1824

38/1.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Königliche Hoheit

Schon im Laufe des ganzen Jahres soviel Gnade, Wohlwollen und Vertrauen, nun aber noch am Ende die fürstväterliche Vorsorge für meinen Familienkreis danckbar anzuerkennen, möchte einem fühlendem Gemüthe fast unerschwinglich werden. in diesem Falle kann mich allein aufrichten das Bewußtseyn seit soviel Jahren mit wachsender Anhänglichkeit Ew. Königlichen Hoheit und Höchst Dero fürstlichen Kreise mich gewidmet zu haben. Möge jeder Antheil meiner noch übrigen Kräfte dazu verwendet werden den Willen und den Absichten Ew. Königlichen Hoheit gemäß zu wircken und von meiner Seite das mannichfaltige Gute fördern zu helfen, welches unter Höchst Ihro Leitung und Ausbreitung gewinnt.

Weimar den 1. Januar 1824.[1]


38/2.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

[1. Januar 1824.]

Die schöne Hoffnung, die ich bey meiner Rückkehr, mit erneuerten und bestätigten Kräften hegen konnte, Höchst Denenselben dieses Spätjahr über öfters bey mir aufzuwarten und mit manchen, von Zeit zu Zeit sich einfindenden erfreulichen und belehrenden Gegenständen anzudienen, ward bisher leider nicht erfüllt, indem ein unvorgesehnes, lange dauerndes Übel mich von allem frey-mittheilenden Umgang ausschloß. Möge jetzt, da ich bis auf einen gewissen Grad wieder hergestellt, mit einigem Zutrauen in das neue Jahr hinüberschaue, der Zeitpunct nicht ferne seyn, wo ich Höchst Denenselben mündlich betheuern kann, daß meine Verehrung dem Antheil gleich ist, den ich an Höchst Deroselben Wohl zu nehmen als die angenehmste ja eingeborne Pflicht empfinde. Vergönnen Höchst Dieselben an dem heutigen Tage dieses mit wenigen schriftlichen Worten zu bezeigen und geruhen gnädigst der hohen Theilnahme, deren Gewißheit mich einzig glücklich macht, auch in der Folge mir schmeicheln zu dürfen.[2]


38/3.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Erbgroßherzoginn,

gnädigste Fürstinn und Frau,

Wenn auch die körperlichen Leiden, die mich länger als billig in diesen letzten Wochen gefangen hielten allenfalls durch standhafte Geduld zu übertragen waren, so mußten doch die geistig-gemüthlichen Entbehrungen welche meine schönsten Aussichten auf das vergangene Vierteljahr verdüsterten unerträglich zu nennen seyn: denn wenn ich die aus der Ferne herangekommenen Freunde nur durch den trüben Schleyer einer verdüsterten Gegenwart begrüßen konnte so fehlte mir dagegen ganz und gar die erquickliche Nähe meiner jungen gnädigsten Herrschaften, an deren gesundem Lebensmuth, geregelter Thätigkeit und unschätzbarem Wohlwollen ich mich von Zeit zu Zeit aufzuerbauen das Glück hatte.

Doch blieb ich auch in dieser Entbehrung nicht ohne tägliches Zeugniß huldreicher Theilnahme, und ein ersehnter Genuß brachte mich nach und nach in den Zustand zurück wo ich das frühere Heil einer unschätzbaren Gegenwart abermals hoffen darf.

Möge es mir alsdann erlaubt seyn gründliche, wohlausgesprochne Wünsche darzulegen und alles was[3] noch von mir übrig ist Höchst Ihro Diensten und gnädigster Zufriedenheit wiedmen zu können.

Verehrend

unterthänigst

Weimar d. 1 Jan. 1824.

J. W. v. Goethe.


38/4.


An Carl Gustav Carus

Ew. Wohlgeboren

benachrichtige ich hiermit schuldigst, daß die übersendeten Bilder glücklich angekommen sind, und bis jetzt den Weimarischen Kunst- und Naturfreunden zu vergnüglicher Betrachtung Gelegenheit geben. Die Ausstellung derselben in dem Museum werde zu gelegener Zeit bewirken, wenn es sich fügt, daß Aufmerksamkeit und allgemeine Theilnahme darauf zu lenken ist, da in diesen Augenblicken, bey ungünstiger Jahreszeit noch mancherlei Zerstreuung sich zwischen ruhige Betrachtung und ein Kunstwerk stellt.

Der höchst fruchtbare mitgetheilte Aufsatz ist abgedruckt und da ich in eben diesem laufenden Hefte noch einige Worte über Schädel und Wirbel von meiner Seite sagen möchte, so frage an: ob es mit Ihren Zwecken übereinstimmt, daß ich Ihrer Hülfswirbel, die sich mit meiner Vorstellungsweise sehr wohl vertragen, in allen Ehren gedenken dürfte, oder ob Sie sich vielleicht vorbehalten, diese neue Ansicht[4] im Zusammenhange des Hauptwerkes selbst zuerst vorzutragen.

Alles Gute wünschend, Ihre vielseitige glückliche Thätigkeit mit Freude bewundernd, empfehle mich zu fernerem wohlwollenden Andenken.

ergebenst

Weimar den 1. Januar 1824.

J. W. v. Goethe.


38/5.


An Ludwig Tieck

Ew. Wohlgeboren

haben mich mit Ihrem werthen vertraulichen Briefe gar sehr erfreut, wogegen ich den empfohlnen wackern Mann freundlich aufgenommen, und, obgleich nur kurze Zeit, mich mit ihm gern unterhalten habe. Ein jeder den Sie mir senden soll mir gleicherweise lieb seyn.

In dem nächsten Hefte von Kunst und Alterthum finden Sie ein heiteres wohlgemeintes, obgleich flüchtiges Wort über Ihre Verlobten. Merkwürdig ist es immer daß von den zerstückelten Gliedern unsers anarchischen Literatur- und Kunstwesens gar manche sich zu der frömmelnden Fahne sammeln, welche freylich die Schwachen am Geiste und an Talenten sektenartig in Schutz nimmt. Schade ist es dabey doch immer daß so manche löbliche Fähigkeit und Fertigkeit auf diesem falschen Wege, wohl erst gewisse Vortheile, später aber großen Nachtheil empfindet; wie[5] ich auf's deutlichste in vielfachen Einzelheiten die zu mir gelangt ungern gewahr werde. Wenn denn aber wie man sich nicht verbergen darf gegen dieses nur seicht und immer seichter sich verbreitende Gewässer nicht zu wirken ist, so halt ich's doch für gut, ja für nöthig von Zeit zu Zeit ein öffentliches Zeugniß zu geben daß man anders denkt, wie es denn auch in Ihrer Novelle ganz am rechten Platz geschehen.

Sollten Sie von manchem was Sie öffentlich auszusprechen geneigt wären mir baldige Kenntniß geben, so würde ich es dankbar empfangen; bey der nothwendigen Beschränkung, in der ich mich halten muß um nur einigermaßen übernommene Pflichten zu erfüllen, trifft auch das Beste spät bey mir ein, da dem minderen aller Zugang ganz und gar versagt ist.

Lassen Sie uns ja bey dieser Gelegenheit wohl betrachten, welchen großen Werth es hat mehrere Jahre neben einander, wenn auch in verschiedenen Richtungen gegangen zu seyn. Waren die früheren Zwecke redlich und ernstlich, so neigen sie sich in späteren Tagen wieder von selbst zu einander, besonders wenn man gewahren muß daß die nachfolgenden in solchen Divergenzen hinauszuschwärmen geboren sind, die kein Begegnen mit dem was wir für das Echte und Wahre halten jemals hoffen lassen.

Gern erwähn ich auch Ihrer fortgesetzten Vorlesungen wodurch Sie Geist und Sinn unserer früheren[6] Tage, auf die wir immer mit einigem Wohlgefallen zurückzusehen berechtigt sind, lebendig zu erhalten wissen.

Grüßend, wünschend, treu theilnehmend

Weimar den 2. Januar 1824.

Goethe.


38/6.


An Carl von Reinhard

Ew. Hochwohlgeboren

haben Ihro Königlichen Hoheit, dem Großherzog von Weimar, meinem gnädigsten Herrn, zwey Bände nachgelassener Bürgerischen Werke vor einiger Zeit übersendet, wo in einem Vorberichte das Andenken einer im Jahre 1776 zu Gunsten Bürgers unternommenen Subscription erneuert wird. Ich konnte hierüber bey treuem Gedächtniß genugsame Auskunft geben, welche Denenselben mitzutheilen höchsten Ortes befehligt bin.

Mit der im dritten Bande der sämmtlichen Bürgerischen Werke, und zwar in der Vorerinnerung Seite IX und in den Anmerkungen S. 223 – 5, eingeführten weimarischen Subscription hat es seine völlige Richtigkeit. Der damals schon lebhafte und nachher so viele Jahre sich immer gleich gebliebene Trieb, von Weimar aus alles Löbliche und Gute zu fördern, mußte bey dem Anerbieten Bürgers rege werden, als er Lust bezeigte, den Homer zu übersetzen. Wie ein[7] solches an- und eingeborenes Talent sich auch in diesem Falle benehmen, was es leisten würde, unterlag keiner genauen Untersuchung, weil man gewiß war, daß am Ende Sprache und Literatur dadurch um manches würden gefördert seyn.

Man begnügte sich auch nicht mit dieser schriftlichen Zulage, sondern man legte die Summe von fünf und sechzig Louisd'or in meine Hände. Allein weder die Theilnahme des Publicums, noch Bürgers Beharrlichkeit stimmten in den wohlmeinenden Vorsatz; die Sache geriet in Schwanken und Stocken, wo denn zuletzt wenig Hoffnung übrig blieb.

Da aber einmal das Geld zu Gunsten bestimmt worden, der sich aus kümmerlichen Umständen nie zu erholen wußte, so beschloß die ansehnliche Gesellschaft, ihm diese bedeutende Unterstützung angedeihen zu lassen, wenn auch die Bedingung unerfüllt geblieben war. Ich sendete ihm das Geld, erhielt seinen Dank, und richtete ihn aus.

Soviel weiß ich mich genau zu erinnern; ja, ich wollte noch Ort und Stelle angeben, wo das Verschiedene beschlossen, realisirt und ausgeführt wurde. Schriftliche Zeugnisse haben die Jahrs- und Begebenheitswechsel mit aufgezehrt.

Indem ich nun durch Mittheilung des Vorstehenden mich des erhaltenen gnädigsten Auftrags entledige, so kann ich nur noch den Wunsch hinzufügen, daß die von Ew. Hochwohlgeboren übernommene Bemühung[8] auch vom deutschen Publicum möge anerkannt werden, welches freylich mit täglichen Neuigkeiten so überhäuft ist, daß es kaum einen Blick rückwärts zu thun geneigt seyn möchte. Indessen kann doch keine Büchersammlung eines echten Literatur-Freundes auch nur in historischer Hinsicht einer so interessanten Mittheilung entbehren.

Mit u.s.w.

Weimar den 2. Januar 1824.

J. W. v. Goethe.


38/7.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

gaben mir vor einiger Zeit Kenntniß von einer gesetzlichen Erklärung des Königs von Sachsen, wegen des Nachdrucks. Dürft ich um Mittheilung derselben bitten oder um Andeutung wo sie zu finden, ich würde deshalb gleichfalls wie für so vieles andere mich für verpflichtet halten.

gehorsamst

Weimar den 3. Januar 1824.

Goethe.


38/8.


An Nikolaus Meyer

Sie haben, mein Werthester, Ihre vieljährige, zu Freude und Nutzen Ihrer Freunde immer thätige Aufmerksamkeit auch dießmal ausgezeichnet bewiesen,[9] indem Sie zu meinem Feste eine Gabe zu senden gewußt haben, welche in doppeltem Sinne unschätzbar zu nennen ist, sowohl wegen ihrer einzigen Seltenheit, als auch wegen der ganz besondern Gewogenheit der Gebenden und Gestattenden.

Freylich ohne eine so treue und emsige Mitwirkung des geprüften Freundes wäre eine solche Vergünstigung kaum denkbar gewesen; und wenn Sie meinen verpflichteten Dank jenen wohlwollenden Männern aussprechen, so nehmen Sie zugleich die dankbare Anerkennung Ihrer Theilnahme, die ich so oft und so gern anzusprechen hatte.

Möge das mancherley Gute, was Ihnen nach Verdienst geworden, zu dauerhaftem Genuß unverrückt verbleiben, und Sie sich des häuslichen Glücks noch lange mit den lieben Ihrigen erfreuen.

Gedenken Sie mein als eines in der Ferne zwar schweigsamen, aber immer theilnehmenden Freundes.

Treulichst

Weimar den 4. Januar 1824.

J. W. v. Goethe.


38/9.


An Carl Friedrich Zelter

Um mich über die Zustände von 1802 aufzuklären durchsuchte ich meine Briefhefte jener Tage, und da fand ich von dir gar schöne, gute, freundlich-gründliche Worte, die sich denn immer noch bis auf die[10] letzte Zeit bewähren. Und so mochte denn auch die Prüfung der bedenklichen Wochen, die wir zusammen zugebracht, dem vieljährigen Gewebe noch einige tüchtige Spannen zufügen! Freud und Leid haben wir in diesen zwanzig Jahren einzeln und zusammen genugsam erlebt und erfahren und so war mir denn auch deine liebe Gegenwart in meinem peinlichen Zustand abermals höchst erquickend; ich fühlte es und weiß es, und es freut daß die andern es auch anerkennen, die niemals recht begreifen was ein Mensch dem andern seyn kann und ist.

Daß du mir die Mittheilung des Gedichtes durch innige Theilnahme so treulich wieder gabst war eigentlich nur eine Wiederholung dessen was du durch deine Compositionen mir so lange her verleihest; aber es war doch eigen daß du lesen und wieder lesen mochtest, mir durch dein gefühlvolles sanftes Organ mehrmals vernehmen ließest was mir in einem Grade lieb ist den ich mir selbst nicht gestehen mag, und was mir denn doch jetzt noch mehr angehört da ich fühle daß du dir's eigen gemacht hast. Ich darf es nicht aus Händen geben, aber lebten wir zusammen so müßtest du mir's so lange vorlesen und vorsingen bis du's auswendig könntest.

Das nachgesendete Reiseblatt wird, mit dem zu hoffenden, in den Codex reinlich eingeschrieben und das Ganze sodann übersendet; ich hab es theilweis mit Freunden gelesen, die es alle mit besonderm[11] Antheil aufnehmen, dir und den Deinigen wird es auch mit allen Segnungen zu Haus und Hof kommen.

Hier liegt auch ein Brief von meiner Mutter bey den du wünschtest; darin, wie in jeder ihrer Zeilen, spricht sich der Charakter einer Frau aus, die in alttestamentlicher Gottesfurcht, ein tüchtiges leben voll Zuversicht auf den unwandelbaren Volks- und Familiengott zubrachte und als sie sich ihren Tod selbst ankündigte, ihr Leichenbegängniß so pünctlich anordnete daß die Weinsorte und die Größe der Bretzeln, womit die Begleiter erquickt werden sollten, genau bestimmt war.

Nun aber bring ich in Erinnerung den Wunsch: das Nähere zu vernehmen über die Steigerung der Stimmen bey steigendem Barometer; nur gerade hingeschrieben, wie es dir einkommt, von dem einzelnen Falle vor meinem Geburtstage anzufangen, bis dahin wo die Feder zu laufen aufhört!

Ottilie wes't nun in Berlin und wird es von Stunde zu Stunde treiben bis sie von Zeit zu Zeit pausiren muß; vielleicht gibt ihr das erreichte Ziel, wieder durch's Brandenburger Thor eingefahren zu seyn, wenigstens einige Milderung der Hast ohne die man sie freylich kaum denken kann. Du thust ihr, weiß ich, alles zur Liebe; das Beste kann freylich nicht ohne Aufregung ihres aufgeregten Wesens geschehen.

[12] Ich aber muß mir selbst sagen: daß ich mich auch früher d.h. gleich nach meiner dießmaligen Rückkunft hätte schonen sollen und mich jetzt zu schonen habe; denn die große Erregbarkeit, die sich schon in Böhmen, wie du weißt, an der Musik manifestirte ist's doch eigentlich die mir Gefahr bringt; ob ich ihr gleich nicht feind seyn kann, da ich ihr denn doch eigentlich jenes Gedicht verdanke, an dem Gefühl und Einbildungskraft von Zeit zu Zeit sich so gern anfrischt.

Nächstens die zweyte Hälfte des mitgetheilten Heftes, das abgeschlossen und ein neues schon wieder angefangen ist. In Dingen der Naturwissenschaft kam von außen glücklich einiges meinen innern Bestrebungen entgegen, und ich hoffe zunächst manches Resultat noch auszusprechen auch verschiedene Capitel vor dießmal zu abschließen. Aber hiezu ist auch nötig sich von der närrisch bewegten wissenschaftlichen Welt auszuschließen. Die Masse der unzulänglichen Menschen die einwirken und ihre Richtigkeit an einander auferbauen ist gar zu groß; selbst mit bedeutenden ist's mitunter nicht ganz just, doch kann und muß man sich über alles trösten, da es am Ende doch auch ganz vortreffliche Menschen gibt, auf die man für jetzt und künftig seine Hoffnungen niederlegen mag.

Kennst du nachstehende Reimzeilen? Sie sind mir an's Herz gewachsen, du solltest sie wohl durch schmeichlende Töne wieder ablösen:


[13] Ja! Du bist wohl an Iris zu vergleichen,

Ein liebenswürdig Wunderzeichen:

So schmiegsam herrlich, bunt in Harmonie,

Und immer gleich und immer neu wie sie.


Allen guten Geistern empfolen.

Weimar d. 9ten [Januar] 1824.

G.


38/10.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Von meinem unerfreulichen Zustand in den ich bald nach Ihrer Abreise verfiel und von dessen Besserung wird Zelter genugsame Nachricht überbracht haben. Seit seiner Abreise bin ich, in gewissen Sinne, recht wünschenswerth wieder hergestellt, wenn ich mich für krank angebe. Die eigene Lebensweise, die ich in diesem Sinne ergriffen und mit Standhaftigkeit fortsetze, gibt mir die besten Hoffnungen wenigstens für die nächste Zeit. Meine gewohnten Thätigkeiten vermag ich zu verfolgen; nächstens erscheint ein neues Heft Kunst und Alterthum, worin der Zufall mich den Paria in seiner höchsten Würde vorführen läßt, gerade im Augenblick da er Berlin vom Theater herunter interessirt; dieß ist ein Gegenstand den ich gewiß vierzig Jahre mit mir herumtrage ohne ihn zur poetischen Erscheinung gebracht zu haben. Dasselbe Heft bietet noch manches dem ich Gunst wünsche, es[14] ist kein Artikel drinne dem es nicht Ernst sey etwas zu geben oder zu versprechen was nächstens zu halten ist.

Das naturwissenschaftliche Heft ruckt langsam vor, indessen hab ich Glück; denn es sind mir fast in allen Capiteln von außen günstig-correspondirende Andeutungen entgegen gekommen, die mich aufregen, ja nöthigen, mit Entschiedenheit über gewisse Puncte mich abschließlich zu erklären. Mögen Sie mir nicht über den nach außen wirksamen Phosphor des Auges die bedeutenden Erfahrungen mit wenigen weiteren Hinweisungen zu meinen Zwecken mittheilen.

Die Erinnerung, wie Sie sehen, an manches unter uns Behandelte thut sich hervor in den einsamen Abenden wie ich jetzt zu meiner Beruhigung im Stillen hinbringe. Eben vor wenig Tagen waren bey einem naturgeschichtlichen Gespräche Ihre Seepflanzen zur rechten Zeit zu Hand.

Nun muß ich aber vor allen Dingen nach dem Exeterstein fragen, dessen lebensgroßes Basrelief im kleinen charakteristischen Eisenguß mir diese Zeit gar manches zu denken gegeben hat. Die in den bunten Sandstein eingearbeitete Einsiedeley findet sich in der Grafschaft Lippe. Nun wünscht ich zu vernehmen, welcher Künstler ist dort gewesen? Wer hat gedachte Kreuzabnahme abgebildet und in's Kleine gebracht? Nach welcher Himmelsseite steht das Basrelief? da es für sein hohes vielleicht tausendjähriges Alter noch so leidlich erhalten ist. Hat es vielleicht[15] einen chalcedonartigen Überzug gewonnen? welches diesem Sandstein zu begegnen pflegt, wenn er sehr lange der freyen Luft ausgesetzt ist. Hat irgend jemand über de Gegenstand in Berlin gedacht und geforscht?

An meine neue Ausgabe denk ich ernstlich; Eckermann wohnt in Weimar und ist fleißig an der Redaction meiner Acten und Papiere, er fühlt mit Behagen dadurch seine Bildung beschleunigt und mir ist es kein geringer Vortheil. Cotta erklärt sich willig; aber in welcher peinlichen Lage steht ein deutscher Autor gegen Verleger und Publicum. Freylich haben jene Vorfragen, die sie mir neulich mittheilten, schon so manches Bedenkliche was in dem alten Verhältnisse wegfällt. Das Nähere zu seiner Zeit. Bei eintretendem Frost empfehle dringend den schwarzen Glasspiegel auf die Fensterbank zu legen, und die aufthauenden baumförmigen gestalteten Eisrinden darin zu beschauen; nach Anlaß des naturwissenschaftlichen Heftes B. II. S. 96. Es ist wohl eins der angenehmsten Schauspiele in der ganzen Chromatik.

treulichst.

Weimar den 9. Januar 1824.

G.


38/11.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie erhalten, mein Werthester, hiebey eine Sendung die Ihnen Vergnügen machen wird; ich habe[16] vor diese Briefe in Kunst und Alterthum abdrucken zu lassen und meine Chronik von 1802 dazu. Zweck und Wirkung sehen Sie ein, das Nähere wollen wir besprechen. Bey'm Durchlesen haben Sie die Güte zweyerley zu betrachten; erstlich die allenfallsigen Schreibefehler de Abschrift; zweytens inwiefern noch manches was ich habe gelten lassen um des lieben Friedens willen zu secretiren wäre.

Das Beste wünschend.

Weimar den 11. Januar 1824.

G.


38/12.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

für das Übersendete schönstens dankend, den 10. Bogen erwartend vermelde, daß ich gern einstimme Titel und Schmutztitel auf den 1. Bogen des neuen Stücks zu nehmen, zugleich aber soviel Manuscript schicke, welches den zweyten wahrscheinlich füllen wird, weshalb mir seiner Zeit gefällige Nachricht erbitte.

Mit den aufrichtigsten Wünschen.

Weimar den 11. Januar 1824.


38/13.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiermit sende, mein Bester, die letzten Schillerschen Briefe von 1802, damit Sie das ganze Jahr beysammen[17] haben. Mich dünkt es nimmt sich ganz gut aus und ist bis auf wenige Stellen dem Publicum wohl communicabel. Gegen Ende der Woche verhandeln wir wohl in einer heitern Mittagsstunde diese Angelegenheit.

Mit den besten Wünschen

Den 12. Jenner 1824.

G.


38/14.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey, mein Theuerster, die besprochene Ausfertigung; Sie haben morgen und übermorgen Zeit, Schmellern zu bescheiden, um ihn sodann Sonnabends einzuführen. Sollte noch etwas zu bedenken seyn so besuchen Sie mich wohl auf ein Stündchen.

Weimar den 14 Januar 1824.

G.


38/15.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

vertrauliches Schreiben vom 18. October langte bey mir gerade zu einer Zeit an als ich, durch einen zwar nicht gefährlichen aber doch höchst beschwerlichen Katarrh, fast sechs Wochen lang von aller Mittheilung mich ausgeschlossen sah. Erst jetzt entledige mich nach und nach so mancher versäumten Erwiderung und darf nicht verfehlen mich auch zu einer[18] Antwort an Dieselben, obgleich mit peinlicher Empfindung anzuschicken.

Die Erläuterung, die Sie mir über einen, uns beiden höchst unangenehmen Punct ertheilen, mußten freylich alle die schmerzlichen Gefühle auf einmal wieder erregen, an die ein deutscher Autor Zeit seines Lebens nur allzuoft erinnert wird und welche dießmal den verdüsterten Geist so schwarz als möglich umhüllten.

Denn indem der Schriftsteller manchen, der seine eingeborne Kraft und Fähigkeit zu löblichen Zwecken folgerecht verwendet, prosperiren, und auch wohl im Alter mit Gütern gesegnet sieht, so muß er, der sich's eifrig angelegen seyn ließ seine eigene Bildung und wo möglich die des Vaterlands zu steigern, sich auf mannichfaltige Weise verletzt und um die billige Belohnung seiner unausgesetzten Arbeiten getäuscht sehen.

Jedoch nunmehr, da ein reineres Befinden wieder eingetreten, Lebens- und Thatlust sich wieder aufgefrischt fühlt, so ergreife getröstet den bisher durch treuen Beystand immer fortgesponnenen Faden.

Was inzwischen geschehen liegt in dem neusten, noch auszugebenden Hefte schon am Tag: denn damit die Arbeit ununterbrochen fortgehe habe ich fleißige wohlmeinende Gehülfen herangezogen; besonders blieb Eckermann diesen Winter in Weimar, der mir gar tüchtig die Hand reicht, mit den Meinigen in gutem Verhältniß steht, und den in die sämmtlichen[19] Papiere in denen er fortzuarbeiten hat successive einleiten kann.

In dem nächstfolgenden Hefte wird Erwähnung einer Chronik geschehen, welche die Lücken der früheren umständlichen Bekenntnisse, wie ich sie wohl nennen kann, einigermaßen ausfüllt, von Anno 1792 aber an, bis auf den heutigen Tag, mehr oder weniger ausführlich die durchlebten Jahre behandelt; sie dient schon in ihrer jetzigen Gestalt zur Norm, wie meine sämmtlichen Papiere, besonders der Briefwechsel, dereinst verständig benutzt und in das Gewebe von Lebensereignissen mit verschlungen werden könne. Sogar läßt sich dadurch dasjenige, was im Vaterlande und auswärts für und wider mich geschehen, besser beurtheilen, indem eins wie das andere, aus der Staubwolke einer leidenschaftlichen Empirie, in den reineren Kreis historischen Lichtes tritt.

Ferner werden auch die schon ausgegebenen Werke durchgesehen um sie von allen Druckfehlern zu reinigen.

Wie nun aber diese Bemühungen, und der zur Sustentation und Honorirung der Gehülfen erforderliche nicht geringe Aufwand endlich dem Autor und den Seinigen, nicht weniger dem Verleger zu Gute kommen werde, inwiefern deshalb eine vollständige Ausgabe baldigst zu veranstalten sey, dieß können Ew. Hochwohlgeboren ganz allein übersehen und näher bezeichnen, worüber ich mir gelegentlich Ihre einsichtige Eröffnung erbitte.

[20] Der ich in immer gleichem Vertrauen, mit Überzeugung eines folgereichen Zusammenwirkens, die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 14. Januar 1824.

J. W. v. Goethe.


[Concept.]

Nachschriftlich

sey mir erlaubt noch einiges anzubringen.

Zuerst vermelde daß ich 500 rh. Sächsisch von Geh. Cammerrath Frege in Leipzig für Rechnung Ihrer Buchhandlung erhalten habe.

Sodann daß ich unter der Adresse der Buchhandlung nach Stuttgart den Inhalt des neusten Stückes Kunst und Alterthum gesendet, mit dem Wunsch solchen in die von ihr abhangenden literarischen Anzeigen eingerückt zu sehen, worum ich, wenn es noch nicht geschehen seyn sollte, hiedurch nochmals ergebenst ersuche.


38/16.


An Friedrich Wilhelm Riemer

So eben untersagt mir der Arzt in dieser Witterung auszufahren deshalb ich mit dem Wagen Sie nicht abholen kann; doch wünsche Sie bald nach 1 Uhr zu sehen weil mancherlei interessante Dinge mitzutheilen sind.

Das Nähere mündlich

Weimar den 16. Jenner 1824.

G.[21]


38/17.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten meinen etwas späten aber aufrichtigsten für die verschiedentlichen Sendung; zu den schönen neuen Erwerbnissen habe, wie so oft, Glück zu wünschen, Ihre ununterbrochene Thätigkeit verdient einen solchen ausgezeichneten Lohn. Können Sie die Briefbände noch kurze Zeit entbehren so würde ich mir aus denselben manches Belehrende zueignen.

Das beyliegende Verzeichniß von höchst bedeutenden Feuerproducten, wobey man zugleich gesucht hat das Prototypische mit und neben dem Pyrotypischen aufzustellen, wird Ihre Aufmerksamkeit gewiß erregen und es wird Ihnen Freude machen wenn ich zusage die ganze Sammlung nächstens wohl eingepackt zu übersenden.

Worum ich Sie aber ersuchen muß ist, mir die neun Exemplare zurückzusenden, die ich bey Ihnen zurückließ, gleichfalls vom Feuer verändertes Gestein. Könnten Sie mir dabey vermelden welche ursprüngliche Gebirgs- und Gesteinart Sie hier durch's Feuer verändert glauben? Auch diese send ich numerirt und mit bezeichnetem Orte des Vorkommens wieder zu rück.

Das Beste wünschend.

ergebenst

Weimar den 17. Januar 1824.

J. W. v. Goethe.[22]


38/18.


An Ottilie von Goethe

Wenn ich, meine liebe Tochter, unsern Zustand aufrichtig vermelden soll, so geht es im Hause und in der Residenz eben so verwirrt zu als wenn du da wärst; Tableaus und Maskeraden, Pikniks und Bälle lassen die Menschen im Kleinen nicht zu sich kommen, so wie ich denke daß dir's im Großen geht. Nun kannst du dir aber was zu Gute thun wenn du vernimmst, daß in allen diesen Fastnachtsnöthen du immer als Hülfsheilige angerufen wirst; da es mir etwas wunderlich vorkam, daß du auf einmal in den Geruch des Paradieses kommen solltest, so hab ich mich nach deinen Verdiensten genau erkundigt; sie bestehen, wenn es dir noch nicht genau bekannt seyn sollte, daß du jedermann deine Kleider, Bänder und Blumen borgst und zuletzt mit der schlechtesten Maske vorlieb nimmst. Da nun dieser von jeher der Weg war canonisirt zu werden, so würde ich dir zu solcher geistlichen Standeserhöhung Glück wünschen, wenn du nicht jetzt in Berlin für alles weimarische Entbehren deinen Erdenlohn dahinnähmest.

Vor allen Dingen sollst du alsdann gelobt werden, daß du so fleißig dein Tagebuch fortsetzest und uns, durch gute Benutzung deiner Zeit, wegen deiner Abwesenheit einigermaßen entschädigst. August wird dagegen, wenn auch laconischer, sich zu revangiren suchen.

[23] Durch den schnellen Abdruck der Anzeige meines neuen Heftes möge den besorgenden Freunden der schönste Dank werden; nächstens hoff ich dagegen ein Exemplar zu übersenden.

Nun aber wirst du wunderbar finden, daß der Verfasser des Paria mich gestern besucht und mir eine Abschrift seines Stücks überreicht hat; ich las es gleich und es hat mir sehr wohl gefallen. Auf dem Theater muß es sich recht gut ausnehmen; auch hier könnte man es sehr schicklich besetzen. Du schreibst mir wenn du es gesehen hast.

Besonders aber wünsch ich etwas mehreres von Herrmann und Dorothea zu erfahren; mein Berliner Theaterfreund hat sich noch nicht darüber herausgelassen ob er gleich sonst fortfährt sein Amt höchst lobenswürdig zu verwalten. Wenn du ihm begegnen solltest sag ihm ja etwas freundliches darüber.

Nun aber, wirst du, meine Gute, einen recht verbindlichen Dank ausrichten, für eine reichliche Sendung der wundervollsten Spargel. Ich genieße sie mit besonderm Appetit und die Zeit wird nicht gar zu lang bis zu Augusts Frühlingsernte, deren Fülle mir manchmal vorgerechnet wird. Sey den Gebern deshalb sehr freundlich, die du leicht erkennen wirst.

Bey dieser Gelegenheit ist billig zu sagen, daß Ulrike ihr culinarisches Regiment mit Sorgfalt und Anstand zu führen weiß. Karpfen in polnischer Sauce geräth besser als bisher. Kannst du aber ein[24] ganz echtes Recept von dorther senden, so werden die Bemühungen vielleicht noch bessern Fortgang haben.

Nach einer neuen diätetischen Einrichtung bleib ich die Abende allein, kann etwas vor mich bringen und bin weniger aufgeregt, als durch gesellige Unterhaltung. Mittags aber speist immer ein Freund mit uns das ist sehr erheiternd. Schon hat uns die Frau Großmama die Ehre erzeigt und sich wie es schien ganz wohl bey uns gefallen.

Die Kinder haben durch ihre Gunst die Thiere gesehen; Walther erzählt gern vom Elephanten und Krokodil, Wolf aber will sie nicht gelten lassen; das Pferd bleibt unter allen solchen Geschöpfen das Einzige dem er einige Neigung schenkt.

Gedenke meiner im Besten vor deinem theuren Wirthe und den lieben Seinigen; grüße sämmtliche Freunde, versichere sie meines Wohlbefindens, das hoff ich dauern soll wenn ich mit Mäßigung zu leben fortfahre. August meldet das Weitere.

treulichst

Weimar den 18. Januar 1824.

G.


38/19.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

vergönnen gnädigst über einiges was bisher bey mir geruht und was sich neuerlich bey mir einfindet schuldige Meldung zu thun.

[25] Und so möge denn vorerst der treue Glückwunsch zu dem wohlbegangenen Säcularfeste vorangehen, in freudiger Hoffnung daß die nächsten zu erwartenden in gleicher Vollständigkeit des Kreises, der Höchst Dieselben umgibt, ebenfalls mögen gefeyert werden.

2) Das mitgetheilte Werk, Alonzo, ist sehr von Bedeutung; der Verfasser erklärt in der Vorrede daß er einen historischen Roman, nach Art von Walther Scott zu liefern gedenke; und so ist es auch. Wen das verworrene spanische Wesen interessiren kann findet eine wundersame Anschauung im größten Detail, seit dem Tod Carls III. bis auf unsere Zeiten. Alles Unheil so vieler Jahre ist auf eine Anzahl von Köpfen gehäuft, die den Romanspielen, oder von der Geschichte gespielt werden. Der Verfasser, er sey wer er wolle, kennt alles was zu diesem Umfange gehört, entweder durch sich selbst oder durch andere, aber ganz genau und unmittelbar; die Hauptfiguren sind rechtlich, sittlich, wohlwollend, wenn auch im Irrthum und Abgeschmacktheit; national-charakteristische Wesen, oft lächerlich nd liebenswürdig zugleich. Der Verfasser hat in diesen Geschichten selbst gelitten, sonst könnte er nicht so leidenschaftlich die Zustände durchdringen. Ich habe erst den 2. Theil durchgelesen, gestehe aber daß es ein achtungswerthes Werk ist; es bringt uns jene vorübergegangene Zeiten sehr vollständig zur unmittelbaren Anschauung.

[26] 3) Blumenbach sendet mir, mit den aufrichtigsten Empfehlungen, das gewünschte Verzeichniß; freylich wichtiger historischer Annalen, die den Forscher, indem sie ihn unterrichten, gewiß in Erstaunen setzen werden.

Das ihm übersendete Buch wäre ihm wohl noch auf einige Zeit zu gönnen, besonders da wir noch einen Musterband und ein Musterbuch von ihm verwahren und besonders jenen ersten nicht wohl wegschicken können als bis unser Buchbinder seine Nachahmungsgabe daran erwiesen hat.

4) Das Bild der Maria Stuart ist mir besonders merkwürdig; da es auf dem Grabmal zweyer ihr höchst anhänglicher Frauen aufgestellt worden, so kann man die Authenticität voraussetzen, auch die sehr saubere Copie gibt den Begriff von einer problematischen Individualität, die uns weder Geschichte noch Poesie völlig enträthseln kann. Auch der Grabstein selbst und die Inschriften sind im Verhältniß zum Bilde sehr schätzenswerth.

5) Die Anordnung wegen Schmeller ist befolgt; die Aufmerksamkeit auf sein erworbenes Talent und eine mögliche Leitung zu seinem weitern Fortkommen soll ein angelegenes Geschäft seyn.

6) Ein theilweiser Transport der Kupferstiche in die Gemälde-Zimmer macht mir Sorge; ich weiß mich nicht dabey zu benehmen, auch wäre der Winter hiezu nicht günstig; deshalb um Aufschub wollte gebeten haben.

[27] 7) Dem jenaischen besondern Mineralien-Kabinett zu Vorlesungen ist aller Vorschub gethan und es kann gewiß etwas Erfreuliches und für jede Folge Nützliches auf diesem Weg entspringen.

8) Die heute erst eingegangene Anordnung wegen des jenaischen botanischen Gartens soll sogleich eingeleitet und zu guter Zeit ungesäumt ausgeführt werden; und es ist kein Zweifel daß diese Erweiterung sowohl gärtnerischen als wissenschaftlichen Zwecken förderlich seyn werde.

9) Die mailändischen Kupfer Napoleontischer Siege und Gewinne hab ich bey mir liegen und beabsichtige einen raisonnirten Catalog davon aufzusetzen, um jene Schlachten und Erfolge dem Beschauer einigermaßen historisch rationell zu machen; denn wer weiß jetzt mehr was die Schlacht von Arcole und Montenotte für Wichtigkeit hatte.

10) Nach Erwähnen so kriegerischer Gegenstände darf ich mich wohl zu dem Schilde wenden, welches als eine bedeutende Acquisition zu Ew. Königlichen Hoheit Museen zu betrachten wäre. Es möchte sich wohl aus Italien und zwar aus der zweyten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts herschreiben, denn es ist eigentlich von einer Arbeit die man Niello nannte; ein Einschmelzen der edleren Metalle durch Hülse des Schwefels, besonders auf Eisen. Es erscheint dieses Heldengeräth als Vorläufer der Herzoglich Bernhardischen Rüstung womit es auch wohl billig zu paaren wäre.

[28] 11) Ferner liegt anbey die Abbildung eines colossalen Cryptogamen. Diese seltsame Pflanze darf sich wohl mit jener übergroßen Blume messen, die uns vor kurzem in Erstaunen setzte.

12) Auch folgen einige meteorologische Tabelle, die von Schröns fortdauerndem Fleiße und Genauigkeit Zeugniß geben.

Zu nächster Sendung Erlaubniß erbittend

unterthänigst

Weimar den 19. Jenner 1824.

J. W. v. Goethe.


38/20.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Herrn Professor Riemer wünsche heute Abend um 6 Uhr auf ein frugales Abendessen bey mir zu sehen.

W. den 21. Jenner 1824.

G.


38/21.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Deinem reichen Tagebuch einiges zu erwidern ist auch wohl wieder Zeit, und es geziemt sich, daß ich einen der stillen Abende, wie ich sie jetzt zubringe, dir abermals widme, in Hoffnung, daß du uns in die Fülle des Berliner Lebens auch immer so fort wirst hineinschauen lassen.

Was die Gebrüder Henschel betrifft, deren Kartenspiel weder von besonderer Erfindungskraft, noch Technik[29] ein leidliches Zeugniß ablegt, so schaue, daß du ihr Kommen nach Weimar auf eine freundliche Weise ablehnen kannst. Ich bin fest entschlossen keinem Künstler, er heiße wie er wolle, mehr zu sitzen noch zu stehen, auch ist der realsentimentale Einfall mich mit meiner Umgebung darzustellen ganz gegen meine Denkweise, die du besser kannst.

Dieses Vorhaben wirst du also freundlich zu beseitigen wissen, damit wir hier nicht unangenehme Scenen erleben, indem ich völlig hierüber entschlossen bin. Du siehst, daß in diplomatischen Fällen auch manchmal etwas Unangenehmes mit unterläuft, welches aber deine Klugheit nicht irre machen wird.

Das Heft Kunst und Alterthum V, 1 ist fertig aber, außer den Aushängebogen, noch kein Exemplar in meinen Händen; die Bestimmung des Ausgebens und Versendens macht, sogar wenn alles abgeschlossen und geheftet ist, immer noch einigen Aufenthalt.

Und so weit wären wir denn, daß ich von dir Abschied nehme und alles Gute wünsche. Grüße deine freundlichen Wirthe, denen du freylich manche Ungelegenheit machst, wogegen du dich mit Herz und Mund verpfänden wirst; wir fühlen alles mit und bleiben dankbar verpflichtet.

Dein Tagebuch geht bis zu dem 17. Januar nun sind wir auf den 18. ejd. gespannt, deinen Antheil an dem Ordensfeste zu erfahren.

Weimar den 24. Januar 1824.[30]


38/22.


An Alexander von Humboldt

[Concept.]

Der Gedanke: mit trefflichen, verehrten Männern nach so vielen Jahren noch immer zusammen auf dieser Erde zu wirken, ist erheiternd und belebend, mich erquickt jeder Gruß, jede Sendung. Dieses gegenwärtig auszusprechen berechtigt mich Ihres Herrn Bruders freundlicher Besuch, der uns die schönsten Tage hoffnungsreicher Thätigkeit zurückrufen ließ. Nun mahnt mich die Gelegenheit durch eine schöne, liebenswürdige, talentvolle Frau dieß Blättchen mit Gruß und Wunsch, verehrter Freund, an Sie gelangen zu lassen.

Möchte ich doch hinlängliche Zeit an Ihrer Seite in der Weltstadt verweilen können! Wie sehr würde ich mich gefördert, wie manche Zweifel gelöst sehen, über die ich weder mit mir noch mit andern einig werden kann. Erhalten Sie mir ein Wohlwollen, das mich glücklich macht, damit ich von Ihren großen Arbeiten immerwährenden Vortheil ziehen, die Freude einer ununterbrochenen Theilnahme, so lange sie mir noch gegönnt ist, ungetrübt genießen möge.

Weimar den 27. Januar 1824.[31]


38/23.


An Ottilie von Goethe

Indem ich hoffen kann, daß du deine Tagebücher, wiewohl mit einiger Aufopferung immer fortsetzen wirst, so bereite ich dir zum voraus abermals ein erwiderndes Blättchen. Bemerke und bedenke folgendes:

Wenn du Herrn Criminalrath Hitzig irgendwo begegnest, so kannst du wohl ein freundliches Gespräch einleiten. Es ist der Herausgeber von Hoffmanns Leben und der freundliche Sender des Exemplars, dessen du dich bemächtigt hast; ob ich ihm gleich dafür nicht dankte, so hat er mir doch das Wernerische Leben gesendet, was eigentlich auch in deine Bibliothek gehört. Auch dafür bin ich ihm noch Dank schuldig, der, durch dich abgetragen, wohl Capital und Zinsen berichtigen wird.

Die Kinder haben dir für die Jagd nicht gedankt, das macht ich habe secretirt. Sie spielen nun Abends bey mir damit, wovon Walther im nächsten Briefe Nachricht geben wird. Auch hab ich Rechenpfennige angeschafft, woran sie Gelegenheit finden werden ihre kleinen anmuthigen Händel, so wie ihre Versöhnbarkeit zu üben.

Wahrscheinlich gibt Ulrike dir von den Agitationen Nachricht die unser kleines Wesen, wo nicht groß, doch interessant machen. Händel auf Händel erzeugt die Maskerade und zwischen alles durchwirkt[32] Flaviens Verloben gar lebhaft und gewaltig. Da ich gerade die vor langer Zeit verloschenen Vulkane mir historisch wieder entzünden muß, so kann ich wirklich mein physisches Feuer an diesem moralischen leicht wieder anblasen.

Hiebey hab ich nun Sorets zu gedenken der mit großer Treue und Neigung, schon mehrere Wochen her, seine freyen Stunden anwendet meine böhmischen Schätze zu mustern. Man sieht doch dabey wie sehr gegründet er in diesem Studium ist. Für seine redlichen Bemühungen aber wirst du hoffentlich gern einen Theil der Belohnung übernehmen.

Die Engländer fahren wie billig fort viel Glück zu machen, doch scheint es mir gerade nicht als ob sie geneigt wären sich fest halten zu lassen, daher will ich rathen zunächst das Ahnen einer treuen Seele zu respectiren.

Einen köstlichen Brief hab ich von Zelter, danke ihm dafür zum allerschönsten. Manchmal wollt es mich betrüben daß er mich in gar zu schlechten Zuständen neulich antraf; dann muß man es aber auch wieder für gut halten dergleichen Tage und Stunden zusammen verlebt zu haben.

Freundin Szymanowska ward in Braunschweig freundlich aufgenommen, flog durch Hannover durch, gelangte pfeilschnell nach Frankfurt, wo Schlossers ihr gefällig waren. Dieß meldete sie an den Canzler der bey dieser Gelegenheit mir ein Empfehlungsschreiben nach Paris, wozu ich gar nicht geneigt war,[33] wirklich vom Herzen weg diplomatisirte; er machte es aber so geschickt und künstlich, daß ich mit lächelndem Bewußtseyn nicht widerstehn konnte.

Morgen frühe schlagen sie einem Missethäter das Haupt ab, Abends gibt Hartknoch ein Conzert; unzählige Nähnadeln sind den Tag über in Activität um die mannichfaltigsten Charaktere herauszustutzen. Dazwischen pickt denn auch eine oder die andere Nadel des Mißwollens auf Braut und Bräutigam, auf Rivale mit oder ohne Maske, und auf die übrigen öffentlichen Geheimnisse des Hofes und der Stadt. August ist, nach zurückgelegtem Hofdienste, wieder ganz haus- und kellerhaft, Ulrike küchenartig, doch auch mit Sticheln in bunter Wolle wenigstens nicht zurückbleibend. Meistens jeden Tag ein neuer Gast; die Kinder sind sehr scharmant und wenn du nicht bald wieder kömmst, so wirst du nicht recht wissen wo du Platz finden willst. Sey also nicht zu verwegen in der Königstadt und bedenke, daß man seinen Sitz nicht zu lange verlassen muß wenn man ihn behaupten will. Dieß sagte ich nicht, wenn ich nicht wüßte daß du schwer zu erschrecken bist.

treulichst

Weimar Montag den 26. Jenner 1824.

G.


So eben kommt dein liebes Tagebuch bis zum 24. Januar worauf denn auch bald von hier das Weitere erfolgen wird. Weimar den 30. ejd. 1824.

G.[34]


38/24.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

vergeben gnädigst dieser verspäteten schuldigen Aufwartung in Rücksicht eines abermaligen hinderlichen Übels; mehr jedoch in Betrachtung des heutigen Tages, der uns oft als ein fröhliches Fest erschienen.

Möchte doch auf diesem Blatte die Summe meiner frommen Wünsche, die ich seit so manchen Jahren unablässig in stillem treuen Herzen gehegt, kräftig auszusprechen seyn; doch es wiederholt sich immer dasselbe Gefühl und so würde der Ausdruck auch immer derselbe bleiben.

Den besondern Wunsch aber, Höchst Denenselben bald wieder in Gegenwart meine verehrende Anhänglichkeit auszudrücken, verhehle nicht, indem ich mich zu Gnaden und Gunsten angelegentlichst empfehle.

Weimar den 2. Februar 1824.


38/25.


An Ottilie von Goethe

Aus der Presse noch feucht nach Zeitungsweise, wird gegenwärtiges eingepackt; ob es wohl dem großen Schwall von Nachrichten der dich bedroht voreilen möchte?

Lebe wohl und liebe.

Weimar den 2. Februar 1824.

G.[35]


38/26.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey ein französisches Manuscript, sehr deutlich geschrieben und daher ohne Schwierigkeit zu setzen; nur bemerke:

a) Der durchgestrichene Haupttitel bleibt weg, neue Seite fängt mit pag. 1 an.

b) Da ich wünsche noch etwa 50 einzelne Abdrücke dieses Aufsatzes zu haben, so würde man wohl thun auf dem Bogen M damit anzufangen. Das Fehlende vom Bogen L würde sodann auszufüllen wissen.

c) Um einem Irrthum vorzubeugen, der dadurch entstehen könnte, daß im Manuscript manchmal ein wenig von der Hauptlinie zurück gerückt werden sollte, welches aber nicht der Fall ist, so sind die Stellen mit rothen Strichen bezeichnet und werden sämmtlich herausgerückt.

d) Bemerke, daß die mit Bleystift geschriebenen Zahlen und Buchstaben nicht gelten, und auf solche weiter nicht zu reflectiren ist.

Ingleichen folgt die Fortsetzung des Manuscripts für Kunst und Alterthum, bey dessen Deutlichkeit und leicht zu übersehendem Inhalt sich wohl nichts weiter zu erinnern findet.

Weimar den 3. Februar 1824.[36]


38/27.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgeboren

reiche Sendung gab mir einen sehr angenehmen Anblick und belehrende Unterhaltung. Was die Weimarischen Kunstfreunde zu der im Ganzen wohlgerathenen Tafel zu sagen haben enthält beyliegendes Blättchen; ich freute mich wirklich die uralten und für mich gewissermaßen veralteten, obgleich zu jener Zeit mit Fleiß, Mühe und Aufopferung gefertigten Zeichnungen nunmehr so nahe an wissenschaftlicher Benutzung zu sehen. Dabey aber fühlte ich mich nicht ohne eine gewisse schmerzliche Verlegenheit, daß ich so tiefinteressanten Gegenständen eigentlich ein Fremder geworden sey.

Sie wünschen daß ich einige Worte über diese Tafeln äußere, mir fehlt aber auch das leiseste, denn ich sehe daran nur ein allzukühnes Bestreben dasjenige vollbringen zu wollen das mir, wie ein sisyphischer Stein, immer wieder zurückrutschte; eine Last die ich jetzt durch andere glücklich auf den höchsten Gipfel gewälzt sehe.

Was über diese Blätter wissenschaftlich zu sagen wäre steht alles in den Heften zur Morphologie; sie schreiben sich von einer Zeit her wo mein Hauptbestreben war den osteologischen Typus der höhern Thierklassen auszubilden, daher meine Aufmerksamkeit[37] auf jüngere Geschöpfe, bey welchen die Suturen nicht verwachsen sind. Außer diesem allgemeinen Interesse fand sich noch das besondere: das Verhältniß des Eckzahns zu der oberen Kinnlade und dem Zwischenknochen genauer auszumitteln. Dazu benutzte ich die Beschauung des Schädels selbst und die darnnach gefertigten saubern Zeichnungen.

Mehr wüßt ich nicht zu sagen; möchte aber Herr d'Alton, der alle Bezüge gegenwärtig hat, diese Darstellungen deren er sich früher angenommen mit Neigung anblicken, so wird er sie gewiß dem wissenschaftlichen Publicum mit wenigen Meisterzügen empfehlen können.

Auch hierüber hofft ich mich mit ihm ausführlicher zu besprechen und auch um deswillen schmerzt mich's daß er bey mir nicht anklopfen mögen. Seine köstlichen Hefte wären mir eigener geworden, denn eine mündliche Unterhaltung von Stunden vergleicht sich ja mit der tausendfachen Zeit einer Mittheilung aus der Ferne.

