sonst noch Schutzpatrone, der Stadt, der Kirche, des Bestellers, und haben kein Verhältniß unter einander als das ihnen die Kunst des Malers zu geben wußte. Die Madonna del Pesce ist ebenso zusammengesetzt. Der Besteller hat wahrscheinlich Tobias geheißen. Laß wieder bald von dir und deinen lebendigen Stadt vernehmen! Wenn ich unsichtbar oder unerkannt an deiner Seite auf und ab wandeln könnte, so sollte mir's zur großen Freude gereichen; jetzt bleibt es bey dem Wunsch, öfters etwas Erfreuliches von dir zu vernehmen. In Weimar singen sie das Nepomuksliedchen mit vieler Freude; ich hab es noch nicht gehört, denn ich bin noch nicht hinüber gekommen, da ich hier meine Tage ganz ungestört benutzen kann; und doch kommt man nicht weit vorwärts. Von unzähligen Papieren, die ich, über tausenderley Gegenstände, zusammengeschrieben, such ich das Brauchbare heraus. Ich sehe wohl, man[107] kann freylich nicht eher redigiren, als bis man das Ganze übersieht, und alsdann geht die Arbeit nicht so rasch, die Kräfte nehmen ab und die Bedenklichkeiten zu.

Jena den 9. Juli 1820.

G.


Auch darf nicht unterlassen anzuzeigen, daß der Einsiedler von der Insel Elba in goldner Miniaturgestalt angelangt ist. Die Leute sagen, du seyst der Vermittler dieser merkwürdigen Erscheinung, empfange daher meinen schönsten Dank.


33/77.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Wenn es Ew. Wohlgeboren noch gefällig wäre, nach Zwätzen zu fahren, würd ich um 3. Uhr meinen Wagen schicken und Sie ersuchen, was Sie zu den Schmelzungsexperimenten zubereitet haben, mitzubringen. Von meiner Seite sind die Gebirgsarten zu eben dem Zwecke in Bereitschaft.

Ergebenst

Jena den 9. Juli 1820.

Goethe.


33/78.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

Sie erhalten hiebey, mein Bester, den mir mitgetheilten Brief zurück, worauf ich, mit dankbarster Anerkennung des mir gegönnten gnädigsten Andenkens,[108] nur soviel erwidern kann: es sey wohl möglich, daß ein junger Mann solches Namens an mich geschrieben, auch, wie er andeutet, einige Gedichte geschickt habe; weil ich jedoch solche Sendungen, deren gar viele bey mir einlangen, ohne weitere Untersuchung bey Seite lege; so bin ich wirklich nicht im Stande, weder von ihm noch von seinen Talenten irgend eine Auskunft zu geben.

Hiebey erhalten Sie sodann den Catalog einer vorübergegangenen Auction mit Preisen, welchen wir der Gefälligkeit des jungen Weigels verdanken. Er ist merkwürdig, weil man die Hochschätzung gewisser Blätter daraus abnehmen kann. Die Verkäufer waren mit den Kupferstich-Preisen zufrieden, weniger mit dem Preis der Zeichnungen, welche den vorigen Besitzer weit mehr sollen gekostet haben. Ein neuer Catalog liegt bey, wo ich angefangen habe anzuzeichnen; haben Sie die Güte fortzufahren und etwa auch Preise hinzuzusetzen; sollte etwas höheren Ansichten gemäß darunter gefunden werden, so bezeichnen Sie solches besonders.

Den geschnittenen Stein erwarte mit Vergnügen; dem Abdruck gemäß, den ich mit Aufmerksamkeit beschaue, darf ich ihn wohl der Intention nach fürtrefflich nennen, sowie das Machen geschickt, resolut und verständig.

Das Brockenhaus hab ich benamset, dabey bild ich mir aber ein, es sey ein Sonnenaufgang intentionirt;[109] man geht gewöhnlich auf den Brocken in dem Wahn, man werde die Sonne aufgehen sehen, hier möcht es einmal geglückt seyn, auch scheint mir der kalte Ton des Ganzen, die leichten Wolken und der gilbliche Sonnenschein dahin zu deuten. Sehen Sie es noch einmal darauf an.

Ihrem Ermessen überlasse, mein Theuerster, bey dieser Gelegenheit, da jemand von Berlin aus Unterstützung wünscht, leise zu sondiren: ob Ihro Hoheit nicht geneigt wären, für ein junges Landeskind etwas zu thun, dessen Ältern, durch das neue preußische Zollsystem verarmt, ihm nicht mehr Hülfe reichen können. Er heißt Gräfe, ist aus Buttstädt, hat die dortige Schule frequentirt und, von dem seligen Krause examinirt, ist er löblich entlassen worden. Jetzt fehlt ihm alle Unterstützung; mir ward er zum Gehülfen auf der Sternwarte, sowohl von Professor Posselt, als von Doctor Körner empfohlen, da jedoch diese Stelle auf ein Jahr besetzt ist, so weiß ich ihm außerdem nachhaltig nicht zu helfen, denn die Museumscasse wird dieses Jahr dergestalt von dem Pflanzenreich in Anspruch genommen, daß ich an das Menschenreich weniger denken darf.

Möchten Ihro Hoheit, ein für allemal, oder vierteljährig nur auf ein Jahr, zur Museumscasse etwas verwilligen; so brächte man einen guten Menschen weiter, von dem sich etwas hoffen läßt. Mir ist es mit Mehreren geglückt, da ich die Gelegenheit[110] habe, bey den verschiedenen Anstalten sie als Gehülfen anzustellen, sie zu beurtheilen und weiter führen zu können. Wir haben jetzt einen Apotheker und einen Prosector hier, gemachte Leute, die vor vier, fünf Jahren sich in dem armseligen Zustande befanden wie der gegenwärtig bedürftige. Doch ich möchte mit diesen frommen Gesinnungen auf keine Weise beschwerlich fallen.

Jena den 11. Juli 1820.


33/79.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

mit einem zwar kurzgefaßten, aber doch mannichfaltigen Vortrag wieder einmal aufzuwarten scheint mir hohe Zeit; es sind auch diese beiden Wochen nicht unfruchtbar gewesen und läßt sich einiges davon mittheilen.

Daß Höchstdieselben so schöne Tage und Abende hier verlebt, wie sie uns durch Ihro Gegenwart gegönnt, hat uns allen die größte Freude gemacht, Zeither lebten wir unter wolkigem Himmel, in kalter Luft und nur seit einigen Tagen fangen wir wieder an uns zu erwärmen und zu erholen; leider wird es drüben auch nicht besser gewesen seyn.

1. Der Grund zum neuen Glashaus ist nun aus der Erde. Götze visitirt fleißig die aufsteigenden Mauern. Es ist hier schwerer als vielleicht irgendwo,[111] Baulichkeiten aufzuführen; die Meister hängen von ihren Gesellen ab, und es gehört eine besondere Wendung dazu, um zwischen Meister und Gesellen den Meister zu spielen.

2. Indessen ist denn doch der untere Bibliothekssaal fertig, rein gescheuert und ausgetrocknet, so daß dem guten Güldenapfel nichts im Wege steht, die Theologie zu ordnen, insofern sie zu ordnen ist. Die gewonnenen Räume machen eine freye Behandlung der Aufstellung möglich und bequem.

Vulpius fährt fort, die Deductionen im Detail zu verzeichnen; Weller die alten Zeitbroschüren. Man wird davon einzelne Catalogen fertigen, um den Hauptcatalog, welcher alsdann nur zu verweisen braucht, nicht zu überlasten. Es kommen die wunderlichsten Dinge zum Vorschein, höchst angenehm für den, der in das Vergangene zurückblicken mag.

3. Die Restauration des Rathhauses geht auch vorwärts. Es ist gut, daß man sie unternommen, ohne die obwaltenden Schwierigkeiten zu bedenken. Zwey Personen, die sich eben finden, machen die Sache möglich. Ein Tischler, welcher Lust am Bosseln hat, und mein Haus- und Canzleygenosse John, der Heideloffischen Künste nicht unkundig. Dieser hat auf den Hauptbildern den Namen des Mahler E. Collier entdeckt, worüber nun Füßli um Rath zu fragen ist; die gereinigten und gefirnißten nehmen sich schon wieder recht gut aus.

[112] 4. Hofbildhauer Kaufmann war bey mir, und hat kurze Relation seines Thuns und Treibens gegeben; er versichert, Höchstdieselben seyen zufrieden mit der Marmorbüste, die Frau Erbgroßherzogin vorstellend. Er wünscht neuen Urlaub und verspricht, die goldnen Thürzierrathen in Berlin zu verfertigen. Die Gewährung seines Gesuchs hängt von Ew. Hoheit ab, ich wüßt ihm nichts entgegen zu setzen, denn gerade jene Zierrathen, die er noch schuldig ist, würden unter Anleitungen von Tieck und Rauch, besonders wenn man diesen Männern ein gutes Wort gäbe, wozu ich erbötig bin, wahrscheinlich besser gerathen als in seinem weimarischen Verhältniß.

5. Übergehen darf ich nicht, daß Lenz eine herrliche Sendung ungarischer Stufen erhalten hat, an denen er sich doch erfreut; um ihm diese Freude nicht zu vermindern, habe ein paar Schränke verwilligt und so ist ist er wieder auf eine ganze Weile vom besten Humor.

6. Möchten Ew. Königl. Hoheit mir die goldne Medaille für den Grafen Bademar gegenwärtig gewähren, so würde ich ihn damit bey seiner Rückkehr von einer Reise in die Nordlande nebst einem freundlichen Schreiben empfangen und dadurch seinen Eifer für unsere Anstalt gerade in dem Augenblicke beleben, wo er uns am nützlichsten seyn kann.

7. Nun aber durch einen Sprung wieder in die neuste vegetative Natur zu gelangen! Der ganz unmäßige[113] Honigthau hat meine Umgebung zu Bemerkungen, Betrachtungen, Untersuchungen aufgeregt, wovon die Resultate schriftlich hier beykommen mit einem betropften und lackirten Steine. Es ist gut, daß man solche Phänomene in dem eminentesten Falle auffaßt und bemerkt, weil man alsdann ihrer Natur und Eigenschaft eher beykommt.

10. Von dem Zwätzner gewaltsamen Feuer stehen uns nun auch die Resultate bevor. Vergangnen Sonntag war ich unten mit Döbereiner; er deponirte die Ziegelerde, die sich in Säulen bilden soll, in die Hände des Werkmeisters, ich aber mehrere Gebirgsarten.

Zufällig ist dem Rentamtmann Lange eine Erscheinung gelungen, die wie sehr gerne wiederholen möchten: ein Kieselschiefer hat sich, im Glühfeuer, in die allerschönsten Tafeln gesondert, welche einen Vulkanischen höchlich entzücken müssen. Von solchen Phänomenen, die mich schon längst im Stillen interessiren, und von denen ich schöne Exemplare zusammengebracht, denke nun, bey diesen neueren Anregungen, eine eigene Sammlung zu veranstalten, welche man aber keinem Neptunisten in Verwahrung geben darf. Auch jenes, durch Hofmarschall v. Spiegel mir gnädigst übersendete Feuerproduct dürfte hier gleichfalls nicht vermißt werden.

11. Wundersam, aber doch der Erfahrung gemäß ist es, daß man, nur einmal aufmerksam gemacht,[114] das Seltsame immer wieder entdeckt. Die Liebstädter Schädel, welche mir zugekommen, haben einen unmittelbaren filzartigen Überzug, der aus den feinsten Wurzeln besteht, die sich über den Knochen verbreitet haben. Leider hat man diese Knochentheile reine überschicken wollen und sie von der Filzepiderm gereinigt; auch ich hätte, ohne jene Linden-Erfahrung, dasjenige, was ich nun sorgfältig verwahre und vorlegen werde, als etwas Unnützes bey Seite geschafft.

12. Zu meinem besondern Vergnügen hat man mir von Frankfurt geschrieben, daß Minister v. Stein mit meinen diplomatisch-bibliothekarischen Bemühungen zufrieden ist; leider werd ich sie nicht lange fortsetzen können, denn unsere Manuscriptenzahl in Bezug auf altdeutsche Geschichtsquellen ist freylich sehr gering. Herr v. Stein hat sich nur einen Tag in Frankfurt aufgehalten, durchreisend nach der Schweiz.

13. Hofmechanicus Otteny ist in diesen Tagen mit Tod abgegangen; ich nehme mir die Freyheit einen kurzen unterthänigsten Vortrag, wegen künftiger Verwendung seines kleinen Gehaltes, beyzulegen.

14. Und nun noch schließlich zu einer lebendigen, höchst erfreulichen Anschauung: ich meine das Bildchen von Julius Roman. Da es uns nicht immer beschieden ist, an fürstlichen Tafeln zu schmausen und man sich, nach dem Evangelium, auch wohl mit Brosamen, mit Abhub begnügen mag, so ist dieses gar ein kostbarer Bissen, der eine Weile nachhält.[115] Die Übersendung dankbarlichst anerkennend erbitte mir die Erlaubniß, das Bildchen noch einige Zeit vor Augen zu haben.

Jena den 13. Julius 1820.


33/80.


An Amalie von Helvig, geb. von Imhof

Wollen Sie, Theuerste, Jena besuchen, um den allerbedingtesten Zustand Ihrer alten Freunde kennen zu lernen, so sollen Sie auf's herzlichste willkommen seyn.

Jena den 13. Juli 1820.

Goethe.


33/81.


An Sulpiz Boisserée

Wir sind schon in die zweyte Hälfte des Julius geruckt, daß ich mich eilen muß, wenn ich Sie in Wiesbaden noch finden will. Erlauben Sie, daß ich lakonisch verfahre, denn es ist ein Heft Kunst und Alterthum sowie ein anderes Morphologie im Drucke. Nun sind die manchmal bis zum Ärger säumigen Setzer dann auf einmal wieder so exigeant, daß man in unangenehmer Verwirrung lebt.

Zuerst aber möcht ich von dem Frankfurter Monument sprechen, denn es wäre eine unartige Bescheidenheit, wenn ich mich darnach nicht erkundigen wollte. Sagen Sie mir: was hat man vor, wo und wie?

[116] Und was die Büste betrifft, so gesteh ich gern, daß ich an Danneckers Hieherkunft nicht mehr glaube. Dieses denke und sage ich wider Willen, weil ich mich, durch ihn modellirt, wieder neben Schillern denken könnte. Wer muß sich aber nicht jeden Tag bekennen, daß vergangene Zeiten, Verhältnisse, Gefühle, Thätigkeiten nicht wieder zurückzurufen sind.

Insofern es mir also ziemt, ein Wort mitzusprechen, so würde ich bitten, eine rasche Umsicht zu fassen und, damit ich kurz sey, thu ich folgenden, doch ganz unmaaßgeblichen Vorschlag: Rauch in Berlin genießt eines verdienten Ruhms, ist mir nah und, obgleich ohne persönliche Bekanntschaft, an mein Haus und die Meinigen geknüpft; man würde mit ihm leicht übereinkommen, er könnte mich in den nächsten Monaten besuchen, sein Modell mit fortnehmen und, bey der gränzenlosen Marmorthätigkeit, die jetzt in Berlin herrscht, würde die Büste bald fertig seyn; setzt man sich von Frankfurt aus in Bezug mit ihm, so erbiete mich, ihn auf's freundlichste im Laufe dieser Monate zu empfangen. Ich würde über diese Angelegenheit wie bisher geschwiegen haben, träte nicht ein Stillstand ein, dem Sie selbst keinen Rath wissen; die Schnepfe des Lebens schwirrt vorbey, ein guter Schütze muß sie eilig fassen.

Für Übersendung der Kunstblätter dank ich schönstens; Ihre Recension ist höchst lobenswürdig und spricht die Abbildung alter kirchlicher Monumente[117] mit einsichtiger Unterscheidung aus, ich werde sie hiernach mit größerer Aufmerksamkeit und Vergnügen betrachten.

Das Kunstblatt im Ganzen macht sich recht gut, es leistet mehr als man zu fordern berechtigt ist, denn wenn von vielem soll Rechenschaft gegeben werden, wo man sich auf andere verlassen muß, so sind die Ungleichheiten unvermeidlich.

Die Stadt Cöln, von dieser ganz eigenen Seite, so mahlerisch und zweckgemäß zu sehen hat uns sehr gefreut, die Gesammtarbeit solcher Künstler müßte ein sehr schönes Werk hervorbringen, auch hat es in meiner Zeitschrift schon sein ehrenvolles Plätzchen gefunden.

Möge alles gute Glück den Abschluß Ihres Hauptunternehmens begleiten; meine Gedanken werden auf der Papier Reise immer bey Ihnen seyn. Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit das Nähere vernehmen; denn ich kann mich immer nicht enthalten, die unübersehbaren Schwierigkeiten zu empfinden, die Sie bey diesem Werk schon überwunden und zu überwinden haben.

Fünf einsame Wochen hab ich thätig genug in Jena zugebracht, denken Sie meiner im Guten, wenn Sie die Resultate gewahr werden.

Wäre es auch nur wenige Tage, so wünscht ich mit Ihnen am Rhein und Main die früheren Lebendigkeiten zu erneuern; sagen Sie mir ein deutliches Wort über den Zustand der Wiesbader Quellen; sodann[118] aber versäumen Sie nicht, mir von den Freunden auf der Mühle Erfreuliches zu melden, ich habe so lange von dorther nichts gehört und es will mir immer nicht in den Sinn, so freundliche Erworbenheiten ganz fahren zu lassen; indessen ich freylich bekennen muß, daß meine actio in distans weder sehr kräftig noch anhaltend ist. Von Brentanos und Quaitas gönnen Sie mir auch ein Wort. Leben Sie zum besten und schönsten und gedenken an den Einsiedler, der, von seiner Klause aus, das Meer doch immer tosen hört. Von meinen Äußerungen wegen der Büste machen Sie ja den bescheidensten Gebrauch, es ist mir immer Angst, wenn ich irgend einen Rath gegeben habe, denn wer kennt die Folgen eines Gedankens, wenn er auch im Anfrage noch so gut war, sie können umschlagen.

treulichst

Jena den 16. Juli 1820.

J. W. v. Goethe.


33/82.


An Georg Sartorius

[Concept.]

Wenn man, theuerster Herr und Freund, zur Welt überhaupt, besonders zur politischen, sich verhält ohngefähr wie Calanus zu Alexander und seinem Kriegsheer; so ist es gewiß höchst erfreulich, wenn uns ein alter Freund bey'm Ärmel zupft und, in der Kürze, das alles noch einmal referiren mag, wie es ohngefähr im Augenblick stehe und was man von der nächsten[119] Folge zu erwarten habe. Mit vielem Vergnügen und Dank hab in meiner jenaischen Einsiedeley Ihr treugesinntes Werk gelesen und studirt, und daraus ersehen, daß Sie dem allerliebsten Menschengeschlecht das Beste gönnen, und für diese problematische Composition noch immer wünschen und hoffen. Möge Sie der Erfolg belohnen, welcher noch eine gute Weile im Schwanken bleiben wird.

Zwey meiner innigsten Freunde haben das Glück gehabt, gerade vor großen und widerwärtigen Epochen zu scheiden. Die moralische Weltordnung hat es bisher so gut mit mir gemeint, und ich hoffe, sie wird auch mir eine ähnliche Gunst erweisen. Kommt Ihnen von Zeit zu Zeit eins meiner Hefte zu Gesicht, so neh men Sie es freundlich auf: denn ich darf hoffen, für jeden meiner Freunde etwas ihm eigen Angehöriges hinein gelegt zu haben.

Grüßen Sie mir die lieben Ihrigen, Gevatterin und Pätherich.

Frommanns haben mich durch manche gute Erzählung auf Augenblicke nach Göttingen versetzt, wo ich so oft in Gedanken umherwandle. Möge sich Ihnen das wünschenswertheste Gute ereignen. Wollen Sie unsere gute und gewiß treue Freundin Loder schönstens grüßen, so überliefern Sie einen aufrichtigen Gruß, von Bertha hab ich Gelegenheit manchmal Nachricht zu erhalten, sey es immer die beste.

Jena den 17. Juli 1820.[120]


33/83.


An Wenzel Joseph Tomaschek

Wie sehr ich Ihnen, mein Theuerster, für den Antheil an meinen Liedern danke und für die unermüdet fortgesetzte Behandlung derselben, möcht ich Ihnen mündlich ausdrucken, und zwar aus doppeltem Grunde. Denn ob ich gleich schon viel angenehme Stunden bey dem Vortrag Ihrer Liedergenossen, so bin ich doch seit vielen Jahren überzeugt, daß wohl nur der Tondichter selbst und allenfalls einige von seinem Sinne völlig durchdrungene Schüler uns wahrhaft und eindringlich mittheilen, was er in einem Gedicht gefunden, wie er es aufgenommen und was er hineingelegt.

Sodann wünschte mit einfachen, treuen Worten aussprechen zu können, daß ich meinen so mannichfaltigen, unter den verschiedensten Anlässen entstandenen Liedern nur dann eine innere Übereinstimmung und ideelle Ganzheit zuschreiben darf, als der Tonkünstler sie auch in die Einheit seines Gefühls nochmals aufnehmen und, als wären sie ein Ganzes, nach seiner Weise durchführen wollen. Hierüber ließe sich in Gegenwart gar freundlich handeln, da man in der Ferne immer nur im Allgemeinen verharren darf.

Ich füge die besten Wünsche hinzu und bitte mich Herrn Grafen Bouquoy, dessen wahre Freundschaft[121] ich mir schmeicheln darf, gelegentlich zum Besten zu empfehlen und mich künftighin von Ihren neusten Productionen, wenn sie sich auch nicht gerade auf mich bezögen, einiges erfahren zu lassen. Mit nochmaligem gefühlten Dank schließend und mich hochachtungsvoll unterzeichnend

ergebenst

Jena den 18. Juli 1820.

J. W. v. Goethe.


33/84.


An Ottilie von Goethe

Da mir August meldet, er sey nach Ilmenau gereist, so will ich meine Worte dießmal an dich wenden. Zuvörderst kann ich nicht genug aussprechen, wie leid es mir thut, dich in so üblem Befinden zu wissen, und noch dazu so manchen Schrecknissen der wunderlichsten Zufälligkeiten ausgesetzt. Es ist freylich schlimm genug, daß man in solchen Fällen sich und andere zur Geduld verweisen muß. Nur daß ich überzeugt bin, dein guter Geist und Humor lasse dich das halbweg Erträgliche mit Heiterkeit und Resignation aufnehmen, das Einzige kann mir einigen Trost verleihen.

Wenn ich auch gleich ein bischen böse war, daß ihr Walthern nicht schicktet, so lob ich euch jetzo darum, da unsern Fürstenkinder, für die doch gewiß zum besten gesorgt ist, schon einiges unerfreulich[122] begegnete, wovon dir schon hinreichende Nachricht zugekommen seyn wird. Zwar scheint es keine übeln Folgen zu haben, allein der Augenblick ist doch verdorben und etwas bleibt immer hängen. Vielleicht besuch ich euch die nächste Woche und da wollen wir unter einander manches abthun. Grüße also Walthern zum allerschönsten, nicht weniger Ulriken. Ich lebe sehr einsam und einfach, und dieß bekommt mir am besten: denn schon die einigen hohen Mittagmahle und abendlichen Gartenfreuden haben schlimmen Einfluß auf Magen und Kehle gehabt.

Die gute Adele und Mama sehen gleichfalls schönstens von mir gegrüßt; sie haben mir von Berlin freundliche Dinge mitgebracht. Nun lebe wohl und sende mir eine kalte Küchenkleinigkeit, denn es bedarf nicht viel, um meine Tage hinzuhalten. Dagegen sollst du von meinem Fleiß, besonders von wunderlichen Redactionen zunächst gar manches erfahren; wären die Drucker nicht so säumig, so hättest du schon einiges. Wenn wir das Schreiben zu beschwerlich fällt, so laß doch Ulriken einige Worte sagen.

treulichst

Jena den 21. Juli 1820.

G.


33/85.


An Friedrich Theodor Kräuter

Dießmal, mein guter Kräuter, gebe nur einen kleinen Auftrag. Wie folgt, wünsche:

[123] Acten, den Belvedere'schen Pflanzen-Catalog betreffend. Dieses kleine Fascikul wird in den Schubladen an der Schlafstube liegen.

Senden Sie mir es balde und so fördern Sie auch abwesend meine Thätigkeiten.

Rath Vulpius kommt bald wieder zurück und bringt das Weitere. Möge Ihnen alles zum Besten gedeihen.

Jena den 21. Juli 1820.

G.


33/86.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgeboren

geneigte Sendungen sind immer so reichhaltig, daß ich mich jedesmal in Verlegenheit fühle, was ich wohl zu erwidern hätte; zuvörderst aber suche, was Sie mir mittheilen, bestmöglichst zu genießen und zu nutzen. Da haben Sie mich denn das letzte Mal in ziemliche Versuchung geführt; denn nur an Ihrer treuen Hand konnt ich ein paar Schritte gegen die Nachtseite wagen. Mit meinem besten Willen aber mußt ich bald wieder umkehren: denn ich bin nun einmal dazu nicht berufen. Wo das Auge sich schließt und das Gehirn seine Herrschaft aufgiebt, bin ich höchst erquickt, in einen natürlichen Schlaf zu fallen. Wenn ich bedenke, daß, in meinen lebhaftesten Jahren, Gaßner und Mesmer großes Aufsehen machten und lebhafte[124] Wirkung verbreiteten; daß ich Freund von Lavatern war, der auf dieses Naturwunder religiosen Werth legte; so kommt es mir manchmal gar seltsam vor, daß ich nicht angezogen ward, sondern mich gerade verhielt wie einer, der neben einem Flusse hergeht, ohne daß ihn die Luft zu baden ankäme. Es muß denn also doch naturgemäß gewesen seyn, denn sonst hätt es nicht bis in's Alter fortgedauert.

Da wir aber nun, bey hellem Sonnenschein, an der Tagseite, so manches Interesse zu theilen zu wissen, so wollen wir daselbst beharrlich wandeln, und es soll mich freuen, wenn Sie über den Eindruck der Blumen auf den Menschensinn Ihre Gefühle mittheilen wollen; und wenn dabey auch etwas Unaussprechliches zur Sprache käme, so wollen wir es so genau nicht nehmen. Muß doch der Dichter, wenn er bescheiden seyn will, bekennen, daß sein Zustand durchaus einen Wachschlaf darstelle, und im Grunde läugne ich nicht, daß mir gar manches traumartig vorkömmt.

So erscheint mir beynahe die öffentliche Billigung meiner älteren Arbeiten, zu denen die Welt verstummte, indem ich ihnen, da sie einen Theil meines Lebens verschlangen, im Stillen einen proportionirten Werth beylegen mußte. Deshalb würde ich um keinen Preis der Ehre entsagen, die Sie mir zudenken, bey Gelegenheit Ihres Handbuchs, mich mit Wohlwollen und Zustimmung zu nennen; mögen Sie aber eine[125] dringende Bitte vernehmen, so thäten Sie's, wo nicht wortlos, doch wortkarg. Mit dem mir übersendeten Blatte kann ich mich nicht ganz befreunden; ich wüßte selbst nicht zu sagen warum; die Sinnesarten aber sind so verschieden, daß man weder von sich noch von andern hinreichende Auskunft zu geben wüßte.

Unberührt kann ich nicht lassen, daß ich, genöthigt und also bald wider Willen, ein langes Glashaus, mit kalter und warmer Abtheilung, erbauen lasse; Gott gebe, daß da manches hervorsprieße, unser Empfindungsvermögen zu ergötzen.

Da ich selbst in diesem Garten wohne und der neuen Anstalt, nach meiner Weise, alle Sorgfalt widme, so bringen die wohlmeinenden Gärtner mir so mancherley Pflanzen, daß alle meine Fensterbretter besetzt sind. In diesen Tagen hat mich das Mesembryanthemum bicolor sehr angenehm überrascht. Bey trüben Tagen war es heraufgekommen, die Blüthe stand geschlossen und unscheinbar, bis sich der ersten kräftigen Morgensonne sämmtliche Strahlenkronen entgegenbreiteten, als wenn sie ihre Verwandtschaft mit dem himmlischen Gestirn recht zur Schau tragen wollten. Zu gleicher Zeit erhielt ich Ihnen werthen Brief und konnte also Ihren ausgesprochenen Gedanken nicht abhold seyn.

Ferner darf ich nicht vergessen, daß ich meine zur Monographie leitenden Versuche mit dem Bryophyllum[126] calycinum immer fortsetze; mein Sohn interessirt sich gleichfalls dafür und mehrere Freunde, denen ich Exemplare mitgetheilt. Sonderbar genug ist es, wie diese Pflanze sich unter veränderten Umständen augenblicklich modificirt und ihre Allpflanzenschaft durch Dulden und Nachgiebigkeit, so wie durch gelegentliches übermüthiges Vordringen auf das wundersamste zu Tag legt. Warum ich leidenschaftlich diesem Geschöpfe zugethan bin, versteht niemand besser als Sie.

Und nun zum Schluß: was sagen Sie von Henschels Werke über Sexualität der Pflanzen? Schelver hat mir längst diese Lehre vertraut und ich konnte ihr nicht abgeneigt seyn, denn sie ist doch im Grund eine natürliche Tochter der Metamorphose. Vertropfung und Verstäubung spielen in unserm Felde so große Rollen, daß ich mich nicht unterstände, sie dramatisch auftreten zu lassen; was mir Freunde zu genießen geben, empfang ich mit Dank.

treulichst

Jena den 23. Juli 1820.

Goethe.


33/87.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

[Jena, etwa 24. Juli 1820.]

Hier übersende, mein theuerster Freund, einen Gypsausguß der Gemme und einiges Geld; handeln Sie, so gut es gehen will, und das Übrige schreiben[127] Sie auf meine Rechnung. Der Stein wird freylich immer besser, je mehr man Ausgüsse davon macht und je mehr man ihn theilweise betrachtet. Wär es ein brennender Carneol anstatt des problematischen Blaugesteines, und ganz, da er jetzt unten abgebrochen ist, so wär er unschätzbar; da wär er aber auch nicht in unsere Hände gekommen, wir wollen ihn daher mit seinen Mängeln freundlichst aufnehmen; ich habe nur Angst, ihn einem Goldschmied zu vertrauen.


33/88.


An Friedrich Theodor Kräuter

Hiedurch ersuch ich Sie, mein lieber Kräuter,

1. nochmals in den Acten-Schranke nachzusehen, ob nicht auf böhmische Mineralogie und Joseph Müllers Biographie noch einiges zu finden sey. Auch überhaupt alles, was sich auf Mineralogie und Geologie bezieht, mir herüber zu senden.

2. Ingleichen wünschte das Werk, worinnen die englischen Palläste vorgestellt sind, wohleingepackt herüber zu schicken.

Das Beste wünschend

Jena den 25. Juli 1820.

Goethe.


33/89.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Da man, verehrter Freund, ein so schönes Verhältniß, wie uns vor einigen Jahren gegönnt war,[128] von Zeit zu Zeit, wenn auch nicht persönlich, doch schriftlich wieder beleben soll, damit das Edelste und Beste des Menschengeschicks, ein Zusammenwirken mit Guten und Gleichgesinnten, nicht vor dem letzten Schicksale verschwinden möge, so freut es mich gar sehr, daß die Sendung von Raabe mich auffordert, wieder einmal von mir hören zu lassen.

Indem ich nun eine Abschrift des Raabischen Briefs hier beyfüge, welche, mit angelegentlichster Empfehlung, Herrn Minister von Altenstein Excellenz vorzulegen bitte; so vermelde zugleich, daß die Kiste selbst in Weimar angekommen und nächstens hierher nach Jena zu mir gelangen wird.

Meine zurückgelassenen Geschäftsführer können jedoch das kleine Actenstück, worin die erste Veranlassung, so wie der Raaben ertheilte Auftrag geheftet sind, nicht finden.

Da aber besonders letzterer nöthig ist, um das Gewünschte mit dem Geleisteten zusammen zu halten; so wollte freundlichst ersuchen, mir eine Abschrift davon zukommen zu lassen. Indessen werden die Weimarischen Kunstfreunde ihre Betrachtungen fleißig und treulich anstellen; auch die Resultate seiner Zeit vermelden; nicht weniger hinzufügen, inwiefern der Künstler auf der Rückreise noch einiges nachbringen könnte.

Gegenwärtiges dictire in demselben Local, wo ich die Freude hatte, Sie zum ersten Male zu empfangen.[129] Seit meiner Rückkunft aus Carlsbad, am 1. Juni, bin ich ununterbrochen hier in wissenschaftlichen, freundlich-anmuthigen Geschäften. Möge Ihnen in Ihrem großen Wirkungskreise auch alles nach Wunsch gelingen, und ich die guten Nachrichten, die mir Freunde von Ihrer Gesundheit geben, auch von Ihnen selbst unmittelbar vernehmen.

Zum Schluß darf ich wohl einen jungen Breslauer, Carl Ernst Schubarth, Ihrer Aufmerksamkeit empfehlen! Es ist zwar, als wenn ich mich selbst empföhle, dieß aber selbst wäre ja nicht einmal zu tadeln. Er ist durch die Thüre, an der ich gerade Pförtner bin, in meines Vaters Haus gekommen und beträgt sich darin ganz gut; wie sollt ich ihm abhold seyn! Aufmerksamkeit, um die ich bitte, werden Sie nicht versagen.

treulichst

Jena den 26. Juli 1820.

J. W. v. Goethe.


33/90.


An Josephine O'Donell

Beyliegendes Brieflein wird Sie, verehrte Freundin, überzeugen, daß ich meinen Auftrag sogleich ausgerichtet habe. Wegen verspäteter Antwort durften Sie sich nicht entschuldigen, zwischen Freunden muß nicht alles Zug für Zug gehen. Möge der Zweck Ihrer Reise in das schöne Franken glücklich erfüllt[130] werden und ich nach Ihrer Ankunft in Wien baldigst erfahren, daß Sie glücklich wieder zu Hause angelangt sind. Empfehlen Sie mich Ihrer werthen und theuern Umgebung, und erhalten mir das treue Andenken, das die Gegenwart ersetzt.

Verzeihung der fremden Hand erbittend

treulichst

Jena den 27. Juli 1820.

Goethe.


33/91.


An Johann Heinrich Meyer

Die an uns gelangte, übersorgfältig gepackte Sendung ist von mir nicht ohne Schwierigkeit entwickelt worden, hiebey erhalten Sie davon:

1. Die Gmelinschen Kupfer. Sie werden dem Kupferstecher und überhaupt dem Unternehmen billige Beurtheilung widerfahren lassen; wer aber nur irgend einen Sinn für Poesie hat, muß solches Zeug verfluchen. Durch die Übersicht der Ebene von Troja ist die Ilias aufgehoben, beynahe geht es der Aeneis nicht besser in den Sümpfen von Ostia. Ich wüßte kein Bild darunter zu bezeichnen, welches der Einbildungskraft nachhülfe. Da nun aber Herzoginnen, Reisende, wandernde Zeichner und zu Haus gränzenlos strichlende Kupferstecher alle conspiriren, und conspiriren müssen, um zu scheinen und zu seyn; so sollte man von geschehenen Dingen das Beste reden.[131] Mögen Sie auf eine feine Weise diese Seite bey der Beurtheilung berühren, so wird es nicht übel seyn, denn da man ein für allemal verzweifeln muß, so bleibt nichts übrig als hie und da eine gelinde Protestation einzulegen.

2. Der kranke Königssohn nach Cortona ist allerliebst und das Erfreulichste der ganzen Raabischen Sendung; das andere, wahrscheinlich Abigail, nicht ganz gut gedacht, das blaue Gewand in der Mitte nicht erfreulich; vielleicht in einer andern Abtheilung des Plafonds balancirt, da ja von Verzierung des Ganzen die Rede ist.

3. Die beiden Frauenfiguren der Aldobrandinischen Hochzeit beurtheilen Sie selbst am besten.

4. Die Aldobrandinische Hochzeit selbst hier zu sehen, werden Sie sich, mein theurer Freund, entschließen. Sie aus- und einzupacken ist ein beschwerliches Geschäft, unserer Dreye sind kaum damit fertig geworden. Sie kennen das Bild zwar auswendig, sehen Sie aber doch das Ihrige, ehe Sie herüber fahren, nochmals an. Das Raabische hebt ganz den Begriff auf einer heiteren, reihenhaften Wandverzierung. Das Innere des Hauses, zur linken Seite des Beschauers, ist viel zu kräftig gegen die rechte, ohnehin offene Seite. Die Mitte beurtheilen Sie selbst. Raabe scheint sich treu gehalten zu haben; was mir beschwerlich ist, mag an der Restauration liegen.

[132] Das Actenfascikul hat sich gefunden, Sie erhalten es und beurtheilen das Vorliegende nach Bequemlichkeit. In einigen Stunden Hierseyns werden Sie Herr über das Hauptbild, ich übernehme das endliche Einpacken und schicke die Kiste von hier weg. Das ist das Compendioseste, was ich mir habe ausdenken können. Übrigens ist außer dem kranken Königssohn für meinen Sinn nichts erfreulich, finden Sie mehr, so lassen Sie mich es genießen.

Auf baldiges Wiedersehen!

Jena den 28. Juli 1820.

G.


33/92.


An August von Goethe

[Concept.]

[Jena, 28. Juli 1820.]

Es freut mich sehr, daß deine Ilmenauer Expedition gut und glücklich abgelaufen ist, siehe zu, daß du die andere nach und nach baldmöglichst hinter dich bringest.

Ich habe diese Zeit her der Ehren und Freuden gar viel genossen, mich aber dabey mitunter sehr schlecht befunden: denn wer mit seinen Eingeweiden und dem Wetter zugleich in Streit liegt, kann nicht besonders gefördert seyn. Der Gebrauch des Kreuzbrunnens, der mir so nöthig ist, wurde durch die gräßliche Witterung gestört, ja umgekehrt, daß man nicht weiß, wie man sich retten soll.

[133] Meine Arbeiten gehen gut, die Drucker stocken, wegen Mangel des Papiers; indessen arbeite ich vor.

Der Großherzog hat mich nach Dornburg entführt, um den indischen Gaukler zu sehen, wofür ich ihm großen Dank weiß: denn es ist immer erfreulich, das Unmögliche vor Augen zu sehen. Es macht mir viel Vergnügen, daß du das auch, und zwar wiederholt, hast schauen können.

Die römische Sendung, welche übersorgfältig gepackt war, haben wir, nicht ohne Mühe, eröffnet, und zur Schau gebracht; einiges sende ich an Meyer, das Hauptbild, die Aldobrandinische Hochzeit zu sehen wird sich der Freund wohl die nächste Woche herüber verfügen; sie ist höchst merkwürdig, brav und kräftig; aber die unsere ist mir lieber, was auch die Jahre von ihr weggespeist haben.

Hiebey kommt ein Abdruck des gemeldeten Steines; ich wünsche, daß du ihm abgewinnen mögest, was er enthält. Das Bläschen an der Nase wird dich nicht irre machen.

In Rehbeins Falle ist es jedem Freunde so gränzenlos unangenehm, daß man ihn herzlichst bedauern muß, ohne ihm auch nur im mindesten helfen zu können; und das ist in solchen Fällen grade das Trostlose, daß der Mensch fühlt, ihn könne niemand trösten.

Wolltest du mir etwas löbliches Briefpapier, auch Mittelpapier, zusenden, so würdest du meinen Canzleygeschäften[134] sehr zu Hülfe kommen. Da ich fast niemand sehe noch spreche, so rede ich zu den Schreibenden, wodurch denn manches in die Ferne gelangt, manches aufbewahrt wird.


33/93.


An Friedrich Theodor Kräuter

Sie sollen vielen Dank haben, mein lieber Kräuter, für die so glücklich belohnten Bemühungen, denn daß sich das Actenstückchen gefunden hat, ist mir in dem Augenblick von großem Werth. Auch die sämmtlichen Geologica und Mineralia sind mir sehr angenehm, doch find ich nicht darunter, was ich eigentlich suche: Joseph Müllers des Steinschneiders Leben von seiner eigenen Hand; um aber auch das zu finden, geb ich folgenden Rath: suchen Sie alles zusammen, was sich auf Carlsbad bezieht, ohne den Inhalt zu untersuchen; Rechnungen, Reisen, Notizen und was es auch sey, das alles schicken Sie mir herüber, und wahrscheinlich wird's sich drunter finden. Ihre Vorschläge wegen des Bindens habe dem Bibliothekar gezeigt, welcher sie billigt und nunmehr das Weitere anordnen und mit Ihnen verabreden wird. Die Summe von 30 rh. dürfte vierteljährig nicht überschritten werden.

Hiebey liegen ein paar Frommannische Quittungen, wogegen eine Interims-Quittung von mir,[135] welche unser Cassirer in Händen hat, einzuwechseln wäre. Gehen Sie in Ihrem ruhigen Geschäftsgange fort; ich hoffe, daß wir bald wieder zusammen arbeiten wer den.

Das Beste wünschend

Jena den 28. Juli 1820.

Goethe.


33/94.


An Carl Christoph Haage

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht zu melden, daß die gestrige Sendung glücklich bey mir angekommen ist, und ich also die goldne Medaille sowohl, als die Hüttnerischen Relationen und Packete wohl empfangen habe; Serenissimi Aufträge an denselben werde sogleich besorgen und von den mitgetheilten Addressen Gebrauch machen.

Der ich übrigens recht wohl zu leben und eine glückliche Reise wünsche.

Jena den 30. Julius 1820.


33/95.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Nur eilig, verehrter Freund, vermelde durch Gegenwärtiges, daß kurz nach der Absendung meines Briefes das Acten-Fascikel sich gefunden und also eine Abschrift jener Aufsätze nicht nöthig ist. Indessen sind[136] auch die Zeichnungen wohlbehalten bey mir eingelangt, und wird in dieser Woche Hofrath Meyer mich besuchen, nach welcher Conferenz die Zeichnungen sowohl als unsere unvorgreifliche Meinung ungesäumt erfolgen soll. Die Kürze des Gegenwärtigen mit der Eile entschuldigend, die mich dazu nöthigt, mich freundlichem Andenken auf das Dringendste empfehlend.

treulichst

Jena den 30. Juli 1820.

J. W. v. Goethe.


33/96.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe dießmal das Vergnügen, die Wünsche Serenissimi unmittelbar vorzulegen, da Steuer-Secretär Hagen mit Höchstdenenselben eine Badereise angetreten. Aus den abermals höchst interessanten literarischen Nachrichten haben Ihro Hoheit nachstehende Bücher ausgewählt, welche daher zunächst nach Weimar, unter der bisherigen Adresse an Steuer-Secretär Hagen abzusenden bitte.

Für die überschickten Kupfer nach Faust haben Sie die Gefälligkeit in meinen Namen dem freundlichen Herrn Boosey zu danken. Ich bin verlangend auch die Folge zu sehen, besonders des Textes. Könnt ich erfahren, wer der Verfasser ist, so würde es mir sehr angenehm seyn.

[137] Desgleichen sollen die Portraite, von denen wir durch die Gunst der Miß Dawe, der ich mich bestens empfehle, die vorzüglichsten Abdrücke zu hoffen haben, die beste Aufnahme finden. Der ich mich, dankbar für die so vielfachen gefälligen Besorgungen, die Ehre habe zu unterzeichnen.

Jena den 30. Julius 1820.


33/97.


An Joseph Carl Mellish

[Concept.]

[Jena, 30. Juli 1820.]

Weder mit wenigen noch mit vielen Worten kann ich Ihnen, verehrter Freund, das Vergnügen ausdrucken, das mir die Erscheinung meines lieben Pathen, Ihres theuren Sohns, diese Tage gewährt hat. Leider war es nur eine schnell vorübergehende Erscheinung, so daß mir erst, nachdem er weggegangen, manches einfiel, was ich ihm hätte zu Gute thun sollen.

Gar zu gern hätte ich ihn nach Dornburg gebracht, welches jetzt, für die fürstliche Hofhaltung sehr anständig eingerichtet, zwar etwas mehr Zierde und Bequemlichkeit darbietet, aber was die Aussicht betrifft, noch immer die alten Vorzüge behauptet.

Der gute Sohn wird gar mancherley von unsern Zuständen erzählt haben, deswegen davon nichts weiter vermelde. In Hoffnung Ihre Frau Gemahlin nächstens freundlich zu begrüßen.[138]


33/98.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

habe lange nicht auf irgend eine Weise zu begrüßen Gelegenheit gefunden; gegenwärtig geschieht es durch einen Boten, welcher mit schwerem Herzen zu Ihnen kommt. Diesen jungen Menschen muß ich gewogen seyn, denn er hat, seit mehreren Jahren, zu meinen Gunsten die säumigen Druckerpressen beschleunigt; neuerlich aber ist ihm das Glück oder Unglück begegnet, von dem verbotenen Baume etwas frühzeitig zu kosten und soll nun, den bürgerlichen Zuständen gemäß, ob er sich gleich schon als fähig bewiesen, doch wegen Mangel der Volljährigkeit außer Stand gesetzt bleiben, seinen Fehler, wenn es anders einer ist, wieder gut zu machen. Da er Pflichten freywillig übernehmen will, wozu man andere nöthigen muß, so weiß ich nicht, ob, in günstigen Formen, vielleicht ein Mittel zu finden wäre, seine Wünsche zu erfüllen und seiner augenblicklichen Noth ein Ende zu machen. Empfangen Ew. Hochwohlgeboren ihn auch um meinetwillen freundlich und nehmen meinen Dank für alles dasjenige voraus, was sich unter den gegebenen Umständen thun läßt.

Mich zum allerschönsten und besten geneigtestem Antheil empfehlend.

Jena den 1. August 1820.[139]


33/99.


An Johann Heinrich Meyer

Sie sind, mein Theuerster, auf Sonntag den 6. hiedurch schönstens eingeladen, ich wünsche über manches gar sehr mit Ihnen zu conferiren. Leider kann auch ich mit der berühmten Hochzeit mich nicht befreunden. Das wenige Gelingen liegt freylich in der Persönlichkeit des guten Mannes. Ethische Phrasen, um ihn zu entschuldigen, finden sich wohl; können Sie ihm von artistischer Seite durchhelfen, so wird es gut seyn. In diesem Falle jedoch, wie in soviel andern, bleibt doch immer das Beste, daß man die Wahrheit sagt, d. i. sagt, was die Leute sich sagen würden, wenn man auch das Gegentheil sagte. Empfehlen Sie mich höchsten Ortes; ich bin sehr verlegen, die nächsten Umstände des Brandschreckens zu erfahren. Auch in diesem Sinne erwart ich Ihre Ankunft sehnlichst.

Jena den 4. August 1820.

G.


Zur Bewunderung der Gewissenhaftigkeit der früheren Druckherrn!


33/100.


An Friedrich Theodor Kräuter

Übernehmen Sie, mein guter Kräuter, in wahrscheinlicher Abwesenheit meines Sohnes, nachstehende kleine Besorgungen:

[140] 1. Papiere, meinem Sohn zu übergeben.

2. Papiere an Herrn Rath Vulpius.

3. Werden Sie in den kleinen Schubladen meines Zimmers zwischen dem Fenster und der Schlafkammer einen Bericht finden des Professor Güldenapfel, kurz vor meiner Abreise in duplo copirt von John; wollen Sie mir diese beiden Copien herüberschicken, so geschieht mir ein Gefalle; die beiden dabey liegenden Berichte an die Ernährer der Universität behalten Sie nur drüben.

4. Geschähe mir ein besonderer Gefalle, wenn ich ein gutes Essen junger Zuckerschoten herüber erhielte. Mein Sohn hat mir sie gerühmt, aber zu senden vergessen.

Grüßen Sie alles und empfangen meinen Dank für mannichfaltiges Besorgen und Bemühen.

5. Auch leg ich noch einen Brief an Herrn Hofrath Meyer bey.

Jena den 4. August 1820.

Goethe.


33/101.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

Wenn ich, anstatt meine Gegenvisite persönlich dankbarlichst abzutragen, mich brieflich entschuldige; so sey es meinen Zuständen verziehen, die immer einigermaßen problematisch bleiben, und eine Anfrage[141] sey mir erlaubt, ob es vielleicht unsern theuren Fürstenkindern und ihrer werthen Umgebung gefällig wäre, morgen, Sonnabend Abend, zur beliebigen Stunde mein geringes Dach zu beehren und meine steile Treppe zu steigen? Ich werde einige Kupferstiche, die ganz erfreulich sind, nebenbey auch eine saure Milch bereit halten. Sollte sonst etwas befohlen werden, so bitte um einen Wink. Wäre es morgen nicht gefällig, so bliebe jeder Tag künftiger Woche gnädiger Bestimmung gewidmet.

gehorsamst

Jena den 4. August 1820.

Goethe.


33/102.


An Johann Bernhard Wilbrand

Schon seit Ew. Wohlgeboren freundlichen, reichlichen Sendung weiß ich bey mir die Frage nicht zu entscheiden, ob es räthlicher sey, zu schweigen oder etwas zu sagen, was Ihnen unangenehm seyn könnte; endlich kommt mir zur guten Stunde das Gefühl, das Letztere für besser zu halten. Und so erwidere ich also dankbar Folgendes und gestehe mit Vergnügen, daß ich dem Gange Ihrer Forschungen, da ihrer Denkweise so viel Ähnliches mit der meinigen hat, schon länger gern gefolgt bin; denn wo man im Hauptsinne übereinstimmt, ist die Anwendung einem jeden nach seiner eignen Art und Weise zu überlassen; auch[142] habe ich Ihr Werk »Das Gesetz des polaren Verhaltens in der Natur«, das mir zeitig zugekommen, mit Vergnügen gelesen und mich dabey verhalten, als wenn ich mit einem gleichgesinnten Manne hin und wiederspräche, aufnehmend entweder geradezu oder nähere Überlegung und Bedenken mir vorbehaltend, zu erfreulichem Unterricht.

Als ich nun aber Seite 296 las: »P. Verhalten des Lichts im Farbenspectrum«, bedauerte ich, daß ein Mann, der sich schon von so vielen Vorurtheilen los gesagt und überall auf Grund und Uranfang gedrungen hatte, sich noch nicht von der schmählichsten aller Taschenspielereyen, dem Newtonischen Spectrum, habe retten können, welches nicht allein für ein abgeleitetes, sondern in dieser Ableitung noch sogar bis zur Unkenntlichkeit verschränktes Phänomen zu erklären ist. Ich wünschte in diesem Augenblick, besonders da Sie Seite 164 so theilnehmend und einsichtig über die Metamorphose der Pflanzen gesprochen, daß Ihnen auch, was ich für die Farbenlehre gethan, möchte zu Gesicht gekommen seyn. Nun find ich aber sogleich eben diese Farbenlehre angeführt und die hinzugefügten, sich anschließenden Versuche meines vortrefflichen Freundes Seebeck gewürdigt und benutzt; aber von meiner Farbenlehre selbst, was sie will und was sie, wo nicht leistet, doch andeutet, auch nicht die mindeste Notiz, worüber ich in ein Erstaunen gerieth, das der Verzweiflung nah war; denn wenn Sie, der[143] Sie auf eben demselben Wege wandeln, einen solchen Merkstein vorbeygehen, als wär es ein zufällig hingewälztes Geschiebe, was soll man von andern erwarten, die, auf gewohnten betretenen Wegen hinwandlend, dieses Zeichen weit zur Seite lassen?

Ich hatte gleich in dem ersten Augenblicke eine Anwandlung, eben dasselbe freundlich zu schreiben, und ich hätte wohlgethan. Möge das Gegenwärtige seinen Zweck erreichen, warum ich bisher geschwiegen, treulich dolmetschen und Sie meiner Hochachtung und Theilnahme versichern, welche beide durch Ihre Sendung nur vermehrt werden konnten; denn sie sprach ja deutlich die Übereinstimmung aus, welche Sie zu meinen Arbeiten empfanden. Mit den aufrichtigsten Wünschen und in Hoffnung ferneren Mittheilung.

Jena den 5. August 1820.


33/103.


An Carl Friedrich Anton von Conta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

sende die mir anvertrauten Papiere dankbarlichst zurück, mit der Bitte, mir ähnliche Nachrichten, insofern sie für mittheilbar gehalten werden, auch fernerhin geneigtest zukommen zu lassen, welches besonders in der gegenwärtigen prägnanten Zeit sehr angenehm seyn würde; auf die vollkommenste Discretion können Dieselben sich verlassen.

[144] Die auf die akademische Einrichtung sich beziehenden Hefte habe sorgfältig durchgelesen, und nun ist vor allen Dingen meine Dankbarkeit auszudrücken, daß die beiden Herrn Commissarien sich der oberaufsichtlichen Verhältnisse so ernst und gründlich annehmen wollen, so daß mir weiter nichts zu wünschen noch zu sagen übrig bleibt; welches ich denn in meiner schuldigen Erklärung nicht ermangeln werde anzuerkennen, wie ich denn auch meinen Beyfall den übrigen Bemerkungen bescheidentlich zu zollen nicht versäumen darf.

Zwey Abschriften liegen bey von jenen gutachtlichen Vorschlägen des vorsorgenden Bibliothekars, davon die eine Herrn v. Hoff mit vielen Empfehlungen zuzustellen bitte.

Jena den 7. August 1820.


33/104.


An J. L. S. Lechner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende beygehend ein Verzeichniß der Kupferstiche, welche aus der Preisler-Zwingerischen Auction zu erhalten wünsche. Die Preise sind zwar beygeschrieben, allein es bleibt Ihnen unbenommen, nach Befinden der Abdrücke und sonst, etwas weiter zu gehen.

Mögen Sie mir nach geendigter Auction die Rechnung senden und auch meine frühere Schuld, wegen[145] des Portos der Catalogen, darauf notiren, so werde beides zugleich abtragen. Bey dem Einpacken der Kupferblätter bitte um die beste Sorgfalt und Bemerkung der Kosten. Der ich, das Beste wünschend, mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Jena den 8. August 1820.


33/105.


An Weigel junior.

[Concept.]

Für den letzten Catalog mit Preisen habe den schönsten Dank zu sagen; mögen Sie gefälligst den nächsten und folgenden mir ebenermaßen zukommen lassen, so werden Sie mich verbinden. Dem größten Theile der Blätter habe keine Preise beygesetzt, da Sie gewiß, im Sinne Ihres Herrn Vaters, geneigt seyn werden, nach Verhältniß des Abdrucks und der Erhaltung das Billige zu ermessen.

Die mit Preisen bezeichneten sind im Auftrage eines Freundes, wo es doch aber auch auf einige Erhöhung der Summe nicht ankömmt.

Jena den 8. August 1820.


33/106.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Die unter'm 30. Juli angekündigte Sendung geht, wie der Spediteur verspricht, Montag den 14. August unter Ihrer Addresse, theuerster Freund, von hier ab.[146] Die Weimarischen Kunst-Freunde haben sich darüber besprochen und theilen ihre Gedanken nächstens mit, obgleich Berliner Künstler und Kenner das Geleistete einsichtig und geneigt selbst beurteilen werden. Was weiter zu wünschen, vorzunehmen und zu hoffen sey, wird nach unserer Einsicht gleichfalls treulich hinzugefügt.

treulichst

Jena den 9. August 1820.

J. W. v. Goethe.


33/107.


An Friedrich Theodor Kräuter

Mit den Boten einiges zu schreiben ist gestern versäumt worden, weswegen ich, mein guter Kräuter, das Nöthige heute nachzubringen gedenke.

1. Habe ich meinem Sohne schon längst den Auftrag gegeben, für zwey Postamente zu sorgen, ganz genau wie die, worauf unser Jupiter und Pallas stehen; sie sollen sauber gearbeitet, aber unangestrichen herüberkommen. Wenn Sie diese Bestellung beschleunigen, so werden Sie mir eine besondere Gefälligkeit erzeigen.

2. Auch hat mir Hofbildhauer Kaufmann einen Abguß der großherzoglichen Büste versprochen. Könnten Sie betreiben, daß sie fertig und eingepackt wird, und wollten mir alsdann melden, damit ich sie abholen ließe, so würde es mir auch sehr angenehm seyn. Beides ist für die akademische Bibliothek bestimmt,[147] die ich je eher je lieber in Ordnung sehen möchte.

3. Sodann schicken Sie mir doch zwey Exemplare von den Festgedichten zu der berühmten Redoute; sollte eins in Saffianpappe gebunden seyn, so wünschte solches vorzüglich, übrigens aber senden Sie nur das Vorräthige.

4. Mein Sohn wird gar leicht ein Stück Gestein vom Drachenfels mit glasigem Feldspath finden können; es wäre mir sehr angenehm, wenn auch dieses mit den Sonnabend-Boten herüberkäme, bis dahin hat es Zeit.

5. Und nun folgt noch der Wunsch, eins der letzten Stücke der Wiener Jahrbücher zu erhalten, und zwar dasjenige, worin sich Herr W. v. Schütz über die Müllnerische Tragödie geäußert hat. Übrigens bitte die Meinigen zu grüßen und mir nächstens einige Nachricht zu ertheilen. Durch den heut Abend eintreffenden Boten vernehme ohnehin schon etwas.

Mit den besten Wünschen

Jena den 9. August 1820.

G.


33/108.


An Carl Joseph Heidler

Ew. Wohlgeboren

würden auch ohne meine Empfehlung den Herrn Obrist und Kammerherrn von Lyncker und Gemahlin nach[148] Ihrer zuvorkommenden Weise freundlichst aufgenommen haben, mich aber darf es erfreuen, so werthe Freunde in einer fremden, meiner Einbildungskraft noch immer entfernten Gegend einem wohlwollenden Manne bekannt zu machen. Auch diesem werthen Paare wünsche ich die Zufriedenheit bey der Rückkehr, die Herr Geh. Justizrath Martin mir bezeigte. Möge so manches Gute, das von dort herausfließt, auch Ihrer wichtigen Anlage zu Gute kommen und das Gedeihen befördern.

Herr von Lyncker wird mein Andenken des Herrn Prälaten Hochwürden empfehlen.

Mögen Sie Herrn Brunneninspector Gradl und Herrn Hofgärtner Skalnik an mich erinnern, so würde ich die damalige freundliche Aufnahme zu erwidern glauben.

Herrn Doctor Zieglers wohlgedachtes Heft habe mit Vergnügen gelesen; die vorschreitenden Ansichten der Wirkung mineralischer Wasser geben vielfaches Vergnügen und können nicht anders als zu praktischem Nutzen gedeihen. Möge ich bis zu abermaliger persönlicher Zusammenkunft Ihrem Andenken empfohlen seyn.

ergebenst

Jena den 9. August 1820.

J. W. v. Goethe.[149]


33/109.


An Friedrich Theodor Kräuter

Sie erhalten hiebey, mein guter Kräuter, eine Partie englischer Zeitungen, die in Abwesenheit des Steuer-Secretär Haage an mich gekommen sind; da sie gewöhnlich an das Industrie-Comptoir gegeben werden, so wären diese auch dahin zu senden. Bemerken Sie auf irgend eine Weise, vielleicht in unserm Vermehrungsbuch, die Nummern, welche durch unsere Hand gehen, damit wir sie alsdann regelmäßig zurückerhalten.

Die autorisirte Quittung liegt bey, sie mag bis zum Schluß der Rechnung in der Gewährschaft liegen.

Die Postamente sind angekommen, die Büste des Großherzogs wird hoffentlich auch nicht lange mehr ausbleiben.

Das Beste wünschend

Jena den 11. August 1820.

G.


33/110.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ihren liebwerthen Brief, mein Theuerster, erhalt ich erst den 12. August, da er doch vom 5. geschrieben ist; dieser geht erst den 13. von Weimar ab, wohin ich ihn durch einen Boten sende, da reitend keine directe Communication zwischen Jena und Berlin ist.

[150] Möchten Sie doch Ihre Herreise mit Ihrem werthen Begleiter auf gut Glück unternommen haben! Sie sind mir beide herzlich willkommen; meine Zustände kennen Sie schon, Sie finden mich in den verfallenen Mauern des botanischen Gartenhauses so schlecht eingerichtet wie möglich. Keinen Tisch kann ich ihnen anbieten. Kehren Sie in dem Ihnen bekannten Gasthofe ein. Herr Rauch findet eine lustig ruhige Werkstatt bey mir, und da ich gerad in dem Fall bin, dringende Arbeiten bey Seite geschafft zu haben, so können wir die meisten guten Stunden des Tags gut benutzen.

Möge diese Verspätung Sie nicht abhalten von Ihrem Vorsatz, der für uns sämmtlich gewiß höchst fruchtbar seyn wird. An Ihrer Theilnahme, an Ihrem Mitfortleben hab ich nicht gezweifelt; man braucht sich's nicht immer zu sagen, daß man sich liebt.

Im Moment da Ihr Brief ankommt, geht die Kiste fort, der Fuhrmann hat mir die Auslagen bezahlt, wie ich den vorhergehenden. Es wird sehr schön seyn, daß Sie unser Gutachten mündlich vernehmen und uns Anleitung geben, wie wir uns diplomatisch schriftlich verhalten sollen.

Möge diese Post-Unbehülflichkeit der Jenaischen Lage, (denn in Weimar erhalten wir die Berliner Briefe schnell), Ihren Vorsatz nicht ändern!

Herr Rauch sey nochmals schönstens gegrüßt, es[151] hält mich nichts ab, seinem freundlichen Willen zu verschwindenden Formen auf die bereitwilligste Weise zu begegnen.

Auch ich denke mir manches, Sie zu bewillkommnen; mein Aufsatz über entoptische Farben ist bis zu Ihrer Ankunft abgedruckt. Die Versuche durchzugehen und den Vortrag zu revidiren wird sehr unterhaltend seyn.

Alles Gute!

treulichst

Jena den 12. August 1820.

Goethe.


33/111.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Dießmal, mein Theuerster, werde ich durch den Rath und Bibliothekar Vulpius angeregt, Ihnen zu schreiben. Er wühlt die Flözschichten alter Deductionen auf, die, seitdem sie der berühmte Buder auf der akademischen Bibliothek niedergelegt, noch nicht wieder durchsunken worden sind.

Er kommt, wie Sie aus der Beylage sehen, auf die von Reineckische Geschichte und ist neugierig, noch etwas weiter zu erfahren, als ich ihm sagen kann: denn ich weiß nur, daß dem beleidigten Vater zuletzt nichts übrig blieb, als zu verzeihen. Sollte irgend ein bezügliches Impressum noch vorzufinden seyn, so würden Sie unsere Sammlung dadurch freundlich[152] complettiren; sie ist wirklich von der Art, daß man nicht hineinsehen darf, ohne Furcht, in den Strudel seltsamer, bald groß- bald kleinartiger Interesses hineingerissen zu werden.

Nun aber nehmen Sie eine zweyte Bitte und Auftrag, wie schon einmal, geneigt auf, und senden mir unter Beyhülfe Ihrer Frau Gemahlin ein Dutzend Artischocken auf der fahrenden Post, hierher nach Jena; es könnte etwa auf zweymal, zu sechs und sechs geschehen. Wenn dieses Verlangen komisch erscheinen möchte, so diene zur Entschuldigung, daß wir, durch unsere botanischen Leistungen berühmt, von der Zeder bis zum Issop alles lebendig, wo möglich blühend und fruchtend, vorzuzeigen bemüht sind, auch im culinarischen Fache zu völliger Zufriedenheit der Tafeln Pisang, Ananas und so herunter abzuliefern im Stande, demohmgeachtet aber eine Artischocke, wie sie seyn sollte, zu produciren nicht vermögen. Es ist also auf einen Scherz abgesehen, wenn ich, wie unsere Frankfurter Gegend dieses edle Gewächs hervortreibt, zum Anschauen und Geschmack bringen möchte. Ihre Freundlichkeit wird mir geneigt zur Ausführung verhelfen.

treulichst

Jena den 12. August 1820.

J. W. v. Goethe.[153]


33/112.


An August von Goethe

Durch einen Boten, der ohnehin nach Weimar geht, sende die Schachtel zurück. Diesen Stein wollen wir nicht antasten; es finden sich ihrer wohl noch andere Exemplare, wir besitzen deren vier bis fünf und darunter sind kleinere und bedeutendere.

Auch liegt das Gedicht bey.

Stadelmann wünscht eine Bouteille mit Gyps, sie steht in der Bedientenkammer im Schranke; der Bote ist angewiesen sie mitzunehmen. Vielleicht komm ich doch noch zu den Malven zurecht.

Jena den 13. August 1820.

G.


33/113.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königl. Hoheit

sind, wie wir alle hoffen und glauben, nach glücklicher Reise an den heilsamen Quellen angelangt; möge daselbst alles nach Wunsch gedeihen.

Hiebey nehme mir die Freyheit zu übersenden:

1. Den Schluß meiner kleinen Wolkenverhandlung. Die Absicht war, die Howardische Lehre ganz in die Enge zurück zu ziehen, ihre Anwendung durch fünfwöchentliche Beobachtung durchzuführen und einiges Allgemeine bey dieser Gelegenheit zu sagen. Diese[154] Darstellungen haben große Schwierigkeiten. Die wichtigste liegt darin, daß die sämmtlichen Wolkencharaktere zwar durch's Jahr und durch sämmtliche Weltgegenden durchgehen, daß sie aber nach Jahreszeiten, klimatischen und Höhe-Verhältnissen Ausdruck und Bedeutung verändern. Find ich im Herbst Gelegenheit, wieder vier Wochen einer bedeutenden atmosphärischen Folge nachzugehen, so ergiebt sich wohl ein interessanter Parallelismus mit der Frühlingszeit.

2. Indessen sind Posselt und Körner nach Ew. Hoheit ausgesprochenen Absichten thätig, sie setzen sich vorerst in Bekanntschaft mit dem, was früher durch die Mannheimer geschehen. An mehrere bedeutende Männer ist geschrieben, Herr v. Lindenau vorzüglich begrüßt, so daß zu hoffen steht, wenn Höchstdieselben zurückkommen, werde schon ein guter Anfang vorzulegen seyn.

3. Da man es, wo nicht einflußreich in die Meteorologie, doch wenigstens an und für sich bedeutend hält, die Declination der Magnetnadel zu beobachten, so soll der erste Jahresbetrag des neulich Verwilligten zu einem Declinatorio verwendet werden; es giebt schon schöne Muster hiezu, an welchen Körner nach mechanisch erfinderischer Art wahrscheinlich manches abzuändern finden wird.

4. Um auf Naturgeschichte überzugehen, so kam die von Neustadt überschickte Ente gerade zu der Zeit[155] an, als ich das Glück hatte, gerade die guten fürstlichen Kinder bey mir zu sehen; Prinzeß Auguste herzte und küßte sie sogleich und that ihr so schön, daß sie wieder hätte lebendig werden sollen.

5. Hofrath Carus von Dresden hat mir auf mein Ansuchen doch noch von jener grabsuchenden Lindenwurzel ein Bündel schicken können, obgleich leider, wie ich schon vermuthete, die interessantesten Verzweigungen vernachlässigt und zerstört waren. Unterdessen enthält dieses Stück noch immer eingeschlossene Knochen; wie in einem Nestchen ist eine untere Kinnlade zu bemerken.

6. Daß ich indessen von der Grabeswurzel sogleich zur höchsten Blumenflor mich verfüge, so bemerke, daß Adele Schopenhauer vor ihrer Abreise einen Theil des Seghersischen Blumenbildes zu copiren angefangen, nun aber nach ihrer Rückkehr von Danzig das Blatt vollenden möchte. Mit höchster Erlaubniß würde das Bild aus Ihro Zimmer wegnehmen und dem guten talentvollen Kinde, dem ein solcher Trost wohl zu gönnen ist, bestens empfohlen anvertrauen.

7. Hat Professor Kosegarten die wunderlichen Schriftzüge des Indiers für echt tamulisch erklärt; jedoch scheint, daß der Taschenspieler auch hier zu einiger Täuschung Zuflucht nahm; anstatt zu schreiben, was man ihm aufgab, mochte er das Alphabet oder was ihm sonst aus seinen Kinderjahren geläufig wär, niederschreiben.

[156] 8. Ein neuer vielfältiger Schmelzungsversuch kommt so eben aus dem Ofen von Zwätzen, funfzig Gebirgsarten waren abermals der Feuerqual ausgesetzt, davon sich die meisten refractär bewiesen und wenige, indem sie sich blätterten oder verschlackten, auf weitere Wege deuteten.

9. Professor Clarus zu Leipzig hat die Beschreibung eines Gewitterorkans am 8. Juli 1819 sehr lebhaft und zulänglich geliefert. Man sieht, was für gute Aufmerker und geistreiche Beschauer in Deutschland vertheilt sind.

Jena den 13. August 1820.


33/114.


An Friedrich Arnold Brockhaus

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Gegenwärtiges zu übersenden veranlaßt mich Herr Bohte in London, derselbe schreibt:

»Da der kleine Aufsatz in gegenwärtigem Journale, betitelt »Mr. Ebert and Mr. Dibdin«, ersteren Freund in Dresden, so wie auch Herrn Buchhändler Brockhaus in Leipzig sehr interessiren würde, so wage die Bitte Ew. pp. zu bemühen, nach eigener Durchsicht diesen Herrn eine Durchsicht dieses Journals gleichfalls zu vergönnen.«

Hiernach also erfolgt das Journalstück um so schneller, weil es vielleicht durch die Neuheit ein vermehrtes[157] Interesse erlangen könnte. Doch erbitte mir solches baldmöglichst wieder zurück, weil ich selbst nur die flüchtigste Einsicht davon nehmen konnte.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Jena den 14. August 1820.


33/115.


An Friedrich Theodor Kräuter

1. Zuerst vermelde, mein guter Kräuter, daß die Büste glücklich angekommen und der Gedanke, sie in einem Korbe zu transportiren, von gutem Erfolge gekrönt worden.

2. Sodann übersende englische Zeitungen und Journale, welche zu verzeichnen und Herrn Ober-Medicinalrath v. Froriep einzuhändigen wären. Könnten Sie auf eine freundliche Weise bewirken, daß besonders die Journale bald zurück gegeben würden, damit ich sie bald in Jena erhalten und benutzen könnte, so wär es mir eine große Annehmlichkeit.

3. Überhaupt, wenn Sie bey dieser Gelegenheit suchen wollten, die wohl [seit] einem Vierteljahr sich dort verhaltenden früheren Stücke zu überkommen und überhaupt eine günstige Einladung für die Zukunft zu treffen, so wär es für alle Theile eine gute, nützliche Übereinkunft.

4. Die französischen zehnjährigen Preisbilder habe mit Vergnügen erhalten; lassen Sie sich von Zeit zu[158] Zeit durch Herrn Hofrath Meyer einige Nachricht geben, was mir von den vorhandenen Dingen erfreulich seyn könnte. Wenn wir zusammen kommen, wird wohl von solchen Dingen gesprochen, sodann aber von beiden Seiten vergessen.

5. Mögen Sie Herrn Facius ersuchen, daß er beykommendes Siegel wieder aufsticht und polirt; es bedarf nicht viel, aber doch etwas, um wieder zu seiner alten Bedeutsamkeit zu gelangen, Ersuchen Sie ihn aber, daß er die kleine Arbeit fördert und zugleich eine Quittung seines Bemühens einreicht, daß ich gerne gleich vergüten werde.

Das Beste wünschend

Jena den 14. August 1820.

G.


33/116.


An Johann Heinrich Meyer

Ihr nothgedrungenes opus, theuerster Freund, ist abgeschrieben und nimmt sich ganz fürtrefflich aus; der Kasten ist fort, aber durch einen wunderbaren Fall haben wir Zeit über die Sache nachzudenken. Staatsrath Schultz hat sich bey mit angemeldet, mit Rauch, und sie wären schon hier, wenn der Postwechsel zwischen Jena und Berlin nicht durch einen Umweg geschähe.

Schultz sagt selbst, wir möchten die Sache suspendiren, bis er kommt. Die Bilder sind indessen fort, und das ist auch gut.

[159] Vorläufig bin ich gesonnen, sie hier zu empfangen, in Weimar würde dieß bey dem Zustand meiner Schwiegertochter höchst unbequem seyn; ob es gleich hier auch seine Bedenklichkeiten hat. Morgen kommt mein Sohn hierher, mit dem ich das Weitere besprechen will. Sagen Sie vorerst niemand nichts davon.

Ihro Hoheit empfehlen Sie mich zum besten und schönsten, und sagen Ihr nochmals Dank für's Überschickte; es war so gerade ein Regenschauer zur rechten Zeit.

Nun wünscht ich noch eins: Sie möchten mir ganz unverfänglich den Vornamen der Demoiselle Mazelet zu verschaffen suchen, ich wollte ihr ein Exemplar der Festgedichte zum Angedenken verehren und ein Wörtchen hineinschreiben. Ich dächte, es wäre schicklich und artig; sie hat sich, so oft wir zusammen kamen, sehr freundlich und zutraulich betragen.

Setzer und Drucker drohen von nun an exigeanter zu werden; Manuscript ist hinreichend da, aber die Revision, zugleich mit der Ankunft beider Freunde, setzt mich in Verlegenheit, und eine, mehr gehoffte als projectirte, Nachcur in Böhmen wüßt ich kaum durchzuführen.

Wir wollen also uns, wie bisher, dem Tage fügen und abwarten, was kommen kann.

Haben Sie sich etwa um solche Symbole umgethan, wovon wir neulich sprachen, mit Bild und Spruch? Ihre neuliche Anregung: man solle dergleichen[160] selbst erfinden! hat mich auf eine seltsame Weise bewegt, daß ich ein paar Dutzend producirt habe, wovon die Hälfte gewiß brauchbar ist und die andere, reifer durchdacht, manches Nutzbare liefern wird. Wie wir uns wieder sehen, soll dieß die erste Verhandlung seyn.

Die zehnjährigen französischen Preisbilder machen mir viel Vergnügen. Wenn man es nicht schwarz auf weiß sähe, so wüßte man von dem Mährchen nichts mehr.

Finden Sie manchmal auf der Bibliothek etwas derart, so bemerken Sie es Kräutern; er hat den Auftrag, mir das Bezeichnete zu senden.

Abermals Gebirgsarten 50 Stück haben wir durch's Läuterfeuer gehen lassen; wir müssen es noch weiter treiben, um unsern Ansichten durch diese Versuche zu Hülfe zu kommen. Freylich liegt das Naturfeuer etwas weit ab vom Töpferofen.

Und somit leben Sie zum schönsten wohl und überlegen sich's, ob wir uns etwa Donnerstags noch sprechen könnten. Die Berliner Freunde dürften vielleicht in [darüber: vor] acht Tagen da seyn.

Das beste Lebewohl.

treulichst

Jena den 14. August 1820.

Goethe.[161]


33/117.


An Carl Friedrich Anton von Conta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

sende die mitgetheilten Blätter dankbarlichst zurück. Es giebt freylich zu ernsten Betrachtungen Anlaß, wenn wir uns von gleich brennbaren Stoffen unmittelbar umgeben fühlen.

Sodann erkenne den Werth der Bemerkung zu dem bibliothekarischen Bericht mit besonderem Vergnügen. Wollen Sie bey Herrn von Hoff etwa nachfragen: ob derselbe vielleicht auch einiges mitzutheilen hätte; so könnte meinen einzureichenden Bericht mit solchen gründlichen Motiven gar gut ausstatten.

Ferner für geneigte Theilnahme mich angelegentlichst empfehlend.

Jena den 14. August 1820.


Vorstehendes war geschrieben, als durch eine kurze Abwesenheit von Hause mir das Vergnügen entging, den Herrn Geh. Staatsrath Schweitzer bey seiner Rückkehr zu verehren. Danken Sie in meinem Namen gelegentlich zum allerschönsten für die mitgebrachte zahlreiche Carlsbader Liste und drücken gefällig meine Hoffnung aus, den würdigen werthen Mann in meiner Einsiedeley zu begrüßen.[162]


33/118.


An Graf Vargas Bedemar

[Concept.]

[Jena, 18. August 1820.]

Hochgeborner Hochzuverehrender Herr!

In Hoffnung, daß Ew. Excellenz das Zutrauen der mineralogischen Gesellschaft, Hochdenenselben die Stelle eines Vice-Präsidenten zu übertragen, freundlich genehmigen werden, erfolgt ein deshalb ausgefertigtes Diplom mit Gegenwärtigem zugleich.

Nach dem seligen Hintritt meines unvergeßlichen Freundes, des Königlichen Sächsischen Ober-Berg-Hauptmanns v. Trebra, mit welchem ich sowohl im Allgemeinen den Gang der bergmännisch-wissenschaftlichen Erdkunde, als im Besondern die Zwecke der hiesigen mineralogischen Gesellschaft mehrere Jahre zu fördern trachtete, konnte mir nichts angenehmer seyn, als einen jungen, thätigen, der Sache ergeben, unterrichteten und weitwirkenden Mann an seiner Stelle zu sehen, und gewiß wird diese Wahl zur allgemeinen wechselseitigen Zufriedenheit gedeihen.

Wenn ich nun zugleich das Bild unseres theuren bewundernswürdigen Fürsten beylege, so darf ich wohl sagen, daß, bey Besuchung des Kabinetts, Ihro Königliche Hoheit oft mit theilnehmendem Vergnügen die Sendungen betrachtet, welche wir Ew. Hochgebornen verdanken, daher ich denn auch von Höchstdenenselben den Auftrag erhielt, ein freundliches Andenken beyzuschließen.[163] Mögen wir bald Nachricht erhalten, daß Ihre weite wichtige Reise mit dem besten Erfolg gekrönt worden, und von den Naturvorkommenheiten jener merkwürdigen Gegenden genauere Kenntniß erlangen.


33/119.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche dießmal mit Wenigem, nachstehende Werke anzuschaffen und solche unter der gewöhnlichen Addresse an Steuersecretär Haage nach Weimar zu senden:

1. An historical sketch of the campaign 1815 pp.

2. History of the Indian Archipelago pp.

Ew. Wohlgeboren Schreiben vom 1. und 4. August habe erhalten, auch den Brief an Dero Schwester auf die Post gegeben.

Was die Unterschrift unter mein Bild betrifft, so sollte glauben, daß der Name, ganz einfach, dem gegenwärtigen Zweck entspräche. Denn da hier eigentlich nur der bekannte Schriftsteller erscheint, so ist von seinen übrigen äußeren Verhältnissen nicht die Rede. Empfehlen Sie mich Miß Dawe; wollte sie mir einen Probedruck schicken, so wird es mir sehr angenehm seyn, wenn es auch nur die in einem Briefe wohl zu transportirende, von dem Rand abgesonderte Figur wäre.

[164] Ich gedenke aller Freunde in London gar oft in den jetzigen unruhigen Zeiten. Dabey fällt mir ein: haben Sie doch die Gefälligkeit, manchmal eine bedeutende Carricatur zu schicken; die gegenwärtigen Zustände geben, wie ich aus den Zeitungen sehe, hiezu manche Gelegenheit.

Der ich bestens empfohlen zu seyn wünsche.

Von Serenissimo hören wir aus Töplitz das Beste.

Jena den 18. August 1820.


33/120.


An Johann Georg Lenz

Wenn Herr Graf Bedemar die uns zugedachten Mineralien an Herrn Baron von Schlözer, Russ. Kaiserl. General-Consul zu Lübeck gefällig übersenden will, so werden sie uns ohne großen Aufwand jederzeit zukommen.

Jena den 18. August 1820.

Goethe.


33/121.


An Ottilie von Goethe

Ich konnte dir gestern, meine liebe Tochter, nur mit flüchtigen Worten sagen, daß wir zu kommen abgehalten seyen. Nun sollst du das Nähere vernehmen. Tieck und Rauch sind zugleich angekommen und jeder hat eine Thonmasse gehäuft, um den Papa zu porträtiren; diese Blöcke, zwar nicht so fest wie[165] Felsen, aber doch schwer genug, lassen sich nicht transportiren, also finden wir uns durchaus gehindert, deiner freundlichen Einladung zu folgen. Beide Künstler sind zwar sind zwar höchst expedit, doch läßt sich nicht voraussehen, wie weit die Arbeit sich verziehen und ziehen könne; sie gedenken auf alle Fälle über Weimar zurückzugehen und dich zu begrüßen.

Sie speisen Mittags im Gasthause und sind Morgens und Abends gar mäßig; darum halte ein mit deinen Wohlthaten und sende nichts vor nächstem Mittwoch Abends, denn bis dahin weiß ich auszureichen.

Schultz und Schinkel sind beide gleichfalls gar lieb und werth; letzterer hat den Aufriß seines Theaters mitgebracht und von den Grundrissen etwas hier gezeichnet; du wirst dich verwundern, solches zu sehen.

In der Hauptsache ist es seltsam genug zu betrachten, wie zwey Künstler denselben Gegenstand behandeln; was hieraus erfolgen kann, läßt sich gar nicht übersehen; ich hoffe, du sollst auch Freude daran haben.

Nun lebe schönstens wohl und grüße Walthern zum besten; versäume nicht Ulriken etwas Guts zu sagen.

August, wenn er kommt, wird nicht wenig erbaut seyn von dem, was indessen geschehen ist.

treulichst

Jena den 19. August 1820.

Goethe.[166]


33/122.


An Carl Ernst Adolf von Hoff

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

geneigtes Schreiben ist mir doch noch früher zugekommen als die angekündigte höchst erwünschte Büste, welche einige Tage in Weimar verweilt. Schon stehen unsere beiden höchstverehrten Fürsten an der Stelle neben dem farbigen Fenster, in dem Locale, dessen Einrichtung und Bereicherung wir Höchstdenenselben erfreulichst schuldig geworden. Möge allen Angestellten fernerhin gelingen, den Beyfall der höchsten und hohen Vorgesetzten zu erlangen.

Einen wohlgemeinten Aufsatz des Bibliothekars Güldenapfel, wegen Verbesserung des Bibliotheksfonds, wird Herr Geh. Legations-Rath Conta vielleicht übersendet haben; möchten auch Sie mir einige Winke geben, damit ich in einer Angelegenheit, die nicht meiner Competenz ist, etwas Fruchtbares äußern könnte; vielleicht ist grade der jetzige Moment einer solchen Einrichtung für die Zukunft günstig.

Niemals habe mehr Ew. Hochwohlgeboren beschränkte Zeit, sich bey uns aufzuhalten, beklagt, als dießmal, wo ich gerade mit Freyheit einer so werthen Unterhaltung mich hätte hingeben können. Bey gemeinsamen Neigungen und Absichten könnte ein solches längeres Zusammenseyn nicht anders als höchst unterhaltend und nutzbar werden.

[167] Einige schöne Tage auf dem Thüringer Wald verlebt zu haben, gönne von Herzen; dem bloßen natürlichen Sinn ist es schon großer Genuß, dem Kenntnißreichen, Ausgebildeten über alle Maaßen schön und belebend.

Empfangen Sie meinen Dank, daß durch die Bemerkungen zu den neuen Statuen Sie auch an meiner Seite alles erschöpfen wollen, so daß ich mich in dem angenehmen Falle sehe, ohne weitere eigene Discussion allem schon Gesagten mich conformiren zu können. Möge ich nur immer das Beste von Ihrem Wohlseyn zu vernehmen haben!

Sollte sich eine schickliche Gelegenheit finden, Ihrem gnädigsten Herrn unterthänigst mich zu empfehlen und wiederholt zu danken, daß er uns in den Stand gesetzt, ein eifrig angefangenes Werk auch eifrig fortzusetzen. Möge es zu Höchstseiner Zufriedenheit gereichen, eine solche Anstalt auf den Grad begünstigt zu haben.

Jena den 22. August 1820.


33/123.


An Carl Friedrich Anton von Conta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten die mir anvertrauten Papiere mit dem verbindlichsten Dank zurück, wobey ich inliegendes Bittschreiben zu geneigter Aufmerksamkeit empfehle. Sollten[168] nicht entschiedene Hindernisse entgegen stehen, so bitte günstig einzuwirken.

Der Besuch von Berliner Freuden hat mich in meiner Einsamkeit überrascht und erquickt; es thut mir leid, daß ihre Eile mich hindert, diese würdigen Geschäfts- und Kunstmänner auch werthen weimarischen Freunden vorzustellen.

Möge mir ein freundlicher Antheil im Lebens- und Geschäftskreise immerfort zu statten kommen.

Jena den 22. August 1820.


33/124.


An Carl Ernst Schubarth

Indem ich Ihnen nur mit Wenigem, mein Werthester, für das erbauliche Vergnügen Dank sage, welches mir Ihr zweyter Theil gewährte, so ersuche Sie, mir baldigst zu übersenden, was man gewöhnlich curriculum vitae nennt: eine kurz gefaßte Geschichte Ihres bisherigen Lebens und Bestrebens, welchem hinzuzufügen bitte, was Sie zunächst beabsichtigen und wünschen. Ich kann sogleich Gelegenheit nehmen, zu Ihren Gunsten wirksam zu seyn, welches Sie jedoch geheim zu halten bitte.

Mögen Sie wohl das romantische Gedichtchen in zehn Gesängen: Olfried und Lisena von August Hagen in Königsberg nach Ihrer Einsicht und Übersicht entwickeln? Es scheint mir höchst bedeutend,[169] daß ein Jüngling dergleichen hervorbringen könne, und bin verlangend zu sehen, wie Sie es nach denen um zweyten Theile gebrauchten Maaßstäben messen und einordnen; mit Verlangen einem solchen Aufsatz entgegen sehend.

Soviel für dießmal, mit freudiger Anerkennung Ihrer sich so weit als gleich über das Ganze, was Menschen nur interessiren kann, verbreitenden Darstellung Ihres Empfindens und Denkens.

treulich

Jena den 22. August 1820.

Goethe.


33/125.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

[Concept.]

[Jena, etwa 22. August 1820.]

Die theuren Freunde konnten noch nicht aus der Stadt seyn, als mir noch manche Gegenstände einfielen, die ich nothwendig hätte vorzeigen sollen; die gute liebe Erscheinung rauschte freylich nur allzuschnell vorbey. Haben Sie tausend Dank, daß Sie das alles so haben einleiten und leiten wollen, gewiß wird dieses flüchtige Zusammenseyn uns allen segenreich bleiben. Und nun alsobald zu den vorgesetzten Mittheilungen und Bemerkungen.

1. Denuncire: daß Professor Fischers Lehrbuch der mechanischen Naturlehre, wo der Newtonische Irrthum abermals recht kräftig mit akademischen Siegel[170] gestempelt ist, so wie ein römischer Pfaffe die Lehre von der Transsubstantiation, der unbefleckten Empfängniß der Mutter Gottes mit dem größten Behagen immer wieder vorträgt. Übrigens sieht man recht deutlich, daß diese Herrn einiges Vortheils der Kutscher und der Fuhrleute sich bedienen, um in dem alten Gleis zu bleiben; an irgend ein redlicheres und freyeres Bemühen ist gar nicht zu denken.

2. Kann nicht unterlassen Sie nochmals zu bitten, ob Sie es nicht möglich zu machen finden, daß die Inschrift des Theaterfrieses nur aus einer Zeile bestünde, mit zweyen wär die Ansicht des Hauses für ewig verdorben. Indessen begreif ich recht wohl, daß eine solche Vermittelung ihre Schwierigkeiten haben mag. So lange es aber noch nicht geschehen, kann ich mich des Wunsches nicht enthalten, es möge noch möglich seyn, ein solches Unheil zu verhindern; es giebt ein widerwärtig trauriges Gefühl, so großen Aufwand und Anstrengung zuletzt in Disharmonisches auslaufen zu sehen.


33/126.


An August von Goethe

Nachstehende Papiere wünschte baldmöglichst wohlgepackt auf der fahrenden Post herüber zu erhalten.

1. Sämmtliche Bündel Acten, Fascikel und Papiere, die Farbenlehre betreffend. Sie finden sich in[171] dem Schreibtische an der Eingangsthüre links in der oberen Schublade.

2. Sämmtliche auf comparirte Anatomie sich beziehende Papiere und Bündel, sie liegen in demselben Schreibtisch in der untersten Schublade recht. Sollte ich mich in der Localität geirrt haben, so wird sich der Irrthum leicht entdecken.

Soviel für dießmal.

Jena den 26. August 1820.

G.


3. In dem Schreibtisch, der sonst im blauen Zimmer stand, wo jetzt das Repositorium mit Kupferstichen, liegen in einer der kleinen Schubladen zwey schwarze Tobackspfeifenköpfe mit meinem Bildniß und dreyer Freunde; sende mir solche wohlgepackt herüber.

4. In den Mineralienschränken meines Vorzimmers, in der Schublade Kobald, liegen die Sächsischen Schmalteproben in einem Bündel zusammengebunden, sende eine solche, auch wird sich:

5. von dem blauen Tapetenpapier etwas finden, davon sende mir so viel oder wenig als es gehen will.

6. Es findet sich ein Fascikel, ein Verhältniß mit Bran wegen Mittheilung von englischen Büchern enthaltend, es liegt in den Schubladen des Schranks am Fenster.

G.[172]


33/127.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Nachstehendes sollte, mein Theuerster, nebst verschiedenen anderen Puncten, nach Verlauf einiger Zeit zu Ihnen wandern, inliegender Brief jedoch veranlaßt mich, auch dieses Blatt sogleich mitzuschicken.

Wie viel ich Ihnen für Ihr Kommen und Mittheilen, Handeln, Leiten und Lenken schuldig geworden, wissen Sie selbst, und ich deute deshalb nur dahin. Von den schätzbarsten Wirkungen ist eine solche Zusammenkunft; ich wollte schon jetzt im Einzelnen angeben, was Ihre Gegenwart in und an mir gefördert und was dadurch über die Maaßen beschleunigt worden. Nehmen Sie jedoch nur im Allgemeinen einen freudigen Dank, empfehlen Sie mich den lieben Ihrigen und den drey werthen thätigen Kunst-Genossen. Mögen Sie unsern lieben Plastikern sagen: daß Kaufmann seinen Auftrag glücklich vollendet, und die Kisten, auf's sorgfältigste gepackt, heute abgegangen sind.

Aus einer billigen Freundlichkeit und aus Furcht, allzu menschen- und ehrenscheu auszusehn, habe ich mich entschlossen, morgen hier zu bleiben und der Feier meines Geburtstags persönlich beyzuwohnen, was ich sonst so sorgfältig vermied. Ihrem Besuch gebe ich die Schuld dieser Sinnesänderung; Ihre Theilnahme und die Thätigkeit der jungen Männer[173] hat mich in's Leben wie zurückgerissen. Das nächste Stück von Kunst und Alterthum folgt balde; sobald die entoptischen Blätter abgedruckt sind erhalten Sie solche. Denken Sie ja darauf, wie wir jungen Leuten das alles theoretisch überliefern und praktisch in die Hände geben. Sehen Sie nur den Greuel an, wie Ihr Professor Fischer die Farbenlehre vorträgt.

Nicht weiter! damit die Post nicht versäumt werde.

treulichst

Jena den 27. August 1820.

Goethe.


Gar mancherley Einzelnheiten zur Farbenlehre hatten sich in diesen Jahren bey mir gehäuft und ich dachte, in meinem Überhinsinne, sie am Schlusse des neuesten Heftes noch eilig abdrucken zu lassen. Nun sehe ich aber, daß wir viel weiter sind, als wir selbst gedacht: denn die Darstellung der entoptischen Farben, wie sie nun abgeschlossen vor mir liegt, giebt unserm Wesen einen ganz neuen Halt; ich sistire den Druck und gedenke, zwar kein explicites, aber ein implicites Ganze zusammenzustellen; was man in unserer ästhetischen Literatur vor einigen Jahren ein organisches Fragment nannte.

Hiezu aber bedürfte ich dringend Ihres Beystandes. Könnten Sie die Hauptmomente dessen, was Sie für physiologe Farben gethan, uns darstellen? könnten Sie mir einen anschaulichen Begriff von Comparetti's und des Purkinje Verdiensten kürzlich geben; so würde[174] ich's mit Freuden einfügen; ich selbst muß Verzicht thun, dergleichen zu durchbringen und, wenn ich's gewonnen hätte, darzustellen.

Höchst merkwürdig ist in Professor Fischers Lehrbuch der mechanischen Naturlehre die wunderlich angeschobene Farbenlehre; ich konnte noch nicht die Sache näher ansehen; es ist aber für uns ein lustiger Einblick, wie die Herrn einen ganz verständigen Rückzug anlegen. Die Franzosen, wenn sie flüchteten, nannten das ein mouvement rétrograde. Des Herrn Akademikers Rückschritt ist so tanzmeisterlich, daß man wirklich seine Gewandtheit bewundert. Die physiologen Farben schließen nicht allein das Capitel, sondern das ganze Buch, und so steht das wieder auf dem Kopfe, was wir seit so vielen Jahren auf die Füße zu stellen suchten.