Schon hatte ich mit meinem Sohn deutliche Musterstücke aller fossilen Knochen unsere Tuffbrüche zusammengelegt, schon freute ich mich das ganze Skelett des Urstiers durch ein Gutachten erhellt zu sehen und über so manche Zweifel und Anstöße schnell hinaus gehoben zu werden. Diese Hoffnung ward zu nichte und ich fiel in die böhmische Geognosie zurück aus der mich gegenwärtig nicht herauswickeln kann.

[38] Denn es ist eine eigene Sache: das Alter hat mehr Rücksichten zu nehmen als man denkt; man geht nicht schnell mehr ungestraft von einem Interesse zum andern über, Zerstreuung ist der Thätigkeit gefährlicher und wenn man noch gar, wie mir es den November entlang begegnete, sich durch körperliche Übel durchhalten und durchschlagen muß, so bemerkt man nur allzusehr daß die äußere Welt noch eben so viel ja mehr verlangt als wir hätten leisten können da noch unsere Geistes- und Körperkräfte völlig zusammen wirkten.

Verzeihen Sie dieser Litaney, Sie sähen freylich mit Recht viel lieber einen mäßigen Aufsatz zu Erläuterung der Platten, aber gerade das Bestreben Ihren Wunsch zu erfüllen bringt mich auf solche Betrachtungen die Sie freundlich aufnehmen werden. Sollte Herr d'Alton sich nicht entschließen die Tafeln zu commentiren, da ihm denn doch hundert Betrachtungen zu Gebote stehen, so finden Sie ja wohl einige gute Worte der Entschuldigung und des Ajournirens. Kann ich meine Bächlein wieder in diese Thäler leiten so soll auch sehr gern von meiner Seite was Sie wünschen geschehen. Jetzt darf ich mich von dem wissenschaftlichen Hefte nicht entfernen.

Grüßen Sie Herrn d'Alton vielmals, sein Außenbleiben hat vieles auf dem Strande gelassen was flott werden sollte.

Das colossale cryptogamische Geschöpf verdient allerdings neben der ungeheuren Rafflesia zu stehen,[39] ich danke bestens für die baldige Mittheilung Ihnen und Ihrem Herrn Bruder. Was doch kräftige Lebenskeime, gefördert durch Feuchtigkeit und Hitze für wunderliche Gesichter schneiden.

Wenn man solche Geschöpfe betrachtet so glaubt man die Natur in dem Augenblick zu erhaschen wo sie das Riesenfaulthier hervorbringt.

Nun liegt mir aber gar das zweyte Heft der Histographie Heusingers schon einige Tage zur Hand und ich sehe wie bequem es die Natur hat, aus lebendig-unförmlichem Schleim sich ein ewig umzubildendes Gewebe zu bilden, und in Gefolg dessen sich weich und starr pp., düster und heiter pp., häßlich und schön pp. nachdringenden Umständen und eigenwilligem Belieben zu maskiren. Verzeihen Sie diesen Tropus den Redoutentagen wo man mich aus alter Gewohnheit und Vorurtheil noch immer in Anspruch nimmt.

theilnehmend und vertrauend

Weimar d. 29. Jan. 1824.

Goethe.


Über die Nachbildungen der osteologischen Zeichnungen in Kupfer läßt sich aus der Ferne wenig Förderliches vermelden; legt man die Lipsischen daneben, so sieht man daß diese an Kraft, Charakter, Deutlichkeit, Haltung den Vorzug haben; doch sind die neuen gleichfalls verdienstlich, mit Aufmerksamkeit und Sorgfalt gearbeitet und wohl zu den vorseyenden[40] Zwecke genugsam geeignet. Wollte man aussprechen was daran zu wünschen übrig bleibt, so würde man große Verwirrung anrichten, weil hier nicht von Unrichtigkeiten die zu corrigiren sind die Rede seyn kann, sondern nur von dem was zu vollkommener Darstellung zu wünschen wäre. Und dieses würde, wie die Sache jetzt liegt, kaum in der Gegenwart zu bewirken seyn.


Indem ich dieses alles nun durchdacht und niederschreiben lassen; so wird mir nur zu lebendig daß ich gar zu gern Ihnen jederzeit nach Wunsch und Liebe thun möchte und also auch dießmal; da geht mir denn der Gedanke bey: ich wolle Ihnen die zweyte Lipsische Kupferplatte, die Sie schon kennen und wovon ein Abdruck beyliegt, gleichfalls zuschicken, die Sie vielleicht in einem folgenden Stücke brauchen möchten. Da sich diese nun ganz allein auf's os intermaxillare bezieht, so könnte vielleicht dießmal bey Vorlegung des Elephantenschädels, demgemäß was ich auf vorstehenden Blättern gesagt habe, einiges geäußert und auf die Folge hingewiesen werden. Es findet sich indeß Zeit und Stimmung über die Tafeln etwas zu sagen, welches Geschäft ich in meines guten Willens Verzeihung allen diesen Hin- und Wiederreden! Ich bin wirklich in Bezug auf geistige und körperliche Kräfte mehr als billig gedrängt, fast bedrängt möcht ich sagen.

[41] Und doch noch meinen besten Dank an Herrn Professor Näke schließlich auszusprechen lege ein heutiges Programm bey, welches unsern wackern Professor Riemer zum Verfasser hat.

Theilnahme wünschend

und hegend

Weimar den 2. Februar 1824.

Goethe.


Da die geschlossene Rolle auf die morgende fahrende Post wartet, füge noch einiges hinzu.

Es ist mir sehr angenehm daß Eckermanns Büchlein einen guten Eindruck auf sie macht, er ist jetzt hier zu unser beider Gewinn. Seine Neigung zu meinen Arbeiten und die Übereinstimmung mit meinem Wesen überhaupt trägt mir schöne Früchte, indem er mir, zu einer neuen Ausgabe, ältere vorliegende Papiere sichtet, ordnet und redigirt, wozu ich wohl nie mals gekommen wäre. Ihn interessirt was für mich kein Interesse mehr hat. Eine freye Übersicht und ein glücklicher Tact qualificiren ihn zu dem Geschäft das ihm zugleich Freude macht. Sollte ich ihn nächsten Sommer zur Erheiterung an den Rhein senden so nehmen Sie ihn gewiß gut auf auch ohne mein Ersuchen.

Nun aber will ich zum Schluß meinen Wunsch Gestein vom Drachenfels zu erhalten nochmals aussprechen. Mögen Sie ihn wohl gelegentlich erfüllen, ich kann dadurch meine nordöstlichen Freunde gar sehr verbinden.

[42] Nächstens erfolgt ein Exemplar Kunst und Alterthum, IV. Bandes 3. Stück, wozu Eckermann das Inhalts-Verzeichniß aller vier Bände geliefert und dadurch eine recht hübsche Übersicht des Unternommenen und Geleisteten gegeben hat.

wie oben und immer

Weimar den 4. Februar 1824.

G.


38/28.


An Johann Wolfgang Döbereiner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

für die letzte angenehme Mittheilung schönstens zu danken habe bisher aufgeschoben, weil ich, wie es jetzt geschieht, zugleich noch um eine Gefälligkeit ersuchen wollte.

Hiebey folgen drey Stück Amphibol (Hornblende), ingleichen drey Stück Pyroxen (Augiten), beide vom Wolfsberg in Böhmen. Bey den ersten ist schon eine Einwirkung des Feuers merklich, bey den zweyten wollte bemerken, daß die rothe einsitzende Erde soviel als möglich zu beseitigen wäre, deshalb die Krystalle wohl zu zerschlagen und das innerste, rein glänzende Schwarze der Untersuchung zu unterwerfen bitte.

Es sind zwar beide Mineralien öfters untersucht, doch wünschte ich diese, von Einer Stelle entnommen, durch Ihre sorgfältige Behandlung nochmals geprüft.[43] Sie sind hier entschieden eines Ursprungs und unterscheiden sich nur bey genauerer krystallographischer Betrachtung; die chemischen Resultate werden sich auch einander sehr annähern.

Erhalt ich diese gewünschten Untersuchungen, so nehme mir die Freyheit, noch einiges andere zu gleichem Zweck zu übersenden. Möge es mir doch gegönnt seyn bald wieder einmal persönlich von dem weiteren Glück Ihrer Forschungen Kenntniß zu nehmen.

Weimar den 4. Februar 1824.


38/29.


An Carl Friedrich Anton von Conta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben wohl die Gefälligkeit nach Paris wissen zu lassen: daß die beiden Bände meiner Lebensbeschreibung nebst einem Briefe des Herrn Aubert de Vitry zu rechter Zeit angekommen, leider aber gerade im Augenblick wo ich von schwerer Krankheit befallen lag, von der ich mich noch nicht ganz erholt habe.

Sobald ich dieser bedeutenden Arbeit die gehörige Aufmerksamkeit widmen kann, verfehle nicht die freundliche Sendung schuldigst zu erwidern.

Weimar den 7. Februar 1824.[44]


38/30.


An Freiherrn von Horben

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten die mir anvertrauten Papiere mit vielem Dank zurück, nur muß ich um Verzeihung bitten daß Dero Wünsche nicht erfüllen und die poetische Arbeit nicht näher betrachten können. Zunehmende Jahre, auswärtiger Sommeraufenthalt, zerstreuende Rückkehr, eintretende hindernde körperliche Übel, langsames Erholen und dabey unausweichliche Pflichten dürften wohl, wenn auch nur kurz erwähnt, das Wort sprechen.

Um desto mehr überzeugen sich Ew. Hochwohlgeboren daß ein persönliches Zusammentreffen mit Denenselben mich höchlich erfreut und beide gefördert haben würde; wie ich denn meinen Sohn, der sich zum angelegentlichsten empfiehlt, hierin glücklich preisen muß. Ein Schreiben vom 13. December ist nicht angekommen, welches nachrichtlich zu bemerken hatte.

Weimar den 9. Februar 1824.


38/31.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Wie der zahlreiche Maskenball in seiner Art glücklich abgelaufen, wird man dir umständlich geschrieben sowie die mancherley Gedichte die er dargebracht schuldigst gesendet haben. Das Maskenwesen rumort noch[45] immer fort, besonders da zum Geburtstag der Frau Erbgroßherzogin wiederholt und erneuert werden soll, was nur geht und kann.

Bildhauer Kaufmann ist nach Berlin und da hab ich einige antike Gypsabgüsse indessen zu mir genommen und bespreche mich fleißig mit diesen würdigen Büsten, wenn die Gesellschaft mich verläßt, die doch meist zu Tische und nachher zusammentrifft. Bey diesem Freundesverein ist viel von dir die Rede; dein letzter Brief spielt besonders eine große Rolle und deine Theater-Anschauungen und Anfühlungen finden gebührenden Beyfall. Soret sah von weitem als der Canzler las auf der Rückseite seinen Namen und war sehr geschmeichelt die Ehre des rosigen Kranzes zu vernehmen. Indessen wird noch gar manches Gute dir begegnet seyn, wovon wir gleiche Nachricht hoffen.

Regierungsrath Schmidt trifft dich wohl mehrmals, ich hoffe er wird sich dort gefallen und selbst Beyfall finden; indessen vertrau ich dir daß, in Gefolg der Theaterhändel die noch bitter fortwirken, seine Oper zum nächsten Geburtstag nicht aufgeführt wird, woraus denn wohl neuer Mißwille sich hervorthun mag.

Ein französisches Stück soll auch wieder aufgeführt werden, deshalb denn schon einige Dutzend verlesen und verworfen worden. Adele rührt sich dabey als Hauptperson, Ulrike ließ sich wohl manches gefallen,[46] nur gab es neulich große Contestationen daß Sie ein Kind vorstellen sollte, wofür zu gelten sie ein für allemal nicht Lust hatte.

Mit den Kindern leb ich in großer Einigkeit und wir bringen manchen Abend gar artig einander zu.

Sonst geht es nach alter Weise des Morgens fleißig fort, Meyer, Riemer, Eckermann, sind alle thätig und behülflich und so kommt man wenigstens vom Fleck wenn man auch das Ende nicht absieht, welches denn auch dem Willen der Götter gemäß ist.

Vorzüglich hab ich diese Wochen die Chronik meines Lebens von 1802 ziemlich im Einzelnen durchgearbeitet, zum Versuch wie es mit den übrigen allenfalls unternommen und geleistet werden könnte. Es ist gerade dieses Jahr sehr mannichfaltig und bewegt; Schillers Briefe geben gar manche Andeutung, Erklärung, Hinweisung dazu, wodurch die Arbeit für mich sehr unterhaltend wird, vielleicht auch für andere.

Soviel für dießmal damit die heutige Post nicht versäumt werde. Die schönsten Grüße richtest du aus, zuerst an die Hausfreunde und sodann an diejenigen die meiner gedenken mögen. Alles Gute zum Abschluß des Aufenthalts und zur Wiederkehr.

Weimar den 11. Februar 1824.[47]


38/32.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Mögen Sie wohl, mein Werthester, mir einige Nachricht geben, ob Sie den Studiosus Carl Meyer, der mir durch ein Gedicht merkwürdig geworden, aufgefunden und ihm eröffnet haben: daß ich ihn, wenn er sich irgend einen Morgen um 12 Uhr bey mir anmeldete, gerne sprechen würde.

Grüßen Sie mir Freund Knebel, dem ich wohl nächstens ein Heftlein zu geneigter Aufnahme werde zu empfehlen haben. Alles, was sich auf Lukrez bezieht, soll mir sehr angenehm seyn.

Auch melden Sie mir gelegentlich, wieviel Wenzel für eine Copie des alten und neuen Bibliotheksrisses allenfalls verlangt, da ich denn nach Befund deren noch zwey bestellen würde.

Mit den aufrichtigsten Wünschen.

Weimar den 11. Februar 1824.


38/33.


An Johann Michael Färber

Folgendes, mein guter Färber, wären die Stufen, welche aus der Sammlung des Eisenacher Kreises wünschte

Nr. 114. 118. 122. 180 a.b. 185. 187. 188. 190.[48]

Senden Sie mir solche wohl eingepackt so wie auch das größere Portefeuille mit den osteologischen Zeichnungen.

Das Beste wünschend

Weimar den 11. Februar 1824.

G.


Senden Sie mir doch zugleich eine Schachtel Pfeffermünzküchelchen.


38/34.


An Carl Ludwig von Knebel

Verzeihung dieser lakonischen Meldekarte und freundliche Theilnahme am Übersendeten!

Gedrängt fast bedrängt.

Weimar d. 14. Febr. 1824.

Goethe.


38/35.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen gnädigst einige kurze Vorträge:

1) Erfolgt das eiserne kunstreiche Schild hiebey wieder zurück; es bleibt auch bey längerer Betrachtung immer sehr schätzenswerth; vielleicht könnte man einem deutschen Künstler solches gefertigt zu haben das Verdienst zuschreiben.

2) Erfolgen die Kupferstich-Catalogen zurück, welche zu behalten bitte, weil sie zu Höchst Ihro Nachricht schon abgeschrieben waren. Wenn Höchst Dieselben dieses Geschäfts mit gewohnter Umsicht und Neigung sich[49] selbst unterziehen wollen, so kann nichts anderes als Erfreuliches und Nützliches hervortreten.

3) Der Buchbinder hat seine Kunststücke wohl ganz lobenswerth gemacht und verdient daß man ihm zur Leipziger Messe einigen Vorschuß zu starken Pappen, gutem Leder und geschmackvollen kleineren Vignetten-Stempeln reiche.

4) Die Elbtabellen habe auf die Bibliothek gegeben, von woher solche auf Befehl in die Militär- und Landcharten-Bibliothek abgeliefert werden können. Auch diese augenfällige Darstellung befriedigt gar sehr und erleichtert die Übersicht.

5) Die von Cattaneo gemeldete Notizen erhöhen den Werth der fraglichen Kupfer und ermuntern zu näherer und auslangender Beschreibung derselben.

unterthänigst

Weimar den 15. Februar 1824.

J. W. v. Goethe.


38/36.


An Christian Wilhelm von Schütz

[Concept.]

[15. Februar 1824.]

Ew. Wohlgeboren

sende mit vielem Dank die mitgetheilten Papiere zurück; das Lesen und Studiren derselben hat mir die noch immer langen Winterabende glücklich verkürzt und ich sah mit Vergnügen vielfachen Bezug auf meine gegen die Natur gewendeten Betrachtungen. Um hierauf nur das Allgemeinste zu erwidern, so versichere: daß[50] ich alles was mich erregte wirken ließ, was mir gemäß war aufnahm, was ich nicht mit mir vereinigen konnte, als die Überzeugungen eines sinnigen Freundes, treu verwahrte und so von dieser Mittheilung den besten Nutzen zog. Auch hätt ich sie länger behalten, könnt ich nicht hoffen und erwarten, daß Sie uns solche in Ihre schätzbaren Hefte zu weiterer Beherzigung abdrucken und eine fernere Theilnahme wie auch Erwiderung von meiner Seite geneigt befördern werden.

Mit den aufrichtigsten Wünschen.

Weimar den 11. Februar 1824.


38/37.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Möge Beykommendes Sie im gebesserten Gesundheits-Zustande antreffen, damit ich bald das Vergnügen haben könne mit Ihnen mündlich darüber und über so manches andere zu unterhalten.

Weimar den 19. Februar 1824.

G.


38/38.


An den Landgrafen Christian Ludwig von Hessen-Darmstadt

Durchlauchtigster Landgraf,

gnädigster Fürst und Herr.

Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht abermals mit einem kurzen Schreiben anzugehen nehme ich mir gegenwärtig[51] die Freyheit und zwar um so getroster als den Ausdruck eines aufrichtigsten Dankes wiederholen zu können mir höchst erwünscht ist.

Möge das was ich über die köstliche Sammlung in dem neusten Stücke von Kunst und Alterthum geäußert nicht unwerth scheinen Ihro Königlichen Majestät allerunterthänigst vorgelegt zu werden; welches Höchstderoselben gnädigsten Ermessen schuldigst anheim gebe, zu ferneren Hulden und Gnaden mich andringlich empfehle, mit Verehrung und Vertrauen des Glücks genieße mich unterzeichnen zu dürfen

Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht

unterthänigster

Weimar d. 20. Febr. 1824.

J. W. v. Goethe.


38/39.


An Friedrich Wilhelm Riemer

In der Hoffnung, Sie, mein Werthester, morgen zu Tische zu sehen, sende ich ein serbisches Gedicht, das Ganze ist wohl klar, nur vom ersten rothen Strich bis zum zweyten will mir's nicht einleuchten, dieß sey denn zu näherer Unterhaltung ausgesetzt. Völlige Herstellung und Dauer des Wohlseyns anwünschend.

Weimar den 20. Februar 1824.

G.[52]


38/40.


An Eduard Joseph d'Alton

Ew. Hochwohlgeboren

Schreiben erwidere dankbar, wenn schon mit einiger peinlichen Empfindung. In Hoffnung Sie bey uns zu sehen hatte mit meinem Sohn gar manches notirt und zurecht gelegt, worüber wir gedeihlichen Aufschluß auf alle Weise hoffen durften; möge es im Verfolge schriftlich nachzuholen seyn.

Bey den Bemerkungen zu den Tafeln des Elephanten-Schädels wüßte nichts zu erinnern als daß ich Seite 5 gegen das Ende die abnormen Verletzung zuschreiben möchte. Die Ursachen der unterbrochenen Symmetrie beider Hälften würde lieber als Wirkung der Atrophie ansehen, eines verkümmerten Wachstums, woran der südlichere Organismus im nördlichen Klima leidet und sich besonders am Knochensystem, wie wir von Mohren und Tiger Beyspiele kennen, als Caries manifestirt. Eben so mag die reine Ausbildung des Cassler Elephanten gelitten haben und verschoben worden seyn. Doch bleibe Ihnen dieses alles zu näherer Prüfung anheim gestellt.

Unter den Anfragen, welche an Ew. Hochwohlgeboren zu richten gedachte, war auch die: ob wohl über das in Berlin herauskommende Werk: Bürdes Abbildungen vorzüglicher Pferde der Königlich Preußischen[53] Gestüte, etwas Freundliches öffentlich gesagt werden könnte? In welchem Falle ich Sie darum ersucht haben würde.

Manches andere verspare um Gegenwärtiges nicht aufzuhalten und schließe mit der Versicherung wahrhafter Hochachtung und Theilnahme.

Weimar den 21. Februar 1824.

Goethe.


38/41.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

Wunsch gemäß sende hiebey Herrn d'Alton den Aufsatz dankbar zurück; dieses wird zum Einleitender Tafeln, zum Anknüpfen und Einschalten derselben zum schon Bekannten sehr schön und hinreichend seyn. Wollen Sie aus dem morphologischen Hefte was hierher schicklich wäre nach Überzeugung aufnehmen, so wird es gleichfalls die Absicht befördern.

Für die Zukunft folgt eine Kupfertafel in Natura, nicht weniger eine Reihe von Zeichnungen deren Gebrauch ganz der verehrten Gesellschaft überlassen bleibt, sie zeugen von dem Ernst, womit ich die Sache zu erst angegriffen. An dieser Stelle glaubt ich einen Ankerplatz gefunden zu haben; ich gedachte ihn für Welt- und Naturumsegler zu sichern indem ich ihn so genau als möglich bezeichnete. Diese Küsten sind freylich nach und nach mehr untersucht und bekannter[54] geworden. Verzeihung dem Gleichnisse und freundliche Aufnahme den Blättern! Indem ich sie der werthen Naturforschenden Gesellschaft zum freundlichen Andenken hingebe befrey ich mich wirklich von einer gewissen Last; es ist noch manches zurück, aber nicht gleich zur Hand; es folgt sobald es sich findet.

Daß ich Ihnen mit dem Drachenfels-Gestein so viele Mühe mache thut mir leid, doch werde, wenn ich davon verlangenden Freunden mittheile, Ihrer Gefälligkeit dankbar gedenken.

Herr Graf Sternberg macht Hoffnung dieses Frühjahr einige Zeit bey uns zuzubringen und wie sehr freut es mich daß er seinen Weg auch zu Ihnen fortsetzen will; er ist darin so herrlich daß er, auf seinem Sinne beharrend zugleich höchst conciliant ist. Wo er hinkommt wird er geben und empfangen, auferbauen und vermitteln. Mit der liebenswürdigsten Mäßigung hat er meine Heftigkeit und Ungedulden ertragen, gemildert, auf duldsame Weltwege geleitet; und ich komme nun oft in den Fall, seine Rolle gegen mich selbst zu spielen.

Da nun das botanische Fach sein eigentlichstes bleibt und ihn vorzüglich beschäftigt, so wird Ihr beiderseitiges Zusammenseyn nur zu Freude und Vortheil gereichen.

Daß Herr d'Alton uns umgangen kann ich noch nicht recht verwinden, ich hatte auf seine Gegenwart gar schön Hoffnung gesetzt.

[55] Die Trümmer eines zweyten Urstiers sind in demselben Torflager gefunden worden und wir sind über den ersten, wohlerhaltenen, noch nicht ganz im Klaren. Unsere wissenschaftlichen Männer, die hievon Kenntniß haben, sind freylich von dringenden Geschäften des Tags abgehalten sich an Gerippe der Vorzeit zu begeben.

Wenn ich nichts mehr wünschte als Herrn Grafen Sternberg zu Ihnen zu begleiten, so beunruhigen mich noch andere Pläne zu Rheinreisen die in meiner Nähe sich ausbilden; für mich selbst hab ich keine Hoffnung, indeß bin ich überzeugt daß Sie auch Abgeordnete geneigt aufnehmen werden.

Weimar den 21. Februar 1824.


38/42.


An Friedrich Theodor von Müller

Herrn Canzler v. Müller wünscht diesen Abend wenn es ohne dessen Beschwerde geschehen kann bey sich zu sehen

Weimar den 25. Februar 1824.

Goethe.


38/43.


An Johann Friedrich Blumenbach

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey die anvertrauten Bücher mit vielem Danke zurück; Serenissimus hatten wenigstens das[56] Vergnügen zu sehen, wie der junge Buchbinder, auf den Höchst Sie einiges Vertrauen hegen, sich der Vorschrift nach Kräften zu nähern gesucht, wobey der gute Mann Farbe und Geruch des Juchten sogar dem Kalbleder mitzutheilen bemüht gewesen.

Was die königlichen Schlösser betrifft, in welchen Ew. Hochwohlgeboren so gerne, früherer Tage gedenkend, verweilen, so ist es Serenissimi Absichten völlig gemäß, wenn EW. Hochwohlgeboren diese Promenaden im Geiste noch einige Zeit fortsetzen wollen.

Bleiben Sie in solchen Falle auch Ihrer weimarischen Verehrer freundlichst eingedenk, welche hier, so wie überall sich an Ihrer und der Ihrigen Seite zu wünschen nicht aufhören. Möge alles zum besten gedeihen und Sie einer aufrichtigen Höchstschätzung und Theilnahme jederzeit gewiß bleiben.

and so for ever

Weimar den [26.] Februar 1824.

J. W. v. Goethe.


38/44.


An Johann Heinrich Meyer

Zum schönsten dank ich, mein Werthester, für die drey Verbesserungspuncte der Zeichenschule. Lassen Sie uns alle Thätigkeit anwenden, daß mit dem neuen Vierteljahr diese guten Anstalten gleich eintreten können. Was den Punct wegen der Vorschriften betrifft so schaffen Sie ja alles Brauchbare zusammen,[57] damit solches in den Ferien könne eingerahmt werden; ich will gern auch etwas hergeben, was Sie in meinen Sammlungen Nützliches finden. Ein mäßiger Aufwand soll auch keine Hinderniß bringen.

Eben so will ich gern auch etwas aufwenden zu Zeichen-Materialien, deren schickliche Austheilung und Anwendung man überlegen müßte.

Wegen des dritten wird sich auch ein schicklicher Weg finden.

Schmeller wird sich melden und Sie ersuchen sich von ihm zeichnen zu lassen, ich ersuche Sie um diese Menschen auf den rechten Weg bringen, da er doch hübsche Anlagen hat und sonst wohl verdient daß man sich seiner annimmt. Vielleicht besuchen Sie mich diesen Abend ein wenig, so daß man das Weitere besprechen kann.

Das Beste wünschend.

treulich

Weimar den 26. Februar 1824.

G.


38/45.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie die drey beykommenden Aufsätze vorläufig bedenken und Ihre Bemerkungen dazu machen; es muß freylich noch manches daran gethan werden.

Weimar den 26. Februar 1824.

G.[58]


38/46.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die sämmtlichen Briefe dankbar zurück; ich freue mich der immerfort dauernden und sich erweiternden Theilnahme an unserer Societät von Herzen. Was die Sendung von Mecheln betrifft, so wollte ich mich nach der leichtesten und sichersten Art sie hierher zu spediren umthun und sie Ihnen vermelden; denn die Communication mit den Niederlanden von hier aus hat mancherlei Schwierigkeiten.

Die Fortsetzung guter Gesundheit und alles glücklichen Erfolgs.

ergebenst

Weimar den 28. Februar 1824.

J. W. v. Goethe.


38/47.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgeboren

bey eintretendem frühzeitigen Frühjahr, nach langer Winterpause wieder einmal zu begrüßen und auf eine abermalige Sommerbegegnung anzuspielen, ist die Absicht dieses Blattes, wobey ich denn vor allen Dingen zu erfahren wünschte, wie Sie sich zeither befunden und ob Ihre beschwerlichen Geschäfte glücklich vollbracht worden.

[59] Sodann wünschte mit einigen naturforschenden Freunden zu erfahren: ob das starke Erdbeben, welches vor einiger Zeit am Fichtelberg hergegangen, auch in Böhmen sich spüren lassen?

Ferner frage an: ob von des Herrn Baron v. Junker Silberzeche zu Sangerberg etwas Glückliches zu vernehmen seyn möchte? Ersuchen Sie denselben mit vielen Empfehlungen um einige Nachricht.

Was den mineralischen Reichthum betrifft, so steht zu hoffen daß von auswärts gar manches Ihre Sammlung werde vermehrt haben; geben Sie doch auch davon einige gefällige Kenntniß. Von demjenigen was die Zeit her mir zugeflossen soll ein Theil an Dieselben nach eingetretenem Frühjahr ungesäumt erfolgen.

Der Winter hat mich ein wenig hart gehalten, deswegen ist vieles an Geschäften und Beschäftigungen nachzuholen.

Möge ich, bey einem zu hoffenden glücklichen Wiedersehen Ihrer theuren Familie, Sie alle recht wohl und die guten Knaben mit neuen Ehrenzeichen geschmückt finden.

Des Herrn Grafen Auersperg Excellenz bitte mich angelegentlichst zu empfehlen und Herrn Bergmeister Lößl zum allerschönsten zu grüßen. Was hören Sie Guts von Redwitz?

ergebenst

Weimar den 28. Februar 1824.

J. W. v. Goethe.[60]


Und so möchte ich mich noch nachschriftlich um das längst zugesagte Werk und dessen schöne Zeichnungen erkundigen.


38/48.


An Johann Heinrich Meyer

Hier schick ich Ihnen, mein Werthester, den bewußten Brief, ganz überlassend welchen Gebrauch davon zu machen Sie für gut finden.

Weimar den 28. Februar 1824.

G.


38/49.


An Johann Gabriel Wilhelm Münderloh

Unterzeichneter wünscht eine Kiste Mineralien von Mecheln, in den Niederlanden, hieher bringen zu lassen. Könnte Herr Münderloh mir Anzeige thun wie dieses am sichersten und leichtesten geschehen könnte und wollte derselbe deshalb einige Besorgniß übernehmen.

Weimar den 28. Februar 1824.

Goethe.


38/50.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgeboren

haben die Gefälligkeit Beykommendes in den Schrein der hochverehrten Naturforschenden Gesellschaft zu Bonn, mit meinen besten Empfehlungen, niederzulegen[61] und sowohl Platte als Blätter für ein Geschenk unter den Lebendigen zu achten, wenn es schon, dem Aufräumen und Entsagen nach, einer testamentarischen Anordnung ganz ähnlich sieht. Der frühere oder spätere Gebrauch hängt ganz von Ihrer Entscheidung ab; noch manches was nicht gleich zur Hand ist wird nachfolgen.

Über soviel Unternommenes und Unvollbrachtes kann mich nur die spätere Erfahrung trösten: daß ich mir selbst, wo nicht andern, vorgearbeitet habe, um die bedeutenden Stufen worauf sich Naturwissenschaft erhoben hat schätzen und mich anschließen zu können.

Soviel für dießmal damit die Post nicht versäumt werde.

gehorsamst

Weimar den 29. Februar 1824.

J. W. v. Goethe.


38/51.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeboren

haben mir, durch die Nachricht einer neu sich hervorthuenden glücklichen Aussicht Ihrer Lebensbahn, viele Freude gemacht; möge dieser bedeutende Entschluß Ihnen soviel Gutes bringen als ich an dem Beyspiel eines treuen Freundes hier zu Land erblicke, der in einer vor kurzem eingegangenen zweyten Verbindung seinen häuslichen Zustand auf's beste gegründet hat.[62] Erhalten Sie mir auch die Wohlgewogenheit Ihrer Frau Gemahlin und gedenken mein im glücklichen Zusammenseyn vertraulicher Stunden.

Wegen unserer gemeinschaftlichen Angelegenheit schreibe nächstens das Weitere; indessen ist mir beyliegender Brief zugekommen, worüber mir Ew. Hochwohlgeboren einsichtiges Urtheil, bey gefälliger Rücksendung des Schreibens erbitte; da ich über diese Verhältnisse niemals recht habe klar werden können.

Der ich mich zu wohlwollendem Andenken bestens empfehlend die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

gehorsamst

Weimar den 1. März 1824.

J. W. v. Goethe.


38/52.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

vergönnen, daß ich einige Papiere in der Kürze vorlege.

Der Anschlag vom 1 sten März, nebst beygelegtem Riß, zeigt die Größe und Form der zu fertigenden Schränke, nicht weniger die darauf zu verwendenden Kosten.

Sollten diese Vorschläge gnädigste Billigung finden, so würde die Ausführung alsdann sogleich zu unternehmen seyn.

Unterthänigst

Weimar den 2, März 1824.

Goethe.[63]


38/53.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie, mein Theuerster, heute Abend einige Stunden bey mir zubringen so schick ich um 6 Uhr den Wagen der sie alsdann auch später nach Hause bringt.

Weimar den 2. März 1824.

G.


38/54.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

empfangen den besten Dank für die neulich übersendeten Exemplare von Kunst und Alterthum IV, 3, wie ich denn zugleich die geneigte Aufmerksamkeit für die laufenden Hefte zu schätzen weiß.

An Madame Frommann gleichfalls herzlichen Dank für die mitgetheilten Bände, die ich freylich etwas lange verwahrt, aber auch daraus die interessanteste Unterhaltung bey meiner Wiedergenesung gezogen. In dem Kästchen befindet sich Wielands Bild von der Bibliothek, welches Demoiselle Steinhardt gewünscht; ich übersende es der sorgfältigen Freundin, welche die Gefälligkeit haben wird, dessen Benutzung zu leiten und seine Erhaltung zu beachten. Mich zu fortdauerndem wohlwollenden Andenken angelegentlichst empfehlend

ergebenst

Weimar den 6. März 1824.

J. W. v. Goethe.[64]


38/55.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

geruhen aus der Beylage zu ersehen, was der Bibliothekar und Rath Vulpius wegen Abgabe von Taschenbüchern und Almanachen berichtet. Da nun hierzu Höchst Deroselben Genehmigung erforderlich, so wird hierdurch schuldigst und geziemend darum gebeten.

Unterthänigst

Weimar den 6. März 1824.

Goethe.


38/56.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

[8. März 1824.]

Nun ist Ottilie wieder zurück und hält Vorlesungen über ihr Tagebuch; sie hat freylich soviel herumgetrieben, viel gesehen und nach ihrer Weise Gutes genossen; haben Sie herzlichen Dank für alles, was Sie diesem lieben wunderlichen Wesen an Aufmerksamkeit und Neigung gegönnt haben; sie ist von dem Strudel hingerissen worden, der eigentlich das Element der Frauen zu seyn scheint, und dann ist doch eine so große bedeutende Stadt mit acht Wochen nicht abgethan. Sie wird eine Zeitlang Nachgenuß haben und uns daran Theil nehmen lassen.

[65] Wie oft denk ich nicht an Sie, verehrter Freund, an das was Sie in diesen Zeiten zu leisten und zu leiden haben; sagen Sie mir etwas von Ihrer theuren Gesundheit; ich halte mich still und mäßig so hin und dennoch bin ich seit Ihrer Abreise doppelt angefochten worden. An meinen Heften wird fortgedruckt, nehmen Sie Beykommendes indessen freundlich auf und lassen sich irgend einen Theil des Inhalts gefallen.

Eckermann schleppt, wie eine Ameise, meine einzelnen Gedichte zusammen; ohne ihn wäre ich nie dazu gekommen; es wird aber gar artig werden; er sammelt, sondert, ordnet und weiß den Dingen mit großer Liebe etwas abzugewinnen.

Die Zeichnung des Exeternsteins, die mir Ottilie mitbringt, ist mir ein großes Geschenk; gleich die Vorstellung im Eisenguß gewann meine Neigung, das Bild interessirte, intriguirte mich; ein kleiner Aufsatz ist geschrieben, der freylich jetzt erst Gestalt erhält. Kann man sich nicht erwehren zu glauben, daß etwas Zarteres in der Ausbildung dem Künstler des neunzehnten Jahrhunderts angehöre, so ist die Anlage doch vortrefflich und bewundernswerth, deren Verdienst dem Alterthum nicht abgesprochen werden kann.

Den meteorologischen Dingen bin ich eifrig im Geiste gefolgt; unser junger Mathematiker hat gleichfalls auf seinem Wege fortgearbeitet, er nimmt keine Notiz von meinem Grundsatz und ich benutze um desto lieber und desto besser sein über alle Begriffe sorgfältiges[66] Bemerken und Zusammenstellen, und so hoffe ich weniges aber Bedeutendes im nächsten Hefte vorzulegen. Erhalten Sie auch in diesem Bemühen eine aufmerksame Gunst.

Ein kleines Schauspiel von Immermann las ich in berlinischen Taschenkalender, überschrieben: die Brüder. Ich will es meinen jungen Leuten übergeben; denn ich weiß mich in solche Dinge nicht mehr zu finden. Es spricht ein eigenes Naturell aus dieser Production, dann aber spürt man so viele äußere Einwirkung bis auf die modernste; Iffland und Kotzebue spuken denn doch durch's Ganze. Es ist mit allen Künsten und besonders auch mit dieser ein wunderlicher Zustand. Nur durch meine Kinder vernehm ich noch etwas vom Theater und Ottilie hat von Berlin her manches wohlgesehene Gute mitgebracht.

Nun aber zu dem A und Ω das ich Ihnen ewig verdanke. Mehrere Wochen war ich nicht in das große und durchkältete Zimmer gekommen, und als ich wieder hineintrat erstaunt ich zum Erschrecken, so trat mir das erhabene einzige Götterbild entgegen. Nun seh ich es wieder täglich und immer wieder mit neuem Eindruck.

so auch immergleich

der Ihrige

Goethe.[67]


38/57.


An Carl Friedrich Zelter

Ottilie ist glücklich zurückgekommen und hält mich durch Erzählung in Berlin fest, wohin sie mich nun seit acht Wochen, durch ununterbrochene Tagebücher redlich versetzt hat. Und so begrüß ich dich denn auch auf der Stelle, deinen Brief vom 8. Februar wieder aufnehmend, den ich jener Zeit wie einen Labetrunk zu mir nahm.

Vor allen Dingen bitt ich dich nun Herrn Streckfuß zu grüßen; ich bin seinem dichterischen und sonstigen literarischen Gange immer mit Hochschätzung gefolgt, wenn ich ihm schon auf Brief und Sendung früher nicht antwortete. Dieß ward mir oft bey meiner Lage und Gesinnung unmöglich: denn da ich nicht mit leeren oder scheinbaren Phrasen ein mir geschenktes Zutrauen erwidern konnte und doch das jedesmalige Vorgelegte im Augenblick zu schätzen nicht fähig war, so blieb ich gegen viel bedeutende Menschen im Rückstand, welches in späterer Zeit immer mehr der Fall ist. Empfiehl mich also schönstens und danke für das Andenken. Das Büchlein Ruth wirkt auf alle poetisch productiven Geister klapperschlangenartig; man enthält sich nicht einer Bearbeitung, Paraphrase, Erweiterung dieses, freylich sehr liebenswürdigen, aber uns doch sehr ferne liegenden Stoffs. Ich verlange zu sehen wie sich dießmal der Dichter benommen hat.

[68] Nun vermeld ich aber vorerst, daß man bey hiesiger Bibliothek in einer Nürnberger Auction ein Manuscript gekauft hat, welches den Titel führt: »Tabulatur-Buch Geistlicher Gesänge D. Martini Lutheri und anderer gottseliger Männer, samt beygefügten Choralfugen durch's ganze Jahr. Allen Liebhabern des Claviers componiret von Johann Pachelbeln, Organisten zu St. Sebald in Nürnberg 1704.« Kann es dich interessiren so schick ich es wenigstens zum Ansehen. Es ist in Leder gebunden, war verguldet am Schnitt, und sieht recht aus wie ein altes Kirchenmeubel, obgleich noch ganz gut erhalten, und faßt 247 Melodien.

Was du von Felix meldest ist wünschenswerth und rührend, als Text und Commentar betrachtet; könnt ich doch auch von einem meiner Scholaren das Gleiche melden; leider aber hat Poesie und Bildkunst kein anerkanntes Fundament wie die eure; die absurdeste Empirie erscheint überall, Künstler und Liebhaber sind gleich unstatthaft, der eine macht, der andere urtheilt ohne Vernunft, da muß man denn abwarten bis ein entschiedenes Talent hervorgeht und das Vernünftige außer sich gewahr wird, weil es in seinem Innern verborgen liegt.

Unsere Fastnachtsspäße sind für mein Häusliches schlecht abgelaufen; Ulrike hat im letzten Cotillon, dem unseligen Tanze, den Buben und Mädchen nie satt kriegen, einen harten Fall auf das Hinterhaupt[69] gethan, von welcher Erschütterung das Gehirn sich noch nicht wieder hergestellt hat; die Ärzte wollen zum besten reden, ich aber weiß nicht was draus werden soll.

Mit diesem Unheil ist denn auch Ottilie empfangen worden nd mag es, nach Berliner Pracht und Lust, mit ausbaden helfen.

Von mir kann ich nur Gutes sagen, ob ich mich gleich eigentlich nur bescheiden und sorgsam hinhalte, jeder Tag bringt etwas zu thun und etwas zu sorgen, das ist denn noch das Beste von der Sache. Stein auf Stein, mit gutem Vorbedacht, gibt zuletzt auch ein Gebäude.

Von Berlin hat mir Ottilie manches Erfreuliche mitgebracht, und so bin ich denn auch auf ihre fernere Erzählung neugierig. Sie hat sich in dem strudelnden, sprudelnden und mitunter wieder seicht stagnirenden, Weltwesen umhergetrieben; bey ihrer empfänglichen Klarheit hat sie jedoch sehr gut gesehen, heiter genossen und mag uns denn auch im Geiste in jenes Element versetzen.

Auf wunderbare Weise bin ich wieder an Händel herangezogen worden; Rochlitzens Entwicklung des Messias, in seinem Ersten Bande Für Freunde der Tonkunst. S. 227 hat mich an die Händel-Mozartische Partitur getrieben, wo ich freylich nur die rhythmischen Motive herauslesen kann; nächstens denk ich mich durch Eberweins Vortrag auch den harmonischen[70] zu nähern. Dieses wäre freylich eine Sache für unser Zusammenseyn gewesen, das, hätte nicht ein Hauptpunct der Mittheilung glücklich gewirkt, gegen sonst traurig genug abgelaufen wäre.

Auf baldiges Wiedersehen!

Weimar den 8. März 1824.

G.


Noch eins! Hast du im Königlichen Schlosse, im Pfeilersaale, die ausgestellten Gemälde der Herren Schadow und Begasse gesehen? wo nicht so beschaue sie und melde mir ohne Umstände, wie du sie findest. Sodann lies auch in der Haude- und Spenerschen Zeitung No. 56 und 57 die Recension derselben. Sie ist von einem Einsichtigen geschrieben, aber wie dreht und wendet er sich um seine Überzeugung verhüllt auszusprechen, die wir in wenig Worte zusammen fassen können. Es sind zwey talentvolle, und schon hoch ausgebildete Künstler, die aber in der modernen Deutsch-Narrheit, der Frömmeley und Alterthümeley ihre besten Jahre verlieren, es niemand zu Danke machen, und, weil sie entweder zu spät, oder gar nicht zur Besinnung kommen, wahrscheinlich zu Grunde gehen.

hüben wie drüben

dein Getreuer.[71]


38/58.


An Johann Peter Eckermann

Sollten Sie nicht, mein Werthester, nach gelesener Beylage geneigt seyn einen lyrischen Beytrag zu genanntem Feste zu geben?

Weimar den 8. März 1824.

G.


38/59.


An Wilhelm von Humboldt

[Concept.]

Nur ein ausrufendes Wort! – Tausend Dank für die überschickte Götterstirne, die jedem Augenblick Freude und Schmerz zugleich gewährt. Mögen Sie meiner immerfort gedenken, wie ich Ihrer und der theuren Ihrigen. Aus Ottiliens Erzählung leuchtet hervor wie viel Freundliches sie Ihrem häuslichen Kreise schuldig geworden.

Darf ich den Überbringer Herrn Sterling, einen jungen Engländer, empfehlen. Er ist es der mich mit Lord Byron in Verhältniß gebracht hat und dem ich dagegen auch recht was Gutes erzeigen möchte. Dieß geschieht indem ich Ihnen solchen vorstelle.

Weimar den 8. März 1824.[72]


38/60.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie wohl, mein Werthester, beykommenden einigermaßen redigirten und abbrevirten Parias nochmals einem aufmerksamen Blick schenken?

Weimar den 9. März 1824.

G.


38/61.


An Carl Friedrich Zelter

Nach kurzer Zeit, mein Guter, tret ich wieder vor und zwar dießmal mit Wunsch und Ansinnen; vernimm also wovon die Rede ist.

Es liegt ein Gesang bey, zu dessen Erklärung Folgendes nothwendig seyn möchte: der Staatsrath Thaer, von dem du im Allgemeinen und Besondern gewiß Kenntniß hast, erreicht am 14. May sein 73. Jahr. Zu diesem Tage werden seine weitverbreiteten Schüler bey in Mögelin zusammen kommen, sie gedenken ihm ein stattliches Fest zu geben. Dazu wünschen sie nun nagelneue Tischlieder und haben sich deshalb nach Weimar, als dem eigentlichen Stapelort deutscher Dichtkunst, mit zierlicher und ziemlichen Bitten gewendet. Auch sind die Freunde dergleichen zu leisten nicht abgeneigt.

Und so kam denn auch mir beygehendes Lied in den Sinn, zu dessen vorläufigem Verständniß ich folgenden Commentar schreibe.[73]


Strophe 1.

Thaer, ein im Praktischen wie im Theoretischen geschätzter Arzt, sieht sich nach einer froheren Unterhaltung in der Natur um, gewinnt die Gärtnerey lieb.


Strophe 2.

Allein er sieht sich hier bald beengt und sehnt sich nach einem weitern Wirkungskreis; wendet seine Aufmerksamkeit dem Feldbau zu.


Strophe 3.

Er nimmt die englische Landwirthschaft wahr und die ganz einfache Maxime: daß bey größerer Thätigkeit und verstandsgemäßer Umwendung des Bodens weit höherer Vortheil als bey dem bisherigen Schlendrian zu gewinnen sey.


Strophe 4.

Und so weiß er denn die Landwirthe zur Wechselwirthschaft aufzuregen, erwirbt sich Schüler und Nachfolger, die seine Lehre und Anleitung probat finden und ihm jetzt in hohem Alter einen öffentlichen und lauten Dank vorbereiten.


Möge dich dieses Lied, von einer großen Zahl Landwirthe bey Tafel zu singen, zu einer heitern Composition aufregen; es ist ein Fest das nicht wieder kommt, und ich wünschte daß unsere beiden Namen hier zu gleicher Zeit ausgesprochen würden. Der Mann gehört zuerst Preußen, sodann aber auch der[74] Welt an, sein Ruf und Ruhm sind gründlich, und so darf man denn wohl etwas unternehmen um sich mit ihm und den Seinigen zu erfreuen.

Mögest du mir bald eine wohlgelungene Partitur überschicken, die ich alsdann weiter besorgen wollte; vorerst wünschte ich daß es unter uns bliebe. Hast du wenig Notiz von dem Manne, so darfst du nur deine nächste Umgebung fragen und sie sagen dir soviel um Theilnahme zu befördern. Auch kommt vielleicht von diesen hin- und herreisenden Schülern desselben jemand an eure Liedertafel, oder auch später, so könnt ihr einen solchen Gast nicht besser bewirthen.

Bey mir geht das Getreibe täglich fort und ich bin vergnügt daß ich mich darin aufrecht erhalte.

Lebe wohl und liebe

wieder auf den Beinen,

Weimar den 11. März 1824.

G.


38/62.


An Friedrich Ludwig von Froriep

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

ersuche zutraulichst um die Geneigtheit ein kleines Geschäft das mir obliegt zu befördern.

Von den Tafeln zu meiner Farbenlehre machen sich abermals eine Anzahl Abdrücke nöthig, wovon ein Theil zu illuminiren ist. Möchten Sie daher[75] mir wohl irgend einen Angestellten zuschicken, mit dem ich die Anzahl der Abdrücke, die Papiersorte und was sonst besprechen könnte; sodann aber auch den Vorgesetzten der Illuminations-Anstalt, um mit demselben wegen Farbe und Sorgfalt das Nöthige zu verhandeln.

Ew. Hochwohlgeboren erzeigen mir dadurch eine besondere Gefälligkeit, wie ich denn hoffe, daß Ihre bedeutendern Geschäfte hiedurch nicht gestört werden.

Weimar den 11. März 1824.


38/63.


An Franz Carl Adalbert Eberwein

[Concept.]

Bey dem Herrn Staatsrath Thaer versammeln sich in der Hälfte May eine große Anzahl Landwirthe, alle seine Schüler, um dessen Docktor-Jubiläum und Geburtstag zu feyern; sie wünschen frohe Tischgesänge; einer liegt hier bey. Möge er Sie anfeuern dieses Fest mit verherrlichen zu helfen. Es ist wohl für Dichter und Componisten eine erwünschte Gelegenheit sich in einem würdigen Fall an so viele treffliche Menschen mit anzuschließen. Noch bemerke daß eine Strophe zum Schluß nachfolgen wird, welche die vorigen wieder aufnimmt und ein lebhaftes Ende herbeyführt.

Weimar den 12. März 1824.[76]


38/64.


An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

[Concept.]

[13. März 1824.]

Nun schon seit acht Wochen finde ich mich durch die Tagebücher Ottiliens nach Berlin versetzt, vorzüglich aber, verehrter Freund, in Ihre Wohnung, unter die Ihrigen. Und da will ich denn gestehen daß mir die durch des lieben Gastes [Gegenwart] verursachte Unbequemlichkeit mehr als Ihnen selbst fühlbar gewesen; Dank und Anerkennung von uns allen bleibt Ihnen als unvergängliche Erwiderung auf's treulichste zugethan.

Zu erzählen wird sie genug haben, wenn sie nur erst über die Brandung des Anlandens hinaus und in ihrem häuslichen Kreise beruhigt ist; ich freue mich herzlich mit einem so heitern Geiste die große Königsstadt zu durchwandern und die Herrlichkeit der neuen und neusten Tage zu schauen, deren Anblick mir persönlich versagt war.

Erlauben Sie hierauf daß ich als Beylage die vier Bände Kunst und Alterthum überschicke. Die Absendung einzelner Hefte habe, bey unterbrochener und zerstreuter Lebensweise, niemals reguliren können; jetzt, da der vierte Band mit einem allgemeinen Verzeichniß schließt, hat der Inhalt, bey mehrerer Genießbarkeit und Nutzbarkeit einiges Interesse mehr gewonnen. Wie sehr wünsche ich, daß auch Ihnen, frisch und neu einiges entgegen trete.

[77] Darf ich bey dieser Gelegenheit von einem Anfliegen sprechen, das die Liebe zu einem alten Freund bey mir aufregt. Herr Tieck bearbeitete bey seinem letzten Hierseyn ein Profil von unserem würdigen Knebel, in der Absicht, solches des Herrn Minister v. Altenstein Excellenz vorzulegen; nun wird mir hinterbracht: daß man mit einer Medaille zu des werthen Freundes Andenken gegenwärtig umgehe. Wäre dieß der Fall und Sie könnten, verehrter Freund, zur Beschleunigung dieses Vorhabens etwas mitwirken, so wäre ich einer doppelten Sorge überhoben: denn da wir Älteste der fünfzigjährigen weimarischen Epoche doch gelegentlich auf eine Trennung gefaßt zu seyn Ursache haben, so ziemt es sich wohl zu wünschen daß die, einem werthen Mann zugedachte und wohlverdiente, Ehrenbezeigung, von so hoher und theurer Hand ihn noch bey'm Leben, und wie er sich jetzt munter und froh befindet, erreichen und erfreuen möge.

Und so möge denn auch mir der alte sich immer erneuernde Wunsch mit Ihnen persönlich zusammen zu treffen endlich gewährt seyn.

Nach der so gründlichen als günstigen Rezension des v. Knebelschen Lukrez in den Göttingischen gelehrten Anzeigen in deren 33. Stück möchte denn freylich jenes geprägte Zeugniß seinem Leben und Bemühungen die Krone aufsetzen.

Weimar den 10. März 1824.[78]


38/65.


An Charles Sterling

Sehr gern, mein werthester Herr Sterling, hätte ich mündlich von Ihnen Abschied genommen und ein weiteres Wohlergehen auf Ihrer Reise persönlich gewünscht; alsdann hätte ich den Dank wiederholt, zu dem ich Ihnen verpflichtet bin, daß Sie einem näheren Verhältniß zu dem höchstgeschätzten Lord Byron den Weg gebahnt. Ich betrachte dieß als einen der schönsten Gewinne meines Lebens.

Gedenken Sie unsere! und wenn Sie nach Genua kommen und Gelegenheit finden von sich jenem außerordentlichen Manne Nachricht zu geben, so erwähnen Sie auch meiner, der Meinigen und der unerschöpflichen Verehrung, Bewunderung und Liebe, mit der wir ihm zugethan sind. Sprechen Sie aus, daß wir jene Person von uns höchst glücklich schätzen, die ihm, wo es auch sey, auf diesem Erdenrunde begegnen könnte. Leben Sie wohl und lassen mich von Zeit zu Zeit, besonders wenn Sie den Ort verändern, von sich hören, und berichten mir zutraulich wie es Ihnen indessen ergangen.

Mit den Besten Wünschen

aufrichtig theilnehmend

Weimar den 13. März 1824.

J. W. v. Goethe.[79]


38/66.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

Verlangen Sich so bald und leicht als möglich einen Begriff zu bilden wie es sich mit den Unregelmäßigkeiten unseres Kalkflötzes verhalte, glaube nicht besser befriedigen zu können, als durch beyliegendes Voigtische Werk. Auf der ersten Tafel ist zu übersehen in welcher subalternen Rolle das Kalkflötz M vom Fuß des Rhöngebirges bis zum Ettersberge hin erscheint. Diese späteste Gebirgsbildung ist in sich sehr ungleich, wie aus der 6. Tafel und der dazu gehörigen 97. Seite zu ersehen ist. Hier wird die Gelmerodaer Höhe im Durchschnitt gezeigt und die Erklärung bedeutet uns daß diese Gebirgsstrecke aus successiv niedergegangenen Flötzlagen besteht, welche mehr oder weniger Kalk oder Thon enthalten. Die festeren sind der Kalkstein der zum Mauern und auch zum Chausseebau genutzt wird, die weichen das mergelartige Gestein, welches zu diesem Zwecke nicht tauglich ist. Sie wechseln nicht regelmäßig mit einander ab und ihre Gewinnung bleibt mehr oder weniger dem Zufall oder einer örtlichen Untersuchung anheim gegeben.

Der Berkaische Steiger zeigt hierin einen belehrenden Durchschnitt, so wie die dem Kötschauer Steiger entgegenstehenden Bergwände; an diesen konnte man nur eine einzige feste Flötzlage zu dem neuen Brückenbau[80] benutzen; zur Chaussee finden sich schon mehrere tauglich.

2) Der botanische Criminalproceß ist merkwürdig genug; die Engländer verstehen in solchen Dingen keinen Spaß, auch ist die Sache dort von großer Bedeutung. Darf ich diese Papiere bey mir verwahren, wo sie immer wieder zu Befehl stehen?

3) Was wäre wohl dem v. Volckamer auf sein Anerbieten der Stammbücher zu antworten? Höchst Dieselben lieben solche Geschenke nicht, wo man wegen der Erwiderung ungewiß ist.

4) Die Rede über die Palmen erhielt noch nicht und bitte deshalb um gnädige Mittheilung derselben.

5) Der monstrose Kieferzweig ist bewundernswürdig, man sollte ihn abzeichnen lassen. Wem pflegen Ew. Hoheit dergleichen Auftrag zu ertheilen?

unterthänigst

Weimar den 13. März 1824.

J. W. v. Goethe.


38/67.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

hätten mir nichts Angenehmeres erweisen können als daß Sie mir von der bisher glücklich zurückgelegten Reise Ihres guten Sohnes ausführliche Nachricht geben. Es ist zu hoffen, daß ihm künftig alles gleichmäßig gelingen werde. Die Einwirkung so vieles Bedeutenden,[81] gut Gesehenen auf ihn wird unauslöschlich bleiben und die Wiedervereinigung uns allen zu Gute kommen.

Die Abdrücke der Tafeln der Farbenlehre werde sogleich besorgen, bey welcher Gelegenheit ich Herrn Cottas Commissionair an die 6 Exemplare der Farbenlehre zu erinnern bitte, die ich vor mehr als einem Jahr zu erhalten wünschte; die Tafeln hab ich mir selbst besorgt, die Erklärung erhielt ich von Ew. Wohlgeboren. Zusammen sind sie bey mir niedergelegt und erwarten den Haupttext.

Die 550 Abdrücke einiger Platten zu den wissenschaftlichen Heften besorge indessen gleichfalls, sollten mehrere nöthig seyn, so können sie nachgeliefert werden.

Noch eins darf ich nicht zu melden versäumen, daß die Frankfurter Freunde sich betrübt haben, daß Ihr Herr Sohn durch Zufälligkeiten abgehalten wurde noch zuletzt ein frohes Familienmahl mit ihnen zu feyern.

Möge er zur rechten Zeit auch wieder an unserm Familientische als Rückkehrender sich einfinden, all unsere Hoffnungen erfüllen und Ihre höchst väterliche Sorgfalt lebenslänglich belohnen.

Mit dem schönsten Dank für das übersendete Werk und Bitte mir dessen Wiedergabe zu fristen.

Weimar den 13. März 1824.

J. W. v. Goethe.[82]


38/68.


An Friedrich Theodor Kräuter

Haben Sie die Gefälligkeit, mein guter Kräuter, dem bey'm Industrie-Comptoir angestellten Starke durch den Bibliotheksdiener die auf der Bibliothek befindlichen zur Farbenlehre gehörigen 16 Platten einhändigen zu lassen. Das Übrige ist mit ihm verabredet.

Weimar den 15. März 1824.

G.


38/69.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey die Vorschriften in Duplo. Gehen Ihre Schulstunden Mittwoch den 21. wieder an? Sodaß Schmeller Dienstags den 20. wieder hier seyn müßte? Ein Wort Antwort hienächst. Weimar den 17. März 1824.

G.


38/70.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch das officielle Denkblatt, wie sonst schon so oft, eine wahre Freude gemacht. Nicht immer wußt ich, bey meinem naiven Wohlwollen, den hohen Werth förmlicher Anerkennung wechselseitigen schönen Verhältnisses genugsam zu ehren, wie ich sie jetzt zu schätzen weiß und daher für das, zu[83] gleicher Zeit so hochgültige, als rein und wahr empfundene Document wahrhaft erkenntlich bin. Noch manches aus meinem stockendem, durch Ihre Thätigkeit angeregten Vorrath soll nächstens erfolgen.

Nun aber haben Sie durch die übersendeten Carnevals-Blätter sich wieder eine neue Last auferlegt. Mir kommt die Sache sehr wichtig vor; wie denn ja schon die Berliner Haude und Spenerische Zeitung derselben mit Anstand gedenkt. Beyliegendes Blatt empfehle daher zu geneigter Förderniß.

Die sehr instructiven Exemplare Drachenfells, glücklich angekommen, geben mir schöne Gelegenheit nordöstlichen Freunden etwas Angenehmes zu er weisen; dafür denn den südwestlichen abermals dankbarlichst verpflichtet bleibe.

Weimar den 22. März 1824.


38/71.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen einige Sendung und schuldigen Vortrag:

1) Das kleine Heft: Cölner Carneval ist merkwürdig genug, man erstaunt über die Freyheit des Humors, über die Harmonie der Ausführung, so wie über die bescheidene Behandlung hie und da bedenklicher Gegenstände.

2) v. Martius Rede liegt bey; er hat mich auch[84] mit einem Exemplar erfreut. Diese Abhandlung jedoch will studirt seyn, denn selbst mit Beyhülfe einer Charte hält es schwer die Einbildungskraft in einer so gränzenlosen Weite. herumzuführen. Dabey werden uns aber die Palmentafeln künftig zu Hülfe kommen auf welchen, wie schon bey einigen der mitgetheilten geschehen, die landschaftliche Umgebungen zugleich dargestellt werden sollen.

3) Der Geister-Tafel, die ich mir noch einige Zeit zum Studium und Unterhaltung an meine Wand erbitte, ist ein recht artiger Gedanke, und dient bey schneller Recapitulation zu bequemer Belehrung.

4) Der Kupferstich der jungen Künstlerin zeigt schon eine ganz hübsche Fertigkeit in allen Strichen und Wendungen die man vom Grabstichel verlangt. Wahrscheinlich wird sie sich an irgend einen Meister anschließen, und, unter dessen Leitung nd Firma, nach und nach ein leidliches Auskommen gewinnen.

5) Die geognostische Arbeit ist sehr bedeutend, Übereinstimmung und Abweichung des Vorkommens sehr merkwürdig, für den Gebrauch höchst vortheilhaft.

6) Die niederländischen Medaillen werden sich an die vorhandene Sammlung merkwürdiger Personen bereichernd und schicklich anschließen.

7) Darf ich meine Freude nicht verhehlen über die, wie ich höre, sehr glückliche Vorstellung vom Sonnabend. Das Publicum ist einstimmig in seiner Zufriedenheit und ich fühle mich verpflichtet, die, einem[85] so nahe mir verwandten Kunstwerk gegönnte Sorgfalt dankbarlichst anzuerkennen. Der Paria, den ich sogleich abgegeben, wird gewiß auch eine gute Vorstellung gewähren.

unterthänigst

Weimar den 22. März 1824.

J. W. v. Goethe.


38/72.


An Caroline von Wolzogen

Weimar, 22. März 1824.

Gar sehr danke ich, verehrte Freundin, daß Sie eine so werthe Angelegenheit zur Sprache bringen, und sage sogleich, beliebter Kürze wegen: daß ich in den Hauptpunct Ihres Vorschlags vollkommen einstimmen. Daß an Cotta deshalb von Ihrer Seite baldigst ein Antrag geschehe, find ich der Lage gemäß; denn es ist an der Zeit. Im neuesten Hefte von Kunst und Alterthum ließ ich Schillers Briefe vom Jahre 1802 mit wenigen Reticenzen neuerlich abdrucken, sie geben Zeugniß von einem hohen, reinen, heitern, unschuldigen Verhältniß und werden das Verlangen des Publicums und den Antheil des Verlegers zu steigern geeignet seyn. Doch wünschte ich, daß Sie, ehe ein weiterer Schritt geschieht, mich noch sprechen möchten, wozu ich die Frühstunden Mittwochs in Vorschlag bringe.

[86] Der Frau Schwester angelegenst empfohlen zu seyn wünschend, den frischen Anklang früherer Verhältnisse herzlich begrüßend, die v. Humboldtischen Briefe beylegend, treulich

Goethe.


38/73.


An die Weygandische Buchhandlung

Wenn Sie, meine geehrteste Herren, eine nochmalige Ausgabe der Leiden des jungen Werthers, wie solche vor Jahren aus Ihrem Verlag hervorgegangen, gegenwärtig veranstalten wollen, so wüßte nichts zu erinnern. Gelingt mir zu rechter Zeit ein kurzes Vorwort, rhythmisch oder prosaisch, so übersende solches mit dem Wunsche eines guten Erfolgs.

Was in jedem Falle dem Autor an Honorar und Exemplaren zu Gute käme, sey Ihrem billigen Ermessen anheimgegeben.

Mich geneigtem Andenken bestens empfehlend

ergebenst

Weimar den 23. März 1824.

J. W. v. Goethe.


38/74.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Die angekündigten Gedichte und beyliegenden feyerlichen Gesang kann ich nicht absenden ohne diesem letztern nochmals meinen entschiedensten Beyfall zu[87] zollen. Es wird bey dieser Gelegenheit nichts Besseres, mehr Vollständiges, Abgerundetes dargebracht werden.

Mit den aufrichtigsten Wünschen.

Weimar den 24. März 1824.

G.


38/75.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Beykommendes Manuscript wird wohl den Bogen N des wissenschaftlichen Heftes mit den zwey noch übrigen französischen Columnen noch ausfüllen. Wie es mit dem Nachschuß dieser letzten zu halten, werde bey der Revision zu melden nicht verfehlen.

Weimar am 24. März 1824.


38/76.


An Johann Heinrich Meyer

Wollten Sie wohl die Gefälligkeit haben, theuerster Freund, beykommende kleine Zeichnungen mit saubern Linien umziehen und den Rand etwa mit einem grünen Färbchen ausschmücken zu lassen. Sie sind in des Herrn Erbgroßherzogs Stammbuch bestimmt und da wünscht ich sie denn doch mit einiger Schicklichkeit einzuführen. Aufgeklebt werden sie nicht sonst tragen sie zuviel auf.

Weimar den 25. März 1824.

G.[88]


38/77.


An Caroline von Wolzogen

[Concept.]

Sie erhalten hiebey, verehrte Freundin, den wesentlichen Inhalt eines Erlasses an Cotta, welchen Sie in beliebiger Form an denselben werden gelangen lassen. Ich darf Ihnen nicht sagen wie mich's freut daß ein so bedeutendes Geschäft uns Gelegenheit geben wird alter Zeiten nicht nur zu gedenken, sondern sie auch thätig wieder hervorzurufen.

Weimar den 25. März 1824.


38/78.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

erlauben einiger Puncte schuldigst erwidernd zu gedenken.

1) Das Cölner Carneval hat mich zu besonderm Antheil aufgeregt; ich habe deshalb noch verschiedene Fragen an den Präsidenten Nees v. Esenbeck gelangen lassen. Übrigens trifft dieses Ereigniß mit der Schilderung zusammen die mir Zelter von dem behaglichen Rheinleben gemacht hat. Wohl möcht ich Höchst Denenselben, und wäre es auch nur auf Augenblicke in jenen heitern Gegenden aufwarten.

2) In Jena ist auch ein solcher Pegel an einem Pfeiler der Brücke, den ich aus dem Erker der Tanne[89] in voriger Zeit gesehen; doch war damals kein großes Wasser.

3) Der Brief von Röse ist wirklich sehr erfreulich; es wiederholt sich hier die alte Erfahrung, daß wir on der Geschichte meistens nur allgemeine unsichere Umrisse kennen, die sich wie man in's Besondere geht, ganz eigen modificiren.

4) Die Geister-Tafel will ich durch etwas weniges Farbe noch brauchbarer machen, da sich denn mit einiger Aufmerksamkeit davon noch leichter Vortheil ziehen läßt.

5) Die Parias, den französischen und deutschen, betrachte ganz aus demselben Standpunct, auch ist bey Gelegenheit des letzten vollkommen wahr gesprochen, daß es gut ist an etwas Unwahrscheinlichem vorüber zu gehen, um auf eine höhere Region zu kommen.

Ein Programm auf der Rückseite des Theaterzettels soll bereit liegen, wie ich denn auch wegen Decoration und Kleidung sogleich an den Grafen Brühl schreiben werde.

6) Hab ich das Glück Ew. Königliche Hoheit bey mir zu verehren, so kann ich recht wohl gelungene Porträte von Schmeller, auf grau Papier mit schwarzer und weißer Kreide, vorlegen und man darf wohl sagen, daß er in diesen drey Wochen schon Vorschritte bewiesen hat.

7) Das Exemplar Cölnischer Dom 2. Heft senden Höchst Dieselben wieder zurück, denn Boisserée kündigte[90] mir schon längst von Paris die Ankunft desselben auf Seidenpapier an; ich will an den Stuttgarter Bruder schreiben und mich um die Ursache des Aufschubs erkundigen. Das für mich bestimmte Exemplar sollte zu gleicher Zeit ankommen; auch besitzen wir schon, wenn ich mich recht erinnere, die zur zweyten Sendung gehörigen bunten Fensterscheiben.

In kurzem einiges nachzubringen mir ehrerbietigst vorbehaltend

unterthänigst

Weimar den 27. März 1824.

J. W. v. Goethe.


38/79.


An Carl Friedrich Zelter

Dein werthes Schreiben hat mir mehr als eine wichtige Gabe gebracht, und so vermelde ich denn zuerst, daß das Choralbuch mit der fahrenden Post so eben abgeht; sprich mir von dem Werthe desselben in Bezug auf die Epoche aus der es hervorgegangen.

Denn so hast du mir durch deine Ableitungen bey Gelegenheit von Händels Messias erhellende Lichter aufgestellt. So ist auch deine Ansicht von dem rhapsodischen Entstehen dieses Werks meiner Ansicht ganz gemäß: denn der Geist vermag aus fragmentarischen Elementen gar wohl einen Rogus aufzuschichten, den er denn zuletzt durch seine Flamme pyramidalisch gen Himmel zuzuspitzen weiß.

[91] Einen Abend schon hab ich am Messias gehört; zuletzt will ich auch ein Wort darüber verlauten lassen, indessen aber mich an deinem Leitfaden vorwärts bewegen. Der Anstoß durch Rochlitz ist mir dankenswerth, ob ich ihn gleich hier finde wie sonst auch, ein treues Wollen und ein gleiches Wirken, dem man nur die Kraft wünschte den Gegenstand sicherer zu fassen und das Erkannte entschiedener durchzusetzen.

Nun will ich aber vorzüglich dankend, daß du dem Ansuchen wegen Thaer ein freundliches Ohr geliehen und schon thätig eingegriffen hast; freylich wünschen sie die Mittheilungen bald möglichst, da sowohl Gedichte als Noten vor jenem Termin gedruckt werden sollen. Laß aber die Arbeit noch immer bey dir liegen, ich schicke dir eine Adresse, wo du sie in deiner Nähe und also noch früh genug abgeben kannst. Du schreibst unser beider Namen hinzu und so feyern wir abwesend doch auch das große Fest freundlich mit. Eine Abschrift sendest du mir.

Die chronikalischen Notizen von den Abenteuern der Schmeling-Mara haben freylich den wahrhaften Charakter einer empirischen Welt; daher ist's um alles Geschichtliche ein gar wunderliches unsicheres Wesen und es geht wirklich in's Komische wenn man überdenkt wie man von längst Vergangenem sich mit Gewißheit überzeugen will. Wir besitzen hier eine alte niedliche silberne Schaale, die sich, wie eingegrabenes Bild und Inschrift beweist, von Kaiser Friedrich[92] den Ersten herschreibt. Es ist unbestritten ein Pathengeschenk, und doch können sich die Gelehrten nicht vereinigen, wer eigentlich der Getaufte, wer der Taufzeuge sey. Hierüber existiren nun schon fünf Meynungen, die man als Muster des Scharfsinns und des Unsinns schätzen und halten kann; eine einzige ist gradsinnig und plausibel.

Nun will ich aber für dießmal schließend versichern daß ich mich leidlich befinde, und meine Thätigkeit auch von außen gefördert wird, so daß ich ohngefähr das Versäumte nachholen und auf weitere Schritte denken kann. Möge auch dir alles wohl gerathen, denn jemehr ich Ottilien erzählen höre, jemehr glaube ich einzusehn daß in Berlin ein wunderliches Leben, Thun und Treiben, wenn man zu seinen vernünftigen Zwecken gelangen will, vorwalten muß.

Das Choralbuch, wenn du's angesehen, laß nur bey dir liegen; ich frage nach Ostern schon wieder einmal an. Und somit allen guten Geistern empfohlen.

Treu angehörig

Weimar den 27. März 1824.

G.


38/80.


An August von Platen-Hallermünde

Ew. Hochwohlgeboren

stehen mir und meinen Umgebungen immer im guten und freundlichen Andenken, wie das letzte Stück[93] von Kunst und Alterthum bezeugen wird, weshalb mir denn Ihr gegenwärtiges Zuschreiben viel Vergnügen macht.

Die neue und alte Zeit hat immer in einigem Widerstreit gelebt, und es ist mir sehr viel werth, daß das Geschick mich begünstigt den heranstrebenden Jüngern eher entgegen als aus dem Wege rücken zu können.

Das mitgetheilte Schauspiel sende jedoch, da Sie es dem Druck zu übergeben gedenken, gleich zurück: es ist in diesem Augenblick ganz unmöglich demselben die gehörige Aufmerksamkeit zu widmen, indem ich bey Herausgabe eines naturwissenschaftlichen Heftes in Regionen verweilte, wo mir das Theater, dem ich ohnehin entfremdet bin, ganz verschwindet.

Sodann bemerke, daß erst in einiger Zeit sich die lieben Gebildeten wieder um mich her versammeln, mit denen ich dergleichen heitere Productionen mehr zu genießen als zu beurtheilen pflege.

Übersenden Sie mir es gedruckt, so ergreife ich alsdann die erste Gelegenheit meine Werthesten mit solcher Unterhaltung zu bewirthen und hoffe alsdann darüber ein erfreuliches Resultat ausgesprochen zu sehen.

Der ich mich Ihnen und den verehrten Ihrigen und allen Hochgeschätzten, die in Erlangen meiner gedenken mögen, zum schönsten empfohlen wünsche

gehorsamst

Weimar den 27. März 1824.

J. W. v. Goethe.[94]


38/81.


An Johann Heinrich Meyer

Wollten Sie wohl, mein Werthester, beykommende Blätter unterschreiben, und in der 2. und 3. Classe anheften lassen; so wäre Ein Schritt gethan. Das Übrige soll auch, nach und nach besorgt werden, so daß wir im Verlaufe der Ferien alles besorgt sehen.

Baldigen Besuch hoffend

Den 27. März 1824.

G.


38/82.


An Carl Wilhelm Constantin Stichling

[29. März 1824.]

Ew. Hochwohlgeboren

erlauben in einer kleinen Angelegenheit mich an Dieselben zu wenden und um eine Gefälligkeit zu bitten deren Gewähre je nachdem die Umstände es erlauben wohl geziemend hoffen darf.

Ich werde nämlich von einigen auswärtigen sehr werthen Freunden um handschriftliche Denkmale von Herder und Wieland dringend ersucht; nun ist alles was mir von diesen genannten theuren Männern übrig geblieben vertraulich und bedeutend, dessen ich mich nicht entäußern darf.

Sollte [sich] unter den Papieren, an denen es in Ihrer hochgeschätzten Familie nicht fehlen kann, irgend etwas prosaisch weniger Bedeutendes, oder poetisch[95] Erfreuliches vorfinden so würde dessen Mittheilung dankbarlichst erkennen und von meiner Seite gern etwas Gefälliges dagegen erwidern.

Verzeihung der Zudringlichkeit! aber eben in diesen Tagen erhalt ich einen Mahnbrief in dieser schon einige Jahre verschobenen Angelegenheit. Haben Sie die Güte diesen frommen Wunsch Ihrer Frau Gemahlin so wie mich selbst allerbestens zu empfehlen.

ergebenst

Weimar den 27. März 1824.

J. W. v. Goethe.


38/83.


An François Jean Philibert Aubert de Vitry

[Concept.]

Sie verzeihen, mein theuerster Herr, die Verspätung einer schuldigen Antwort; Jahre und Gesundheit lassen nicht immer die unmittelbare Erfüllung solcher Pflichten zu.

Wenn ich nun bedenke was ich allenfalls von meiner Seite zu erwidern hätte, so darf ich nur soviel sagen daß ich die Ansichten die Sie in ihrem Briefe aussprechen völlig theile, und daher nur sehr kurz mich auszudrücken habe.

Jeder Autor muß wissen was er seiner Nation, unter gewissen Umständen und Bedingungen mittheilen kann, der französische ist hierin beschränkter als der deutsche und muß, wenn er zu übersetzen unternimmt, eigentlich immer umbilden; es ist mir[96] dieß von jeher bekannt und es durfte mich nicht wundern daß meine Arbeiten auf solche Weise behandelt wurden. So geschah es mit der Rückübersetzung von Rameaus Neffen, mit den Hommes Celebres de France au dix-huitième Siècle und mit völliger Umarbeitung des kleinen Dramas, die Geschwister entfernen mußten, um ihrer Nation, deren Verständniß und Neigung sich anzunähern.

Kommen zuletzt noch äußere Betrachtungen hinzu, welche nöthig machen einiges anzufügen, ja sogar Überzeugungen einzuschalten, die der Vorstellung des ersten Autors entgegen stehen, so betrachte ich das alles als Folge jener ersten anerkannten Nothwendigkeit, welcher man sich, so wie im Allgemeinen, also auch im Besondern unterwerfen mußte.

Mir bleibt daher nichts übrig als Denenselben für den Antheil verbindlichst zu danken, den Sie an meinen Arbeiten und Lebensereignissen nehmen wollen. Erhalten Sie mir Ihre Neigung und beachten meine Sicilianische Reise, den Feldzug von 1792 und was etwa in der Folge sich hier anschließen möge. Mich wird es immer freuen wenn ich mich mit der französischen Literatur, die ich von jeher so hoch geschätzt und der ich so viel verdanke, einigermaßen im Einklang finde.

Weimar den 29. März 1824.[97]


38/84.


An Melchior Boisserée

Der werthe Freund Dr. Sulpiz schrieb mir von Paris unter'm 3. December und meldete mit vielem andern Guten, daß das zweyte Heft des Domwerks und zwar ein Exemplar auf Seidenpapier für Ihro Königliche Hoheit den Großherzog, ein anderes auf weißem Papier für mich zunächst abgehen werde und ich deshalb bald nach Neujahr die Sendung von Stuttgart erhalten könne.

Nun ist aber bis jetzt nichts angekommen und ich werde von meinem gnädigsten Herrn deshalb befragt, worüber ich denn keine weitere Auskunft geben kann. Ich ersuche also Herrn Melchior Boisserée um gefällige Nachricht, welchen Weg gedachte Exemplare genommen, wo sie allenfalls könnten aufgehalten seyn, und inwiefern ich mich darnach erkundigen könnte?

Zugleich vermelde: daß in diesen Tagen eine Rolle mit einer Anzahl Abdrücke meines Porträts nach Raabe bey mir abgegeben worden; die Adresse war von der Hand des Herrn Sulpiz Boisserée aber weiter kein Datum noch erklärendes Wort dabey. Ich wünsche daher baldigst zu erfahren: ob etwa der geliebte Reisende sich wieder in Stuttgart eingefunden? und wenn dieses wäre, nähere Nachricht und Kenntniß.

Übrigens aber ersuche durch Gegenwärtiges Herrn Melchior Boisserée aber weiter kein Datum noch erklärendes Wort dabey. Ich wünsche daher baldigst zu erfahren: ob etwa der geliebte Reisende sich wieder in Stuttgart eingefunden? und wenn dieses wäre, nähere Nachricht und Kenntniß.

Übrigens aber ersuche durch Gegenwärtiges Herrn Melchior Boisserée, mit den besten Empfehlungen an[98] Herrn Bertram, mich über die obgemeldeten Gegenstände gefällig aufzuklären und meiner dankbar-treuen Anhänglichkeit an die werthe Trias und ihr gemeinsames Interesse versichert zu seyn.

Weimar den 30. März 1824.

Goethe.


38/85.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

vergönnen den Ausdruck meiner wahrhaft theilnehmenden Freude, daß sich das neuliche, den Ärzten selbst kaum erklärliche höchst beunruhigende Übel so bald wieder gegeben hat. Möge sich doch Höchst Deroselben körperlichen Zustand in einem solchen Gleichgewicht halten, daß die beabsichtigte Frühlingsreise mit dem besten Erfolg könne vollbracht werden. Sodann berichte schuldigst.

1) Daß heute in dem Thurm durch den Bibliotheksdiener eingeheizt worden, der Befehl erhalten hat, nach Anweisung des darin Beschäftigten, bis die Jahrszeit sich ändert, fortzufahren.

2) Darf ich auf einen dieser Tage Schmellern ankündigen, damit er einige von ihm unternommene und nicht mißlungen Porträte schuldigst vorgelegt. Höchst Dieselben werden gewiß nicht unbemerkt lassen, daß er Vorschritte zeigt und hoffen läßt. Vielleicht bestimmen Höchst Dieselben eine gelegene Stunde.

[99] 3) Beykommendes historische Werk wird Höchst Denenselben hoffentlich eine angenehme Unterhaltung geben.

Weimar den 31. März 1824.


38/86.


An Friedrich Theodor Kräuter

Mögen Sie, mein guter Kräuter, den Abdruck beyliegenden Erlaubnißscheins zum Eintritt in die Zeichenschule mit dem Factor des Industrie-Comptoirs besprechen. Wie ich es wünsche hab ich auf der letzten Seite angezeigt.

Nehmen Sie doch ja Gelegenheit Herrn Major v. Germar meinen wärmsten Antheil an der ihn befallenen Krankheit, meine lebhaftesten Wünsche für seine baldige Genesung zu erkennen zu geben.

Nächstens mündlich, wie ich hoffe, das Mehrere.

Weimar den 1. April 1824.

G.


38/87.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

haben durch Ihre wahrhaft liebenswürdige Sendung ganz eigentlich meinem Hause Segen gebracht. Ihre herzlich eindringende Darstellung des Messias erregte den unwiderstehlichen Wunsch die alten verklungenen Gefühle in mir zu erneuen und nun unter Anleitung[100] des wackern Eberweins durch freundliche Theilnahme von Künstlern und Liebhabern vernehme soviel von dem köstlichen Werk daß ich auf's neue darüber entzückt seyn und Ihnen für diesen Genuß auf's verbindlichste danken muß.

Da nun hiebey das herrliche, sich immer gleichbleibende Piano, wie vor kurzem unter den Fingern der Madame Szymanowska, eine Hauptrolle spielt, so sind Sie dem Geiste nach manchem schönen Abend unter uns.

Vergönnen Sie daß ich von diesen häuslichen Festen, in Bezug auf Ihre Veranlassung, öffentlich einige Worte verlauten lasse, wie ich denn auch des übrigen Inhalts Ihres Bandes mit Hinblick auf die früheren Arbeiten zu gedenken habe. Möge Ihnen alles wohlgelingen und Sie mich den so viele Jahre geschenkten Antheil auch fernerhin genießen lassen.

fort und fort

Weimar den 2. April 1824.

J. W. v. Goethe.


38/88.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

übersende alsbald die angekommenen Nürnbergischen Stammbücher. Das beyliegende Blättchen spricht schon ihren mehrern oder mindern Werth deutlich aus.[101] Was Höchst Dieselben hierüber verfügen, bin sogleich schuldig zu befolgen bereit.

Das mitgetheilte Heft verdient, als vorläufige Skizze, wohl allen Dank; die bezeichnete Stelle, obschon unklar, ward sogleich, als höchst bedeutend, abgeschrieben; früher ist schon durch Alexander v. Humboldt und Andre die Bemerkung gemacht worden, daß in den tropischen Ländern eine durch Tag und Nacht regulirte Oscillation statt habe. Dieses Phänomen, unsern Gegenden in seiner Entschiedenheit fremd, möchte dereinst in einer so verwickelten Sache viele Aufschluß gewähren. Indessen wird man die in dem Vorwort angekündigte umständliche Beschreibung dieser Reise zu erwarten haben.

Weimar 3. April 1824.

Goethe.


38/89.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

nimmt sich Gegenwärtiges zu überreichen die Freyheit der Maler Schmeller, der nach erster hiesigen Anleitung, durch höchste Unterstützung viertehalb Jahre in Antwerpen studirend zugebracht und daselbst vorzügliche Fähigkeiten im Porträtiren erworben.

Er wird einige Zeit in Jena verweilen um dem ertheilten Auftrage gemäß die hochgeschätzten Personen welche mit Großherzoglicher Ober-Aufsicht der unmittelbaren[102] Anstalten für Wissenschaft und Kunst in näherer Verbindung stehen in Kreidebezeichnung darzustellen; deshalb er denn auch Ew. Wohlgeboren ersuchen wird ihm einige Stunden zu diesem Zweck zu gönnen und seine künstlerische Bemühungen geneigt zu fördern.

Hierdurch wird denn auch mir eine besondere Theilnahme erwiesen, da ich als dessen Vorgesetzter über dessen Fortschritte zu wachen habe und zu Prüfung derselben mehrere Nachbildungen vorzüglicher mitlebender Männer zu sammeln im Begriffe bin.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend

ergebenst

Weimar den 9. April 1824.

J. W. v. Goethe.


38/90.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

nimmt sich Gegenwärtiges zu überreichen die Freyheit der Maler Schmeller, der nach erster Anleitung, durch höchste Unterstützung viertehalb Jahre in Antwerpen studirend zugebracht und daselbst vorzüglich Fähigkeit im Porträtiren erworben.

Er wird einige Zeit in Jena verweilen um dem ertheilten Auftrage gemäß die hochgeschätzten Personen welche mit mir durch Geschäftsverhältnisse, wissenschaftlichen Bezug und freundschaftliche Theilnahme[103] verknüpft und verbunden sind, theils in Öl, theils in Kreidezeichnungen mit gefälliger Einwilligung darzustellen, deshalb er denn auch Ew. Wohlgeboren ersuchen wird ihm einige Stunden zu diesem Zweck zu gönnen und seine künstlerischen Bemühungen geneigt zu fördern.

Hierdurch wird denn auch mir eine besondere Theilnahme erwiesen, da ich als dessen Vorgesetzter über dessen Fortschritte zu wachen habe und zu Prüfung derselben mehrere Nachbildungen vorzüglicher mitlebender Männer unter höchster Genehmigung zu sammeln im Begriff bin.

Mich zu geneigtem Andenken angelegentlichst empfehlend

ergebenst

Weimar den 9. April 1824.

J. W. v. Goethe.


38/91.


An Carl Ludwig von Knebel

Schon längst ist der Wunsch deiner zahlreichen Freunde, ein wohlgerathenes Porträt von dir zu sehen. Schmellers bisher schon erprobte Geschicklichkeit läßt hoffen, daß ihm dieses Unternehmen gelingen werde. Gönne ihm soviel Zeit, daß er ein gutes Ölbild zu Stande bringe, welches ich der hiesigen Bibliothek bestimme.

[104] Lebe indessen wohl und freue dich der gerechten Anerkennung deiner ernsten Bemühungen, die dir nun von allen Seiten zu Theil wird.

treulichst wie immer und für immer

Weimar den 9. April 1824.

G.


38/92.


An Carl Wilhelm Friedrich von Lyncker

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

früheren Wunsch, ein Porträt unseres fürtrefflichen Knebels zu erlangen, habe bisher immerfort im Stillen gehegt und finde daß man gegenwärtig durch den Maler Schmeller, welcher sich in der niederländischen Schule zum Porträtmalen besonders qualificirt hat, denselben zu erreichen hoffen kann.

Gönnen Sie ihm Theilnahme und Förderniß, so wie einige Stunden, um Ihr eignes Bild in Kreide für eine hier angefangene Sammlung mitlebender und mitwirkender wackern Männern zu vervollständigen.

Sollten sich vielleicht einige der akademischen Herren Lehrer dieser Gelegenheit bedienen wollen um ihre, auf der Jenaischen Bibliothek noch fehlenden Bildnisse dorthin zu stiften, so würde dieses um einen billigen Preis geschehen können; welches denn gleichfalls Ew. Hochwohlgeboren Beurtheilung und Einleitung überlasse.

[105] In Hoffnung baldigen Zusammentreffens im erwünschten Frühling bitte mich der Frau Gemahlin zum allerschönsten zu empfehlen und meiner freundlichst eingedenk zu seyn.

Weimar den 9. April 1824.


38/93.


An Johann Heinrich Meyer

Hiermit vermelde, mein werthester Freund, daß die neueste Hefte der Boisseréeschen Gemälde angekommen sind, wie auch das ganze Dom-Werk. Wollten Sie diese Wunder beschauen, so kämen Sie um 1 Uhr und blieben bey uns zu Tische, da denn doch auch anderes zu besprechen wäre. Verlangen Sie den Wagen, so sagen Sie es dem Kutscher.

Weimar den 12. April 1824.

G.


38/94.


An Hermann Friedrich Wilhelm Hinrichs

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

freundliche Zuschrift kann ich nur auf's dankbarste beantworten, denn was möchte dem Dichter Angenehmeres begegnen, als daß er, der seine Anlagen und Plane zwar nach Kräften überlegt, die Ausführung aber doch einem unbewußten und unberechenbaren Triebe hingeben muß; was kann ihm mehr gegründete Sicherheit verleihen als wenn er von dem[106] Philosophen vernimmt, daß seine Productionen, auch vor dem Richterstuhl der Vernunft gelten können.

In diesem Sinne fühlte ich mich bey näherer Ansicht Ihrer Einleitung schon früher verpflichtet und spreche dieß gern ganz unbewunden aus, wenn es zur Förderniß Ihres Unternehmens beytragen kann.

Da Sie mir nun, durch die Arbeit selbst, eine so wohlwollende Theilnahme schon erwiesen haben, darf ich nicht ablehnen wenn Sie öffentlich auch noch besonders aussprechen daß Sie mit Zutrauen und Aufmerksamkeit meiner gedenken, es geschieht in Gesellschaft trefflicher verehrter Männer und ich muß mich dadurch höchlich geehrt fühlen.

Verzeihung der späteren Antwort, da ich gar oft und mannichfach gehindert bin geneigte Zuschriften alsobald zu erwidern.

Weimar den 13. April 1824.


38/95.


An Amalie von Levetzow

Endlich ist der März vorüber, die Sonne steht höher, Schneeglöckchen, Krokus, und andre niedliche Frühblumen seh ich in Büschel und Reihen vor meinem Fenster und kann glauben daß die Freundinnen, Abends am traulichen Tische versammelt, mir ein Plätzchen unter Sich gönnen möchten.

[107] Bisher habe ich Sie nur bey Festen, auf Bällen, im Theater mir denken können, da wird es denn wohl an aufmercksamen Verehrern nicht gefehlt haben, die ich zu beneiden mich nicht könnte.

Das Frühjahr ist also da! Wie wird es mit dem Sommer werden? Bey dieser Frage ist mir nicht ganz wohl zu Muthe. Der verehrte Fürst scheint sich nach Westen hin zu neigen, da seine Diener den Osten im Auge behalten. Wie sich dieser Zwiespalt lösen wird ist voraus zu sehen.

Sagen Sie mir indessen, theuerste Freundinn, mit mehr Entschiedenheit, wenn es möglich ist, Ihre Aussichten, Plane, Vorsätze für die nächste Zeit; dadurch gewänne man, im ungewissen Falle, doch einen Anhalt auf den man lossteuerte.

Ferner lassen Sie mich ja erfahren wie Sie diesen Winter zugebracht, möge ich das Beste hören! Mich hat er nicht glimpflich behandelt; mein aus Osten mitgebrachter guter Humor, im Andencken so schöner Stunden, machte mich sicher, ich traute mir zuviel zu und mußte dafür büßen.

Die liebe Jugend ist wohl so froh als gesund und ich kann mir sie im Freyen dencken; der Hünerhof und der Hasenberg erscheinen mir manchmal als wenn ich dagewesen wäre, oder dort seyn sollte.

So weit war schon zu Anfang des Monats geschrieben und manches hing noch in der Feder das nicht recht heraus wollte. Nun aber soll das Blatt[108] ohne weitern Aufenthalt seinen Weg dahin nehmen wo ich die Botschaft lieber selbst ausrichtete, obgleich im Augenblick ungewiß wohin ich mich zu wenden hätte.

Gedencken Sie mein mit den lieben Kindern und gönnen mir die Hoffnung daß ich, mit den gleichen Gefühlen und einigen unterhaltenden Druckheften ankommend, den Lieben an dem alten Plätzchen willkommen seyn werde.

Indessen bleibt der zierlich Becher der Vertraute meiner Gedanken, die füßen Nahmenszüge nähern sich meinen Lippen, und der 28te August, wenn es nicht soweit hin wäre, sollte mir die erfreuliche Aussicht geben. Ein trautes Anstoßen und so weiter

unwandelbar

Weimar d. 13 Apr. 1824.

Goethe.


Den vierfüßigen Geleitsmann so wie die Weim. Münzen habe sogleich erinnert; sollte noch keine Erfüllung der Zusage erfolgt seyn, so wollen wir noch einmal anklopfen.


38/96.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Für die baldige Nachricht daß Schmeller eingerichtet, gut aufgenommen und mit Glück thätig sey, danke zum allerschönsten. Ein Porträtmaler hat[109] mitunter eine böse Lage weil er meist nur Unzufriedenheit mit seinen Productionen erfahren muß. Möge es ihm in Jena gelingen wohlwollende Freunde zu befriedigen.

Die Einleitung die Sie der Sache gegeben haben ist vortrefflich, lassen Sie mich mit den Freytagsboten das Weitere vernehmen. Empfehlen Sie mich dem Freunde bestens, ein wohlgerathenes Porträt von ihm zu besitzen war längst mein dringender Wunsch. Leben Sie wohl und grüßen Sie überall.

Weimar den 14. April 1824.


38/97.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Möchte Sie heute mit uns speisen und etwa vorher um 1 Uhr kommen, so würden wir uns einer jenaischen Sendung für morgen völlig entledigen können.

Weimar den 16. April 1824.

G.


38/98.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlich Hoheit

Gnade für den jungen Künstler bringt auch mir die größte Freude; ein entschieden Talent an ihm ist nicht zu verkennen. Einen Sommer brachte er in Dresden zu, um sich an den dortig Niederländern[110] zu bilden; eben rüstet er sich zu einer abermaligen Reise dahin, da ihn aber Höchst Dieselben in die ganze Fülle des Gastmahls versetzen wollen, so wird er sich freylich dort anders nähren als an jenen, zwar sehr schätzbaren, aber doch immer unzureichenden Brosamen.

Wenn Ihro Königliche Hoheit in dieser Angelegenheit noch sonst etwas befehlen, so finden Sie mich dazu wie immer willig und bereit.

Diese Tage habe ich Director van Bree auf einen freundlichen Brief zu antworten, darf ich des Künstlers erwähnen?

2) Hauys Lebensgeschichte kommt hier mit vielem Dank zurück. Sie ist vielfach interessant, wissenschaftlich belehrend, historisch merkwürdig und menschlich rührend; bey dem Glanze eines solchen Namens sind freylich für die Nachkommenschaft die Wolken verschwunden, die ein so werthes Daseyn verdüsterten.

3) Das mitgetheilte hier Schreiben dient mir zur völligen Aufklärung, ich werde mich nach und nach um die citirten Stellen bemühen. So vortheilhaft ist es gleich an die rechte Schmiede zu gelangen. Ich darf wohl bitten auch von meiner Seite den verbindlichsten Dank gelegentlich zu erwidern.

4) Entschuldigung für die schon einige Zeit bey mir liegende meteorologische Tabelle vom Februar. Schrön bereitet sich zu seiner Bereisung der Beobachtungsplätze und hat mir darüber gute vorläufige[111] Kundschaft gegeben. Darf er sich melden eh' er abgeht? Auf das Resultat seiner Reise in's Oberland bin ich sehr neugierig; dort ist von Sartorius gar löblich vorgearbeitet.

5) Der Catalog abwechselnder Flötzarten hat mich sehr unterhalten und an jene Zeiten erinnert wo eine mobile Jugend dergleichen Vorkommenheiten selbst gern in Augenschein genommen.

Die Eisbahn wird aufgewartet haben.

unterthänigst

Weimar den 19. April 1824.

J. W. v. Goethe.


38/99.


An Johann Joseph Schmeller

Der gegenwärtig hier sich aufhaltende Herr Dr. Heine, berühmt wegen seiner Kunst die menschliche Gestalt von ihren Mängeln wieder herzustellen, soll auf Befehl Serenissimi von Ihnen, mein guter Schmeller, abgebildet werden. Ich schicke daher einen Einspänner, welcher beordert ist die Nacht in Jena zu bleiben, und Sie morgen früh herüber zu bringen. Richten Sie es ein, daß Sie sich um 8 Uhr bey mir melden, da denn das Weitere verabredet werden soll. Empfehlen Sie mich allen Freunden mit denen Sie bekannt geworden.

Weimar 19. April 1824.

Goethe.[112]


38/100.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Lassen Sie, verehrter Freund, mich auch wieder einmal ein Wort des lauten Dankes aussprechen, da ich ihn so oft im Stillen unter den Meinigen wiederholen muß. Unablässig gedenken Sie mein in thätigem Wohlwollen und sind überzeugt, daß ich dafür erkenntlich bin.

Meiner guten artigen Schwiegertochter haben Sie die beste Gelegenheit verschafft, die Herrlichkeiten des ersten deutschen Theaters bequem anzusehen und auch Zeuge zu seyn, welche Sorgfalt Sie verwenden, dasjenige zur glücklichsten Evidenz zu bringen was von mir und meinen früheren Bemühungen sich gelegentlich ableitet; von Herrmann und Dorothea kann sie noch nicht ohne äußerstes Entzücken und wahrer Herzensrührung sprechen und erzählen. Auch hier ist das Stück aufgeführt worden und hat eine gute Wirkung in gewissen Grade nicht verfehlt.

Eben so ist man gesonnen mit dem Paria zu verfahren; da aber, wie ich mit Wahrheit sagen kann, der Vorgang des Berliner Theaters hier durchaus respectirt wird und man die große Sorgfalt, durch gehörige Decoration und Garderobe musterhafte Darstellungen zu erzielen, anzuerkennen und zu schätzen weiß, so hat man mich ersucht, ob ich nicht mein trauliches Verhältniß zu Ihnen, mein Theuerster,[113] dießmal unserer Bühne zum Vortheil wenden und Sie ersuchen möchte eine flüchtige Skizze der Decorationen und Kleidungen zu entwerfen und sie mir mittheilen zu lassen.

Und so möge denn dieses Blatt Sie und Ihre Frau Gemahlin bestens begrüßen, welche meiner Schwiegertochter, wie diese wiederholt versichert, eine wahre Zuneigung abgewonnen hat, und zugleich von meinen unwandelbaren Gesinnungen ein aufrichtiges Zeugniß geben.

Und so fortan.

Weimar den 20. April 1824.

J. W. v. Goethe.


38/101.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die sämmtlichen mitgetheilten Briefe mit Dank zurück, es muß mich unendlich freuen, daß Ihre Thätigkeit sich immer gleich bleibt und also auch das Glück uns gleichermaßen durchaus begünstigt.

Die sich auf Elektricität beziehenden Hefte behalte bey mir.

Sodann liegt aber ein geognostisches technisches Heft bey, welches Ihrem Scrinium von unserm gnädigsten Herrn gewidmet wird.

Ich hoffe der geschickte Maler Schmeller werde bey seinem dießjährigen Aufenthalte Zeit genug haben um[114] uns auch Ihr Bild mitzubringen; von dessen wohlgetroffener Ähnlichkeit schon voraus überzeugt bin.

Leben Sie recht wohl und gedenken Sie mein.

ergebenst

Weimar den 21. April 1824.

J. W. v. Goethe.


38/102.


An Anton von Ziegesar

[Concept.]

[21. April 1824.]

Der Maler Joseph Schmeller aus dem Weimarischen gebürtig der sich mit Serenissimi Unterstützung in Antwerpen seit viertehalb Jahren gebildet und zum Porträtmaler besonders qualificirt hat hält sich einige Tage in Jena auf um dort Freund Knebeln für die hiesige Bibliothek in Öl zu malen.

Ich benutze diese Gelegenheit zugleich die Bildnisse werther Personen, die mir durch Freundschaft und Geschäftsverhältnisse verbunden sind, mit schwarzer Kreide zeichnen zu lassen um eine angefangene Sammlung verdienter Männer, welche schon jetzt unsern gnädigsten Herrschaften und, ich darf wohl sagen, jedermann Vergnüge macht, immer mehr zu erweitern. Wollten Ew. Hochwohlgeboren die Gefälligkeit haben ihm zu diesem löbliches Zweck einige Stunden zu widmen so würden Sie die von mir unternommene Sammlung unmittelbar begünstigen und mir zugleich eine besondere Gefälligkeit erzeigen.

[115] Mit vielen Empfehlung an die theure Frau Gemahlin wünsche auch mir in Ihrem Kreise ein fortdauerndes wohlwollendes Andenken.


38/103.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Hierbey, mein werthester Herr Doctor, einen Brief welchen der gute Schmeller Herrn v. Ziegesar überreichte und vielleicht auch das Bildniß des werthen Mannes mit herüber brächte. Seine bisherigen Arbeiten haben viel Beyfall gefunden und so wird es auch gewiß mit den folgenden seyn.

Ich habe dem jungen Künstler einen Gedanken mitgetheilt inwiefern man, wenn er drüber weitere Kundschaft fände, den Zeitraum zwischen Sonnabend und Mittwoch nutzen könnte. Denken Sie der Sache weiter nach.

Schreiben Sie mir mit den Freytagsboten wie weit er bis dahin gelangt ist. Mittwoch den 28. wird er bey Zeit hier seyn um in der zweyten Classe als Lehrer zu wirken.

Grüßen Sie alles und gedenken mein.

Weimar den 21. April 1824.[116]


38/104.


An Johann Friedrich Blumenbach

Ew. Hochwohlgeboren

erlauben daß ich abermals ganz leise anklopfe und zwar durch einen wohlgesitteten Jüngling den Sohn des Probsten der griechischen hiesigen Kirche Yasnowsky. Die Frau Erbgroßherzogin, in Ihrer Lieblichkeit verlangend daß ich den jungen Mann nach Göttingen an werthe Freunde empfehlen möchte, schien vorauszusetzen daß ich ihn bey Ew. Hochwohlgeboren einzuführen geneigt sey. Geschehe also dieses hiedurch auf's geziemendste. Seine Studien haben eine juristisch-diplomatische Richtung, dabey hoffe ich, daß ein Blick in die Natur, wie unser verehrter Freund sie eröffnet, auch ihm höchst willkommen seyn müsse. Erzeigen Sie ihm, in Rücksicht auf dessen Höchste Gönnerin, auf seinen Vater, der ein trefflicher Mann ist und in Betracht so vieler weimarischen Verehrer einige Freundlichkeit, die er sich, wie ich hoffe, im Laufe der Jahre wohl verdienen soll.

Haben Sie die Güte mein Andenken in Ihrem Kreise lebendig zu erhalten.

aufrichtig

verehrend und theilnehmend

Weimar den 23. April 1824.

J. W. v. Goethe.[117]


38/105.


An Georg Sartorius

[Concept.]

[24. April 1824.]

Unsere so geliebte als verehrte Frau Erbgroßherzogin verlangt Empfehlungsschreiben für Göttingen dem Sohne des Probstes Yasnowsky mitzugeben, welcher in Göttingen juristisch-diplomatische Studien anzutreten gedenkt. Mit Freuden ergreif ich die Gelegenheit Sie, mein Theuerster, wieder einmal zu begrüßen und ein erneuerndes Wort eines lebendigen guten Verhältnisses abermals abzulassen.