33/128.


An Carl von Schlözer

[Concept.]

[Jena, 27. August 1820.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben früher die Gefälligkeit gehabt, einige Sendungen zwischen Petersburg und Weimar geneigt zu besorgen. Gegenwärtig nehme mir die Freyheit, Sie um Erlaubniß zu bitten, dasjenige, was Herr Graf Vargas Bedemar, Königlich Dänischer Cammerherr in Kopenhagen, für mich, oder für die Mineralogische Gesellschaft[175] zu Jena an Dieselben addressiren würde, entweder mit der fahrenden Post, oder durch Fuhrleute anher nach Jena zu senden, wofür ich höchlich verbunden bleiben werde.

Bey dieser Gelegenheit bemerke dankbar, daß die übersendeten Compositionen mir und den Meinigen viel Freude gemacht. Ein tief gefühlter Antheil an irgend einer poetischen Production kann nicht schöner ausgedruckt werden, als wenn der Musiker sich darein versenkt, um ihr erst das eigentliche Leben einzuhauchen und sie durch seine Persönlichkeit eigens zu individualisiren. Es entsteht dadurch ein neues Poem, welches den Dichter selbst überraschen muß.

Mich zu wohlwollendem Antheil fernerhin angelegentlichst empfehlend.


33/129.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

das verlangte Manuscript hierbey übersendend bemerke vorläufig, daß, wie mein in die Druckerey gegebenes Manuscript zur Naturlehre abgesetzt ist, wir alsdann eine kurze Pause machen werden. Die Ankunft Serenissimi weckt so manche Geschäfte auf, die bis jetzt ruhen konnten, doch soll auf alle Fälle der Überrest im Laufe des nächsten Monats in Ihren Händen seyn.

[176] Dem lieben Familienkreise mich schönstens empfehlend

ergebenst

Jena den 27. August 1820.

Goethe.


33/130.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

freundlich herzliche Theilnahme an dem gestrigen mir zu Freuden und Ehre so traulich gefeyerten Feste war mir höchst willkommen, ob ich Sie gleich persönlich herbeygewünscht hätte. Solche Gelegenheiten lassen die Menschen fühlen, daß sie einander verwandt sind; das Entfernteste nähert sich und das Unebenste gleicht sich aus; wenn vielleicht auch nur für den Augenblick. Möge der Eindruck, wie er empfunden worden, in der Stille fortwirken.

Die mitgetheilten Blätter folgen mit Dank zurück, mit der Bitte um gefällige Fortsetzung, wozu ich noch den dringenden Wunsch hinzufüge, des Herrn Staats-Minister v. Gersdorff Excellenz auf's beste zu danken, daß die Hoffnung gegeben worden, das unerwartete Glück eines guten Mädchens ganz vollkommen zu sehen. In dem neusten Hefte von Kunst und Alterthum, das ich nächstens übersende, hoffe einiges was Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin angenehm seyn könnte, mitgetheilt zu haben.

[177] Der ich mich angelegentlich empfohlen zu seyn wünsche.

Die mir übergebenden Acten und sonstigen Papiere, nicht weniger die an mich eingegangenen Anfragen hoffe noch vor Serenissimi Ankunft geordnet, nach bestem Wissen und Gewissen, nebst einigen Bemerkungen zu übersenden.

gehorsamst

Jena den 29. August 1820.

J. W. v. Goethe.


33/131.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

[Concept.]

Verschiedene Umstände nöthigen mich, ein Vorhaben, das eigentlich Überraschung bewirken sollte, verehrte Freundin, zu offenbaren, und mir Ihre geneigte Mitwirkung zu erbitten. Die Sache ist diese: zu meinem Geburtstag schmücken die Bibliotheksverwandten die Halle des untern Saals gar freundlich aus, mit Blumen und Kränzen, auch allerley lustig blühenden Pflanzen. Nun hatten unsere liebe Prinzessinnen so lange die Bibliothek nicht besucht und sie noch nicht in ihrer neuen Einrichtung und Reinlichkeit gesehen.

Da entstand der Gedanke, man solle diesen Augenblick nutzen und einen zu hoffenden Besuch auf anmuthige Weise feyern. Man räumte daher weg, was sich auf jenen Tag bezog, und suchte den kleinen Aufputz[178] auf unsere theuren Fürstenkinder zu deuten. Heute Abend gegen fünfe wird alles in Ordnung seyn.

Nun aber sehen wir bey Ankunft Ihro Kaiserl. Hoheit, sowie bey eintretendem Regenwetter, heute kaum eine Hoffnung des hohen Besuchs. Ob unsere liebe Jugend morgen nach Weimar fährt, ist mir auch unbekannt. Es bleibt mir also nichts übrig, als die Sache, wie sie liegt, in Ihre lieben Hände zu übergeben und um Vermittlung zu bitten, daß unser guter, treuer Wille noch unverwelkt möge zur Evidenz kommen.

Mich auf das angelegentlichste empfehlend.

Jena den 30. August 1820.


33/132.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

hat der Mechanicus Friedrich Christoph Schmidt zu Jena ein unterthänigstes Bittschreiben überreicht, welches mittelst Protokoll-Auszugs vom 8. August an mich gelangt, in Frage stellend, ob dem Supplicanten das Prädicat als Hof-Mechanicus wohl zu ertheilen seyn möchte.

Gedachter Schmidt ist ein Sohn des verstorbenen Hof-Mechanicus gleiches Namens, und hat, sowohl bey seines Vaters Lebzeiten, als auch nach dessen Abgange, sich in diesem Geschäfte thätig erzeigt, ob er gleich sich nicht in der Lage fand, Größeres zu unternehmen.

[179] Der Geh. Hofrath Voigt giebt ihm das Zeugniß: daß er jederzeit bey denen ihm ertheilten Aufträgen, besonders bey Reparaturen, welche man in größeren Werkstätten ablehnt, sich geschickt, willig und fördersam erwiesen habe, deshalb er auch gegenwärtig und für die Folge möchte zu empfehlen seyn. Wornach mir denn bedünken will, daß er des Prädicats eines Hof-Mechanicus gar wohl verdiene, da der Fall immerfort eintritt, daß die mit größern Arbeiten beschäftigten Künstler gewisse Kleinigkeiten entweder verzögern oder gar von der Hand weisen, und also einem solchen Manne, der sich hiezu bequemt, wohl einige höchste Aufmunterung zu gönnen wäre.

Jena den 31. August 1820.


33/133.


An Ottilie von Goethe

[Jena, Ende August 1820.]


Seine Herrlichkeit

der Vicekönig von Irland

empfielt sich und die Nation

der patriotischen

Frau von Goethe

durch das beliebte einheimische

Immergrün

mit den besten Wünschen

für ihre Genesung.[180]


33/134.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

nehme mir die Freyheit hiebey zu übersenden die Berichte über Güldenapfels Vorschlag zu künftiger Verbesserung der Bibliothekscasse. Einem kleinen Mangel hilft ab das beygelegte kurze Promemoria. Möge diese, in's Ganze greifende Angelegenheit Ihnen bestens empfohlen seyn. Nicht weniger folgt meine unzielsetzliche Meinung wegen Charakterisirung des Mechanicus Schmidt. In kurzem sende die neuen Statuten mit sämmtlichen Acten zurück. Die beiden Herrn Commissarien haben mir in allem vorgearbeitet, so daß ich nur beyzustimmen brauche. Auch was mein Verhältniß zunächst betrifft, haben sie alles erschöpft. Eines nur will ich vorläufig erwähnen, worin ich auch mit Ihnen vollkommen einstimmig bin: man publicire ja nicht diese Statuten provisorisch; denn daß hieße von vorn anfangen und jedem Einzelnen Zeit und Gelegenheit geben, was ihm unangenehm wäre anzufechten. Steht doch dem Fürsten auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt das Recht zu, solche Einrichtungen zu modificiren, und dieß zu thun müßte man wenigstens drey Jahre genauen Aufmerkens und Beobachtens vorüber lassen. Möge dieses Geschäft, welches durch seine bisherige Behandlung so unbequem ward, endlich wenigstens auf ein Triennium zur Ruhe kommen.

[181] Daß die freundliche Feyer meines Geburtstags, zu der ich etwas übereilt meine Einwilligung gab, glücklich vorüber gegangen, freut mich sehr: denn ich will nur gestehen, daß in der Zwischenzeit die Reue mich einigemal anfiel, weil selten etwas Gutes heraus kömmt, wenn das Öffentliche bewegt wird; so aber hat sich's dießmal recht mäßig und schicklich erwiesen, daß, hätten Sie uns Ihre werthe Gegenwart gegönnt, Sie nicht wären unzufrieden gewesen. Erhalten Sie mir zunächst und künftig Neigung und Wohlwollen und freundliche jugendliche Mitwirkung, deren man gar sehr bedarf, um die Schwerfälligkeit der ältern Tage zu beleben.

Beyliegendes möge, nach ernsten Geschäften, im stillen Hauskreise einige gute Stunden gewähren! Die fehlenden Bogen kommen zunächst.

Mich zum besten empfehlend

gehorsamst

Jena den 1. September 1820.

J. W. v. Goethe.


Hinzufügen darf ich wohl die Bitte, da meiner nicht völlig eingerichteten Reise-Canzley ein schickliches Siegel abgeht, diesem Mangel gefällig abhelfen zu lassen.


33/135.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hiebey, mein theuerster Freund, vor allen Dingen das Actenstückchen wegen dem Auftrag[182] an Künstler zu Nachbildung gut colorirter Gemälde. Denken Sie die Sache nochmals durch; der Anfang ist gemacht und das Weitere liegt jetzt ganz in unsern Händen. Die gegenwärtigen Kriegsläufte machen räthlich, daß man in Venedig und der Lombardie studire, was zu studiren nöthig ist. Es wäre schön, wenn wir in unserm nächsten Hefte die Sache umständlich ein- und ausführten.

Zu meinem Geburtstag ist mir abermals ein kostbarer Martin Schön geworden; ein alter wohlerhaltener Abdruck, nur an den Enden beschäftigt, aber sehr gut aufgezogen; wie wäre es, wenn Sie sich nun auch an diesen Meister machten? Die schönsten Beyspiele sind beysammen, und es wäre doch gut, einmal etwas Auslangendes darüber zu vernehmen.

Nach der Auskunft, welche Doctor Noehden von den Mantegna's in Hamptoncourt gegeben, kann ich einen sehr artigen Aufsatz liefern, den der Schloßvoigt dieses genannten Pallastes künftig einmal übersetzt an die Fremden verkaufen wird. Möchten Sie über die Verdienste dieses außerordentlichen Mannes sich noch im Allgemeinen erklären, in Bezug auf manches, was Ihnen bekannt und denn doch auch in unserer Nähe ist, so wäre es zur Unterhaltung und zum Unterricht höchst heilsam.

Ich habe schon wieder drey Bogen parat zum nächsten Hefte. Freylich, wenn man in der Einsamkeit immer fortwirkt, so häuft sich genug zusammen.

[183] Zu Hebels Gedichten hat eine Sophie Reinhardt zu Carlsruhe geistreiche Radirungen gefertigt, die gleichfalls eine gemäßigte ehrenvolle Erwähnung verdienen.

Wollen Sie auch an das denken, was über die besten Steindrücke zu sagen wäre, so wie wir es früher besprochen, so hätten wir unser nächstes Heft schon über die Hälfte; lassen Sie uns eilen, es kommen ohnehin Unterbrechungen genug.

Endlich sind die versprochenen Schwefelabgüsse von Staatsrath Köhler angekommen, sein hier studirender Sohn hat mir sie überreicht; wir wollen vorerst davon stillschweigen, bis die von Ihro Kaiserl. Hoheit erwarteten gleichfalls anlangen, damit keine unangenehme Empfindung erregt werde. Aus der ganzen Art und Weise sieht man, daß es eine in Petersburg verkäufliche Sammlung ist, wozu es keine besondere Gunst bedarf. Fünf mäßig große Kästchen über einander, wie die italiänischen, aber nicht aufgeleimt die Stücke, sondern eingepackt. Erst Ein Kästchen hab ich entwickelt, sie sind im Ganzen dankenswerth, im Einzelnen erfreulich, nichts entschieden auffallend.


Seit gestern hab ich die Schwefel sämmtlich endlich durchgesehen; anfangs wollen sie nicht recht munden, da man viel bekannte Gegenstände sieht, technisch erträglich, aber nicht geistreich ausgeführt, wie es bey Kameen oft der Fall ist; betrachtet man[184] sie aber aufmerksamer, so findet man einzeln sehr schätzbare Dinge, auch von Gegenständen und Motiven die allerliebsten Sachen.

Beykommendes Büchlein legen Sie Ihro Kaiserl. Hoheit mit meinen unterthänigst aufrichtigsten Gesinnungen zu Füßen.

treulichst

Jena den 1. September 1820.

G.


33/136.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Heute kann ich mich des schärfsten Blickes rühmen: durch alle die Schachteln hindurch habe ich gleich auf den Grund gesehen, und das Mittel-Juweel erblickt, die Einfassung entging meinem geistigen Auge, desto mehr erfreute sie nachher mein sinnliches. Tausend Danck in Eile. Nächstens manches. Jena 1. Sept. 1820.

treulichst

Goethe.


33/137.


An Sulpiz Boisserée

Mit vieler Freude empfing ich Ihr werthes Schreiben; es begrüßt mich nach kaum verklungenem Feste, welches die Akademie freundlich an meinem Geburtstag gefeyert hat; alle Welt war heiter und einig und man vergaß hier einen Augenblick, daß wir[185] in der Zeit allgemeiner Mißstimmung und Mißtrauens leben.

Nun erfreuen Sie mich durch die Nachricht, daß Sie, nach vollendeter Cur, glücklich nach Hause gelangt, und ertheilen mir nähere Kenntniß eines Geschäfts, das mir so wichtig und so theuer seyn muß. Meiner anerkennenden Dankbarkeit sind Sie und alle Freunde gewiß und ich entferne daher jede Bedenklichkeit einer falschen Scham, um getrost und froh mit einzuwirken. Und so kann ich Ihnen denn mit Vergnügen erwidern, daß den 15. August Herr Rauch mit einigen Freunden bey mir in Jena eingetroffen und meine Büste gefertigt hat, auf eine Weise, daß ich sehr wohl zufrieden seyn kann, so wie alle Freunde und Gönner hiesigen Orts damit zufrieden sind. Diese aus freyem liebevollem Sinn, ohne weitere Veranlassung unternommene Reise und Kunstbemühung kommt nun unmittelbar den Frankfurter edlen Absichten zu statten, und das bedeutende Unternehmen wird dadurch sehr erleichert. Will man sich nun von dorther mit dem Künstler in Connexion setzen, so wird er die Arbeit gern übernehmen und sehr bald fördern; ihn beseelt ein jugendlich-frischer Künstler-Muth; an Material und vorarbeitenden Mitkünstlern fehlt es in Berlin jetzt auch nicht. Da ich denn noch hinzufüge, daß die Behandlung der Büste wirklich grandios ist und sich daher in jeder Größe stattlich ausnehmen wird.

[186] Mehr sag ich nicht für heute als nur, daß ich auch für mannichfaltige Gegenstände aus mehreren Gedichten zu stimmen geneigt bin. Sich auf Hermann und Dorothea zu beschränken wäre sittlich und patriotisch; wir haben aber an plastische Zwecke zu denken, welche auf jenem Weg schwerlich erreicht werden können. Mein Vorschlag wäre, mehrere bedeutende Gegenstände auszusuchen und solche dem Bildhauer vorzulegen, damit er diejenigen auswählte, welche seiner Kunst am günstigsten sind. Die verehrte Gesellschaft behält ja dabey immer das Recht, mit einzuwirken; ich sende selbst nächstens deshalb einige Vorschläge und kann es um so eher thun, als es mir zu Muthe ist, ich thue es für einen Dritten. Überhaupt, mich läßt ein jeder Kunstgegenstand ganz unparteiisch, nur Sinn und Absicht schwebt mir vor, mit der Frage: ob jener der rechte, und ob diese erreicht werde.

Tausend Dank und Gruß. Nächstens ein Heft Kunst und Alterthum.

treulichst

Jena den 1. September 1820.

J. W. v. Goethe.


33/138.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Da allen denen, welche auf rechtem Wege wandeln, nur Gutes und Rechtes begegnen kann, so gebe Kenntniß[187] von Folgendem, wovon ich schon gern bey Ihrem Hierseyn gesprochen hätte, wäre die Angelegenheit damals schon entschieden gewesen.

In Frankfurt am Main trat seit einem Jahre eine Gesellschaft zusammen angesehener, reicher Personen, die mir ein Denkmal errichten wollen, wovon eine Colossalbüste des Hauptsächlichste seyn soll. Dannecker, bekannt in Frankfurt und geschätzt, durch Schillers Büste berühmt, erhielt den Auftrag, entschloß sich zur Hierherkunft, ward aber, durch die traurigen Gesundheitsumstände seiner Frau, von Monat zu Monat abgehalten, so daß er endlich diesem Geschäfte entsagen mußte, zu welchem er denn Herrn Rauch an seiner Stelle empfahl.

Die Frankfurter Freunde sind durch mich schon unterrichtet, daß dieser vorzügliche Mann in der Zwischenzeit bey mit gewesen und dem Geschäft, das sie ihm aufzutragen gedenken, schon auf einen hohen Grad vorgearbeitet hat. Ich melde dieß, mein Theuerster, damit Sie nicht überrascht sind, wenn von dort her ein Antrag kommt; leiten und erleichtern Sie, nach gewohnter, guter, kluger Weise Gang und Vorschritt, lassen jedoch nichts laut werden, ehe man von dorther sich ausspricht, weil die Sache zwar, wie ich sie darstelle, im Werke ist, aber bey Berathung einer größern Societät manches anders ausfallen kann. Käme jedoch der Antrag, so melden Sie mir's baldigst, auch was man dorthin erwidert.

[188] Ich habe in dieser, für mich so bedeutenden Sache jede Bedenklichkeit einer falschen Scham entfernt, um getrost und froh mit einzuwirken. Mich läßt überhaupt jeder Kunstgegenstand ganz unparteiisch, nur Sinn und Absicht schwebt mir vor, mit der Frage, ob jener auch der rechte sey und ob diese wohl erreicht werde?

Von allem Guten und Lieben dießmal nichts weiter, damit die Post nicht versäumt sey.

treulichst

Jena den 1. September 1820.

J. W. v. Goethe.


Thun Sie das Mögliche, zu verhindern, daß die Inschrift des Theaters aus zwey Zeilen bestehe. Sollte man's nicht in eine fassen können? Denn im Grunde ist diese, wenn man das Gebäude mit dazunimmt, tautologisch. Dieser unerträgliche Mißstand bohrt mir die geistigen Augen aus, und ist mir auf die Entfernung von 30 Meilen unerträglich. Verzeihung dem Eifer!

G.


33/139.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Vor allen Dingen also mögen meine geliebten Freunde die Geschichte vergangener Monate geneigt aufnehmen. Sonntag den 23. April verließ ich Jena, bey dem schönsten Wetter, welches mich auf der ganzen[189] Reise begleitete. Über Hof ging sie, über Wunsiedel und Alexandersbad, von da auf Eger, sodann besucht ich Marienbad und gelangte am siebenten Tage nach Carlsbad. Luft und Anblick so vieler Bäder hätte schon Heilung bewirken sollen. Nicht ganz ohne Gefährten legt ich diesen Weg zurück: denn mich begleitete ein liebenswürdiger brauner Geselle, dem nur weniges abzugehen schien, um ganz und gar vollkommen zu seyn. In Carlsbad verlebt ich einen schönen May, ziemlich einsam, aber eben deshalb vielfach thätig und fleißig; und so bin ich denn seit Anfang Juni wieder hier, ohne mich vom Platze zu bewegen; fleißig wird gedruckt, und vielleicht ist in einem Hefte, welches nächstens aufwarten wird, auch etwas den Freunden gefällig und erfreulich.

Manche Besuche auswärtiger Freunde verkürzten mehr als billig die Zeit, zuletzt erschienen, kaum angemeldet, Berliner kunstreiche junge Männer, welche meine Büste in doppelter Nachbildung mit fortnahmen. Und so kam der 28. heran, bey dessen frühstem Tagesgruß mir die liebliche Musik vom Mayn her wieder in die Ohren schallte und die sämmtlichen Freuden dem Gefühl und der Einbildungskraft wieder vorführte, wie sie Orient und Occident verbunden wohl selten einem Freundescirkel gewähren möchte.

Dem wohlgemeinten Feste, welches die Universität mir zugedacht, konnt ich mich nicht entziehen, und so ist denn dieser Tag lebhaft genug, mit Angebinde[190] und Gastmahl hingegangen; auch der Nacht gebrach es nicht an Musik und Fackelschein. Nun aber ist das gute Jena und ich mit ihm wieder in seinen stillen Zustand zurückgekehrt.

Wie mich in demselbigen die, zwar eigensinnig-neckisch genug verclausulirte, meinem Hellblick aber und magnetischer Schaukraft offenbare liebenswürdige Gabe höchlich erfreut, davon mögen diese Berge und Thäler, Gärten, Alleen, Wiesen und Pflanzungen ein Zeugniß geben. Ich schildere wirklich, obgleich nur im Vorübergehen, die Anmuth meiner Wohnung, die ich gegenwärtig im botanischen Garten aufgeschlagen; auf dem höchsten Puncte der Vorstadt, einen lieblichen sanften Abhang diesseits, einen bergigen Anstieg jenseits der Saale beherrschend. Freylich ist es eine Enge gegen den weiten herrlichen Horizont, dessen meine Freunde genießen; aber dem Geschäft gerade zusagend, dem ich mich eigentlich zu widmen habe.

Wenn ich nun nach außen eines ganz frohen Anblicks mich erfreue, so gewährt mir inwärts die Beschauung des neuangekommenen Amulets tagtäglich neue Ermunterung und Ermuthigung, wie denn das doppel S. S. den Augen besonders erquicklich seyn mag.

Eine Bemerkung jedoch kann ich, als akademischer Bewohner, hiebey nicht unterlassen; die Frankfurter Juweliere müssen von der Theorie des Doctor Hahnemann in Leipzig, eines freylich jetzt in der ganzen Welt berühmten Arztes berühmten Arztes vernommen und sich das[191] Beste davon zugeeignet haben. Dieser lehret nämlich: daß der millionste Theil einer angedeuteten, kräftigen Arzeney gerade die vollkommenste Wirkung hervorbringe und jeden Menschen zur höchsten Gesundheit sogleich wieder herstelle. Nach diesem Grundsatz haben jene Goldkünstler bey der Behandlung des Mittel-Juwels verfahren und ich glaube jetzt eifriger als je an die Lehre des wundersamen Arztes, seitdem ich die Wirkung einer allerkleinsten Gabe so lebhaft gefühlt und immer wieder empfinde. Wundersam genug ist es, wie sich eine von der Welt bisher so sehr angefochtene Lehre, durch ein auffallendes Beyspiel aus einem ganz fremden Felde, legitimirt und bekräftigt. Möge dem Fürsten Schwarzenberg, welcher sich einer solchen Cur wegen jetzt in Leipzig aufhält, es eben so gedeihen als mir, so wird es jenem Arzt an Ruhm und Lohn keineswegs gebrechen.

Und da nun dieses Blatt zu Ende geht, so sey ein neues angefangen, welches zu rechter Zeit in die Hände der Freunde gelangen möge, damit nicht, wie bisher, unerträgliche Pausen die Mittheilung unfreundlich unterbrechen. Wenn es eine Zeit zu schweigen gab, so gebe es auch eine Zeit zu reden und zu schreiben.

treulichst

Jena den 2. September 1820.

Goethe.[192]


33/140.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Sie erhalten hiebey, mein trefflicher Freund, den Aufsatz über entoptische Farben, sogleich nach geendigtem Druck. Sie würden mir die größte Liebe erzeigen, wenn Sie sogleich einige Zeit daran wenden könnten diese Arbeit durchzugehen und, da Ihnen die Erscheinungen, wie ich sie in der Gegenwart vorgelegt und vorgetragen, noch im Sinne sind, mir von Capitel zu Capitel einige Bemerkungen ertheilen wollten, denn sobald ich mit dem jetzigen morphologischen Heft in der Ordnung bin, will ich gleich daran gehen, Nummer für Nummer zu revidiren und zu commentiren, auch solche Arbeit gleich im nächsten Hefte vorlegen, damit wir ernstlich weiter rücken.

Mein Schreiben vom 1. September werden Sie erhalten haben, und mir darüber bald Ihre Gedanken eröffnen. Herzlich dankbar bin und bleibe ich für Ihren Besuch, er hat mich belebt und gefördert, wie ich es recht gut fühle an leichterer Behandlung meiner beiden Hefte, an denen immer fortgedruckt wird; sobald eins beysammen, übersende ich's ungesäumt.

Grüßen Sie die Freunde zum allerschönsten. Herrn Schinkels gesprengtes Grab erregt allgemeine Bewunderung.

treulichst

Jena den 3. September 1820.

Goethe.[193]


33/141.


An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben mich, durch den köstlichen Kupferstich, an meinem frohen, in Jena freundlich gefeyerten Geburtstage auf das angenehmste überrascht und um auf das deutlichste auszudrücken, in welchem Grade das geschehen, sey mir folgende kurze Erzählung vergönnt. In meiner Kupferstich-Sammlung war die Rubrik Martin Schön von je her die schwächste, theils wegen der Schwierigkeit, gute Abdrücke zu erhalten, theils auch, weil andere Fächer meinen Zwecken und Untersuchungen näher lagen. Erst seit zwey Jahren ward mir das Glück, in verschiedenen Auctionen und sonst, mehrere Blätter zu erlangen und meine Verehrung gegen diesen trefflichen Altvater ist nur immer zunehmend.

Das durch Ihre Geneigtheit mir nunmehr gewordene Blatt jedoch besitze ich nicht, hatte es auch niemals gesehen, und was dem Abdruck betrifft, so ist vielleicht in meiner Sammlung nur einziger, der sich an Güte, Klarheit und Erhaltung mit dem Ihrigen messen kann. Der Gegenstand ist höchst bedeutend, besonders auch deshalb, weil alle Figuren in Bewegung, Reuter und Fußvolk ohne Verwirrung, klar und musterhaft zusammengebildet sind. Mit diesem Wenigen sey mein vollständiger Dank für jetzt[194] und künftig ausgesprochen und ich möchte wünschen, daß Sie recht lebhaft empfänden, wie sehr es mich freut, daß Sie mir Gelegenheit geben, Ihrer, wie in so manchen andern Fällen, auch gegen Kunstfreunde, bey wiederholter Betrachtung dieses Juwels erkenntlich zu gedenken.

Der ansehnlichen niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde statten Sie gefällig meinen Dank ab; ich zweifle nicht an glücklicher Wirkung dieses neuen Verbandes; zu beleben, zu sammlen und zu erhalten sind solche Mittelpuncte höchst günstig und es müssen immer deren neue entstehen, weil von den älteren Anstalten nach und nach sich doch manche zur Ruhe hinneigt.

Unsere hiesigen sind noch in dem lebhaften Betrieb wie Ew. Hochwohlgeboren solche verlassen; der bescheidene Posselt findet sich nach und nach recht gut. Bey Gelegenheit verschiedener Aufträge konnt ich seine schönen Fähigkeiten recht gut bemerken. Serenissimus gedenken für Meteorologie einen Verein zu bewirken; sollten Posselt oder Körner deshalb Antrag oder Anfrage an Dieselben ergehen lassen, so bitte mit Rath und That geneigtest beyzustehen. Mir scheint die Sache von großem Umfang und in manchem Sinne schwierig, vielleicht aber nur, weil ich diesem Fache gewissermaßen fremd bin.

Das Grundstück neben der Sternwarte hätte, da es feil geboten wurde, gar zu gern erstanden, dieses[195] ereignete sich aber zu einer Zeit, wo man Vorschläge solcher Art kaum zu thun getraute; ich hab es jedoch immer im Auge gehabt und werde, auf Ihre vorsorgliche Äußerung, dieser Angelegenheit zu guter Stunde höchsten Ortes gedenken.

Die Einrichtung Ihrer Universität ist, wenn man sie auch nur von Weitem und im Ganzen betrachtet, bewundernswerth; daß im Einzelnen Stockungen, Retardationen eintreten, liegt freylich in der Sache und in der großen Ausdehnung des Reichs, zu welchem sie gehört. Möge Geduld und Ausdauer, die Sie in Ihrem Fache beweisen, in einigen Jahren reichlich belohnt seyn.

Ein großes und beynahe unausführbares Unternehmen scheint mir das einer Sanscrit-Druckerey am Rheine, deshalb jedoch um desto respectabler; Indus und Ganzes mögen ihren Segen darzu ertheilen. Auch ich wünsche den besten Fortgang. Die Studien unseres guten Kosegartens zu beleben habe dergleichen Werke, Grammatiken und andere Bücher, kommen lassen und erfahre nun, durch seine Vermittlung, worauf ich in diesem Leben schon völlig Verzicht gelei stet. Mögen Sie mir von Zeit zu Zeit Nachricht geben von den Fortschritten der Anstalt, so verbinden Sie mich sehr; Herrn v. Schlegel wünsche gegrüßt und von meiner wahrhaften Theilnahme versichert; gleichfalls haben Sie die Güte, Herrn Professor Nees v. Esenbeck zum allerschönsten zu grüßen,[196] ich wünsche bald einmal auch wieder etwas von ihm zu hören.

Jena den 2. September 1820.


33/142.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

höchst erfreuliches Geburtsfest feyere mit gleichem Gefühle und Gesinnungen wie schon so viele Jahre. Möge mir noch lange gewährt seyn, Zeuge Ihres Wohlbefindens und glücklichen Wirkens zu bleiben, um die mir noch gegönnten Kräfte in Ihro Dienst zu so manchem edlen Zweck nach Wink und Befehl, denen man so gerne Folge leistet, thätig verwenden zu können.

Jena den 3. September 1820.


33/143.


An Wilhelm Rehbein

[Concept.]

Sie erhalten hiebey, mein Theuerster, das kurz gefaßte Glaubens-Bekenntniß eines Hahnemannischen Schülers. Möge diese faßliche Übersicht, aus der man doch kürzlich sieht, worauf es eigentlich ankommt, uns zu heitern und belehrenden Gesprächen bey längeren Abenden Gelegenheit geben.

[197] Ich wünsche das Beste von Ihrem Wohlseyn zu hören, wie Sie denn auch, ohne meine Bitte, gewiß der armen Ottilie in ihren Leiden und Nöthen treulich beystehen.

Möge unser trefflicher Fürst glücklich und gesund wiederkehren, und ich ihm, so wie überhaupt, also auch durch Sie empfohlen seyn.

Lassen Sie mich doch auch ein Wort von Ihnen vernehmen.

Jena den 3. September [1820].


33/144.


An Friedrich Theodor Kräuter

Sie erhalten hiebey, mein guter Kräuter, ein Paquet, dessen Inhalt und Behandlung hiernächst verzeichnet steht.

1. Ein Paquet an Serenissimum von der englischen Gartenculur-Gesellschaft; das wartet auf Höchst Ihro Wiederkunft und wird alsdann sogleich in die Garderobe gesendet.

2. Ein gleiches Paquet an Sckell den jüngeren, nach Belvedere zu besorgen.

3. Einige Briefe an Steuer-Secretär Haage. Aufzubewahren bis zu seiner Ankunft und alsdann gleich zu bestellen.

4. Zwey Paquete englische Zeitungen, einzuschreiben und an das Industrie-Comptoir zu senden.

[198] 5. Einige Festgedichte zur beliebigen Vertheilung.

6. Briefchen an meinen Sohn.

Müller hat seine Quittung autorisirt persönlich erhalten.

Leider hab ich eine große Klage gegen Hey anzubringen, der uns mit der letzten bedeutenden Papierlieferung unverantwortlich behandelt hat. Wider Willen theile diese unerfreuliche Nachricht mit.

Wohl zu leben wünschend, erfreut wenn auf der Bibliothek alles seinen ruhigen und bestimmten Gang gehet.

Jena den 4. September 1820.

G.


Das Stück des Curtis, eins der späteren, worin Abbildung und Beschreibung des Bryophyllum calycinum enthalten, wünsche bald herüber.

Den Brief an Serenissimum in die Garderobe.


33/145.


An August von Goethe

Ohne gerade, mein lieber Sohn, etwas entschieden Nothwendiges zu wissen, was man zusammen zu besprechen hätte, so möcht ich dich doch gerne in diesen Tagen gesehn haben. Bey der Annäherung Serenissimi ist denn doch manches zu bedenken und einige, wenn auch nur im Kleinen entscheidende Resolutionen sind zu bevorworten und zu erwarten.

[199] Meine Druckgeschäfte gehen gut; das Heft Kunst und Alterthum ist vollbracht; zur Morphologie liegt Manuscript parat und wird das Heft vor Ende September abgeschlossen seyn. Für beide folgende ist noch Manuscript übrig geblieben, und der neue Druck kann sich unmittelbar anschließen.

Heute fangen sie an das Gewächshaus zu errichten, ingleichen einen großen Pultenschrank auf der Bibliothek, den ich für die Manuscripte bestellt habe. Der ehemalige Büttnerische Saal wird auch abgetüncht, sogar das Amsterdamer Rathhaus ist in Ordnung, und ich sehe voraus, daß ich in jedem Sinne vor Winters hier abschließen kann.

Aus England meldet man Folgendes, welches die Mama wohl dolmetschen wird:

Perhaps it may be gratifying to Mr. de Goethe to know, that in Consequence of the extensive Sale of the Outlines in this Country, great Curiosity has been excited respecting the tragedy, and of course has had a great Sale lately.

Colleridge übersetzt das Stück. Sie werden es nach ihrer Weise wahrscheinlich umgemodelt bald auf's Theater bringen. Der jetzige Hexenprozeß läßt sich wohl auch nur auf dem Blocksberge abthun.

Grüße Ottilien zum schönsten; möge sie Geduld und Ausdauer behalten. Die Frauenzimmer sollen ja zusammen urtheilen und votiren und mir etwas nach Belieben über Olfried und Lisena sagen.

[200] Dießmal wüßt ich nicht mehr zu sagen, obgleich noch vieles mitzutheilen wäre. Lebet möglichst wohl.

treulichst

Jena den 4. September 1820.

G.


NB. Die Outlines sind die Kopien der faustischen Umrisse nach Retsch.


33/146.


An Friedrich Alexander Bran

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende hierbey eine kleine von Herrn Hüttner gestellte Rechnung mit der Anfrage, ob es Ihre Convenienz sey, fernerhin dergleichen Broschüren auf diesem Wege zu erhalten.

Auch wünschte Dieselben diese Tage zu sprechen, um eine kleine Differenz auszugleichen, welche bey der weimarischen Bibliothek zur Sprache gekommen.

Jena den 5. September 1820.


33/147.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Jena, 6. September 1820.]

Ew. Königliche Hoheit

von Jena aus angelegentlichst zu begrüßen wird mir das Glück, da die gnädigst gegönnte zweyte Badereise unterblieben; mein Befinden ist von der Art, daß ich[201] wohl hoffen kann, die Unbilden eines bevorstehenden Winters zu überwinden. Möge Herbstcur und Reisebewegung Höchstdieselben in jedem Sinne gestärkt und erquickt haben.

Von unserm bisherigen Haushalte hoffe bald hier am Ort Rechenschaft zu geben und sende.

1. vorläufig die wenigen, aber bedeutenden meteorologischen Verhandlungen. Fähigkeiten und Fertigkeiten, Vorschläge, Aussichten und Wünsche thun sich genugsam hervor; das Ganze zusammenzubringen, festzuhalten und durch baare Mittel für immer zu beleben scheint freylich eine bedenkliche Aufgabe, die ich mir nicht völlig zu lösen getraue.

2. Das Glashaus ist gerichtet und das Bestreben, solches zur rechten Zeit brauchbar herzustellen, immerfort lebendig. Leider hat eine tödtliche Krankheit des Zimmermeister Nürnberger, ohngeachtet dem guten Bemühen tüchtiger Gesellen, die Arbeit verspätet; man zweifelte an seinem Aufkommen und noch ist er, wo nicht an's Bett, in's Zimmer gebunden.

3. In der Bibliothek geht alles rasch und munter vor sich; höchste Besuche haben den Eifer doppelt und dreyfach erregt: denn freylich zeigt sich bey jedem Schritte, wie wünschenswerth eine fortdaurende höchste Theilnahme sey.

4. Auch mit Herstellung des großen Amsterdamer Stadthausbildes sind wir möglichst in Ordnung; die Arbeit war größer, als man sich dachte, und leider[202] fielen im Herstellen selbst neue Beschädigungen vor, Indessen steht es gerüstet in einem reinlichen Saal und kann als Anlaß zu einer neuen Kunst- und Raritäten-Cammer angesehen werden.

5. Herrn Geh. Staatsrath Schweitzer hatte das Vergnügen heut über mehrere Gegenstände zu sprechen und mich über ein so würdiges Verhältniß zu erfreuen; es giebt mir die Aussicht, zu Ew. Hoheit Zwecken und Wünschen, mit alter Treue und neuer Thätigkeit, fortzuwirken.

6. Was mit Hüttner indessen verhandelt worden, was er gesendet und verspricht, lege nächstens vor, sende jedoch vor allem die Acten der Linnéischen Societät. Die Anschaffung derselben scheint ihm einige Mühe gemacht zu haben. Die letzte Sendung ist unter wegs.

Noch manches andere möchte zu Höchst Deroselben Zufriedenheit hier am Ort zu bemerken seyn, deshalb wir bald das Glück wünschen, persönlich von unserm zwar wenigen, aber wohlgemeinten Thun Auskunft und Rechenschaft zu geben.


33/148.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

nehme mir die Freyheit gegenwärtig zu übersenden die bey herannahendem Michaelis-Termine nunmehro[203] nöthigen Berichte, betreffend die Entlassung des Bibliothek-Schreiber Baum, so wie die Anstellung des jüngern Compter; mit dem freundlichsten Ersuchen, diese schon bekannte und gebilligte Sache, bey'm unterthänigsten Vortrag, zu begünstigen.

Ich habe verschiedenes in dem Güldenapfelschen Bericht Enthaltenes nicht hervorgehoben, um Wiederholung zu vermeiden, weshalb dasselbe bey gnädigsten Resolutionen geneigtest zu bemerken wäre. Wie ich denn auch ein curriculum vitae, von Compter aufgesetzt, hiebey vertraulich mittheile, um das kümmerliche und sorgenvolle Herankommen eines so brauchbar gewordenen Menschen in's Klare zu stellen.

Auch dießmal, wie das vorige Mal, einige Canzley-Nachhülfe mir erbittend, versichere aufrichtig, daß es mir zur größten Freude gereiche, wenn Älteres und Neueres, von mir ausgegangen, einem hochgeschätzten Freundespaare vertrauliche Stunden erheitern und beleben kann.

gehorsamst

Jena den 7. September 1820.

J. W. v. Goethe.


33/149.


An August von Goethe

Mein lieber Sohn.

1. Zuvörderst kann mit vielem Vergnügen versichern, daß der Entschluß Serenissimi, gestern auf[204] gut Glück hieher zu kommen, höchst erwünscht gewesen. Wir hatten bedeutende Instrumente in den Garten der Prinzessinnen gebracht, als wir durch höchste Ankunft überrascht wurden. Da war nun der Mond so artig, während der Mittagstafel einzutreten und bey völlig klarem Himmel der vollkommene Ring zum Nachtisch zu erscheinen.

Man fuhr Abends auf die Sternwarte, wo der Austritt auch ganz unbewölkt beobachtet wurde. Die Prinzessinnen hatten indessen mit Beystand eines zurückgelassenen Gehülfen die ganze Folge vollkommen gesehen, worüber denn wie über die Gegenwart des geliebten Großvaters der Abend mit eigentlichem Jubel gefeyert ward.

2. In Erwiderung guter Bissen sende eine Melone, woran sich die liebe Ottilie erquicken möge. Das Leidlichste zu erfahren von ihren Zuständen wünschte gar sehr.

3. Möchte sich doch Adele entschließen über Ol fried und Lisena aus dem Stegreif etwas zu sagen. Die Mädchen sind ja sonst mit ihrer Meinung bey der Hand, warum nicht auch dießmal? Überhaupt sollte sie sich mit mir in ein Correspondenz-Verhältniß setzen, es sollte ihr und euer aller Schade nicht seyn.

4. Daß du nicht herüberkommst, begreife ich wohl, vielleicht hast du einmal einen raschen Entschluß, denn es ist bey dem kürzesten Wiedersehen immer viel gewonnen.

[205] 5. Mehrere bis zu Serenissimi Ankunft ruhende Geschäfte thue ich in diesen Tagen ab. Das Druckwesen neigt sich auch seinem Ende, und so könnte ich vielleicht, wenn der September sich so fort anläßt, noch einige freyen Tage im Saal-Thale genießen.


So viel für dießmal. Die gewöhnlichen Sendungen werdet ihr morgen abgehen lassen.

treulichst

Jena den 7. September 1820.

G.


33/150.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Jena, 9. September 1820.]

Ew. Königlichen Hoheit

hat es gnädigst gefallen, so wie bey den bisherigen Unterhandlungen wegen einzuleitender neuer Statuten für die Akademie Jena, so auch gegenwärtig bey herannahendem Abschluß derselben, mir die sämmtlichen Papiere und Aufsätze mittheilen zu lassen.

Indem ich nun deshalb meinen unterthänigsten verpflichtetsten Dank ausspreche, so darf ich nicht verbergen, daß ich mit besonderer Theilnahme bemerke, wie bald unser neu angestellte Regierungs-Commissarius und Curator sich mit diesem verwickelten Gegenstand bekannt gemacht und, durch anhaltende Bemühung, den Entwurf einer solchen neuen gesetzlichen Anordnung abgeschlossen.

[206] Mit nicht geringerem Vergnügen habe die Anmerkungen der beiden an diesem Geschäft schon lange angestellten Männer eingesehen und finde Ursache, denen von ihnen aufgestellten Erinnerungen, besonders insofern sie sich auf meine Befugnisse beziehen, vollkommen beyzutreten.

Sie haben nämlich das wenige in den Entwurf der Statuten Eingeflossene, wodurch das oberaufsichtliche Geschäft, über die Museen und sonstige Anstalten, ingleichen gegenwärtig über die Bibliothek zu walten, von seinem Standpunct gegen die Akademie einigermaßen verrückt werden könnte, schon deutlich angemerkt, so daß nun nicht viel übrig bleibt als kürzlich zu wiederholen:

Wie vorerst eine Benutzung der Bibliothek nicht anders gedacht werden könne, als nach der von der Akademie selbst ausgefertigten Ordnung vom Jahre 1811, welche von Unterzeichnetem, bey'm Antritt des Geschäftes, dem Bibliothekar und sämmtlichen Subalternen ernstlich eingeschärft worden.

Eben so verhält es sich mit der Benutzung der übrigen wissenschaftlichen Anstalten; diese werden eigentlich durch die angestellten Directoren, nach höchst verschiedenen Grund-Zwecken und Einrichtungen, für die Akademie benutzt, ohne daß eine andere Einwirkung oder Gebrauch denkbar wäre; wie in die Augen fällt, wenn man betrachtet, daß die Sternwarte, das chemische Laboratorium, der botanische[207] Garten und die Veterinärschule, ihrer Natur nach, niemand anders als den Directoren offen stehen können.

Was jedoch die Museen betrifft, so hat man bey denselben schon längst eine allgemeinere Benutzung eingeführt, ja dazu ein eigenes Auditorium in dem Schlosse eingerichtet. Diese sämmtlichen dem Museumsschreiber Färber untergebenen Gegenstände werden von Professoren, auf vorhergängige Anmeldung, nach einer gewissen Anordnung benutzt. Dieß ist der Fall mit dem zoologischen Kabinett, ferner mit dem großen osteologischen; nicht weniger hat man den Hofmechanicus Doctor Körner verpflichtet, bey Benutzung des physikalischen Kabinetts sowohl dem Physiker als Chemiker an Hand zu gehen, von welcher Vergünstigung denn auch bey eintretenden Lehrfällen ohne Anstand Gebrauch gemacht wird. Wie denn noch manche Beyspiele aufgeführt werden könnten, um zu überzeugen: daß man mit der größten Bereitwilligkeit beyzustehen und nachzuhelfen sich zur Pflicht mache.

Auf diese, in so mancherley Verhältnissen nothwendige Ordnung hat man jedoch alle Ursache auf das strengste zu halten, weil eine vieljährige Erfahrung belehrte, daß durch ein regelloses Eindringen in solche Zustände die Anstalt selbst Schaden leide und die damit betheiligten Personen vielfachen und oft weit aussehenden Verdruß erleben müssen, wovon der obere Vorgesetzte ebenmäßig nicht befreyt geblieben.

[208] Zum Überflusse hat jedoch bey gegenwärtiger Gelegenheit Unterzeichneter abermals jedes einzelne Geschäft betrachtet und nicht gefunden, wie demselben eine andere Einrichtung gegeben werden könne.


33/151.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

übersende, für gefällige Mittheilung höchlich dankbar, die mir anvertrauten Actenstücke; wie ich denn zugleich diejenigen Hefte, welche auf die neuen Statuten Bezug haben, an die geheime Staats-Canzley überschicke.

Die von den beiden Herrn Commissarien, auch in Bezug auf mein Verhältniß, aufgeführten Erinnerungen habe dankbar anerkennend benutzt und wiederholt, wovon beyliegender unterthäniger Vortrag das Zeugniß giebt.

Mögen Sie die Gefälligkeit haben, solchen weiter zu befördern; so ist wenigstens dießseits gebührende Schuldigkeit beobachtet worden.

Mit Bitte, meiner geneigtest in allen Fällen zu gedenken, unterzeichne mich mit voller Hochachtung und Zutrauen.

gehorsamst

Jena den 9. September 1820.