Vor einem Jahre erregte ich durch einige, zwar herzlich wohlgemeinte, aber doch allzuleichtsinnig ausgesprochene Worte, wie durch panische Töne, eine gewisse Verwirrung in Ihrem Kreise; doch ist die feyerliche Hausweihe glücklich und fröhlich wie ich hörte begangen worden, wozu ich in Gegenwart meinen Segen zu ertheilen gewünscht hätte.

Von meinem Wirken und Treiben kommt Ihnen wohl manchmal etwas zu Gesicht, jetzt beschäftigen mich die Vorarbeiten zu einer neuen Ausgabe meiner Werke, vorzüglich aber die Redaction meiner zehnjährigen Correspondenz mit Schillern. Die beiderseitigen Briefe sind nun vollständig in meinen Händen, von den Schillerischen wird das Jahr 1802 in Kunst und Alterthum V.Bandes 1. Heft nächstens erscheinen. In der Erinnerung jener für mich so bedeutenden[118] Zeit zu leben fordert mich zu gar wndersamen Betrachtungen auf. Möge ich noch so lange unter meinen werthen Freunden verweilen um ein vollständiges Exemplar zu dauerndem Andenken mitheilen zu können. Von Ihnen, mein Werthester, begegnet mir oft in den Göttinger Anzeigen manch freundlich belehrendes Wort, dessen Klang und Sinn ich auch ohne das unterzeichnete F. G. gar wohl erkennen und unterscheiden würde.

Tausend Grüße den lieben Ihrigen. Meinen guten Pathen denk ich nächstens an mich zu erinnern. In Genf prägen sie mein Bildniß und von den ersten Exemplaren, die zu mir kommen, erhält er das Seinige.


38/106.


An Therese von Jakob

[Concept.]

Daß Ihre gehaltvolle Sendung einem eifrig gehegten Wunsche glücklich entgegen kommt will ich nur, mein theures Fräulein, mit wenigen Worten aussprechen und mich nächstens weiter erklären, wie ich irgend eine Ausgabe Ihrer Bemühungen eingeleitet zu sehen hoffen mag.

Indessen sogleich ein kleiner Auftrage! ob das Gedicht: Hajkunas Hochzeit in jenen von Wuk Stefanowitsch herausgegebenen Gedichten steht ist mir nicht bekannt. Ich theilte ihm das Original mit,[119] das ich mich einer freyern Übersetzung, welche hier beyliegt, schon vor Jahren aus Ungarn erhielt. Herr Wuk sandte mir dagegen eine wörtliche Übersetzung die ich hier gleichfalls anfüge, mit dem freundlichen Ersuchen: Sie möchten, meine Werthe, auch hier die rechte Mitte treffen und mich abermals mit einer wohlgelungenen Arbeit erfreuen.

Viele Empfehlungen an Herrn Professor Vater der sich des guten Wuk so treulich annahm. Eilig. Nächstens mehr.

Weimar den 25. April 1824.


38/107.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

habe noch um Vergebung zu bitten, wegen der vor einigen Tagen verursachten Namensirrung; ich wüßte selbst nicht nachzuweisen wie ich dazu verführt worden.

Dem Administrator Volkhammer zu Nürenberg werde Höchst Ihro Vergünstigung die Medaille zu tragen sogleich vermelden und mir deshalb das rothe Band von Rath Hagen ausbitten. Dürft ich ein Gleiches für Rath Grüner in Eger thun, welchem eine solche Zierde überall, besonders aber bey feyerlichen Prozessionen zu Freude und Ehre gereichen würde.

[120] Den von Lindenauischen Brief erbitte mir noch auf einige Tage, um davon Abschrift zu nehmen. Der wundersame Vorfall am Rio della Plata vom Jahr 1793 wird mir, jemehr ich ihn betrachte, immer unwahrscheinlicher; wer weiß was die dortige Biene damit gemeint, oder für Absichten darunter hat.

Die Petersburger Acta werden besorgt, sie können über Lübeck kommen wo der Königlich Preußische Consul v. Schlötzer alle Sorgfalt und Gefälligkeit gegen mich erweist.

Weimar den 28. April 1824.


38/108.


An Carl Friedrich Zelter

Heute früh ist Geh. Rath Wolf abgefahren; ich schweige über den Eindruck seiner Gegenwart und begreife nicht wie weit er kommen will; doch das gibt sich bey einer solchen Unternehmungsweise.

Das Choralbuch ist wieder zurück; ich wünschte es hätte dich mehr erbaut. Mir ist diese Sendung freylich zum Vortheil gerathen da du so gute und löbliche Worte hinzuzufügen wußtest.

Der Ritterguts-Besitzer Herr Schultze auf Heinrichsdorf bey Bahn in Pommern, als Hauptordner des Festes in Möglin und Freyenwalde, wird wohl bey dir Gedichte und Composition abgeholt haben; ich danke zum schönsten daß du mir auf dieses Gesuch[121] hast willfahren wollen. Die Melodie und Ausführung ist gar erfreulich, ich möchte wohl hören wie sich diese landwirthlichen Kehlen darein zu fügen wissen. Sie haben aber, wie ich höre, doch einige Musiker mit in den Kreis gezogen.

Möge der Tod Jesu dir auch dießmal ein frohes Osterfest bereitet haben; die Pfaffen haben aus diesem jammervollsten aller Ereignisse soviel Vortheil zu ziehen gewußt, die Mahler haben auch damit gewuchert, warum sollte der Tonkünstler ganz allein leer ausgehen.

Mein Messias, zwar nicht im Strickbeutel, aber doch in der Nuß, bringt mir auch Gewinn, der Begriff wenigstens wird lebendig und da ist für unsereinen schon viel geschehen. Dem Gedanken, daß es eine Sammlung sey, ein Zusammenstellen aus einem reichen Vorrath von Einzelheiten bin ich nicht abgeneigt: denn es ist im Grunde ganz einerlei, ob sich die Einheit am Anfang, oder am Ende bildet, der Geist ist es immer der sie hervorbringt und im christlichen, alt-neutestamentlichen Sinne lag sie ohnehin. Eben dieß mag am Ende für den Homer gelten, nur muß man es Wolfen nicht sagen, welcher, wenn man ihm Recht gibt, versichert man verstehe es nicht.

Und so lebe denn recht wohl! ich sage dieses damit das Blatt gleich fortkomme, denn das schöne Wetter nimmt uns viele Stunden im Freyen weg; da man denn erst mit Entsetzen gewahr wird was[122] für eine elende Person man im Winter spielt. Möge dieß Frühjahr dir auch zum besten gedeihen; übrigens habe ich Arbeiten vorgenommen die mich vielleicht bis Michaelis zu Hause halten.

treulichst

Weimar den 28. April 1824.

G.


38/109.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

gefällige Mitwirkung in einer kleinen. obschon für mich nicht unbedeutenden Angelegenheit mir zu erbitten, sehe ich mich in diesen Tagen veranlaßt.

Die Weygandische Buchhandlung, welche zuerst meinen Werther verlegt und einige weitere Ausgaben, ich erinnere mich nicht wieviel, davon veranstaltet hat, machte mich vor einiger Zeit mit der Absicht bekannt eine nochmalige zu versuchen, wünschte meine Anerkennung und eine Vorrede, wie sie's nannten.

Gegen den neuen Abdruck war nichts einzuwenden, ob ich irgend einige günstigen Stimmung überlassen.

Jetzt melden sie mir daß der Abdruck im Gange sey und nun von mir die öffentliche Anerkennung durch irgend ein Vorwort nöthig werde, wie sie denn das Honorar meinem billigen Ermessen anheim stellen.

[123] Nun ist hier freylich kein großer Gewinn zu hoffen, doch möchte wohl jedermann von Zeit zu Zeit sich oder den Seinigen einen billigen Wunsch versagen zu dessen Befriedigung er sich ein zufälliges Mittel wünscht. Sie sehen leicht daß es in diesem Falle unerfreulich wäre direct zu handeln und vielleicht gar zu markten, darum ich Dieselben ersuche die Vermittlung über sich zu nehmen, wozu Folgendes möge die Einleitung seyn.

Ich lege funfzig Reimzeilen bey, denen ich Ihren Beyfall wünsche; sie könnten den guten Leuten vorgewiesen werden, ohne jedoch solche bis zu abgeschlossener Sache aus Handen zu geben. Ew. Wohlgeboren sind selbst Autor und haben mit den Verlegern genugsamen Verkehr um zu wissen was in dieser Sache recht und billig wäre.

An einem Contract für die Zukunft war vor funfzig Jahren nicht zu denken und ich erinnere mich kaum jener früheren Verhandlungen, auch möchte nach so vieler Zeit, nach den großen Veränderungen im Buchhandel gegenwärtig dieses als ein ganz neues Geschäft anzusehen seyn. Haben Sie die Güte die Betheiligten anzuhören und ihre Meynung zu vernehmen.

Es ist hier darum zu thun meine Zustimmung zur neuen Auflage zu honoriren, die denn durch das beykommende Gedicht, welches auch seinen Werth haben mag, deutlich ausgesprochen und vor dem Gesetz und[124] dem Publicum legitimirt wird. Haben Sie die Güte mir deshalb Vorschläge zu thun in Bezug auf jene Erkundigung nach eigenem Ermessen und behalten wie schon gesagt das Gedicht an sich, bis zum Abschluß, wie ich denn auch alsdann wegen des Titels einiges zu bemerken wünsche.

Die herkömmlichen gebundenen, gehefteten und allenfalls rohen Exemplare haben Sie die Gefälligkeit mir auszudingen.

Lassen Sie mich gestehen daß es etwas eigen Reizendes für mich hat, nach meinem neulichen, für sittliche und ästhetische Mittheilungen dankbaren Briefe, diesen ökonomisch-rücksichtlichen sogleich abzulassen. Möge dieß auch zu dem bestandenen guten Verhältniß noch einen freundlichen Bezug hinzufügen.

redlich theilnehmend,

aufrichtig ergeben

Weimar den 30. April 1824.

Goethe.


38/110.


An Kaspar von Sternberg

Der verspätete Frühling tritt nun um desto rascher heran, die Pflanzenkraft drängt sich zu Entwickelung der Blätter und Blüthen und in wenig Tagen werden sich unsere Umgebungen wieder ganz reinlich, heiter und ergötzlich ausnehmen. Die Hoffnung wächst nun, hochverehrter Freund, Sie bald zu sehen und[125] ich gestehe gern, daß ich ein entschiedenes Bedürfniß fühle, mich einmal wieder von Grund aus zu besprechen, ob ich gleich schon vielen Dank für die brieflichen Mittheilungen zu erstatten habe.

Bey allem diesen jedoch tritt, wie es in weltlichen Dingen zu geschehen pflegt, der wenig erfreuliche Umstand ein, daß mein gnädigster Herr der Großherzog in diesen Tagen nach Brabant, den Prinzen Bernhard zu besuchen geht, dieß läßt eine Lücke die freylich auch bey einem geneigtem Zuspruch des so hochgeschätzten und geehrten Freundes immer sehr fühlbar seyn würde, obgleich unsere Frau Großherzogin, so wie die jungen Herrschaften sich zum frohen Empfang bereit halten; auch Wissenschaftliches würde manches vorzulegen seyn in Hoffnung glücklich erwidernder Belehrung, denn das in die Breite und Tiefe sich ausdehnende Wissen gibt eben so gut zum Zweifel als zur Sicherheit Anlaß.

Für die baldige Erfüllung meines Wunsches wegen der Gewitter-Entstehung in Böhmen fühle mich höchlich verpflichtet, es macht sich diese so complicirt scheinende Wirkung auf solche Weise so klar und deutlich als möglich. Ich habe mich in diesem Felde weiter bemüht und nicht ohne Glück. Auch von außen ist mir manches Gute zugekommen; eine frühere Bemerkung von Humboldts und anderer in den Tropen-Ländern bestätigt sich und deutet auf ein höchst wichtiges Naturphänomen. Ich lege eine Abschrift der Stelle bey.

[126] Auch folgen unsere Beobachtungen vom Januar. Nächstens erscheinen die sämmtlichen vom vorigen Jahre mit einer außerordentlich schönen vergleichenden graphischen Tafel, die sich auf alle Rubriken der Luft- und Himmels-Erscheinungen bezieht.

In Geologicis hab ich ein sehr interessantes Buch erhalten: Description Geognostique des Environs du Puy en Velay. Par J. – M. Bertrand-Roux; es ist alles aus unmittelbarer Anschauung geschrieben. Freylich erschreckt den guten Mann das trachitische Gestein, das, wie aus einer Theater-Versenkung mit dem Granit sich empor gehoben, er unterscheidet alte und neue vulkanische Producte, die ich künftighin als plutonisch aufführen werde. Bei den letzten ist da pyrotypi sche offenbar, die Feuereinwirkung augenfällig; bey den ersten nur durch Schlüsse und Inductionen hergeleitet. Die Kupfer des Werkes sind leicht, aber mit Kenntniß und Gefühl radirt, hinreichend zur allgemeinen Übersicht.

Die aus Böhmen mitgebrachten Hornblende- und Augit-Krystalle (Amphibole & Pyroxene) hat ein junger im Wissenschaftlichen nicht unbekannter Genfer, Herr Soret, bey des jungen Prinzen Erziehung angestellt, geordnet und beschrieben, wie beyliegender Bogen ausweist, welcher die Amphibole ganz enthält; die Pyroxene, lange nicht so zahlreich, folgen nach. Er wird, da meine Sammlung nun vollständig ist,[127] nach Anleitung des Catalogs, auch eine für das Prager Museum zurechtlegen.

Über die voriges Jahr untersuchten Steinsalzlagen darf wohl mündlich nähere Erklärung hoffen. Langsdorf hat gegen die Bohranstalten sich erklärt. Ihm haben die Praktiker dieser Verfahrungsart, in der Beylage der allgemeinen Zeitung Nr. 53 widersprochen. Für uns zuschauende Naturfreunde klärt sich manches auf.

Was mich denn ferner (ich darf nicht sagen zuletzt) noch auf eine persönliche Unterhaltung höchst verlangend macht ist die Naturgeschichte der Kohlen und der im Dache dieser lagen sich findenden Pflanzenabdrücke. Auch mir ist Brogniart zur Hand, aber wer will sich hierauf verlassen; Sie erlauben mir vorzutragen was ich weiß und was ich zu wissen wünsche und helfen mir mit einem freundlichen Händedrucke über alle Bedenklichkeiten weg.

Mit einem frischen Stück Kunst und Alterthum hoffe ich denn auch aufwarten zu können. Ist ein neuer französischer Roman Alonzo schon in Ihren Cirkel gekommen? Eine merkwürdige Production der neusten Zeit. Spanien und die Revolution wird uns dadurch klar genug; historische Wahrheit und sittliche Dichtung sind glücklich in einander geschlungen. Der Verfasser kündigt jetzt eine Beschreibung des letzten Feldzugs an, worauf ich, nach jenen Prämissen, sehr aufmerksam geworden. Die Welt steht so daß man von[128] Zuständen nd Vorgängen früher als sonst entschieden unterrichtet wird, klärer wird man wenigstens über seine Zeit und lernt sich bescheiden.

Wie ich nun am Ende bin wünscht ich von vornen anzufangen. Herrn Dombrowsky empfehle mich schönstens; sobald die jenaische Bibliothek mir wieder zugänglich ist werde ich seiner Aufträge bestens gedenken. In Hoffnung baldigen Wiedersehens!

Treu anhänglich

Weimar den 31. April 1824.

J. W. v. Goethe.


38/111.


An Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Weimar den [3.] May 1824.

Ew. Wohlgeboren

Andenken, welches bey mir immer frisch und lebendig bleibt, wurde durch eine von Berlin heiter zurückkehrende Dame völlig zur Gegenwart verwandelt, so daß ich mich nicht enthalte mit wenige auch wieder einmal mich schriftlich unmittelbar darzustellen. Noch bin ich Dank schuldig für bedeutende Sendungen; leider ward ich von jenen Capiteln abgezogen und weit seitwärts geführt, deshalb denn die Benutzung auch noch bevorsteht.

Da Ew. Wohlgeboren die Hauptrichtung meiner Denkart billigen, so bestätigt mich dieß in derselben nur um desto mehr, und ich glaube nach einigen[129] Seiten hin bedeutend gewonnen zu haben, wo nicht für's Ganze, doch für mich und mein Inneres. Möge alles, was ich noch zu leisten fähig bin, sich immer an dasjenige anschließen, was Sie gegründet haben und auferbauen.

Erhalten Sie mir eine so schöne, längst herkömmliche Neigung und bleiben überzeugt, daß ich mich derselben als einer der schönsten Blüthen meines immer mehr sich entwickelnden Seelenfrühlings zu erfreuen Ursache finde.

ergebenst

J. W. v. Goethe.


38/112.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

und den lieben Ihrigen nochmals für die gestrige angenehme Erscheinung dankbar, übersende die Rechnung über die Tafeln zur Farbenlehre, wovon Sie die Exemplare gestern erhalten haben, und erbitte mir drey vollständige Exemplare davon zurück, da ich das Paquet aufzulösen und sie auszusuchen nicht Zeit nehmen konnte.

Möchten Sie beykommende Rechnungen von 81 rh. 9 Groschen für fertige Tafeln und Abdrücke zur Morphologie gehörig gleichfalls bezahlen, so würde ich es[130] dankbar anerkennen, sonst kann ich aber auch die Auslage machen.

Der ich unter Anwünschung der glücklichsten Reise mich zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar den 3. May 1824.


38/113.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgeboren

mir ertheilte neuste Nachricht von den Erdbeben in Böhmen hat eine heilsame Bewegung in unsern Kanzleyen hervorgebracht wie Beykommendes bezeugen kann. Ich füge, beliebter Kürze halben, nichts hinzu als meinen aufrichtigen Glückwunsch in Hoffnung am St. Vincenti Fest, das rothe Bändchen bey schönem Wetter auf dem Ringe schimmern und scheinen zu sehen. Möge gegenwärtige Sendung Sie und die lieben Ihrigen bey gutem Wohlseyn; den Mineralien-Vorrath im Wachstum antreffen! Erhalten Sie mir ein freundliches Andenken, und gönnen früher oder später einen wohlwollenden Empfang.

ergebenst

Weimar den 4. May 1824.

J. W. v. Goethe.


38/114.


An Melchior Boisserée

Haben Sie Dank, mein Bester, für den so freundlichen als ausführlichen Brief, besonders insofern er[131] zurückblickend ist. Ich erinnere mich noch gar wohl der Zeit die Sie so treffend schildern und freue mich Ihrer Beharrlichkeit und der meinigen. Die Welt gibt Ihren brüderlichen vereinten Bemühung den Beyfall den wir vorahneten und den Sie verdienen; genießen Sie dessen lange und erndten immer steigenden Gewinn aller Art.

Grüßen Sie Ihren lieben Herrn Bruder und Bertram und theilen unter einander den Dank, den ich schon so viele Jahre stetig empfinde, und gelegentlich theilweise gar zu gern abtrage.

Ferner bin ich unserem Freunde in Paris ein geognostisches Werk schuldig, das mir viel Freude und Belehrung gebracht hat.

Leben Sie wohl für dießmal: soviel zur Nachricht, daß der Cassirer des Großherzogs meldet, er habe die Zahlung der beiden Noten dem Hof-Banquier Elkan dahier aufgetragen, und so wäre denn auch dieser Punct hoffentlich bald abgethan.

treulich theilnehmend

Weimar den 4. May 1824.

J. W. v. Goethe.


38/115.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

[7. Mai 1824?]

Nur mit dem wenigsten sage den verbindlichsten Dank für die abermals reiche Sendung.

[132] Die trefflichen Abdrücke sind den nächsten besten Freunden bestimmt, sie erscheinen mir gar anmuthig wie rückkehrende gute Geister vergangener Tage. Das Carneval-Paquet liegt bey der Reise-Bibliothek, auf dessen Bearbeitung in freyen Sommertagen ich mich im Geiste vorbereitete. Sagen Sie dem Übersender schönsten Dank und beantworten mir nur noch eine Frage: Hat man, so will es wenigstens scheinen, am Haupttage des Festes, bey hellem Tageslicht Kerzen angezündet und also die Stadt widersinnig, ganz aber dem Carnevals-Geiste gemäß illuminirt? Ich wünsche wirklich daß es sich so verhalte, denn der Einfall ist höchst glücklich und das römische Carneval, welches nur am Abend seine Stümpfchen anzündet, sinnverwirrend trefflich überboten.

Herrn Windischmann grüßen Sie zum allerschönsten; ich bedaure, daß ich seinen Wünschen nicht entgegenzukommen Mittel finde. Auch sein Werk soll mit in die Fremde wandeln, und da will ich sehen, ob sein Vortrag, ganz ohne Eintheil- und Abtheilung, mich in die Materie hineinläßt. Sonst übernahm ich in ähnlichen Falle das Werk in Bücher, Capitel, Paragraphen zu zerspalten, ja sogar mit Marginalien zu versehen, da ich denn bey'm Ende der Operation das Ganze völlig inne hatte. Jetzt wünsche ich freylich, daß ich's bequemer finde.

Herrn d'Alton viele Empfehlungen, er möge ja seine gute Absicht, uns auf den Herbst zu besuchen,[133] nicht aufgeben. Trifft er mich wohlauf, so soll dieses Zusammenkommen beiderseits heilsam werden.

Nicht weniger wünsche Herrn Nöggerath bestens empfohlen z seyn. Die übersendeten Ausgeburten des Drachen geben mir wiederholten Anlaß auswärtigen Freunden gefällig zu seyn.

Immer eilig und beynahe außer Athem, doch immerfort treulich theilnehmend.


38/116.


An den Rittergutsbesitzer Schultze

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

freundliche Einladung hätte mich zur Zeit antreffen sollen, da ich noch mobiler war, und ich würde mit der ehrenwerthen Charte gewiß zu rechter Zeit an der würdigen Pforte mich eingefunden haben. Nun sieht es freylich anders aus, die ungelenken Jahre sind eingetreten und ich darf nur von Ferne an so manchem Schönen und Guten in Gedanken Theil nehmen.

Entschuldigen Sie mich daher bey dem Gefeyerten und bey dem ganzen edlen Verein. Auch von meiner Seite werde dem theuren Mann und seinen Verehrern das treulichste Lebehoch gebracht.

Die geneigt verliehene Charte sey zu den geschätzten Diplomen gelegt, die mir von so mancher thätigen Gesellschaft gelegt, die mir von so mancher thätigen Gesellschaft im Laufe meines Lebens gegönnt worden.

Weimar den 9. May 1824.[134]


38/117.


An Sara von Grotthuß

Daß Sie mir, theuerste Freundin, nach so langer Zeit endlich wieder ein liebevolles Andenken geschenkt war mir von großem Werth und fühle mich verpflichtet Sie mit den wenigsten Worten von meiner dauernden Gesinnung zu überzeugen.

Vielleicht treff ich Sie diesen Sommer irgendwo, nach Weimar darf ich Sie nicht einladen, mein gnädigster Herr reist so eben nach den Niederlanden, und ich erwarte nächstens seine Befehle ihm wenigstens an den Rhein zu folgen. Wahrscheinlich ist es jedoch daß ich mich später nach Böhmen wende, wo ich hoffe darf Sie in einem der nah an einander gelegenen Bäder zu treffen. Lassen Sie mich von zeit zu Zeit wissen wohin Sie gedenken damit ich mich darnach richte. Gegenwärtig leben schönstes wohl, nur soviel im eiligen Drange.

aufrichtig theilnehmend

Weimar den 9. May 1824.

J. W. v. Goethe.


38/118.


An Ludwig Tieck

Ew. Wohlgeboren

stelle mit wenigen Worten einen jungen Sänger und Schauspieler, Eduard Genast, vor; er ist auf unserm Theater einem verdienten Vater geboren, verließ es[135] jung um sich anderweit für die bürgerliche Gesellschaft zu bilden, kehrte darauf, wegen bedeutender Stimme zur Bühne zurück, zog von uns weg, und von der Ausbildung seines Talents weiß ich daher nichts zu sagen. Sie werden ihn bald beurtheilen und vielleicht mit wenigen kräftigen Worten zu fördern geneigt seyn.

Von Herrn Helbig hoffe ich bey seinem hiesigen Aufenthalt zu vernehmen, daß Sie sich wohl befinden; er ist in der Schopenhauerischen Familie gut aufgenommen und soll auch willkommen seyn.

Der ich zugleich die Gelegenheit ergreife, Sie meiner vollkommenen Hochschätzung und aufrichtigen Theilnahme zu versichern.

ergebenst

Weimar den 9. May 1824.

J. W. v. Goethe.


38/119.


An Marianne von Willemer

Sie haben, theuerste Marianne, meine wunderliche Sendung freundlich aufgenommen, den Inhalt empfunden und Ihr liebes Herz thut sich wieder auf, Ihr holder Blick wendet sich zu mir, und wie sollte gegenseitig dies nicht auch mein Fall seyn. Leider muß die Entfernung manches fragmentarisch lassen; doch einige Worte über jenes Zeichen des treuen Andenckens können hier auch etwas thun.

[136] Als ich des guten Eckermanns Büchlein aufschlug fiel mir S. 279 zuerst in die Augen; wie oft dessen Lob vernommen und in der Stille mir lächlend angeeignet was denn auch wohl im schönsten Sinne mein eigen genannt werden durfte.

In derselben Stunde fuhr ich mit meiner Schwiegertochter nach Belvedere und in den Grünhäusern brach ich die beyden Zweige, verknüpfte sie und mit wenigen, aber wohlempfundnen Reimen begleitet gingen sie ab.

Einer freundlichen Aufnahme blieb ich versichert, die Sie nun so liebenswürdig aussprechen und mich glücklich machen. Auch mir schwebt gar oft die Nothwendigkeit des Wiedersehens vor. Nur in Gegen wart läßt sich das Beständige wie das Vergängliche fühlen und beurtheilen; die Wahrheit der Verhältnisse bestätigt sich alsdann, wenn das Scheinbare unaufhaltsam verfliegt.

Lassen Sie mich nun vor das gar hübsche Bild hintreten, das, durch zwey frühere Flußansichten vorbereitet, eben so wie jene die Hauptstelle verbirgt wo [man] sich eigentlich hinbegeben möchte. Diesmal war mein erster Gedancke der Dame zu folgen die mit dem Knaben vorwärts an der lincken Seite geht, mich um die Ecke zu schlagen, um bald am Ziel meiner Wünsche zu seyn.

In diesem Augenblick wird freylich der Platz nicht so geräumig und reinlich aussehen, und der Herr Burgemeister[137] selbst wird sich einigermaßen durchdrängen müssen. Es wird ohngefähr seyn wie zu jener Zeit wo im Getümmel angehörige Stimmen erkannt, im Gewimmel verbundene Freunde gefunden wurden. Das war schön, sehr schön und gut. Auch schmückt der Sonnemond noch heute mein Schatzkästchen.

Hier trifft mich Ihr liebes Blat und nun gleich mit vorstehendem, längstgeschriebenen auf die Post!

Tausend Liebes und Gutes!

treulichst

Weimar, Jubilate [9. Mai] 1824.

Goethe.


28/120.


An Therese von Jakob

[Concept.]

Sie haben, meine Theuerste, mich durch schnelles Erfüllen eines lange gehegten Wunsches abermals angenehm verpflichtet, das Original folgt hiebey mit andern kleinern, vor mehreren Jahren bey mir eingegangenen Gedichten; ich hielt es zurück, weil ich glaubte es sey in der Wukischen Sammlung enthalten. Sie werden, soviel ich einsehen kann, wenig Gebrauch davon machen können.

Fahren Sie ja in Ihren schönen Bemühungen fort und seyn Sie überzeugt daß diese Arbeit, insofern Sie mein besonders dabey gedenken, doppelt werth ist, einmal als Zeugniß Ihres Wohlwollens, und sodann weil ich wünsche daß diese Nationalschätze nur in[138] Masse vor's Publicum gebracht werden, mit gehörigen topographisch-geographischen, mythologisch und historischen Einleitungen, auch mit genugsamen Noten, wie Sie deren schon zweckmäßig angefügt haben. Mögen Sie zuerst alles was sich auf den Fürstensohn Marko bezieht mir zu Theil werden lassen, so werde ich auch solches dankbar anerkennen. Inwiefern es möglich wäre einige Zeitfolge auch nur Epochenweis in diese fabelhaft geschichtlichen Überlieferungen zu bringen würde von besonderer Fruchtbarkeit seyn.

Über manches anzufragen, anderes zu äußern verspare mir auf die Folge. Das Beste wünschend.

Weimar den 11. May 1824.


38/121.


An den ChevalierMatthäus Ignatius van Brée

[Concept.]

Hochwohlgebohrner

Insonders hochgeehrtester Herr,

Ew. Hochwohlgeboren willkommenes Schreiben hat einen meiner ernstlichen bisher gehegten Wünsche, ein näheres Verhältniß zu Ihnen eröffnet zu sehen, erfüllt. Schon längst hoffe ich auf Gelegenheit Ihnen meine Bewunderung auszusprechen, über die Gründlichkeit Ihrer Studien mich zu äußern, so wie über die Leichtigkeit womit Sie solche musterhaft in Ausübung bringen.

[139] Indem ich nun gegenwärtig dieß zu thun das Vergnügen habe, verfehle ich nicht auch meinen verbindlichen Dank hinzufügen für die Sorgfalt welche Sie durch einige Jahre dem jungen Mahler Schmeller so freundlich gönnen wollen. Es hat derselbe bey Ihnen für die kurze Zeit bedeutende Fortschritte gethan und findet jetzt, besonders im Porträtmahlen Beyfall. Hätte er länger Ihres Unterrichts genießen können, so ist nicht zu zweifeln daß er bey seinen natürlichen Anlagen sich noch bedeutender würde ausgebildet haben.

Der Großherzog, mein gnädigster Herr, bereitet sich in diesen Tagen zu einer Reise in Ihre Gegenden und ich bin überzeugt, daß es Ihnen zu besonderer Freude gereichen muß, wenn Sie abermals persönlich erfahren wie sehr Seine Königliche Hoheit Ihr Verdienst zu ehren, Ihre Anhänglichkeit zu schätzen und zu erwidern weiß.

Höchst Dieselben bringen abermals einen jungen Mahler, im Vertrauen auf Ihren gefälligen Antheil, zu Ihnen; dieser heißt Preller, und ich darf hoffen daß Sie sein, für dessen junge Jahre bedeutend ausgebildetes Talent sogleich beurtheilen und ihm die Wege zur Vollkommenheit alsobald andeuten werden. Er hat sich in Landschaft und Thiermahlerey geübt, auch ist er nicht unglücklich in kleinen Figuren, den eigentlichen Charakter der Personen porträtmäßig zu treffen; qualificirt sich also zu allen denjenigen Arten,[140] worin die Niederländer von jeher unübertroffene Meister waren.

Sie haben daher die Güte ihn in diesem Sinne zu leiten und ihn solchen Meistern zuzuführen; wie mir denn ein dortiger Thiermahler Namens Umgang gerühmt worden; welches jedoch alles Ihrem Urtheil anheim gegeben bleibt.

Was den Wunsch betrifft zu einem bedeutenden Bilde aus der sächsischen Geschichte ernestinischer Linie einen Gegenstand zu finden, so will ich mir angelegen seyn lassen, mit Hülfe von kenntnißreichen Männern, dergleichen auszuspähen. Die meisten schönen Züge welche hier vorkommen sind sittlich, und gereichen daher dem bildenden Künstler nicht leicht zum Vortheil.

Vor einiger Zeit machte unser gnädigster Herr uns die Hoffnung, Sie diesen Sommer bey uns zu sehen, vielleicht begünstigt die gegenwärtige Zusammenkunft diesen unsern Wunsch, dessen Erfüllung, wie ich hoffen darf, für beide Theile erfreulich und fördernd seyn würde.

Herrn v. Kirckhoff bitte meine besten Empfehlungen abzustatten. Möchten Sie beiderseits das jenaische Museum gelegentlich zu begünstigen geneigt bleiben.

Schließlich hoffe Verzeihung daß ich mich meiner Muttersprache bediene, da ich mir in keiner andern getraue diejenige Hoch- und Werthschätzung auszudrücken womit ich mich zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar den 12. May 1824.[141]


38/122.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey den Rest des Manuscripts wie solches noch in das laufende Heft von Kunst und Alterthum einzunehmen ist. Es wird den zwölften Bogen überschreiten und da wir noch vier Columnen zu den Titeln brauchen, so wird wohl ein halber Bogen mehr zu verwenden seyn, welches Ew. Wohlgeboren Einrichtung und Urtheil völlig überlassen bleibt.

Mit Hochachtung und Theilnahme.

Weimar den 17. May 1824.


38/123.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die ganze Sendung zurück, ich bin wohl zufrieden, daß unter den vorwaltenden Umständen dreyzehn Bogen angewendet werden. Für die vier fehlenden Columnen sende nächstens Manuscript.

Mit dem Ersuchen diese Angelegenheit wie bisher geneigt zu fördern.

Weimar den 19. May 1824.[142]


38/124.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Daß ich nach so langer Zeit Ihnen, mein Werthester, auch wieder einmal schreibe veranlaßt mich ein angenehmer Umstand. Vor einiger Zeit erhielt ich einen Brief Ihres lieben Bruders, datirt von Boulogne, der mir eine junge Virtuosin anmelden sollte. Das Frauenzimmer blieb aus, das freundliche Andenken jedoch traf mich zu einer Zeit, wo ich eben alte Papiere zu mustern beschäftigt war, und mein Vorsatz, bey dieser Gelegenheit etwas nach seinen frühern Wünschen zur Seite zu legen, wurde dadurch nur thätiger. Sie erhalten also nächstens ein an ihn gerichtetes Paquet, welches ihm zuzusenden bitte.

Erlauben Sie zugleich ein anderes freundliches Ansuchen. Ich vernehme daß Herr Macco, ein von mir längstgekannter und geschätzter Künstler, den neugriechischen Charon, den sie sich unter der Form eines wilden, flüchtig dahinrauschenden, auf seinem Zuge die abgeschiedenen Seelen fortschleppenden Reuters denken, bildlich vorgestellt habe.

Da mir nun dieses zu besonderm Vergnügen gereicht, so würden Sie mir ja wohl die Gefälligkeit erzeigen, sich bescheidentlich zu erkundigen ob dieses Bild, welches wahrscheinlich von transportabler Größe ist, mir nicht könnte wohleingepackt, unfrankirt übersendet werden, ich würde es in kurzer Zeit Porto frey[143] wieder zurückbefördern. Ich hätte dadurch das doppelte Vergnügen einen meiner artistischen Wünsche erfüllt zu sehen, sodann auch wieder einmal die Arbeit eines längst geschätzten vorzüglichen Künstlers vor mir zu haben. Verzeihen Sie diese Bemühung, wodurch Ihnen vielleicht auch, wenn Sie das Bild beschauen, etwas Angenehmes zu Theil wird. Empfehlen Sie mich Ihrer theuren Gattin, und erhalten mir fortwährend ein treulich wohlwollendes Andenken.

und so fortan

Weimar den 21. May 1824.

J. W. v. Goethe.


Dem Herrn Bruder zugedachte Handschriften:

Schiller

Wieland

Herder

J. P. Richter

Voß

Jung Stilling

Mounier

Meine eigene.


38/125.


An Carl Ludwig von Knebel

Ersuche dich, mein Theuerster, an beykommenden Verwegenheiten. Zu vermelden hab ich den schönsten Gruß von Herrn Matthisson; er hat deinem Bilde hier die gehörige Reverenz erwiesen.

[144] Eine treffliche Skizze nach dem neugriechischen Charon habe erhalten. ein wahrhaft heidnisches Memento mori, ein ganz anderes als die absurden Todtentänze. Sorge, daß du lebest; ich will von meiner Seite möglichst das Gleiche thun.

Weimar den 22. May 1824.

G.


38/126.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

nehmen den allerverbindlichsten Dank für die geneigte Vermittlung; im Beygehenden erhalten Sie das Nöthige zur Beendigung des kleinen Geschäfts. Ein bejahrter deutscher Autor weiß nur zu gut, daß er weder Engländer noch Schottländer ist und daß in solchen Fällen eigentlich nur von Anerkennung eines Rechtes, nicht von dem Äquivalent einer Arbeit Rede seyn kann. Also nochmals aufrichtigen Dank, daß Sie mir ein unmittelbares Mißgefühl, worauf es in solchen Fälle meistens hinauszugehen pflegt, ersparen wollen.

Ich bedinge mir also funfzig vollwichtige Ducaten, wie man sie im Österreichischen ohne Widerrede annimmt, sogleich durch die fahrende Post gesendet; auch in der Folge 24 Exemplare gutes Papiers, einige hübsch gebunden, wie man es in Leipzig versteht und ausübt. Wollte man Titel und Gedicht alsobald abdrucken[145] und mir den Bogen zur Durchsicht schicken, so würde es angenehm seyn.

Wäre dieß nicht, so hätten Sie wohl die Güte, eine Revision zu übernehmen, damit der poetischen Sorgfalt ihr Recht widerfahre.

Daß Ihr neuester Band glückliche Wirkung thun würde schloß ich aus dem was bey mir erregt worden. Nächstens übersende das neuste Heft Kunst und Alterthum und bitte mit einem naiven Zeugniß meiner treulichen Theilnahme geneigt vorlieb zu nehmen. Bey mir geht es immer etwas rascher zu als ich wohl wünschen möchte, doch wird sich zunächst auch wohl nachkommen lassen.

und so ferner

treulichst

Weimar den 22. May 1824.

Goethe.


38/127.


An Johann Christoph Jasper

Ew. Wohlgeboren

übersende hiebey, auf die mir von Herrn Hofrath Rochlitz zugegangene Nachricht, einen Vorschlag zum Titel und überhaupt zur Einrichtung des vorzudruckenden Bogens; würde solcher baldigst abgedruckt, so wäre mir angenehm ihn zur Revision zu erhalten. Wo nicht so übernimmt Herr Hofrath Rochlitz wohl gefälligst eine Durchsicht.

[146] Auch übergibt Ihnen genannter Freund das einleitende Gedicht.

Dagegen senden Sie mir durch die fahrende Post die Summe von funfzig vollwichtigen Ducaten; auch halte mir 24 Exemplare auf gut Papier aus, einige sauber und zierlich gebunden, wie man es in Leipzig versteht.

Titel und poetische Einleitung sprechen genugsam aus daß der gegenwärtige abermalige Abdruck des Werks mit Vorwissen und Begünstigung von meiner Seite geschieht, wie ich denn solches hiemit ausdrücklich wiederhole.

Der ich dankbar glücklichen Erfolg Ihrer Unternehmung wünsche und mich einem fernern geneigten An denken empfehle.

ergebenst

Weimar den 22. May 1824.

J. W. V. Goethe.


38/128.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

übersende hiebey die Rechnung bis auf die letzte Zeit. Sie wird im Ganzen mit der Ihrigen zusammentreffen, nur könnt ich einige Kleinigkeiten z.B. eine Auslage für Ulmer Spargel schuldig seyn, welches zu bemerken bitte. Was mir hiernach noch zukommt, gedenke vor meiner Sommerreise einzukassiren.

[147] Das neuste Heft von Kunst und Alterthum naht sich seinem Abschluß; möchten Sie wohl eine kurze Anzeige, die ich nächstens übersenden werde, in eignen und fremden Blättern abdrucken Getümmel der deutschen Tagesbewegung allerdings nothwendig, um nur einigermaßen zum Wort zu kommen.

Das naturforschende Heft wird zunächst folgen, um vor meiner Abreise versendet zu werden, weshalb ich die nächsten Anordnungen deshalb erbitte und gleichfalls die nöthige Anzeige zu rechter Zeit überschicken werde.

Die Redaction meiner Correspondenz mit Schiller ist ein höchst bedeutendes und in manchem Sinne wohl erfreuliches Geschäft; allein die Bemühung ist größer als ich mir denken konnte und eine etwas leicht-gemüthlich überkommene Last. Die Originale betreffend läßt sich nichts aussagen; zu secretiren ist der Masse nach wenig, allein im Ganzen sind, man darf wohl sagen, die tiefsten Geheimnisse der Freundschaft zerstreut; Äußerungen über Personen und Verhältnisse, vielleicht manchmal im augenblicklichen Humor, die man kaum später irgend jemand vertrauen dürfte; auch bin ich nicht einmal bis zur Hälfte der Durchsicht gekommen und sich also noch manches überdenken und überlegen.

Die Sicherung meines Literarischen Nachlasses, wozu ich sämmtliche Privat-Correspondenz, Reiseacten[148] und so manches andere rechne, ist auf einen bedeutenden Punct gediehen. Das Archiv, wovon früher die Rede war, umfaßte zwar in einem sorgfältigen Verzeichniß schon gar vieles, allein der Inhalt stand an mehreren Orten zerstreut, gegenwärtig ist alles in ein Local zusammengebracht; mein Sohn und junge Gehülfen sind mit dem Ganzen und Einzelnen jeder nach seiner Weise damit bekannt. Doctor Eckermann sonderte und redigirte am Brauchbaren, bis zu seiner vor wenig Tagen angetretenen Reise und wird nach glücklicher Rückkehr seine Arbeit fortsetzen.

Indessen fördere ich das was ich die Chronik meines Lebens nenne, in Absicht die an mich immerfort eingehenden Fragen über gar mancherlei Umstände zusammen, folgerecht und blos dadurch verständlich zu beantworten; nicht weniger vorhandenen einzelnen Blättern und Notizen, die sonst von keinem Interesse seyn könnten, auch künftig in der Sammlung einen schicklichen Platz zu verschaffen.

Daß hiedurch zugleich die Vorarbeit zu einer neuen Ausgabe meiner Werke dem Ziele immer näher rückt, ist eine wünschenswerthe Folge. Ich setze voraus daß eine neue sach- und zeitgemäße Eintheilung und Reihe der Bände stattfinden werde, worüber denn auch mit Sorgfalt unter uns verhandelt wird.

Alles dieses hätte freylich Ew. Hochwohlgeboren persönlich vorzuzeigen und vorzutragen gewünscht; denn die weitgreifende Bedeutsamkeit dieser Bemühungen[149] läßt sich nicht mit Worten ausdrücken. Möchten Sie inzwischen bedenken wie diese heranwachsende Masse dem Autor und Verleger zu Gute kommen könnte, wie und zu welcher Zeit man allenfalls hervorträte, so würde mir hoffentlich die Freude werden daß ein für die Zukunft gesichertes Geschäft noch durch mich selbst eingeleitet und begonnen werden könnte.

Schließen will ich jedoch für dießmal und nur anfragen ob Sie etwa auf den jungen Feldjäger Seite 161 des neusten Stückes Kunst und Alterthum aufmerksam geworden. Das sehr reinliche und starke Manuscript ist in meinen Händen; haben Sie einige Anmuthung solches herausgegeben, so schicke es zur Prüfung; mir war es, nach meiner Art, sehr willkommen, denn da man die spanische Verwirrung doch sobald nicht los wird, so ist es auch im Kleinen sehr unterhaltend und belehrend zu sehen daß es zwischen 1806 und 1816 eben so verworren aussah, wie heute; selbst Alonzo, das höchst bedeutende Werk, weiß uns in der Hauptsache auch nichts weiter vorzusagen.

Ich füge nur noch die besten Empfehlungen an Ihre Frau Gemahlin und den Wunsch hinzu, daß Sie meiner wohlwollend gedenken und das für beide Theile, besonders aber für mich so wichtige Geschäft in beharrliche Überlegung ziehen mögen.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 30. May 1824.

J. W. V. Goethe.[150]


38/129.


An Alexander Walker

[Concept.]

Einer ansehnlichen Gesellschaft, welche mir die Ehre erzeigt, mich zur Theilnahme an einer bedeutenden, vielfach wirksamen Zeitschrift einzuladen, sage den verbindlichsten Dank, insofern Jahre und Zustände mir erlauben werde gern von Zeit zu Zeit einiges beytragen. Damit ich jedoch die eigentliche Absicht dieser wichtigen literarischen Verbindung vollkommen einsehe erbitte mir baldmöglichst ein Exemplar des zu erwartenden Juni-Heftes, welches denn auch wohl einen umständlichen Prospectus des ganzen Vornehmens enthalten wird.

Ich werde hiernach genau zu prüfen wissen, was etwa unter meinen vorhandenen Papieren geeignet seyn möchte, zu dem so Kraft und Stimmung mir erlauben, bey vorkommenden Gelegenheiten in das Tages-Bedürfniß unmittelbar einzugreifen.

Weimar den 30. May 1824.


38/130.


An Christian Heinrich Schlosser

[Concept.]

Ein willkommener Brief von Boulogne verkündigte mir eine junge Virtuosin, die aber auf halbem[151] Wege wieder umkehren und mich der Gelegenheit beraubte eine so gültige Empfehlung freundlich anzuerkennen und in Ehren zu halten.

Doch hatte das zutrauliche Schreiben eine andere gute Wirkung, es fand mich bey'm Sichten alter Papiere und also in dem Fall den Wunsch nach früheren Handschriften einigermaßen zu erfüllen.

Nehmen Sie daher diese kleine Sendung mit Wohlwollen auf, und befriedigen dadurch, wenn auch nur theilweise, Ihre sammelnden Freunde. Übrigens konnte ich bey dieser Gelegenheit abermals bemerken, wie bald die Spuren des Menschenlebens von der Erde wegschwinden. Wie wenig Blättchen sind noch übrig von Männern mit denen ich in genauer Verbindung stand, mit denen ich fast tagtäglich verkehrte. Sie haben daher recht zu sagen daß der Lebende dem Lebenden mit Vorsatz Freude machen solle, da so manches Unerfreuliche sich leider von selbst versteht.

Erhalten Sie mir ein wohlwollendes Andenken und genießen gute Tage in unserer an Reichthum, Gebäuden und Bildung sich immer mehr hervorthuenden Vaterstadt und gedenken mein mit den thuenden Vaterstadt und gedencken mein mit den theuren Ihrigen in gefühlvoller Stunde.

Weimar den 30. May 1824.[152]


38/131.


An Carl Friedrich von Reinhard

Als Ihr vertraulicher Freund, in den erster Tagen des May bey mir anlangte, fehlte mir Herr Canzler v. Müller, der Einzige mit dem ich mich über das fragliche Geschäft hätte besprechen können. Indem ich nun dessen Rückkunft abwarte, ist er unvermuthet Ihre Fragen und Wünsche. Nach seiner Rückkunft bereden wir das Weitere, ich theile ihm Ihren Brief mit und es steht zu hoffen daß er Ihrem so billigen als ernstlichen Verlangen genugthun werde.

Durch ihn hab nichts als Vergnügliches vernommen von Frankfurt überhaupt, von Ihrer schönen Wohnung, Ihrem glücklichen Familienleben und von dem liebenswürdigen Gast, den Sie gegenwärtig beherbergen. Beykommendes Blättchen übergeben Sie ihr gefälligst. Unsern Freund verdrießt's gar lebhaft, daß der Versuch sie hieher zu bringen nicht gelingen wollen. Haus und Garten sehen freundlich genug aus, sie wäre willkommen gewesen und hätte sich an unserer guten Neigung genügen lassen, obgleich unser Belvedere nicht, wie das Ihrige, in ein so freyes, reiches, flußdurchströmtes Stadt-, Land- und Gartengebiet hinüberschaut.

Von mir darf ich sagen daß ich mich nach meiner Art ganz wohl befinde, und, obgleich manchmal nicht[153] ohne Haft, allem was mir obliegt und auf mich zudringt genugthun kann. Ein Heft Kunst und Alterthum hat Freund v. Müller überbracht, ein anderes wird nächstens folgen.

Dr. Eckermann, ein junger, wahrhaft bedeutender Herankömmling, der sich mit aufrichtiger Neigung an meinem Thun, Schreiben, Treiben und Lassen ausgebildet hat, und mir gegenwärtig bey Redaction der vielfachsten Papiere treuen Beystand leistet, wird durch Rath Schlosser bey Ihnen in diesen Wochen eingeführt werden und Sie erfreuen sich gewiß seiner Art und Wesens.

So eben vermeldet Herr Canzler v. Müller daß er in einem umständliches Schreiben die ergangenen Fragen möglichst beantworten und in dieser auf alle Weise bedeutendes Angelegenheit vielleicht befriedigend wenigstens interloquirt habe. Möge dieß auch in der Folge zu allseitigem Besten gereichen.

treuanhänglich

Weimar den 2. Juni 1824.

J. W. Goethe.


38/132.


An Auguste Jacobi

Um Ihren Namen, meine liebe Jacobi, versammeln sich die schönsten und wichtigsten Erinnerungen meines Lebens; denn wie Lust und Schmerz meine Jahresbahn[154] durchkreuzten, so webte sich die freundliche Theilnahme der Ihrigen unablässig hin und wieder.

Nun bleibt mir kein Wunsch übrig, als auch Sie, meine gute liebenswürdige Auguste, persönlich zu kennen, damit ich mich an einem frischen Sprößling des lange bewährten Stammes in später Zeit noch erfreuen möge. Indessen wollen wir den ersten mißlungenen Versuch als eine günstige Vorahnung deuten. Soviel für dießmal, mit tausend und abertausend Grüßen an die Glieder der theuern Familie, der ein beiderseitig wohlwollendes Geschick Sie glücklich zugeführt hat.

treuverwandt

Weimar den 2. Juni 1824.

J. W. v. Goethe.


38/133.


An Friedrich Theodor Kräuter

Zwey Söhne des Herrn Hofrath Sartorius zu Göttingen, gegenwärtig in Gotha studirend, sind hier und ich wünsche ihnen etwas Freundliches zu beweisen.

Hätten Sie, mein guter Kräuter, keine Abhandlungen, so wäre Sie ja wohl so gefällig die beiden Knaben heute Abend in die Comödie zu führen und deshalb nach 5 Uhr zu mir zu kommen. Das Weitere mündlich. Weimar den 5. Juni 1824.

G.[155]


38/134.


An Sulpiz Boisserée

Und nun also, nach langem Erwarten, herzlich im Vaterlande willkommen; Ihre Nähe wird auch für mich sogleich höchst fruchtbar werden.

Ohne Unterlaß bin ich Ihnen auf Ihren Wegen gefolgt. Das Dom-Werk, für dessen schönes Exemplar ich bestens danke, erregt immer mehr meine Bewunderung, so wie Ihr Fleiß in historischer Nachsucht und bedächtigem Überschauen der vorliegenden bedeutenden Gegenstände. Ich selbst vernehme jetzt, lieber als je, die Forschungen anderer, da ich mich angewiesen fühle mit dem eigen Erworbenen Haus zu halten, ohne auf neuen Erwerb zu denken.

Über alle Maaßen sind auch Ihre Steindrücke preiswürdig und erfreulich. Mit großem Verlangen erwarte die Steigerung des Technischen. Was mein Porträt betrifft, so darf man mit der Nachbildung nicht rechten, da man bey'm Original manches zu erinnern hätte. Mich soll es vorzüglich interessiren als Muster jener kunstreichen Anwendung mehrerer Platten.

Mehr nicht für dießmal. Inliegendes haben Sie die Güte Herrn v. Empfehlung und dem herzlichsten Ersuchen um baldiges Einrücken in verschiedene Anzei ge-Blätter.

[156] Mit den aufrichtigsten Wünsche für Ihr Wohl, den heitersten Grüßen an die lieben Ihrigen und einem recht warmen Dank an das schöne Verhältniß weiterhin pflegen, wie es denn auch gewiß gesegnet seyn wird.

Weimar den 7. Juni 1824.

G.


38/135.


An Johann Georg Lenz

Die hier beykommenden Mineralien sowohl als wenn noch anderes von Höchst Denenselben während der Reise gesendet würde, wären auszupacken aber zusammengelegt aufzubewahren; damit bey erwünschter Rückkunft alles sogleich mit einem Male vorgelegt werden könnte.

Weimar den 9. Juni 1824.

G.

Von dem Frankfurter Senckenbergischen Museum, Serenissimo bey Höchst Ihro Anwesenheit im May verehrt.

1) Schwefelsaures Strontian, mit krystallisirtem Schwefel von La Cattolica in Sicilien.

2) Lievrit von der Insel Elba.

3) Native Borax Säure aus dem erloschenen Krater der Insel Volcano (einer der Liparen).

[157] 4) Bergkrystall neuerer Formation im Lehm vorkommend; zu La Piattola auf Elba.

5) Dysodit von Melliti in Sicilien; brennbares Fossil.


38/136.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Werthester, beykommendes, erst zerschnittene, dann wieder geleimte, in jedem Sinne fragmentarische Werk nochmals mit aufmerksamer Neigung durchgehen, so könnte man hie und da noch etwas daran thun und dann möchte es vom Stapel laufen. Es liegt schon vier Jahre und hat doch manches Aufregende, Gedanken Erweckende.

Auf baldiges Wiedersehen.

Weimar den 9. Juni 1824.

G.


38/137.


An Kaspar von Sternberg

Frühlingsblüten sind vergangen,

Nun dem Sommer Früchte spießen;

Ros' und Lilie soll erlangen

Den erhabnen Freund zu grüßen.

bis Ende Juli einheimisch,

freudig hoffend,

treu angehörig;

Weimar d. 11ten Juni. 1824.

Goethe.[158]


38/138.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die quittirten Rechnungen mit vielfachem Dank für die gefällig überkommene Bemühung.

Der Cellini macht mir viel Freude, wofür ich Ihrem guten Sohn bestens verpflichtet bin; ich ward sogleich bewogen wieder einige Capitel zu lesen und ich jene guten Zeiten in welchen ich mich damit beschäftigte lebhaft wieder hervorgehoben. An dem glücklich stetigen Fortgang seiner Reise haben wir alle Ursache uns zu erfreuen und läßt uns der bisherige gute Succeß auch für den Abschluß die beste Hoffnung nähren.

Mit dem Wunsch eines gleichen guten Gelingens in allen Angelegenheiten empfehle ich mit aufrichtiger Theilnahme unterzeichnend.

Weimar den 12. Juni 1824.


38/139.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

in Ihrer glücklichen Einsamkeit zu begrüßen und mich nach Ihrem Wohlbefinden zu erkundigen ergibt sich mir die erwünschteste Gelegenheit. Beykommendes[159] übersenden mir Serenissimus von Trier, wo Höchst Dieselben, auf Ihro Durchreise, gar manches Angenehme genossen haben, und zunächst wünschen daß manches Angenehme genossen haben, und zunächst wünschen daß den dortigen Alterthumsforschern von jenaischer Seite eine literarische Gefälligkeit erzeigt werde.

Wenn ich mich nun nicht irre so ist die in dem Schreiben belobte Erklärung einer früheren Inschrift von Ew. Hochwohlgeboren ausgegangen und ich nehme mir daher die Freyheit gegenwärtige Sendung, als Bild, Erklärung und Anfrage, ungesäumt mitzutheilen; mit Bitte um baldige gefällige Erwiderung damit die dortigen Alterthumsfreunde besonders Herr Quednow für die unserm gnädigsten Herren bewiesenen Aufmerksamkeiten auch von unserer Seite eine dankbare Freundlichkeit zunächst erfahren möge.

Weimar den 12. Juni 1824.


38/140.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

[12. Juni 1824.]

Ew. Königlichen Hoheit

danke unterthänigst für das gnädig Mitgetheilte und bitte dem gnädigsten Fürsten, welcher meiner so geneigt gedenken will, mich andringlichst zu empfehlen.

[160] Die antiquarische Frage wird sogleich dem jenaischen Orakel vorgelegt und ich hoffe nächstens die Antwort nach Trier zu übersenden, auch wie es geschehen schuldigst zu vermelden.

In Hoffnung baldigster persönlicher Verehrung.


38/141.


An Georg Moller

Ew. Wohlgeboren

Schreiben und Sendung, beide gehaltvoll, haben mir doppelt- und dreyfaches Vergnügen gemacht; ich sehe daraus, daß Sie noch immer mit wohlwollendem Zutrauen meiner gedenken; die Fortsetzung meiner gedenken; die Fortsetzung Ihrer historisch-architektonischen Bemühungen ist als höchst unterrichtend anzuerkennen; so wie die Äußerung am Schlusse des Briefes höchst bedeutend. Hier liegt gerade der Punct verborgen worauf Theoretiker und Praktiker, Bauherr und Kunstfreund immerfort ihr Augenmerk richten, ohne weder mit der Welt noch sich selbst einer werden zu können.

Ew. Wohlgeboren haben die rechte Stelle getroffen! Der Baukünstler kommt oft, durch den Widerspruch des Vorsatzes und der Ausführung, in Verlegenheit und es begegnet ihm, daß er bey Anwendung des Überlieferten auf die nächsten Forderungen und Bedürfnisse in einen Conflict geräth, aus dem er sich kaum zu retten weiß; die von Ihnen angeführten[161] Beyspiele sind hier treffend. Inwiefern aber eine Vermittelung möglich sey? würde immer eine umständlichere Ausführung erfordern. Wie sich jedoch darüber denke, theile nächstens, und wenn auch nur aphoristisch mit; in Hoffnung dagegen eines, bey so reicher Erfahrung immer nachdenkenden trefflichen Künstlers Betrachtungen zu vernehmen.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 12. Juni 1824.

J. W. v. Goethe.


38/142.


An N.N.

[Concept.]

Die an mich ergangene Frage läßt sich nicht durch Ja und Nein beantworten. Ich werde daher in Kunst und Alterthum gelegentlich mich einigermaßen darüber zu erklären trachten.

Weimar den 14. Juni 1824.


38/143.


An Alexander Macco

Gar vielfach angenehm war die durch Herrn Canzler v. Müller überbrachte Sendung. Sie gedenken meiner wie sonst mit Neigung und geben mir ein Zeugniß unveränderter Thätigkeit. Das beweglichste Lied führen Sie im lebhaftesten Bilde vor; man erschickt,[162] so oft man die Tafel auf's neue ansichtig wird, wie das erstemal. Die geordnete Unruhe ladet sodann zur Aufmerksamkeit, und man entziffert sich gern den Totaleindruck aus einer so wohl überdachten Mannichfaltigkeit und kehrt mit Antheil zu der seltsamen Erscheinung zurück, die uns immer wieder aufreizt und befriedigt.

Haben Sie tausend Dank! Erhalten Sie mir ein gemüthliches Andenken und empfehlen mich dem theueren Gräflich Reinhardischen Hause.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 15. Juni 1824.

J. W. v. Goethe.


38/144.


An Christian Hofmann

[Concept.]

Sie erhalten hiebey, mein werthester Herr, das übersendete Instrument mit Dank zurück, das ich erst in den letzten heitern Tagen genauer benutzen konnte. Ich finde nicht allein daß es seinen Zweck vollkommen erfüllt, sondern werde auch dadurch in meiner Überzeugung bestärkt, daß ein einsichtiger Mechanicus die sämmtlichen durch meine Farbenlehre nothwendig gewordenen Experimente genau, hinreichend und doch compendiös anzustellen uns die sichersten Mittel in die Hand geben könnte. Sollte Ihnen irgend eine[163] andere Abtheilung auf gleiche Weise zu illustriren gelungen seyn, so haben Sie die Gefälligkeit, mir davon Nachricht zu geben.

Weimar den 16. Juni 1824.


38/145.


An Karl Friedrich Quednow

[Concept.]

[20. Juni 1824.]

Wohlgeborner pp.

Ihro Königlichen Hoheit meines gnädigsten Herrn an mich ergangenen Befehl, eine antiquarische, Ew. Wohlgeboren interessirende Angelegenheit näher beleuchten zu lassen, glaubte nicht besser befolgen zu können, als wenn ich die mir übersendeten Papiere Herrn Geh. Hofrath Eichstädt zu Handen brächte.

Was derselbe vorläufig hierauf erwidert lege in copeylichem Auszug seines Briefes vom 18. Juni bey und werde nicht verfehlen das angedeutete Programm ungesäumt zu übersenden.

Der ich der angenehmen Tage, welche Serenissimus in Trier zugebracht, auch in der Ferne mich erfreuend, mit Versichrung alles aufrichtigen Antheils Ihrer schönen Bemühungen mich zu geneigtem Andenken bestens empfehle.[164]


38/145a.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Da Herr Prof. Rauch diesen Mittag auswärts speist so erbitte mir die Ehre Ihrer Gegenwart morgen

Dienstag den 22 ten Juni [1824.][52]


38/146.


An Carl Heinrich Ludwig Giesebrecht

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

geneigter Antrag erscheint mir höchst ehrenvoll, und wie gern ich bey so hohen Festen mitwirke, habe noch neulich bey Thaers Jubiläum bewiesen; aber dergleichen Anforderungen darf der Dichter nicht zu allen Stunden an seinen Geist machen, er muß demüthig abwarten ob ihm eine solche Gabe verliehen werde.

Der Termin läuft ab, und ich konnte mich leider seit Empfang Ihres Briefes einer würdigen Stimmung nicht erfreuen. Sollte mir in der Folge unvermuthet etwas gelingen, so sind Ew. Wohlgeboren der erste dem ich solches mittheile; denn was es auch sey, so wird es immer vom Erwähnung des schönen unserm herrlichen Ältervater zugedachten Festes ausgehen.

Der ich Denenselben und dem ganzen werthen Verein hierdurch auf's beste empfohlen zu seyn wünsche.

Weimar den 22. Juni 1824.


38/147.


An Clemens Eckl

[Concept.]

In Hoffnung, daß beygehendes Blatt in dem Museum des hohen Stifts Tepl willkommen seyn werde, übersende solches zum freundlichen Andenken[165] an den weimarischen würdigen Fürsten und sein treues Gefolge.

Die geziemende Bitte füg ich hinzu um gefällige Mittheilung der Witterungsbeobachtung auf das Jahr vom Juli 1823 bis Ende Juni 1824, wogegen eine schuldige Erwiderung von meteorologischen Tabellen und graphischen Darstellungen nächstens erfolgen soll.

Weimar den 23. Juni 1824.[166]


38/147a.


An N.N.

Der Besuch der Herren Falk und Wagner soll mir heute um 12 Uhr sehr angenehm seyn.

Weimar d. 23. Juny 1824.

Goethe.[152]


38/148.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Etwa 25. Juni 1824.]

Indem Höchst Dieselben in einer weiten und bedeutenden Welt, zu reicher Erfahrung neue Reichthümer gewinnen, seh ich nun schon seit sechs Wochen die Tulpen blühen und verblühen; nunmehr aber die Rosenknospen hervorbrechen. Auf das angenehmste wird dagegen meine Einsamkeit belebt durch gnädige Besuche meiner wohlwollenden Hoheiten, da [es] denn manches zu besprechen und vorzuzeigen gibt.

Die nach und nach angekommenen, von Canzler v. Müller mir eingehändigte Sendungen geben den schönsten Stoff zu manigfacher Unterhaltung. Durch die immer wachsende Thätigkeit des Steindrucks thun sich von Moment zu Moment bedeutende Mittheilungen hervor.

[166] Unter so vielen andern ist die bildliche Aufklärung von Rousseaus Botanischen Jugendfreuden höchst willkommen; ich denk nächstens seinen Aufsatz darüber, dessen Erinnerung mir noch von den frühsten Jahren vorschwebt, wieder durchzugehen.

Die Frankfurter Mineralien-Sendung hat Lenzen zum Bekenntniß genöthigt: daß, wenn er auch die Gegenstände schon besitze, er doch mit solchen Exemplaren keineswegs versehen sey.

Von hiesigen Thätigkeiten muß ich zuvörderst der Reise Schröns gedenken, unternommen um die bisher eingerichteten Beobachtungs-Puncte zu revidiren und einen neuen auf dem Rhöngebirge einzurichten. Er hat dabey abermals seine Kenntniß der Sache so wie die Genauigkeit in Behandlung derselben treulich erprobt, auch einiges dabey erlebtes Misgeschick thätig übertragen. Was an den Instrumenten nunmehr zu thun ist wird besorgt, indessen die Beobachter auf's neue belehrt und ermuntert worden sind. Eine erweiterte Instruction hat jeder erhalten.

Hier darf ich nicht übergehen daß im Gange dieses Geschäftes meine Einsicht in dieses wichtige Naturereigniß immer zunimmt. Auch hier wie bey allen Naturbetrachtungen ist das Hauptgeschäft, Gewisses vom Angewissen zu sondern, wodurch schon sehr viel gewonnen wird. Einen Abdruck der wundersam von Schrön erfundenen und ausgeführten Tabelle, wodurch die sämmtlichen Erscheinungen auf einmal vor den[167] Sinn des Augs gebracht werden, lege bey; die zwey ersten Rubriken erklären sich von selbst, die übrigen bedürfen einer Auslegung, welche nächstens in Druck erscheinen wird.

So interessant nun auch diese Anstalten und Bemühungen für sich selbst sind, so wird doch außer dem Hauptzweck noch eine Folge gewonnen, die gewiß nicht ohne Bedeutung bleibt. Indem an so vielen Puncten Ew. Königlichen Hoheit Lande die Aufmerksamkeit auf allgemeine Naturphänomene erregt, scharfe Beobachtung empfohlen, tabellarisches Bemerken zur Pflicht gemacht wird, so verfehlt der Einzelne gewiß nicht auch in seinem Kreise dergleichen zu verbreiten, und wäre es auch nur gesprächsweise, indem doch jeder die andern gern unterhält von dem was ihn interessirt. Wenn ich nun denke, daß ein solcher Punkt auf den höchsten Röhngipfel verpflanzt ist, so stelle ich mir gerne vor was ein einsamer Schulmeister von da aus mit der Zeit wirken werde, und meine Einbildungskraft setzt auf diese Mission ein besonderes Vertrauen.

Das Mineralienkabinett der naturforschenden Gesellschaft, zu Gunsten Naumanns, ohne Lenzens Mitwirkung zu erweitern, schien deswegen sehr wünschenswerth, da letzterer über diese Rivalität schon in einiger Apprehension befangen ist; auch gab sich Gelegenheit, bey jetziger Concurrenz des Mineralien-Handels, ohne weiteres auf einmal das Fehlende zu ergänzen und[168] die bedeutende Lücken ungesäumt auszufüllen. Und so ist vor Anfang der Collegien ein vollständiges Kabinett, nach dem Mohsischen System geordnet, in Naumanns Händen gewesen. Man hat diese Einrichtung um so lieber mit völliger Überzeugung getroffen als ein längst gefühltes Bedürfniß dadurch befriedigt wurde, nämlich Mineralogie mit ihren verwandten Fächern ohne Berührung des Hauptkabinetts lesen zu können, so daß dieses künftighin unangetastet bleiben, zur Nach- und Beyhülfe und größeren Übersicht, tieferem Studium für Lehrer und Schüler verwahrt werden kann. Noch mehrere Vortheile der Einrichtung werden sich in der Folge zeigen.

Die den Regierungs-Rath Quednow interessirende antiquarische Angelegenheit habe sogleich an Herrn Geh. Hofrath Eichstädt gelangen lassen, als den Verfasser der früheren Erläuterung einer alten Inschrift. Auch ist schon dessen meist beyfällige Erklärung und das Versprechen in einem nächsten Programm der Sache zu gedenken nach Trier abgegangen, wohin denn auch das Weitere sobald es erscheint ungesäumt gelangen soll.


Seit acht Tagen erfreuen wir uns der Gegenwart das Professor Rauch aus Berlin; Anregung und Zweck seines Hierseyns habe mit Bescheidenheit dankbar anzuerkennen, indessen reicht es keinem geringen Gewinn sich mit einem solchen meisterhaften Mann[169] bey der Arbeit zu unterhalten, und einen richtigen Gedanken sogleich durch die That verwirklicht zu sehen. Eine solche Erfahrung ist von großer Bedeutung in manchem Sinne, ist so fördernd als erfreulich. Leider naht seine Abreise nur allzubald.

Damit es aber auch an Sorgen und Hinderniß nicht fehle, so tritt die Krankheit des guten Vulpius ein; Sein Übel hat sich nicht vermehrt, ja er spürt eher Erleichterung und Bewegung. Allein es ist in jedem Betracht unerläßlich daß er ein Bad besuche, auch möchte Wiesbaden das räthlichste seyn. Dem durch seine Krankheit in ökonomischem Sinn schon sehr beschädigten Manne will sich jedoch eine kräftige Unterstützung nöthig machen. Des Herrn Erbgroßherzogs Königliche Hoheit wollen einen Beytrag thun, und Höchst Dieselben vergönnen gewiß daß man aus der Oberaufsichtskasse die reise facilitire um das Möglichste zu seiner Wiederherstellung zu thun.

Denn ob man gleich die Bibliotheksgeschäfte in ihrem ruhigen Gang erhält, so ist er doch für die Folge schwer zu entbehren; auch druckt ihn dieser Zustand auf's äußerste, da er immer auf mannichfaltige Weise rührig und thätig zu seyn gewohnt ist. In seinem gegenwärtigen Jammer sogar hat er einen recht hübschen Aufsatz über die Brakteaten und deren nächst zu veranstaltende Anordnung im großherzoglichen Münzkabinett geschrieben und eingereicht.

So eben meldet ein bey mir niedergelegter Brief[170] den Grafen Sternberg an; freylich wird Höchst Ihro Anwesenheit hier doppelt vermißt und im Ganzen findet der wackere Freund ein sehr einsames Weimar.

Ich habe mir schon die Freyheit genommen denselben in Dornburg anzumelden, auch schon Anstalt gemacht ihn alle hiesige und jenaische Merkwürdigkeiten sehen zu lassen.

In welcher Aussicht, an welcher Höchst Dieselben gewiß auch in der Ferne Antheil nehmen, ich mich zu ferneren Hulden und Gnaden angelegentlichst empfehle.


38/149.


An Carl Friedrich Zelter

Ich freue mich sehr daß es dir mit Troilus und Cressida gelungen ist, oder vielmehr dem Stück mit dir. Wie ich ein Todfeind sey von allem Parodieren und Travestiren hab ich nie verhehlt; aber nur deswegen bin ich's, weil dieses garstige Gezücht das Schöne, Edle, Große herunterzieht um es zu vernichten; ja selbst den Schein seh ich nicht gern dadurch verjagt.

Die Alten und Shakespeare setzen an die Stelle dessen was sie uns zu rauben scheinen wieder etwas höchst Schätzenswerthes, Würdiges und Erfreuliches. Auf diese Weise hat dich denn auch das fragliche Stück eingenommen, ergötzt und befriedigt und zwar im ganz richtigen Sinne.

[171] Über den Cyklops des Euripides liegt ein kleiner Aufsatz unter meinen Papieren der freylich Erweiterung und nähere Bestimmung forderte; vielleicht werde ich hiezu durch deine Anregung aufgemuntert. Den Thaerischen Gesang hab ich diese Tage recht hübsch gehört, auch mich daran auf's neue erfreut wie mit jeder Strophe die Pertinenz mit der Empfindung sich erhöht.

Rauch geht nun ab; ich hätte ihn gern noch einige Tage länger besessen, besonders da die Societät, auf ächt berlinische Weise, mir einen großen Theil der Zeit verkümmert hat. Doch sind wir über Bild und Gleichniß einig geworden; schaut nun das Begonnene freundlich an helft weiter.

Nächstens kommt das schon unter den Händen des Buchbinders sich befindende neuere Heft von Kunst und Alterthum.

und immer so fort

Weimar den 26. Juni 1824.

G.


38/150.


An Christian Friedrich Tieck

Weimar den 27. Juni 1824.

Die wiederholten Sendungen, mein Werthester, die seit einem halben Jahre bei mir anlangen und alle, mit den dankbarsten Gesinnungen, unter mannichfaltigem Kunstbesitz dankbar verwahrt bleiben, gewinnen[172] erst jetzt ihre eigentliche Auslegung, und befördern einen schönen, im Laufe der Zeit hervortretenden Zweck. Nehmen sie diesen, Herrn Rauch ganz eigentlich nacheilenden Brief mit Wohlwollen auf und fördern unsere wünsche, vereint mit dem trefflichen Mann, den wir mit den reinsten Gefühlen von Hochachtung und Neigung scheiden ließen.

Die mir früher übersendeten Musterstücke von Herrn Brandt's Medaillen konnten bey mancher Berathung zum Grund gelegt werden, und bey einer vorseyenden Arbeit neigte sich gar bald die Wahl auf den genannten Künstler. Mehr darf ich nicht sagen und empfehlen; Herr Rauch wird hiebey das Beste thun.

Fahren Sie fort mir manchmal irgend einen Gypsabguß zuzuwenden; der kleinste Rest aus jenen Zeiten, nach denen wir als den Mustertagen der Kunst hinschauen, macht mich behaglich und glücklich.

Für die neueste, der französischen Literatur angehörige freundliche Nachricht danke ich nur eiligst, damit dieser Brief dem werthen Scheidenden auf den Fersen folge. Ich freie mich der Aussicht in der nächsten Zeit öfter von Ihnen zu vernehmen.

Ergebenst

J. W. v. Goethe.[173]


38/151.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ihr liebwerther Brief hat mir die größte Freude gebracht; denn wie Ihr langes Stillschweigen auszulegen sey, wußt ich doch nicht ganz zurecht zu stellen; doppelt erfreulich ist es mir nun Ihre alten Gesinnungen abermals erprobt und Sie in Ihrem gegenwärtigen Zustande beruhigt zu sehen; ob ich gleich Ihr Schreiben mit dem was Rauch, wohlgesinnt und freundlich, erzählt nicht in Harmonie bringen kann. Mögen Sie mir Ihren Zustand etwas deutlicher einsehen lassen, so werden Sie meine immer treue Anhänglichkeit schönstens erwidern.

Auf meinem Wege bin ich unverrückt fortgegangen, die ungeschickt eingetretenen katarrhalischen Übel haben mich für gewisse Zeit in mich selbst geschlossen, wo ich, im Geheimen, den Faden immer verfolgen konnte der durch mein Leben durchgeht.

Auch in der Witterungslehre ist mir geglückt, wenigstens für mich, das Gewisse vom Ungewissen zu sondern, wodurch ich in einem so problematischen Capitel schon viel gewonnen glaube. Übrigens hab ich manchen stillen Ärger bey mir beschwichtigt über die vom wissenschaftlichen Tag und Stunde inseparable Charlatanerie. Ich habe mir aber fest vorgenommen, wenigstens gegen den Einzelnen nichts merken zu lassen.

Nun aber sagen sie mir ein Wort von Ernst Stiedenroth! Die Unterhaltung mit seiner Psychologie[174] macht mich schon seit vier Wochen glücklich. Es ist gar zu angenehm sein inneres Leben, Streben und Treiben so außer sich gesetzt zu sehen; es ist mir noch nie vorgekommen diese Vermittlung des Abstracten, ja des Abstrusen mit dem gemeinen Menschenverstand, der uns doch eigentlich im Innern allein behaglich macht; es ist eine unglaubliche Totalität in diesem Vortrag und mag übrigens mit der Sache seyn, wie es will, so glaubt man auf einen Augenblick das Unbegreifliche zu begreifen.

Der treffliche Rauch wird von meinen Zuständen nähere Nachricht geben können, schenken Sie seinen Relationen freundliche Aufmerksamkeit! Über das Modell haben wir uns vereinigt, sodaß von diesseits der Ausführung nichts weiter entgegen steht. Sehen Sie es an und unterhalten sich darüber mit dem denkenden, in großer Freyheit wirkenden Künstler.

Grüßen Sie Schubarth, danken ihm für die Sendung und sagen mir doch auch wieder einmal etwas von seiner Lage.

Hiebey das neuste Heft von Kunst und Alterthum welches zu secretiren bitte. Es sind Aushängebogen, das Heft selbst kann erst in einiger Zeit ausgegeben werden. Lassen Sie mich ja bald wieder von sich hören. Auch ich werde manches mitzutheilen haben. Über meine Sommerreise bin noch ganz ungewiß.

und so fort treulich

W. den 27. Juni 1824.

Goethe.[175]


38/152.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Senden Sie mir gefällig, mein Werthester, die Revision des 7. Bogens Morphologie. Ingleichen den Aufsatz über den Dilettantismus, und machen mir sobald Ihr Befinden es erlaubt [das Vergnügen] Sie zu Tische zu sehen. Mit den besten Wünschen

Weimar den 28. Juni 1824.

G.


38/153.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Mit meinen besten Grüßen ersuche Sie, mein Werthester, mir bald möglichst das böhmische Original-Manuscript mit der Übersetzung von Wlokka zu übersenden; mich dem Herrn Major bestens zu empfehlen und meiner eingedenk zu bleiben.

Weimar den 29. Juni 1824.

J.W.v.Goethe.


38/154.


An die Weygandische Buchhandlung

Die an mich unter'm 28. Juni durch fahrende Post abgesendeten 50 Stück Ducaten sind gestern, den 1. Juli, bey mir eingetroffen, worüber hiemit dankbar quittire.

Ihres zunächst ausgesprochenen Wunsches werde zwar gern eingedenk seyn, sehe aber noch nicht, wie ich dessen Erfüllung herbeyführen könnte.

[176] Was das Bildniß betrifft, welches Sie dem Büchlein vorsetzen möchten, bemerke Folgendes. Herr v. Quandt in Dresden besitzt eine Büste in Marmor von Herrn Professor Rauch in Berlin, deren Modell ich als sehr gelungen kenne und deren Ausführung sehr vorzüglich seyn soll. Es gibt ja so manchen geschickten Künstler in Dresden, durch den Sie eine Zeichnung zu Ihren Zwecken könnten fertigen lassen, und ein tüchtiger Kupferstecher wird Ihnen auch nicht fehlen. Ich beschränke mich auf das Vorstehende mit den besten Wünschen für alles was Sie unternehmen.

ergebenst

Weimar am 3. Juli 1824.

J.W.v.Goethe


38/155.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

In Gefolg meines letzten eiligen fahre sogleich fort nur noch auszusprechen daß Herrn Rauchs Gegenwart mich in allem Guten nochmals gegründet, gekräftigt und gefördert hat.

Über das Musterstück Ihres Gemälde-Verzeichnisses bin ganz erstaunt; denn ich weiß recht gut was es heißen will, wenn sie solche Namen aussprechen. Es ist wirklich ein ganz unerwarteter und unwahrscheinlicher Glücksfall, dessen Bedingungen mir nicht denkbar sind.

[177] Wenn Meyers Kunstgeschichte uns in ihrem ganzen Umfange frommt, so haben wir ein Großes gewonnen, nicht einem jedem, besonders nicht den Künstlern wird es so sein. Der lebende Künstler neuerer Zeit steht, mit allem Talent, in einer mißlichen Lage, er ist nicht im Fall sich an ein entschieden Sicheres anzulehnen, und seine besten Bestrebungen stocken, entweder an denen so unzulänglichen als heftigen Forderungen der Mitwelt, oder an den unaufgeklärten Velleitäten seines eigenen, nicht hinlänglich ausgebildeten trefflichen Innern. Alles eigentlich Gute, das zum Vorschein kommt, war nur im Fluge erhascht, aus dem Stegreife gefesselt und so steht's doch immer als eine nicht ganz behagliche Erscheinung.

Hieran liegt es daß so viele Jüngere sich in die Frömmeley flüchten und an ältere unvollkommene Muster; das Letzte läßt sie getrost sagen: wir sind ja Strebende, das Gute, das Vortreffliche Suchende, und das Erste gibt ihnen den Vortheil, statt an eine Schule, sich an eine Partei anzuschließen. Wie ekelhaft dieß aber sey, muß ich fast täglich empfinden; nur mit einer gewissen Härte lehnt man die pfuscherhaften Anmaßungen ab, die, bey dem gewissenlosesten Verfahren, ein Heiliges zu Hülfe rufen und, unter dem Mantel der Absurdesten Gleißnerey, sich für geborgen, so wie ausgestattet halten; auch fürchtet sich das Gezücht vor mir, und probirt doch manchmal ein vidi zu erhaschen.

[178] Doch sollte ich mich hierüber nicht ereifern, da mir Stiedenroth auch hierüber die hinreichenden Lichter aufgesteckt hat.

Ich bin eben daran Marginalien zu seinem fließend-zusammenhängenden Vortrag zu schreiben. Sagen Sie mir ja das Nähere von diesem vorzüglichen Manne.

Mit Rauch bin ich zu keinem allgemeinen Kunstgespräch gekommen; unter der Arbeit, bey Beschauung einzelner Werke, wie ich sie ihm vorlegen konnte, ließ sich wohl mit ihm übereinkommen, sein Aufnehmen wie sein Ablehnen war einer verständigen Individualität, auch deren Leben- und Kunstgang völlig gemäß und so mir wahrhaft erfreulich.

Über das, was man Maximen heißt, habe ich mich dergestalt abgewöhnt zu sprechen daß sie mir sogar bey vertraulicher Unterhaltung unter vier Augen nicht mehr einfallen, in größeren Gesellschaften gar nicht. Die Mädchen schmücken sich mit Rosen und Kornblumen, den Kindern schmecken die Pfirschen fürtrefflich, das gewahr ich alle Tage, und sie haben weder von perianthium noch pericarpium einen Begriff, und doch sind diese ja selbst nur äußere, einen höhern Sinn verhüllende Erscheinungen.

Verzeihen Sie daß ich mit meiner Rede hin- und herschweife, Sie werden die Mittellinie schon finden.

Die Skizze der Frau v. Arnim ist das wunderlichste Ding von der Welt; man kann ihr eine Art[179] Beyfall nicht versagen, ein gewisses Lächeln nicht unterlassen, und wenn man das kleine nette Schoßkind des alten impassiblen Götzen aus seinem Naturzustande mit einigen Läppchen in den schicklichen befördern wollte, und die starre trockne Figur vielleicht mit einiger Anmuth des zierlichen Geschöpfs sich erfreuen ließe, so könnte der Einfall zu einem kleinen Hübschen Modell recht neckischen Anlaß geben. Doch mag es bleiben wie es ist, auch so gibt es zu denken.

Das naturhistorische Heft mußte ruhen, ich lasse jetzt wieder daran drucken; einiges Fremde hab ich aufgenommen, einiges Frühere von mir zugleich redigirt; doch ist hier eine gar zu wichtige Beschäftigung an die man sich desultorisch nicht wagen sollte; besonders da treffliche Menschen in der neuern Zeit so folgerecht darin verfahren. Gewonnen hab ich in diesem Fache, das darf ich mir wohl sagen, aber es wird mehr für mich allein bleiben; am Tagesbetrieb ist sehr viel zu billigen, aber auch zu mißbilligen und wie soll man da eingreifen.

Zu dem beygelegten Blatte, welches mit Schubarth zu überlegen bitte, darf nicht hinzufügen was mir den Vorschlag annehmlich macht, seine innige Bekanntschaft mit meinen Arbeiten gäbe ihm dabey die leichteste Übersicht, sein bleibendes Interesse daran würde durchaus fördern und keine Ermüdung befürchten lassen. Auch Sie, mein Theuerster, würden in dem friedlichen Zustand, den Sie mir schildern, an diesem[180] Geschäft eine neue Unterhaltung, und die Sammlung früherer Ausgaben die wenigstens begonnen war, würde hier schon eine zweckmäßige Anwendung finden.

Eckermann hat den Winter über sich in Redaction, Zurechtstellung gar manches Acten-Stückes thätig erwiesen und mein täglich sich vervollständigendes Archiv ist sogar in Ein Local gebracht, wo es übersehbar und schon catalogirt für eine gute Weile verharren kann.

Ich selbst fahre an einer sogenannten Chronik meines Lebens fort, wo ich die laconische Abfassung, die schon durchaus vollständig ist, nun zu erweitern und aufzuklären hoffe. Dabey tritt der wichtige Umstand ein, daß die Schillerische Familie mir meine Briefe an diesen hohen Freund bis auf das letzte Billetchen übergeben hat, die ich nun mit seinen, gleichfalls heilig aufgehobenen Briefen und Blättern in einander arbeite und dem gewiß allgemeinen Wunsch, von einem solchen Verhalten Kenntniß zu nehmen, entgegenarbeite. Alle Freunde die Schillers Briefe von 1802, jetzt in Kunst und Alterthum abgedruckt, gesehen, haben sogleich gewünscht, meine Erwidrungen dagegen zu lesen. Diese sind freylich zur Aufklärung und Belebung höchst nothwendig, aber im innern und selbstständigen Werth kommen sie den Schillerischen nicht bey; er war geneigter zum reflectiren über Personen und Schriften als ich, und seine höchst freyen brieflichen Äußerungen sind als unbedingter augenblicklicher[181] Erguß ganz unschätzbar. Unser beiderseitiges munteres Leben und redliches Streben stimmt zu freudiger Heiterkeit, die freylich leider auch, durch Leiden und Quengeleyen des Tags, dem Beschauer oft verkümmert wird; doch dadurch wird es ja ein wahres Bild des beschatteten buntgrauen Erdenlebens. Die Correspondenz geht ununterbrochen von 1794 bis 1805. Die ersten Jahre höchst reich und prägnant, weil wir uns erst begreifen mußten und, an verschiedenen Orten lebend, briefliche Unterhaltung ernstlich zu pflegen genöthigt wurden. Späterhin hatte sich die Gesinnung schon ausgeglichen, wir wohnten an Einem Orte und so ist wenig Schriftliches übrig geblieben.

Aus jenen Jahrzahlen sehen Sie daß sich diese Documente unmittelbar an die Campagnen anschließen, und also ohne weiteres den Freunden, die an meiner Vergangenheit Theil nehmen, eine willkommene ausführliche Gabe versprechen.

So eben vernehme daß Herr Graf Sternberg in diesen Stunden ankommen wird, von diesem trefflichen Manne erwarte mir sehr viel Belehrung besonders über Steinkohlen-Formation und die damit verknüpften Vegetationsreste; nicht weniger über Steinsalz und Sole. Nächstens manches Zurückgebliebene.

und so fürder

Weimar den 3. Juli 1824.

G.[182]


[Beilage.]

Gefällig zu gedenken.

Die Vorbereitungen zu einer neuen Ausgabe meiner Werke gehen ununterbrochen fort, wobey mir mehr um die Sicherung meines literarischen und biographischen Nachlasses für künftige Zeiten und um die Brauchbarkeit desselben, auch ohne mein Zuthun, besorgt bin, als um ein eiliges Hervortreten. Schon sind zerstreute Papiere gesammelt, Entwürfe redigirt und gestaltet, daher denn alles was als Manuskript oder außer Verbindung dalag nunmehr schon brauchbar und einzuordnen ist. Manches jedoch bleibt zu thun übrig.

Woran ich jetzt aber vor allem zu denken habe ist die Revision der schon gedruckten Werke, sowohl der zwanzig Bände, als der später herausgegebenen. Es wäre darum zu thun diese Bände mit grammatischem Aug durchzugehen, mit kritischem Scharfsinn zu prüfen, ob vielleicht irgend ein Druckfehler verborgen liege, dann wäre ein Conjectur zu notiren, und so das Ganze rein in sich herzustellen, wie es bleiben soll, ohne daß man sich bemühte manches besser auszudrucken, wenn es auch leicht geschehen könnte.

Eben so wäre die Interpunction mit Milde zu behandeln und allenfalls nur die überflüssigen Unterscheidungszeichen, die zu jenen Zeiten im Schwang waren, auszulöschen.

[183] So wohl hier als in Jena finden sich wohl Personen denen ich dergleichen Geschäft allenfalls anvertrauen könnte, vor allen aber würde ich erst anfangen: ob unser Schubarth sich dazu entschlösse, was mich alles auf seine Seite neigt wird er selbst und seine nächsten Gönner ohne meine weitere Ausführung sich gar bald entwickeln.

Die Anfrage inwiefern er als Mitarbeiter an der neuen Ausgabe erscheinen und nicht nur in dem ersten Gemeldeten, sondern auch in manchen andern thätig und beyrathend seyn möchte sey also vorläufig gethan; wobey ein billiges Honorar sich von selbst versteht.

Im Bejahungs-Fall wäre das Nähere zu bereden. Ich sendete nach und nach, wie das Geschäft vorwärts ruckt, die Bände der letzten Ausgabe und erhielt dagegen jedesmal die nachfolgenden, wie sie zum Abdruck nöthig sind; eine andere Ordnung würde eingeführt, worüber denn auch zu consultiren wäre.

Was mir an diesem Vortrag als das Reizendste erscheint ist die Eröffnung eines neuen thätigen Bezuges zu Schubarth und ein fortwirkendes Verhältniß zu ihnen und so eine wahrhafte Belebung an einer fruchtbaren würdigen Communication. Dieses Gegenwärtige, ob es gleich ausführlicher und besser könnte gestellt seyn, halte nicht zurück, weil ich mich immer mehr überzeuge, fürderhin sey nicht mehr zu zaudern. Weimar den 28. Juni 1824.

Vertrauend und hoffend

G.[184]


38/156.


An Carl Friedrich von Reinhard

Die zwar zum voraus gewisse, aber doch noch immer überraschend-freundliche Aufnahme meiner liebenswürdig-wunderlichen Schwiegertochter werde Ihnen, verehrter theurer Freund, durch mannichfaches Gute zunächst diesen Sommer vergolten; mit etwas mehr Gesundheit könnten sie ihren Freunden für die unschätzbare Güte, die ihr gegönnt wird, gar manches Angenehme selbst erwidern. Bey so schönen Anfängen läßt sich auch für die Folge das Beste hoffen.

Was mich betrifft, so bin ich dießmal ganz unentschlossen, und habe Verlangen, bald da bald dorthin; mein eigentlichster stiller Wunsch aber möchte wohl seyn, heuer die Zeit nicht als Badekur hinzubringen, sondern, in ein leichtes Chaischen gepackt, einen eiligen größeren Rundkreis zu vollführen, um die Freunde, wo sie auch sehen, schnell zu begrüßen, und, wenn auch nur Stunden, mich Ihrer Gegenwart und fortdauernden Theilnahme zu versichern. Denn das ist's doch eigentlich was uns so oft bey brieflicher Unterhaltung zu mangeln anfängt, eine, und wäre es auch nur augenblicklich aufgefrischte Gegenwart.

Herzlichen Dank für die freundliche Aufnahme Eckermanns, seine Bildung zu mir und meinen Arbeiten ist für mich und die Meinigen unschätzbar; ich kann hoffen durch ihn Zerstreutes zu sammeln, Unvollständiges[185] zu ergänzen, Vielfaches zu ordnen und zwar in meinem eignen Sinne, wie auch schon geschehen ist. Sollte Eckermann bey seiner Rückkehr etwas Geld bedürfen so haben Sie die Güte ihm bis auf hundert Gulden Credit zu machen. Das Ausgelegte soll, auf Benachrichtigung, von hier aus sogleich erstattet werden.

Unser für alles Finstere unempfänglicher Freund hat abermals die Angelegenheit mit mir durchgesprochen, die Ihnen, wie billig, so manches Bedenken erregt. Da mir jene Persönlichkeiten und Verhältnisse völlig fremd sind, so bleibt mir nichts als überhaupt Ihre Vorsicht zu billigen, womit Sie über die Umstände klar zu werden die nöthigen Schritte thun.

Den theuren Ihrigen die schönsten dankbarsten Grüße, auch der merkwürdigen Jacobi, die mir, nach aufgeregter und mäßiger Schilderung, durchaus einen Familienzug, und nicht den glücklichsten zu haben scheint; vorzügliche Persönlichkeiten sind immer am wunderlichsten gegen sich selbst und die Umgebung gestellt.

Das Heft von Kunst und Alterthum folgt nächstens; zuletzt hält Velinglätter und Buchbinder das schon verzögerte noch weiter auf. Nun aber denk ich soll es nicht lange währen; ich empfehle den Inhalt, der dießmal theilweise Ihre Aufmerksamkeit anzuziehen geeignet ist.

[186] Der eindringende Antheil an dem Paria freut mich sehr; ich bewahre diese höchst bedeutende Fabel als einen stillen Schatz vielleicht vierzig Jahre und konnte mich erst jetzt entschließen ihn von meinem Innern durch Worte loszulösen, wo er mir die eigentliche reine Gestaltung zu verlieren scheint. Wird das Gebildete jedoch in einem treuen energischen Geiste reproducirt, so gelangt es wieder zu seinem ursprünglichen Rechte.

Hier lassen Sie mich enden, mit wiederholtem Gruß, Dank, und einer sich selbst betheuernden liebevollen Anhänglichkeit.

und so fort

Weimar den 5. Juli 1824.

G.


38/157.


An Friedrich Wilhelm von Bielke

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

nehme mir die Freyheit zu vermelden, daß Herr Graf Sternberg allhier angekommen und heute in Dornburg seine Aufwartung macht. Es wünscht derselbe gleichfalls in diesen Tagen Ihren Kaiserlich – Königlichen Hoheiten in Belvedere seine Ehrfurcht zu bezeigen und ersucht Ew. Hochwohlgeboren hiernach die gefällig erachteten Vorschritte zu thun.

Der ich, bey unerwartet eingetretener Unpäßlichkeit meines Sohnes, der diese Anmeldung für seine Schuldigkeit[187] erachtet hatte, die Ehre habe solches zu verrichten, mit der Bitte mich höchster Gnade bey dieser Gelegenheit unterthänigst zu empfehlen und meiner mit Geneigtheit zu denken.

Weimar den 6. Juli 1824.[188]


38/157a.


An Friedrich Ludwig von Froriep

[7. Juli 1824.]

Morgen den 8 July wünscht Herr Graf Sternberg die Anstalten und Sammlungen des H. O.[ber][52] M.[edizinal] Rath v. Froriep früh zu besuchen, worauf zu einem frugalen Mittags Mahl freundlichst eingeladen wird.

J. W. v. Goethe.[53]


38/158.


An Henriette von Pogwisch

Ottilie schreibt vom 2. Juli aus Ems, aber nur vorläufig und zwar nicht im besten Sinne, nun wird sie sich eingerichtet und Gesellschaft gefunden haben, worauf man denn das Beste hoffen muß. Von ihrer Reise verspricht sie nächstens das Mehrere, welches sogleich mitgetheilt werden soll.

Weimar am 8. Juli 1824.

G.


38/159.


An Ottilie von Goethe

Hier das gewünschte Heft; mögest du schon so umgeben von guter Gesellschaft seyn daß du es ungelesen wieder mit nach Hause bringst. Bey uns hat sich nichts verändert; Ulrike ist geduldig, ja munter, obgleich ihr Übel sich eigentlich nicht gebessert hat. Graf Sternberg ist hier; wir leben seit vierzehn Tagen in einem gewaltigen Strudel, so daß man gar nicht[188] krank sein kann. Die Kinder sind wohl, Wolf sehr niedlich und besucht mich häufig, der Erdbeeren wegen. Walther ist in Dornburg. Lebe recht wohl! Du erhälst mehrere Briefe von Nahen und Fernen.

lebe fröhlich

liebe zärtlich!

Weimar den 8. Juli 1824.

G.


38/160.


An Ottilie von Goethe

[9. Juli 1824.]

Die Anlage zu deinem Tagebuch ist höchst erfreulich, wir wünschen dir alles Gute wie du es bisher genossen, und auch Wohlbehagen um dich auszusprechen. Deine Übel thun mir sehr leid. Als du Noten einpacken wolltest, oder einpacktest, war mir schlecht zu Muthe; ich hoffe aber daß du das Singen unterlassen wirst. Das andere Übel läßt vom Bade Beschwichtigung hoffen.

Deine Frankfurter Freunde hab ich zum Theil gegrüßt und thue es fernerhin. Wenn dich das Wetter an den Hauptpuncten begünstigt so wollen wir zufrieden seyn. Bey uns ist die Witterung sehr unangenehm und unbeständig, auch in Dornburg, wo in diesem Augenblick alles beysammen ist, erleben sie wenig Freude. Ulrike speiste in Belvedere, freylich immer leidend. Die Kinder sind munter und viel um[189] mich her, besonders da ich sie mit großen Jenaer Erdbeeren speise.

Graf Sternberg war gestern in Jena, wir erwarten ihn heute hier, das wird wieder einige lebhafte und interessante Tage geben. Um desto mehr als August, durch tüchtiges Eingreifen in die Haushaltung und Bedienung, mich alles Nachdenkens und aller Sorge überhebt; Stadelmann ist abgegangen und alles geht seinen Schritt nach alter Weise fort. Mir sind einige Bücher zugekommen, die mich höchlich interessiren, nicht weniger Briefe und Sendungen aller Art, so daß die langen Tage sich sehr zu verkürzen scheinen. Rosen und brennende Liebe brüsten sich sehr ansehnlich im Garten, der Wind jedoch der sie hin und herschüttelt läßt mich ihre Gegenwart nur aus den Fenstern genießen. Soviel für dießmal mit den besten Wünschen und Grüßen.

G.


38/161.


An Therese von Jakob

[Concept.]

Ihre liebwerthe Erscheinung, die ich so gern festgehalten hätte, ging allzuschnell vorüber, nur weniges wurde besprochen, gar manches blieb zurück und so war auch Beygehendes nicht gleich bey der Hand.

Original und Übersetzung verwahre schon seit zehn Jahren, ich erfreue mich einzeln der letzteren, doch[190] erst seit Herrn Wuhks Annäherung, seit den Bemühungen der Herren Grimm und Vater, zunächst aber durch die Gewandtheit einer frisch thätigen, zu solchem Zweck wahrhaft berufenen Freundin, werden mir diese schönen Denkmale immer bedeutender.

Wahrscheinlich sind die Gedichte des Original-Heftes in die Wuhkische Sammlung sämmtlich aufgenommen, die Übersetzungen geben keinen entschiedenen Eindruck, sie wirken nicht auf den eigentlichen Geist- und Seelenpunct wo nur dergleichen Dinge gefaßt werden können; doch lassen sich auch die herrlichsten Dinge darunter gewahren und Marko ist nicht leer ausgegangen. Sehen Sie gefällig die Sammlung durch und haben bey Rücksendung die Güte mich darüber aufzuklären, auch Nachricht geben Sie ja von eigener weiterer Fortarbeit.

Das angekündigte Werk: Chants populaires de la Grece moderne, par Fauriel, ist auch erschienen und so sind die Nachbarn uns zuvorgekommen, da wir Deutsche schon seit Jahren daran herumtasten. Höchst merkwürdig ist es jedoch für uns daß gedachte Lieder bis nach Albanien und Epirus, als in die Nachbarschaft der Serben sich erstrecken, wobey vorläufig bemerke daß sich zu Gunsten der Letzten sehr viel sagen läßt. Halten Sie sich also dazu daß bald ein paar Bändchen zusammen kommen.

Das beyliegende Heft Kunst und Alterthum bringt Herrn Wuhks wörtliche Übersetzung; wie sehr dagegen[191] Ihre rhythmische mich erfreuen mußte werden Sie selbst ermessen.

Weimar den 10. Juli 1824.


38/162.


An Johann Heinrich Meyer

Da ich Gelegenheit habe, mein Werthester, Ihnen ein Brieflein zuzusenden, so will ich sie nicht versäumen. Eigentlich ist wenig zu vermelden; soviel sey aber gesagt: Herr Graf Sternberg ist seit 7 Tagen bey uns und es gab daher manche naturhistorische und andere Unterhaltung, obgleich unterbrochen durch Abfahrten nach Dornburg, Belvedere und Drakendorf, wobey Herr Canzler sich als Geleitsmann thätig bewies. – Die Medaille ist unterwegs d.h. zehn für mich und soviel für Soret. – Er ist mit dem Prinzen in Dornburg, ich höre von dorther mehr vom pädagogischen Verhältniß als sonst, auch dieses gefällt mir sehr wohl. – Walther ist einige Tage dort und verträgt sich mit dem Prinzen ganz wohl. – Die Frau Großherzogin ist gleichfalls munter und wohlgemuth. – Aus Paris haben wir nunmehr eine Sammlung neugriechischer Gedichte, Original und Übersetzung. Der einleitende Aufsatz ist sehr lobenswerth und vollkommen erschöpfend; doch sind die besten Gedichte schon unter den sechsen die ich übersetzt lieferte. – Das neuste Heft liegt hier bey, es macht Ihnen,[192] auch wohl sonst jemand Freude. – Und so muß ich denn noch hinzufügen daß die jungen Herrschaften von Belvedere, begleitet von Demoiselle Mazelet, mich gestern der Ehre ihres Besuchs würdigten, wie ich denn auch nicht übergehen kann, das Herr Soret bey Anwesenheit des Herrn Grafen Sternberg in Dornburg, wegen mineralogischer und geognostischer Kenntnisse, zu hohen Ehren gelangt.

treulichst

Weimar d. 10 Jul. 1824.

G.


38/163.


An Ottilie von Goethe

Heute Sonntags den 11. Juli, am Tage des Vollmonds, sind wir endlich wieder allein, beysammen und fast ohne Weh. Graf Sternberg ging heut frühe fort, sein Hierseyn war wohlthätig für ihn und uns; August litt an einer Blutbewegung, die sich jedoch bald wieder herstellte; Ulrike trägt Unheil und Entbehrung ganz bewundernswürdig; Walther war einige Tage in Dornburg und mag sich gut betragen haben; Wolf kommt jeden Morgen bey Zeiten und holt sich was zu schnabeliren, da ich denn große schmackhafte Erdbeeren immer bereit halte. Ich selbst darf nicht klagen, da ich meiner Thätigkeit, insofern ich sie von mir fordern darf, nicht gehindert bin.

Nach Dornburg rutscht alles hin und wieder; der Canzler ist thätiger als je und legt auch die Strecke[193] zwischen hier und dem Luftschloß mehrmals zurück. Nicht weniger theilt er, meist über'n andern Tag, einen neuen Roman mit, der denn jederzeit großen Effect thut und in schönen Herzen die Wirkung des kurz vorhergehenden aufzehrt.

Seit Ourika habe ich alles abgelehnt. Sie wollten mir auch einen Poeten de la Vigne aufdringen und dessen Gedicht: L'école des vieillards; ich improvisirte dagegen Folgendes:


Was reimt der Junge, der Franzos,

Uns alte Herren zu belehren!