J. W. v. Goethe.[209]


33/152.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ohne Säumen, verehrter Freund, übersende, was der junge bedeutende Mann von sich selbst geschrieben, welches Sie auch ohne meine Bitte beherzigen werden. Eine Stelle, die Sie auch ohne mein Vorstreichen gleich würden bemerkt haben, mit dem ausführlichen Commentar in dem zweyten Bande Seite... müßte uns für ihn einnehmen, ja wir erkennen daran einen jungen Alliirten, dem man wohl Ursache hat auf- und fortzuhelfen.

Wenn ich jemand aus eigener Macht und Gewalt, aus reiner Überzeugung so ausspricht und es darauf hin wagt, ob er sich bedeutende, einflußreiche Männer, mit allem Anhang und in so vielen Beziehungen zum Feinde mache, der ist wohl werth, daß man ihn beschütze und sorge, daß ein, auf unserer Seite freywillig Entsprungener auch sich dergestalt entwickeln könne, daß er in der Folge, kräftig und unabhängig, zum wahrhaften Besten unseres Zustandes, wenn er anders noch zu retten ist, mit auftreten dürfe, daß er eine würdige Rolle auf dem Schauplatz übernehme, den wir vielleicht schon verlassen haben.

Wirken Sie für ihn, mein Bester, oder vorsichtig, denn es kann nicht fehlen, daß man seinen Vorschritten da und dort Hindernisse in den Weg zu legen suche. Er wird nach Dresden gehen und von da bey mir[210] einsprechen. Da ich ihn genau kenne, weil er sich durchaus so rein ausspricht, so hoffe von persönlicher Zusammenkunft viel Gutes, weil die kleinen obwaltenden Differenzien sehr leicht auszugleichen und eine vollkommene Übereinstimmung auf Zweck und Schritt bezüglich zu erlangen ist. Können Sie mir deshalb in einiger Zeit Aussicht und Hoffnung geben, so wird es höchst erwünscht seyn.

Zu welcher ruhigen, heitern, liebevoll durchdringenden Kritik er sich herangehoben habe, zeugt sein Gutachten über Olfried und Lisena, das ich von ihm verlangte; dem ersten Gesang hat er schon alles abgewonnen, was von den neun übrigen zu sagen ist.

Noch füge die Bemerkung bey, daß die Reise eines so wohldenkenden und so schön gebildeten Mannes der guten Sache gewiß förderlich seyn wird, indem er, entschieden und munter genug, seine Denkweise mitzutheilen gewiß nicht ermangeln wird.

Das Heft Kunst und Alterthum ist abgeschlossen, Morphologie und Naturwissenschaft zögert noch an den letzten Bogen. Alles folgt nach und nach.

In meiner entschiedenen Einsamkeit hab ich überhaupt vieles durch- und weggearbeitet, wozu die liebe, lebendige Gegenwart der theuren Berliner Freunde mich erst recht ermuthigte; auch genieße seit dieser Epoche, freylich mit großer Enthaltsamkeit und ordnungsgemäßem Leben, eines recht leidlichen Befindens.

[211] Möge ich das Gleiche von Ihnen hören! Abgegangen sind seitdem:

Den 7. August ein Brief retour mit einem Wunsch physiologer Farben.

Den 3. September Aushängebogen der entoptischen Farben.

Die Syps-Formen von hier und die Trippelische Büste von Weimar, für die plastischen Freunde.

Mit den treusten Wünschen und angelegentlichsten Empfehlungen.

treulichst

Jena d. 10. Sept. 1820.

J. W. v. Goethe.


33/153.


An Sulpiz Boisserée

Leben schafft Leben. Ihre freundliche Sendung vom 28. August regte mich an, zu einem heute eintretenden Geburtsfest einer gar hübschen Frau, jene Darstellung fortzusetzen; ich ließ nämlich Ihre Münzabbildung, gar säuberlich verziert, auftragen und schrieb folgende Reime darunter:


Zwar die vierundzwanzig Ritter

Ehren wir in allen Fällen,

Doch auch Fräulein sind nicht bitter,

Wenn sie sich dazwischen stellen.


Heute lasset mich beachten

Solche lieblichsten Vereine,

Wenn sie bunte Reihe machten

Die Ziegesar und die Steine.


[212] Kämen sämmtlich angezogen

Dieser Stämme frohe Lichter;

Würden Könige gewogen

Und begrüßten sie die Dichter.


Und besonders aber Eine,

Welche wir zu segnen kamen;

Freunde nennen sie die Kleine,

Sie verdient gar viele Namen.


Bey meiner Lust zu Gelegenheitsgedichten macht es mir immer Vergnügen, wenn ein Bild sich aus dem andern, Scherz aus dem Ernste und Ernst aus dem Scherze sich entwickelt. Und hier tritt gerade der Fall ein, daß beide genannte Familien auch zahlreiche Nachkommenschaft haben, alle rüstig, wohlgebildet und an Hofe präsentabel.

Empfehlen Sie mich Herrn Dannecker vielmals. Er hat mir einen jungen Musicus empfohlen, der mich in Weimar nicht getroffen hat und hierher zu kommen keinen Beruf finden konnte.

Unter den plastischen Zierden jenes Monuments gedenken Sie einer Lampe, welche, als herkömmliches Zeichen eines geistigen Fleißes, allerdings zu billigen ist. Nun mache ich aber die Bemerkung, daß ich weder Abends, noch in der Nacht jemals gearbeitet habe, sondern blos des Morgens, wo ich den Rahm des Tages abschöpfte, da denn die übrige Zeit zu Käse gerinnen mochte. Deshalb diese Allegorie etwas weiter geführt wünschte, wie die Figur ausweist. (Kommt nach.)

[213] Hierauf folgt eine Bitte: ich wünschte in meinem folgenden Hefte (des zweyten Bandes drittes Heft ist so eben geendigt) eine Nachricht zu geben von dem Verfasser der Dreykönigs-Legende, ausführlicher als der Umschlag des vorigen Stücks sie lakonisch hingiebt. Sein wunderliches Leben ist wirklich merkwürdig; Sie haben alles gegenwärtig, und der Redacteur der Übersetzung wird ohnehin in der Vorrede darüber sprechen, vielleicht übernimmt er die kleine Bemühung selbst. Man könnte noch irgend etwas vom lateinischen Manuscript, sodann von der Heidelberger deutschen Übersetzung etwas sagen, auch das Unternehmen, diese lesbarer herauszugeben, vorläufig ankündigen.

Das Publicum würde dadurch wieder erinnert und angeregt, welches in Deutschland, bey dem zudringenden Schwall der Schriften aller Art, höchst nothwendig ist.

Lassen Sie sich, Freunden und Freundinnen ein Gedicht empfohlen seyn: Olfried und Lisena. Ein Gedicht in Stanzen und zehn Gesängen von August Hagen, Königsberg. Folgendes Urtheil eines einsichtigen jungen Freundes trifft mir meiner Überzeugung völlig überein und wird auch der Ihrigen zusagen. Freylich gehört ruhiger Sinn und gelegene Zeit zum Genuß dergleichen Productionen.

»Olfried und Lisena von August Hagen habe sogleich zu lesen angefangen und den ersten Gesang[214] vollendet. Hiernach zu urtheilen, scheint der junge Dichter sehr glücklich die Aufgabe gelöst zu haben, wie das Märchenhafte, Abentheuerliche, Seltsame auf eine erfreuliche Weise mit bekannter, gewohnter menschlicher Sinnesart in Verbindung zu setzen sey. Alles scheint auf ein heiteres, reines und sehr sanftes Naturell, mit gelindem Schwunge einer der Fülle und Stärke gar nicht entbehrenden Einbildungskraft zu weisen. Die griechischen Überschriften scheinen anzudeuten, daß der Dichter seinen Sinn an Humor glücklich bewahrt und genährt. Mit Interesse werde ich das Ganze vollenden, mich davon zu durchdringen suchen, um die geforderte Rechenschaft ablegen zu können.«

treulichst

Jena den 11. September 1820.

Goethe.


33/154.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

verleihen mir ein wahres Vergnügen durch die Nachrichten von der freundlichen Einwirkung, welche meine neusten Sendungen in Ihrem werthen Kreise hervorgebracht. In der Jugend erringt man sich, durch persönliche Zudringlichkeit und leidenschaftliches Vorlesen, erfreulichen Beyfall, das Alter trennt uns nach und nach von empfänglichen Menschen, selten kehrt ein Klang und Ton, den man aussendet, lebhaft[215] und ergötzlich zurück. Lassen Sie mich auch künftig von solchen wünschenswerthen Einwirkungen erfahren.

Bedenkt man, daß die Überschrift: Zahme Xenien eine contradictio in adjecto im eigentlichen Sinne enthält; so läßt es sich vermuthen, daß hie und da etwas von der alten wilden Natur hervorblicken werde; es ist bekannt, daß man die angebornen Eigenheiten nicht leicht durch Kunst und Erziehung austreiben könne.

Hiebey folgen die beiden letzten Bogen nebst Umschlag; haben Sie die Güte, das Heft nicht aus Händen zu geben, bis es versendet wird; sonstige Mittheilung hat kein Bedenken.

Für die überschickten, obgleich älteren politischen Nachrichten danke verbindlichst; in solchen Blättern findet man immer etwas Besonders, was die Zeitungen nicht aufnehmen, auch allgemeine Betrachtungen, welche leider dießmal mit unsern eigenen Folgerungen und Überzeugungen nur allzusehr übereinstimmen.

Höchst erfreulich war es uns allen, daß Serenissimi Glaube an die hiesige Atmosphäre von dem Himmel in so hohem Grad honorirt worden. Der Eintritt, obgleich leicht umwölkt, war doch wohl zu beobachten, die ringförmige Erscheinung und der Austritt ganz vollkommen, beide erstere in der Prinzessinnen Garten, wohin die nöthigsten Instrumente geschafft waren; letzteres in der Sternwarte, unter[216] Beystand der Astronomen und Mechaniker. Möge dieß als ein glückliches Wahrzeichen sich bewähren!

Mich und die Meinigen und meinen kleinen Geschäftskreis zu geneigtester Aufmerksamkeit und Theilnahme bestens empfehlend.

Noch bemerke, daß den Brief den Herrn Grafen Beust nicht bey der Sendung gefunden.

gehorsamst

Jena den 11. September 1820.

J. W. v. Goethe.


33/155.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht zu vermelden, daß die neue Analyse des Kreuzbrunnens von Herrn Prälaten von Töpel mit Dank aufgenommen worden. Zugleich wünscht man die Analyse beykommenden Wassers; es ist, obgleich in einem Marienbader Kruge, das Auschowitzer, eine kleine Strecke unterhalb Marienbad, in dortiger Gegend um seines häufigen Gases willen berühmt, wird aber wegen dessen Flüchtigkeit nicht versendet.

Sobald ich die Enthüllung dieses Geheimnisses durch Ew. Wohlgeboren Gefälligkeit erhalte; so wird sie dem Herrn Prälaten, zum Schluß der Curzeit, gewiß Vergnügen bringen.

ergebenst

Jena den 12. September 1820.

Goethe.[217]


33/156.


An Johann Baptist Grafen Paar

[Concept.]

Mit tausend Dank sende die mitgetheilte Handschrift zurück, wovon ich die Copie einem würdigen Arzte mitgetheilt. Nächsten Winter soll sie uns Anlaß zu bedeutender Unterhaltung geben und Gelegenheit, an den Wunderarzt, nach glücklich gelungener Cur des verehrten Fürsten, mit Freuden zu gedenken.

Vor allem sey nun den werthen Gästen vom 25. August der schönste Gruß und Dank für Besuch und Schreiben! Beides hat mich erquickt und ermuthiget, in meinen Arbeiten, wie sie mir auch noch gelingen mögen, treu fortzufahren. Möge ich beiden Freunden zum allerschönsten empfohlen seyn und bleiben.

Jena den 13. September 1820.


33/157.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Lächeln Sie, theuerster Freund, über meine Leidenschaft für zwey junge Talente, einen Dichter und einen Kritiker; beide kann ich Ihnen dießmal zusammen empfehlen. Beyliegendes erhalte von Dresden, und es freut mich, wie dieser junge Mann mir meine Träume, als ein anderer Daniel, erklärt; dieß giebt mir Gelegenheit zu bekennen, daß ich anfange, nicht[218] sowohl urtheilend mich gegen die neusten poetischen Productionen zu verhalten, als vielmehr aufnehmend oder ablehnend, und mich also, wie Sie sehen, des eigentlichen Frauenrechts bediene. Da thut es denn gar wohl, wenn frische sinnige Menschen, deren Vorstellung sich der unsrigen nähert, aussprechen, was wir fühlen, aber nicht näher bezeichnen und bestimmen mögen. Nach dem 25. dieses wird Schubarth bey mir seyn und mich verlangt gar sehr, was ich von diesem Zusammenkommen werde melden können. Möge es uns gelingen, das Ernste Gute zu fördern, dessen so höchlich Noth ist. Tausend Grüße und Wünsche!

treulichst

Jena den 13. September 1820.

G.


33/158.


An Carl Jacob Ludwig Iken

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch die Übersendung des verdeutschten Tuti Nameh viel Vergnügen gemacht; ich hoffe, Sie werden indessen fortgefahren haben und uns bald mit dieser angenehmen Gabe beschenken. Es ist zwar ein Werk der späteren persischen Literatur, enthält aber gewiß uralte Überlieferungen, welche bey einer so geistreichen Nation höchst reichhaltig seyn müssen. Ich danke im voraus für meinen Theil.

[219] Wahrscheinlich besitzen Sie den persischen Text mit englischer Übersetzung von Gladwin, welche ich nur aus der Literargeschichte kenne, ohne sie je gesehen zu haben. Empfehlen Sie mich Herrn Menken vielmals und erhalten mir in Ihrem werthen Kreise ein fortdauerndes Andenken. Die kleine Differenz wegen der Everdingischen Kupfer gleicht sich dadurch am leichtesten aus, daß beide Theile die Arbeit für vortrefflich halten. Verzeihung einer verspäteten Antwort.

ergebenst

Jena den 13. September 1820.

Goethe.


33/159.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen, wenn ich nur mit wenigen Worten für das neuerliche geneigte Andenken und freundliche Mittheilung meinen verpflichteten Dank abstatte. Beykommende Schachtel steht schon mehrere Tage, in Hoffnung eines günstigen Augenblicks zu ausführlichem Erwidern, der sich nicht zeigen will; der heutige Posttag darf daher nicht abermals vorübergehen ohne Absendung.

Der stängliche Eisenstein, der beykommt, that sich vor'm Jahr in einer einzelnen, beynahe fußstarken Lage, zwischen gelbem Porzellanjaspis hervor; ein großer Bruch, zu Gunsten der nahe liegenden Chaussee[220] in den pseudovulkanischen Gebirge eröffnet, gab die Gelegenheit ihn zu gewinnen; dieses Jahr ist schon wieder alle Spur verschwunden. Ein Heft Morphologie etc. folgt nächstens.

Und nun noch eine ästhetische Mittheilung! Lassen Sie ein Gedicht, Olfried und Lisena, von August Hagen in zehn Gesängen, Königsberg, sich und allen zart und rein fühlenden Freunden und Freundinnen bestens empfohlen seyn.

gehorsamst

Jena den 13. September 1820.

J. W. v. Goethe


33/160.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey für etwa zwey Bogen Manuscript, um den Druck nach Bequemlichkeit anzufangen.

Zugleich wollte fragen, ob es Ihnen und den theuren Ihrigen nicht gefällig wäre, Sonnabend oder Sonntag einige Nachmittagsstunden bey mir zuzubringen; es giebt so manche Dinge, die ich vorzeigen möchte, die aber nicht wohl transportabel sind.

Mich zum besten empfehlend

ergebenst

Jena den 13. September 1820.

Goethe.[221]


33/161.


An Carl Ernst Schubarth

Gegenwärtiges, mein Werthester, soll Sie in Leipzig begrüßen und vermelden, daß Sie mich vom 24. September an Ihrem Vorsatze und meinem Wunsche nach in Jena finden werden. Sie sollen zum schönsten willkommen seyn, und wir dürfen uns für beide gar manchen Vortheil von kürzerem oder längerem Zusammenseyn versprechen.

Ich habe mich diese Tage her mit Ihrem zweyten Bande beschäftigt und bin Ihnen dabey viel näher gekommen, ja ich darf mir sicher versprechen, daß irgend eine obwaltende oder hervortretende Differenz sehr leicht werde beseitigt seyn. Über Olfried und Lisena haben Sie ganz meine Empfindungen und Ansichten ausgesprochen; ich verlangte nicht mehr als das, was Sie geben.

Mehr sage ich nicht und wünsche nur, daß Sie gesund und heiter bey uns eintreffen mögen.

treulichst

Jena den 14. September 1820.

Goethe.


33/162.


An Johann Heinrich Meyer

Da Sie, theuerster Freund, meine Träume so gut auszulegen verstehen, so wollte ich Sie ersuchen, beykommende Lampe, in beliebiger Größe, nach der[222] hier angedeuteten Art und Weise, etwa mit der Feder zu zeichnen. Da wir einmal in Symbolik und Allegorie einigermaßen verfangen sind, so ist es nicht übel, von Zeit zu Zeit etwas zu versuchen. Es ist hier nur von einer kleinen Zeichnung die Rede, welche in der Folge zu unserm bekannten Zweck ausgeführt würde, dießmal aber zu etwas andern dienen soll.

Vielleicht hab ich das Vergnügen, Sie bald zu sehen, in einem Falle, den mir Ihro Hoheit angedeutet haben.

Das letzte Heft erhalten Sie nächstens; da die Drucker einmal im Gange sind, so hab ich schon wieder Manuscript zum folgenden hingegeben. Sollten Sie Zeit und Lust haben, auch etwa zu Einem Bogen Manuscript zu fertigen, so fingen wir gleich mit dem sechsten Bogen auch die zweyte Hälfte wieder an.

Möchten Sie meiner freundlichst gedenken!

treulichst

Jena den 15. September 1820.

G.


33/163.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

begrüßte, vor meinem Abgang von Carlsbad, am 26. May mit einer kleinen Sendung; möge sie, wenn gleich nur ein Tropfen zum Ocean, geneigt aufgenommen seyn.

[223] Ihro Königliche Hoheit der Großherzog, so eben von einer Töplitzer Badecur in erwünschtem Wohlseyn zurückgekehrt, trägt mir auf, ungesäumt für das herrliche Werk über Meteorische Massen den verbindlichsten Dank abzustatten. Es ist gegenwärtig durch gnädigste Mittheilung glücklicherweise in meinen Händen, und ich weiß nicht, was ich daran mehr bewundern soll: die genaue Beobachtung, das ausführliche Historische, die trefflichen Abbildungen oder die weitumgreifende Aussicht.

Herr Doctor Chladni, dem wir vielen Dank schuldig sind, hat Ihnen nun auch den größten Dank zu sagen, da Sie seinem Bemühen die Krone aufsetzen wollen. Denn ich gestehe gern, daß ich unter diejenigen gehöre, auf welche das Motto der Rückseite des Titelblatts ganz eigentlich paßt. Wie könnten wir zu einem Anschauen der Natur gelangen, wenn wir sie nicht zu schauen hätten? Und ich darf gerade in diesem Fall bekennen, daß mir das wichtige Phänomen historisch bisher aller Aufmerksamkeit werth geschienen; daß ich aber auch nur bey'm ersten Durchblättern des Werkes ein ganz neues Interesse erregt gefühlt und mir vom Studium desselben die schönsten belehrenden und belebenden Wirkungen verspreche.

Mögen Ew. Hochwohlgeboren meiner, so wie unserer Anstalten und Verhältnisse überhaupt, in Ihrem größern, herrlichern Kreise, freundlich gedenken.

[224] Anzufügen darf ich nicht vergessen, daß Herr Graf Carl von Sternberg bey mir durch einen Franzenbrunner Curgast freundlichst anfragen und um nähere Bezeichnung meines Wunsches nach fossilen Pflanzenresten verlangen lassen, worauf denn ungesäumt das Nöthige zu erwidern nicht verfehlen, auch nicht vergessen werde, daß ich diese neue Vortheile Ew. Hochwohlgeboren thätiger Vermittlung schuldig geworden.

Jena den 15. September 1820.


33/164.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

statte vorerst verpflichteten Dank ab für die bunten und lustigen Carlsbader Ansichten. Das große Blatt hat viel Verdienst, es konnte auf diesen Grad nur einem Opitz gelingen; die guten Fürstenkinder haben sich sehr daran ergötzt und es brauchte einige Zeit, die sämmtlichen Figuren und Köpfe zu mustern.

2. Lege ein besonderes Anliegen des Professor Kosegarten nur vorläufig dar: es befindet sich nämlich unter den arabischen Handschriften der Universitäts-Bibliothek zu Leyden die größte und berühmteste Sammlung alter arabischer Dichtungen, die große Hamâsa, enthaltend 656 Seiten in groß Quart mit einem vollständigen Commentar des Scholasten Tebrîsi.

[225] Fragt sich, ob Ihro Königliche Hoheit nicht abgeneigt wären, bey Ihren bedeutenden allgemeinen Connexionen, dieses Werk auf einige Zeit anher zu zaubern. Kosegarten verspricht sich und uns davon Nutzen und Ehre gränzenlos.

Zu einer solchen, wie mich dünkt etwas starken Prätention werden aber jetzt die Gelehrten verleitet, durch eine wechselseitige, sonst unerhörte Liberalität, wie mir die wichtigsten Fälle bekannt sind, und daher kommt auch diese kühne Bitte. Weisen Ihro Hoheit die Sache nicht gleich ab, so lege ein umständliches Promemoria vor, wodurch das Werk näher bezeichnet und die Bitte motivirt wird.

Um ein Beyspiel von jener oben gerügten Facilität zu geben, so haben die Heidelberger von den Manuscripten, die aus Rom gekommen sind, in dieser kurzen Zeit schon auswärts verborgt.

3. Dieser wichtigen Angelegenheit schließe eine etwas leichtfertigere an. Die Bleistiftzüge jenes indischen Gauklers habe Kosegarten vorgelegt, er erkennt sie für wirklich tamulisch, doch möchte der in allerley Künsten bewanderte Orientale, bey der unerwartet an ihn ergangenen Anforderung, das, was ihm, aus seiner Jugend, von Alphabet und sonstigen Schreibeübung im Gedächtniß geblieben, angebracht haben. Der Name Hummel jedoch scheint sich bey näherer Betrachtung zu bewähren.

4. Vergessen darf ich nicht, daß schon vor einiger[226] Zeit der Hofbildhauer Kaufmann mich angegangen, ihm bey Ihro Königl. Hoheit einen abermaligen Urlaub für Berlin zu bewirken, wo er, bey seinen dortigen Geschäften, auch nach Höchstdero Befehle und Absicht mitzuwirken verspricht.

5. Hiebey gedenke eines Mechanicus Bohne, welcher sich in Weimar aufhält; er hat mir einige wohlgearbeitete und brauchbare Instrumente vorgewiesen, vielleicht haben Höchstdieselben schon nähere Kenntniß von ihm. Ich erwähne seiner nur, da man zu kleineren Arbeiten und Reparaturen eine solche mittlere Person braucht, ob vielleicht Ew. Königl. Hoheit nicht unangenehm wäre, einen solchen untergeordneten Arbeiter zunächst bey Sich zu wissen, da bey der Vielthätigkeit unseres guten Körners manches Wünschenswerthe nicht zur Ausführung kommt.

6. Beyliegendes Promemoria von Posselt wird Ew. Hoheit Freude machen. Wenn auch der strengere Beobachter mit diesen Berechnungsversuchen nicht zufrieden seyn kann, so ist doch, dünkt mich, schon viel gewonnen, weil ja überall nur Annäherung stattfindet und bey solchem Vornehmen immer ein Versuch auf einen andern hinweist.

7. Alles, was von Hüttnern die Zeit her angekündigt worden, ist auch angelangt, nur sind die letzten Bände der Linnéischen Societät noch unterwegs. Die Zeitungen sind in das Industrie-Comptoir gegeben[227] worden und die Bücher nach Maaßgabe vertheilt. Hierüber, daß eine Controlle bey der Rechnung sey, werde genauere Kenntniß zu geben nicht verfehlen.

8. Mit Doctor Bran ist auch alles in der Ordnung, von ältern Büchern hat er nur noch zwey, so wie von den neuern eins in drey Bänden. Mögen Höchstdieselben mir auch künftighin diese Bücher unmittelbar zusenden, ohne daß sie vorher auf der weimarischen Bibliothek eingetragen werden, so würde man mancher Nachfragen und Anmerkungen überhoben seyn. Ich halte genaue Liste, und wie ich die Bücher von Bran zurück erhalte, werden sie dorthin gegeben und eingetragen.

9. Möge beyliegendes Heft Höchstdieselben wenigstens theilweise interessiren! Und wollten solches gelegentlich an Mylius in Mailand spediren lassen, welcher meine gute Meinung vom Grafen Carmagnola weiter zu befördern wohl die Gefälligkeit hat. Wenn ich nicht irre, liest der Dichter Manzoni selbst das Deutsche.

Jena den 15. September 1820.


33/165.


An Carl Friedrich von Reinhard

An Ihrem so werthen Brief, verehrter Freund, der meinen Aufenthalt in Carlsbad ganz eigentlich krönte, habe ich diese Monate her gezehrt: denn zu[228] Ihren gehaltvollen Worten giebt jeder Lebenstag einen Commentar.

Mir ist es dießmal wohl gerathen, so früh in's Bad gegangen zu seyn, dadurch habe einen sehr leidlichen Sommer verlebt, der sogar vortrefflich gewesen wäre, wenn nicht unvermeidliche Äußerlichkeiten mich hie und da aus dem Gleichgewicht gebracht hätten, welches in späteren Jahren sich immer langsamer wieder herstellt.

Übrigens waren meine Geschäfte ganz friedlich. Im dritten Jahre bemüht, eine Bibliothek aus dem Todesschlafe zu wecken; welches denn freylich nur durch völlige Um- und Umbildung geschehen konnte. Ein Gewächshaus neu zu bauen, um die südlichen Gewächse, die zu uns jetzt häufiger wallfahrten, als wir sonst nach dem heiligen Lande zogen, weil sie nun einmal da sind, zu überwintern, und dergleichen mehr, erregt meine sinnliche Aufmerksamkeit und wirkt wohlthätig, so daß ich auch ein paar Hefte wie der zusammenbringe, wovon das eine nächstens folgt. Möcht es Ihnen auch anregend und erheiternd seyn.

Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit nicht ohne Nachricht! Für meine Person finde ich mich darin sehr glücklich, daß, indem ich solche Bogen dictire und abdrucken lasse, immer meiner abwesenden Freunde gedenken darf und einem und dem andern gar wohl etwas zu Liebe und zu Vergnügen glaube dahin zu geben.

[229] Von meinen Naturbetrachtungen folgt ehstens das dritte Heft; darin habe ich auch wieder die Mühseligkeiten mehrerer Jahre niedergelegt, mit dem Wunsch, andern die Mühe zu ersparen. Die Menschen aber sind ganz eigene Personen, daß, da das Irdische ohnehin genugsam auf uns lastet, sie sich den Bündel noch, durch willkürlichen Irrthum, erschweren mögen.

Wenn gleich die gesellschaftlichen Verhältnisse in der gegenwärtigen Lage nirgends erfreulich sind; so muß ich doch bekennen: rings umher nach außen immer noch ganz wohl situirt zu seyn. An fremden Durchreisenden mangelt's nie. Bald sind es die Ferien, wo sich Lehrende und Lernende in der deutschen Welt herumtreiben, dann die Zeit der Badereisen, hin und her, und sonst Anlässe in Unzahl. Da vergeht nun kein Tag, daß ich nicht von Fremden mehrfach angegangen würde, und ich verwende darauf gern ein paar Stunden, die mir niemals ohne Vortheil vorübergehen. Mannichfaltigste Gestalten, an meine entschiedene Einsamkeit sich heran und vorbey bewegend, geben mir Begriffe von der Außenwelt, wohlfeiler als ich sie auf irgend einem Wege hätte gewinnen können.

Dazu kommt noch, daß unsere fürstlichen Familienglieder, von den Großeltern bis zu den Enkeln, in einem sehr glücklichen Verhältniß leben, und mich als ein Inventarienstück des Hauses auf das freundlichste und zutrauenvollste gelten lassen. Mehr wüßte kaum[230] zu sagen, und ich hätte wie Polykrates Ursache, mir selbst ein Übel zuzufügen, zu Versöhnung der neidisch angenommenen oberen Gewalten, wenn nicht meine liebenswürdige Schwiegertochter, die mir schon einen allerliebsten Enkel gebracht, gerade in Gefahr wäre, Leben gebend, das Leben zu verlieren.

So weit wären wir also, daß schon gesorgt ist, jede Art von übermüthigem Selbstgefühl werde sich recht hübsch die eigenen Sordinen aufsetzen. Das Alter weiß freylich diese dämpfenden Maschinen ohne weiteres gar gemächlich anzubringen, und wir wären also auf alle Weise geborgen.

Von dem in Frankfurt mir bestimmten Monumente wüßte nichts zu sagen; ich verhalte mich dagegen ganz stille, contemplirend; denn da es mehr ist als ein Mensch erleben sollte; so muß er sich gar wundersam bescheiden zusammen nehmen, um nur die Legung des Grundsteins zu überleben.

Unsern Canzler, Herrn v. Müller, hab ich ausgescholten, daß er, in die Frankfurter Societäten verwickelt, sich nicht Muße genommen, Sie in Bockenheim zu besuchen; damit ein lebendiger Zeuge mir von Ihrem Aufenthalte und Wohlbefinden Nachricht und Versicherung gegeben hätte.

Mit dem zu sendenden Hefte noch einiges Zurückbleibende.

treulichst verbunden

Jena den 15. September 1820.

G.[231]


33/166.


An August von Goethe

[Concept.]

Zum schönsten also sey der frische Weltbürger willkommen. Eure Noth und Leiden hab ich im Stillen treulich mitgetragen und so möge denn auch die Freude gemein seyn. Grüße Ottilien auf's beste und melde mir mit jeder Gelegenheit, wie sie sich befindet; für den Knaben ist mir nicht bange. Lebe du auch wohl, und wenn du dich einigermaßen erholt hast, so besuche mich.

Jena den 18. September 1820.


33/167.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

das Mitgetheilte dankbarlichst zurücksendend und eine Artigkeit, womit mich die Herrn Maynzer angebunden, beylegend, darf ich wohl gleichfalls beyliegendes Billet zu geneigter Beruhigung eines hübschen Kindes so wie mich und das Meinige bestens empfehlen.

gehorsamst

Jena den 19. September 1820.

J. W. v. Goethe.


33/168.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten eine, von den guten Maynzern, in Erwiderung meines vorjährigen Zurufs mir erzeigte Artigkeit;[232] möchten Sie die Blätter in Ihrem Freundschaftsarchiv verwahren und meiner dabey von Zeit zu Zeit gedenken.

Mit den besten Wünschen

gehorsamst

Jena den 19. September 1820.

Goethe.


33/169.


An Johann Heinrich Meyer

Eine Stelle aus dem so eben erhaltenen Briefe des Herrn Staatsrath Schultz theile ungesäumt mit und versichere: daß es mich sehr freuen würde, wenn Sie sich baldigst zu dieser Reise entschließen könnten. Es ist nicht zu berechnen, was, gerad in diesem Augenblick, nach dem kurz Vorhergegangenen, Ihre Gegenwart in Berlin wirken und auch unsern besondern Vortheil befördern könne; lassen Sie die Ausstellung abnehmen und leiten das Übrige nöthigst ein. Sie wissen, daß wir schon vor einigen Jahren dasselbe wünschten, der Moment aber ist prägnanter als je. Schreiben Sie mir bald, direct, ohne die Briefe an meinen Sohn zu schicken, mit dem Boten, oder der Post, unfrankirt.

Ein wunderliches Paradoxon der Leipziger Auction muß ich noch mit Vergnügen melden, daß ein ganz kostbarer Abdruck der großen nächtlichen Flucht nach Ägypten, von Goudt nach Elsheimer, welcher jede Vergrößerung[233] durch die convexe Linse aushält und immer mehr Erstaunen erregt, für 8 Groschen, sage acht Groschen, mir zugekommen, so wie auch ein guter Druck Jupiter und Mercur bey Philemon und Baucis, dieser kostet aber schon 1 rh. und 3 Groschen; ein geringer kleiner Tobias 12 Groschen, und die Aurora, so gut wie verdorben, 14 Groschen. Welches wunderliche Zeug durch einander! Wenn man persönlich gegenwärtig wäre und die Tagesgrillen der Liebhaber beobachtete, so müßte man die größten Schätze zusammen bringen.

treulichst

Jena den 19. September 1820.

Goethe.


Copia.

»In Bezug auf meine Rücksprache mit Herrn v. Altenstein, schreibe ich so eben an Herrn Hofrath Meyer, um ihn zu bitten, seine mir mündlich mitgetheilte Meinung, uns hier zu besuchen, ja recht bald in Ausführung zu bringen. Wie nützlich und erfreulich uns sein Blick und sein Rath in unseren Unternehmungen, die Kunst betreffend, seyn wird, ermessen Sie selbst am besten, und da gerade jetzt ein sehr wichtiger Moment für diese Dinge eintritt, so könnte nichts glücklicher seyn, als ihn baldigst hier zu sehen. Seine Neigung und die günstige Witterung werden, wenn Sie vollends ein Wort für unsern Wunsch gegen ihn äußern wollen, ihn hoffentlich schnell dafür[234] bestimmen. Lassen Sie es sich gütigst angelegen seyn, dazu mitzuwirken.«


Wenn ich nur bedenke, daß Sie für unser Kunst und Alterthum so vieles aufsammeln könnten und daß wir ferner, durch eben diese Hefte und sonst, jenen, insofern sie das Rechte wollen, zu Hülfe kämen, so giebt das alles sehr weite und bedeutende Aussichten.


33/170.


An Carl Wilhelm Friedrich von Lyncker

[Concept.]

Auf beyliegendem Wunsch unseres guten und thätigen Döbereiners erbitte von Ew. Hochwohlgeboren mir das erste Blättchen zurück und, wo möglich, eine Flasche Auschowitzer Wasser. Wie man sieht, ist es ihm Ernst, eine gründliche Untersuchung zu liefern und, so wohl theoretisch als praktisch, vor Meister und Gesellen zu bestehen.

Geneigtem Andenken mich bestens empfehlend.

Jena den 20. September 1820.


33/171.


An Johann August Gottlieb Weigel

Ew. Wohlgeboren

ist Glück zu wünschen, daß Sie mehrere thätige Söhne haben, die man unter einander und sogar mit dem Vater verwechseln kann; möge Ihnen zusammen die[235] Dauer alles Guten gegönnt seyn! Auch dank ich abermals zum allerschönsten, daß Sie sich meiner Aufträge so treulich annehmen wollen. Gar manche vortreffliche Blätter und so viele andere, die dem geschichtsforschenden Kunstfreunde höchst erwünscht sind, finde in der angelangten Sendung, nach verhältnißmäßigen Preisen. Fahren Sie auch künftig fort, für mich und meine Liebhaberey zu sorgen.

Die Bemerkung wegen der Claude's ist ganz richtig. Ich besitze die ganze Sammlung an alten trefflichen Abdrücken, wie ich sie noch mit aus Italien gebracht, deshalb war ich neugierig zu sehen, was sich in Deutschland vorfinden möchte? Und da ist es denn, wie Sie sagen: die Platten sind von verschiedener Güte, auch wohl in Schattenpartien aufgefrischt; deshalb denn geringe Preise. Meine ersten Blätter haben hierdurch an Werth gewonnen.

Anbey liegt eine Assignation von 125 rh., wobey mir noch etwas zu Gute bleibt und ich Sie um die Gefälligkeit ersuchen wollte, mir zwey Buch von dem grünlichen, bräunlichen englischen Papier anzuschaffen und solches, um einen Stab gewickelt, gefälligst hierher zu senden.

Ihr guter Sohn wird mich doch wieder mit dem Preiscatalog vergnügen? Ich denke darauf, wie ich ihm dagegen etwas Freundliches erzeigen möge. Leider ist meine Handschriftensammlung in Stocken gerathen; es gehört hierzu ein frischer jugendlicher Trieb, deswegen[236] wünsche zu der Sendung des Grafen Cicognara Glück, und hoffe bey meiner Rückkehr nach Hause auch einiges beytragen zu können.

Mit wiederholtem Ersuchen, meinen kleinen Angelegenheiten auch künftig gefälligst Ihre Aufmerksamkeit zu widmen

ergebenst

Jena den 20. September 1820.

Goethe.


33/172.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

geneigter Theilnahme an allem was mich betrifft, darf ich mich wohl auch für künftig empfehlen. Nach einer frühen Badereise, welche mir einen guten Sommer verschaffte, nehme ich mir abermals die Ehre, Dieselben freundlichst zu begrüßen und um gefällige Auszahlung von hundert und fünf und zwanzig Thalern, gegen eine von ihm einzureichende Assignation, an Herrn Proclamator Weigel, ergebenst zu ersuchen; sodann aber die Summe von sechshundert Thalern Sächsisch in Kopfstücken mit der fahrenden Post hieher nach Jena unter meiner Addresse zu senden; welche beide Summen abermals für Rechnung der v. Cottaischen Buchhandlung in Stuttgart ohnschwer zu notiren sind.

Mich fernerem Wohlwollen und geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Jena den 20. September 1820.[237]


33/173.


An Carl Friedrich Zelter

Nun, das sieht nun doch einmal nach etwas aus! Ich verlasse dich, Champagner-Gesundheit anstoßend mit der unwiderstehlichen Fürstin, und jetzt erblick ich dich auf der salzigen Wogenbreite, im Begriff den schlechtesten Soff hinunterzuschlucken, welchem kein Profit zu rufen ist.

In unserer Jugend haben wir auch solche Streiche gemacht, mit heiler Haut, ohne Zweck und Noth, uns in Gefahr zu stürzen; dem Kaufmann soll man nicht übel nehmen, dergleichen zu unternehmen, aber auch uns nicht. Du hast durch die That bewiesen, daß noch einige Jugend in dir stickt, und einen großen Gewinn als Mensch und Musiker erworben.

Daran laß uns nun genügen, wie dir denn der Spiegel deiner Reisefahrt, abermals, auf klarem Papier, von sauberer Hand, nächstens entgegen leuchten soll.

Mich, den mittelländischsten Menschen, haben indeß die besten Wallfahrer auf meinen Höhen besucht. Die vier Berliner können manches erzählen und vorweisen. Was alles aus diesen bewegten Bemühungen werden soll und kann, möchte sich schwerlich vorhersagen lassen.

Im Ganzen haben mir die vier Freunde, durch Gegenwart und Erzählung, durch Thun und Reden,[238] die Turbulenz einer sehr großen Stadt gar lebhaft und erfreulich zur Einsiedeley gebracht. Es klingt manches nach, das sich heilsam bey mir ausbildet.

In der Zeit aber, da du als Odysseischer Vagabund dich erfrechtest, auf dem schwarzen gefährlichen Rücken des Meeres zu reiten, hab ich mich stille zu Hause gehalten und werde dir einige Hefte Zwieback, aber nicht von der Schiffsorte, zusenden können; daran magst du dich in den schon leider hereinbrechenden langen Abenden, oder zu welcher Tags- und Nachts-Zeit es beliebt, so gut es gehen will erquicken, vielleicht auch belehren. Verdrießliches wird nichts entgegen springen.

Ich habe die Zeit her fast mit niemand gesprochen, besonders wenn sprechen allenfalls heißt: wechselseitig reden wie man denkt. Mein ganzes Daseyn seit fünf Monaten steht auf dem Papier; du würdest dich verwundern, die gränzenlosen Fascikel zu sehen, die immerfort geheftet werden; einiges, was ich in öffentlichen Anstalten, außer Hause, gethan habe, wird auch von Verständigen gebilligt.

Dieser meiner entschiedenen Einsamkeit und Dictirgewohnheit verdankst du denn auch diesen Brief, welcher am Abende der Ankunft des deinigen ausgefertigt wird. Damit aber du Wellengeschaukelter, Meeresgeruchschnufflender, Ufersehnsüchtiger, im Stillen und Ruhigen diesen Winter, an das gefährliche Große dich erinnernd, vergnügliche Stunden genießen[239] könnest, so rath ich dir ein Gedicht anzuschaffen: Olfried und Lisena in zehn Gesängen und über 600 Stanzen, von August Hagen, einem Jünglinge in Königsberg.

Wenn auch diese Speise deinem derben Gaumen und guter Verdauungskraft hie und da allzuleicht erscheinen möchte, so wirst du gewiß entzückt seyn, gerade deinen Ostseeduft durch das ganze Büchlein anwehend zu spüren. Es ist eine wundersame Erscheinung, die mir viel Freude gemacht hat.

Nun aber erst, womit ich hätte anfangen sollen, wenn die frohen Melodien dieser Welt nicht so oft mit Sordinen müßten gespielt werden. Meine Schwiegertochter hat abermals einen tüchtigen Jungen zur Welt gebracht; nur hat sie bey ihrer zarten Natur in der Schwangerschaft gränzenlos gelitten, und wenn ich aufrichtig seyn soll; so fürcht ich noch immer für sie. Weiter kann ich nichts sagen, als daß ich auch hier mich im Islam zu halten suche.

Geht es in unserm Hause gut, so wär es liebenswürdig, wenn du Anfang November bey uns einsprächst; denn alsdann bin ich erst wieder bey mir selbst eingekehrt. Hierher kann und mag ich dich nicht laden; auch hab ich noch sechs Wochen soviel zu thun, daß ich wenig freye Stunden vor mir sehe. Zufällig trafen es die Berliner Freunde, sie kamen gerade in einer Pause meiner sämmtlichen Thätigkeit. Somit mag es denn auch genug seyn, diese Blätter[240] dich begrüßen und bald wieder ein Schreiben vom festen Pflaster, oder vom lockern, doch nicht wogenden Sande aus, auf mich hervorlocken.

treulichst

Jena den 20. September 1820.

G.


33/174.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe noch zu vermelden: daß wir zu dem dießmaligen Heft Naturwissenschaft zwey Kupfer geben. Auf einer Quartplatte sind zwey Bilder in Octav, gerade von der Größe unserer Druckform, gestochen, welche, von einander geschnitten, an ihren Stellen eingeheftet werden. Hiezu wollt ich um das nöthige Papier ersucht haben, um es nach Weimar zu senden.

Mich bestens empfehlend.

Jena den 20. September 1820.


33/175.


An Johann Heinrich Meyer

Melden Sie Sich bey Serenissimo und sagen: daß wir beyde von den Vortheilen dieser Reise das Beste dencken und ich völlig einverstanden bin. Hören Sie was Ihro Hoheit etwa dort wünschen? pp Und eilen Sie! denn es ist in dieser Reise mehr enthalten als[241] wir dencken dürfen. Vale! Wir brauchen nichts weiter über die Angelegenheit zu sprechen.

freudigst

J. d. 20. S. 1820.

G.

Ich schreibe deshalb auch an den Fürsten.


33/176.


An Johann Gottfried Jacob Hermann

Ew. Hochwohlgeboren

würde für die erfreulich lehrreiche Sendung schon früher meinen schuldigen Dank abgestattet haben, wenn ich nicht einigermaßen dieselbe zu erwidern gewünscht hätte. Ein so eben abgeschlossenes Heft von Kunst und Alterthum verleiht hiezu mir die erwünschte Gelegenheit. Möge darin einiges enthalten seyn, was angenehm wäre und einen einsichtigen Beyfall verdiente.

Die genaue Würdigung der nach dem Mayländer Manuscripte uns mitgetheilten Kunstbilder, von unserm wackern Hofrath Meyer verfaßt, darf wohl hoffen Ew. Hochwohlgeboren Aufmerksamkeit an sich zu ziehen.

Von großer Wichtigkeit sind allerdings die Überlieferungen, in welchen das Kennerauge, durch eine späte Hülle, noch immer den alten Kern zu entdecken vermag.

Und so möge auch Ihnen ewiger Dank bleiben, daß Sie den alten griechischen Kern uns unverhüllt bewahren und von Zeit zu Zeit, auf mancherley[242] Weise, die Nebel zerstreuen, die sich darüber hin- und herziehen.

Leider ist, nicht allein in diesem höchst bedeutenden Felde, sondern auch in so manchem andern das Unheil, daß man nichts abgesondert, charakteristisch, sich selbst gemäß will bestehen lassen, sondern alles mit allem verknüpfen, vereinigen, ja transsubstanziiren möchte. Wie wohlthätig ist daher die ernste Behandlung, mit welcher Sie Nation und Zeitalter, Kunst und Wissenschaft im Innern selbst zusammen halten und befestigen, ohne die Einwirkung von außen zu läugnen, oder die Wirkung nach außen zu verkennen. Welch großes Verdienst bleibt Ihnen, das Unnöthige und Ungehörige, wenn es auch verwandt erscheinen sollte, abzulehnen und an der Seite zu halten. Haben Sie die Güte, mich künftighin mit demjenigen, womit Sie das Öffentliche beschenken, auch bald bekannt zu machen. Das glückliche Zusammenseyn hat mich, bey allzukurzer Dauer, auf's neue gekräftigt und die Anhänglichkeit und Verehrung, die ich Ihnen längst gewidmet, auf's neue lebhaft hervorgerufen.

Vorstehendes, welches schon längst abgehen sollte, darf nicht länger zurückbleiben; es geht ab mit den treusten Wünschen und herzlichster Empfehlung.

treulichst

Jena den 9. September 1820.

Goethe.

Abgegangen den 20. September 1820.

Das angekündigte Heft nächstens.[243]


33/177.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

[Concept.]

[Jena, 20. September 1820.]

Bey dem besten Willen ist es mir heut unmöglich, zu Tafel aufzuwarten, weshalb mich geneigtest zu entschuldigen bitte; später hoff ich es selbst zu thun. Es ist wirklich bedauernswerth, daß meine Leiden durch solche Entbehrungen noch geschärft werden. Erhalten Sie mir ein günstiges Andenken.


33/178.


An N.N.

Freundlicher Theilnahme beykommendes empfehlend.

Mit dem schönsten Morgengruß.

[Jena] d. 21. Septbr. 1820.

G.


33/179.