Die Zeit ist wie der Teufel los

Die weis allein uns zu bekehren.


und so hoffe ich denn auch jenes Gedicht los zu seyn, da ich die Materie besser zu verstehen glaube als der Gelbschnabel von Verfasser.

Die drey Stücke von Lope de Vega sind alles Dankes werth; sie lassen uns abermals in jene früheren spanischen Zustände hineinschauen und beleuchten die gegenwärtigen. Der Übersetzer soll gepriesen werden.

Sehr angenehm war mir auch das Werk: Chants populaires de la Gréce moderne, par Fauriel; die allgemeine Einleitung ist trefflich, besonders aus dem französischen Gesichtspunct; die besonderen Argumens vor jedem einzelnen Gedicht hinreichend, die Übersetzung klar und richtig und wir müssen uns der Aufklärung über diese Gegenstände wohl erfreuen; sonst aber ist der Gewinn nicht groß, denn die schönsten bedeutendsten[194] Gedichte finden sich schon unter denen die ich übersetzt habe.

Vielleicht verzeihst du mir wenn ich sage, daß der sittliche Antheil den wir an den Griechen und ihrem Kampf nehmen hier als poetischer Werth mit in Anschlag gebracht ist, denn wer weiß das zu sondern. Und so will ich nur noch hinzusetzen daß die serbischen Überlieferungen als eigentliche Poesie sehr viel höher stehen; doch wird es für uns schwerer seyn, mit den sonderbaren Zuständen, die gar zu weit abliegen, uns näher zu befreunden.

Und nun noch zum Schluß die Bemerkung, daß Herr Graf Sternberg, freylich vielleicht erst in 14 Tagen, in jene Gegenden kommt; er gedenkt Herrn Minister v. Stein in Nassau zu besuchen. Dieß merke dir, sey aufmerksam und das Übrige gib dem Glück anheim.

Gewiß nähert sich ein Brief von dir in diesem Augenblick mit der Post. Dieses Blatt soll fort um dich von allen Seiten schönstens zu begrüßen

treulichst

Weimar den 11. Juli 1824.

G.


38/164.


An Friedrich Jacob Soret

Sie verzeihen, mein Werthester, wenn ich gestehe daß die letzten drey, durch die Gegenwart bedeutender[195] Fremden äußerst bewegten Wochen Ihren geäußerten Wunsch, einiges über mein Verhältniß zu Lord Byron zu erfahren, völlig aus meinem Sinne verlöschen konnten. Haben Sie die Güte nur kürzlich punctweise mir anzuzeigen was man wünscht, so will ich alsobald das Nöthige zu Papier bringen, damit solches noch vor Freytag in Ihren Händen seyn kann.

Für die übersendeten Stufen danke zum besten; der übersendete Granit ist gewiß von ganz besonderer Art, ob ich gleich das Enthaltene nicht zu benennen wage; auch die Farbe des Kalkspaths ist lieblich und selten.

Hiebey darf ich denn nicht verschweigen, daß Herr Graf Sternberg sich sehr gefreut hat in Ihnen einen so unterrichteten und rüstigen Geologen zu finden. Empfehlen Sie mich Ihro Königlichen Hoheit verehrungsvoll und erneuern mein Andenken überall in dem schönen Kreise; auch sey mein Dank nicht versäumt, den ich Ihnen zolle für die gütige Aufnahme und Behandlung des guten Walthers, der Frau Professorin Batsch bitte gleichfalls Gruß und Dank abzutragen. Alles Gute möge mit Ihnen seyn und der liebe Prinz fernerhin zum freudigsten gedeihen!

ergebenst

Weimar den 12. Juli 1924.

Goethe.[196]


38/165.


An Friedrich Jacob Soret

In Beygehendem, mein Werthester, habe ich mich ganz allein an das zwischen mir und Lord Byron bestandene Verhältniß gehalten indem der Aufsatz in sich selbst abzuschließen war.

Von Manfred, Cain, Don Juan hab ich nur weniges übersetzt, auch nur mit kurzen Worten meine Gedanken darüber öffentlich. geäußert. Es findet sich zerstreut in den vier Bänden über Kunst und Alterthum.

Von dem allgemeinen Beyfall, welcher den Werken des Lords in Deutschland von Männern und Frauen geworden, sind Sie selbst Zeuge, auch geben alle Tages-Hefte und Blätter seit mehreren Jahren davon ein unwiderruflich Zeugniß.

Ich schließe mit den besten Grüßen und dem Wunsche daß Gegenwärtiges den Zwecken Ihrer werthen Freunde einigermaßen zu entsprechen geeignet sey. In Hoffnung baldigen fröhlichen Zusammentreffens

ergebenst

Weimar den 14. Juli 1824.

J. W. v. Goethe.


Noch eines füge ich hinzu, um allen Zweifel wegen Benutzung des mitgetheilten Hauptblattes zu beseitigen: daß ich solches ausdrücklich geschrieben habe, damit es publicirt werde; deshalb steht es Herrn Medwin frey[197] gedachte Mittheilung zu übersetzen und seinem Werk an beliebiger Stelle einzuschalten, mit dem Bemerken daß solches völlig meiner eigenen Absicht gemäß ist.


38/166.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiebey, mein Werthester, sende ich den ersten Bogen von dem neuen Abdruck Werthers, wir wollen uns zwar mit der Revision nicht befassen, doch wünscht ich, Sie gingen diesen ersten durch und löschten die gränzenlosen Commata, und ich würde mit diesem Beyspiel alsdann die Verleger an irgend einen Leipziger Literatoren verweisen, welche doch auch im besseren Sinne jetzt interpungiren werden.

Weimar den 16. Juli 1824.

G.


38/167.


An Friedrich Jacob Soret

Verzeihen Sie, mein Werthester, daß dieses Blatt sich später einstellt. Haben Sie Dank für alles Gute und Freundliche; doch muß ich bemerken, daß der Adler sich in Metall und Gedicht weit besser ausnimmt als in der Wirklichkeit wo ihn 320 Mückenstiche so eben gar sehr incommodirten.

Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken und erlauben mir zu sagen, daß ich es für angenehm und schicklich halte wenn Sie der regierenden Frau Großherzogin Königlichen Hoheit auch eine Medaille überreichen[198] mögen. Ich werde dagegen von meiner Seite einige Freundinnen zu bedenken wissen.

Ein kleine Anzeige für Predari will ich aufsetzen und mit ihm, so etwas weiter nöthig wäre, besprechen.

Die übersendeten Steinarten habe ich mit Dank genauer betrachtet und dabey Ihre Aufmerksamkeit auf die Abwechselung eines verwandten Vorkommens bewundert.

Mit Bitte mich höchsten und hohen Orts, nicht weniger aller freundlichen Umgebung mich ehrfurchtsvoll und bestens zu empfehlen

ergebenst

J. W. v. Goethe.


38/168.


An die Weygandische Buchhandlung

Dieselben erhalten hiebey die zwey ersten Bogen des neuabgedruckten Werthers zurück; ich habe solche dem hochverdienten Herrn Professor Riemer vorgelegt, der denn freylich manches zu bemerken fand. Diese Bemühung kann er jedoch ohne Remuneration nicht fortsetzen, deshalb ich mir Ihre gefällige Erklärung erbitte. Der Kürze wegen bringe 10 Ducaten in Vorschlag; Ihre neue Ausgabe zeichnet sich alsdann vor allen vorhergehenden aus.

Das Beste wünschend

ergebenst

Weimar den 21. Juli 1824.

J. W. v. Goethe.[199]


38/169.


An Johann Friedrich Cotta

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey den angekündigten Feldzug, zu gefälliger Beurtheilung und beliebigem Entschluß. Der gute Mann, der sich bis jetzt in Herren-Diensten gar löblich gehalten, hofft auf eine wohlwollende Annahme seinen kleinen Zustand einigermaßen zu gründen.

Sollten von denen Festgedichten zur Gegenwart Ihro Majestät der Kaiserin Mutter, im Jahr 1818, noch einige in Leipzig vorräthig seyn, so erbitte mir eine Anweisung auf etwa 1 Dutzend Stück.

Von unserer Seite wird der Fleiß unablässig fortgesetzt, so wie die Aussicht die uns von der Ihrigen erscheint höchst erfreulich ist.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

Weimar den 21. Juli 1824.


38/170.


An Johann Friedrich Rochlitz

[Concept.]

[21. Juli 1824?]

Ew. Wohlgeboren

empfangen meinen besten Dank für die Vermittelung mit der Weygandischen Buchhandlung. Sie haben ihre Zusage erfüllt, die 50 Ducaten sind angekommen, die ich zunächst in freyer Luft auf Gesundheit meiner werthen Freunde zu verzehren gedenke.

[200] Die Herren schreiben mir indessen, daß der Druck noch nicht angefangen sey und ich nehme mir die Freyheit einen Gedanken mitzutheilen, den ich zurückhielt, weil ich den Druck schon begonnen glaubte. Haben Sie die Güte den Antrag zu überlegen und mit den guten Leuten zu besprechen; es ist ein flüchtiger Gedanke der sich aber bey mir festgesetzt hat; doch soll die Handlung dadurch in nichts genirt seyn, es kommt alles darauf an wie es Ihrer Convenienz gemäß ist.

Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken.


38/171.


An Johann Heinrich Meyer

Ihr lieber Brief hat mir sehr viel Freude gemacht, da er mir die Nachricht von Ihrem leidlichen Befinden bringt. Ich sende Gegenwärtiges durch Herrn von Lyncker, der nach Marienbad geht; es ist ein abermaliges Exemplar vom neusten Heft Kunst und Alterthum, das Sie allenfalls einem dortigen Freunde zurücklassen können; man sollte aus Politik dergleichen Exemplare in den Bädern niederlegen, wo die Menschen aus Langerweile zu einiger Aufmerksamkeit getrieben werden.

Schinkel, Brandt und Waagen sind nach Italien und wollen im November wieder da seyn; möge dieß auch unserer Medaille zu Gute kommen! Man sieht[201] wohl, diese Generation fährt mit vollen Segeln; am Gelangen ist nicht zu zweifeln, das Gelingen macht mir manchmal bange; es geht mitunter doch ein bischen tumultuarisch zu. Das 5. Heft von Schinkel hat Rauch gleichfalls gesendet; es wird uns viel zu bedenken, viel zu besprechen geben; das Wichtige scheint mir zu leicht genommen. Sonst ist alles lobenswerth und erfreulich.

Die Genfer Medaille nimmt sich sehr gut aus, so wohl in Bronze als in Silber, von welchem letzteren Metall mir Soret ein Exemplar verehrt hat, auch ist, wer sie gesehen, zufrieden; die Exemplare an Predari kommen erst gegen Ende Augusts. Besonders auch wegen des Bestellers ist mir lieb daß die Sache gut gerathen ist.

Meine Redaction der Schillerschen Briefe geht fleißig fort; die Abschrift ist bald vollendet, doch folgt nun das Schwierigste, die Einschaltung der Briefe und Billette ohne Datum; dieß macht die letzten Jahre, die ohnehin mager sind, etwas confus; indeß ist diese Sammlung, wie Sie schon selbst bemerkt haben, höchst wichtig, wegen der unmittelbaren Äußerungen über die literarischen Angelegenheiten des Augenblicks. Und wie wundersam, ja mitunter traurig ist es! in welchen Zuständen, unter welchen Bedingungen die herrlichsten Productionen entstehen.

Wahrscheinlich treffen Sie bey Ihrer Rückkehr einen Abguß des kleinen Rauchischen Modells; das[202] erste größere wird schon in Erz gegossen. Diese Dinge, wenn es so fort geht, werden denn nächstens wie frische Semmeln zu haben seyn; junge Leute üben sich dran und verdienen was dabey und so geht das immer seinen raschen Gang.

Von Graf Sternberg muß ich noch sagen daß er für ihn und uns vortheilhafte Tage hier zugebracht hat. Auch in Dornburg und Belvedere ward er wohl aufgenommen und gefiel sich daselbst.

Die Herrschaften sind wieder zurück, der Großherzog wird erwartet und alles andere geht seinen gewohntbekannten Gang.

Die Subscription zur Medaille ist zur Hälfte schon eingegangen, wir brauchen für's Ganze nicht besorgt zu seyn, das Luftgifte ist daß die Philister nun sagen: man habe dem Großherzog eine Statue votiren sollen; sie haben freylich nicht nachgerechnet wieviel Steuern das betrüge; da es denn doch eigentlich eine Sache der Landstände wäre.

Herzlichst

Weimar den 24. Juli 1824.

G.


38/172.


An Franz Kirms

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben wir schon mehrmals das handschriftliche Heft mitgetheilt, worin die Chronik der hier aufgeführten[203] Stücke und andere Theater-Notizen enthalten sind. Ich erbitte mir solches abermals auf kurze Zeit.

Mit den besten Grüßen und Wünschen.

Weimar den 30. Juli 1824.


38/173.


An Carl Ludwig von Knebel

Den allerbesten Dank für die ausführliche und motivirte freundliche Aufnahme meines neusten Heftes. Freylich wenn man so geraume Zeit bemüht ist ein Dutzend gedruckte Bogen würdig zu füllen, so wünscht man zuletzt einsichtige Theilnahme.

Daß auch die Madaille gut gerathen, ist mir wegen des Künstlers lieb, der dadurch sich in Deutschland bekannt macht, und wegen Soret, der sie vermittelte. Die Büste von Rauch liegt allerdings zum Grunde.

Zu einer Medaille auf das großherzogliche Jubiläum haben wir eine Subscription eröffnet; sie soll in Berlin unter Herrn Rauchs Aufsicht gefördert und vollendet werden; ich weiß nicht ob Herr v. Müller schon eine Anzeige und Aufforderung nach Jena gesendet hat.

Von einer Medaille zum Andenken der Frau Großherzogin war auch die Rede; die Damen wollten sie unternehmen. Das Schlimmste ist, daß außer Klauers Bild weiter keine Spur ihrer früheren Gestalt[204] zu finden. Sie hatte hartnäckig verweigert sich von Weißern, der doch recht geschickt war, nachbilden zu lassen; auch jetzt darf man daran nicht rühren.

Schmeller hat sich noch einigemal an deinem Bildniß, auch in Steindruck versucht; es ist aber keines wieder so gut gerathen als das Ölbild, dem du dich hättest günstiger erweisen sollen. Schmeller wird euch auch bald wieder besuchen; jetzt hat er noch einige Obliegenheiten hier am Orte, die ihn aber nur kurze Zeit halten werden.

In Breslau geben sie Tausend und Eine Nacht in neuerem beliebtem Taschenformat heraus; wie sie sagen, zum erstenmal aus einer tunesischen Handschrift ergänzt und vollständig übersetzt. Wie dem auch sey, so ist der Vortrag dieser ewig anziehenden Märchen sehr natürlich und erfreulich, wie es einer deutschen Prosa der neusten Zeit gar wohl zukommt.

In der sogenannten Vorschule Shakespears von Tieck finden sich drey merkwürdige englische Stücke übersetzt, älteren Ursprungs, wovon das eine gar wohl von Shakespear seyn kann, und unsere Bewunderung dieses einzigen Menschen nur noch vermehren müßte, wenn alle mit meinen Augen sähen, welches ich ihnen jedoch nicht zumuthen kann.

Grüße gelegentlich Herrn Hofrath Gries und nimm meine Glückwünsche zu Bernhards Geburtstagsfeyer.

Mein Sohn bringt mir die Versicherung, daß du dich wohl und heiter befindest.

[205] Hab ich schon von einer sehr glücklichen Übersetzung der serbischen Lieder gesprochen, die ein deutsches, noch nicht genanntes Frauenzimmer zu Stande bringt?

Für eine Bronzemedaille will ich sorgen, es werden deren nächstens welche hier zu haben seyn, indessen mir die übersendete zurück erbitte.

Und so das schönste Lebewohl.

treu anhänglich

Weimar den 30. Juli 1824.

G.


Beykommendes Herrn Geh. Hofrath Eichhorn mit vielen Grüßen und dem besten Dank. Ich habe diese würdige Urschrift gleich wieder zu großer Erbauung durchgelesen.


38/174.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Wenn Ew. Königliche Hoheit mein früheres Schreiben bey der Rückkehr in das Ihrige treulich und freudig empfängt, so ist Wunsch und Absicht erfüllt und die Hoffnung nicht getäuscht daß Höchst Dieselben das wenig Vorgetragene gnädigst aufnehmen würden.

Wir freuen uns alle hoffnungsvoll, daß die in einiger Ruhe gebrauchten Bäder Höchst Denenselben recht wohl bekommen und zu einer neuen Aera den glücklichen Eintritt verleihen werden.

[206] Dem ganzen hiesigen geist- und sittenreichen Kreise konnte in dieser letzten Zeit nicht leicht etwas Angenehmeres widerfahren als die Gegenwart des Grafen Sternberg, der sich durchaus behaglich gefunden hätte, wäre nicht bey Ew. Hoheit Abwesenheit das Wünschenswertheste vermißt worden. Auch daß er um so wenige Tage den eingeschlagenen Weg kreuzen mußte hat ihm und uns gleichmäßig wehe gethan.

Seine Reise führt er durch wie es seinen Jahren, seinem Stand, seinen Kenntnissen und Verhältnissen wohlgeziemt. Mir haben die wenigen Tage sehr wohl gethan indem er mir ein unerreichtes Muster einer Welt- und wissenschaftlichen Existenz vor Augen stellte. Seine Unterhaltung so wie sein Thun und Lassen hat mir zu den wichtigsten Betrachtungen Anlaß gegeben; sein zurückgelassenes Bild von Schmeller findet Beyfall.

Was die Witterungslehre betrifft so bin ich gleicher Überzeugung daß sie nicht auszulernen sey, besonders möchte man alle Hoffnung aufgeben, selbst das nächstbevorstehende Wetter voraus zu verkünden, oder auch von dem vergangenen etwas Rationelles zu prädiciren. Indessen gibt es doch mitunter schöne Ansichten, und mir wollen die Anstalten, wie schon früher gesagt, dadurch interessant bleiben, daß sie eine Schule sind zu allen Zwecken genaues Aufmerken und Aufzeichnen erfordert wird; da sie also wenn auch nicht zu einer exacten Wissenschaft, doch zu einem genauen[207] Thun und Handeln hinführen, wobey auch das noch zu bedenken bleibt daß Naturwirkungen durchaus zusammen hängen und also was hier nur zum Theil erreicht wird an einer andern Stelle zu völliger Aufklärung dienen kann.

Das Rousseau-Redoutésche Werk habe die Zeit näher betrachtet und mit bewunderndem Bedauern angesehen wie sich vor 50 Jahren ein so tüchtiger Mann in diesen Feldern abgequält hat.

So eben verläßt mich eine gar lieblich erfreuliche Gesellschaft, die Prinzen von Weimar und Oldenburg und die sämmtliche Jugend von Belvedere, so schön als munter; deren sämmtlicher Hauptwunsch darauf gerichtet ist, Höchst Dieselben bald wieder hier am Orte zu verehren.

Mich zu gleicher Gesinnung bekennend.

Weimar den 1. August 1824.


Bey mancherley Gedanken, die man denn doch nicht immer abweisen kann, rührte mich im tröstlichsten Sinne des Herrn Großherzogs von Hessen Königlichen Hoheit gnädiges Andenken. Es ist wahrhaft stärkend und erquickend, ein so edles Wohlwollen durch den alles verwandelnden Jahres- und Zeitenwechsel unverändert durchgehalten zu sehen. Darf ich hoffen meine dankbarste Anerkennung und Anhänglichkeit gelegentlich höchsten Orts vermeldet zu wissen.[208]


38/175.


An Therese von Jakob

[Concept.]

Ihr letztes Schreiben, theuerstes Fräulein, hat mir im Gefolg der vorigen sehr viel Vergnügen gemacht; Sie gehen rasch und resolut zu Werke, welches ich sehr billigen muß, indem ich doch auch meinen Theil an Ihrem gelingen noch weiters hinzunehmen gedenke. Ihren Vorsatz billige im Ganzen und Einzelnen, ohne das mindeste dabey zu erinnern; ist Ihre Arbeit beysammen so wünscht ich solche zu sehen ehe sie nach Wien geht, um den Werth der Gedichte mir nochmals recht einzuprägen und indessen meine Gedanken darüber zu sammeln. Sie und Ihre Freunde werden das Geschäft schon abschließen und ich werde zuletzt sehr gern, im Einklang mit Ihnen, mich gegen das Publicum erklären.

Was den Druck betrifft wüßte ich mich nicht für den Augenblick zu entscheiden. Es kommt darauf an daß Sie einen billigen Ersatz für Ihre Bemühung erhalten; läßt sich der von Wien erwarten so wäre gegen eine dortige Ausgabe nichts zu erinnern, besonders da die Communication mit dem nordischen Deutschland sich mehr als sonst eröffnet hat.

Sollte aber die Firma Härtel und Breitkopf, die ich weiß nicht mit welchen Aussichten sich mit den Originalien befaßt hat, nicht höchst interessirt seyn,[209] diese Übersetzung in's Publikum zu bringen? Doch wer hat je im Rathe der Verleger gesessen. Lassen Sie uns darüber in der Zwischenzeit nachdenken und nachforschen.

Den 2. Theil der ersten Auflage Serbischer Lieder besitz ich nicht, sonst würde er sogleich hier mitkommen.

Die griechischen Gedichte hat mir Herr v. Haxthausen im Jahre 1815 in Wiesbaden zum Theil vorgelesen, wo ich ihn denn zur Herausgabe sehr ermunterte und Theil zu nehmen versprach. Da er mir in der Folge ganz aus den Augen kam rief ich ihn auf Kunst und Alterthum IV. Heft, 168. Seite, worauf er sich wieder hören ließ, und zwar in einem Briefe worin er sich ganz als Herausgeber solcher Gedichte legitimirt und qualificirt; auch war die Rede davon daß sie zu Michael vorigen Jahrs bey Cotta herauskommen und der französischen Ausgabe den Schritt abgewinnen sollten. Jedoch dieß geschah nicht und die Erklärung des Räthsels scheint mir in der Unentschlossenheit des werthen Mannes zu liegen; ihm schwebt zu vieles vor, er weiß in seiner Forderung sich nicht zu beschränken und so deut ich mir ein Zaudern, das uns um diese bedeutende Lieder zu einer Zeit gebracht hat, wo sie zu ihrem innern Werth noch einen äußern gefunden, zu ihrer poetischen Wirkung noch eine leidenschaftliche würden erregt haben.

[210] Soviel für dießmal in Hoffnung baldiger frischen Mittheilung und mit der Bitte mich Ihrem Herrn Vater schönstens zu empfehlen.

Weimar den 2. August 1824.


Einige Bemerkungen.


Am Schlusse der Entführungs-Geschichte der unglückseligen Mohrin scheint die Absicht des Poeten zu seyn, daß Marko bey Tagesanbruch, voller Entsetzen über sein schwarzes grinsendes Liebchen, den Säbel herausreißt und ihr den Kopf abhaut; wie er nun wegreiten will, so ruft ihm der Kopf nach und steht ihn an zu verweilen. Ich würde daher die 9. Zeile vom Ende an so ausdrücken:


Perlen

Haute nach der Seidenschnur des Halses.


Das Wort, das Sie Gürtel übersetzt haben, mag im Original wohl jede schnur- und faden- und riemenartige Umgebung ausdrücken. (Hier vielleicht gar eine Perlenschnur, da der Flüchtling sonst so große Schätze mitgenommen.) Ferner sagen die letzten Zeilen ganz ausdrücklich der Kopf habe gesprochen, und nur ein solches ungeheures Wunder kann diesem grundbarbarischen Helden Furcht und Schrecken einjagen und ein dauernd reuiges Gefühl abtrutzen.


Zu dem kurzen Liede das ich bezeichnete und das Sie die Güte haben mir wohllautend zurückzusenden,[211] möchte wohl der beste Commentar zu finden seyn: Hohe Lied Salomonis, zweytes Capitel, der sechste Vers.


38/176.


An Johann Jacob von Willemer

In der unschreibseligsten Stunde nur wenige Worte des Danks, für den lieben Gruß durch Eckermann. Von der Reise wünschte freylich etwas zu vernehmen. Die Luft zu einem wirklich vorgehabten Ausflug, um liebe Freunde, wenn's auch nur eilig wäre, zu besuchen, vermindert sich mit jedem Tage. Obliegenheiten und Arbeiten vermehren sich, die ich zu unterbrechen fürchte. Darum bitte ich desto fleißiger und freundlicher zu schreiben und füge zugleich den kulinarischen Wunsch hinzu mir ein halb Dutzend Artischocken, die ich auf der Mühle zu verzehren hoffte, mit der fahrenden Post wohlgepackt zu übersenden.

Möge das Erfreulichste Sie umgeben

unwandelbar

Weimar den 4. August 1824.

Goethe.


38/177.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Nur noch wenige Worte in Hoffnung dich bald wieder hier zu sehen. Eckermann ist ganz munter zurück und erzählt auch von Ems und deinen Cavalkaden.

[212] Wolfs brachten gestern ein paar sehr angenehme Stunden bey uns zu, sie hatten sich in jedem Sinne an ihren Posten und in ihrer Art ganz vortrefflich. Der kleine Knabe wollte nicht leiden, als sie behaupteten wie er zu heißen, sie hätten einen Buchstaben mehr, behauptete er, er heiße Wolf und sie Wolfs.

Soviel für dießmal, wenn du durch Frankfurt gehst bring mir Artischocken mit, bis jetzt haben und Mutter und Großmutter damit versehen; erstere als Geschenk, letztere für baare Zahlung.

Was dich für Herrlichkeiten erwarten siehst du auf nachstehendem Blatt verzeichnet, erst wollt ich es schicken, nun aber bleibt's zurück um dich doch mit etwas Bedeutendem willkommen zu heißen.

Weimar den 4. August 1824.


38/178.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Es hat der vor kurzem aus meinen Diensten getretene Stadelmann seit mehreren Jahren meine Reiserechnungen geführt; die zwey zusammengehefteten Jahre jedoch von 1822 und 1823, ohngeachtet wiederholter Erinnerung, nicht abgeliefert. Da mir aber diese Rechnungen wegen der darin notirten Preise und sonst zu einer Reise in die böhmischen Bäder ganz unentbehrlich sind und ich derselben auf's schleunigste bedarf, so wird hiemit Herr Dr. Weller um die[213] Gefälligkeit ersucht von gedachtem Stadelmann die Rechnungen definitiv abzufordern und wenn derselbe, unter irgend einem Vorwand, die Herausgabe abzulehnen oder zu verspäten gedächte, ihm zu erklären: daß man solche gerichtlich zu erlangen wissen werde. Man erbittet sich hierüber baldige geneigte Nachricht.

Weimar den 6. August 1824.


38/179.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

Hochwohlgeborner pp.

Zu spät, wie ich mir vorwerfe, geht dieses Heft an Ew. Hochwohlgeboren ab, ich hoffte das naturforschende hinzuzufügen, das wollte jedoch nicht gelingen. Und so nehm es denn zugleich meinen Dank mit auf den Weg für den ersten Theil des 12. Bandes Ihrer merkwürdigen Acten; er bringt gar viel Dankenswerthes und deutet denjenigen, der sich auf Zeichen versteht, auf merkenswürdige Zustände.

Herr Graf Sternberg ist zu beneiden, daß er, bey so großer Reise, Welt- und wissenschaftlicher Bildung, noch von Jahren und Kräften so begünstigt wird um eine Reise durchzuführen, die ihm und uns allen höchst fruchtbar und ersprießlich werden muß. Die großen Thätigkeiten, die überall in Bewegung sind, können durch einen solchen Vermittler allerdings an Concentration und Übereinstimmung gewinnen.

[214] Unsern gnädigsten Herrn erwarten wir in wenig Tagen; Diplom und Medaille sind vorausgegangen und haben mich gar sehr gefreut, besonders weil ich zu bemerken glaubte daß nur von der Station des linken Rheinufers mein Bestreben mit meinem Namen über die Schelde habe gelangen können.

Das Wenige, was ich vom Kölner Carneval noch auf den letzten Seiten von Kunst und Alterthum sagen konnte, sey wenigstens Zeugniß einer wohlgemeinten aufmerksamen Theilnahme. Indessen hab ich in der Abendzeitung eine Darstellung gelesen, die mich sehr befriedigte und die ich in Abschrift zu den übrigen Acten genommen habe. Dabey fiel mir auf daß ich durch den ersten Eindruck mich hatte verleiten lassen an die Schilderung eines individuellen Festes zu denken, dessen Eigenthümlichkeit man doch nur in der Gegenwart ergreifen und eine Darstellung derselben nur durch Wiederbelebung eines lebendigen Anschauens wagen und hoffen kann. Indessen danken Sie verbindlichst für die reichlich mitgetheilten Papiere; ungenutzt sollen sie nicht bey mir liegen bleiben.

Ein paar gezeichnete Blätter aus meiner botanischen Zeit übersende nächstens, vielleicht daß sie neben und zwischen bedeutendern ein Räumchen ausfüllen.

In fortgesetzter aufrichtiger Theilnahme Erwiderung wünschend und hoffend.

Weimar den 10. August 1824.[215]


38/180.


An Adele Schopenhauer

Herzlichen Dank, meine Gute, für's freundliche Schreiben, das ich leider nicht durch ein eiliges Kommen erwidern kann. Wiesbaden hielt ich auf alle fälle für mich heilsam und ersprießlich; seit Ihrer Abreise jedoch ist meine Neigung häuslich zu bleiben immer stärker geworden; so daß auch die Aussichten auf herzlichen Empfang und gute Einrichtung die Sie mir geben mich nicht beweglich machen. Ihr Zusammenseyn mit Ottilien freut mich sehr, leider wird es nur allzukurz seyn, denn ich höre sie wird bald zurückkehren. Möge die Nachcur einen bessern Charakter annehmen als die Cur selbst, und Michaelis uns alle wieder zusammen führen. Empfehlen Sie mich Ihrer theuren Frau Mutter mit den treusten Wünschen und erhalten mir ein liebevolles Andenken.

bleyb es beym Alten!

Weimar den 13. August 1824.

G.


38/181.


An Ottilie von Goethe

... und unser guter Eckermann, dem es auf der Reise recht wohl gegangen, erzählte mir mit Freuden, daß er dich von einem Spaziergang zurückkehrende heiter und von gutem Ansehn getroffen.

[216] Die merkwürdigen Auszüge aus Briefen und Denkblättern, die du mir zurückließest, habe ich gar wohl zu Sinn und Seele genommen; gelesen eigentlich nicht; das wollte erst nicht gehen. Da sie aber lange genug neben mir lagen und ich oft genug hineinsah, auch jedesmal das seltene Wesen bedachte, das sich auf eine wunderbare und auch wohl wunderliche Weise auf diesen Blättern hervorthut, so ward ich denn doch zuletzt angelockt, von vorn bis zu Ende den eignen Gang zu sehen, den eine solche Natur einschlagen mußte, um beständigen Schrittes durch so mancherlei Zeiten und Zufälligkeiten hindurch zu gehn. Du wirst, meine Gute, den freundlichsten Dank abzustatten wissen. Ich hatte schon früher einen gewissen Begriff von diesen Personen und Verhältnissen, der sich jetzt um so mehr aufklärte; eigentlich aber war mir alles im Zusammenhang neu und merkwürdig.

Die Kinder sind wohl und froh; Walther durch Stunden, Clavierübung und Hofbesuche beschäftigt und zerstreut: Wolf hält sich besonders zu mir und hat eine Schublade in meinem Schreibtisch sich zu Kleinigkeiten und anderen Spielsachen angemaßt, die er jeden Tag umlegt; aber stets mit Sorgfalt und in einer gewissen symmetrischen Ordnung, woran man sich zu erfreuen hat. Nun auch von dir wieder etwas Ausführliches erwartend

treu gesinnt und angehörig

G.

Weimar 13 Aug. 1824.[217]


38/182.


An Johann Jacob von Willemer

Die Artischocken sind glücklich angekommen und zwar nach Tische, wo ich einige Gewächse aus dieser Sippschaft in Größe eines Taubeneies verzehrt hatte; da denn freylich der Unterschied des vegetabilen Vermögens zwischen hier und meiner Vaterstadt gar merklich auffiel. Mein ältester Enkel hat mit dem Großvater gleiche Neigung und wir beide werden uns ausschließlich zusammen der freundlichen Gabe zu erfreuen wissen.

Da ich dieses Jahr in ein Bad zu gehen weder Lust noch Bedürfniß fühlte, so wollte ich eine eilige Tour unternehmen, meine südwestlichen Freunde, und wär es auch nur auf kurze Zeit gewesen, einmal wieder zu besuchen. Mein Befinden schien kein Hinderniß entgegen zu setzen. Nun sind mir aber soviel Arbeiten zugewachsen, die ich nicht unterbrechen darf, da sie nur in einer gewissen Folge zu leisten sind, so betrügt mich ein Sommer nach dem anderen um meine liebsten Wünsche.

Meine Schwiegertochter reist nun zunächst vom Ems ab, Sie werden ihr freundlich seyn, wenn sie, wie ich hoffe, die liebe Mühle besucht. Ich aber erbitte mir einige Nachrichten der glücklich zurückgelegten Reise, und etwa im halben September noch eine Sendung Distelköpfe, ehe Herbst und Winter auch in jenen[218] glücklichen Gegenden die Vegetation verkümmern. Gedenken Sie mein zu guter Stunde, wie ich unausgesetzt zu thun fortfahre.

and so for ever

Weimar den 16. August 1824.

Goethe.


38/183.


An Paul Gotthelf Kummer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

nehme mir die Freyheit um eine kleine Gefälligkeit zu ersuchen. Ich habe von Herrn v. Cotta ein Dutzend Exemplare der Festgedichte, welche bey Anwesenheit Ihro Majestät der Kaiserin Frau Mutter im Jahre 1819 herausgegeben worden, vor einiger Zeit zu erhalten gewünscht, nun meldet er mir daß er deshalb Denenselben Auftrag gethan habe. Ist solches geschehen so ersuche Sie mir die zwölf gedachten Exemplare durch die fahrende Post zu überschicken, wofür ich mich zum voraus dankbar erweise und mich mit Hochschätzung unterzeichne.

Weimar den 16. August 1824.


38/184.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

vermelde schuldigst, da das Theater nun wieder seinen Anfang nimmt, daß durch die Freundlichkeit des[219] Grafen Brühl alles was zur Vorstellung des Paria nöthig wäre in meinen Händen ist.

1) Ein Exemplar zum Theaterzweck, mit Weglassung mehrerer Stellen durchgearbeitet.

2) Ein Ölgemälde von Gropius, die Hütte des Paria umständlich vorstellend.

3) Ein kleines Modell, wie es mit dem Hintergrund der Hütte gemeint sey, daß solche auf eine anständige Weise eingerissen werden kann.

4) Eine Federzeichnung, Aussicht in eine Palmengegend, wie solche zuletzt im Hintergrunde erscheint.

5) Zwey Blätter Kostums des Parias, seiner Frau und Kindes, wegen dem Raja und dem Gefolge ist auf die Berliner Theaterkostums gewiesen.

Die zwey ersten Nummern erbitte mir zurück, die letzten bleiben hier; Höchst Dieselben befehlen wenn ich diesen kleinen Apparat zu übergeben habe.

Weimar den 16. August 1824.


38/185.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Von Herrn Prof. Riemer mir die böhmische Grammatik auf kurze Zeit erbittend.

den 16. Aug. 1824.

Goethe.[220]


38/186.


An Wolfgang Kaspar und Friedrich Christian Fikentscher

Ew. Wohlgeboren

haben vor'm Jahr die Gefälligkeit gehabt eine Sendung Präparaten-Gläser von einer Ihnen bekannten Glasfabrik im Königreiche zu vermitteln. Sie ist zur rechten Zeit angelangt und man hatte alle Ursache damit vollkommen zufrieden zu seyn.

Ich nehme mir die Freiheit Dieselben gegenwärtig um eine ähnliche Bestellung zu ersuchen; die Zeichnungen liegen bey, von jeder Nummer werden sechs Stück gewünscht, so wie bald mögliche Förderniß und gute Packung.

In angenehmer Erinnerung der bey Ihnen und den Ihrigen zugebrachten frohen und belehrenden Tage habe ich die Ehre mich zu fernerem geneigten Andenken bestens zu empfehlen.

ergebenst

Weimar den 20. August 1824.

J. W. v. Goethe.


38/187.


An Carl Cäsar von Leonhard

[Concept.]

[20. August 1824.]

Ew. Hochwohlgeboren

langes Stillschweigen ließ mich eine sonst so gewohnte, belehrende Unterhaltung geraume Zeit vermissen; zu dieser Empfindung gesellt sich nunmehr noch die Theilnahme an den Schmerzen die Ihnen ein großer[221] Verlust erregt, welche unheilbar zu seyn drohen, wenn nicht Fügsamkeit in's allgemeine Menschen-Loos und die Wirkung der Zeit sich lindernd erweisen sollten. Hierin besteht der traurige Vortheil späterer Jahre, daß selbst ein bedeutendes Übel uns kaum mehr überrascht als der Wechsel der Jahreszeiten. Möge das ausgebreitete wissenschaftliche Geschäft erst Zerstreuung und sodann Linderung gewähren.

Durch den zweyten Theil Ihrer Felsarten haben Sie mir ein großes ersehntes Geschenk gemacht; da ich Kraft und Zeit sehr zu Rathe halten muß, so sind mir solche Hülfsmittel höchst erwünscht die auf eine leichte Weise mich zum wissenschaftlichen Zweck führen und, was in der neusten Zeit höchst wichtig ist, auch das Neuste den Mißbegierigen überliefern.

Noch eine kleine Stufe, die Sie zurückverlangten, liegt bey mir, sie soll nächstens aufwarten, mir noch einigen andern Dingen, welche mir einiges Interesse zu haben scheinen.

Dagegen würde mir jede Nachricht und Mittheilung wie jederzeit höchst erwünscht seyn.

Weimar den 18. August 1824.


38/188.


An Eduard Joseph d'Alton

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

muß, wenn auch nur mit wenigen Worten, den aufrichtigsten Dank sagen für das durch den guten Eckermann[222] Übersendete. Die Anzeige der Pferdenachbildungen ist, wie ich sie erwartete, über meine Erwartung. Sie macht mir deutlich, und ich sag es zu meinem Lobe, warum ich mir in dieser Angelegenheit niemals auch nur das mindeste Urtheil angemaßt habe. Nun aber sey ich mit Ihren Augen, wie ehmals die Geister durch Schwedenborgs Organe die Welt kennen lernten, und finde auf die angenehmste und gründlichste Weise meiner Unzulänglichkeit nachgeholfen.

Die Hefte der Nager nun gar führen mich in die früheren Jahre zurück, wo ich, in der Mühseligkeit des Selbstbelehrens, eine schöne Zeit hinbrachte, die ich für verloren halten müßte wenn nicht das damals Erworbene mich fähig machte den großen Werth Ihres Erwerbs zu schätzen und einen bedeutenden Theil für mich hinzunehmen, der meine früheren Wünsche und Hoffnungen völlig befriedigt. Ich sage etwas weniges darüber im nächsten morphologischen Heft, um meinen innigen Antheil auszudrücken. Die Verzögerung dieser Bogen gibt mir dazu noch erwünschten Raum.

Empfehlen Sie mich Ihren werthen Stadt- und Studiengenossen und danken verbindlich für die gute Aufnahme des wackern Eckermanns; er hat sich mit reinem Gemüth und hellem Geiste an mein Wesen und Wirken abgeschlossen, und wird mir daher zum wünschenswerthen Beystand, in den Tagen wo sich immer mehr und mehr auf uns häuft, je weniger wir bestreiten können. Erhalten Sie mir ein wohlwollendes[223] Andenken und geben mir gelegentlich gefällige Auskunft über einige beygefügte Fragen.


Mit der zweyten Abtheilung der Nagethiere erhalte ich einen Vortitel: Der vergleichenden Osteologie erste Abtheilung. Ist hier noch ein Haupttitel zu erwarten? und werden hiernach die bisherigen sämmtlichen Hefte als zusammengehörig und abgeschlossen angesehen?

Wahrscheinlich gehören alsdann die beiden Blätter Dedication an Ihro Majestät den König von Preußen vor das Ganze. Auf eine Einleitung zwey Blätter folgen drey Blätter allgemeine Vergleichung der Skelette der Nagethiere, fehlt aber die Fortsetzung und der Schluß. Sodann folgen allgemeine Bemerkungen über die äußern Einflüsse auf die organische Entwickelung der Thiere, denen sich vergleichende Bemerkungen über die Nagethiere anschließen, zusammen 4 Blätter, das 5. Blatt enthält Bemerkungen über fossile Knochen. Hiernach wäre also nur noch ein Haupttitel der ganzen Abtheilung und der Abschluß der allgemeinen Vergleichung der Skelette der Nagethiere zu erwarten.

In Köln ist eine große Versteigerung von gemalten Fensterscheiben.

Weimar den 20. August 1824.[224]


38/189.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

verfehle nicht wegen der übersendeten Bücher das Nähere schuldigst zu melden.

Erstlich der Quartband enthält die neuste Bearbeitung der griechischen Zeitrechnung in politischer, philosophischer und literarischer Hinsicht. Den Philologen sehr willkommen.

Die beiden Octavbände sodann liefern die Erläuterung biblischer Stellen durch Reisebeschreibungen und sonstige profane Documente, eine Art, die sehr beliebt ist, und wahrscheinlich unserm Röhr angenehm und brauchbar.

Was mir Secretär Kräuter von Höchst Ihro Anordnungen in der Bibliothek gemeldet stimmt völlig mit den bisherigen Absichten und Anstalten überein, und ich muß daher erfreut seyn zu sehen daß diese Vorsätze nach und nach zur Erfüllung kommen.

Auch lege ein Bücher-Verzeichniß bey, in welchem für die Zwecke meines Kreises nichts bedeutendes gefunden habe.

Zu ferneren Gnaden und Hulden mich schuldigst empfehlend.

Weimar den 20. August 1824.[225]


38/190.


An Friedrich Constantin von Stein

[Concept.]

Sie erhalten hiebey, um einen Stab gewickelt, nicht allein die zugesagten Tabellen, sondern auch die Instruction für Witterungsbeobachter. Nehmen Sie diese gleichfalls als ein kleines Gastgeschenk mit auf die Reise, erinnern Sie sich dabey der hier zugebrachten heitern Stunden und bleiben Sie überzeugt daß es mir ein wahrhaftes Vergnügen war Sie wieder zu sehen und mich zu überzeugen wie ganz zu Hause Sie sich in Ihrem preußischen Vaterlande finden, und wie Sie allen dem was Ihnen obliegt sich vollkommen mit Kraft und Freyheit unterziehen können.

Möge Ihnen alles und selbst in Ratibor gelingen und ich manchmal von Ihnen zu hören die Freude haben.

Weimar den 20. August 1824.


38/191.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

erlauben heute nur eine kurze Anfrage, veranlaßt durch meinen gnädigsten Herrn, der sich seines Aufenthalts in Köln mit viel Vergnügen und Antheil erinnert. Derselbe eröffnet mir nun: daß er in den[226] Niederlanden einige Pflanzen angeschafft und veranstaltet habe, daß selbige auf Köln gebracht werden sollten; von wo sie denn durch Ew. Hochwohlgeboren Gefälligkeit weiter hieher transportirt würden. Möchten Sie mir nun hierüber einige Nachricht geben, ob diese Pflanzen angekommen? oder was sich sonst damit ereignet? damit ich deshalb das Weitere Serenissimo vortragen könne.

Mich bey dieser Gelegenheit zu fortdauerndem wohlwollenden Andenken schönstens empfehlend.

Weimar den 23. August 1824.


38/192.


An Johann Jacob von Willemer

Die willkommenen Missionarien sind abermals glücklich angekommen und haben sich gefreut von ihren Vorfahren noch manche in gutem Wohlbefinden und als in besonderer Achtung stehende Personen hier anzutreffen. Und so wird denn wie es scheint der 28. dießmal in heimischer häuslicher Ruhe vorübergehen, doch nicht ohne treues und lebhaftes Andenken an die theuren Abwesenden.

Die herzlich geliebte Reisende hat mich, auf einer Schnellfuhre, durch verschiedene Länder, von einem Orte zum andern geschwind zu versetzen beliebt, ich bin ihr überall gern und willig hingefolgt, nur in Heidelberg mußt ich etwas länger verweilen.

[227] Ist es nicht beschwerlich so bitte noch zunächst um eine Sendung Artischocken; ich konnte nicht unterlassen die nächsten Freunde und Schönschmecker damit zu bewirthen, und so ward der theure Vorrath nur allzubald aufgezehrt.

Mir geht es übrigens ganz gut, ich fühle mich im Stand meinen Geschäften ohne Unterbrechung nachzugehen. Vor einigen Tagen hat man seit vielen Jahren mich wieder einmal in's Schauspiel gelockt, zu nächst werd' ich wohl den Freyschütz abwarten müssen.

Möge den Freunden alles Gute gegönnt seyn, in freyer Luft und an den herrlichen Wasserströmen.

treulichst

Weimar den 23. August 1824.

G.


38/193.


An Carl Friedrich Zelter

Auch von meiner Seite sey der schönste Dank erwidert, daß du meine Iphigenia aus Wort und Buchstaben wieder in's Leben des Geistes und Herzens hervorgerufen hast. Ich darf mich wohl erfreuen daß diese frühern Erzeugnisse immer von Zeit zu Zeit wieder auferstehen und fortwirken.

Und so sende denn auch ein paar Exemplare ältere Festgedichte, die bey Rauchs Gegenwart zur Sprache kamen. Sie sind fast ungekannt in dem Strom der[228] Vergessenheit hinabgeschwommen und bey ihrem ersten Erscheinen nicht beachtet worden, weil sie zu einer Zeit hervortraten wo der Haß gegen das Bestehende sich öffentlich zeigen durfte, wie er jetzt noch immer im Geheimen fortwühlt.

Gewiß freut es dich wenn ich vermelde daß die ganze zehnjährige Correspondenz mit Schiller von seiner und meiner Seite in meinen Händen und beynahe schon völlig redigirt sey. Tritt sie hervor so wird sie dem Einsichtigen den Begriff von einem Zustande geben und von Verhältnissen die so leicht nicht wiederkommen.

Soviel für dießmal, laß bald von dir hören. Ich befinde mich nach meiner Art ganz wohl, und werde dieß Jahr zu Hause bleiben.

treulichst

Weimar den 24. August 1824.

G.


Ein mächtiger Adler, aus Myrons oder Lysippus Zeiten, läßt sich so eben, zwei Schlangen in den Klauen haltend, auf einen Felsen nieder; seine Fittige sind noch in Thätigkeit, sein Geist unruhig, denn jene beweglich widerstrebende Beute bringt ihm Gefahr. Sie umringeln seine Füße, ihre züngelnden Zungen deuten auf tödliche Zähne.

Dagegen hat sich auf Mauergestein ein Kauz niedergesetzt, die Flügel angeschlossen, die Füße und[229] Klauen stämmig, er hat zwey Mäuse gefaßt, die ohnmächtig ihre Schwänzlein um seine Füße schlingen, indem sie kaum noch Zeichen eines piepsend abscheidenden Lebens bemerken lassen.

Man denke sich beide Kunstwerke neben einander! Hier ist weder Parodie noch Travestie, sondern ein von Natur Hohes und von Natur Niederes, beides von gleichem Meister im gleich erhabenen Styl gearbeitet; es ist ein Parallelismus im Gegensatz, der einzeln erfreuen und zusammengestellt in Erstaunen setzen müßte; der junge Bildhauer fände hier eine bedeutende Aufgabe.

(Hierher gehörte nun was über den Cyclops des Euripides zu sagen wäre.)

Eben so merkwürdig ist die Vergleichung der Ilias mit Troilus und Cressida; auch hier ist weder Parodie noch Travestie, sondern, wie oben zwey Naturgegenstände einander gegenüber gesetzt waren, so hier ein zwiefacher Zeitsinn. Das griechische Gedicht im hohen Styl, sich selbst darstellend, nur das Nothdürftige bringend und sogar in Beschreibungen und Gleichnissen allen Schmuck ablehnend, auf hohe mythische Ur-Überlieferungen sich gründend; das englische Meisterwerk dagegen darf man betrachten als eine glückliche Umformung, Umsetzung jenes großen Werkes in's Romantisch-Dramatische.

Hiebey dürfen wir aber nicht vergessen, daß dieses Stück, mit manchem andern, seine Herkunft aus abgeleiteten,[230] schon zur Prosa herabgezogenen, nur halbdichterischen Erzählungen nicht verläugnen kann.

Doch auch so ist es wieder ganz Original als wenn das Antike gar nicht gewesen wäre, und es bedurfte wieder einen eben so gründlichen Ernst, ein eben so entschiedenes Talent als des großen Alten, um uns ähnliche Persönlichkeiten und Charaktere mit leichter Bedeutenheit vorzuspiegeln, indem einer spätern Menschheit neuere Menschlichkeiten durchschaubar vorgetragen wurden.

W. d. 25. Aug. 1824.

G.


38/194.


An Christian Daniel Rauch

In Erinnerung so mancher angenehmen Stunde, die wir bey Ew. Wohlgeboren Hierseyn genossen, sage den schönsten Dank für das bisher Übersendete, besonders für das höchst wohlgerathene Blüchersche Modell, welches die kleine Ausstellung zum Geburtstag unseres Fürsten schmücken soll.

Sodann erfülle ich ein Versprechen meiner guten Schwiegertochter, die wir in diesen Tage von Ems erwarten, und sende die Festgedichte von 1819, die vielleicht auch in Berlin zu einer geselligen Unterhaltung Gelegenheit geben.

Mir ist es diese Zeit nach meiner Art ganz wohl gegangen, so daß ich keine Veranlassung fand im[231] Spätsommer ein Bad zu besuchen. Möge auch Ihnen alles zu Glück und Gunst gereichen und wir bald uns an dem versprochenen Modell vergnügen können.

Auch habe einen Abdruck der Taufschale beygelegt, wovon bey Ihrem Hierseyn die Rede war. Sie scheint sich auszulegen und ist von den Gelehrten doch noch nicht ausgelegt.

Vollkommenes Wohlseyn zu Ihrer großen und schönen Thätigkeit wünschend, Ihre liebenswürdige Tochter vielmals grüßend und mich zum wohlwollenden Andenken bestens empfehlend.

ergebenst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 25. August 1824.


38/195.


An die Weygandische Buchhandlung

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey den Titelbogen zu Werthers Leiden, mit einigen Bemerkungen. Zu leichterer Übersicht sind die Blätter paginirt worden.

1) Schutztitel.

2) bleibt leer.

3) Haupttitel nach Ihrem Wunsch mit weggelassenem Namen. Die Worte: in zwey Abtheilungen bleiben weg.

4) bleibt leer.

[232] 5-10) Einleitendes Gedicht, wobey man die angezeichneten Correcturen auf das genauste beobachtet wünscht.

11) Erste Abtheilung.

12) bleibt leer, da nach bedeutendem Einleitungsgedichte jene schwachen veralteten Reimzeilen nicht mehr gelten können.

Deshalb denn auch die Cartone für 119. 20. 21. 22 unnöthig sind, da auf der Rückseite, zweyte Abtheilung, die vier Reimzeilen gleichfalls wegbleiben.

Ich wünsche daß dieses Geschäft zu Ihrer Zufriedenheit ausschlagen möge und empfehle mich geneigtem Andenken.

ergebenster

Weimar den 26. August 1824

J. W. v. Goethe.


38/196.


An Jacob Grimm

Ew. Wohlgeboren

übersende Beykommendes zwar später als billig, aber doch nicht unzeitig, denn eben jetzt führen mich meine sehr vereinzelten Studien wieder an die serbischen Lieder und wessen sollt ich dabey eher gedenken als Ihrer würdigen Bemühung.

Das zuletzt mitgetheilte Gedicht ist unter denen die ich kenne wohl das älteste, wenigstens bezieht sich's[233] auf die Erbauung von Skutari, vielleicht schon im achten Jahrhundert, und trägt noch ganz den höhren barbarisch-heidnischen Sinn eines Menschenopfers zu großem unerläßlichen Nationalzwecke.

Gar manches andere ist mir indeß durch die Bemühung der Fräulein Therese v. Jakob zu Halle bekannt geworden, die sich auch wohl Ihrer Theilnahme freut. Die Fertigkeit und Ausdauer dieses talentvollen Frauenzimmers sind zu bewundern, sie scheint mir durch die Herren Wuk und Vater zu dieser Angelegenheit aufgeregt worden zu seyn.

Ich lese so eben Ew. Wohlgeboren Vorrede zu der serbischen Grammatik wieder und bewundere die mögliche Klarheit die Sie über das Gewühl der Volkswanderung und Volksversetzung, so wie über die Wandelbarkeit der Sprache verbreitet. Leider hab ich auch nicht die geringste Anmuthung zu jenen östlichen Zungen und ist mir deshalb eine geistreich angeschlossene Übertragung vom größten Werth.

Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit an Ihren Bemühungen Theil nehmen, die ich, wenn gleich nur aus einer gewissen Ferne, zu schätzen weiß, auch in dem mir übersehbaren Umfang wahrhaft zu bewundern die Freude habe.

Zu geneigtem Andenken mich angelegentlichst empfehlend.

ergebenst

Weimar den 30. August 1824.

J. W. v. Goethe.[234]


38/197.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

[Anfang September 1824.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben wir auf der Reise nicht sowohl begleitet als verfolgt, wir hoffen bey ihrer Zurückkunft gar manches einzelne von Personen, Gegenden und Begebenheiten in verlängerter Abendstille zu erfahren.

Indem ich aber gegenwärtig nur meinen Dank geziemend abstatte, so muß gestehen daß eine ganz unerwartete Feyer meines Geburtstags höchsten Orts veranstaltet war, die mich im Tiefsten rühren mußte wenn sie mich nicht beschämen sollte. Ein leidliches Befinden ließ mich dieses Wünschenswerthen wie so manches andern genießen, und wie der September anwächst, bereiten wir uns auf Winterquartiere zu zu deren Belebung wir denn freylich die abwesenden Freunde sehnlichst herbeywünschen.

Möge Ihnen alles zum besten gerathen, Herrn Ministerial-Rath v. Roth empfehle ich mich bestens; die Ausgabe von Hamanns Werken, besonders dessen Correspondenz hat mich über viele dunkle Stellen meines eigenen vergangenen Lebens aufgeklärt; sagen Sie deshalb meinen verbindlichsten Dank. Wegen meiner Mittheilung ist mir selbst einiges dunkel, die beiden Briefe von Hamann an Minister v. Moser sind von mir gegeben, die Originale noch in meinen[235] Händen und andere Abschrift niemals gemacht worden; auch vermisse ich noch in den Werken den Abdruck eines Manuscripts, das eine Recension der Herderischen Abhandlung über den Ursprung der Sprache enthielt. Wie denn auch kein Exemplar der Hamannschen Werke zu mir gekommen ist; ich bediene mich des Exemplars von hiesiger Bibliothek.


38/198.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

bin für die gegebene Notiz dankbar verpflichtet, besonders da ein Irrtum daraus hervorzugehen scheint, welcher wahrscheinlich abermals daher entsprungen ist, daß ich mich nicht deutlich genug erklärt habe.

Unter dem 18. August vermeldeten Sie mir, daß auf dem 10. Bogen Morphologie 3 Columnen übrig geblieben; nun war meine Absicht, daß der Aufsatz über d'Altons Thierskelette auf den 10. Bogen kommen sollte.

Dieser ist aber wahrscheinlich zu dem Bogen N Naturwissenschaft geschlagen worden, für welchen noch zwey Columnen französischer Text übrig geblieben, ich aber für denselben weiter nichts gesendet habe.

Wollten Sie nun so gefällig seyn und mir nähere Auskunft geben wieviel Columnen unter jener Voraussetzung[236] am 10. Bogen Morphologie noch fehlen, so würd ich auch diese noch ausfüllen und genannten Bogen abschließen können.

Weimar den 3. September 1824.


38/199.


An Georg Gottlieb Güldenapfel

Nachdem der Herr Professor Kosegarten bey großherzoglicher Oberaufsicht etc. nachgesucht, das arabische Wörterbuch Kamus nach Greifswald, wohin er zu gehen gedenkt, auf einige Monate mitzunehmen, wogegen er versprochen, solches durch die Post sicher wieder nach Jena zurückzusenden; so hat man, in Betracht seiner großen Verdienste um die morgenländische Literatur überhaupt und um die jenaische Akademie insbesondere, diesen Wunsch zu gewähren sich bewogen gefunden. Er wird also gegenwärtiges Blatt bey der akademischen Bibliotheks-Expedition als Empfangschein einlegen und solches nach sicher erstatteten Werke, wozu ihm Frist bis Weihnachten dieses Jahres vergönnt worden, alsobald wieder zurückerhalten; wovon sodann großherzogliche Oberaufsicht in Kenntniß zu setzen ist.

Großherzogliche Oberaufsicht etc.

Weimar den 4. September 1824.

Goethe.[237]


38/200.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

Ew. Wohlgeboren

kann nicht anders als versichern daß Ihre Entfernung von Jena mir sehr leid thut, sowohl um der Akademie als um mein selbst willen; denn wenn ich auch seit einiger Zeit Gedanken und Bemühungen dem Orient zuzuwenden unterlassen mußte, so werd ich doch durch Herrn Professor Bopps Bearbeitung mehrerer Stellen aus dem Maha-Bharata wieder dorthin gerufen, wobey ich mir denn manche belehrende Unterhaltung mit Ew. Wohlgeboren zu versprechen hatte.

Möge indeß, was wir bey dieser Veränderung verlieren, dem Allgemeinen zum Nutzen, besonders auch Ihnen selbst in der Nähe von Freunden, Familien- und Landesverwandten zum Allerbesten gereichen.

In diesem Falle jedoch ist mir besonders angenehm daß ich etwas zu Ihrer Zufriedenheit und Förderung Ihrer Studien und Arbeiten beytragen kann. Wollen Sie beykommendes Blatt unterschreiben und den etwaigen früheren Empfangschein zurücknehmen, auch seiner Zeit die Rücksendung des Werks mir unmittelbar gefällig melden, so wird dieses kleine Geschäft vollkommen abgethan seyn.

Sollt ich in der Folge irgend etwas Angenehmes erzeigen können, so wird es mich sehr erfreuen auch dadurch die Fortdauer meiner Dankbarkeit zu beweisen,[238] die ich empfinden muß wenn ich der Gefälligkeiten gedenke, welche Sie mir erzeigten, zur Zeit da ich als Fremdling mit großer Neigung im Osten wandelte, dabey aber eines treuen Wegegefährten und Dolmetschers zu bedürfen freymüthig bekennen mußte.

Das Beste wünschend.

ergebenst

Weimar den 5. September 1824.

J. W. v. Goethe.


38/201.


An Therese von Jakob

[Concept.]

Bey Rücksendung des mir anvertrauten höchst interessanten Heftes danke auf das verbindlichste daß Sie mir eine solche Übersicht des vorliegenden Geschäftes geben mögen. Bewunderung und Theilnahme hat sich nur vermehrt. Beyliegendes Blatt verlangt weiter keinen Einfluß und will Sie nicht im mindesten geniren; es zeige Ihnen nur daß ich so geschwind als möglich mir nach meiner Art von den versammelten Schätzen Begriff und Kenntniß zu geben gewünscht.

Gehen Sie den eingeschlagenen Weg fort, so kann nur daraus Erfreuliches entstehen; mögen Sie bey der Herausgabe meiner freundlich gedenken, so wird es mir sehr angenehm seyn. Zu einem Vorbericht hab ich nicht Kenntnisse genug, aber ich bereite mich zu einer vorläufigen motivirten Empfehlung, welche dem Unternehmen wohl förderlich seyn dürfte.

[239] Möchten Sie mir in der Folge das reine Manuscript zusenden so will ich gern gewisse kleine Bemerkungen mittheilen; sobald die Hauptsache richtig ist, so läßt sich mit frischem Blick im Einzelnen gar manches Gefällige nachhelfen.

Zu dem was ich über diese Angelegenheit zu sagen gedenke fehlen mir Notizen hie und da, ich sende deshalb hier einige Anfragen die Sie mir nach Ihrer Übersicht des Ganzen mit wenigem beantworten können.

1) An welcher Stelle lag denn eigentlich das Amselfeld?

2) Der Fürst Milosch Obrenowitsch, welchem Grimms serbische Grammatik gewidmet ist, hat er irgend eine politische Stellung gegen die Türken? Oder ist er nur ausgezeichnet reich und hohen Standes?


Wegen des zu übernehmenden Verlags der Übersetzung sollte ich denken, derselbe müßte der Reimerischen Handlung zu Berlin höchst angenehm seyn, welche das Wukische Lexikon und dessen gesammelte Volkslieder übernommen hat. Ich will gelegentlich durch Freunde nachfragen lassen.

Ferner lege ein Gedicht bey, von Herrn Wuk wörtlich übersetzt, und frage an, ob Sie es mir zu Liebe wohl in's Sylbenmaaß bringen möchten. Es ist freylich nicht geeignet in Ihre Sammlung aufgenommen[240] zu werden, aber doch von der größten Charakter-Schönheit, das Verhältniß der Türken und Christen klar und lieblich aussprechend; ich würde es dankbar in Kunst und Alterthum aufnehmen.

Weimar den 8. September 1824.


[Beilage.]

Serbische Gedichte

wären nach meiner Ansicht folgendermaßen zu ordnen.

I. Liebeslieder. Da sie kurz, klar, faßlich eingänglich sind und das Gemüthsleben des Volkes so mannichfaltig als erfreulich ausdrücken, verdienten sie die erste Stelle und würden, mehr als irgend eine Einleitung, den Charakter der Nation von dieser Seite aufschließen. Sie wären möglichst zu vermehren, sodann zu sortiren und zu ordnen, von den neckischen, zarten, gefühlvollen bis zu den schmerzlichen auf Scheidung, Tod und auf ein dauerndes Verhältniß auch nachher hindeutend.

II. Familienlieder. Da auch diese höchst mannichfaltig die Zustände der Familien, die Bezüge ihrer Glieder, so wie auch mitunter zum Staat und zur Nation aussprechen, verdienen sie wohl den zweyten Platz. Hier finge man umgekehrt an und ginge von den schmerzlichen, traurigen, durch sittlich fromm versöhnende, zu gefälligen und heitern, und zwar wie folgt:

a) Erbauung Skutaris.

b) Die Brüder.

c) Tod des Despoten Johannes.

[241] d) Der Findling Simon.

e) Erbschafts-Theilung.

f) Neun Brüder, eine Schwester.

g) Asan Aga's Gattin.

h) Entführung der schönen Ikonia.

i) Haikuna's Hochzeit.

k) Des Prinzen Mujo Genesung.

III. Abenteuer Marko des König-Sohns. Der nur einzeln heraustretende Held findet schon ein Nationalelement worauf er fußt; mit manchen Verhältnissen ist man durch das Vorhergehende schon bekannt; man verwundert sich noch immer über seine großen kühnen Thaten, aber sie befremden nicht. Von diesen Gedichten würden zweye weggelassen, der böse Bogdan S. 12, denn hier erscheint Marko seiner unwürdig, wäre Bogdan der Satan selbst, so müßte Marko nicht vor ihm fliehen. Ferner bliebe weg des Vaters Säbel S. 38 als Wiederholung des Vorhergehenden. Dieses Gedicht ist nicht gut und verwirrt nur den Eindruck des ersten. Ordnen könnte man sie ohngefähr folgendermaßen:

a) Marko als Schiedsrichter.

b) Er und die Mohrin.

c) Er und Wuk.

d) Er und der Mohr.

e) Er und des Vaters Säbel.

f) Er und die Türken.

g) Tod des Marko.[242]

IV. Staats- und Kriegsgeschichten. Diese einzelne mögen abgetheilt für sich stehen bis man sie etwa schicklich unterbringt.

a) Heirath Lasars.

b) Schlacht bei Loßnitza.

c) Türkenhauptmann Kulin.

V. Schlacht auf dem Amselfelde 1389 (auf dem Felde Cassowa). Macht, den Untergang des bisher den Türcken widerstehenden Reiches vortragend, billig den Schluß und wäre auch erst nach allem Vorhergehenden verständlich und interessant. Man müßte die Nation in ihren Werden, Streben, Streiten erst recht gekannt haben, wenn ihr Untergang uns zur Theilnahme rufen soll. Die Ordnung wie sie auf einander folgen gibt sich von sich selbst:

a) Fromme Vorbereitung.

b) Auszug, Schlacht und Niederlage durch Verrath.

c) Das Mädchen vom Amselfelde.

d) Das Haupt Lasars.

VI. Die Hochzeit des Maxim Cernojewitsch. Stünde als einzelnes Hauptgedicht als Zugabe und Abschluß billig am Ende; man hielte sich an den Text wie ihn Professor Vater gebracht hat. Von den Varianten die er in den Noten anführt will mir keine gefallen.

unmaßgeblich

Weimar den 2. September 1824.

J. W. v. Goethe.[243]


38/202.


An Johann Heinrich Meyer

Wenn Herr Professor Hofrath Meyer mir könnte die Bemerkungen zu Martius Palmen baldigst mittheilen, so würde derselbe mich besonders verbinden.

Den 8. September 1824.

G.


38/203.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Könnte Herr Professor Riemer sich vielleicht mit dem in Händen habenden Bande der Correspondenz gefällig beschäftigen, daß wir ihn bald zusammen durchsähen, so würde mir eine besondere Gefälligkeit geschehen.

Den 8. September 1824.

G.


38/204.


An Friedrich Gotthilf Osann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erwidere dankbar mit wenigem, aber ungesäumt, daß Ihre Sendung mich eben so überrascht als erfreut hat. Man darf sich die schönsten Folgen einer würdigen Verbindung gar wohl versprechen und ich muß mir's zur Ehre rechnen bey ihrem ersten Auftreten gleichfalls gegenwärtig gewesen zu seyn. Von Ihren Vorsätzen[244] und Absichten hoffe von Zeit zu Zeit das Weitere zu vernehmen und bin gewiß auch selbst dadurch gefördert zu werden, wie schon durch die erste Mittheilung genugsam geschehen.

Der ich, unter viel Empfehlungen an Ihre werthen Mitgenossen, die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Weimar den 9. September 1824.


38/205.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

geruhen hiebey ein Schreiben des Professor Sprengels zu empfangen. Gnädigster Resolution wegen des Inhalts schuldigst entgegen sehend.

Weimar den 10. September 1824.


38/206.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

letzter Nachricht zufolge waren vorräthig

Zur Morphologie: gesetzt auf dem Bogen 10 Columnen 3, Manuscript Columnen 8-11.

Da ich nun mit dem gedachten bogen abschließen und also über denselben nicht hinausgehen möchte, so sende noch einiges Manuscript zu den fehlenden Columnen;[245] mit dem höflichsten Ersuchen um baldige Nachricht wieviel noch nöthig sey, damit ich dafür sorgen könne.

Das Beste wünschend.

Weimar den 11. September 1824.


38/207.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie wohl, mein werthester, beykommendem, womit ich den Druckbogen den Sie in Händen haben abschließen mögte, eine besondere Aufmerksamkeit gönnen. Ich wünsche daß das Wohlgemeynte auch artig gesagt wäre.

d. 17. Sept. 1824.

G.


38/208.


An Kurt Sprengel

[18. September 1824.]

Wohlgeborner

Insonders hochgeehrtester Herr!

Aus Ew. Wohlgeboren gefälligem Schreiben Dero würdig Absicht erfahrend, glaubte vorauszusehen, daß Ihro Königliche Hoheit die Widmung eines so bedeutenden Werkes nicht anders als angenehm seyn könne. Auch hat mich darauf sogleich ein höchster Wink in meiner Überzeugung bestätigt.

[246] Nun erhält Ew. Wohlgeboren schönes Vorhaben noch dadurch eine größere Bedeutung, daß in diesem Jahreslauf unser Fürst sein funfzigjähriges Jubiläum feyert und Ihre Zuschrift daher zu einer so merkwürdigen Epoche gewiß willkommen sich einfinden wird, wozu ich den glücklichsten Erfolg in jedem Sinne zu wünschen habe.

Auch darf bey dieser Gelegenheit nicht übergangen werden, daß ich so eben eines höchst erwünschten Besuchs des Herrn v. Martius mich zu erfreuen gehabt und mich in der angenehmen Lage gesehen nicht nur von soviel bedeutenden Dingen aus einer fremden Welt unmittelbar die nächste Nachricht zu vernehmen, sondern mich zugleich von den werthesten einheimischen Mitarbeitern an der allgemeinen und besondern Naturkenntniß und ihren großen Verdiensten ausführlich zu unterhalten.

Mögen Ew. Wohlgeboren gleichmäßig ein geneigtes Andenken mir aufbewahren von meiner vorzüglichsten Hochachtung und Dankbarkeit für so mannichfache Belehrung überzeugt bleibend.

Der ich alles Ersprießliche wünschend die Ehre habe mich zu unterzeichnen

Ew. Wohlgeboren

ganz ergebenster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 15. September 1824.[247]


38/209.


An den Hofgürtler Seyffarth

[Concept.]

Indem ich, mein werthester Herr, das mir Zugeschickte hiebey wieder zurücksende, bedaure nur daß Sie zu einer so vorzüglich schönen Arbeit nicht ein besseres Muster vor Augen gehabt. Sollten Sie in der Folge dergleichen nochmals unternehmen, so würden Sie gewiß am besten fahren, wenn Sie Herrn v. Quandt um die Erlaubniß ersuchten nach der bey ihm aufgestellten Rauchischen Marmorbüste zu arbeiten, da Sie denn Gewiß ein ähnliches und zugleich kunstgemäßes anmuthiges Bild verfertigen würden, wie es Ihrer ganz vorzüglichen technischen Fertigkeit keineswegs fehlen kann; da denn ein von jeder Seite empfehlungswürdiges Bild dem Kenner vorgelegt werden könnte.

Weimar den [18.] September 1824.


38/210.


An Johann Heinrich Meyer

Meine Wünsche, theuerster Freund! sind Ihnen nicht deutlich vorgetragen worden. Ich habe nämlich morgen frühe eine große Gesellschaft zum Frühstück, wozu Sie auch freundlichst eingeladen sind, und da möchte ich zur Unterhaltung die Schmellerischen Porträts unter Rahmen und Glas, nicht weniger das Schwerdgeburthische Vogelschießen bey mir aufstellen.

[248] Da am letzten Tage doch niemand mehr von Bedeutung die Säle besucht so würde ich mit Ihrer Vergünstigung heute Nachmittag die gedachten Bilder abholen lassen; deshalb ich mir ein freundliches Wort erbitte.

Weimar den 18. September 1824.

G.


38/211.


An die Gesellschaftdes vaterländischen Museums in Böhmen

[21. September 1824.]

In Gefolg der schon früher übersendeten Beschreibung der Jenaer böhmischen Handschrift, von welcher schon in Herrn Dobrowsky Geschichte der böhmischen Sprache Seite 235-37 Meldung geschehen, verfehle nicht Gegenwärtiges zu übersenden. Es sind genaue Durchzeichnungen, welche theils Herr Dobrowsky früher gewünscht, theils des Herrn Grafen Sternberg Excellenz selbst ausgesucht.

1)Seite59.Huß als Lehrer.

2)S. –60.Derselbe auf dem Scheiterhaufen.

3) - 61.Wahrscheinlich Hieronymus von

Prag auf dem Scheiterhaufen.

4) - 62.Communion der Utraquisten.

5) - 63.Sieg der Utraquisten gegen

die Kreuzfahrer.

6) - 64.Der blinde Ziska führt Krieger

und Bauern an.[249]

Man hat von diesem letzten die deutsche Übersetzung des auf der leeren Stelle des Bildes eingeschriebenen böhmischen Textes beygelegt, nicht weniger die Unterschrift des von Czechticz nachbilden lassen, worüber auch schon in gedachter Geschichte der böhmischen Sprache, (am angeführten Orte) nachzulesen ist.

Die Holzschnitte der gedruckten Antithesis haben gar nichts mit den Bildern unseres Manuscriptes gemein; auch sind jene schwerlich von Cranach, sondern von einem Meister welchem weit mehr Charakteristik, guter Humor und Ironie zu Dienste standen, als dem wohlmeynenden, einfachen und keineswegs geistreichen Weimaraner.

Zu fernerem wohlwollenden Andenken mich angelegentlichst empfehlend

Verehrend

gehorsamst

Weimar den 20. August 1824.

J. W. v. Goethe.


38/212.


An Kaspar von Sternberg

Die glückliche Wiederkunft des hochverehrten Freundes in seinem eigenthümlichen schönen Wirkungskreise mit aufrichtigster Theilnahme feyernd, übersende Beykommendes in der Zwischenzeit Gefertigtes, mit dem Wunsche geneigter Aufnahme.

[250] Daß das Glück eine so zweckmäßig unternommene, bedeutende Reise von seiner Seite zu begünstigen wußte war dessen wohlverstandene Pflicht. Die beiden Briefe von Bonn und München reich an Inhalt geben mir die sicherste Hoffnung einer ferneren so ausführlichen als gründlichen Belehrung, und ich sehe voraus daß, besonders was die Basalt- und Vulkanische Region, so wie die Steinkohlen-Bildung, auch die unterirdische Flora betrifft, der Naturfreund an solchen Resultaten völlig acquiesciren könne! und mir muß hierum besonders zu thun seyn. In hohen Jahren bey immer mehr sich häufenden Tagen, bleibt die Fähigkeit Mannichfaltiges aufzunehmen, zu ordnen und zurecht zu stellen nicht immer in gleichem Vigor, da flüchten wir uns denn in den Wunsch daß andere für uns das wichtige, nie ganz zu vermissende Geschäft übernehmen möchten.

Noch habe ich mich, obgleich unbeweglich zu Hause, im leidlichen Wohlseyn hingehalten, wobey mich der Besuch des Herrn v. Martius gar höchlich erquickte. Mit den letzten Palmentafeln, die er bey sich hatte, sind mir nun hundert bekannt geworden, da denn noch schließlich die wundersamsten Fruchtgestalten vorkamen. Dieses vorzüglichen Mannes Reise nach Brasilien, die Physiognomik der Pflanzenwelt daselbst, in akademischer Rede vorgetragen und nunmehr das herrliche Palmenwerk haben wir eine anhaltend zusammenhängende freudige Unterhaltung gegeben.

[251] Von manchen andern das von außen zu mir gekommen und was sich aus mir selbst entwickelt verspare zu sprechen. Das morphologische Heftchen ist vollendet, das allgemein naturwissenschaftliche wird es auch bald seyn, durch böhmische Gewitter vorzüglich interessant.

Und so sey geschlossen, mit den treusten Wünschen, mit der aufrichtigsten dankbaren Theilnahme an so vielfachem Reisegewinn, mit freudigster Anhänglichkeit, wie an alles Gute und Treffliche, also auch an den edlen Mann von dem so vieles und Unberechenbares ununterbrochen ausgeht.

Doch darf ich nicht endigen ohne die vielfachsten Grüße meines gnädigsten Herrn auszurichten und sein Bedauern auszusprechen: daß die beiderseitigen Reiserouten sich nur wenige Tage zur ungünstigen Zeit gekreuzt und so die Hoffnung eines erfreulichen Wiedersehens vereitelt worden.

unverbrüchlich

J. W. v. Goethe.

Weimar den 21. September 1824.


38/213.


An Johann Friedrich Christian Werneburg

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende mit Dank das mitgetheilte englische Journalstück hiebey zurück. Dr. Reade war mir schon bekannt,[252] demohngeachtet aber war mir seine neueren Bemühungen kennen zu lernen sehr angenehm.

Das Schreiben des Heidelberger Freundes liegt hier bey, von den besten Wünschen begleitet.

Weimar den 21. September 1824.


38/214.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

die gnädigst mitgetheilten Sinica hiedurch zurücksendend, bemerke nach näherer Betrachtung, daß hier die Rede sey von einer wichtigen Sammlung chinesischer Bücher und literarischer Seltenheiten; die Zahl des angegebenen, jahrelang mit Sorgfalt gehäuften Schatzes beträgt 67 Bände und Hefte und wird auf 5361 rh. angeschlagen.

Der Besitzer, und wie aus allem hervorgeht, ein fleißiger Mitarbeiter im chinesischen Felde, Antonio Montucci, wünscht solches zu verkaufen und beweist durch einen beygelegten Quartband daß er in diesem Geschäft anerkannte Verdienste habe.

Welchen Werth man aber auch dieser Sammlung zugestehen mag, so werden Ew. Königliche Hoheit doch schwerlich gesinnt seyn in das Anerbieten einzugehen; der Einfluß chinesischer Literatur auf unsere Studien orientalischer Sprachen ist noch viel zu gering, als das es dergleichen Hülfsmittel bey uns bedürfte; für[253] das näher liegende Arabische ja Indische haben Ew. Königliche Hoheit schon manches gethan, welches nicht unfruchtbar gewesen ist, den Professor Kosegarten in seinen Studien besonders gefördert hat und auch einem jeden Nachfolger von bedeutendem Nutzen seyn wird.

Höchst Dieselben erlauben gewiß daß wenn in diesem Fache sich irgend etwas Bedeutendes hervorthut dasselbe schuldigst gemeldet und zu dessen allenfalsigen Anschaffung geziemender Vorschlag gethan werde.

Verehrend

unterthänigst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 22. September 1824.


38/215.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht ergebenst anzuzeigen, daß ich unter dem heutigen Datum eine Assignation von

vierhundert Thalern Sächsisch in 20 Xr.

á 5 Groschen 4 Pf.

an Herrn Hofbanquier Julius Elkan ausgestellt habe, welche zu honoriren und den Betrag derselben auf Rechnung der J. G. Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart zu notiren bitte.

Mich geneigtem Andenken empfehlend habe die Ehre mich zu unterzeichnen.

Weimar den 22. September 1824.[254]


[Beilage.]

Die Herren Geh. Cammer-Rath Frege und Comp. in Leipzig werden gegen diese meine Assignation die Summe von vierhundert Thalern Sächsisch in 20 Xr. an Herrn Hofbanquier Elkan in Weimar oder dessen Ordre für Rechnung der J. G. Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart gefällig auszahlen lassen.

Weimar den 22. September 1824.


38/216.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

sind so gewandt als geneigt ältere Data zu bestimmen, um Folgendes bitte: In welchem der achtziger Jahre sind Serenissimus in Braunschweig gewesen?

Ferner bemerke daß wir wahrscheinlich den Graf Reinhardischen Brief falsch ausgelegt haben.

Nicht weniger bitte mich an die Schuld zu erinnern die ich noch an den mir zugewiesenen Schönschreiber rückständig bin.

Mit den besten Wünschen.

gehorsamst

Weimar den 22. September 1824.

Goethe.[255]


38/217.


An Carl Friedrich Bachmann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende auf Serenissimi gnädigsten Befehl das anher mitgetheilte Verzeichniß einer bedeutenden Sammlung chinesischer Bücher und literarischer Seltenheiten.

Ob man nun gleich, auch bey nur allgemeiner Übersicht, den Werth eines solchen mit Kenntniß und Mühe zusammengebrachten Schatzes zu ehren hat, so ist doch der Einfluß chinesischer Literatur auf unsere akademischen Studien orientalischer Sprachen noch viel zu gering als daß es dergleichen Hülfsmittel bedürfte. Für das näher liegende Arabische, ja Indische haben Ihro Königliche Hoheit schon manches gethan und wird daran auch in der Folge nicht fehlen.

Wollten daher Ew. Wohlgeboren Herrn Antonio Montucci mit Dank den Catalog wieder zustellen, so würde dieses kleine eingeleitete Geschäft abgethan seyn.

Könnte ferner der hier gleichfalls wieder beygehende gedruckte Quartband bey uns verbleiben, so möchte es angenehm seyn und würden Ew. Wohlgeboren in dem Falle die Gefälligkeit haben solchen Herrn Professor Güldenapfel, als akademischen Bibliothekar, zu übergeben.

Der ich die Ehre habe mich mit Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 23. September 1824.[256]


38/218.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Bester, Beykommendes im Ganzen und Einzelnen gefällig durchsehen und mit mir in diesen Tagen darüber conversiren.

Mit den besten Wünschen

Weimar den 23. September 1824.

G.


38/219.


An Eduard Joseph d'Alton

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

ein Zeugniß meines unbezweifelten immerfortdauernden Andenkens zu geben, sende die lithographirte Abbildung eines Hengstes; er ward auf Speculation von einigen Gothanern aus Steyermark nach Gotha gebracht und, weil man zu schnell Capital und Interesse aus seinen lebendigen Kräften herausziehen wollte, in kurzer Zeit offenbar getödtet.

Er ward von einem Rudolfstädter, Namens Cotta, bey noch gutem Wohlseyn gemalt und jetzt lithographirt, er war ganz weiß und nur an der Stelle des Beckens ein graulicher Fleck zu sehen, der aber aus einer conträren Richtung der Haare zu entstehen schien. Sonst nicht die mindeste Farbveränderung, die Hufe chalcedonartig, die Hoden und das Scrotum schwarz.

[257] Ich habe das Thier selbst nicht gesehen, sondern nur das Gemälde. Man sagte, drey tausend Ducaten sehen dafür bezahlt worden, wahrscheinlich um zu hohen Sprunggeldern berechtigt zu seyn. Jetzt ist der Eierstock mit der Henne verloren.

Ich sende den Abdruck noch feucht; noch ganz entzückt von der gefällig eingesandten Recension, die soeben bey mir durch die Revision geht. Nun wünsch ich auch einige Worte zur Belehrung über dieses verunglückte Geschöpf.

Und indem ich schließe hab ich nicht den Muth Sie einzuladen, vor'm Jahr gelang es mir sehr schlecht, die herrlichsten Freunde hatten sich aus verschiedenen Entfernungen bey mir angesagt und fanden mich im tiefsten katarrhalischen Zustande, unfähig einer jeden Theilnahme. Nun sey es dem Glück überlassen und der Impulsion der Entfernten.

Weimar den 24. September 1824.


38/220.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

sende die beiden bey mir niedergelegten Werke zurück; möchten Sie solche Serenissimo vorlegen und höchste Entscheidung erbitten. Die Iturbidischen Memoiren finden sich leider nicht sogleich; daß er sich bey mir verloren hat, fürcht ich, auf das Unheil das ihm in Amerika begegnet scheint.

[258] Sollten Sie, wie es wohl möglich wäre auf Ihrer Neustädter Tour, den Criminal-Assessor Heller zu Weida sehen, so würden Sie gefälligst ihn aufmuntern, die meteorologischen Beobachtungen an gedachtem Ort zu übernehmen, der Mangel derselben war uns bisher nur allzufühlbar. Sagen Sie diesem wackern Mann auch ein freundliches Wort in meinem Namen. Glückliche Expedition.

gehorsamst

Weimar den 29. September 1824.

G.


38/221.


An Amalie von Levetzow

Am Ende muß ich doch den Entschluß lassen, meine Theuren, daß Sie mich sehr glücklich gemacht haben, mit wenig Worten zu sagen, viele kommen nach. Weimar d. 1 Octbr 1824.

unwandelbar

Goethe.


38/222.


An Friedrich Carl

[Concept.]

Sie erhalten hiebey, mein werthester Herr, zwey Kisten deren nähere Bestimmung aus beykommenden Adressen zu sehen ist und die Sie, wie der Museumsschreiber Färber vermeldet, zu versenden geneigt sind. Mein Wunsch wäre daß sie franco an Ort und[259] Stelle gelangten, Sie würden ja wohl deshalb das Nöthige besorgen, auch den Frachtbriefen die gehörige Form geben, und ich werde die desfallsige Rechnung sogleich bezahlen.

Dem Fuhrmann der die Kiste nach Dresden zu bringen hat wäre besondere Aufmerksamkeit zu empfehlen da der Kasten groß und unbehülflich und die darin enthaltenen Gemälde von Werth sind. Sollte noch etwas zu bedenken seyn, so ersuche um Nachricht.

Weimar den 2. October 1824.


38/223.


An Carl Gustav Carus

Ew. Wohlgeboren

für die letzte Sendung, sowie für alles was mir von Ihnen zugekommen zum besten dankend, vermelde daß der Kasten mit den Bildern von hier nach Jena abgegangen und, wie ich hoffe, sorgfältig von dort weiter spedirt werden wird.

Diese wahrhaft liebenswürdigen, tiefgefühlten Kunstwerke kamen zur ungünstigsten Zeit. Unser erst werdendes Museum lag durch unheilbar schwere Krankheit des Aufsehers in trauriger Stockung, die sich dadurch vermehrte, daß eben in dem Augenblicke noch eine andre Anstalt damit verbunden werden sollte, wodurch denn die Verwirrung immer größer ward; die Säle wurden selten besucht, ich hielt Ihre Bilder bey mir aufgestellt,[260] wo sie zu mancher angenehm-geselligen Unterhaltung dienten.

Nun ergriff ich bey unserer letzten Ausstellung die Gelegenheit sie in ein günstiges Licht zu setzen, wo sie denn auch von Hof und Publicum mit Antheil betrachtet worden; aber mein Wunsch ward demohngeachtet nicht erfüllt; gern hätte ich, mit Ew. Wohlgeboren Zustimmung, einiges hier festgehalten, doch auch das wollte nicht gelingen.

Ich bin umständlich in solcher Erzählung, weil ich nicht wünschte, daß Sie mich in dieser Angelegenheit für nachlässig hielten; die Umstände waren aber noch viel verwickelter, als ich erzählen kann. Sey es den Weimarischen Kunstfreunden vergönnt bey Gelegenheit ihre Theilnahme an diesen werthen Kunsterzeugnissen auszusprechen.

Was ich von Ihren naturwissenschaftlichen Bemühungen gewahr werde, erfüllt mich jederzeit mit Bewunderung, ich mag die tiefen reinen Ansichten oder den glücklich freyen Vortrag, die genauen Inneres und Äußeres entwickelnden Darstellungen betrachten, alles erregt in mir die genugsamsten Gefühle; Urtheil hab ich nicht über Ihre Arbeiten, ich muß mich darin zu finden suchen, sie zu nutzen wissen und freue mich in meinen hohen Jahren soviel davon aufnehmen zu können.

In dem leider über die Gebühr verspäteten morphologischen Hefte finden Sie Ihren schönen längst[261] mitgetheilten Aufsatz, und auch von meiner Seite manche treue Erwähnung.

Möge die wenige Wirkung, die mir noch vergönnt ist, auch Ihnen zu einiger Zufriedenheit gereichen.

aufrichtig theilnehmend

Weimar den 2. October 1824.

J. W. v. Goethe.


38/224.


An Johann Gottfried Langermann

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

so ganz zu rechter Zeit bey mir angelangtes, gehaltreiches Schreiben gedachte nicht eher zu erwidern als bis ich auch etwas von Bedeutung mitzutheilen hätte.

Nun sende den Auszug aus einem französischen Briefe, den ich, weil eine unleserliche Handschrift nicht wohl zu copiren und meinem Schreibenden französisch nicht zu dictiren war, geschwind übersetzte. Lassen Sie zunächst das Blatt nur den Freunden sehen, damit es nicht voreilig in's Publicum trete. Zwar ehrt es unsern abgeschiedenen Freund, indem es desselben Willkür und Charakter zugleich vollkommen darstellt. Und freylich wer dem Tod mit solcher Gleichgültigkeit entgegen sieht, der darf wohl auch etwas wunderlich leben. Grüßen Sie Zeltern zum schönsten; ich habe mich immer seiner Pietät gegen den Abgeschiedenen gefreut; die vollkommene Anerkennung der entschiedenen[262] Verdienste des seltsamen Freundes schien das Misbehagen, das uns andern bey seiner Wunderlichkeit befiel, völlig in der edlen Seele zu überwiegen.

Nun will ich schließen um Ihnen, als einem erprobten psychischen Arzte, noch eine bewundernswerthe Lecture zu empfehlen.

In Tiecks Vorschule Shakespears findet sich ein Stück Arden von Feversham, das ich zu lesen bitte wenn Sie es noch nicht kennen. Mir erscheint Shakespeare in jeder Zeile und zwar der junge, dem es zu thun ist sich selbst von den Tiefen der Menschheit Rechenschaft zu geben, dem aber die eigentliche Bretterbühne so gut wie Null ist. Dieser Sinn scheint mir durch alle seine Stücke durchzugehen.

Soviel für dießmal mit tausend Grüßen. Nächstens ein morphologisches, leider unerlaubt verspätetes Heft.

Weimar den 2. October 1824.


38/225.


An Johann Jacob von Willemer

Also abermals Artischocken! sorgfältig wie die vorigen gepackt und nun gar mit Zuckerwerk begleitet, bey Tisch und Nachtisch zur Freude und Bewunderung großer und kleiner Familienglieder und werther Gäste. Was ist aber nicht alles zum 28. August angelangt und wie möcht ich dafür danken!

[263] Wir leben in drohender Bewegung: die junge Fürstliche Familie geht nach Petersburg. Bey einem solchen Scheiden was kommt da nicht alles zur Sprache, bey jeder Trennung wird empfunden was eine befriedigte Gegenwart verschweigt; und um nicht noch mehrere Tage mit meinem schuldigen Schreiben zu zaudern, sage ich mit wiederholtem Dank: daß ich seit einigen Wochen von Heidelberg nicht wegkommen kann und daß jene neubelebten Ruinengärten als Hintergrund aller Pflichtgefühle, aller Geschäfte und Zerstreuungen unwandelbar mir vor den Augen stehen. Unser werther Sulpiz möge sich glücklich preisen daß er das Erfreulichste persönlich hat wieder vergegenwärtigen können.

treu anwesend

Weimar den 6. October 1824.

Goethe.


38/226.


An Justus Christian von Loder

Ew. Hochwohlgeboren

verpflichteten Dank für manches bisherige Freundliche mit wenigen Worten auszusprechen versäume nicht die dargebotne gute Gelegenheit, da unsere theure Erbgroßherzogliche Familie eine Reise nach Petersburg antritt.

In meinen morphologischen Heften habe ich wiederholt der schönen und lehrreichen Tage gedacht die wir[264] in Jena zusammen verlebten und die vielleicht für beide sich nicht erneuerten. Nur eine wiederholte Erfahrung, wie schwer es sey Bücher in Rußland einzuführen, hielt mich ab, gedachte Hefte von Zeit zu Zeit zu übersenden; dießmal wag ich es in Hoffnung glücklicher Überkunft.

In dem anatomischen Werke hab ich die sonstige und immer fortgesetzte Genauigkeit Ihrer Studien und Lehrbemühungen gar wohl erkannt und danke zum allerbesten daß Sie, jenes gemeinsamen Bestrebens eingedenk, meiner dabey so ehrenvoll haben erwähnen mögen.

In dem Catalog bin ich, mit wahrem Vergnügen, unter so manchen alten Bekannten umhergegangen und habe mich der Dauer solcher Zeugnisse eines vieljährigen, nie unterbrochenen Fleißes höchlich gefreut. Ich dachte dabey, in welche Entfernung diese Schätze, durch wiederholte Wanderungen, wohl erhalten gelangt, vermehrt und verherrlicht, den fürchterlichen Weltschicksalen glücklich entgangen, so manches Unheil überdauert haben.

Mögt ich noch lange mich Ihres wohlwollenden Antheils erfreuen!

Treulichst

Weimar den 7. October 1824.

J. W. v. Goethe.[265]


38/227.


An Friedrich Maximilian Klinger

[Concept.]

[7. October 1824.]

Und sollt ich, theurer verehrter Freund, unsere innig geliebte Gräfin Caroline von hier abreisen lassen ohne ihr ein Wort des Andenkens aufzutragen, zumal da ich noch Dank schuldig bin für den öffentlichen edlen Ausdruck Ihres gerechten Unwillens. Es that mir freylich leid daraus zu ersehen daß die Niederträchtigkeiten bis zu Ihnen durchgedrungen sind, die, obschon in Deutschland an der Tagesordnung, den Bessern kaum berühren. Es ist noch ein so guter Kern und Stamm in der Nation, daß von den eigentlich Grundschlechten nichts zu befürchten ist.

Beykommendes Heft spricht Ihnen aus womit und wie ich mich beschäftige; ein schöner Kreis bewegt sich in denselben Richtungen, erregt löbliche Aufmerksamkeit und zieht gar manchen Jüngeren in das höhere Interesse. Auch wenn ich Weiteres mittheilen wollte, würden Sie mich immer auf dem alten Wege finden und wieder erkennen. Den Sommer hab ich dießmal zu Hause in mancherlei Thätigkeiten zugebracht und sehe einem leidlichen Winter entgegen, wenn ich mich wie bisher im Gleichgewicht halten kann. Die Abwesenheit unserer jungen Herrschaften und ihrer höchstbedeutenden Umgebung wird freylich in unsern Zuständen eine große Lücke machen.

[266] Daß Sie mein in Liebe und Treue gedenken, empfind ich immerfort; sagen Sie mir mit den Rückkehrenden eine Sylbe, aber sonst gelegentlich; ein solches unmittelbares Zeichen würde auch den trübsten Tag erheitern.

Den nächsten 5. November tret ich in's funfzigste Jahr meines Hierseyns; vor der Reihe einer dorther sich spinnenden Erinnerung möchte einen fast grauen, wäre man nicht nach einem so weiten überschifften Zeitraum doch noch bey sich selbst und bey seinen theuersten Freunden. Ich zähle noch gar viele Zeitgenossen die nur wenig jünger sind als ich, und so kann man sich gar mannichfaltiger, gemeinsam-ausgegangener guter und nachhaltiger Wirkungen gar wohl getrösten. Unser Verhältniß ist wohl das älteste, möge es in diesen Tagen fort und fort gesegnet seyn!


38/228.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

macht es wohl einiges Vergnügen die schöne Blüte des Cactus Hexagonus wie sie in Jena sich gezeigt auf dem Papier fixiert zu sehen. Merkwürdig ist der gewaltige Trieb dieser vegetabilischen Kerze, aus der zu gleicher Zeit Blüten, Knopfen, verkümmerte und monstrose Bildung hervortreten. Wahrscheinlich blüht im geeigneten Klima ein solcher wundersamer Stengel über und über auf einmal.

[267] Der wegen pathologischer Zeichnungen begünstigte Ernst Schenk in Jena hat gezeigt daß er nicht allein tödtliche Krankheit sondern auch frisches Leben darzustellen vermag. Er verdient die Unterstützung die ihm durch Ew. Hoheit Gnade geworden ist.

Den von Hofrath Sprengel übersendeten reichhaltigen Band werden Ew. Hoheit mit Zufriedenheit erhalten haben; es scheint ein recht freundliches Geschick daß die erste Gabe zu diesem festlichen Jahr aus einem unübersehbaren Pflanzen-Reichthum besteht.

Weimar den 8. October 1824.


38/229.


An Carl Ludwig von Knebel

Hiebey mein Werthester das Älteste und Neuste, mit Bitte durch die nächsten Boten mir den Namen der guten Bürgermeisterin von Nürnberg anzuzeigen, mit der wie sonst mancherlei mineralogischen Verkehr gehabt.

Das Beste wünschend

Weimar den 11. October 1824.

G.


38/230.


An Johann Georg Lenz

Auf Ew. Wohlgeboren vor einiger Zeit an mich ergangene Anfrage, wegen unseres nordischen werthen Freundes, erwidere Folgendes:

[268] Ehe ich einen Antrag nach den geäußerten Wünschen thun kann, so müßte etwas nähere Nachricht von den äußern Umständen des geschätzten Mannes erhalten. Notizen von seiner Familie, dessen Alter, Vorname, Charakter, Anstellung in einem öffentlichen Amte, sonstige Beschäftigung, und Staats-Verhältniß u.s.w.

Es versteht sich daß hiernach bescheidentlich gefragt wird und daß ich soviel als möglich von diesen Umständen erfahre, damit ich auf alle Fälle bereit sey den gewiß an mich ergehenden Anfragen genug zu thun. Von den schönen naturwissenschaftlichen Kenntnissen, Reisen, Bezug auf uns, von der Achtung, die er in der gelehrten Welt genießt, können wir selbst Zeugniß geben.

Was die Angelegenheit Ihres guten Sohns betrifft bin ich nicht im Stande nach Ihren Wünschen einzuwirken. Ich lege deshalb das Zeugniß wieder bey, wenn Sie selbst deshalb sich an die Behörde wenden wollen da ich denn gern ein Vorwort, welches jedoch bey der strengen Art, wie die Sache jetzt genommen wird, wenig Einfluß haben möchte, zu verwenden geneigt bin.

Ferneres Glück zu Erweiterung unserer unschätzbaren Sammlung.

ergebenst

Weimar den 11. October 1824.

J. W. v. Goethe.[269]


38/231.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Da ich das Vergnügen habe Sie heut Abend um 6 Uhr zu sehen, so thue den Vorschlag nach geendigtem Geschäft einige kalte Speise bey mir einzunehmen.

Weimar den 11. October 1824.

G.


38/232.


An Philipp Wilhelm von Motz

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

habe die Ehre das mir anvertraute Schaztkästchen dankbar zu übersenden, mit der Bemerkung; daß es inwendig auf das sorgfältigste gepackt worden und also, wenn es nur von außen gehörig verwahrt wird, ohne Bedenken abgesendet werden kann.

Wohlwollendem Andenken mich auf's allerbeste empfehlend.

Weimar den 13. October 1824.


38/233.


An die Weygandische Buchhandlung

Ew. Wohlgeboren

danke zum allerbesten für die übersendeten Exemplare, indem ich zugleich versichere daß es mich höchlich erfreut dieses kleine Geschäft zu beiderseitiger Zufriedenheit beendigt zu sehen.

[270] Ein neues ästhetisches Werk, von Gehalt und Umfang wie Sie es wünschen müssen, möchte mir in meinen Jahren wohl schwerlich gelingen, wir wollen daher auf dasselbe lieber Verzicht leisten und zufrieden seyn das funfzigjährige Jubiläum des guten Werthers mit einander so löblich gefeyert zu haben.

Möge eine jede, auch wohl bedeutendere Unternehmung Ihnen alles Glück bringen.

ergebenst

Weimar den 14. October 1824.

J. W. v. Goethe.


38/234.


An Johann Gottfried Langermann

[Concept.]

[16. October 1824.]

Also, hier versprochener Maßen das verspätete Heft Morphologie! mit dem naturwissenschaftlichen verbunden ist es vielleicht erst zu Ende dieses Monats zu versenden. Sie finden sich heraus was drin verborgen liegt, weil Sie die Intention durch und durch kennen. Sie commentiren das Abgebrochene, verbinden das Desultorische und machen durch eine freundliche Unterhaltung ein ordentliches Büchlein aus dem zusammengestoppelten Hefte.

Durch Freundes Hülfe bin ich in allem zwar auf das wünschenswertheste gefördert, aber noch vielmehr könnt ich beleben, mittheilen, anregen, wenn die liebe[271] Jugend sich nicht so original fühlte um nur auf eigene Weise zu Werke zu gehen.

Nun eine freundliche Bitte wegen des Beykommenden. Ein wundersam-hübsch natürlich sich ausdrückender junger Mensch bittet mich weil er arm sey um meine Werke; ich schicke ihm hiebey was ich am nöthigsten halte und bitte Sie ihm das Paquetchen sicher zukommen zu lassen. Vielleicht gibt es Ihnen eine psychische Unterhaltung wenn Sie ihn vor sich fordern und es ihm selbst überreichen.

Von so manchen andern Dingen die mich umgeben, anregen, treiben, nöthigen wag ich nicht anzufangen, das naturwissenschaftliche Heft bringt dergleichen Andeutungen genugsam; die Unvernunft der Plutonisten letzter Zeit macht mich ungeduldig; ich habe einmal gerade herausgesagt wie ich's meyne, mit folgendem Vorwort:

»Man thut immer besser daß man sich grad ausspricht ohne viel beweisen zu wollen, alle Beweise die wir vorbringen sind doch nur Variationen unserer Meynung.«


So eben noch eine Novität zur Beylage. Indessen die heiligen Bibelgesellschaften alle Unarten der Patriarchen und Könige des gelobten Landes auf's neue fort und fort über die weite Welt promulgiren und diese erbaulichen Kenntnisse durch alle Zonen zu verbreiten wissen, unterläßt ein weltlich gesinnter[272] Verleger nicht die Thorheiten eines deutschen Jünglings gleichfalls wieder in beliebtem Format über das Continent auszugießen ohne zu bedenken was seine Firma vor 50 Jahren damit für Unglück angerichtet hat; das Einzige hoffe ich daß aus dem näheren Studium dieses Büchleins sich keine ketzerischen Albigenser hervorthun und zu ihrer so greulichen als gerechten Bestrafung das fromme Jahrhundert aufrufen werden.


38/235.


An Carl Stromeyer

Ew. Wohlgeboren

übersende das früher Zugesagte, da ich höre daß der Paria nun an die Reihe kommt, mit dem Wunsch geneigter Aufnahme.

1) Auszug aus dem Briefe des Herrn Grafen Brühl, der uns wegen des noch ermangelnden Theatercostüms an das lyrische Drama Nurmahal verweist.

2) Der Berliner Theatercostüms 2. Band, worin die Personen dieses Stückes auftreten.

3) Ein Aufsatz der allenfalls vor der Aufführung des Stücks in's Publikum kommen könnte. Er ist so kurz gefaßt als möglich, indessen dürfte er zur Einleitung hinreichend seyn.

Mich zum geneigten Andenken bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 17. October 1824.

J. W. v. Goethe.[273]


38/236.


An Amalie von Levetzow

Also wieder ein Ausrufungs Zeichen – ¡ – und zwar ein umgekehrtes. Denn fürwahr so wie jenes gemeinsame Blättchen mich entzückte so betrübt mich die letzte Nachricht, und wie dort so kann ich jetzt auch keine Worte finden.