An Georg Heinrich Noehden

Ew. Wohlgeboren

haben eine mich sehr interessirende Kunstfrage auf die gefälligste Weise erwidert. Die eigne alsbaldige Bemühung an Ort und Stelle, die genaue Bemerkung des Maaßes, der Farben, überhaupt aller äußern Kennzeichen, zugleich das wohlgefühlte Lob, welches Sie der Vortrefflichkeit dieser Werke ertheilen, alles zusammen verpflichtet mich auf's höchlichste,[244] wobey ich denn freylich nicht bergen kann, daß ich wohl gewünscht hätte, in Ihrer werthen Gesellschaft dieses Anblicks theilhaftig zu werden.

Die mir gegönnten ausführlichen Nachrichten sind um so schätzbarer, als das umständliche Werk: Die Geschichte der englischen Königlichen Palläste, welches mir erst neuerlich zu Gesicht gekommen, keine bildliche Darstellung an dieses Zimmer gewendet hat, auch der Text sehr lakonisch verlaßt ist.

Ich gedenke noch vor Ende des Jahres einen umständlichen Aufsatz über die Verdienste dieses Künstlers, mit Entwickelung verschiedener seiner Arbeiten, besonders aber dieses Triumphs, welcher auch wohl sein Triumph genannt werden kann, in Gesellschaft meines Freundes Meyer auszuarbeiten und werde denselben Ew. Wohlgeboren dankbarlichst zu übersenden nicht verfehlen.

Der ich bey dieser Gelegenheit nicht ermangele zu melden, daß die lieben fürstlichen Kinder, denen Sie gewiß ein theilnehmendes Andenken gewidmet erhalten, sich gegenwärtig hier, in ihrer Gartenwohnung, gar munter und wohl befinden, auch in jedem Sinne zur Freude ihrer hohen Eltern und unser aller sichtlich zunehmen.

Mich zugleich angelegentlichst empfehlend und von Zeit zu Zeit einige gefällige Nachricht erbittend

ergebenst

Jena den 22. September 1820.

J. W. v. Goethe.[245]


33/180.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Vorstehende, in Ew. Wohlgeboren letztem literarischen Bericht so gründlich angezeigten und ausgezogenen Bücher wünschen Serenissimus zu besitzen und haben mir deshalb zu schreiben Auftrag ertheilt. Höchstdieselben sind glücklich von einer vortheilhaft gebrauchten Badecur zurückgekehrt und nehmen schon wieder an allem Guten weit ausgebreiteten Antheil, wobey denn Ew. Wohlgeboren Sendungen freylich eine Hauptrolle spielen.

Hiebey verfehle nicht zu melden, daß alles vom Anfang August Erwartete und Angezeigte sämmtlich angekommen und nach gnädigstem Befehl an die verschiedenen Stellen und Behörden von mir vertheilt worden.

Insofern Ihro Königliche Hoheit nach Zurückkehr des Secretär Haage noch weiter einige Ordres an mich ergehen lassen, werde nicht ermangeln, Ew. Wohlgeboren davon zu benachrichtigen.

Wie ich nun für die auch mir persönlich gegönnten Gefälligkeiten den verbindlichsten Dank abstatte, so bitte auch fernerhin gleiche Geneigtheit zu bewahren und mir wegen der kleineren Piécen folgende Bemerkung zu erlauben.

Die ersten beiden, Bennet's letter on New South Wales etc. und Hints on the foreign and domestic[246] policy, waren ganz zweckmäßig, indem sie allgemein interessante Gegenstände betrafen, hingegen die vier letztern, den Proceß der Königin betreffend, nicht ganz im Sinne des früher eingereichten Memorandums, weil solche sich auf einen Gegenstand bezogen, der durch die öffentlichen Blätter schon ausführlich verhandelt und bekannt war. Möge bey fernern Sendungen auf diese Andeutung, so wie auf den Inhalt des frühern Memorandums geneigte Rücksicht genommen werden!

Das Bildniß des Herzogs von Meiningen erwarte mit vielem Vergnügen und werde es alsobald weiter spediren, so wie ich Miß Dawe und Ew. Wohlgeboren für den Probedruck des meinigen allen Dank schuldig werde.

Wollten Sie nicht die Gefälligkeit haben, mir zu sagen, wie ich Miß Dawe eine Artigkeit erzeigen könnte; vielleicht wären ihr die Original-Radirungen von Retzsch zu meinem Faust angenehm, da doch die Copien jetzt in England so viel Aufsehen machen. Diese Originale werden dadurch merkwürdiger, weil man gewisse Veränderungen bey der Copie beliebte, welche zu denken geben.

Nicht weniger wünsche für so manche Bemühung Ew. Wohlgeboren auch gelegentlich irgend etwas Angenehmes erweisen zu können.

Jena den 22. September 1820.[247]


33/181.


An Carl Christoph Haage

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

nach glücklicher Rückkehr freundlich begrüßend, verfehle nicht anzuzeigen, daß alles, kurz vor und nach dem Eintreten des Monats August, von Herrn Hüttner in London Angekündigte glücklich eingelangt und durch mich, nach Serenissimi Höchster Intention, an die Behörde abgegeben worden. Wenn diese verschiedene Posten in der Rechnung erscheinen, so verfehle nicht, specielle Auskunft deshalb zu geben.

Dürft ich ersuchen, bey nächster Sendung Beykommendes an Herrn Hüttner zu schicken und wenn etwa eine Rolle an mich ankommen sollte, mir dieselbe gefällig herüber zu senden.

Mit vorzüglicher Hochachtung.

Jena den 22. September 1820.


33/182.


An Carl Christoph Haage

[Concept.]

[Jena, etwa 22. – 29. September 1820.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten Gegenwärtiges durch den Prosector Schröder, welcher mich in einer kleinen Angelegenheit um mein Vorwort ersucht. Er hat für Tiefurt verschiedene Skelette gearbeitet, an Betrag 27 rh. Er konnte bisher dafür keine Vergütung erhalten und wünscht solche auf das dringendste.

[248] Die Skelette stehen zwar gegenwärtig hier auf der Veterinärschule, allein wir bedürfen derselben nicht, weil wir dergleichen schon mehrfach besitzen. Da mir unbekannt ist, woher dergleichen Dinge bezahlt wurden; so ersuche Dieselben, ihm Anleitung zu geben, wie er zu seinem Verdienste gelangen könne. Sie werden mich dadurch auf's neue verbinden.


33/183.


An Johann Heinrich Meyer

Heute früh, mein trefflicher Freund, nahm Herr Canzler v. Müller die drey Kupfer für Ihro Hoheit [die] Großherzogin mit, die kleine Note steht auf dem folgenden Blatt. Die Steindruckslandschaft hab ich nicht mitgesendet; vor Ihrer Abreise ist zu dergleichen doch keine Zeit mehr.

Heute schreib ich Serenissimo wegen der Sache; Sie sind vielleicht schon oben gewesen und haben alles eingeleitet; daß wir uns noch einmal vor Ihrer Reise sehen, ist nicht einmal nöthig, da wir übereindenken, es müßte denn seyn, daß etwas auftauchte, was mir nicht einfallen kann.

Nur eins möcht ich fragen: Sie gehen doch nicht allein? Nehmen Sie einen dienstbaren Geist mit, der Sie auch allenfalls im Schreiben fördert, denn es wird so viel zu notiren geben, daß ich nicht sehe, wie Sie durchkommen wollen. Wenn man älter wird, muß man auf einige Bequemlichkeit und Beyhülfe denken.

[249] Inliegendes mit meinen schönsten Grüßen an die Behörde. Schreiben Sie mir ja, wie ich auch thun werde, in diesen Tagen, durch Post und Boten, unfrankirt. Ich werde jede Gelegenheit benutzen, Ihnen irgend eine Notiz oder was sich nöthig machte, zukommen zu lassen. Zum schönsten gegrüßt.

Jena den 22. September 1820.

G.


In der Meyerschen Auction zu Leipzig angeschaffte Kupferstiche:

1957. Magdalena 4rh.12gr.

1961. Esther vor Ahasveru3"20"

1967. Abraham und Hagar5"1"

Summa13rh.9gr.

Sächsisch.


33/184.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

für den letzten glücklichen Abend herzlichsten Dank abstattend, erwähne von kleinen Geschäften und Vorkommenheiten Folgendes:

1. Wegen Anschaffung einer Masse von Birnkernen ergab sich Folgendes:

a) Hoffactor Thierbach in Lobeda erklärte, daß er keinen Birnmost weiter presse und schob die Ursache auf eine erhöhte Auflage, wollte sich also zu einem Beytrag nicht erklären.

b) Heiligenstädt in Camsdorf hatte in dem hiesigen Wochenblatt eine Aufforderung ergehen lassen, sie lothweise zu honoriren.

[250] c) Einige andere Personen, welche sich nächstens beschäftigen, Birnen zu welken, haben versprochen, die ausgeschnittenen Putzen einzuliefern.

d) Nicht weniger ist denn auch auf Holzbirnen Beschlag genommen worden. Was aus allem diesen vielfachen Bestellen und Versprechen sich ergeben werde, muß sich in kurzer Zeit ausweisen; möge es nicht ganz umsonst gewesen seyn!

2. Die befohlenen englischen Bücher sind bey Hüttnern bestellt. Wegen des Vergangenen bitte mir andeuten zu lassen, wie viel Bände der Linnéischen Societät nunmehr Ihro Händen sind; die letzte Sendung ist nicht in die meinigen gelangt. Sodann würde abschließlich vermelden, was bey mir angekommen und wohin es abgegangen worden.

3. Sollte Hofrath Meyer Ew. Hoheit noch nicht aufgewartet haben, um sich Urlaub zu erbitten, so melde denselben hiedurch schuldigst an.

Schon vor zwey Jahren waren wir beide dringend eingeladen; da ich es ablehnen mußte, ruhte die Sache bis jetzt. Nun hat Staatsrath Schultz bey seinem letzten Hierseyn einen nochmaligen ernstlichen Antrag im Namen des Ministers v. Altenstein an Meyer gethan und denselben brieflich wiederholt. Nun läugne ich nicht, daß in vielfachem Sinne eine Reise dahin für uns alle vortheilhaft scheint und ich wüßte nichts zu erinnern, wenn ihm dahin ein drey-[251] bis vierwöchentlicher Urlaub gestattet würde. Von Kunstschätzen und Kunstthätigkeit daselbst wird er die sichersten Nachrichten mitbringen. Sollten jedoch Ew. Hoheit ihm einen Wink geben, worauf er sonst noch zu achten hätte, so würde er auch gewiß gute Erkundigung einziehen. Übrigens beträgt man sich gegen uns von Berlin aus sehr freundlich und behülflich, und es möchte wohl räthlich seyn, ein solches Verhältniß zu hegen und zu pflegen.

4. Möchten Ihro Hoheit dem Hofrath Meyer vor seiner Abreise etwa 8 Stück kupferne Medaillen gnädigst anvertrauen, so würden wir die Schüler der ersten Klasse dadurch höchlich erfreuen. Sie haben sich von oben herein gut gehalten, sowie von unten hinauf, daß sie in den Prämien gleich zu halten sind. Die untern Classen wollen wir auf eine andere Weise, mitunter auch durch einiges Zeichnungsmaterial aufzumuntern suchen.

5. Wegen des Jagemannischen Quartiers und dessen neuern Benutzung wäre wohl als Vorbereitung wünschenswerth, daß Ew. Hoheit die Vorderseite, nach der Straße zu, untersuchen ließen, die sich schon seit einiger Zeit bauchig erweist, damit man nicht, wenn man eingerichtet ist, von einem solchen Mangel überrascht werde.

Mit den treusten Wünschen

unterthänigst

Jena den 22. September 1820.

J. W. v. Goethe.[252]


33/185.


An Johann Heinrich Meyer

Vergessen hab ich zu melden, wovon Sie vielleicht bey dieser Gelegenheit Ihro Hoheit der Großherzogin Notiz geben.

Kanzler v. Müller besitzt die vier Cassler Claude aus der Dessauer Officin, er wäre nicht abgeneigt, sie herzugeben, da seine Liebhaberey sich wo anders hingewendet hat; er will sie für das ablassen, was sie damals kosteten, das Stück 8 rh., also 32 rh. für viere.

Ich läugne nicht, daß ich selbst dazu Luft hatte, da die Originale uns auf ewig entrissen sind. Aber Geld ist theuer nach dem alten italiänischen Sprüchworte, und ich lasse daher unserer Fürstin gern den Vorkauf.

Mögen Sie solche bey dieser Gelegenheit ansehen, daß man von der Güte der Abdrücke unterrichtet wäre; denn freylich möchten weder die Originale, noch solche Nachbildungen selten auf Erden entstehen.

Die neue Sendung von Leipzig macht mir viel Vergnügen; auch die Betrachtung der schwankenden Liebhaberey; wobey freylich auch manches Zufällige vorkommen mag. Ein radirtes Blatt von Canuti, freylich bedeutend und ein vollkommener Abdruck, haben sie mich für fünftehalb Thaler bezahlen lassen.

Ein Blatt von Isak Major kommt 1 Groschen 6 Pfennig. Wenigstens scheint daraus hervorzugehen, daß historische Sammlung selten sind.

[253] Weigel kündigt schon wieder eine neue Auction an; der Kunstbesitz läuft wie ein Weberschiff herüber und hinüber. Was werden Sie nicht alles in Berlin gewahr werden!

Dabey wollt ich Ihnen den Auftrag geben, wenn Sie wohlfeile Dinge zu meinen Zwecken finden, die auch die Ihrigen sind, so wollte gern 50 bis 100 Thaler Ihnen in die Hände legen.

Überhaupt wird uns noch manches wechselseitig bey dieser Gelegenheit einfallen. Ich will von Stunde zu Stunde schreiben, was mir beygeht; thun Sie das Gleiche.

Und nun leben Sie zum allerschönsten wohl und bereiten sich bestens zu der bedeutenden Fahrt.

treulichst

Jena den 22. September 1820.

G.


33/186.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

letztes Schreiben kommt mir abermals sehr zu Gute; Sie bekämpfen meinen Unglauben: denn der ist es doch, der solche Commentare, auch dergleichen mißmuthige Reime hervorbringt. Ihrem Kreise sey daher der schönste Dank.

Eigentlich sind es auch nur Männer, welche mich zu dem verzweifelten Entschluß bewogen haben, mich[254] selbst zu commentiren. Deutsche Männer und Frauen mögen auf einer Stufe der Cultur stehen, einer sehr hohen. Die Frauen jedoch haben den Vortheil, daß sie nicht nach außen getrieben und von außen nicht gezwängt sind. Es hängt von ihnen ab, wenn sie sich mit ihrem häuslichen Kreise abgefunden haben, ganz durchaus ein eignes Selbst zu seyn. Wenn nun verstehen heißt, dasjenige, was ein anderer ausgesprochen hat, aus sich selbst entwickeln; so sind die Frauen, sobald es Innerlichkeiten gilt, immer in Vortheil.

Und so nehmen Sie es gewiß freundlich auf, wenn ich das eigentliche Bild, welches jenem Gedicht zum Rahmen dient, zugleich übersende.

Eine gute Gelegenheit nicht zu versäumen eile ich.

gehorsamst

Jena am 25. September 1820.

J. W. v. Goethe.


33/187.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Jena, 25. September 1820.]

Ew. Königlichen Hoheit

überreiche den Wunsch Kosegartens, in einer solchen Form, wie er dort präsentabel seyn möchte; ich habe auch wohl dran gedacht, ihn erst in's Französische durch Lavés übersetzen zu lassen, es macht aber in diesem Fall gar große Umstände.

[255] Zugleich lege das Howardische abc. bildlich hie bey, wie es zu meinem Tagebuch und kleinen Aufsatz hinzugefügt wird.

Glücklicherweise will sie alles Unternommene, gegen dem Winter zu, abschließen und ordnen, mir aber bleibt kein Wunsch, als Höchstdieselben vielleicht bald wieder hier in dem noch immer grünen, sehr anmuthigen Thale persönlich zu verehren.

Mancherley Artiges und Erfreuliches hat sich in der Zwischenzeit ergeben.


33/188.


An Johann Heinrich Meyer

Die Lampe ist allerliebst und über alle Gedanken erhöht; möge Ihnen dafür vielfaches Gute werden.

Den Namen der Preisverdienenden auf den Rand einzustechen ist in dem gegebenen Falle ein sehr glücklicher Gedanke; besorgen Sie alles gefälligst.

Mein Auftrag, wegen irgend eines anzuschaffenden Kunstwerks, war ganz an Sie in Ihrem eignen Sinne gerichtet. Das Beste wohlfeil, und gewiß läuft Ihnen etwas der Art in's Garn.

Schubarth ist bey mir, ein sehr merkwürdiger Mensch, von dem wir uns noch mannichfaltig werden zu unterhalten haben, denn es hält auf eine wunderbare Weise fest an dem, was wir auch für recht und gut achten.

[256] Alles Übrige berühr ich nicht, denn selbst das morsche Gebälk hält uns am Ende doch noch aus.

Möge Ihnen auf der Reise und in Berlin alles Gute werden, ich halte mich, obgleich immer nur nothdürftig, im Gleichgewicht.

Bey Ihrem Scheiden dacht ich vor allem an Belvedere, empfehlen Sie mich zum allerbesten.

treulichst

Jena den 25. September 1820.

G.


33/189.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Am 29. August ging die Kiste mit den zwey Formen, von Stadelmann vorsichtig gepackt, durch einen zuverlässigen Fuhrmann nach Leipzig ab; wahrscheinlich ist sie nunmehr in Berlin angelangt, an Herrn Rauch addressirt.

Der Trippelische Gyps von meiner römischen Büste ist, wie mein Sohn vermeldet, auch schon nach Berlin; haben Sie die Surrogate meiner Gegenwart lieb, da ich mich persönlich dort wohl schwerlich Ihrer herrlichen Zustände freuen kann. Am 13. September ging ein Brief ab, auf Schubarth und Olfried und Lisena bezüglich. Es ist gut, daß man immer fortschreibe und nicht Zug für Zug mit Briefen mäkeln wolle.

Eine Reise Meyers nach Berlin habe lange gewünscht und ich werde ihn möglichst anregen; freylich[257] verläßt er nicht gern seine beschränkten ruhigen Zustände, doch ist er gesunder als je und fühlt so gut als wir, daß nicht zu berechnen sey, was in der gegenwärtigen fruchtverheißenden Zeit ihm, Ihnen und uns, in Breite und Tiefe, für Gutes und Heilsames entspringen könne.

Mich wird freuen, was Sie über das Capitel der entoptischen Farben im Einzelnen sagen, den Hauptangel, worum sich's Ganze dreht, haben Sie gleich gefunden, man möchte sagen die Gewalt des Trüben auf's Trübe und die schönste Darstellung des eigentlich Polaren in allen diesen Erscheinungen; es ist ein ewiges Berlicke Berlocke, dessen Behendigkeit Niemand fesseln kann. Man sehe nur, wie sich die Meteorologen mit ihrem + und – E herumquälen, um es tabellarisch in Reih und Glied zu bringen.

Auch die Howardische Wolkenform habe ich behandeln müssen; unser Großherzog hat dergleichen bedeutende Anstalten, und wenn man lernfähig ist, so kann man überall belehrt werden. In Breslau haben sie einen wackern Mann in diesem Fach an Brandes.

Mit Verlangen erwarte ich die angekündigten Sendungen; manche Kupfer hab ich in duplo, welche zu Diensten stehen; von Leipzig aus der Meyerschen Auction.

Diese Kupferstich-Auctionen geben mir, außer der angenehmen Unterhaltung, die man immer bey neuen[258] Acquisitionen erfährt, noch den ganz wunderbaren Blick in die Liebhaberey überhaupt. Nach gewissen Dingen wird im Augenblick gar nicht gefragt, andere wieder überschätzt. So hab ich einen untadelhaften Abdruck von der großen Flucht nach Ägypten von Goudt nach Elsheimer für 8 Groschen erhalten; dagegen eine Originalradirung von Potter, zwar keinen nachgearbeiteten, aber doch blassen Druck mit 6 rh. zu bezahlen gehabt.

In Dresden war aus der Bischof Schneiderischen Auction nichts zu gewinnen, es ward alles übertrieben bezahlt; die Leipziger halten ein gewisses Mittel, wo man wenigstens im Durchschnitt zufrieden seyn kann. Die Frankfurter fand ich sehr leidlich und war ärgerlich, daß ich nicht auf mehreres Aufträge gegeben. Mich verlangt jetzt nur auf die Nürnbergische Preißlerische, wobey ich mich aber auch sehr mäßig verhalten habe, obgleich dieß immer noch die wohlfeilste Weise ist, wie man zu hohen und vielfachen Ansichten der neuen Kunst gelangen kann.

Die zweyzeilige Inschrift in die Theaterfriese (wenn man den Raum nicht gar leer läßt) wollt ich so eben kritisiren, als ich das Blättchen nicht vorfinde, wie es unser trefflicher Schinkel niedergeschrieben; soviel aus der Erinnerung: sie ist historisch, aber nicht sinnig und sagt, was im Grunde ein jeder weiß und was man in tausend Jahren noch wissen wird; dieß darf also explicit nicht ausgesprochen werden, sondern[259] nur angedeutet. Ich setze nur Steine in's Brett, um mich deutlich zu machen, ohne Controvers:

Fridericus Guilielmus III. Restaurat auget ornat 1820.

Das Präsens brauch ich, nach beliebter Poetenweise, die höchstens in's Imperfectum gehen und das Perfectum etc. den Historikern überlassen. Und ist denn nicht, wenn man die Jahrzahl 1820 setzt, das Präsens sogleich ausgesprochen?

Frage also ein Nachkömmling oder Fremder: restaurat? Ist denn dieß kein neues Gebäude? So antwortet ihm der Großvater oder der Lohnbediente: Nein! es war abgebrannt, (das incendium an dem frisch errichteten Gebäude zu wiederholen ist mir ganz zuwider); auget? Es ist vergrößert; ornat? Es ist höchlich verziert; die Jahrzahl sagt, wann es geschah. In 50 Jahren wissen sie, wie lang es her ist.

Verzeihen Sie, es sind dieß nur Bauern, die ich im Brettspiel vorwärts bewege, welchen die Offiziere nachrucken mögen oder auch entgegen; ich lasse mir alles gefallen. Und erlauben Sie, daß ich in dieser Art fortschreibe: ich bilde mir nicht ein Recht zu haben, aber das weiß ich, daß ich auf's Rechte losgehe.

Indem ich dieses im Stillen in Gegenwart Ihres Briefs, als wären Sie selbst gegenwärtig, verhandle, so hat meine gute Schwiegertocher einen gesunden muntern Knaben, nach langen ausgedauerten Leiden, geborgen. Mein Sohn, der seit mehreren Monaten mitgelitten, war höchlich zu bedauern, da ich ihn[260] wenigstens als ein Muster eines treuen und theilnehmenden Ehemannes verehren muß. Ich bin in alles, was erfolgen kann, ergeben, obgleich ihr Verlust einen unübersehbaren Umsturz meiner Zustände hervorbringen müßte. So fahren wir, mit den Unsrigen, auf dieser dünnen Eiskruste auf Stahlschuhen hin und wieder, des Versinkens eines oder des andern täglich gewärtig.

Nun noch zu dem wissenschaftlichen Hefte, wovon Sie den Haupttheil kennen. Sie werden mich treu finden an jeder Sache; wie ich das alles aber jetzt gedruckt sehe, so werd ich , auf dem Stuhle sitzend, wirklich müde, in Betracht des zurückgelegten Wegs und Irrwegs, der doch zuletzt wie eine Art von Weg aussieht.

Herrn Geh. Ober-Baurath Schinkel bin ich höchlich verpflichtet für die Neigung, meine Wünsche zu begünstigen. Dießmal würde, wie er selbst am Schlusse seines Blattes bemerkt, nur das Körbchen mit lebendigem Zierrath in jenem bestimmten Raume Platz finden. Freylich bringt ein solcher Künstler Ernst und Stil in ein Unternehmen, das zuerst nur leichtsinnig concipirt war und nunmehr im Ganzen modificirt werden muß. Wovon fernerhin nähere Nachricht gebe. Keine Inschrift findet sich vorerst und dürfte nur das innere Rund erbeten werden.

[261] So weit war ich gekommen, als Ihr lieber Brief vom 18. einlangt und zugleich Ernst Schubarth sich einstellt.

Sein Äußeres ist anfänglich nicht ganz günstig, besonders in Bezug auf mich, weil ich die Brillen hasse. Lassen Sie sich aber nun gleich seine Jugend- und Bildungsgeschichte erzählen, so wird Ihnen Breslau, das Sie kennen, noch klärer und deutlicher seyn als mir, der ich's nicht kenne. Zu bewundern ist das reine Aufnehmen der Äußerlichkeiten mit Gegengefühl ohne Widerstreit. Alles andere sey Ihnen überlassen; ich sage kein Wort weiter; denn ich bin mit allem, was Sie in Ihrem Briefe sagen, vollkommen übereinstimmend.

Wie es mit Ihren plastischen Zwillingen zuletzt aussehen wird, weiß ich nicht; Gott gebe Ihren diplomatischen Tugenden die freylich in diesem Fache höchst nöthige Langmuth!

Nächstens mehr! Hofrath Meyer hat sich selbst angekündigt und wird diesem Briefe bald folgen. Möge alles zum Besten gerathen!

treulichst

Jena den 25. September 1820.

J. W. v. Goethe.


So eben kommt auch die Rolle mit beider Schreiben vom 21. und 23. Vorläufigen tausendfältigen Dank!

am 26. September.

[262] Nach abermaliger Überlegung geht der junge Mann, der zu bestimmten Tag in Breslau seyn muß, gerade dahin zurück; es ist in manchem Sinne besser. Man behält bey näherem Umgange die gute Meinung von ihm und sie vermehrt sich. Inniger und folgereicher habe ich nicht leicht ein Wesen gesehen.


33/190.


An Johanna Maria Melber

[Concept.]

Ihren lieben Brief, theuerste verehrte Tante, zu erwidern giebt mir einen höchst erfreulichen Augenblick. Ich sehe Ihr gesundes Alter gesegnet mit allerley Gutem, was Ihnen aus den lieben Ihrigen entspringt, und die Dauer Ihres Lebens giebt uns einen Begriff von Dauer des Wünschenswerthesten.

Meine gute Schwiegertochter hat mich mit einem zweyten gesunden, tüchtigen Enkel beschenkt; sie aber hat von ihrer Lebenskraft dabey soviel zugesetzt, daß die Großvaterfreude sehr gemäßigt wird. Sie ist ein gar zu liebes, angenehmes Glied der Familie, als daß man sich ohne sie denken möchte.

Leben Sie tausendmal wohl, grüßen Sie die theuren Ihrigen sämmtlich zu guter Stunde und lassen uns allzusammen auf dem Erdenrund so lange verbleiben, als es der Natur und Gott gefällt, treulich in Liebe.

Jena den 27. September 1820.[263]


33/191.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgeboren

abermals zu begrüßen ergreife eine ganz besondere Gelegenheit. Frau Rentsecretär Eckhardt, Wittwe eines braven herzoglichen Dieners, zieht mit ihrer Tochter nach Ungarn, indem ein dortiger angestellter Mann sich feiner hiesigen Studien und zugleich des hübschen Kindes erinnert, die Tochter zur Frau begehrt hat.

Nun ist's eine eigne Sache, wenn zwey Frauenzimmer in die Welt ziehen, auf eine Weise, die denn doch einem Abenteuer ähnlich sieht, obgleich Herr v. Gödör, Rector und erster Professor an der hohen Schule zu Raab ein ganz zuverlässiger Mann ist, – deshalb solchen Pilgernden denn auch dieß oder jenes zustoßen kann, besonders fürchten sie sich vor dem Eintritt in die Kaiserlich Königlichen Staaten.

Nun wußte ich Mutter und Tochter (die letzte von der ersten Kindheit an beobachtend und immer alles Gute von ihr denkend) nicht besser zu trösten, als wenn ich ihnen gegenwärtigen Brief zusagte. Haben Sie die Gefälligkeit, die Sie auch ohne mein Ersuchen gewährten, diesen Personen Einleitung und Richtung zu geben, welche förderlich seyn kann. Sie verbinden mich besonders dadurch, ob ich gleich sonst schon manches Gute und Angenehme schuldig bin.

[264] Hiebey nun kann ich nicht unterlassen, zweyer Puncte zu gedenken. Zuerst hat es mich sehr gefreut: daß die Altenburger geistlose Darstellung Ihnen das Gefühl gegeben, wie ganz anders im gleichen Falle zu leisten sey. Möge ich, wenn ich Sie im Frühjahr wieder besuche, eine recht vorgeschrittene Arbeit finden.

Dann liegt mir die Möglichkeit sehr am Herzen, daß zur Aufklärung des Kammerbergs einiges geschehe; sagen Sie mir doch ja bald, was zu hoffen ist. In kurzer Zeit send ich meine Wünsche so kurz als möglich ausgesprochen.

Das Beste treulichst wünschend

ergebenst

Jena den 27. September 1820.

J. W. v. Goethe.


33/192.


An Friedrich Lehne

Ew. Wohlgeboren

haben durch eine so neigungsvolle Sendung mich angenehm überrascht. Hier gilt wieder in vollem Maaße: daß Liebe Liebe, Geist Geist erzeuge; möchten doch beide überall zusammen wirken, damit in der schönen sittlichen Welt nichts ohne schöne gesegnete Wirkung verbleibe.

Alles ist vergänglich an der Gabe! Den theuren Maynzer Freunden sey in vielem Sinne Dank![265] Erfindung, Behandlung, Anspielung, Technik und Ausfertigung kann für höchst gelungen gelten. Vielleicht haben Dicht- und Bildkünstler noch nichts so anmuthig zusammen Ansprechendes hervorgebracht; dieses nun unmittelbar auf mich bezogen zu sehen giebt mir die heitersten Gefühle.

Möge ich Ihnen immer gleich empfohlen bleiben und meine gegenwärtigen, letzteren Bemühungen auch so grad und redlich erfunden werden als die ersten. Mein Sinn bleibt unverändert: das Beste sey, Fruchtbares zu beginnen und zu betreiben, damit ein Wahrhaftes lebendig und also auch nützlich werde.

Gedenken Sie alle meiner in guten Stunden und bleiben eines Ihrem schönen reinen Gefühl antwortenden aus der Wurzel immer neu aussprossenden (perennirenden) Dankes gewiß.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Jena den 28. September 1820.

J. W. v. Goethe.


33/193.


An Karl Reisig

[Concept.]

[Jena, etwa 28. September 1820.]

In Hoffnung, Ew. Wohlgeboren baldigst bey mir zu begrüßen, verschiebe nicht länger einen schriftlichen Dank für das höchst erfreuliche Ehrengedächtniß, das Sie mir in so guter Gesellschaft stiften wollen.

[266] Insofern ich Ihrer vielbedeutenden Arbeit näher treten kann, hab ich mich schon mit einigen Hauptpuncten befreundet, wobey ich denn aber mündliche Erläuterung und Bestätigung zum Abschluß wünschen darf.

Dabey hoff ich Gelegenheit auszudrücken, wie ich, obgleich in einiger Ferne, Ihre ernsten Bemühungen und geistreichen Vorschritte in Gedanken gern begleite, mit solcher Aufmerksamkeit, die mir Überzeugung giebt, jedes Glück, das man Ihnen wünschen mag, werde und müsse sich aus Ihrer Thätigkeit entwickeln.

In meinen jetzigen Tagen bleibt mir keine höhere Freude, als junge Männer zu sehen, die nach einem würdigen Ziel streben, wenn ich auch Verzicht thue, den Augenblick zu erleben, wo sie nicht allein den Merkstein umkreisen, sondern auch andern voreilend Siegeskränze gewinnen.


33/194.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß die sechshundert Thaler baar bey mir richtig angekommen, welches hiedurch quittirend bescheinige und Herrn v. Cotta davon benachrichtige, wie auch von der Zahlung an Herrn Weigel.

[267] Dankbar für so baldige geneigte Besorgung empfehle mich Ihrem ferneren Wohlwollen und habe die Ehre, mich mit vorzüglichster Hochachtung zu unterzeichnen.

Jena den 29. September 1820.


33/195.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

Möge Sie, verehrte Freundin, beykommender kleinen Gabe eine solche Stellung geben, daß sie unter den Festgeschenken einen bescheidenen Platz einnimmt, so werden Sie mich höchlich verbinden. Alles Ihren theuren Händen anvertrauend

treulichst

Jena den 30. [29.] September 1820.

Goethe.


33/196.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königl. Hoheit

genehmigen zuerst verpflichteten Dank für günstige Aufnahme und Beförderung kleinerer und größerer Wünsche;

2. sowie für den Trappen, welcher, gestern Abend ganz frisch angelangt, schon heute in Arbeit genommen worden; die Eingeweide sind in Spiritus versenkt,[268] das Knochenwerk schon entfleischt und wir sehen wünschenswerthen Präparaten entgegen.

3. Nehme mir die Freyheit, bey dieser Gelegenheit aufmerksam zu machen auf monstrose Enten, welche, im Sommer ausgebrütet, verrenkt-verwachsene Flügel nach außen strecken, ohne sie einschlagen oder bewegen zu können; ich konnte zu osteologischem Zwecke noch keiner habhaft werden: denn die Hausfrauen haben eine solche Zärtlichkeit zu diesen Ungeheuern, daß sie solche der Wissenschaft nicht opfern wollen.

4. Holzbirnen sind an vielen Orten bestellt, möchte das Versprechen überall erfüllt werden! Bey der hiesigen Cultur sind solche Bäume nach und nach verschwunden und stehen sehr einzeln.

Bey dieser Gelegenheit wurde mir bemerklich gemacht, daß in Troistedt und dem dortigen Revier dergleichen viel sich finden; da denn die Forstleute auf höchsten Befehl sie gar leicht einsammeln lassen.

5. Um nun zu einem ganz andern Gegenstand überzugehen, so wird es Ihro Hoheit nicht unangenehm seyn, zu bemerken, was im Leben manchmal vorkommt, daß ein Gegenstand, wenn er einmal bemerkt und besprochen wird, auch an andern Seiten auftaucht und zur Sprache kommt. Kaum ist das Modell des Stadthauses von Amsterdam wieder unter Dach, so erhalte zufällig beykommendes schöne Exemplar einer sowohl architektonischen als plastischen Darstellung des Ganzen. Da nun im Modell die[269] Gemälde sehr niedlich ausgeführt sind, so haben wir in Jena mehr als die Amsterdamer selbst; weil dort am Orte so manche Veränderungen vorgegangen sind und die alte Grundharmonie nicht mehr anschaulich.

6. Insofern man die englischen Druck- und Bildwerke abweisen kann, soll man es thun; ich werde aber doch einiger Versuchung, nach Ihro Vergünstigung, auch dießmal nicht widerstehen können. Es ist ungeheuer, was sie aus eignem historischen Grund heraufwühlen und aus der Breite der Welt zusammen häufen und das alles durch die herrlichste Technik an Tag bringen und verkäuflich machen.

7. Auf dem neuen Gewächshaus liegen die Fenster schon so klar und glatt in einer Reihe, daß, weil man sich der Sorgen doch nicht erwehren kann, man ein Schlossenwetter befürchtet, das der schönen Anstalt verderblich seyn könnte. Baumann fängt an einzuräumen in das alte Haus, und es läßt sich hoffen, daß noch alles ganz wünschenswerth zusammen treffen werde.

Jena den 29. September 1820.


33/197.


An August von Goethe

Hiebey, mein lieber Sohn, sogleich der bestellte Reimgruß; wenn du ihn humoristisch vorträgt, erregt er gewiß guten Humor. Dagegen vermelde[270] Ottilien, daß ich ihr soviel zu sagen habe, wozu Prosa und Verse nicht hinreichen, daß ich mir also eine andere Sprache ausdenken muß. Einen Flug nach Weimar darf ich nicht wagen, die fünftägige Anwesenheit von Herrn Schubarth, ob sie mir gleich auf mannichfaltige Weise förderlich gewesen, hat mich doch in allem Thun sehr zurückgebracht. Das muß ich nachholen und mich dabey körperlich schonen.

Wenn du es einrichten könntest, nächsten Donnerstag hier zu seyn, so wär es höchst vortheilhaft, denn wie die Sachen stehen, muß ich von der Taufhandlung doch vielleicht wieder zurück hierher, weil alle die betriebenen Arbeiten sich doch vor Ende Monats nicht zum Schluß neigen wollen.

Auf dem Bücherbrette an der Thüre meines Wohnzimmers stecken noch von denen Blättchen, die ich in Erwiderung meiner Geburtstagsfeyer ausgehen ließ; sende mir ein halb Dutzend davon.

Adele werde schönstens wegen Brief und Silhouette gegrüßt, ersterer kritischen, zweyte romantischen Inhalts. Sie erhält nächstens einige Worte dankbaren Sinnes und Geistes.

Hier sey geschlossen, soviel auch noch zu sagen ist; ich wünsche, daß es dir möglich sey, Donnerstag, herüber zu kommen.

Tausend Lebewohl!

treulichst

Jena den 29. September 1820.

G.[271]


33/198.


An Adele Schopenhauer

Schönsten Dank für Ihr liebes Blatt, meine gute Adele! Nun besitz ich schon drey Äußerungen über Olfried und Lisena, zwey männliche und eine frauenzimmerliche, und wie sehr erfreut mich die daraus hervorgehende allgemeine Cultur, da sie in der Hauptsache durchaus gleichlautend sind. Nur daß die Männer den Poeten für einen guten Jungen gelten lassen, Sie ihn aber, mit scheinbarer Unbarmherzigkeit, als Küchenjungen an den Herd versetzen.

Doch läßt sich auch dieses zu seinen Gunsten auslegen, denn indem Sie, als würdige Haustochter, auch wohl einmal am Herd ein Geschäft treiben, so schien es Ihnen nicht unangenehm, einen so zarten hübschen Burschen gelegentlich in der Nähe zu haben, der, nachdem er sich soviel mit dem Wasser beschäftigt, doch auch wohl dem Feuer etwas abgewinnen könnte.

Schönsten Dank zugleich für das liebenswürdige Bildchen. Viele Empfehlungen der guten Mutter und Ottilien die schönsten Grüße. August hat mich durch seinen Besuch sehr aufgerichtet, da ich meine Sorge und Verlegenheit nicht verläugnen will. Das Verlangen, Mutter und Kind zu sehen, muß ich jedoch zurückhalten, die viertägige Anwesenheit Ernst Schubarths hat mich in meinen Geschäften zurückgebracht,[272] obgleich auf eine erfreuliche Weise. Wie gern hätt ich den weimarischen Freunden diesen bedeutenden jungen Mann vorgestellt, auch Adelchen, hoffe ich, sollte ihn besser locirt haben, als jenen Helden.

treulich

Jena den 30. September 1820.

Goethe.


33/199.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

vermelde gegenwärtig mit Vergnügen, daß der untere Saal im Schlosse, nunmehr ganz reinlich hergestellt, sowohl zu manchen Aufstellungen Raum bietet, als auch an den Wänden schöne Plätze, mancherley aufzuhängen. Wollten Sie nun Ihre verdienstliche Behandlung des Cölner Doms, zu Erfreuung und Belehrung des Publicums, wär es auch nur für eine Zeitlang, hierher geben, so würden Sie sich allgemeinen Dank verdienen.

Wollten Sie die Rolle durch ein paar Leute herüberschicken, an Museumsschreiber Färber addressirt, mit Bemerkung, was den Trägern für ihre Bemühung zugestanden worden; so würde solches sogleich hier berichtigen. Vielleicht könnten Sie, das Aufhängen anzuordnen, einen Tag abmüßigen.

[273] Auch vertraue bey dieser Gelegenheit, daß ich Ihro Königliche Hoheit den Erbgroßherzog gebeten, das schöne Tempelchen, welches jetzt sehr übel situirt ist, herüber zu stiften, wozu er nicht abgeneigt war.

Es wäre dieß wirklich ein einziger Fall, wo man die beiden Enden der Baukunst neben einander, in solcher Vollkommenheit, beschauen könnte.

Beides wünschte noch bey meinem Aufenthalt berichtigt. Ersteres überlasse Ihrer geneigten Besorgung, wegen Letzterem habe noch einige Schritte zu thun. Auch werden Sie mir gütig mittheilen, wie etwa das eleusinische Modell aus einander zu nehmen und ohne Schaden zu transportiren sey.

Jeden Tag der nächsten Woche außer dem Donnerstag werden Sie mich bereit finden, Sie freundlich zu empfangen.

Jena den 1. October 1820.


33/200.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Nachdem Ernst Schubarth fünf Tage vom 24. September bis den 28. incl. hier geblieben, ist derselbe in seine Heimath zurückgekehrt. Hierüber nun kürzlich Folgendes.

Da mir seine Ankunft gemeldet war, faßt ich den Vorsatz, ihn eine Zeitlang bey mir zu behalten, um mit ihm durchaus in's Reine zu kommen; welches soviel[274] heißt, als: zu untersuchen, worin man völlig mit einander übereinstimmt, was für Differenzen ausgleichbar seyen, und welche Eigenheiten einer dem andern zugestehn müsse. Allein die Art seiner Reise und die Nothwendigkeit, wegen Familienangelegenheiten bald wieder zu Hause zu seyn, machten diesen Vorsatz rückgängig. Sein Bruder, der einen Feldzug mitgemacht und sich gegenwärtig der Landwirtschaft widmet, hat ihn in einem leichten eigenen Fuhrwerk hergebracht, und so mußte man sie beide bald und zu gleicher Zeit wieder entlassen.

Es ist wirklich eine merkwürdige Erscheinung, soviel Zartheit und Festigkeit vereinigt zu sehen. Erzählt er die Geschichte seiner Bildung, so ist zu bewundern, wie er seine Lehrer alle kennt und, von dem steifsten Pedanten bis zum Ultraliberalen, von einem jeden gelernt, das ihm Gemäße aufzunehmen gewußt. Zugleich schilderte er seine Lage in Breslau; sie ist unbequem und würde es vielleicht gegenwärtig in jeder großen Stadt seyn; aber nöthig ist ihm, unter Menschen zu kommen, denn jetzt hat er kein Gespräch, wenn er nicht von dem spricht, was ihn interessirt.

Was ihm gegenwärtig am allervortheilhaftesten wäre, wie er es auch recht gut begriff, würde eine Anstellung seyn, wo er nach Zwecken, die er selbst kennt und billigt, humanen, ästhetischen, wissenschaftlichen, religiosen, pädagogischen, unter Anleitung und[275] Befehl einsichtiger Männer wirken müßte, damit er sehe, inwiefern unsere guten Vorsätze in's Leben eingreifen, Förderung und Hindernisse finden. Dieses hielt' ich für günstiger als eine Reise, wo er doch nur immer sich selbst suchen und finden würde; vielleicht trifft auch dieses gerade mit der Möglichkeit einer Versorgung zusammen. Sein Äußeres ist zart und gefällig, er drückt sich gut aus. Daß er bey schwachem Gesicht eine Brille trägt, mußte ich ihm erst in Betrachtung seiner übrigen Vorzüge verzeihen, denn ich bin von diesen Glasaugen, hinter denen man die natürlichen aufsuchen muß, ein großer Feind.

Doch dieß war bald und gern beseitigt. Verwundersam erschien die Congruenz dieses jungen Mannes mit sich selbst. Aus einem Mittelpuncte, wo er seine sämmtlichen Menschenkräfte gar einig beysammenhält, geht er aus nach allen Seiten, betrachtet, erfaßt, beurtheilt alles aus seinem Standpunct, den man nicht beschränkt nennen darf, obgleich ein Individuum daselbst verharrt. Mehr darüber zu sagen verbietet mir der Drang des Augenblicks. Nur soviel sag ich, es war mir seltsam genug, vierundzwanzig Jahre gegen zweyundsiebzig antreten zu sehen, ohne daß eine Differenz sich gezeigt hätte, die ich nicht selbst zu seinen Gunsten sogleich hätte auflösen mögen.

Alles würde Ihnen, mein Theuerster, in wenigen[276] Tagen des Umgangs deutlicher werden, als ich mit diesen und andern Abstractionen annähern kann.

Nun aber muß ich zum Schlusse dringend bitten, daß Sie Ihren Blick auf die physiologen Farben neuerlichst wenden; denn Sie sagen ganz richtig: »nun ist es freylich Zeit, die Sache in's Ganze zu überarbeiten und die einzelnen Theile der Lehre in sich so zu ründen, daß sie in ihrem einfachen Grunde fest zusammen schließen.«

Ihre Untersuchungen sind Anfang und Ende des Ganzen, Sie gründen aus, was ich voraussetze, und erfüllen, was ich hoffen lasse.

Die physischen Farben erhalten auch durch das Entoptische eine unglaubliche Vollendung. Es ist, als wenn sich nach diesem Schlußstein das Gewölbe erst recht setzen wollte. Freylich, daß ich gar niemand neben mir habe, der an diesen Sachen eigentlich gründlichen Antheil nimmt, läßt mich öfter zaudern und stocken, als es bey lebendigem Umgange geschehen würde, doch wollen wir den Glauben nicht verlieren, da es an Muth nicht fehlt. Tausend Lebewohl! Auf die übrigen Puncte Ihres werthen Schreibens nächstens das Weitere. Meyer bereitet sich zur Abreise. Mögen unsere allseitigen Zwecke erreicht werden!

Das sehr schöne Wetter freut mich für unsere Reisende; Meyer ist nun auch unterwegs. Im Grunde beneid ich ihm doch das unmittelbare Anschauen von[277] Berlin. Tausend Lebewohl! Herrn Schinkel vorläufigen herzlichen Dank!

treulichst

Jena den 1. October 1820.

G.


33/201.


An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

[Concept.]

Nur der Wunsch, beykommendes verspätete Heft zugleich mit zu übersenden, konnte meine Antwort zurückhalten auf das freundliche von Frau Hofrath Schopenhauer mitgebrachte Schreiben. Diese Zeit her fand sich jedoch ein Umstand, bey welchem ich Ihrer, verehrter Freund, oft genug zu denken hatte: vier werthe Männer von Berlin besuchten mich, und wieviel Gutes und Schönes ward nun durch eine solche Gegenwart, ein solches Zusammenseyn schleunig gefördert! was ist hier nicht alles zurückgeblieben und um wie viel lebhafter ist die Communication mit den Abgeschiedenen! Dieses nun kann ich nicht genießen, ohne zu bedauern, daß Verhältnisse Ihnen nicht vergönnt, uns im laufenden Jahre zu besuchen; das Wünschenswerthe einer solchen Annäherung ist mir lebendiger als je.

Deswegen habe ich auch meinem Freunde Meyer einen Gegenbesuch von Herzen gegönnt, er wird in allem Sinne bereichert zurückkehren. Sie sehen diesen würdigen Mann gewiß auch mit Freuden wieder.

[278] Was für eine Thätigkeit und Leben jene werthen Gäste in meine Einsamkeit gebracht, wie aufgeregt sie mich zurückgelassen, ist nicht zu sagen, freylich kann ich nur mit kleinen Heften diese Masse von Gutem einigermaßen erwidern.

Möge Ihnen in beyliegendem einiges anmuthen, so auch in dem bald folgenden morphologischen; es ist eine wunderliche Aufgabe, das Vergangene zu redigiren und im Gegenwärtigen zu wirken. Das meiste von den naturhistorischen Arbeiten liegt freylich etwas weit hinter mir, und verwundere mich oft selbst über den leidenschaftlichen Antheil an Dingen, die mich jetzo, zwar nicht kalt, aber doch ruhig lassen.

Was mich aber in diesem Geschäft belebt, ist der Antheil jüngerer Männer, welche auf gleichem Weg wandelnd, mich in ihre Gesellschaft wieder von frischem fortziehen.

In eben dem Sinne erwart ich Hamanns Werke mit Verlangen. Die Entwickelung, die mir durch ihn geworden, die Sicherheit, auf dem einmal eingeschlagenen Wege weiter zu gehen, die er uns zu bedenklicher Zeit verliehen, würde mich auf's neue ansprechen und mir schöne Tage vergegenwärtigen.

Mögen Sie von Zeit zu Zeit mir einiges mittheilen, was der inneren und äußeren Regsamkeit nachhilft, so werden Sie mich auf's neue verpflichten.

Der geistreichen Kupferblätter wird in dem nächsten Hefte freundlich gedacht. Sie geben zu neuen[279] Betrachtungen Anlaß, wie das Talent sich in vergangene Zeiten setzen, Gesinnung und Sitte, Neigung und Geschmack seiner Urväter sich aneignen könne.

Gegenwärtiges erlasse am Schluß meines jenaischen Sommeraufenthaltes; er hat mir, wie gewöhnlich, die verschiedensten Arbeiten gefördert, so daß ich auf Ostern meinen Gönnern und Freunden schon wieder einiges vorlegen kann.

Meine Schwiegertochter hat mir einen gesunden starken Enkel gebracht, dabey aber von ihren eigenen Lebenskräften soviel zugesetzt, daß die großväterliche Freude am neuen Leben gar sehr gedämpft wird.

Gar sehr wünsche, bald wieder von Ihnen, verehrter Freund, von den lieben Ihrigen, besonders auch von dem guten Königsberger das Beste zu vernehmen.

Da ich diese merkwürdige Stadt nenne, von daher so viel Bedeutendes über Deutschland ergangen, so kann ich mich nicht enthalten, ein romantisches Gedicht Olfried und Lisena, in Stanzen und zehn Gesängen, von August Hagen bestens zu empfehlen. Der Dichter ist sehr jung, man muß es daher in gewissem Sinne nicht allzu genau mit ihm nehmen. Er vereinigt mit dichterischem Verdienst auch das sittliche, und man freut sich, in seiner Arbeit keinen der Fehler zu finden, die man an unserer Jugend bedauert.

Jena den 2. October 1820.[280]


33/202.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ihre werthe Sendung, mein Theuerster, ist mir keineswegs klein: denn sie sagt mir, daß Sie meiner gedenken, und nicht etwa nur im Augenblick des Schreibens, sondern durchaus in Zuständen, wo unser Wollen und Vollbringen im Conflict ist. Da ich nun auch auf gleiche Weise mich gegen das Leben verhalten muß, in bewegter Ruhe, in ruhiger Bewegung, wenn nicht gar die ganze Weltgeschichte, wie schon ein paarmal geschehen, über uns herpoltert; so nehme ich immer im Stillen reinen Antheil an denen, die mit mir, früher oder später, herankamen, gleiche Gesinnungen gehegt und gleiche Schicksale erlebt haben.

Und so sey Ihnen Dank für das niedliche Stück, das Gelegenheit gab Ihrem Schreiben. So viele Jahre früher wäre es schon aufgeführt, unter gegenwärtigen Umständen habe es den zeitigen Machthabern eingehändigt, welche sich dessen gerne bedienen und auf die Fortsetzung begierig seyn werden.

Aus Beyliegendem nehmen Sie auch freundlich Ihren Antheil.

treulichst verbunden

Jena den 3. October 1820.

Goethe.[281]


33/203.


An August Claus von Preen

Ew. Hochwohlgeboren

sind überzeugt, auch ohne meine Versicherung, daß jedes neue Merkmal Ihres freundlichen Andenkens für mich den höchsten Werth hat. So vieles geht in der Welt vorüber ohne Folge, so viele Blüthen fallen ab ohne Frucht; Zufälligkeiten, eigene und fremde Schuld berauben uns der lebendigen Dauer schöner Verhältnisse, die auf dem Lebenswege angeknüpft wurden. Wenn nun von den frühern Bezügen manches verklungen, was noch bis jetzt gar wohl hätte nachtönen sollen; so ist es mir desto erfreulicher, wenn spätere Verbindungen zu würdigem Zweck, auch nach Vollendung des gemeinsam Unternommenen, immer noch ein freudiges geistiges Zusammenwirken lebendig erhalten.

Mit vielem Vergnügen hör ich Reisende Gutes und Löbliches von dem Rostocker Monumente und von dessen heiterer Umgebung sprechen, welches uns allen erwünscht seyn muß. Denn es ist der Verneinung soviel in der Welt, daß man selbst zuletzt nicht wüßte, was man billigen und schelten solle, wenn uns nicht eine senkrechte Haltung, die denn auch wohl als Perpendikel Maaß und Tact geben mag, das Zutrauen erlaubte, daß wir, zu dieser und jener Zeit, unter gegebenen Bedingungen, folgerecht gehandelt.

[282] Sie verzeihen diese allgemeinsten Betrachtungen einem Einsiedler (denn als einen solchen darf ich mich wohl ansehen), der, in der Nähe von Jena, in einem botanischen neu belebten Garten, nunmehr vier Monate zubringt und, bey einer seinen Jahren und Wünschen gemäßen Thätigkeit, immer mit Freuden der jüngern Freunde gedenkt, die, im rascheren Leben ächten Gesinnungen treu bleibend, für die Gegenwart und Zukunft treulich wirken. Lassen Sie sich gemüthlich empfohlen seyn, was ich aus eben dieser Stille dem Öffentlichen hingebe; meine Freunde sind mir immer gegenwärtig, und da darf ich hoffen, daß jeder etwas, als an ihn gerichtet, in solchen Blättern finden werde.

treulichst verbunden

Jena den 3. October 1820.

J. W. v. Goethe.


33/204.


An Johann Lambert Büchler

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

machen mir ein großes Geschenk durch den ersten Band des Archivs; man übersieht nunmehr Absicht und Einleitung deutlich, so wie denn auch, was im Gefolg einer so schönen und edlen Erregung geschehen. Ein jeder, der dieses Buch zum Grund legt, kann, nach Kräften und Gelegenheit, soviel er vermag, fröhlich mitwirken.

[283] Wie ich inzwischen der junge Mann, den ich zu solchem Geschäft aufgemuntert, verhalten, belieben Sie aus beyliegendem Hefte zu ersehen, welches unmittelbar an das früher gesendete sich anschließt. Vielleicht hätte er sich hie und da etwas kürzer fassen und Wiederholungen vermeiden können, allein ich habe ihm zu Ehren nichts geändert, und wenn er nun die äußern Kennzeichen der vier Manuscripte tadellarisch zusammen stellt, so wird es einen freyen Überblick verleihen.

In der Folge wird er nun gleich mit lithographischer Tinte die Facsimiles fertigen, hiezu habe denn auch, nur leider etwas zu spät, Anstalt treffen können. Denn wir sind nun mit den Manuscripten hiesiger Bibliothek, die sich auf diesen Zweck beziehen könnten, am Ende. Die weimarische Bibliothek ist in ihren Anfängen zu neu, als daß sie dergleichen enthalten könnte; ob in den Archiven etwas befindlich, erfahre bey meiner Zurückkunft. Möge indeß, was bey jenaischer Muße zu leisten war, freundlich aufgenommen werden, von der verehrten Gesellschaft und ihren würdigen Herrn Präsidenten. Möge ich überall bestens empfohlen seyn, so wie auch Ew. Hochwohlgeboren und Herrn Dünge.

Nun aber soll eine meiner ersten Beschäftigungen werden eine lithographische Nachbildung des Taufbeckens. Da es nothwendig ist, das innere Rund, in wirklicher Größe, wie ich solches schon gesendet, nochmals[284] treulich abzubilden; so wird das Blatt vielleicht zusammen geschlagen werden, welches doch immer vortheilhafter ist, als das Gebilde zu verkleinern. Wollen Sie die Gefälligkeit haben, mir anzuzeigen, wieviel Exemplare nöthig sind, so lasse ich sie gleich abdrucken, sobald die Platte fertig ist, welches bey'm Steindruck durchaus als das Vortheilhafteste erscheint.

Jena den 4. October 1820.


33/205.


An Johann Wilhelm Seyfarth

[Concept.]

Auf ihre freundliche kunstreiche Sendung, mein werthester Herr, wäre ich schon früher Ihren Wünschen entgegenkommen, hätte ich nur irgend ein Bildniß und Gleichniß, wie Sie es verlangen, andeuten können.

Nun aber, da die Herrn Tieck und Rauch von Berlin vor kurzem mich, wohlwollend und theilnehmend, besucht, auch meine Büste, wie sie die Jahre geben, treulich und meisterhaft dargestellt, so würde ich wohl rathen, sich an diese Männer zu wenden, um zu Ihrem Zweck am sichersten zu gelangen.

Übrigens erkenne dankbarlich, was von meinen Mitlebenden auf diese Weise für mich geschieht, so wie ich das Talent und die Technik, die Sie, mein Werthester, hiebey verwenden, in jedem Sinne zu schätzen weiß.

Jena den 4. October 1820.[285]


33/206.


An Heinrich Carl Ernst von Köhler

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

darf nicht erst versichern, daß die in Ihrer Gegenwart genossenen Abendstunden uns unvergeßlich geblieben sind, und, wenn ich auch vielleicht die freundlichst zugesagten Schwefel mit einiger Ungeduld erwartete; so war es hauptsächlich, damit mein Dank zugleich mit dieser Versicherung zu Ihnen gelangen könnte.

Ihren wackern, von der Natur wohlgestalteten und, durch väterliche Vorsorge, wohlgebildeten Sohn habe mit Vergnügen bey mir gesehen und mich höchst erfreut, ihn auch unter den gutgesinnten Jünglingen zu finden, die meinen erschienenen Geburtstag durch wohlwollende Begrüßung belebten.

Nun da ich die geneigte Sendung der sehr bedeutenden Hochgüsse vor mir habe, unterhalt ich mich oft im Geiste mit Ihnen: denn man wird über den Kunst- und Zeitwerth solcher vielfachen Schätze mit sich selbst nicht fertig. Nur wer die Originale kennt und darüber, so wie über Kunst als Kunst und als Wissenschaft nachgedacht hat, wüßte durchdringlich zu belehren.

Sehen Sie diese meine Betrachtungen über das Gesendete als einen fortwährenden Dank an, wovon ich wenigstens einen Theil Ihrem lieben Sohne[286] freundlich abzutragen wünschte, wenn nicht Unterschied der Jahre beiderseitigem besten Willen eine gewisse Unbequemlichkeit fühlen ließe.

Zu wohlwollender Theilnahme mich für alle Zeit empfehlend.

Jena den 4. October 1820.


33/207.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

erhalten dankbar für den gestrigen angenehmen Besuch einiges kleine Gebildete, was vor den gestrigen großen Blättern nicht zur Erscheinung kam. Ferner die Anzeige der neuen Augengläser; nicht weniger das Manuscript Morphologie bis zu Ende; das Concept zum Umschlag ist in die Druckerey, nicht weniger der letzte Revisionsbogen. Die Kupferabdrücke werden auch bald anlangen, da sie aber ganz frisch sind, wird man wohl thun, sie für einige Zeit dem Bäcker anzuvertrauen; auch bitte dem Buchbinder zu bemerken, daß die Velinexemplare nicht beschnitten werden.

Mit den besten Wünschen für Ihre nächste Reise und die Zurückbleibenden

ergebenst

Jena den 4. October 1820.

Goethe.[287]


33/208.


An Carl Friedrich von Reinhard

Nur Ein Wort, so theurer als verehrter Freund, damit das Heft nicht zaudere. Möge Sie manches darin ansprechen und erfreuen.

Unsere herzlich-geistige Vereinigung hat mein Sohn, hör ich, durch eine geistlich-kirchliche umfassen wollen. Ich habe eine sehr große Freude darüber; in solchen natürlich-feyerlichen Verhältnissen liegt etwas, wo man sich eine günstige Ahndung erlauben darf.

In kurzem hoffe ich das morphologische Heft zu übersenden. Diese beiden auszufertigen war mein Geschäft seit sechs Monaten. Eh ich in's Winterquartier ziehe, berichtige hier noch manches. Hiebey bemerke, daß die erste Hälfte ganz von mir und die zweyte bis auf weniges, was auch mir angehört, von Meyern ist. Noch hab ich leider keine dritte Stimme gefunden, die ganz mit uns im Einklang wäre, und mag daher diese Hefte lieber langsam, als mit sich selbst im Unklang erscheinen lassen.

Möge Ihnen und den lieben Ihrigen von allen Seiten Freude erwachsen.

treulichst

Jena den 5. October 1820.

Goethe.[288]


33/209.


An Johann Gottfried Jakob Hermann

Nur mit wenigen Worten begleite Gegenwärtiges, aber mit dem lebhaften Wunsche, daß es eine freundliche Aufnahme finden möge. Indessen ist mir ein herrliches Wort aus Ihren Mittheilungen zu Gute gekommen, welches, zwar mit kleinen Lettern, aber mit großer Bedeutung anzuführen mich nicht enthalten konnte. Es ist dieses in dem neusten Heft der Morphologie pp. geschehen; ob am rechten Platz, beurtheilen Sie geneigtest selbst, wenn ich genannte Blätter zu übersenden wage.

Mich zum allerbesten fortdauernden Wohlwollen empfehlend.

gehorsamst

Jena den 5. October 1820.

J. W. v. Goethe.


33/210.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Jena, 6. October 1820.]

Ew. Königlichen Hoheit

vermelde durch die heutigen Boten einiges, welches nicht unangenehm seyn wird. Nun aber in einer gewissen Zahlenreihe.

1. Übersende zuvörderst das Ethnographische Archiv, zehnten Bandes erstes Heft, Minerva den October.

[289] 2. Sodann überreicht Winkler zu Halle ein schönes Exemplar seiner Tafeln, zugleich eine graphische Darstellung der Baro- und Thermometerstände etc., welche in Verwunderung setzen muß.

Höchst interessant ist für uns dabey, wie Posselt unter die schwarze Linie, welche den Barometerstand von Halle andeutet, den Schöndorfer mit rother Farbe untergezeichnet hat; die Übereinstimmung ist auffallend.

Mit den thermometrischen Linien ist ein doppeltes Bezeichnen gleichfalls geschehen, doch diese müssen sich mehr durchschneiden.

Die Chiffresprache, wodurch alle übrige Witterungsveränderungen angedeutet werden sollen, hat freylich der wackere Posselt in einem Blättchen wörtlich zu erklären gesucht, ist mir aber dennoch bis jetzt eine Art Sanskrit geblieben.

3. Dieses Wort läßt mich sogleich an Kosegarten denken. Seine impassiblen, orientalischen Gesichtszüge ließen eine ganz eigene freudige Bewegung sehen, als ich ihn benachrichtigte, sein Gesuch sey, wohl empfohlen, abgegangen.

Die Mühe, welche junge Männer in diesem Fache sich geben, erregt immer auf's neue das Anschauen, wie der Mensch, nach jeder Seite hin, sein Talent in's unendliche, vor- und in's Einzelne dringend, ausbilden kann.

4. Graf Vargas Bedemar dankt auf das allerbeste[290] für die übersendete Medaille; man sieht, daß er sich tief geehrt fühlt.

Von seiner nordischen Reise hat er große Ladungen mitgebracht und verspricht uns reichlichen Theil, so daß das, was er bisher gesendet, davor verschwinden soll. Lenz exultirt über den Plural der Kisten. Ich möchte mich selbst mit dem Manne in ein näheres Verhältniß setzen; denn es ist offenbar, daß hiedurch dem Kabinett Großes zuwachsen kam; ob ich gleich manchmal denke, es sey besser, Lenzen allein gewähren zu lassen, dessen Verfahrungsart gegen die Welt sich doch in so hohem Grade erprobt hat.

Obgleich die erfreuliche, glückliche Jagd, sowohl hohen als niedern, gehörnten und gesiederten Wildes mich höchlich Theil nehmen läßt, wenn sie zu Ew. Hoheit muthiger Leibesbewegung und zu freyer Ausweitung des Geistes die beste Gelegenheit giebt; so muß ich doch gestehen, daß ich meinen langen Abenden und Nächten gar sehr wieder die Erscheinung eines geistig-leuchtenden Gestirns wünschte. Der Mond hat mich dießmal, mit allen seinen Phasen bis zuletzt, gar sehr unterhalten, da er immer noch als der spätere Freund hinter dem Bergrücken hervortritt; Jupitern mit seinen Trabanten begrüß ich nächtlich, mit meinem Fernrohr, die Plejaden glaube ich niemals schöner gesehen zu haben. Ich denke, durch den Cometensucher müßten sie sich ganz unschätzbar zeigen.

[291] So kommt alles auf die Umstände an, die freye Aussicht auf den Morgenhimmel ist zu solchen Nacht-Beschauungen höchst anlockend.

Der neue Generalsuperindent, den ich vorher schon aus seinen Schriften kannte, besuchte mich heute, und ich befreundete mich alsobald mit ihm; an guter Wirkung, die von ihm ausgehen wird, zweifle ich keineswegs; persönlich aber freut mich sehr die Hoffnung, daß ich mit ihm in ein gutes Verhältniß werde treten können. Doch wollen wir das ganz sachte angehen lassen.


33/211.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

Mit wahrer Freude, mein trefflicher und vielgeliebter Freund, ergreife die Gelegenheit, Ihnen wieder einmal zu schreiben und mich nach Ihrem Wohlseyn zu erkundigen. Sowohl Berliner als andere Reisende haben mir versichert, daß Sie wohl und thätig sind, möge ich dieß auch unmittelbar von Ihnen erfahren.

Nun aber wünsche, daß Sie beykommender Arbeit ansehn mögen, wieviel ich die Zeit her an Sie gedacht und wie ich dankbar bemüht gewesen, die herrliche Entdeckung, die wir Ihnen schuldig geworden, auf Elemente zurückzuführen, zu entwickeln und sowohl[292] der übrigen Farbenlehre, als auch sonstigen Erscheinungen der Natur anzuschließen.

Da das Ganze nun einmal capitelweise dasteht, so wird es sich im Einzelnen bearbeiten, einiges ausführen und anderes einschalten lassen.

Den Hauptpunct, die doppelt refrangirenden Körper betreffend, habe nur im Ganzen berührt, Ihrer schönen und ausführlichen Behandlung gar wohl eingedenk.

Mögen Sie mir Ihre Gedanken vielleicht eröffnen und Winke geben, was noch zu thun seyn möchte, damit, wenn ich wieder an die Arbeit gehen sollte, ich, wie sonst, auch dießmal durch Sie glücklich gefördert sey. Vor allem aber wünschte ich zu erfahren, wohin sich gegenwärtig Ihre Thätigkeit gewendet, damit ich auf jenem Wege in Gedanken Ihren Schritten einigermaßen folgen kann.

Möge sich von nun an unser freundliches Verhältniß abermals erneuen! Je länger man lebt, desto mehr fühlt man, wie hoch frühere persönliche Bezüge zu schätzen sind. Vier Berliner Freunde, die mich in dieser Zeit besucht, haben mich in die lebendige, that- und geräuschvolle Königsstadt recht eigentlich versetzt. Freund Meyer, der auch in meinem Namen einen Gegenbesuch abstattet, wird Ihnen gewiß willkommen seyn. Durch ihn wünsche ausführlichst zu vernehmen, daß es Ihnen und den theuren Ihrigen in jedem Sinne wohl gehe. Lassen[293] Sie in Ihrem lieben Kreise mein Andenken auf das beste empfohlen seyn.

Jena den 6. October 1820.


33/212.


An Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Jena den 7. October 1820.

Ew. Wohlgeboren

möge beykommendes Heft zur guten Stunde treffen! und besonders der entoptische Aufsatz einigermaßen genug thun. Sie haben in Nürnberg dem Hervortreten dieser schönen Entdeckung beygewohnt, Gevatterstelle übernommen und auch nachher geistreich anerkannt, was ich gethan, um die Erscheinung auf ihre ersten Elemente zurückzuführen. Beykommender Aufsatz liefert nun, in möglichster Kürze, was ich von Anfang an, besonders aber seit den letzten Jahren bemerkt, versucht, verschiedentlich wiederholt, gedacht und geschlossen; wie ich mich theils in dem Kreise gehalten, theils denselben ausgebreitet, auch Analogien von manchen Seiten herangezogen und alles zuletzt in eine gewisse Ordnung aufgestellt, welche mir die geläufigste war und die anschaulichste schien, wenn man die Erfahrungen selbst vor Augen legen und die Versuche, der Reihe nach, mittheilen wollte.

Möge das alles einigermaßen Ihre Billigung verdienen, da es freylich schwer ist, mit Worten auszudrücken,[294] was dem Auge sollte dargebracht werden. Fahren Sie fort, an meiner Art die Naturgegenstände zu behandeln kräftigen Theil zu nehmen, wie Sie bisher gethan. Es ist hier die Rede nicht von einer durchzusetzenden Meinung, sondern von einer mitzutheilenden Methode, deren sich ein jeder, als eines Werkzeugs, nach seiner Art, bedienen möge.

Mit Freuden hör ich von manchen Orten her, daß Ihre Bemühung, junge Männer nachzubilden, die besten Früchte bringt; es thut freylich Noth, daß in dieser wunderlichen Zeit irgendwo aus einem Mittelpunct eine Lehre sich verbreite, woraus theoretisch und praktisch ein Leben zu fördern sey. Die hohlen Köpfe wird man freylich nicht hindern, sich in vagen Vorstellungen und tönenden Wortschällen zu ergehen; die guten Köpfe jedoch sind auch übel daran, denn, indem sie falsche Methoden gewahren, in die man sie von Jugend auf verstrickte, ziehen sie sich auf sich selbst zurück, werden abstrus oder transcendiren.

Möge sich Ihr Verdienst, mein Theuerster, um Welt und Nachwelt, durch die schönsten Wirkungen immerfort belohnt sehen.

treulichst

Goethe.[295]


33/213.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

und angenehme, erwünschte Gesellschaft eilig vorbey gefahren zu seyn, würde mich sehr in Verlegenheit setzen, wenn ich nicht die erfreuliche Nachricht sogleich auszurichten hätte, daß Serenissimus morgen Abend herüber kommen werden und das Vergnügen hoffen, Herrn Hofrath Blumenbach, Ihren Herrn Vater und Sie selbst, Abends um 8 Uhr im Schlosse bey Tafel zu sehen. Ich melde dieses sogleich, damit Sie die Gefälligkeit haben, alles vorläufig einzuleiten. Mich wird es höchlichst freuen, unsern würdigen ersehnten Freund morgen in Zeiten zu begrüßen.

Mich allerseits bestens empfehlend.

Jena den 7. October 1820.


33/214.


An Anton von Ziegesar

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht sogleich mitzutheilen: daß Serenissimus morgen Abend hier ankommen werden und Hochdieselben um 8 Uhr im Schlosse, zur Abendtafel, zu sehen wünschen. Herr Hofrath Blumenbach und Verwandte sind gleichfalls eingeladen.

Mich angelegentlichst empfehlend.

Jena den 7. October 1820.[296]


33/215.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Auf Ew. Königlichen Hoheit gnädigste Anfrage nach Birnkernen ist sogleich manches geschehen. Heydenreich hat eine Aufforderung im Wochenblatt ergehen lassen, ich weiß nicht, mit welchem Erfolg. Meiner Emissarien Bemühung jedoch, auf dem angedeuteten Wege Holzbirnkerne zu erhalten, hat nicht glücken wollen.

Alle Keltern sind, bey dem großen Überflusse von Äpfeln, beschäftigt, diesen edlen Saft zu gewinnen; die Haupt-Birnernte war nicht reichlich, und was die Holzbirnen betrifft, so consumiren sie die Bauersleute selbst auf allerley Weise.

Damit jedoch die jenaische Pomona nicht ganz beschämt vor Höchstdenenselben erscheinen dürfe, so hat sie mir den Auftrag ertheilt, mehrere Säcke solcher Birnen nach Weimar zu senden, um doch einigermaßen bereitwillige Thätigkeit zu bezeugen.

Wenn Ew. Königliche Hoheit Gegenwärtiges erhalten, so findet sich ein solcher Fruchthaufen aufgeschüttet in meinem Gartenhause an der Ackerwand, wo sie nach Ew. Hoheit Disposition sogleich abgegeben werden können. Wie die Kerne daraus zu gewinnen und wie ferner damit zu verfahren sey, werden die Gartenverständigen gar wohl ermessen, und schon eine ziemliche Strecke Zaun damit anpflanzen können.

[297] Mein eifrigster Wunsch ist nunmehr, daß Ew. Königliche Hoheit in vergnügten Stunden an diesem schon erwachsenen Zaune einhergehen, die dahinter liegenden eingehegten Räume wohlgeschützt finden und meiner dabey in Gnaden gedenken mögen.

Jena den 8. October 1820.


33/216.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

hätte den Mitgenuß von unseres Blumenbachs Gegenwart von Herzen gewünscht; Serenissimus haben ihn durch Ihro Herüberkunft, durch höchst erfreuliche Abend- und Mittagstafel, eigenes Herumführen in den neusten Anstalten höchlich geehrt und erfreut. Mir blieb heute nur noch die Veterinärschule und die Bibliothek. Er hat gar vieles mitgetheilt und angeregt, auch manches freundlich aufgenommen und empfangen. Daß Herr Geh. Staatsrath Schweitzer an diesen guten Stunden Theil nahm, freut mich gar sehr. Unsere Herren Professoren haben sich auch in vortheilhaftem Lichte gezeigt.

Haben Sie fernerhin die Güte, mich mit den geschriebenen Nachrichten bekannt zu machen; selbst spät gelesen lassen sie immer mehr in das Innere blicken als die Zeitungen. Mich hier loszulösen ist jetzt das Geschäft. Bey einem Aufenthalt von vier[298] bis fünf Monaten knüpft man immer mehr Thätigkeitsfaden an als man denkt.

Möge Ihnen und den werthen Ihrigen alles Gute gegönnt seyn.

gehorsamst

Jena den 10. October 1820.

Goethe.


33/217.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

für den gestrigen allerschönsten Tag lebhaftesten Dank abstattend, vermelde nur, daß unser fröhlicher Naturforscher, gleichfalls ganz entzückt, auf das allerangelegentlichste dankt und sich empfiehlt.

Glücklicherweise hatte sich Renner von auswärtigen Beschäftigungen wieder eingestellt; er hat, wie vorauszusehen war, Blumenbach außerordentlich gefallen; die Anstalt selbst, die er nach Verhältniß der Zeit und des Aufwands gleichmäßig zu loben fand, betrachtete er mit viel Aufmerksamkeit und durchblickender Einsicht.

Auf der Bibliothek that sich sein Gedächtniß glanzreich hervor, denn er mußte alle Veränderungen anzugeben; vom ersten Eintritt an bemerkte er gleich die verminderten Stufen, so wie er auch den Drachen vermißte, dem wir eine geheimnisvolle Höhle angewiesen haben. Er besah sich alles, gab manche[299] Büttnerische Anekdote zum besten, nannte die Autoren anonymer Bücher und war zugleich erfreut und erfreulich. Morgen reist er ab und verspricht wieder zu kommen; er hat gar manches mitgetheilt und angeregt. Ich hab ihm einiges versprochen, was seiner Sammlungslust Freude machen konnte.

Möge ich mit diesem Wenigen bestens empfohlen seyn, so wie die auf dem nächsten Blatt angekündigte etwas wunderliche Pomonische Gabe.

Mich zu Gnaden empfehlend.

Jena den 10. October 1820.


33/218.


An August von Goethe

[Concept.]

[Jena, 10. October 1820.]

Zuvörderst danke zum allerschönsten, mein lieber Sohn, für deinen freundlichen Besuch; er hat mir gute Gedanken erregt und hinterlassen, so wie das erneute Gefühl: daß der Mensch allein sey, ist nicht gut.

Ich freue mich zunächst, euch wieder zu sehen, und sodann, wenn ich mich hier ganz losgelöst, bey euch den Winter auszudauern.

Blumenbaches Gegenwart, durch des Großherzogs Herüberkunft, ein löbliches Abend- und Mittagessen verherrlicht, hat sich glücklich abgeschlossen; er verspricht wieder zu kommen, war wohlthätig und hat sich wohl gefühlt.

[300] Die Acten wegen der Industrie-Ausstellung, welche immer unerfreulicher werden, je länger man sie ansieht, sende nächstens; ich dictirte heute früh mein Gutachten, es ist aber nicht gerathen, ich war zu ehrlich, so daß man es für unhöflich nehmen könnte. Beides läßt sich mit einiger Aufmerksamkeit vermeiden.

Grüße Ottilien zum schönsten, ich freue mich auf Bekanntes und Unbekanntes; vermelde mir ja, was für ein Lied aus dem letzten Hefte sie sich zugeeignet hat, denn dieß ist alten und jungen Poeten von höchster Bedeutung.


33/219.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

nehme mir die Freyheit abermals einen unterthänigsten Bericht mit Bitte um besiegelte Beförderung hiedurch vorzulegen, mit dem Wunsch, daß auch Sie den Inhalt begünstigen mögen.

Das gnädigste Rescript vom 22. September gelangte zu mir am 5. October. Der erste Punct berührte mich nicht, da aus den landschaftlichen Cassen nichts in die mir untergebenen fließt; bey dem zweyten aber konnt ich mich der Versuchung nicht enthalten, auch etwas vorzuschlagen und zu erbitten. Ich wünsche, daß man der Gegenstand geeignet und die Motive hinreichend finden möge.

[301] Wie ich denn auch diese Sache Ihrer geneigten Mitwirkung empfehle. In Hoffnung persönlicher baldiger Begrüßung

gehorsamst

Jena den 11. October 1820.

Goethe.


33/220.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen beykommende Voraussendung mit der Bitte: etwa Montag früh eine persönliche Aufwartung zu erlauben.

1. Die Tafeln, um Barometerstände zu reduciren, möchten wohl großherzoglicher Bibliothek zu Weimar einzuverleiben seyn, die hiesige Sternwarte haben Höchstdieselben mit einem Exemplar ausgestattet.

2. Die Branischen Miscellen lege gleichfalls bey. Dieser regelmäßig thätige Mann benutzt die ihm gegönnte Unterstützung nach mehreren Seiten hin.

3. Die Angelegenheit des Starkischen Kabinetts wünschte daß Höchstdieselben begünstigten. Wandert es aus, so ist desgleichen nicht wieder zu erlangen. Die Ankaufssumme ist in einigen Jahren auf alle Fälle verschmerzt; ich läugne nicht, daß die Gegenwart Blumenbachs mir nur noch eine größere Leidenschaft für unsere Anstalten aufgeregt hat.

Möge alles zu Ew. Hoheit Freude gereichen.

[302] Nach den sonntäglichen kirchlichen Feyerlichkeiten in Weimar, wünsche Montags Höchstdenenselben und Frau Gemahlin aufzuwarten, sodann nach kurzem Verweilen hierher zurückzukehren. Ich habe alles möglichst angeordnet und mich dergestalt losgelöst, daß ich zu Ende des Monats in die erfreulichen Winterquartiere nach Weimar zurückkehren kann.

Der Abgrund des neuen Lohbeetes ist schon ausgefüllt und Baumann freut sich unendlich, daß er berechtigt ist, Belvedere von Zeit zu Zeit zu decimiren.

Auch in und bey mir belebt sich die Pflanzenwelt auf eine ganz eigne Weise; künftiges Frühjahr werd ich mich mit ihr auf's neue hoffentlich befreunden. Mit lebendigen Wesen muß man nur immer umgehn, um sie zu lieben.

Jena den 13. October 1820.


33/221.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Ew. Kayserl. Hoheit

verehrte Schriftzüge an mich gerichtet zu sehen macht mir jederzeit das grösste Vergnügen. Aufrichtigsten Dank für das gnädige Blatt! Möge die Gegenwart einer so geprüften Freundinn Höchstdenselben auch in Abwesenheit wircksam bleiben, so wie der Schreibenden gewiß zum schönsten Glück gereicht Ew. Hoheit in der Mitte der Ihrigen so vollkommen gesegnet zu wissen.

[303] Erlauben Höchstdieselben in diesen Tagen persönlich zu wiederhohlen, wie anhänglich-treuverpflichtet ich mich nennen dürfe.

Ew. Kayserl. Hoheit

unterthänigsten

Jena d. 13. Octbr. 1820.

J. W. v. Goethe.


33/222.


An Elisa Benckher

[Concept.]

Da, über Hoffen und Erwarten, mir das Glück gegönnt war, auf Geist und Gemüth meiner theuern Landsleute viele Jahre lang zu wirken und das Zeugniß dessen auch noch in späten Tagen zu erfahren, so will ich nicht läugnen, daß ich auch oft den Wunsch gehegt, wenigstens einigermaßen die körperlichen Leiden meiner Freunde zu mildern und ihren heimlichen Bedürfnissen nachzuhelfen.

Da aber nicht Allen alles gegeben ist, so begnüge mich gern, einiges Verlangen, insofern es in meiner Gewalt steht, zu befriedigen.

Und so erhalten auch Sie, meine Gute, das gewünschte Bildniß, das beste, das mir zur Hand ist. Mögen Sie und die lieben Ihrigen durch die sonderbaren und oft peinlichen Zustände des Lebens, in die wir uns alle finden müssen, geleitet von Glaube, Liebe und Hoffnung glücklich durchgeführt werden.

Jena den 14. October 1820.[304]


33/223.


An Friedrich Mosengeil

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey das so eben aus England angekommene, wie mich dünkt, wohl gerathene Porträt Ihres theuern Fürsten: fünf Exemplare auf größer Papier, zwar mit Inschrift, doch auf gilblichem Grund vor der Dedication an: Der Herzogin von Clarence, Hoheit; sodann zwölf andere, ebenfalls gute Abdrücke. Sobald das andere Blatt ankommt, sende, nach Befehl, fünf Exemplare der ersten und zwölf der zweyten Sorte. Wünsche höchste und hohe Zufriedenheit und mich auf das allerangelegentlichste empfohlen zu wissen.

Weimar den 17. October 1820.


33/224.


An Friedrich Wilhelm von Bielke

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

nehme mir die Freyheit um eine kleine Gefälligkeit zu ersuchen.

Der Jonische Tempel, der sich noch von den Charaden herschreibt, steht in Belvedere in einem ungünstigen Local. Nun haben wir in Jena den großen Raum, wo sonsten die Schloßbibliothek gestanden, reinlich eingerichtet und das Amsterdamer Rathhaus darin wieder in bester Form aufgebaut;[305] nun verdiente jenes obgenannte architektonische Kunstwerk auch hier gar wohl einen schicklichen und sichern Platz zu finden. Ihro Königliche Hoheit der Herr Erbgroßherzog waren einem gethanen Vorschlag nicht abgeneigt, und nun wollte Ew. Hochwohlgeboren hiedurch höflichst ersucht haben, wenn es mit Beystimmung unserer jungen Herrschaften geschehen kann, die Anordnung zu treffen, daß der Schloßvogt autorisirt werde, gedachten Tempel an Herrn Ober-Bau-Director Coudray verabfolgen zu lassen, welcher alsdann Sorge tragen wird, daß die Theile aus einander genommen und, sorgfältig auf einen Wagen gepackt, nach Jena transportirt würden. Die dortige Aufstellung würde auf alle Fälle angenehm und nützlich seyn.

Weimar den 17. October 1820.


33/225.


An Johann Friedrich Carl Albertvon Linker und Lützenwick

[Concept.]

Bey der Anlage des neuen botanischen Hauses in Jena wünscht man drey starke Eichenäste von alten Bäumen, um die Schmarotzerpflanzen daran zu ziehen. Könnte Unterzeichneter eine Anweisung erhalten, daß der Gärtner Baumann solche von dem Jäger, dem Bedürfniß gemäß, abgeliefert erhielt', so würde dadurch der Anstalt ein großer Gefalle und Serenissimo[306] gewiß auch etwas Angenehmes geschehen, nicht weniger dankbarlichst anerkannt werden von

Ew. Hochwohlgeboren

Weimar den 17. October 1820.


33/226.


An den Großherzog Carl August

[Jena] 17. October 1820.

Ew. Königlichen Hoheit

lege ein von dem Hofrath Stark so eben erhaltenes Blatt submissest vor, in einer Angelegenheit, welche lange geruht hat, sich aber gegenwärtig der Entscheidung nähert. Die Starkische Witwe nämlich findet Gelegenheit, das hinterlassene anatomische Kabinett ihres verdienten Gatten auswärts zu verkaufen und hielt es für Pflicht, solches Unterzeichnetem bekannt zu machen, wie ich denn auch für die Schuldigkeit erachte, Höchstdieselben davon zu benachrichtigen.

Der bedeutende Gehalt dieser Sammlung an pathologischen Präparaten ist längst anerkannt, man hat sie diesseits früher untersucht und ist mit der Besitzerin in Unterhandlungen getreten; man ward jedoch nicht einig, und ob ich gleich gewünscht habe, auch diese Merkwürdigkeiten großherzoglichem Kabinette einzuverleiben, so fand ich denn doch immerfort so manches zu bestreiten, daß man hieran bisher nicht weiter denken konnte.

[307] Ew. Königliche Hoheit haben vor kurzem selbst mit Blumenbach auch das Museum menschlicher Anatomie besehen und Sich gewiß überzeugt, daß es gleichfalls verdiene, begünstigt zu werden.

Schon jetzt ist bemerkenswerth, wie die durch Loders Abgang völlig ausgeleerten Räume sich nach und nach wieder gefüllt haben und wie wohl alles darinnen erhalten ist. Auch dieser Anstalt wird es zu Ruhm und Ehre gereichen, wenn das Starkische Kabinett damit verbunden würde. Was das Local betrifft, so ließe sich solches sogleich erweitern, wenn man die anstoßenden Räume dazu bestimmte.

Die Bibliothek und der botanische Garten verdanken Ew. Königlichen Hoheit eine neue Belebung; dem anatomischen Museum wäre das Ähnliche zu wünschen, besonders jetzt, wo der Prosector Doctor Schröter, ordnungsliebend, thätig und folgsam, von seiner Seite auf's kräftige mitwirken würde.

Nach dem gegenwärtigen Zustande des Starkischen Kabinetts habe mich vorläufig erkundigt. Daß die pathologischen Knochen wohl gehalten seyen, liegt in ihrer Natur; die in Weingeist aufbewahrten Präparate sind bisher sorgfältig behandelt worden, an den getrockneten, gefirnißten möchte eher etwas zu erinnern seyn.

Der gegenwärtige Augenblick, wo die Zahl der Studirenden sich wahrscheinlich abermals vermindert, fordert vielleicht am lebhaftesten auf, für die Anstalt[308] etwas Auffallendes zu thun, um zu zeigen, daß man den Muth nicht verliere und, im Glauben an eine Folgezeit, immer verharre, dasjenige zu fördern, worüber man gebieten kann.

Auch darf ich wohl zum Beweggrund einer günstigen Entscheidung hinlegen, daß der Sammler dieses Kabinetts, so wie mehrere Familienglieder, sich um das fürstliche Haus wohl verdient gemacht, wofür allen der schöne Lohn würde, daß man das Andenken des Stifters lebendig und zugleich die bisherige Benutzung durch seine Nachkommen ununterbrochen fortgesetzt erhielte. Dieses gilt namentlich vom Hofrath Stark, der seine pathologischen Vorlesungen beständig auf diese Sammlung gegründet und nur mit Wehmuth sich künftig solcher belehrenden Beyspiele beraubt sehen würde.

Endlich würde ein Kabinett wie dieses sich wohl niemals wieder hier zusammenfinden. Geheime Hofrath Stark war zu seiner Zeit in einem weiten Umkreise einziger Accoucheur, so wie er als Arzt einziges Vertrauen genoß. Auf die Vermehrung seines Kabinetts war er höchst aufmerksam.

Goethe.


33/227.


An Johann Friedrich Blumenbach

Ew. Hochwohlgeboren

darf nicht versichern, daß die wenigen Tage Ihrer freundlichen Gegenwart uns in der Erinnerung wahre[309] Festtage sind. Auch unser gnädigster Herr dachte gestern mit Vergnügen daran, als ich, bey einem kurzen Aufenthalt in Weimar, demselben aufwartete.

Ich benutze diese Gelegenheit, um sogleich einige Abdrücke der verlangten Platten zu übersenden; mögen Sie bey'm Anblick derselben sich der guten Stunden erinnern, da ich solche in dem jenaischen Museum vorzuweisen das Glück hatte, und uns allen ein freundliches theilnehmendes Andenken erhalten.

gehorsamst

Weimar den 18. October 1820.

J. W. v. Goethe.


33/228.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

für die zurückgehenden Papiere zum schönsten dankend nehme abermals Abschied, jedoch nur auf kurze Zeit, zugleich vermeldend, daß ein gothaisches gnädigstes Rescript bey mir angekommen, völlig übereinstimmend mit den gethanen Vorschlägen. Sobald mir von hiesiger Seite ein gleiches erfolgt, werde auch dieses Geschäft ungesäumt zur Ordnung bringen.

Mich bestens zu fernerem Andenken und Antheil empfehlend

gehorsamst

Weimar den 19. October 1820.

Goethe.[310]


33/229.


An Kaspar von Sternberg

Hochgeborner Graf

Hochverehrter Herr!

Ew. Hochgeboren hätte meiner Meinung gemäß schon längst persönlich begrüßen sollen, wenn körperliche Beschwerden mich nicht immer Hülfe suchend an der Gränze von Böhmen zurückhielten. Gegenwärtiges erlasse zutraulichst, da mir von mehreren Seiten versichert worden, Hochdieselben würden den Wünschen eines eifrigen Geologen freundlichst entgegen kommen.

Wir waren immer schon den lebhaftesten Antheil genommen an Ihren Bemühungen um die Documente einer vegetabilischen Vorwelt; neuerlichst aber kam besonders zur Sprache die merkwürdige Entdeckung einer noch mehr als bisher auffallenden Erscheinung zwischen Czerchowitz und Rodnitz.

Hievon Exemplare zu besitzen war mein unmittelbarer Wunsch, ja ich würde in jüngeren Jahren von Marienbad aus ohne Zaudern den Weg dorthin unternommen haben, um mich von einem solchen Vorkommen an Ort und Stelle zu versichern.

Da ich aber dieß nicht wagen durfte, so blieb mir die Hoffnung, Ew. Hochgeboren würden mich durch Musterstücke möglichst entschädigen.

Diese Geneigtheit ist mir früher durch Herrn Director v. Schreibers versichert, gegenwärtig aber[311] durch Herrn Geh. Staatsrath Schweitzer, welcher das Glück hatte, Hochdieselben in Carlsbad zu begrüßen, abermals erneuert worden, und ich wiederhole daher meine bescheidentliche Bitte, mir von dem erstgedachten Funde, oder was sonst noch in dieser Art gefällig seyn möchte, in jeder beliebigen Form und Größe, insofern sie instructiv seyn kann, zukommen zu lassen; die fahrende Post bringt jede Sendung ohne Beschwerde zu mir.

Polizeyrath Grüner in Eger hat mir Hoffnung gemacht, daß für Erforschung der Kammerbergs durch Ew. Hochgebornen Vermittlung ein Bedeutendes geschehen könnte. Dem thätigen Manne hab ich meine Wünsche und Ansichten anvertraut. Im nächsten Frühjahr, wenn mir gefristet ist an jene werthen Plätze zurückzukehren, wird es mir höchst erfreulich seyn zu vernehmen, was deshalb beschlossen worden. Am wünschenswerthesten wäre mir, Ew. Hochgebornen auf meinen Wegen zu begegnen.

Könnte aus unserer Gegend irgend etwas Gefälliges übersenden, so würde ich mich glücklich schätzen.

Ew. Excellenz

ganz gehorsamster

Diener

Jena den 20. October 1820.

J. W. v. Goethe.[312]


33/230.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende, was so eben von Bremen erhalten, vielleicht wäre der Wunsch Ihrer Theilnahme Ihren eigenen Zwecken nicht ganz zu wider. Haben Sie die Gefälligkeit, die Sache durchzusehen und durchzudenken, und mir in diesen Tagen Ihre Gedanken zu eröffnen. Das Beste wünschend.

Jena den 20. October 1820.


33/231.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

bey der Zurückkunft freundlichst begrüßend, sende hiebey ein Stück carrarischen Marmor, mit der Bitte, solchen auf Kieselerde zu untersuchen; ingleichen folgt in der Bibliothéque universelle der Aufsatz von Örstedt über den Einfluß der geschlossenen Voltaischen Säule auf die Magnetnadel, mit dem Wunsch, Sie möchten überlegen, ob mit unserm Apparat der Versuch wiederholt werden könnte, oder was etwa nöthig wäre, um solches zu leisten. Seebeck in Berlin hat das Phänomen schon dargestellt. Mich bestens empfehlend

ergebenst

Jena den 20. October 1820.

Goethe.[313]


33/232.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

sende noch gegenwärtige freundliche Begrüßung vor meinem Abgange von Jena, wo ich ein halbes Jahr, nicht ohne mannichfaltige Thätigkeit, zugebracht. Zwey Hefte sind abgeschlossen und von Kunst und Alterthum ein neues angefangen, welches diesem Winter gemächlich fortgesetzt werden kann; wie denn auch ein morphologisches gleichen Schritt halten wird. Aber noch ein bedeutendes Unternehmen können wir, wenn es gefällt, ausführen.

Der erste Theil von Wilhelm Meisters Wanderjahren könnte abgedruckt werden; die früher dazu bestimmten Geschichten sind eingeflochten, die unvollendeten zugerundet, Neues hinzugefügt, und so möchte ein ganz lesbares Büchlein entstehen. Das Honorar würde mir in dem Verhältniß unserer bisherigen Bändchen erbitten, wie ich denn auch denselben Format wie Wahrheit und Dichtung lieben würde.

So wie Sie Herrn Frommann die nöthige Anweisung geben, so könnte der Druck gleich angefangen und hoffentlich ohne Unterbrechung fortgesetzt werden.

Herr Geh. Rath Wolf, der so eben bey mir durchreist, erzählt mir so viel Liebes und Gutes von Stuttgart, daß ich mich doppelt und dreyfach betrübe, nicht auch an den mehrfachen Vorzügen des dortigen[314] Aufenthalts theilnehmen zu können. Möge Ihnen und den theuern Ihrigen das Beste gegönnt seyn.

gehorsamst

Jena den 23. October 1820.

J. W. v. Goethe.


Noch eine Bitte füge hinzu, um etwa ein halb Dutzend Exemplare Divan auf Schreibpapier und von den ersten drey Heften Rhein und Mayn so viel beliebig seyn möchte.

Was ich von Leipzig erhoben, wird man von dort her gemeldet haben. Einige kleine Auslagen berechne zu seiner Zeit.


33/233.


An August von Goethe

[Concept.]

[Jena, 24. October 1820.]

Geheime Rath Wolf ist von dem besten Humor und bleibt vielleicht Mittwoch noch hier. Ihn des Abends zu bewirthen, wäre mir freylich etwas Kaltes höchst angenehm gewesen. Stadelmann mußte sich gar wunderlich durchdrücken und durchbetteln.

Für Hofrath Schopenhauer lege ein Blatt Bryophyllum bey; es darf aber nicht aufgemacht werden, bis es an den Ort seiner Bestimmung kommt. Wie ich es gepackt habe, wollte ich wetten, daß er erfreulich wachsen wird.[315]


Inschrift.

Bryophyllum calycinum.


Ein schon keimendes Blatt, welches an Ort und Stelle sogleich flach auf eine nicht allzufeuchte Erde zu legen ist. Man kann den Gewächstopf mit einer leichten Pappe zudecken, oder ihn auf sonst eine Weise im Dunkeln und Kühlen halten, bis die Pflänzchen aus den Einkerbungen hervortreten und Wurzel fassen; alsdenn lieben sie Licht und Sonne und einige Feuchtigkeit, die ihnen am besten von unten herauf mitgetheilt wird.


Alles andere geht seinen Gang. Die Kisten gelangen sämmtlich zu euch. Kräuter packt die Bücher aus. Die Kupfer- und Steinkiste bleibt zu.

Ich glaube mich nicht zu verrechnen, daß ich in den ersten Tagen des nächsten Monats bey euch seyn kann. Es fügt sich alles nach und nach.

Das neue Gewächshaus ist so nett, daß es mir wider Willen Freude macht. Die Bibliotheks-Arbeiten bequemen sich auch in's Winterquartier.

Drey Bogen Kunst und Alterthum werden fertig, ehe ich weggehe; alles andere ist so vorbereitet, daß es auf dem Sprunge steht. Zu thun giebt es übrigens bis Ostern genug, so daß ich mich vor dem Winter und dem Koppenfelsischen Giebel nicht scheue.

Adele ist besonders zu grüßen. Um die Freude, sich gedruckt zu seyn, die ich ihr vorbereitete, hat sie[316] sich durch ein liebloses Gleichniß gebracht. Ihr Gefühl ist übrigens ganz richtig, nur was die Billigkeit betrifft, die, merke ich, muß man bey unsern schönen Kindern nicht suchen.


33/234.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht sogleich anzuzeigen, daß die Rolle mit dem Bildniß des Herzogs von Meiningen Durchlaucht glücklich angekommen, und die von demselben bestellten Exemplare auch schon wieder abgegangen sind. Ich hoffe, sie werden dort wie hier zu allgemeiner Zufriedenheit gereichen.

Denken Sie Miß Dawe für den Probedruck meines Bildnisses; man hält es für das beste, was von mir existirt, nur wollen Freunde behaupten, daß ich nicht immer so gutmüthig aussähe. Von den neu angezeigten Büchern wünschen Ihro Hoheit folgende:

A Geographical, Statistical, and historical Description of Hindostan and the adjacent Countries. By Walter Hamilton Esq. 2 Bände 4. London, Murray 1820.

Journals of two Expeditions into the Interior of new South Wales; undertaken by order of the British Government, in the years 1817-18. By John Oxley, Surveyor-General of the Territory, and[317] Lieutenant in the Royal Navy. London, Murray, 1820. 4. Preis 2 Pfund 10 Schilling.

Die Acten der Bombay Society, 2 Bände.

Ich setze voraus, daß nicht etwa diese Bücher schon früher bestellt worden sind.

Jena den 21. October 1820.


Als ich eben im Begriff bin zu siegeln, habe ich das Glück, einen würdigen alten Freund, Herrn Geh. Rath Wolf aus Berlin, bey mir zu begrüßen. Derselbe erinnerte sich gern früherer angenehmer Verhältnisse mit Ew. Wohlgeboren und entschloß sich eilig, Beykommendes zu schreiben, wovon er mir den Inhalt vertraute. Es wäre gewiß höchst erfreulich, wenn dieser außerordentliche Mann durch Ihre Vermittlung in den Fall gesetzt würde, mehr als bisher geschehen, von seinen Arbeiten öffentlich mitzutheilen. Sie kennen gewiß diejenigen Personen, welche hiezu am kräftigsten mitwirken könnten, und Sie würden sich nach so manchen Verdiensten um die Litteratur noch einen neuen um diesen Haupt- und Grundstamm der Gelehrsamkeit abermals erwerben.


33/235.


An Carl Jacob Ludwig Iken

Ew. Wohlgeboren

Sendung ist glücklich bey mir angelangt; sowohl ich als Herr Professor Kosegarten danken dafür zum[318] schönsten; dieser ist geneigt die gewünschte Arbeit zu übernehmen, doch müßte man näher ansehn, was zu thun sey und gethan werden könne. Wollen Sie daher Original und Übersetzung zu seiner Zeit mit der fahrenden Post unfrankirt nach Weimar senden, so würden wir zusammen Rath pflegen und das Weitere vermelden.

Herrn Menken, Vater und Sohn, bitte mich schönstens zu empfehlen, die verbesserten Zeichnungen zum Casti und einige ausgeführte Bleistift-Zeichnungen zum Reinecke Fuchs sind schon längst glücklich angekommen und in meiner Sammlung dankbar niedergelegt. Wenn ich aber meinen ausgesprochenen Dank erst erinnert abstatte, so sey es verziehen, da gar mancherley bey mir aus- und eingeht, und darüber auch wohl mannichmal eine Schuldigkeit versäumt wird. Möge Ihnen allezeit alles zum Besten gedeihen.

Herr Geh. Rath Wolf, welcher, aus der Schweiz zurückkehrend, mich so eben besucht, läßt Ihnen bey dieser Gelegenheit die schönsten Grüße entbieten.

ergebenst

Jena den 24. October 1820.

J. W. v. Goethe.


33/236.


An Johann Heinrich Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

könnten mir gewiß eine Stelle in irgend einem Werke nachweisen, wo von den schnell verkühlten keulenförmigen[319] kleinen Fläschchen gehandelt wird, welche bey'm Hineinwerfen eines Steinchens zerspringen. Diese Geneigtheit werde dankbar erkennen.

Jena den 24. October 1820.


33/237.


An Johann Friedrich Rochlitz

[Concept.]

Nur mit dem flüchtigsten Dank für Ihren köstlichen Brief begleite Gegenwärtiges, damit die Post nicht versäumt werde. Verhehlen Sie mir nicht Ihre Ansichten über das merkwürdige Stück, und wenn sie auch nicht ganz mit den meinigen zusammentreffen sollten. Nächstens mehr mit einem naturwissenschaftlichen Hefte, worin bedeutende Chromatika vorkommen.

Jena den 25. October 1820.


33/238.


An Carl Friedrich von Reinhard

Wir dürfen wohl für ein schönes und glückliches Zeichen halten, theuerster Mann, daß zwey Geburten zusammentreffen, wovon die eine Ihres treuen Freundes Haus, obgleich nicht ohne Sorge für die Mutter, froh macht; die andere aber auf das Schicksal des Staats, dem Sie angehören, und im gegenwärtigen Augenblicke auf das Schicksal der Welt überhaupt vom größten Einfluß zu achten ist. Denn hier hat[320] sich, in Gefolg wunderbarer Zufälligkeiten, ein Umstand ergeben, der, wenn er nicht mit großer Charakterfassung wäre geleitet worden, neues Unheil, durch parteiische Zweifelsucht, hätte stiften können.

Lassen Sie uns also auch hier die Stärke des Frauengeistes verehren, der in solchen Momenten alles übertrifft, was eigentlich jemals gefordert werden konnte.

Zum 15. dieses werd ich nach Weimar hinübergehen, aber doch wieder zurückkehren; ich möchte die mir anvertrauten Geschäfte recht nett und für den Winter wohl ausgestattet zurücklassen.

Das Heft Naturwissenschaft ist auch abgeschlossen; sobald ein Exemplar geheftet in meinen Händen ist, geht es an Sie ab. Auch diesen Bogen werden Sie die frühere Wohlthat erzeigen, um des Freundes willen die Gegenstände, von denen gehandelt wird, lieb zu gewinnen. Mir geht es mit der Publication dieser ältern Papiere gar wunderlich, ich muß wider meinen Tugenden freuen und über meine Mängel den Kopf schütteln; beides pflegt man sonst gern zu vermeiden.

Vorstehendes war schon längst geschrieben und lag nur in Erwartung der Heftes, der hier beykommt. Eben bin ich im Begriff, mich von Jena endlich loszulösen, wobey gar mancherley zu thun ist. Nur flüchtig danke daher für Ihren herrlichen Brief, der[321] mir Nahrung und Labsal giebt, da man von so vielem Widerwärtigen umgeben ist; von Weimar aus baldigst mehr.

treulichst

Jena den 25. October 1820.

Goethe.


33/239.


An Carl Friedrich Zelter

Ob ich gleich weiß, daß ihr Berliner euch dem Leviathan gleichstellt, welcher den Strom verschlingt uns sein nicht achtet; so schicke ich doch von Zeit zu Zeit einen Bissen, und wenn ihr ihn auch im Schlunde nicht empfinden solltet.

Vor allen Dingen vermelde ich also, daß deine Schülerin mir sehr wohl gefallen, und daß ich ihr noch freundlicher begegnet hätte, wenn ich, bey den vielen Freunden, die ich sehe, und nur einmal sehe, mir nicht eine gewisse gleichgültige Praktik hätte einrichten müssen. Wie sie weg waren, schrieb ich Beykommendes, womit du dir und ihr einen Spaß machen magst. Es ist dieß ein freundliches Schnippchen im Sack, das nicht oft vorkommt.

Nun aber ersuche ich dich um deine Composition zu dem famosen Bekenntniß der Epimeleia! Prometheus taucht gerade wieder einmal in Weimar auf; man erfreute sich an dem Gedanken, daß du dich einmal damit abgegeben habest. Itzt ersuche ich nur[322] um gedachtes Einzelne, magst du mehr senden, so wird es auch freundlichst willkommen seyn.

Nächstens schicke wieder einen Heft Naturwissenschaft, Morphologie pp., da nimm dir heraus, was dir gemäß ist, und wenn auch nur Bild und Gleichniß.

Geh. Rath Wolf war diese Tage bey mir, zu beider Behaglichkeit. Wenn man selbst Grund gefunden hat und Grund sucht, so ist es höchst erfreulich, mit einem auf eignem Grund und Boden gegründeten Manne hin und wider zu sprechen, zu streiten und sich zu verständigen.

In wenigen Tagen denk ich von Jena abzugehen. Es ist, verhältnißmäßig zu unsern Kräften und zu den meinigen, dieses halbe Jahr viel geschehn und ich werde in allem ganz rein, ehe ich scheide.

Die Localität deiner neuen Wohnung, mit der du mich so freundlich bekannt machst, hat viel Reiz, und wenn ich, gegen so viele Mährchen, die ich in Curs gebracht habe, von den Feen den Ring beliebiger Unsichtbarkeit hätte erwerben können, so würdest du mich bald auf deinem Territorium herumwandelnd spüren.

Hofrath Meyer bleibt gewiß bey euch die gerechte Zeit, und wenn er wiederkommt, so wollen wir bis Sylvesterabend an euren Tugenden und Gebrechen zehren.

[323] Die letzten können mich nicht besonders interessiren, denn mir ist von dorther dieses Jahr nichts als Liebes und Gutes gekommen.

Gegen Neujahr schüttle auch du dein Füllhorn, damit Veni, creator spiritus mitten im Winter ein Pfingstfest bereite.

treulichst

Jena den 26. October 1820.

Goethe.


Eben als ich endigen will, kommen beyliegende Revisions-Blätter bey mir ein. Du verlangtest das Gedicht schon vor einigen Jahren, wo ich es verweigerte; nun hat es den Stachel verloren und, wie ich hoffe, die Anmuth behalten.

Meinem Wunsch nach blieb' es jetzt geheim, du componirtest es für die Liedertafel, mit Rücksicht auf die vorhandenen Stimmen und Charaktere; und wenn Ostern das Heft erscheint, brächtest du diesen Scherz sogleich mit in's Leben. Möge es überall zur guten Stunde hervortreten.

G.


33/240.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

weiß recht vielen Dank für das beschleunigte gnädigste Rescript, wodurch auch diese Angelegenheit, wie die übrigen, reinlich abgethan hinter mir lassen kann. Der Termin Michaelis ist ganz der richtige, auch habe[324] ich in angehoffter gnädigster Genehmigung den guten Baum, den seine Stelle zuletzt äußerst drückte, ab- und Comptern antreten lassen.

Beyliegt abermals ein Güldenapfelscher Bericht, in duplo copirt. (Sie haben ja wohl die Güte, so wie auch Herr v. Hoff, daß diese Blätter, ohne besonderen Bericht, zu den Acten kommen und gnädigster Aufmerksamkeit empfohlen werden.)

Lächeln möchte man vielleicht, wenn ein Orientalist, Literator, Bibliothekar in's Finanziiren übergeht. Eine gewisse Originalität kann man ihm jedoch nicht absprechen. Sonst gewöhnlich pflegt man das Vermögen zu besteuern, er besteuert aber das Unvermögen, und wer weiß, wohin das führen kann.

Daß Sie , mein Theuerster, beytragen, meinen lieben Verwandten den weimarischen Aufenthalt höchst angenehm zu machen, ist mir sehr viel werth. Leider, daß ich in dem Augenblick, wo diese guten vorzüglichen Personen unter uns verweilen, noch immer abwesend seyn muß. Ich halte es jedoch für vortheilhaft und für sehr gerathen, den jenaischen Kelch, der mir dießmal keineswegs bitter schmeckte, bis auf den letzten Tropfen auszutrinken.

Daß Serenissimus den Ankauf des Starkschen Kabinetts genehmigen, ist mir ein großer Trost in gegenwärtigen Zeiten. Es sind vier bis fünf Folgen (Suiten) darin, die in Jena wohl schwerlich wieder zusammenkommen.

[325] Jeden Tag wird etwas bey Seite geschafft und hoffe bald das Vergnügen zu haben, Sie persönlich zu begrüßen, wie es mir denn höchst erfreulich war, am hohen Feste, dem Sinn und Geiste nach unter Ihnen zu seyn.

gehorsamst

Jena den 27. October 1820.

J. W. v. Goethe.


34/1.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Hochwohlgeboren

vor meiner Abreise schönstens begrüßend, erfülle eine angenehme Pflicht, indem ich den verbindlichsten Dank für Ihr geneigtes Schreiben zu meinem Geburtsfeste, vorzüglich aber auch für das wohlgefühlte, gedachte und ausdrucksvolle Gedicht noch abzustatten habe, welches hiermit aufrichtig und lebhaft geschieht. Möge alles, was Sie vorhaben und unternehmen, zu Ihrem Wohl gereichen! Mögen Sie in guten Stunden mein manchmal freundlich gedenken, nicht weniger meines fortdauernden Antheils versichert seyn.

gehorsamst

Jena den 1. November 1820.

Goethe.


34/2.


An den Factor Lehmann

[Concept.]

Hiebey erhalten Dieselben soviel Manuscript, als wohl zum fünften und sechsten Bogen hinreichen möchte. Da ich diesen letzten in sich abgeschlossen[1] wünschte, so kann auf Verlangen noch kleine Artikel hinzufügen. Der siebente Bogen würde mit der Rubrik: Bildende Kunst abermals anfangen. Die Revisionen wünsche jedesmal mit der Post oder den Boten unfrankirt nach Weimar; sie sollen alsbald expedirt werden.

Jena den 2. November 1820.


34/3.


An Carl Wilhelm Stark

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

erhalten hiebey:

1. Die erste Anerkennung Großherzoglicher Ober-Aufsicht des abgeschlossenen Kaufes.

2. Copie dieses Blattes, mit einer kurzen Nachschrift, welche, von Ihrer Frau Mutter und etwaigem Vormunde unterzeichnet, mir zurückzusenden bitte.

3. Die gewünschte Zusicherung einer ungehinderten Benutzung für die Zukunft.

4. Zugleich die Nachricht, daß das Nöthige sogleich an Herrn Hofrath Fuchs ergangen.

Uns allen zum Abschluß eines so erspießlichen Geschäftes Glück wünschend und mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Jena den 2. November 1820.[2]


34/4.


An Friedrich Mosengeil

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

für die gütige Nachricht, daß die Abdrücke des Bildnisses Ihres gnädigsten Herrn glücklich angelangt und nicht mißfallen, schönstens dankend, vermelde, wie ich in meinem letzten Brief schon hätte thun sollen, daß die Bezahlung der angekommenen und zu erwartender Blätter dem hiesigen Agenten in London, Herrn Hüttner aufgetragen ist. Es kann jedoch aus dem doppelten Auftrag keine weitere Irrung entstehen, und behalte mir vor, das Fernere theils zu senden theils zu berichten.

Bittend, mich den gnädigsten Herrschaften zu Füßen zu legen, zu geneigtem Andenken und Wohlwollen mich bestens empfehlend.

Jena den 2. November 1820.


34/5.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgebornen

danke verbindlichst für die Nachricht, daß unsere reisenden Frauenzimmer glücklich nach Eger gelangt, und von dort aus förmlich instradirt worden.

Zugleich vermelde, daß ich ungesäumt den Beamten, der das Zwätzner Archiv unter sich hat, wegen[3] der gewünschten Documente befragen werde. Ferner lege einen Bogen des neusten Heftes zur Naturwissenschaft, bey, wo Sie auf der 232. Seite, wie ich mich über die Untersuchung des Kammerbergs geäußert, zu ersehen belieben, auch geneigt aufnehmen, daß ich Ihrer Gastfreundschaft dankbar zu gedenken nicht unterlassen.

Zwey vollständige Exemplare der Franzenbrunner und Marienbader Listen sind in diesen Tagen zugekommen, auch für diese Aufmerksamkeit meinen Dank abstattend füge den Wunsch hinzu, daß ich nächstes Jahr auch meinen Namen auf solchen Blättern finden möge. Eben nach Weimar zurückkehrend, empfehle mich zu fortdauernden wohlwollenden Andenken, meine Arbeiten zu freundlicher Theilnahme.

ergebenst

Jena den 2. November 1820.

J. W. v. Goethe.


34/6.


An Carl Ernst Schubarth

Ihre reichliche Sendung, mein werther Freund, hat mich sehr gefreut, und ich genieße die Frucht eines persönlichen Zusammenseyns; wie Sie sich's denken, ist mir alles vollkommen klar.

Mit Ihren Blättern bin ich dergestalt zufrieden, daß ich wünschte, sie wären gedruckt, ohne irgend[4] eine Abänderung. Haben Sie keine Copie, so schicke ich eine, denn wer weiß, ob es gelänge, Sich zum zweytenmal von Grund aus so entschieden auszudrücken.

Was Sie von Zueignung und Vorspiel sagen, ist untadelig; rührend aber waren mir Ihre Conjecturen über den zweyten Theil des Faust und über die Auflösung. Daß man sich dem Ideellen nähern und zuletzt sich entfalten werde, haben Sie ganz richtig gefühlt; allein meine Behandlung mußte ihren eignen Weg nehmen: und es giebt noch manche herrliche, reale und phantastische Irrthümer auf Erden, in welchen der arme Mensch sich edler würdiger, höher, als im ersten, gemeinen Theile geschieht, verlieren dürfte.

Durch diese sollte unser Freund Faust sich auch durchwürgen. In der Einsamkeit der Jugend hätte ich's aus Ahnung geleistet, am hellen Tage der Welt säh es wie Paßquill aus.

Auch den Ausgang haben Sie richtig gefühlt. – Mephistopheles darf keine Wette nur halb gewinnen, und wenn die halbe Schuld auf Faust ruhen bleibt, so tritt das Begnadigungs-Recht des alten Herrn sogleich herein, zum heitersten Schluß des Ganzen.

Sie haben mich hierüber wieder so lebhaft denken machen, daß ich's, Ihnen zu Liebe, noch schreiben wollte. Mehr sage ich nicht, denn, eben im Begriff, meinen jenaischen Aufenthalt abzuschließen, und die[5] weimarischen Winterquartiere zu beziehen, bin ich auf mancherley Weise gedrängt. Leben Sie wohl, gedenken Sie mein, grüßen Sie Ihren Herrn Bruder zum schönsten und lassen bald wieder von sich hören.

freudig theilnehmend

Jena den 3. November 1820.

Goethe.


34/7.


An Carl Friedrich von Both

Ew. Hochwohlgeboren

gefällige Sendung trifft mich eben in dem Augenblick, da ich den Zustand verlasse, in welchem Sie mich gefunden haben. Zum letztenmal unterhalte ich mich mit Freund Knebel in dem, nun heizbaren, Gartenstübchen, wo ich die Freude hatte, Sie mit Ihrer liebwerthen Gemahlin zu begrüßen und näher kennen zu lernen. Man ist leider zu sehr mit sich selbst, den nächsten Thätigkeiten und Pflichten beschäftigt, daß man schätzbare vorübergehende Freunde, wenn auch erkennen, doch sich ihrer Gegenwart nicht so lebhaft erfreut, als man sollte. Sind Sie nicht unzufrieden von uns weggegangen, so rechnen Sie es auf Ihre, sich so deutlich und erfreulich aussprechende Gegenwart.

Wegen des übersendeten Siegel-Abdrucks bin ich nicht so glücklich, Ihnen vollkommene Befriedigung zu geben; der werthe Kosegarten versichert zwar, daß[6] in der unteren Ecke zu unserer linken Hand der Name Mohamet ganz deutlich zu lesen sey, daß auch sonst hie und da kenntliche Buchstaben eingegraben stehen. Einen Zusammenhang aber und eine Deutung des Ganzen könne er nicht finden.

Erfreulicher kann ich sprechen von den plattdeutschen Gedichten des guten Babst. Sie interessiren mich sehr, indem ich für solche lebendige Idiotikons höchst eingenommen bin und sie, wie sie sich vorfinden, benutze und bekannt mache.

Mögen Sie die Güte haben, mir von diesem Manne, seinem Lebensgange, seiner, gewiß braven, bürgerlichen Totalität nähere Nachricht zu geben, so würden Sie mich sehr verbinden.

Er giebt mir Gelegenheit auszusprechen, was ich längst im Sinne habe, und er wird dabey nicht übel fahren, nur müßte der Sohn und Herausgeber sich entschließen, ein paar Bogen Wort-Erklärungen anzufügen. Mich lassen, die drey Abende her, die ich mich damit beschäftige, sämmtliche niederdeutsche Idiotiker in Stich, die ich um mich versammeln konnte.

Ich wollte recht gern andeuten, daß nicht zu wenig und nicht zu viel geschähe, und, wenn dieß Hinderniß gehoben wäre, müßte das Heft durch ganz Deutschland durchdringen. Haben Sie die Güte, mich von den persönlichen Verhältnissen des Herausgebers und Verlegers zu unterrichten.

[7] Wenn ich Herrn Cammerherrn von Preen, so manche Jahre her, als treuen Freund und Mitarbeiter an einem wichtigen Werke erfunden habe, so wird er mir verzeihen, wenn ich ihn um ein Bild der glücklich aufgestellten Statue und ihrer Umgebung quäle.

Leider ist man zur Zeit, wo der Geist mit großer Klarheit, in Beweglichkeit überall zu Hause ist, persönlich nicht mobil, und da kann ich, nach meiner Weise, nur immer nach Abbildungen trachten.

Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlin zum schönsten. Nach meinem Sinne würde ich mich noch ganz anders erwiesen haben, wenn das Alter nicht ganz zu großen Nachtheil in Gegenwart der Jugend fühlte.

Möge Ihnen alles zum Besten gedeihen, Sie meiner in Ihrem werthen Kreise gedenken, und mich nicht ganz ohne Nachricht von Ihren Zuständen lassen. Herrn von Preen die besten Empfehlungen.

gehorsamst

Jena den 3. November 1820.

J. W. v. Goethe.


34/8.


An Johanna Charlotte Frommann

Um's Abschiednehmen ist's eine eigne Sache; diesmal besonders verlasse ich sehr ungern Ihre liebe[8] Nachbarschaft, wo mich Neigung und Herkommen so lange fest hält. Nehmen Sie, verehrte Freundinn, meinen besten Dank für so vieles Gute, geistiges, herzliches und leibliches und gedenken meiner, mit den theuren Ihrigen, im Guten wenn der wunderliche Wanderer nächstens bei Ihnen eintritt.

treulichst

Jena den 4. Nov. 1820.

Goethe.


34/9.


An Carl Friedrich Zelter

Die Rübchen sind angekommen, wofür den ganzen Winter der schönste Dank bey Gastmahlen erschallen wird. Hofrath Meyer ist angekommen, der das Lob von Berlin motivirt ertönen läßt. Da er die positivste Natur von der Welt ist, so nimmt sich eine solche Königstadt, durch seine Augen gesehen, gar herrlich aus.

Mit Rauchs Büste bin ich sehr zufrieden. Hätte er sie secretirt und, in Marmor ausgearbeitet, zuerst aufgestellt, so wäre das Problematische, was gegenwärtig noch darinne liegt, gar nicht zur Sprache gekommen.

Dem Bilde nach Albertinelli giebt auch Meyer das beste Zeugniß; ein Künstler, der 1520 dieses Erdenrund verließ, kann schon was Kluges zurücklassen haben. Übrigens sieht man bey dieser Gelegenheit,[9] wie die werthen Berliner Freunde sich keines bibelfesten Standpunctes rühme; man hat Mariä Heimsuchung wohl oft genug den 2. Juli im Kalender rothgedruckt gesehen, aber geglaubt, es sey gemeint: sie habe eine aufwartende Heimsuchung von der guten Elisabeth erhalten, da es doch der umgekehrte Fall ist, da die fromme, guter Hoffnung lebende Marie über's Gebirge gegangen um eine Freundin heimzusuchen. Wie alles dieses im Evangelium St. Lucä im ersten Capitel umständlich zu lesen ist. Ganz gewiß wächst der Werth des Bildes, wenn man die angeführte Stelle penetrirt und sich eigen gemacht hat.

Dein Brief ist den 28. October geschlossen; den 27. ging eine kleine Sendung noch von Jena, der ich guten Empfang wünsche. November und December bring ich also die Abende mit Meyern unter euch zu; willst du hereintreten, so bist du schönstens willkommen; die Kinder verlangen, ich soll dich einladen.

Weimar den 9. November 1820.

G.


34/10.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

für freundliche Zuschrift und Sendung schönstens dankend und die erhaltenen 8 Velinpapier, 14 Schreibpapier Morphologie pp. I. 3 quittirend, vermelde,[10] daß auf erhaltenen Brief des Herrn v. Cotta, welcher den Abdruck der Wanderjahre billigt, sogleich einen ziemlichen Theil des Manuscripts in Ordnung gebracht, wie denn etwa zu zwölf gedruckten Bogen vorräthig liegen mag. Das Ganze möchte wohl über dreyßig Bogen betragen; der Anfang kann nach Belieben geschehen. Die Revision von Bogen 4 Kunst und Alterthum folgt zugleich zurück, die beiden folgenden erwarte und an fernerem Manuscript soll es nicht fehlen.

Hofrath Meyer ist angekommen, sehr zufrieden von seinem Berliner Aufenthalt, voll Bewunderung über dortige Kunstschätze und Kunstthätigkeit; davon wird denn manches zur Sprache kommen.

Die Meinigen hab ich wohl angetroffen und gar manche häusliche Bequemlichkeit gefunden, doch vermisse die Aussicht auf die Berge und gute Nachbarschaft.

Nochmals den aufrichtigsten Dank für alles Liebe und Gute.

Der Unfall unserer verehrten Herzogin hat uns in große Bestürzung versetzt; doch ist ihr Befinden den Umständen nach sehr leidlich. Zu geneigtem Andenken mich bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 11. November 1820.

J. W. v. Goethe.[11]


34/11.


An Carl Ludwig von Knebel

Du kannst wohl denken, theuerster Freund, welchen traurigen Eindruck der Unfall unserer verehrten Großherzogin auf mich gemacht hat, doppelt und dreyfach, gerade in einer Zeit, wo ich mich in eine ruhige thätige Winterstellung einzurichten gedachte. Nun ist durch eine solche, wahrhaft öffentliche Calamität das häusliche Behagen gänzlich aufgehoben, da man ja die Vorstellung ihrer Leiden und der zu besorgenden Folgen nicht los wird. Es geschahe eben da ich eine Botschaft von ihr erhalten hatte, ihr aufzuwarten. Man hört zwar nur verhältnißmäßig Gutes, allein es ist doch immer nur von mindern Übeln die Rede. Die nähern Umstände wird man dir gemeldet haben, deshalb ich darauf nicht eingehen will.

Hofrath Meyer ist zurückgekommen, höchst vergnügt über seinen Berliner Aufenthalt. Von Kunstschätzen und Kunstthätigkeit hat er gränzenlos zu erzählen, und wir werden manches öffentlich zur Sprache bringen.

Die Meinungen sind wohl und munter, auch mir geht es gut; doch vermisse die jenaischen Berge, Thäler und Freunde gar sehr.

Es ist mir der Gedanke gekommen, andere Zudringliche nachzuahmen, die dich unversehens überfallen und sich bey dir einquartiren; an einem[12] hübschen Tage bist du nicht sicher. Mein Gartenhaus habe ganz degarnirt und kann doch den Gedanken, euch sechs Monate nicht zu sehen, keineswegs bey mir gelten lassen.

Nun lebe wohl, grüße alle und jede deiner Umgebung und gedenke mein.

treulichst

Weimar den 11. November 1820.

Goethe.


34/12.


An Johann Friedrich Carl Albertvon Linker und Lützenwick

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

wegen einem kleinen Geschäft anzugehen nehme mir die Freyheit. In dem Waldecker Reviere findet sich eine Holzerde, zu botanischem Gebrauche höchst schätzbar, wovon der dortige Förster Sckell so viel als nöthig abzugeben geneigt ist, sobald er von seinem Vorgesetzten dazu autorisirt worden. Deshalb denn Ew. Hochwohlgeboren hiermit ergebenst ersuche: eine solche Autorisation gefälligst zu ertheilen, daß der bey'm großherzoglichen Institute zu Jena angestellte, Gärtner Baumann sein Bedürfniß dorther nehmen könne, wofür die Anstalt Ew. Hochwohlgeboren fortwährenden Dank abstatten wird.

Weimar den 14. November 1820.[13]


34/13.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

verfehle nicht unterthänigst anzuzeigen, daß nach gepflogener Betrachtung und Untersuchung des kleinen niederländischen Bildes, sowie sorgfältigster Prüfung desselben das Resultat dahin ausgefallen: daß es für eine sehr gute Copie eines vortrefflichen Originals zu halten sey; weshalb denn die Aquisition einigermaßen bedenklich scheinen könnte. Das Nähere wird Hofrath Meyer auf Befehl mündlich schuldigst sehr gerne vortragen.

Weimar den 14. November 1820.


34/14.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

sende die mir anvertrauten Papiere, freylich etwas spät, aber höchlich dankbar zurück; möchten die angefügten Lieder meinem Zaudern einigermaßen zur Entschuldigung dienen.

gehorsamst

Weimar den 16. November 1820.

J. W. v. Goethe.[14]


34/15.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen meine aufrichtigsten Glückwünsche zur erfreulichen Ankunft unserer theuren jungen Herrschaften und erlauben eine diese Tage her aufgesparte Sendung.

1. Dem Berichte des Professors Güldenapfel schenken Höchstdieselben wohl einige Aufmerksamkeit, bis ich denselben, von eigenem Bericht begleitet, förmlich einsende.

2. Folgt zurück die Beschreibung des Antwerpner Bildes, auf dessen Ankunft ich sehr gespannt bin.

3. Ein Exemplar von Kunst und Alterthum liegt bey, ingleichen

4. Ein Heft Morphologie etc. Die gezeichnete Stelle Seite 181, auf Jagemann bezüglich, interessirt Ew. Königliche Hoheit gewiß; ich wenigstens muß diese Erfahrung für höchst bedeutend halten.

5. Döbereinern gedenke aus der Museumscasse nachzuhelfen. Es werden ja auch wohl wieder bessere Zeiten kommen, wo die Studenten das Ihrige zu solchen Collegien beyzutragen im Stande sind. Dießmal ist die Anzahl allzugering und wohlhabende selten.

6. Nach Höchstderoselben früherer Äußerung werde Gräfin Julie von Egloffstein das Arbeitszimmer im[15] Jägerhause beziehen lassen; für die Verheizung wird sie Sorge zu tragen haben.

7. Das Werk: Über den Erdmagnetismus ist von großer Bedeutung und wird durch den neuentdeckten Bezug des Galvanismus darauf noch merkwürdiger und gewiß folgereicher.

8. Der Apparat, dieses merkwürdige Phänomen vor Augen zu bringen, wird nächstens bey mir aufgestellt seyn.

d. 17. Nov. 1820.


34/16.


An Friedrich August von Beulwitz

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

längst erprobte Freundschaft darf wohl auch gegenwärtig um Vermittlung angehen, ergebenst bittend, bey den gnädigsten jungen Herrschaften mich gefälligst zu entschuldigen, daß ich noch nicht aufgewartet, und mir einen Wink zu geben, wenn ich in irgend einer Morgenstunde meine Verehrung persönlich bezeugen könne. Mich zu fortdauerndem Wohlwollen angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 17. November 1820.[16]


34/17.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

vermelde, daß auf das an Serenissimum gerichtete Schreiben, worin Sie einen Beytrag zu dem Aufwande, welchen das diesen Winter unternommene chemisch-praktische Collegium erfordert, Sich erbitten, mit Serenissimi gnädigster Genehmigung die Summe von fünfzig Thalern zusagen darf. Auf beyliegende Quittung erhalten Sie gegenwärtig die Hälfte vom Rentamtmann Müller, die andere soll nach dem neuen Jahre erfolgen.

Möge Ihr schönes Unternehmen durch Fleiß und Aufmerksamkeit Ihrer Schüler belohnt werden.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

ergebenst

Weimar den 18. November 1820.

Goethe.


34/18.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vermelde die glückliche Ankunft der Rolle mit dem Porträt des Herzogs von Meiningen Durchlaucht später als recht, sie ist schon längst angekommen; den sie begleitenden Brief aber erhalte erst in diesen Tagen. Sogleich vermelde daher, daß jenes Bildniß[17] mit Beyfall aufgenommen worden, so auch das Probeblatt zu dem meinigen. Empfehlen Sie mich Miß Dawe zu besten und überreichen ihr dankbar die Original-Radirungen zu Faust.

Was die Unterschrift unter meinem Bildniß betrifft, wüßte nichts daran zu erinnern. Auch die kleinen Piecen, den 31. October von London abgesendet, sind wohlbehalten zu mir gelangt. Nehmen Sie meinen aufrichtigsten Dank für so mannichfaltige Bemühungen.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 18. November 1820.


34/19.


An Eduard Joseph d'Alton

[Concept.]

[19. November 1820.]

Ew. Hochwohlgeboren

freundliches Schreiben muß ich sogleich dankbarlichst erwidern; mir könnte kein Lohn werden für meine lebenslänglichen stillen Bemühungen als der Beyfall solcher Männer, welche, indem ich eine Übersicht der Naturwissenschaft im Verborgenen zu gewinnen suchte, den Weg zurücklegten, den ich mir nur anzudeuten mußte.

Nach Ihrem Lebensgange hab ich mich immer theilnehmend erkundigt und mich Ihrer unausgesetzten Thätigkeit höchlich erfreut. Wie sehr mir deshalb[18] eine Sendung angenehm seyn wird, die mich zum Augenzeugen Ihrer Bemühungen macht, werden Sie selbst ermessen.

Daß unser guter Meyer, der sich bestens empfiehlt, in Verdacht geräth, als habe er von der Madonna del Pesce übel gesprochen, daran ist eigentlich der Redacteur Schuld, welcher eine etwas dunkle Stelle versäumt hat aufzuklären.

Es ist nämlich S. 155 gesagt, »der dritte Kopf ist Joseph, aus dem Gemälde der Heiligen Familie, welche Raphael angefangen, Julius Romanus aber vollendet.« Hierauf bezieht sich nun die Stelle S. 158, wo es heißt: »Der Kopf des Christuskindes aus jener heiligen Familie pp.«, womit denn ebengedachtes Bild gemeint ist, welches gemißbilliget wird. Weil diese Worte aber unmittelbar auf dasjenige folgen, was von der Madonna del Pesce gesagt ist, so wird der Leser irre geführt, als gälte es dieser.

Herrn Nees von Esenbeck bitte mich auf's allerschönste zu empfehlen; ich hab ihm seit langer Zeit geschwiegen, allein ich hoffe das Versäumte bald nachzuholen, in den letzten Wochen bey meinem Umzug von Jena nach Weimar war ich gar zu sehr gedrängt.

Lebenslängliche Theilnahme versichernd und erbittend.[19]


34/20.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Obgleich in einiger Bedrängniß von verschiedenen Seiten, geschäftlich, typographisch und gewissermaßen körperlich, will nicht versäumen, Ihnen, verehrter Freund, für das letzte liebe Schreiben bestens zu danken und von dem wackern Meyer die lebhaftesten Grüße auszusprechen. Er ahnet den Sinn Ihrer Worte und war von der Nähe einer Krise bey seiner Abreise freylich überzeugt; möge alles durch kluge Leitung zum Besten gedeihen!

Unsere Abend-Unterhaltungen beziehen sich allein auf Berlin; gestern trug er das Schema seines Aufsatzes mündlich vor, zu meiner höchsten Zufriedenheit; wir sind einstimmig und Sie werden es gewiß billigen, daß er mit tüchtiger Aufrichtigkeit sich ausdrücke, und man wird alsdann schon höhern Orts andeuten: inwiefern man eine öffentliche Mittheilung modificirt wünsche.

Ferner bitte um die Gefälligkeit, unseren plastischen Freunden den schönsten Dank zu sagen für die übersendete carrarische Druse; sie übertrifft alle Erwartung und entzückt sowohl die Naturfreunde als Nicht-Kenner.

Gleichmäßig danken Sie Herrn Geh. Oberbaudirector Schinkel! Hier darf man nicht sagen, das gefällig übersendete Bild sey über Erwartung, denn[20] was läßt sich von ihm nicht erwarten? Überraschend jedoch bleibt es immer und höchst erfreulich, dem Sinn, der Erfindung und der Ausführung nach.

Auch die Rauchische Büste macht mir großes Vergnügen. Hätte der Künstler sie secretirt und, in Marmor vollendet, aufgestellt, so würde sie den unbedingtesten Beyfall erhalten. Das Problematische, was für manche Personen noch drinne liegt, versteh ich aber recht gut und weiß es seinem innern Werth nach zu schätzen.

Unter den vielen Entwürfen zu solchen symbolischen Darstellungen, wie die beiden nunmehr geglückt sind, kann ich im Augenblick keinen finden, der mir einer solchen Behandlung ganz werth wäre; sobald sich mir ein Gegenstand offenbart, bin ich so frey ihn zu eröffnen und um weitere Mitwirkung zu bitten.

Die Lehre von würdigen Motiven, durch deren Behandlung die Kunst ganz allein gefördert und bestätigt werden kann, war gestern Abend auch beredet und wird in Meyers Aufsatze als lichter Punct erscheinen.

Daß schon, seit jener ersten persönlichen Bekanntschaft, mein Wunsch Berlin zu besuchen, die dortigen trefflichen Männer, die herrlichen Kunstbesitzungen und die übrige große Existenz einer bedeutenden Königstadt zu schauen, zu erkennen und zu verehren, sehnlichst gewachsen, darüber bedarf es wohl keiner[21] wörtlichen Betheurung; seit Meyers Rückkunft ist dieses Gefühl zu einer Art Ungeduld geworden, daß, wenn Fausts Mantel in meinem Besitz wäre, Sie mich augenblicklich bey Sich würden einfliegen sehen. Im Frühjahr hoff ich wieder zeitig Carlsbad zu besuchen, wenn ich nur dadurch in den Stand gesetzt würde, meine heißesten Wünsche zu erfüllen.

Empfehlen Sie mich des Herrn Minister Excellenz auf das angelegentlichste, danken verbindlichst für die unserm Freunde geschenkte Gunst und Förderniß: mit der Versicherung, daß wir beide das gegönnte Vertrauen gewiß zu schätzen wissen und die nächste Zeit auf das so willig übernommene Werk aufmerksamst zu verwenden für Pflicht halten. Möge das, was freylich nur im Allgemeinen gesagt werden kann, auch im Besondern anwendbar seyn.

treulichst

Weimar den 19. November 1820.

Goethe.


34/21.


An die Wernerische naturforschendeGesellschaft zu Edinburg

[Concept.]

Das mir zugekommene ehrenvolle Diplom der hochansehnlichen Wernerischen naturforschenden Gesellschaft zu Edinburg hat mich doppelt erfreut: denn indem ich von vorzüglichen Männern eine unerwartete Auszeichnung erhalte, finde zugleich Gelegenheit, dem[22] Andenken meines verewigten Meisters neue Huldigung darzubringen.

Die Verdienste des Herrn Präsidenten, welcher auch eine Zeitlang unter uns gewandelt, aufrichtig anerkennend, wünsche sämmtlichen Gliedern der verehrten Gesellschaft bestens empfohlen zu seyn. Daß ich hiebey mich meiner Muttersprache bediene, bedarf wohl keiner Entschuldigung, da sie, wie ich nicht nur überzeugt bin, sondern weiß, auch dorten wohl gekannt ist und ausgeübt wird.

Mit ausgezeichneter Hochachtung und Dankbarkeit.

Weimar den 19. November 1820.


34/22.


An Ludwig Wilhelm Cramer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

freundlicher Mahnbrief würde mich wirklich beschämt haben, stünde nicht schon drey Monate ein Kistchen für Sie gepackt, worin ich Raum ließ für Beyträge, versprochen von den Herrn Lenz und Beschorner, in Jena und Schlackenwalde; letzterer sagte zu, für Geld und gute Worte etwas Hübsches zu liefern, ersterer, welcher für seliger hält zu nehmen, als zu geben, hat bisher gezaudert; diese Tage, hoff ich jedoch, wird er Anstalt machen, denn ich habe ihm Hoffnung gegeben zu einer Gegenfälligkeit. Was bisher eingepackt worden, besagt beyliegendes Verzeichniß, es sind[23] Exemplare mehr geognostischen als oryktognostischen Werthes, doch soll auch manches dieser Art noch hinzugefügt werden. Damit aber Gegenwärtiges nicht blos als dilatorisch erscheine, so geht mit der heutigen fahrenden Post ein Kästchen ab, worin sich einige gute erfreuliche Dinge befinden: ich werde besorgt seyn, daß das Übrige bald nachkommt und meine Bereitwilligkeit, Ihnen gefällig zu seyn, auch einmal mit der That sich ausspreche.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 20. November 1820.


34/23.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

wünsche recht bald wiederhergestellte zu wissen und darzu persönlich freundlichst Glück zu wünschen. Möge sich unter den übersendeten Musicalien manches recht ansprechend finden.

Wegen Doctor Weller kann folgende Auskunft geben: als im Jahre 1817 der oberaufsichtlichen Behörde auch das akademische Bibliotheks-Geschäft übertragen wurde, ward Doctor Weller mit Zustimmung des Herrn Geh. Raths von Voigt sel. bey uns angestellt, sogleich aber zu jener Arbeit angewiesen, der er sich denn auch ausschließlich widmete. Für das Jahr 1818 erhielt er eine billige Remuneration, worauf[24] denn demselben für das Jahr 1819 und künftig von den höchsten Herren Erhaltern die Summe von zweyhundert Thalern als fixe Besoldung zugebilligt ward.

Sollte dieses Verhältniß noch einigem Zweifel einer wirklichen Anstellung ausgesetzt seyn, so würde, denselben gnädigst zu heben, die höchsten Herren Erhalter in meinem nächst zu erstattenden Jahresbericht unterthänigst angehen. Diese Angelegenheit so wie alles, worauf ich gern noch meine Thätigkeit verwende, freundlicher Theilnahme bestens empfehlend

gehorsamst

Weimar den 20. November 1820.

Goethe.


34/24.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

sende mit unterthänigstem Dank den herrlichen Pelz zurück, welcher zugleich den Naturfreund und den Prachtliebenden befriedigt.

Daneben vermelde, daß das wechselseitige Verhältniß des Galvanismus zum Erd-Magnetismus in der Kürze darstellen kann; der Apparat ist bey mir aufgestellt. Möchten Höchstdieselben diesem merkwürdigen Phänomene einige Augenblicke widmen, so erbäte mir nur kurze Zeit vorher gnädigsten Befehl.

Weimar den 22. November 1820.[25]


34/25.


An Johann Heinrich Meyer

Möchten Sie, bester Freund, etwa heute früh die Recension der Gmelinischen Arbeiten übernehmen und diesen Mittag mit einigen Freunden bey uns vorlieb nehmen; so würde es mir sehr angenehm seyn.

Weimar den 27. November [1820.]

Goethe.


34/26.


An Carl Emil Helbig

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die kleinen Eisengüsse dankbar zurück, nicht weniger in einer versiegelten Schachtel mein Wachsbildniß, welches seiner Zerbrechlichkeit wegen uneröffnet nach Eisenach zu senden bitte. Zu gleichem Zweck werde nächstens mich bestens empfehlend.

Weimar den 28. November 1820.


34/27.


An Carl Friedrich Ludwig Kannegießer

[Concept.]

Den geistreich theilnehmenden Aufsatz, von einem freundlichen Briefe begleitet, habe ich in diesen Wintertagen mit vielem Vergnügen aufgenommen. Da es mir gegenwärtig unmöglich ist, nach dessen Werth[26] und Würde darauf zu antworten, so behalte mir vor, es nächstens öffentlich zu thun und zwar in einem Hefte von Kunst und Alterthum. In dem dritten Stück des zweyten Bandes (dem zuletzt ausgegebenen) habe mich schon ähnlichen Wünschen gefügt, und es wird mir Freude seyn, auch in diesem Falle auszusprechen, wie sehr ich solche Bemühungen zu schätzen weiß.

Erhalten Sie mir ein wohlwollendes Andenken.

Weimar den 28. November 1820.


34/28.


An Johann Heinrich Meyer

Sie sind, mein Theuerster, wie ich vernehme, um 11 Uhr zur Großherzogin bestellt. Ich habe ihr versprochen, durch Sie das Berliner Theater vorzeigen zu lassen. Gegen 11 Uhr soll daher mein Wagen kommen, worin Sie das Portefeuille finden, der Sie hin und wieder zurückbringt.

Das Beste wünschend

Weimar den 28. November 1820.

G.


34/29.


An Johann Friedrich Fuchs

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey den Catalog der Starkischen Sammlung, wornach die Übernahme vom Prosector Schröter[27] geschehen, um solchen, bey dem nächstes Frühjahr zu veranstaltenden Transport, zum Grunde des Empfangs zu legen. Der Schlüssel zum Kabinett ist, versiegelt, in den Händen der Frau Geheime Hofrath. Ich wünsche, daß diese Bereicherung der großherzoglichen Museen der Wissenschaft und Praxis jetzt und künftig möge zu entschiedenem Vortheil gereichen.

Mich geneigtem Andenken bestens empfehlend

ergebenst

Weimar den 28. November 1820.

J. W. v. Goethe.


34/30.


An Friedrich Alexander Bran

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey eine Broschur für Ihre Rechnung; wegen Chesterton erbitte mir einen Schein und wünsche, daß beides Ihren Absichten entsprechen möge.

Weimar den 28. November 1820.


34/31.


An Carl Ludwig von Knebel

Wenn die Gypsabgüsse des wohlgerathenen Bildnisses (zu deinem Geburtstag bestimmt, von unsern dienstfertigen Geistern etwas zu früh abgesendet) glücklich angekommen, so freut es mich sehr. Zwey davon (es waren ihrer ein halb Dutzend) habe mir[28] zugeeignet, wovon eins auf unserer Bibliothek, das andere in meinem Lararium prangen soll; sie sind gewiß höchst erfreulich gerathen.

Nach der Absicht des Sendenden sollte die Gabe frachtfrey in deine Hände kommen, wofür denn auch gesorgt worden. Mögest du deinen Tag froh und glücklich feyern. Willst du ein freundliches Wort an Tieck deshalb schreiben, so kann ich es, durch Einschluß, in diesen Tagen nach Berlin senden.

Außer Meyern, welcher Abends zur rechten Stunde eintrifft, seh ich fast niemanden; meine Correspondenz hingegen erweitert sich dergestalt, daß ich keine lange Weile habe. Ich gebe mich dieser Beschäftigung gerne hin, weil es interessant ist auf die unschuldigste Weise zu beobachten, wie es, im sittlichen und ästhetischen Sinne, an vielen Ecken und Enden des lieben Vaterlandes aussieht. Was uns in Politicis betroffen, trifft auch dich, als einen emsigen Zeitungsleser. Daß die erste Congrevische Rakete, von Nordosten her, gerade auf uns gerichtet worden, ist doch eigen genug, und wir wollen sehen, was der übrigen Welt nunmehr widerfährt.

Auch wird am neuen Hefte von Kunst und Alterthum emsig fortgearbeitet, indem Meyer seine Ladung, die er aus Ophir zurückgebracht, auszupacken angefangen.

Wenn du Aushängebogen des Lucrez erhältst, übersende sie mir doch, ich schicke sie gleich zurück,[29] damit ich nur mich von Gestalt und Weise unmittelbar überzeugen möge. Da ich gar nicht ausgehe, so unterhält mich sehr ein durchgeführtes Ordnen meiner Mineralien; wenn du dich in Gegenwart überzeugtest, wie hübsch es ist, würdest du doch wohl zur Nacheiferung gereizt.

Von dem Befinden unserer verehrten Großherzogin kann ich nur Gutes melden. Unser braver Hofmarschall v. Spiegel hat auch das Unglück gehabt auf dem Eise zu fallen und seine schon krankhafte Seite zu beschädigen. Dagegen kann ich mit Freuden vermelden, daß meine liebe Schwiegertochter sich, über alle Hoffnung und Wahrscheinlichkeit, auf das glücklichste erholt hat, Schlitten fährt, tanzt und vom besten Humor ist.

Dem guten Bernhard Beyliegendes. Seyd mir alle schönstens gegrüßt.

treulichst

Weimar den 29. November 1820.

Goethe.


34/32.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

erlauben, Sie mit einer kleinen Bitte anzugehen.

Am 17. November habe Serenissimo den Original-Schluß-Bericht des Professor Güldenapfel übersendet, damit Höchstdieselben vorläufig mit dem, was diesen[30] Sommer geschehen, bekannt würden; nun habe ich aber daher gefällig nachsehen zu lassen, ob es vielleicht auf die Rückgabe an mich geneigtest zu bewirken. Eine solche Bemühung dankbar anerkennend

gehorsamst

Weimar den 29. November 1820.

J. W. v. Goethe.


34/33.


An Johann Heinrich Meyer

Weimar den 29. November 1820.

Sie erhalten hiebey, mein theuerster Freund:

1. Die gestern zurückgebliebene Quittung, autorisirt.

2. Das erste Concept des Tagebuches.

3. Das Mundum desselbigen, ich habe solches noch nicht durchgesehen; Sie beschäftigen sich ja wohl in ruhigen Stunden damit, auf daß bey frischer Erinnerung das Ganze nach seinem Werth möge ausgearbeitet seyn. Es läßt sich manches einzelne Blatt, wenn Sie es nothwendig finden sollten, gar leicht abschreiben; die vordern erhalten Sie reinlich mundirt, sobald das Manuscript von Jena zurückkommt.

Herzlich grüßend.

G.[31]


Noch bemerke, daß ich Ihren Besuch heut Abend um 6 Uhr um so dringender wünsche, als wir das Manuscript, welches um 8 Uhr abgeht, nochmals durchzugehen und einige Stellen zu besprechen wohlthun werden.


34/34.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ihre allerliebste Sendung, mein Bester, führt mich aus dem bittern Winterschnee in das anmuthigste Paradies, meine Jugendträume seh ich schön und glücklich ausgelegt, reich verwirklicht und entfaltet. Ihrer Darstellung kann ich gern und willig folgen, wie mich schon einige Blicke in das Buch überzeugen. Ich bewundere dabey die Anhaltsamkeit in Betrachtung der Natur und den Fleiß in Bemerkung dessen, was andere geleistet haben. Daß Sie unseres guten innigen Verhältnisses in diesem Falle gedenken wollen, kann dasselbige nur noch mehr befestigen und beleben; lassen Sie mich oft von sich hören und Theil an Ihrer schönen Thätigkeit nehmen.

In dieser letzten Zeit erlebte ich denn auch, was mir zu großer Beruhigung dient, die Verwandtschaft des Erd-Magnetismus mit der galvanischen Erscheinung, die ich immer geglaubt, nunmehr den Sinnen dargestellt zu sehen, jetzt fehlt in der großen physischen Kette wohl kaum ein Glied mehr.

[32] Nehmen Sie die beyliegenden Hefte geneigt auf. Das Fragmentarische der Behandlung kann niemand besser beurtheilen und suppliren als Sie.

Wäre es möglich, daß in Ihrer Nähe sich jemand für die Darstellung der entoptischen Farben und überhaupt für meine Chroagenesie interessirte, so würde es für mich ein großer Gewinn seyn. Ich habe noch nicht alle Hoffnung aufgegeben, auch in diesem Fache Geistesverwandte zu entdecken; nur freylich ist mein Weg, um in diese Region zu gelangen, von dem Herkömmlichen gar zu sehr verschieden, und ich konnte bemerken, daß selbst Männer, die dieser seitwärts abwichen, so daß ich wenig gewonnene Mitarbeiter lange erhalten konnte.

Meine Hefte indeß werd ich auf bisherige Art und Weise gar wohl fortsetzen, weil gränzenlose Papiere vor mir liegen, wo bald zu dem einen, bald zu dem andern Zwecke sich die Redactionslust wenden kann.

Herr von d'Alton hat mich durch ein beyfälliges Schreiben sehr aufgemuntert, ich hoffe und harre auf sein ofteologisches Heft. Gewiß wird es mir neue Lust und Leben in dieses Feld Hesekiels bringen.

Das botanische Manuscript habe sogleich mit großem Interesse zu lesen begonnen und stoße schon wieder auf die liebe Priorität; ich weiß noch einiges darüber zu sagen, was vielleicht einen und[33] den andern verkürzten Entdecker trösten und erfreuen mag.

Möge ich Ihnen und Ihren Freunden für alle Zeit bestens empfohlen seyn.

treulichst

Weimar den 3. December 1820.

Goethe.


34/35.


An Wilhelm Christoph Leonhard Gerhard

Ew. Wohlgebornen

danke verbindlichst, daß Sie mich an Ihrer Vaterfreude mögen Theil nehmen lassen und werde mit den Meinigen an dem frohen Tage Ihrer und des lieben Ankömmlings mit Wärme gedenken. Herrn Major von Egidy schreibe mit der nächsten Post, ihn um diesen Liebesdienst zu ersuchen und für seine Gefälligkeit zu danken. Heute bleibt mir nur soviel Raum, Gegenwärtiges in Kürze zu vermelden und mich Ihnen, Ihrer theuren Gattin, meinen schönen Mitgevatterinnen und achtbaren Mitgevattern auf's beste zu empfehlen.

Mögen Sie den Namen Wilhelm, den ich in Verehrung Shakespears meinen Pathen gern beylegte, auch Ihren Erstling männlichen Geschlechts zutheilen, so dürfte dieß eine gute Vorbedeutung seyn. Nächstens noch einige Worte.

ergebenst

Weimar den 6. December 1820.

J. W. v. Goethe.[34]


34/36.


An Heinrich August von Egidy

Hochwohlgeborner

Hochgeehrtester Herr

Ew. Hochwohlgeboren, wie mir Herr Wilhelm Gerhard vermeldet, sind geneigt, bey einem frohen Familienfeste meine Stelle zu vertreten und einem neu angekommenen Weltbürger in meinem Namen die aufrichtigsten Segenswünsche entgegenzusprechen. Nehmen Sie schönsten Dank für diese Geneigtheit und die Versicherung, daß es mir höchst erwünscht sey, bey dieser Gelegenheit mit einem so allgemein geliebten und geschätzten Mann in einige Verwandtschaft zu treten. Empfehlen Sie mich den werthen Eltern des Täufllings, sowie sämmtlichen Mitgevattern, und haben die Güte mir es zu melden, wenn irgend etwas zu leisten seyn möchte. Mit vorzüglichster Hochachtung und Zutrauen mich fernerem Wohlwollen angelegentlichst empfehlend

Ew. Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

Weimar den 7. December 1820.

J. W. v. Goethe.


34/37.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

sende anbey den siebenten Revisionsbogen zurück, wo ich die weiß gebliebenen Räume mit einigen Zusätzen[35] geschmückt habe. Zugleich folgt auch der Anfang des Manuscripts zu den Wanderjahren, wobey bemerke, daß wir mit den Capiteln nur alsdann auf die neue Seite gehen, wenn der Text auf der vorhergehenden bis über die Hälfte herunterreicht. Vor allen Dingen aber bitte, die Irrgänge des Wanderers, sofern sie noch nicht bekannt seyn sollten, Ihrem werthen Familienkreise in diesen Winterabenden einzuführen.

Neue Lettern und schönes Papier werden mir sehr willkommen seyn.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend

ergebenst

Weimar den 9. December 1820.

Goethe.


34/38.


An Sulpiz Boisserée

Nach dem Empfang Ihres werthen Briefes vom 24. November aus Paris, welcher mir Hoffnung giebt. Sie bald wieder näher zu wissen, säume ich nicht einen vorläufigen Gruß nach Stuttgart zu senden, wo er den, nach glücklich beendeten Geschäften, froh und gesund nach Hause zurückkehrenden Freund treulich begrüßen soll. Daß mir Ihres vieljährigen, mit großem Fleiß, anhaltender Mühe und mannichfaltiger Sorge unternommenen Werkes immerfort mit treuem Antheil gedenken und Ihnen endlich eine belohnende Beruhigung wünschen, davon sind Sie[36] überzeugt; Glück! also zu Ihrer wohlgelungenen Reise.

Möge ich nun auch erleben, daß sich das Schicksal Ihrer Bildersammlung endlich entscheide. Meyer kommt so eben von Berlin zurück und bringt auslangende Nachricht von den dortigen wundersamen Kunstschätzen. Auch die Solly'sche Sammlung hat ihn in Erstaunen gesetzt; er prüfte sie, so viel in kurzer Zeit möglich war. Sie wissen am besten, daß Gemälde sich nicht so leicht durchschauen und beurtheilen lassen. Übrigens ist eine Thätigkeit von Bauen, Bildhauen, Mahlen über alle Begriffe in Berlin. Rauch hat einen Abguß meiner Büste hieher gesendet, man kann sehr damit zufrieden seyn, besonders wenn man sie ansieht als Vorarbeit zum Marmor, wo alles das, was jetzt für allzu streng und charakteristisch gehalten könnte, sich durch Material und Behandlung gar wohl besänftigen wird, ohne von seiner Bedeutung zu verlieren.

Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit auch von der vaterländischen Unternehmung Kenntniß erhalten, besonders aber, welchem Baumeister das Geschäft anvertraut ist.

Mit dem ersten Hefte des dritten Bandes von Kunst und Alterthum bin ich auch schon bis zum siebenten Bogen. Der Druck von Wilhelm Meisters Wanderjahren wird nun auch angefangen. Es kommt mir sehr wunderbar vor, ein[37] zwanzigjähriges Manuscript, an das ich bisher kaum gerührt, redigirend abzuschließen. Es erscheint mir als ein wiederkehrender Geist, freylich jugendlicher und liebenswürdiger als der jetzige Autor und die jetzige Zeit.

Meinen Winter bringe ich in entschiedener Einsamkeit zu, da ich nicht aus dem Hause gehe und daselbst nur die Nächsten, Gleichgesinnten und allenfalls einige Fremde sehe. Mitunter erzählt man mir viel Gutes von der Ausstellung Ihrer Bilder, gelegentlich aber auch von den schalkhaften Streichen unseres Bertram, der sich als ein echter Gallerie-Inspector, bey seinem oft unerfreulichen Geschäft, durch guten Humor und Schadenfreude zu entschädigen weiß.

Hiemit sey der erste freundlichste Gruß abgeschlossen.

treulichst

Weimar den 9. December 1820.

Goethe.


34/39.


An Johann Heinrich Meyer

Weimar den 9. December 1820.

Lassen Sie mich, theurer Freund, Ihre Abendbesuche nicht länger entbehren; Kräuter bleibt niemals länger als 6 Uhr. Leider ist meine Equipage lahm und ich kann Sie nicht abholen lassen. Es giebt manches[38] zu besprechen, auch wünschte von Ihrer Arbeit wieder zu vernehmen und vielleicht zu sehen. Die Homerischen Arbeiten [haben] mich wieder auf Wolfs Prolegomena geführt; ein Werk, das einen nach so langer Zeit erst recht in Erstaunen setzt.

Das Beste wünschend

G.


34/40.


An Christian Ludwig Stieglitz

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

für das mir übersendete treffliche Werk einen wo nicht gefühlteren, doch einsichtigeren Dank abzustatten als es nach dem ersten Anschauen und Betrachten möglich wäre, wollte ich abwarten, daß die Unterhaltung an langen Winterabenden mit unserm Freunde Meyer mich noch tiefer in die Verdienste Ihrer Arbeit eindringen ließe; da aber die Nacharbeiten zu seiner Berliner Reise und die deshalb gepflogenen Mittheilungen diesen Genuß zu verschieben drohen, so säume ich wenigstens nicht, vorläufig einen aufrichtigen und warmen Antheil an Ihrer Unternehmung zu versichern.

Der ich mich mit vollkommenster Hochachtung unterzeichne.

Weimar den 12. December 1820.[39]


34/41.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

übersende hiemit die Übersetzung, wie solche von Bremen angelangt: wegen des Manuscripts so wie auch der aus England erwarteten Bücher ist noch nichts zu vernehmen gewesen, ob man es besonders in Betreff der letzteren an Erinnerung nicht hat fehlen lassen: sollten die nächsten Tage sich günstiger zeigen, so werd ich alsobald Meldung thun. Zu Geschäften und Unternehmungen, nicht weniger Ihrem werthen Familienkreise das Beste wünschend.

Weimar den 13. December 1820.


34/42.


An Carl Ludwig von Knebel

Meine Absicht, dich einmal zu überraschen, ist durch die weichen regnenden Tage bis jetzt verhindert worden. Den kürzesten Tag werden wir denn wohl in wechselseitiger Einsamkeit abwarten müssen, wo sodann die Sonne, zu deiner Freude, jeden Morgen nach der Kunitzburg weiter rücken wird.

Meyers großer und entschiedener Gewinn von der Berliner Reise unterhält mich gar höchlich die Abende; er hat es an schriftlichen Bemerkungen nicht fehlen[40] lassen, die denn freylich jetzt erst zu redigiren und in's Reine zu schreiben sind.

Ein vor zwanzig Jahren gefertigtes Schema, wo alle Motive der Ilias Schritt vor Schritt ausgezogen sind, und von dem ich dir wohl einmal gesagt habe, ist nun sorgfältig revidirt und der Laconismus desselben durch Ausführlichkeit der Gleichnisse belebt worden. Ich habe bey dieser Gelegenheit, da ich das Werk von vornen bis hinten und von hinten bis vornen anschauend überlassend mußte, nur auf's neue Respect vor den letzten Redacteurs empfunden, denen wir unsere Recension schuldig sind. Wir können dieses Werk in seiner Ausführung als vollkommenste ansehn, was wir besitzen, und wollen also dasselbe immerfort mit Dank anerkennen.

Bey dieser Gelegenheit habe auch Wolfs Prolegomena wieder gelesen und mich daran erbaut und ergetzt. Da man das Vorurtheil aufgegeben hat der uralterthümlichen Einheit der homerischen Gesänge, so ist es eine Freude durch alle kritische Nebel hindurchzusehen, wie viel uns übrig geblieben seyn muß.

Junge Freunde ersuchen mich dringend mein Schema drucken zu lassen, und ich thue es vielleicht in einem meiner Hefte. Dem bildenden Künstler wird es vom größten Vortheil seyn, der nunmehr die nackte That, ohne poetische Pracht, vor Augen sieht[41] und sie nach seiner Weise nun wieder geistreich verkörpern und ausstatten kann.

Im Beykommenden findest du die Abbildung eines alten Vorfahren, den du mit einer Stecknadel gern an die Wand heften mögest. Durch eine gewisse Ähnlichkeit bin ich veranlaßt worden, die in meinem Besitz befindliche Medaille abgießen zu lassen; ob ihr an der Saale auch diese Ähnlichkeit findet, wird sich zeigen; meine Hausgenossen haben sich sogleich ausgesprochen.

Jetzt lebe wohl und laß mich den ersten Aushängebogen vom Lucrez baldmöglichst sehen, damit ich mich vergnüglich überzeuge, und sage mir auch etwas von deinen Zuständen.

Das Übel unserer theuren Großherzogin scheint sich sehr zu mildern und in Heilungszustand überzugehen. Der Fingergeschwulst, der ohnehin nicht bedenklich ist, legt sich nach und nach, auch ist sie schon wieder auf den Füßen, worauf doch eigentlich alles ankommt. Hofmarschall Spiegel bessert sich auch, und so können wir bey rückkehrender Sonne hoffen diese Harpyen los zu werden.

Lebe wohl, grüße die Deinigen und laß bald wieder etwas von dir vernehmen; in meinem Hause befindet sich Jung und Alt ganz wohl.

treulichst

Weimar den 17. December 1820.

Goethe.[42]


34/43.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Das Profil unseres guten von Knebel hat ihm und seinen Freunden großes Vergnügen gemacht, welches verdoppelt wurde, da die schöne Gabe gerade zum Geburtstage ankam. Danken Sie auch in meinem Namen Herrn Tieck dafür zum allerschönsten.

Warum ich aber Knebels Dank, den er mir, in beyliegendem Briefchen, schon vor einiger Zeit eingereicht, durch Sie, mein Theuerster, an den Künstler gelangen lasse, erklärt sich in Folgendem. Ich wünsche nämlich gedachtes Medaillon, in Marmor ausgeführt, auf unserer Bibliothek zu sehen, weil aber eine solche Bestellung nicht von mir allein abhängt, sondern ich der Beystimmung von Mitgeordneten hiezu bedarf; so wünsche zu erfahren, wie hoch ein solches Medaillon, in Marmor gearbeitet, kosten könne, nur wünsche den Hals bis unter die Halsgrube verlängert, etwas Schulter und weniges Gewand. Haben Sie die Güte, mir hierüber eine baldige Auskunft zu geben.

Ich genieße diesen Winter einer leidlichen Gesundheit und mäßiger Thätigkeit. Meyer schließt in diesen Tagen den für Berlin bestimmten Aufsatz ab, wir lesen ihn bey stillen Abendconferenzen, alsdenn wird er mundirt und zur weiterer Beurtheilung und Disposition zugesandt; billigen Sie den Druck, so kann alsobald angefangen werden, das nächste Stück[43] von Kunst und Alterthum habe deswegen mit dem siebenten Bogen sistrirt.

Übrigens ist es seit meiner Rückkehr von Jena so wunderbar bunt mit mir und um mich ergangen, daß auswärtige Freunde mir manches Versäumniß verzeihen werden; dieß vor allem darf ich nicht unbemerkt lassen, daß die bedeutende Krankheit, die Sie, mein Bester, befallen, mir Sorge und Bedenklichkeit gemacht hat. Sagen Sie mir ein beruhigendes Wort, wie Sie die Hälfte des Winters zugebracht haben.

Daß unsere verehrte Großherzogin in ihren Zimmern ausgeglitten ist und, durch einen harten Fall, die rechte Hand und den rechten Fuß beschädigt, haben Sie vernommen; dieß Unheil lastete diese sechs Wochen her so schwer auf mir, als der Himmel selbst; hiezu kam noch, daß ähnliches Unheil nähere oder fernere Personen, und zwar in unserm Kreis bedeutende, ergriffen, so daß ich also auf alle Fälle, in einem kimmerischen Zustande, was mir von Thätigkeit gegönnt war, halb peinlich fortsetzen mußte; dennoch ist manches gefördert worden, was Ihnen früh oder spät, hoff ich, einige Freude machen soll.

Die herrliche Druse carrarischen Marmors, mit vollkommenen Bergcrystallen, wird von jedermann bewundert und von Kennern jederzeit angestaunt. Danken Sie ja auf das verbindlichste den werthen Künstlern dafür. Herrn Schinkel bin ich auch noch für das werdende korinthische Capitäl meine Verpflichtung[44] auszusprechen schuldig: die Inschrift wird seyn: ex funere forma. Sobald mir wieder etwas begegnet, was seiner freundlichen Bemühung werth scheint, so bin ich so frey, ihn nochmals ersuchend anzugehen.

Soviel für dießmal mit dem aufrichtigen Wunsch, bald von Ihnen zu hören.

treulichst

Weimar den 17. December 1820.

Goethe.


34/44.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

lege hiebey eine freundliche Sendung vor, welche Blumenbach, in dankbarem Andenken gnädigster Aufnahme und manches angenehmen Gastgeschenkes, übersendet hat, indem er zugleich meldet, wie folgt:

a. »Ich schicke hiermit den neuholländischen Topas, den Seine Königliche Hoheit der Großherzog von mir für das reiche jenaische Museum erwartet. Schon hatte ich darum nach London geschrieben, als mir beyfiel, daß mein lieber Neffe Heeren ein vortreffliches Stück davon erhalten habe, das er mir auch sogleich zu jenem Zweck cedirte.«

b. »Ein Döschen, aus dem, durch achtzehnhundertjähriges Alter und Einwirkung des Moors, sehr veränderten Föhrenholz, von den neuerlich wiedergefundenen[45] und vielbesprochenen pontibus longis, die Domitius anlegen ließ, und sich etliche Stunden lang, von Drenthe bis Meppen erstrecken. Ich lege ein rohes Stück bey, das die Textur besser zeigt, wornach es von Förstern, die es bey mir gesehen, meist erst für eichen angesprochen, dann aber doch für föhren erkannt worden; und

c. ein Ungezifer, das mir große Freude gemacht hat: die den Musen geheiligte, von den alten Dichtern gefeyerte, von Phidias in Erz gearbeitete, bey den Hellenen in Gold als Haarschmuck getragene, echte Cicada graeca, die mir meiner Zuhörer aus seiner Heimath Chios kommen lassen, und die von den bekannten Gattungen dieses Geschlechtes (orni, plebeja p.), die man sonst dafür genommen, specifisch verschieden ist. So wie sie wohl eher (z.B. von Addison in seinem Anakreon S. 43) mit Heuschrecken verwechselt worden.«

unterthänigst

Weimar den 19. December 1820.

J. W. v. Goetthe.


34/45.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

hatten die Gnade mir neulich eine Sendung von Brandes zu überschicken, sie enthielt eine sehr wohlgedachte Ankündigung eines meteorologischen Journals,[46] ganz in dem früher schon mehrmals besprochenen Sinne. Sie war unterzeichnet von Brandes und von einem Heidelberger Meteorologen, dessen Namen ich vergessen habe. Der Brief aber zeigte an: daß ihr guter Wille, die Wissenschaft zu fördern, leider dadurch gehindert werde, daß ein Verleger sich zu der Herausgabe nicht entschließen wolle, wenn ihm nicht ein Vorschuß gereicht würde, den man nicht eher zurück verlangte, als bis die Anstalt consolidirt wäre; welches freylich so viel heißen möchte: einen Vorschuß, den man gar nicht wieder zurück erwarte. Ich habe diese Blätter an Posselt geschickt, mit dem Ersuchen: bey Hofrath Brandes anzufragen, welche Vorschußsumme allenfalls erwartet würde, weil vorher weder Gutachten noch Entschluß folgen könne. Posselt hat geschrieben und wird die anlangende Antwort sogleich übersenden, wo dann ein unterthänigster Vortrag alsobald erfolgen soll.

Blumenbachen wird die Medaille zur größten Freude gereichen und zur höchsten Belohnung seines unermüdeten Bestrebens und Wirkens. Auch wird dadurch das erneuerte gute Verhältniß erst recht lebendig, erfreulich und nützlich erhalten.

Weimar den 20. December 1820.

Goethe.[47]


34/46.


An Graf Vargas Bedemar

[Concept.]

Ew. Hochgeboren

haben gewiß bey Absendung so höchst schätzenswerther Gaben das Vergnügen vorempfunden, welches den Empfängern zugedacht sey, und nicht leicht ist ein Zweck vollkommener erreicht worden. So köstlich seltene Naturproducte aus ferner unwirthbaren Gegenden, durch einen treuen, einsichtsvollen und jetzt so nah verbundenen Mitarbeiter auf den beschwerlichsten Wanderungen gesammelt und dann durch künstliche Behandlung zu völliger Evidenz des Werthes gebracht, müßten höchst willkommen seyn denenjenigen, die ihre Sammlungen durch diese Schätze bereichert und längste Lücken herrlich ausgeglichen sahen.

Wenn ich nun also von meiner Seite einen aufrichtigen Dank dafür ausspreche, so darf ich wohl zugleich versichern, daß das Vergnügen, welches meinem gnädigsten Herrn ebenfalls in so hoher Maaße zuwuchs, auch die Freude an meinem Theil doppelt und dreyfach erhöht und gesteigert hat. Ihro Königlichen Hoheit sehr schöne und sonst vollständige Sammlung geschliffener Edelsteine ermangelte doch gerade in diesem Fache wünschenswerther Exemplare, welche nun auf einmal durch Ihre Vorsorge in selbiger glänzen.

[48] Ihro Königliche Hoheit werden Ihro Gesinnungen deshalb schon selbst ausgesprochen haben, und ich füge nur, indem ich unsere Societät bestens empfehle, den Wunsch hinzu, daß wir auch mit etwas Gefälligem anzudienen im Stande seyn möchten.

Nicht weniger hat es mich gefreut, daß manches, was ich auf meiner schriftstellerischen Laufbahn zu leisten fähig gewesen, auch auf Ihr Leben und Bildung einigen Einfluß haben können, und ich dadurch schon voraus meine Hoffnung erfüllt sehe, daß Sie jetzt und künftig meiner im Guten gedenken mögen.

Weimar den 22. December 1820.


34/47.


An Johann Jacob von Willemer

Eine Schachtel, welche Sonntag Abends hier abgeht, hätte den ehrwürdigen Zwölfen unterwegs begegnen sollen, nun kommt sie, statt im Wechsel, zur Erwiderung und kann zugleich meinen schönsten Dank mit sich nehmen. Der Inhalt, von zierlichsten Händen, mit liebevollem Herzen gefertigt, dem Frauenverein als milde Gabe zugestellt, von mir in Beschlag genommen, möge freundlich empfangen und, nach einer beyliegenden Notiz, wenigstens eine Zeitlang gebraucht werden. Nun soll vor allen Dingen Ihr Büchlein an die Behörden; wobey jedoch bemerke, daß ich räthlich gefunden allem Einfluß auf dieselben zu entsagen.[49] Es kam spät Abends bey mir an, und ich habe, bis in die tiefe Nacht, darin gelesen. Es stimmt vollkommen mit sich selbst überein und das wäre ja schon genug, allein es stimmt auch zu jeder religiosvernünftigen Ansicht und ist ein Islam, zu dem wir uns früher oder später alle bekennen müssen. Ja das zahm-wilde Völkchen ist auch nicht anders; Ernst oder Scherz, Unmuth oder Gelassenheit sind nur die verschiedenen Schattirungen ein- und ebendesselben Gefühls. Man darf davon nicht viel reden; doch da Sie von gewissen Lebensepochen sprechen, wo die Freude zu versiegen scheint, so kann ich auch wohl sagen, daß seit dem 15. Sept. 1815 mir von außen viel Glück, von innen wenig Heil widerfahren ist, deswegen auch die einzelnen weisen Lehren, ob gleich noch ziemlich heiter, zuletzt mit dem einlenkenden Rathe sich abschließen: sey lustig, geht es nicht, so sey vergnügt!

Das letzte Vierteljahr habe fast ganz in meinem Hause, wenige Freunde sehend, in ununterbrochener Thätigkeit zugebracht; schon sind wieder neue Hefte und Bändchen vorbereitet; wie Sie denn aus eigner Erfahrung wissen, daß schriftstellen eine unheilbare Krankheit ist, deswegen man wohlthut, sich auch darein zu ergeben.

Hofrath Meyer hat von einem beynahe zweymonatlichen Aufenthalte in Berlin treffliche Kunstnachrichten mitgebracht, die, bey seinem sichern Urtheil,[50] große Ausbeute geben; daran zehren wir denn die langen Winterabende, die sich denn von heute an wieder freundlich verlängern werden. Möchte ich den längsten Tag und folgende mit meinem Freunden am schönen Flüsse wieder feyern können!

Soviel für heute. Verschiedene Sendungen werden auf einander folgen, damit das Neujahr in treuem Vereine eröffnet werde. Von dem musicalischen Verein, dem Vorsteher und den Theilnehmern, haben mir Schlossers das Allerlöblichste zu erzählen gemußt; diese lieben Freunde bedauere von Herzen wegen des großen unerwarteten Verlustes, die begleitenden Umstände machen ihn doppelt schmerzlich. Ein Brief von Boisserée aus Paris hat mich in die Mitte der trauenden Familie recht unmittelbar hinein gesetzt. Versichern Sie die Freunde meiner herzlichsten Theilnahme und empfangen Gegenwärtiges und Nachfolgendes mit gutem treuen Willen.

und so fort und für ewig

Weimar den 22. December 1820.

G.


34/48.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

erhöhen Gabe und Mittheilung durch einen ganz besondern Gegensatzt; die Früchte der glücklichen italienischen Zone, welche mit dem verpflichtetsten Danke genieße, contrastiren gar wundersam mit jenen doppelt[51] und dreyfach über einander gelagerten Gebirgsrücken, die einen ihrer Größe gar geziemenden fruchtbaren Charakter aussprechen und uns zugleich mit einer ängstlichen Unfruchtbarkeit bedrohen.

Ich habe angefangen, die Localitäten der Bilder auf der Charte zu suchen, wodurch beide mehr Interesse gewinnen; wenn Höchstdieselben sich dieses Exemplar zueignen, so würde mir die Erlaubniß erbitten, die Zahlen der Tafeln mit saubern rothen Nummern auf die Charte zu zeichnen, welches eine erfreuliche Nachweisung gäbe.

Beyliegende meteorologische Blätter geben gleichfalls eine befriedigende Übersicht, sie sind von dem Gehülfen der Sternwarte, Schrön, gezeichnet. Die Windscale scheint mir sehr gut ausgesonnen und ausführlich.

Die Notiz, daß schwefelsaures Silber, auf Glas geschmolzen, dasselbe in einen trüben Zustand versetzte, kommt mir gerade sehr zu statten, da ich mit der Chromatik wieder beschäftigt bin.

Das Buschmannsweib hab ich mit Verwunderung betrachtet, aber nicht lange, jedoch mit diesen wenigen Blicken mir schon die Einbildungskraft gar greulich verdorben.

Die Gegenwart anmuthigster Gegenstände wünschend und auch die baldige Ankunft des Antwerper Bildes hoffend.

Weimar den 23. December 1820.[52]


34/49.


An Johann Jacob von Willemer

Nur mit wenig Worten begleite Beykommendes; möge es die lieben Freunde in gutem Befinden antreffen, sowie auch meiner gedenkend. In kurzer Zeit folgt noch anderes nach, wie ich denn hoffe, im neuen Jahre mehr als im alten von Zeit zu Zeit Nachrichten zu vernehmen.

Der treffliche Musikmeister soll mir bestens empfohlen seyn; freylich wünscht ich einmal Ohrenzeuge zu werden alles des Guten, was durch ihn gestiftet wird; denn es ist eine große Wohlthat für eine Stadt, wenn sich ein höhrer Sinn für irgend eine Kunst aufschließen läßt, woran ich auch abwesend theilnehme mit Geist und Herz gegenwärtig.

treulichst

Weimar den 23. December 1820.

G.


34/50.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

verbinden mich sehr, wenn Sie die Mittheilung der auswärtigen Nachrichten gefällig fortsetzen; erhalt ich sie auch etwas später, so sind sie doch immer ein bedeutendes Supplement zu den Zeitungsblättern.

Beyliegendes enthält die Andeutung eines Scherzes, den man wohl ganz kennen möchte; vielleicht gelingt[53] es Ihnen, von Wien ein gedrucktes oder geschriebenes Exemplar davon zu erhalten.

Glückliche und erfreuliche Feyertage so wie gleichen Übergang in's neue Jahr von Herzen anwünschend

gehorsamst

Weimar den 24. December 1820.

J. W. v. Goethe.


34/51.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

wird sich als höchst wahrscheinlich, ja bis zur Gewißheit bestätigen, daß das fragliche Werk nicht verschrieben worden. Aus denen von mir über dieses Geschäft geführten Acten ergiebt sich: daß Haage mir von seiner Abreise zwey Bücher namentlich angezeigt, welche ich auf Höchst Ihro Befehl von London verschreiben sollen. Diese beiden Bücher sind auch in dem Hüttnerischen Literaturbericht von Ew. Hoheit mit schwarzer Tinte vorgestrichen und von mir nachher mit einem Strich rother Tinte bezeichnet worden; auch findet sich das Concept eines Schreibens an Hüttner, worin ich die beiden Bücher wirklich bestelle, welche denn auch zu gerechter Zeit angekommen sind.

Das fragliche Prachtwerk dagegen ist weit früher in dem Literaturbericht angezeigt und von Ew. Hoheit mit Bleistift angestrichen; hätte ich es bestellt, so[54] würde ich es auch mit rother Tinte vorgestrichen haben, und in dem Schreiben an Hüttner würde davon Meldung seyn, so wie in seinen Antworten. Woraus denn folgen möchte, daß dieses Werk, zwischen die Haagische und meine Besorgung innefallend, nicht bestellt worden ist. Haage hat die Acten und Papiere in Händen und kann sie auf Befehl vorlegen; auf alle Fälle jedoch würde die Zurücksendung des Werks an Artaria und eine Bestellung in England bey Hüttner, besonders auch wegen des wohlfeilen Preises, vielleicht am räthlichsten seyn.

Weimar den 25. December 1820.


34/52.


An Carl Emil Helbig

Nachstehende Wünsche des Professors Posselt in Jena, bezüglich auf Witterungskunde, bey Gelegenheit der auszufertigenden Instructionen gefällig zu berücksichtigen:

»Ich nehme mir die Freyheit die Windscala beyzulegen, welche, wenn ich nicht irre, schon von der Mannheimer Gesellschaft in Vorschlag gebracht worden ist, und nach welcher in Halle und hier die Stärke des Windes angegeben wird. Wenn darnach auch in Schöndorf aufgezeichnet würde, so könnte eine Vergleichung stattfinden. Die früheren Angaben unter[55] der Rubrik: Stärke des Windes könnten beybehalten werden, es wäre nur noch erforderlich, daß in der Rubrik: Richtung des Windes die nach der erwähnten Windscala entsprechend Zahlen beygesetzt würden. – In Beziehung auf die Rubrik: Größe der Bewölkung erlaube ich mir die Bemerkung, daß gewöhnlich diese so angegeben wird, wie sie sich im Momente der Beobachtung zeigt. Es kann aber gerade in diesem Augenblick z.B. helles Wetter seyn, während es am übrigen Theile des Tages bedeckte Luft war. Wäre es daher nicht passender, die Zahlen jener Rubrik so anzugeben, daß sie die Größe der Bewölkung zwischen zwey auf einander folgenden Beobachtungszeiten, so genau wie möglich, ausdrücken.«

ergebenst

Weimar den 27. December 1820.

Goethe.


34/53.


An Johann Heinrich Meyer

Da hierbey zurückkommendes Kyanometer Höchsten Beyfall erhalten, so wird Herr Lieber ersucht, ein gleiches abermals zu verfertigen und solches baldmöglichst mit einem Conto des dabey verdienten Honorars einzureichen.

Weimar den 28. December 1820.

G.[56]


34/54.


An Eduard Joseph d'Alton

Wenn Ew. Hochwohlgeboren einige Zufriedenheit mit meinen Entwürfen und Vorarbeiten bezeigt, so können Sie denken, wie viel Genuß und Belehrung mir Ihre ausführlichen Leistungen gegeben. Es scheint jetzt, als wenn in früheren Jahren mich ein guter Genius angeregt habe, mich vorzubereiten auf so manche wissenschaftliche Gabe, die mir in der Folge zukommen sollte. Was ist nicht alles in der Naturwissenschaft, der ich redlich gefolgt, während meines Lebensganges entdeckt worden; wie denn nun jetzt auch die längst geahndete Verwandtschaft des Erd-Magneten und Galvanismus uns erfreut und die glücklichsten An- und Übersichten befestigt. Mit Recht betrachte ich daher die neueren Aufschlüsse, die Sie uns über Constanz und Versatilität organischer Bildung schenken und erwarten lassen, als neue Schöpfungs-Momente, die, das Lebendige erst recht belebend, eine höhere Bildung steigernd hervorbringen. Nehmen Sie meinen besten Dank für die baldige Sendung und lassen mich fernerhin an Ihren herrlichen Arbeiten theilnehmen.

Ich sende einige Abdrücke von den beiden Platten, deren ich in meinen Besten erwähne, wenn auch nur als Zeugniß, daß es uns Ernst gewesen, in diese[57] wichtigen Gegenstände einzudringen; leider ward ich durch manche Zufälligkeiten verhindert und durch Zerstreuungen abgehalten. Der junge zeichnende Künstler, der wie Sie sehen, in diese Arbeiten sich ziemlich eingeübt hatte, starb, Kupferstecher Lips zog weg, und ich fühlte und fühle das, was Sie aussprechen, nur allzulebhaft: die Sehnsucht nach Mitarbeitenden, die in unserem Sinne –, in deren Sinne wir verführen. Bey dem Werke über die Bebrütung des Hühnchens haben Sie ein solches Glück genossen, und auch auf Ihrer wichtigen Reise hat es Sie begleitet. Und nun lassen Sie mich noch den treulichsten Wunsch aussprechen: daß Ihre anhaltenden und bedeutenden Lebensbemühungen auch zu Ihrer Zufriedenheit mögen belohnt werden, welches freylich, besonders in unserm Vaterlande, nicht immer nach Verhältniß gewährt wird. Wie denn auch gar große Hindernisse einer zusammenwirkenden Thätigkeit im Wege stehen, weshalb zu bewundern ist, daß bey so vielen vereinzelten Bemühungen so manches Wichtige zu Stande kommt.

Auf beyliegenden Platten sind die Zwischenknochen des Löwen, des Eisbären und des Wolfes von oben und unten, der des letzten aber auch von der Seite gestochen; jederzeit mit dem nachbarlichen, der obern Kinnlade eigentlich angehörigen Eckzahn. Der Elephantenschädel ist deshalb merkwürdig, weil bey dessen Jugend (es ist der Casseler) die Suturen größtentheils[58] noch wohl zu erkennen sind. Eine gleich sorgfältige Zeichnung dieses Kopfes, von der Seite, wodurch das Interesse vermehrt und das Ganze in's Klare gesetzt wird, ist leider nicht gestochen.

Lassen Sie uns in's neue Jahr mit frohem Muthe hinübertreten.

gehorsamst

Weimar den 28. December 1820.

J. W. v. Goethe.


34/55.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

habe abermals meinen besten Dank abzustatten, daß Sie jeden meiner Tage des folgenden Jahres mit Ihrem freundlichen Andenken begleiten wollen; möge Ihnen und den lieben Ihrigen alles Vortheilhafte begegnen und jedes Unternommene glücklich gelingen. Ich wünsche, daß auch mir abermals vergönnt sey, die schönen Monate in Ihrer freundlichen Nähe zuzubringen.

Die Retardation des Drucks der Wanderjahre macht mich einigermaßen besorgt, da ich meine Badereise dießmal auch wieder früh anzutreten gedenke.

Wird jedoch die Einleitung getroffen, daß die uns bevorstehenden 34 Bogen binnen den nächsten vier Monaten abgedruckt werden können, so sollen mich[59] die neuen Lettern von dem ersten Revisionsbogen gar freundlich anlächeln.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

ergebenst

Weimar den 28. December 1820.

J. W. v. Goethe.


34/56.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

[Concept.]

Heute, theurer verehrter Freund, melde mit Vergnügen: daß Meyersche, für Berlin bestimmte Aufsatz so eben fertig geworden und dem Abschreiber übergeben ist; möge er, halb bey Ihnen anlangend, Zufriedenheit und Nutzen gewähren.

Für die Bekanntschaft mit Purkinje danke zum aller schönsten, er hat das Capitel gut durchgearbeitet und seine Augen nicht geschont.

Ich bin beschäftigt, meine chromatischen Acten zu mustern und das Brauchbarste davon in meinen nächsten Heften darzubringen. Da kommt mir denn besagtes Büchlein eben recht, um in der von dem Verfasser beliebten Ordnung manche Anmerkung zu verzeichnen; ist dieß geschehen, so theile die Arbeit mit, vielleicht werden Sie dadurch angeregt, Ihre Gedanken auch wieder diesen so wichtigen Erscheinungen zuzuwenden. Auf beyliegendem Blättchen ist eine Frage verzeichnet, welche unser guter Seebeck,[60] den ich zum schönste grüße, am besten beantworten könnte, weshalb ich um gefällige Vermittlung bitte.

Mehr sage ich nicht, als daß ich bald wieder von Ihnen zu hören wünsche.


Anfrage.

Purkinje sagt pag. 82:

»Dieß beweisen vorzüglich Seebecks entoptische Figuren, denen eine mühsame Messung von einfach und doppelt brechenden Stellen im Glaswürfel vorherging.«

Wo ist die Stelle in unseres Seebecks Aufsätzen, worauf sich diese Worte beziehen?

Weimar den 31. December 1820.


34/57.


An Johann Heinrich Meyer

Weimar den 31. December 1820.

Ob ich gleich, mein theurer Freund, Ihre Abendbesuche sehr ungern entbehre, so rathe ich doch, wenn Sie sich ganz wohl befinden, sich in diesen Tagen gar sehr zu schonen und das Zimmer zu hüten. Hiebey sende den Anfang der reinen Abschrift zu einiger Beschäftigung. Ich habe sie, um jeden Irrthum zu vermeiden, mit Rothstein foliirt.

Das Beste treulich wünschend.

G.[61]


34/58.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen an dem heutigen Tage den Ausdruck treuster Wünsche und lebenslänglicher Verehrung und Anhänglichkeit.

Die Witterungstabellen liegen bey, mit Erklärung der Zeichen auf einem besonderen Blatte. Die Wernersche Capucinade erreicht denn doch die Höhe eines Pater Abraham von Sancta Clara noch nicht, es sey mir vergönnt, auch dieses Document aufzubewahren.

Weimar den 31. December 1820.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 34, S. 1-62.
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