Es trifft zu, ich bin jenes Tages an der Post vorbeygefahren, habe Personen am Thor stehende begrüst, aber nicht gedacht daß ich ganz andre dort hätte begrüßen sollen. Ich will nun auch nicht mehr an Vorahnungen und sonstiges geheimes Andeuten im mindesten glauben da so viel Schönes und Liebes unempfunden bey mir vorüber gehen können.

Indessen ich mir einen Augenblick wünschte recht herzlich auszusprechen wie schön mich die vierfache Zuschrift entzückt hatte, wie ich so ganz mich unter Sie versetzt fühlte als Sie den zierlichsten Gedancken ausführten und mit niedlicher Schrift ein wahres Familienwohlwollen so lieblich ausdrückten. Zweifelten Sie aber in der Folge, vielleicht nicht unbillig an meinen unwandelbaren Gesinnungen, so möcht ich doch zu meinem Troste dencken: dieser Zwiespalt sey nicht ganz einstimmig gewesen, ein und das andere holde Gemüth habe zu meinem Gunsten gesprochen. Und so möcht' ich wohl Ulriken, das sanfte ruhige Kind, auf ihr Gewissen fragen: ob Ihr nicht irgend etwas zu[274] meinem Vortheil aufgegangen sey? Ganz gewiß war hie und da in dem einzelnen Herzen etwas das mich lossprach wenn der ganze Kreis mich verdammte.

Und wie sollt ich nun von den Hindernissen sprechen, die mir eine ruhig besonnene

(Die Fortsetzung folgt.)

treulichst

Weimar d. 18 Octbr 1824.

Goethe.


38/237.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

interessirt es wohl, wahrscheinlich auch Herrn Staats-Minister v. Lindenau, das Urtheil eines so bedeutenden Pferdekenners als Professor d'Alton über die Abbildung des vorzüglichen gothaischen Hengstes zu lesen; zwar wird dadurch die Betrübniß über den frühen Verlußt eines so vollkommenen Geschöpfes nur vermehrt, zugleich aber doch das Andenken an seine Vorzüge durch beyfolgende Bemerkungen rein erhalten und der Widerspruch der sich bey'm ersten Anblick des Bildes selbst dem Auge des Layen darbietet, daß die Gestalt zu lang erscheine, rectificirt und aufgeklärt.

Weimar den 29. October 1824.[275]


38/238.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Bey dieser Sendung habe Ew. Wohlgeboren Geduld und Nachsicht ganz besonders anzusprechen, denn durch die unterbrochenen langsamen Sendungen des Manuscripts haben sich Irrungen hervorgethan, die Sie geneigt wieder in's Gleiche bringen werden.

1) Die Revision des Bogens N gilt durchaus was das Einzelne betrifft, aber

2) der Aufsatz S. 196, durch das Gas des Marienbrunnens angegriffenes Grundgebirg, fällt aus, denn diese Materie ist schon auf dem Bogen L S 161 ff. obgleich viel kürzer behandelt.

3) Bey dieser Gelegenheit wünschte überhaupt eine Umstellung der Columnen wie der zusammengeheftete und mit Bleystift beschriebene Bogen ausweist. Die Angelegenheit wird hiedurch so deutlich daß ich weiter nichts hinzufüge.

4) Auf dem Bogen N treten daher einige für den Bogen O bestimmte Columnen herüber, welchen jedoch beykommendes Manuscript beynahe füllen wird. Einige allenfalls noch fehlende Columnen können sogleich nachgebracht werden.

5) Von dem Bogen N erbitte mir nochmalige Revision und bemerke noch Folgendes:

6) Von den beiden Columnen 189 und 190 wären noch wie von dem Bogen M 50 Exemplare nachzuschießen,[276] damit dieses nun auf eine schickliche Weise geschehen könne so wünsch ich daß man dazu einen Viertelsbogen nehme, mit welchem alsdann jener Bogen N bequem könnte zusammengeheftet werden. Ich sende auch deshalb ein Musterblatt, von welchem früher oder später ich eine Revision wünsche.

7) Liegt das Manuscript zum Umschlag bey mit Titel und Inhalt.

Weimar den 23. October 1824.


38/239.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Herr Professor Riemer hat die Gefälligkeit sich einzurichten Sonntag um 12 Uhr das bewußte Geschäft mit mir fortzusetzen; und sodann an unserem Familientisch vorlieb zu nehmen.

Weimar den 29. October 1824.

G.


38/240.


An Carl Friedrich Zelter

Schon längst war mein Wunsch daß du zu irgend einer Wanderung möchtest aufgefordert werden, weil ich gewiß war, daß ich alsdann wieder etwas von dir vernehmen würde, da ich mich wohl bescheide daß in dem überlebendigen Berlin nicht leicht Jemand zu der Besinnung kommt die eine Wirkung in die[277] Ferne zur Folge hätte. Nun veranlaßt eine gefährlich-abenteuerliche Pilgerschaft den werthen Freund zu einer ganz eigen-hübschen Darstellung; ein gedrängtes Familienfest zu einer Schilderung die in irgend einem englischen Roman gar wohl Platz fände. Dagegen erwidere ich auch aus meinem stillen Revier dieses und jenes.

Zuerst also ist mir mein Zuhausebleiben für dießmal ganz wohl gerathen, wir wollen es aber nicht beschreyen, sondern in stiller Bescheidenheit thätig hinleben.

Eine Sendung an Langermann hat er wohl mitgetheilt. Das einleitende Gedicht zu dem wieder auflebenden Werther las ich mir neulich in stiller Betrachtung vor, und gleich hinterdrein die Elegie, die sich ganz löblich anschließt; nur vermißte ich dabey deinen unmittelbar lieblich einwirkenden Ton, welcher sich jedoch nach und nach aus dem Innersten wieder belebend hervorhob.

Ich schließe nun auch das naturwissenschaftliche Heft, das dieses Jahr unschicklicherweise retardirt worden, redigire meine Correspondenz mit Schiller von 1794 bis 1805. Es wird eine große Gabe seyn, die den Deutschen, ja ich darf wohl sagen den Menschen geboten wird. Zwey Freunde der Art, die sich immer wechselseitig steigern indem sie sich augenblicklich expectoriren. Mir ist es dabey wunderlich zu Muthe, denn ich erfahre was ich einmal war.

[278] Doch ist eigentlich das Lehrreichste der Zustand in welchem zwey Menschen, die ihre Zwecke gleichsam par force hetzen, durch innere Überthätigkeit, durch äußere Anregung und Störung ihre Zeit zersplittern; so daß doch im Grunde nichts der Kräfte, der Anlagen, der Absichten völlig Werthes herauskommt. Höchst erbaulich wird es seyn; denn jeder tüchtige Kerl wird sich selbst daran zu trösten haben.

Sonst wird noch mancherlei gefördert was durch das aufgeregte Leben jener Epoche wieder in's Leben tritt. Wenn das was du vor einem Jahr als den Grund meiner Krankheit erkanntest, nun, wie es den Anschein hat, sich als das Element meines Wohlbefindens manifestiren wird, so geht alles gut und du hörst von Zeit zu Zeit erquickliche Nachricht.

Damit ich aber doch vielleicht zunächst etwas von dir höre, so geschähe mir durch kurze kräftige Schilderung des Königstädter Theaterwesens ein besonderer Gefalle; zwar kann ich mir aus dem was sie spielen und wiederholen, aus den Anzeigen und Urtheilen wie sie die Zeitung bringt einigen Begriff machen; doch wirst du auf alle Fälle meine Vorstellungen berichtigen und kräftigen. Der Architekt, durch dich angeregt, sandte mir einen Grundriß, mir sehr angenehm, weil daraus zu ersehen ist: daß in einen bedeutenden Raum zwischen Bürgerhäuser das Theater hineingestellt ward, das sich denn auch ganz hübsch und heiter ausnehmen mag, wie denn das Zurücktreten[279] der verschiedenen Logenreihen dem Zuschauer ganz behaglich ist um gesehen zu werden indem sie sehen. Soviel ist mir alles schon bekannt und du wirst mit wenigen Zügen mir in die eigentlichste Gegenwart hineinhelfen.

So eben verläßt mich J. A. Stumpff, Harp Maker to his Majesty aus London, gebürtig aus der Ruhl, als Knabe nach England versetzt, jetzt als tüchtiger Mechanicus daselbst wirkend, eine stämmige Gestalt von bedeutender Größe, an der du dich erfreuen würdest; zugleich vom herzlichsten Patriotismus für unsere Sprache und Schrift durch Schiller und mich zu allem Guten geweckt und höchlich entzückt unsere Literatur nach und nach gekannt und geschätzt zu sehen. Es war eine merkwürdige Erscheinung!

and so fore ever

Weimar den 30. October 1824.

G.


Sie läuten so eben mit unseren sonoren Glocken das Reformationsfest ein. Ein Schall und Ton bey dem wir nicht gleichgültig bleiben dürfen. Erhalt uns Herr bey Deinem Wort, und steure –


38/241.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

[30. October 1824.]

Der Bogen N sieht jetzt ganz schicklich und freundlich aus, ich lege eine Kleinigkeit bey zur Ergötzung der Mitwirkenden.

[280] Von den französischen Quartblatt erbitte mir 50 Exemplare auf solches Papier wie der Buchstaben M nachgeschossen worden.

Dem Bogen O so wie dem Umschlag sehe entgegen.

Das Allerbeste wünschend.

Weimar den 28. October 1824.


38/242.


An Thomas Carlyle

Wenn ich, mein werthester Herr, die glückliche Ankunft Ihrer willkommenen Sendung nicht ungesäumt anzeigte, so war die Ursache, daß ich nicht einen leeren Empfangschein ausstellen, sondern über Ihre mir so ehrenvolle Arbeit auch irgend ein geprüftes Wort beyzufügen die Absicht hatte.

Meine hohen Jahre jedoch, mit so vielen unabwendbaren Obliegenheiten immerfort beladen, hinderten mich an einer ruhigen Vergleichung Ihrer Bearbeitung mit dem Originaltext, welches vielleicht für mich eine schwerere Aufgabe seyn möchte, als für irgend einen dritten der deutschen und englischen Literatur gründlich Befreundeten. Gegenwärtig aber da ich eine Gelegenheit sehe durch die Herren Grafen Bentinck gegenwärtiges Schreiben sicher nach London zu bringen, und zugleich beiden Theilen eine angenehme Bekanntschaft zu verschaffen, so versäume nicht meinen Dank für Ihre so innige Theilnahme an meinen literarischen[281] Arbeiten sowohl, als an den Schicksalen meines Lebens hierdurch treulich auszusprechen und Sie um Fortsetzung derselben auch für die Zukunft angelegentlich zu ersuchen. Vielleicht erfahre ich in der Folge noch manches von Ihnen und übersende zugleich mit diesem eine Reihe von Gedichten, welche schwerlich zu Ihnen gekommen sind, von denen ich aber hoffen darf, daß sie Ihnen einiges Interesse abgewinnen werden.

Mit den aufrichtigsten Wünschen

ergebenst

Weimar den 30. October 1824.

J. W. v. Goethe.


38/243.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie wohl, mein Theuerster, beykommendem uralten Manuscript einige Aufmerksamkeit schenken und überlegen ob es mit einiger Nachhülfe noch brauchbar seyn könnte.

Weimar den 30. October 1824.

G.


39/1.


An Carl Ferdinand Friedrich von Nagler

[Concept.]

Schon seit vielen Jahren höre ich Ew. Excellenz als den umsichtigsten Kunstkenner und glücklichsten Sammler preisen; in der neusten Zeit habe ich Sie als den thätigsten Geschäftsmann zu bewundern, und als den thätigsten Geschäftsmann zu bewundern, und nun ward mir auch der Vorzug einer persönlichen Bekanntschaft; da ergab sich denn bey mir sogleich ein wohlgegründetes unbedingtes Vertrauen.

Auf dieses gestützt nehme mir die Freiheit in der Beylage einen Wunsch zu eröffnen der mir nicht unbillig scheint, dessen Gelingen ich aber niemand als Ew. Excellenz in die Hände legen möchte. Ich wage dieß unmittelbar im strengsten Geheimniß damit ich im Fall des Gelingens freudig anerkenne wenn ich so bedeutende Vortheile schuldig geworden, oder wenn Sie das Geschäft nicht für thunlich hielten mich, ohne weiteres, mit Überzeugung im Stillen bescheide.

W. 2. Nov. 1824.[1]


[Beilage.]

Geneigtest zu gedenken.


Der Contract, den Unterzeichneter mit der J. B. Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart über die Ausgabe seiner ästhetischer Werke Anno 1816 auf sieben Jahre vollzog, war auf zwanzig Bände gerechnet, welche nach und nachgeliefert wurden, sodann aber, nach Verlauf erstgedachten Termins, die beiderseitige Verpflichtung erlosch.

Von der Zeit an dachte man auf eine erweiterte Ausgabe, welche nicht allein jene ersten zwanzig Bände, sondern auch die inzwischen einzeln abgedruckten Arbeiten, nicht weniger manches vorräthige Manuscript in sich fassen sollte; so daß daher wohl eine auf die vierzig Bände sich erstreckende Folge zu erwarten wäre.

Bey einem solchen Unternehmen sehen jedoch Autor und Verleger sich in dem Falle, wegen mancherlei Besorgnissen zauberhaft zu verfahren. Zuerst zeigt sich nun der Nachdruck als der gefährlichste Widersacher, und die Erfahrung lehrt, daß hierüber allerhöchsten Ortes ein durchgreifendes Gesetz zu entwerfen und über alles was zu berücksichtigen seyn möchte sich zu vereinigen, großen Schwierigkeiten unterliege.

Diesem in älterer und neuerer Zeit unheilbaren Übel, daß der geistreich thätige Künstler vor Beeinträchtigung seines verdienten Lohnes und Erwerbes[2] nicht zu sichern sey, hat man schon früher durch Privilegien einigermaßen abzuhelfen gesucht. Bald nach Erfindung der Buchdruckerey gaben Kaiserliche Schutzbriefe genugsam Sicherheit, und auch in späteren Zeiten ist ihr Ansehen nicht erloschen. Könige und Fürsten verliehen auch dergleichen, und so ist es bis auf die neusten Zeiten gehalten worden.

Sollte nun aber gegenwärtig der erhabene Bundestag, der Verein aller deutschen Souverainitäten, nicht dasjenige als Einheit zu bestimmen geneigt seyn, was den Einzelnen vorher anzuordnen und festzusetzen zukam, und würde nicht die hohe Versammlung durch einen solchen Act ihr entschiedenstes Gewicht auf deutsche Litteratur und Geistesbildung kräftigst bethätigen?

Würde daher ein Autor, der so viele Jahre in seinem Vaterlande gewirkt, dessen reine, mit allem bestehenden und zu wünschenden Guten im Einklang beharrende Thätigkeit dem Einsichtigen vor Augen liegt, einen allzukühnen Wunsch aussprechen, wenn er ein solches Privilegium von den verbündeten vereinigten Mächten sich erbäte und zwar für sich und die Seinigen, so daß er einen Selbstverlag unternehmen, oder wenn er einem Commissionair, vielleicht auch einem Verleger das Recht von seinen Geistesproducten merkantilischen Vorteil zu ziehen übertragen wollte, er auch zugleich auf diese den gesetzlichen Schutz zu erstrecken das Befugniß hätte?[3] Ich schmeichle mir des Wohlwollens mehrerer deutscher Herrscher und Fürsten, die wohl nicht abgeneigt wären, einen ihrer alten Diener und Verehrer, den sie sonst einzeln begünstigten, nunmehr im Ganzen wohlthätig anzusehen. Gleich freundlicher Gesinnungen darf ich mir von mehreren Ministern schmeicheln, deren einige, als gleichzeitig, mir ein reines Wohlwollen viele Jahre erhalten, so wie andere jüngere, in Betracht des Vortheils, den sie aus meinen Bemühungen gezogen, mich mit Antheil und Neigung beglückt haben.

Wie nun aber unter obwaltenden Umständen dieses Gesuch höchsten und höheren Ortes angesehen werden könne? inwiefern und in welchem Betracht es zu gewähren sey? reicht über meine Einsicht; so wie ich denn auch Belehrung wünsche, ob eine solche Begünstigung aus eigner höchster Bewegung mit Bescheidenheit zu erwarten sey.

Mehr wüßte, wenn auch schon manches zu erörtern übrig bleibt, für den Augenblick nicht zu äußern, als nur gütiger Leitung und Teilnahme mich und die mir so nah verwandte Angelegenheit vertrauend angelegentlichst zu empfehlen.

gehorsamst

Weimar d. 2. Nov. 1824.

J. W. v. Goethe.[4]


39/2.


An Johann Heinrich Meyer

Da ich nach Besprechung des Dieners Riese mich mit der Holz-Angelegenheit näher bekannt gemacht, so finde, daß es doch wohl gethan seyn würde jenes Anerbieten der Holzverkaufs-Commission anzunehmen, weshalb ich die weitere Besorgung freundlichst überlasse.

Den 2. November 1824.

G.


39/3.


An Johann Heinrich Meyer

Morgen um 11 Uhr wird Herr Soret mir den Prinzen bringen; mögen Sie wohl um die Zeit sich gefälligst einfinden und sodann bey'm Mittags-Tische verweilen, so werden Sie mir viel Vergnügen machen und manches wird zu besprechen seyn.

Weimar den 6. November 1824.

G.


39/4.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

übersende hiemit dankbarlichst die einem ungallischen Freunde so geneigt gegönnte Hülfsleistung mit Bitte, das so wohl gerathene Concept nun auch in eine löbliche Reinschrift zu verwandeln, damit sowohl[5] mein französischer Styl als das vorzügliche Talent einer höchst lobenswerthen Canzley in den Niederlanden bewundert und mein Versäumniß doppelt und dreyfach gerechtfertigt werde.

2) Liegt der Brief des Herrn v. Verlohren bey, für welche Bemühung ich wegen des mißglückten Versuchen dadurch tröste daß dem wackern Tieck durch unsere Entbehrung etwas Erfreuliches begegnet, was uns doch auch zuletzt zu Gute kommen wird.

3) Vermelde daß die Schachtel mit Mineralien, gepackt und in Wachstuch eingenäht, zur Absendung bereit liegt, dürft ich um den dazu gehörigen Brief bitten so würde alles sogleich auf die Post gehen.

4) An Herrn Scherer in München bitte die Anfrage gelangen zu lassen: ob der beiden so sehr schönen Gedichte wohl der zweyte Hatifi ist? wie ich an der Freyheit der Denkweise vermuthe. Von Hammer führt ihn auf im sechsten Zeitraum CLIV.

5) Sodann bitte der Meduse zu gedenken; wie sehr wünschte ich daß diese frühere Nachbarin mir noch Hausgenoß würde.

6) Geschähe mir eine besondere Freundschaft wenn beyliegende Anzeige bald im südlichen Deutschland in einige Zeitungen eingerückt würde.

Hiebey steh ich stille noch einiges was ich zu wünschen und anzubieten habe zu nächsten Tagen verschiebend.

[6] Haben Sie ja die Güte und unterlassen nicht manchmal nach 4 Uhr einzusprechen!

gehorsamst

Weimar d. 7. Nov. 1824.

J. W. v. Goethe.


39/5.


An Georg Heinrich Noehden

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sehen gewiß nicht ungern, wenn ein abermaliger freundlicher Gruß durch ein werthes Paar zu Ihnen gelangt dem ich eine geneigte Aufnahme wünschen darf.

Herr Baron v. Eschwege, durch seinen längeren Aufenthalt in Brasilien, seine dortige Thätigkeit und die bedeutenden von ihm dem wissenschaftlichen Publicum gegönnten Mittheilungen rühmlich bekannt, hat von seinem Hofe eine neue Anerkennung bedeutender Verdienste erfahren, da ihn der König von Portugal zum Ober-Director sämmtlicher Bergwerke des Reiches bestellt; er besucht England um sich verschiedene technische Aufklärungen, die nirgends besser zu finden sind, zu verschaffen.

Frau v. Eschwege, die Ihnen als mehrjährige Hofdame unserer verehrten Frau Großherzogin ohne Zweifel noch erinnerlich ist, begleitet ihren Gemahl auf dieser Reise und darf sich einer freundlicher Aufnahme gewiß erfreuen.

[7] Von mir darf ich sagen daß ich diesen Sommer und Herbst in gutem Befinden, ohne den Ort wie sonst wohl zu verändern, hingebracht und bey vielfacher literarischer Unterhaltung, wozu unser gnädigster Herr aus England uns die besten Mittel verschafft, so eben durch einige von Ew. Wohlgeboren herausgegebenen Hefte höchst angenehm aufgeregt und belehrt werde. Ich meyne die ausgesuchten alten Münzen mit dem höchst schätzenswerthen Commentar.

Der ich mich auf's neue zum wohlwollenden Andenken bestens empfehle.

Weimar den 7. November 1824.


39/6.


An Johann Heinrich Meyer

Da der Prinz und Herr Soret heute nicht kommen, so erbitte mir Ihre Gegenwart zur gewöhnlichen Tischzeit.

Weimar den 7. November 1824.

G.


39/7.


An den Chevalier Louis de Kirckhoff

Monsieur,

La lettre du 3. octobre que vous m'avez fait l'honneur de m'écrire, vient de me rappeller que déjà depuis longtemps j'aurais dû répondre à l'envoi très intéressant que vous avez bien voulu m'adresser antérieurement.

[8] Me sera-t-il permis d'alléguer pour excuse, que dans un âge déjà très-avancé je suis pourtant loin d'éprouver une diminution d'affaires et qu'au contraire la confiance, avec laquelle mes concitoyens non seulement, mais aussi d'illustres étrangers se plaisent à s'adresser à moi, semble s'accroître de jour en jour?

Ce qui retarde encore particulièrement mes réponses, c'est que je ne voudrais pas me borner simplement à accuser la réception de tel ou tel envoi, mais aussi y ajouter une critique motivée des productions diverses, que l'on me fait l'honneur de me communiquer.

Mes forces ne sauraient y suffire, et tant de manuscrits, qui se sont accumulés chez moi depuis la dernière année seulement et que – sans pourtant les perdre de vue – je n'ai point pû dignement apprécier, m'en doivent journellement convaincre. Veuillez-donc, Monsieur, m'excuser de votre mieux auprès de Monsieur le Baron de Stassart et veuillez surtout faire valoir, que pour bien juger un ouvrage de nouveau temps, il faut absolument se rappeller toutes les anciennes études dans cette branche de la litérature, ce que raisonnablement on ne saurait exiger de soi-même, qu'autant qu'on peut suivre sans interruption un plan bien décidément réglé.

Daignez vous persuader, Monsieur, et persuader de même à votre respectable ami, qu'avec la meilleure[9] volonté du monde il me serait impossible de me livrer à une critique raisonnée, telle que je souhaite de tout mon coeur que ni vous ni lui ne doutiez en aucune manière de l'intérêt et de l'estime bien distinguée que je vous porte et avec laquelle j'ai l'honneur d'être

Monsieur,

votre

très humble et très obéissant serviteur

Weimar, ce 10. Nov. 1824.

de Goethe.


39/8.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie, mein Werthester, nun auch die zweyte Hälfte des bekannten Berichtes kritisch und grammatisch durchsehen so geschähe mir ein großer Dienst, der mich den Abschluß eines siebenjährigen Geschäfts endlich hoffen ließe. Vielleicht mögen Sie morgen Abend zu gewohnter Stunde sich einfinden und frugales Nachtessen nicht verschmähen. Die Melone die ich der lieben Frau verdanke ist ganz ohne Frage die köstlichste die ich dieses Jahr genossen habe.

W. den 10. November 1824.

G.[10]


39/8.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten abermals eine mannichfaltige Sendung, damit nur des vielen Guten, was mir vom linken Rheinufer zukommt, einigermaßen erwidert sey.

1) Zuvörderst also die Revisionsbogen von N und O des wissenschaftlichen Heftes; das Ganze, hoff ich, soll nächstens nachfolgen.

2) Ein merkwürdiger Ausschnitt unserer neuen meteorologisch-graphischen Darstellung. Wie gehen doch die sämmtlichen, auf die Mittelzahl zurückgebrachten Barometerzüge, wenngleich mit einigem Retardiren, parallel miteinander! wie unabhängig zeigt sich das Barometer vom Thermometer-Stand!

3) Dürft ich ersuchen, die Anzeige des neusten Heftes zu Kenntniß des Publicums zu bringen. Haben wir uns doch alle bemüht es achtbar zu machen.

4) Herrn Beer, den ich schönstens zu grüßen bitte, interessirt wohl unmittelbar mit Augen zu sehen, wie man sein Trauerspiel in Weimar vorbereitet und aufgeführt hat; man wünscht die Schauspieler werden sie immer noch wünschenswerther machen; die Decoration durch Gunst des Herrn Grafen Brühl, völlig nach[11] der berlinischen, verdiente zu Anfang und zu Ende allen Beyfall.

5) Auch hab ich in der Zeit von Herrn Zanoli die recht im eigentlichen Charakter des Scherzes ausgefertigten Maskenbilder dankbar empfangen. Ich bin neugierig, wie die werthen Kölner ihre Scherze steigern.

6) Und nun noch einen Dank für die Anzeige Brownischer Werke; es wird mich sehr freuen ihn näher kennen zu lernen, daß er von allen Kennern hoch geschätzt wird.

7) Und in allem diesen wissenschaftlich-ästhetischen, humoristischen Treiben überschwemmen uns schon wieder die Kiesbäche, Flüßchen und Flüsse. Auch anderes gibt der Welt Apprehension und da thut man am besten sich für einen Karthäuser zu erklären und seine Brüder in den heiteren Klosterhallen mit einem wohlgemeynten memento vivere zu begrüßen.

Eckermann, welcher jetzt mehrere Engländer in die deutsche Sprache und Literatur einführt, ist auf gutem Wege, guter Dinge, er empfiehlt sich so angelegentlich als redlich.

Und so empfiehlt sich Gegenwärtiges, retardirt und übereilt nach gewöhnlicher Correlation zum allerschönsten.

Weimar den 12. November 1824.[12]


39/10.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

verzeihen gnädigst wenn die Inlage erst später zurück erfolgt; ich habe über die Angelegenheit nachgedacht und mich bey Kennern befragt, und doch ist es schwer eine Überzeugung festzusetzen.

Über die drey vorzüglichen Manuscripte ist gar nichts zu sagen, weil man sie erst müßte gesehen haben; sie gehören zu den kostbaren Curiositäten mit welchen die Bibliotheksverwandten die Fremden abzufertigen pflegen, aus denen aber weiter kein besonderer Nutzen zu schöpfen ist.

Mit den Incunabeln ist es eine andere Sache. Mehr oder weniger vollständige Sammlungen derselben werden von Kennern geschätzt. Bey vorgenommenem Nachsuchen hat sich gefunden daß wir der verzeichneten nur drey, welche mit ↲ vorgehakt sind, besitzen, die übrigen angestrichenen aber nicht. Nun sind darunter mehrere frühere Abdrücke classischer Autoren, welche, bey kritischer Bearbeitung des Textes, älteren, vielleicht verloren Manuscripten gleichgeschätzt werden; daher es darauf ankäme inwiefern Höchst Dieselben einigen Aufwand darauf machen wollten, ob man sie im Ganzen oder Einzelnen erhalten könnte? Da denn zugleich über den nicht angezeigten Preis vorläufig anzufragen wäre.

[13] Das Weitere höchster Entschließung schuldigst überlassend.

Weimar den 14. November 1824.


39/11.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

haben mir durch gnädigste Mittheilung eines unschätzbaren Blattes die größte Freude gemacht. Der Fall ist wohl einzig in der Weltgeschichte, eine Art von rohem Timur zu sehen (denn Vorwärts! war ja auch die Loosung der Mongolen), aber umgeben von dem allergebildetsten Generalstabe; das ist einzig, war nicht und wird nicht seyn. Mit verpflichtetem Dank sende das Dokument zurück.

Dagegen habe nur eine an mich gelangte Unmerkwürdigkeit beyzulegen.

Weimar den 14. November 1824.


39/12.


An Friedrich Münter

[Concept.]

[Mitte November 1824?]

Hochwürdiger

Hochverehrter Herr!

Freylich muß ich das Datum Ew. Hochwürden längst erhaltenen Schreibens ansehen und bedenken,[14] wenn ich mich zu gegenwärtigem entschließen soll; so viele meiner Briefe sangen mit Entschuldigung verspäteten Schreibens an, daß beynahe daraus endlich stereotypische Phrasen geworden sind.

Möge Gegenwärtiges, will ich lieber gleich anfangen, Sie in gefunden und behaglichen Zustande finden, damit sich die Erinnerung frey in jene Zeiten bewegen könne, wo wir, unter herrlichem Himmel, bedeutender Tage genossen. Die Züge Ihrer so hochgeschätzten Hand wieder zu sehen gab mir ein höchst angenehmes Gefühl; denn diesen Vorzug darf sich das Alter nicht nehmen lassen daß es eine lange Reihe von Jahren, mit den Trefflichen seiner Zeit in gutem, frohen, vertraulichen Verhältniß zugebracht.

Auch Ihre Thätigkeit ist mir immer nah geblieben, und sie hat mich theils durch Freunde, theils durch Druckschriften gar fördernd eingewirkt.

Ich darf hier der Odinischen Religion gedenken, und Heftes das mir wie wenige willkommen war.

Von Kindheit auf, möcht ich wohl sagen, mit den nordischen Legenden im Allgemeinen bekannt fiel mir, bey wachsender Überlegung, der Zwiespalt gar bedenklich auf welchen jene religiose Denkmale ganz unverholen aussprechen; denn es kann wohl kein größerer seyn, als Götter verehren die sich unter einander selbst immer zum besten haben, von Zauber- und Naturkräften immer verhöhnt werden.

[15] Diese Mißgefühle, diese unerfreulichen Betrachtungen trug ich lang mit mir herum, theilte sie Freunden mit, die aber so wenig wie ich das Anstößige zur Klarheit bringen konnten.

Wie sehr also jenes Heft mir zu Hülfe kam sagen Ew. Hochwürden sich selbst und noch liegt es neben mir auf meinem Pulten und erneut seine früheren Vortheile sobald ich meine Aufmerksamkeit wieder in jene Regionen wende.


39/13.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

[16. November 1824.]

Ew. Wohlgeboren

finde mich dankbar verpflichtet daß sie mir abermals einen Auctions-Catalog von bedeutenden älteren italiänischen Kupfern übersenden wollen, denn ob ich gleich in der letzten Zeit auf diese frühere Liebhaberey wenig verwenden mögen, so bleibt es mir doch immer interessant zu erfahren was in diesem Fache vorgeht.

Gegenwärtig bemühe ich Sie nur wegen eines einzigen Blattes, es ist Nr. 75, unter dem Namen der Pest bekannt. Alles kommt bey dieser ganzen Sammlung überhaupt und so auch bey diesem Blatt auf den Werth des Abdrucks an, welcher nur durch ein einsichtiges Auge geprüft werden kann. Ew. Wohlgeboren wollte daher in altem Vertrauen hierdurch[16] anfragen welche Commission Sie glauben daß man darauf geben müsse um das Blatt zu erlangen, um verhältnißmäßig mit der Acquisition zufrieden zu seyn. Hierüber erbitte mir gefällige Nachricht da ich dieses Blatt in einem guten Abdruck gern besäße. Bey dieser Gelegenheit kann auch eine frühere Schuld wegen einiger griechischen Autoren sogleich abgetreten werden.

Der ich mich


In dem Augenblick diesen Brief zu schließen ersucht mich ein Freund dieselbe Frage wegen Nr. 15 Ananie frappé de mort hinzuzufügen. Haben Sie daher die gleiche Gefälligkeit; es ist immer wünschenswerth bey Abgang älterer Liebhaber jüngere wieder heranzulocken.


39/14.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[18. November 1824?]

Ew. Königliche Hoheit

erlauben über verschiedene Gegenstände einen flüchtigen Vortrag.

1) Der von Müfflingische Brief ist eine vorzügliche Acquisition für die handschriftliche Sammlung, indem er zugleich einen so bedeutenden Inhalt mitbringt.

[17] 2) Das angedeutete Werk werde mir, als willkommene Unterhaltung der sich immer verlängernden Abende, sogleich zur Hand nehmen.

3) Die Antwort von Regenspurg wegen der Seltenheiten wird also zu erwarten seyn.

4) Zur Benutzung des neuen Zimmers soll sogleich Anstalt getroffen werden. Zuerst auf eine Art und Weise, welche nach Befund weiter zu gehen erlaubt. Öffentlich möcht ich vor der Hand nichts darüber aussprechen.

5) Wegen Heinrich Müllers schreibe alsbald nach Stuttgart; die Erörterung vorläufiger Fragen vermelde sogleich.

6) Nach abgelaufenen sieben Jahren des jenaischen Bibliotheksgeschäfts wird Höchst Denenselben umständliche Relation des bisherigen Schrittes und Ganges vorgelegt werden. Möge das Ganze, das Höchst Dieselben bis auf die neuste Zeit durch eigenen Anblick, mit eigener Beurtheilung beehrt, zu endlicher Zufriedenheit gereichen und für die dort so emsig Beschäftigten gnädigstes Wohlwollen und Gunst erwecken.

7) Dürft ich bitten eine reine Abschrift von dem Diamanten-Catalog mir zu einem literarischen Zwecke mitzutheilen; einen gedruckten, welchen Hofrath Soret über die böhmischen Hornblende- und Augitkrystalle verdienstlich ausgearbeitet, verfehle nicht beyzulegen.[18]


39/15.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey zu geneigter Aufnahme eine mannichfaltige Sendung.

1) Cäcilia, welche verdient, wenn auch nur theilweise angehört zu werden.

2) Die besprochene Einladungs-Charte.

3) Das von Gagerische Blättchen, mit Bitte, schuldigste Danksagung geneigt abzutragen.

4) Die Abschrift aus dem Conversations-Blatt.

Alles dankbarlich in Hoffnung neuer Mittheilung

gehorsamst

Weimar den 19. November 1824.

J. W. v. Goethe.


39/16.


An Sulpiz Boisserée

Seit dem Empfang Ihres Schreibens, mein werthester Freund, habe gar oftmals Gelegenheit an Sie zu denken gefunden; bey Vorzeigung des Domwerks und des Lithographischen muß Einsicht, Fleiß und Beharrlichkeit immer gleich gepriesen werden.

Ich hoffe daß die Sommerreise auf Ihr Wohlbefinden glücklichen Einfluß gehabt hat. Ich bin[19] nicht vom Platze, kann aus dem Hause gekommen und habe doch dießmal den Winter glücklich angetreten; so hilft man sich von Monat zu Monat, und wenn man zuletzt einiges Behagen empfinden soll, so muß eine fortgesetzte treue Thätigkeit uns ein solches Gut verleihen.

In der Beylage empfehl ich einen jungen Mann, wollten Sie sich seiner annehmen so würde Ihnen unser kleiner Kreis besondern Dank schuldig seyn. Ihro K. H. dem Großherzog ist die Sache selbst angelegen und auf dessen Anregung sowohl als eigenen Antrieb ergeht Frage und Vorschlag mit der Bitte um baldige Antwort. der junge Mann ist sittlich von der besten Art; sein Künstlertalent ist für unsere Zwecke allenfalls hinreichend, seine Technik aber auch zu solchen subordinirten Forderungen unzulänglich und mangelhaft.

Es kommt nun also darauf an ob die bedeutenden innern Verhältnisse Ihrer großen und wichtigen Angelegenheit erlauben, einem jungen Mann, der mit soviel Ernst, Liebe und Fleiß sich in seinem Geschäft abängstigt, bey sich Eintritt zu gewähren und ihm dadurch über das Nächste und Nöthigste hinauszuhelfen. Sie würden sein Glück begründen, den weimarischen Fürsten und den durch ihn belebten Kunstkreis Sich, wie Sie selbst ermessen, höchlich verpflichten. Mehr sag ich nicht, alles Ihrem freundschaftlichen Wohlwollen anheimgebend.

[20] Noch füge hinzu daß die vier Blätter der sogenannten Weimarischen Pinakothek, die wohl zu Ihnen gekommen ist, von ihm gearbeitet sind; auch hat er nachher noch eigenes nicht Ungefällige geleistet, welches er bey freundlichem Empfang schuldigst vorzeigen würde.

Mich bestens empfehlend und gute Nachrichten wünschend.

treulichst

Weimar den 20. November 1824.

Goethe.


39/17.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie wohl beykommendes, vielleicht durch mehrere Reinlichkeit sich empfehlendes Acten-Stück nochmals durchgehen; meine Bleystift-Correcturen insofern Sie solche billigen mit Tinte überziehen und in den nächsten Tagen mir abermals einige Stunden schenken.

Mit den besten Wünschen

Weimar den 21. November 1824.

G.


39/18.


An Friedrich Theodor von Müller

Herr Canzler von Müller wird, mit einer gefällig selbst zu wählenden Gesellschaft, auf Montag den 22. November 1824 früh von 10 bis 12 Uhr zu[21] Beschauung der neusten Bilderhefte Großherzoglicher Bibliothek freundlichst eingeladen.

Goethe.


39/19.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Heute Abend hoff ich Sie, mein Werthester, bey mir zu sehen, die Köchin richtet sich ein daß es an einigen Bissen nicht fehle.

W. den 23. November 1824.

G.


39/20.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

schenken einen Augenblick Audienz der sich hiemit präsentirenden hochgelahrten Gesellschaft. Der jüngste der drey Brüder Grimm in Cassel hat sich bey dieser Darstellung wirklich Verdienst erworben.

Höchst Deroselben gestrige Sendung hat mich überrascht und im Tiefsten gerührt. Es bleibt doch immer ein wundersames Gefühl, ein so vorzügliches Menschenkind in jungen Jahren vor sich hingehen zu sehen, und das schreckliche Lokale! Die nothdürftigen Häuser, auf einer steinigen, der Überschwemmung ausgesetzten Fläche, wo man bey erhöhtem Wasser in Kähnen fährt, sodann aber die zurücktretende Welle eine Schaar von Fröschen hinterläßt. Eine beygefügte Notiz gibt[22] von dem dortigen schlechten Zustand, und wie man doch wegen der günstigen Militärlage daselbst zu verweilen genöthigt ist, zwar nur das Bekannte, aber doch zur Aufklärung des gegenwärtiges Bildes gedrängten Abriß.

Für die abschriftliche Mittheilung des Diamanten-Catalogs danke verpflichtet; Höchst Dieselben erlauben mir wohl, daß er gelegentlich mit abgedruckt werde, er enthält für den Krystallographen viel Merkwürdiges.

Nach Böhmen habe ich geschrieben um von dem letzteren atmosphärischen und tellurischen Phänomen das Nähere zu erfahren.

Auch nach Stuttgart ist geschrieben; ich bin verlangend, ob die Gebrüder Boisserées den jungen Künstler aufnehmen. Ihre bedeutende Anstalt, wie ich sonsther weiß, ist abgeschlossen und vollkommen in sich beschäftigt; wie sie denn auch keine lithographischen Aufträge wie andere Offizinen anzunehmen pflegen; doch der Versuch mußte gemacht werden.

Mit gnädigster Erlaubniß nächstens das Weitere.

Verehrend

unterthänigst

Weimar den 25. November 1824.

J. W. v. Goethe.[23]


39/21.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgeboren

muß, ehe wir noch einwintern, ein freundliches Wort zusprechen und auch Sie ersuchen mir es nicht daran fehlen zu lassen.

Weit in den August hinein hoffte ich noch Sie zu fehlen; denn wenn ich auch keine Badecur vorzunehmen Ursache hatte, so wäre doch eine kleine Reise zu den geliebten Berggegenden, wo ich geprüfte Freunde mehrere Jahre unausgesetzt besucht hatte, mir höchst erwünscht gewesen; aber auch das wollte sich nicht fügen, und so müssen wir auf's nächste Frühjahr das Weitere hoffen.

Sagen Sie mir ja, wie Sie sich und die lieben Ihrigen befinden, ob die Kleinen heranwachsen und in Studien gedeihen? und sodann wie Steintausch und Handel bisher gegangen ist und was er in's Haus gebracht hat.

Mögen Sie mir denn auch etwas von der Witterung in Böhmen, den vergangenen Monat über, melden, hauptsächlich wie es gegen Ende aussah wo am Rhein so starke Regengüsse herabfielen. Man sagt in Böhmen sey es ganz trocken gewesen, ja der Sprudel in Carlsbad habe wenig Wasser gehabt.

Darf ich bittendes Herrn Grafen Auersperg Excellenz mich vielmals zu empfehlen, auch unsern[24] braven Herrn Lößl schönstens zu grüßen. Hat der gute Firnstein die Zeit über wieder etwas Glückliches gearbeitet? Waren die böhmischen Freunde auf ihren mineralogischen Excursionen glücklich, so hoffe auch auf einigen Theil der neusten Entdeckung. Aus unsern Flötzgebirgen wüßte nichts Interessantes mitzutheilen, das liegt immer still wie von alten Zeiten her.

Hat man in Böhmen noch keinen Versuch mit Salzbohren gemacht? Diese Unternehmungen glücken an vielen Orten und gerade dort müßten sie von großer Bedeutung seyn.

Das Rehbeinische Ehepaar befindet sich wohl, die Dame versäumt weder Capelle noch Theater und steht mit ihren Kindern und hiesigen Verwandten in gutem Verhältniß. Von ihrer Frau Mutter die hier zum Besuch war werden Sie dasselbe vernommen haben.

Und nun zum Schluß die allerbesten Wünsche für Sie und die lieben Ihrigen in Hoffnung baldigen Erwiderns.

ergebenst

Weimar den 30. November 1824.

J. W. v. Goethe.


Alsdenn habe ich noch Bitte und Auftrag. Es ist nämlich an Herrn Fikentscher in Redwitz unter'm 20. August ein Paquet abgegangen, mit Musterzeichnungen von Glaswaren, für's anatomische Kabinett in Jena bestimmt; die Bitte war hinzugefügt, die Bestellung weiter zu befördern an die Glashütte mit[25] deren ersten Lieferung man wohl zufrieden war. Nun wünscht ich durch Ew. Wohlgeboren zu erfahren ob mein Paquet angekommen, ob die Bestellung gemacht worden? ob und wann wir sie zu erhalten hoffen können? Denn es sind viele bedeutende Präparate vorräthig welche in diese Gläser in Brantwein eingesetzt werden sollen. Die Gläser werden wie das vorigemal an Museumsschreiber Färber in Jena adressirt. Die Zahlung erfolgt sogleich.

Wobey Herrn Fikentscher Vater und Sohn mich bestens zu empfehlen bitte.

ergebenst

Weimar den 30. November 1824.

J. W. v. Goethe.


39/22.


An Carl Friedrich Zelter

Mit herzlichem Bedauern daß du durch körperliches Übel einige Wochen am freyen Gebrauch deiner Kraft gehindert wurdest, vermelde daß ich mich ganz wohl befunden hätte, wären die Meinigen nicht auch auf mehr als eine Weise körperlich verletzt worden. Da mußt ich mich denn in die Zeit schicken und im Stillen fortarbeiten, damit man sich einigen Resultats in guten Tagen erfreuen könne. Du hast wohl gethan in eine fremde Literatur hineinzuschauen; das zerstreut am besten.

Mit den köstlichen märkischen Rübchen haben wir gestern die Berliner Freude tractirt, sie hielten sich[26] kaum einen Tag auf, ich habe aber doch gar manches, besonders durch Schinkel vernommen was mir einen hellen Blick über das neue Italien gewährt. Daß ein Mann wie dieser, der in der Kunst so hoch steht, in kurzer Zeit viel zu seinem Vortheil weghaschen könne ist naturgemäß, und es wird ihm gewiß bey den nächstbedeutenden Unternehmungen sehr zu statten kommen.

Eben so haben mich deine Theaternachrichten auf den Alexander-Platz versetzt und mich in die Eigenthümlichkeiten jener Unternehmungen eingeweiht.

Die Wirkung der Mitschuldigen ist ganz die rechte. Ein sogenanntes gebildetes Publicum will sich selbst auf dem Theater sehen und fordert ungefähr eben soviel vom Drama als von der Societät; es entstehen Convenancen zwischen Acteur und Zuschauer; das Volk aber ist zufrieden daß die Hanswürste da droben ihm Späße vormachen an denen es keinen Theil verlangt. Übrigens, könntest du lesen was ich über das Stück, ich weiß nicht wo, gesagt habe, so würdest du es mit den Gefühlen des ersten Ranges ganz gleich gestimmt finden. Ich suche die Stelle auf und melde sie.

Deine musikalischen Relationen haben mir nicht weniger ganz unglaublich gedient; insofern es möglich ist durch den Begriff die Musik zu erfassen, so hast du es mir geleistet, und ich begreife nun wenigstens warum ich den Barbier von Sevilla unter Rossini's[27] Arbeiten so vorzüglich rühmen höre. Neulich Abends besuchte ich den Tankred, er ward sehr löblich vorgetragen und ich wäre auch recht zufrieden gewesen, wenn nur keine Helme, Harnische, Waffen und Trophäen auf dem Theater erschienen wären. Ich half mir aber gleich und verwandelte die Vorstellung in eine favola boschereccia, ungefähr wie der Pastor fido. So putzte ich mir auch das Theater heraus, da waren Poussinische und anmuthige Landschaften, stutzte die Personen zusammen, ideelle Hirtin und Hirten wie in Daphnis und Chloe, sogar an Faunen fehlte es nicht, und nun war wirklich nichts auszusetzen weil die hohle Prätension einer heroischen Oper wegfiel.

Nun aber läßt sich freylich denken daß wie du mir richtig aussprichst zu neuen Kehlen neue Forderungen, zu neuen Forderungen neue Kehlen gehören, und paßt sodann der Gegenstand genau, so mag wohl manches für den Augenblick höchst Entzückendes zum Genuß kommen.

Und hiemit will ich für alles Gute nochmals dankend und bestens grüßend abschließen; mit dem Wunsch daß du deine Übel in dem Augenblick los seyn mögest. Nimm Inliegendes freundlich auf, gedenke meiner und sage mir ein Wort sobald es dir behagt; mich freut es immer und erregt mich zum Guten.

Der deine

Weimar den 3. December 1824.

G.[28]


39/23.


An Johann Michael Färber

[Concept.]

Nachstehender copeylicher Brief ist den zweyten September mit zwey Kisten, einer nach Dresden und einer nach Prag an Herrn Handelsmann Carl in Jena abgegangen. Ich füge denselben in extenso bey, damit ich was ich damals gewünscht nicht zu wiederholen brauche.

Nun ist mir aber diese lange Zeit über keine Nachricht geworden, weder von Herrn Carl was ich allenfalls an Fracht zu bezahlen hätte, noch auch von dortigen Freunden daß die Sachen angekommen, und ich finde mich, da es Dinge von Bedeutung sind, in einiger Verlegenheit.

Ich wünsche daher, mein guter Färber, daß Sie sich nach den Umständen erkundigen, wann die Kisten abgegangen? durch welchen Fuhrmann? durch welche Spediteurs-Vermittelung? Möge doch Herr Carl sich ja nach den Ursachen der Verspätung erkundigen und meines Dankes bey glücklicher Entdeckung der, wie es scheint, irgendwo stehen gebliebenen Kisten sich versichert halten.

Weimar den 4. December 1824.[29]


39/24.


An Therese von Jakob

[Concept.]

Mit vielem abermaligen Dank sende das große Gedicht zurück; die Übersetzung ist sehr glücklich gerathen, sie liest sich gut und glatt und überliefert die wichtigen Ereignisse ganz ohne Anstoß. Von der Trefflichkeit des Gedichts brauch ich nichts zu sagen; es ist einzig und herrlich und enthält wie jedes wahre Gedicht die ganze Poesie.

Sollt ich etwas wünschen so wär daß Sie bey'm Abdruck die Namen auch mit deutschen Lettern abdrucken ließen; auch daß Sie alle Noten, so klein sie auch seyen, an's Ende brächten, damit das Auge ganz rein auf dem reinen Text verweile.

Erhalten Sie die Hauptabschrift von Wien zurück so zeigen Sie mir solches gefälligst an, es wird sich immer so viel Zeit finden um Sie fernerhin auf diesem Wege gern begleiten zu können.

Hiebey muß ich bemerken, daß im nächsten Stück von Kunst und Alterthum ein kurzer Aufsatz zur Empfehlung der serbischen Lieder sich finden und wahrscheinlich Ostern ausgegeben wird.

Leben Sie recht wohl, empfehlen Sie mich bestens Ihrem Herrn Vater.

Weimar den 4. December 1824.[30]


39/25.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey geht das Concept des Catalogs zurück bey dem ich nichts zu erinnern wüßte. Haben Sie die Gefälligkeit solchen zu vollenden und für eine reine Abschrift zu sorgen. Auch ein Theil der mit Professor Riemer durchgegangenen Reinschrift Ihrer so wohlgerathenen Kunstrezensionen, nicht weniger Ihr Original, vollständig, liegt bey mit Bitte solches nochmals, besonders der Namen wegen, durchzugehen. Die letzten Bogen der Reinschrift folgen nächstens und so wäre denn die dießmalige Beendigung des Geschäftes dankbar anzuerkennen und noch weniger Nachtrag bleibt zu wünschen übrig.

Weimar den 6. December 1824.

G.


39/26.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

den von Endischen Brief und interessante Zeichnung nebst dem Miniatur-Bild danckbar zurücksendend vermelde schuldigst daß die Waffenstände nach Jena an Schrön gegangen sind. Über anderes Mitgetheilte einige heitere Bemerkungen nachzusenden mir zugleich vorbehaltend.

Weimar den 6. December 1824.[31]


39/27.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke zum schönsten daß Sie mir noch zur rechten Zeit wegen der gewünschten Kupferstiche Nachricht geben wollen.

Wegen Nr. 75 die Pest möge es bey Ihrer Würderung verbleiben und ich bin nach Ihrer Überzeugung nicht abgeneigt bis auf 40 rh. hiemit zu committiren. Nr. 15 Ananias wäre denn auch um den Preis von 6 bis 8 rh. zu erstehen. Sollten die Blätter Nr. 16 Elymas und Nr. 17 Pauls Predigt um billige Preise nach Verhältniß der Abdrucke zu erlangen seyn so würde ich Sie ersuchen mir von dieser und der letzten Auction die Catalogen mit beygeschriebenen Preisen gefällig zu besorgen.

Die allenfalls erstandenen Blätter bitte zwischen starken Pappen wohlgepackt anher zu senden.

Mit den besten Wünschen für Ihr Wohl und das Gedeihen Ihrer Geschäfte.

Weimar den 7. December 1824.[32]


39/28.


An Johann Heinrich Meyer

Möchten Sie, mein Werthester, mich heute Abend besuchen und sowohl Ihr Concept als die in Ihren Händen noch befindliche Abschrift mitbringen. Dadurch erreichten wir den Abschluß.

Den 10. December 1824.

G.


39/29.


An Friedrich Carl

[Concept.]

Indem ich für die geneigte Besorgung der beiden Kisten zum schönsten danke, übersende hiebey 5 rh. 3 Groschen Preußisch Courant, mit dem Ersuchen einen Empfangschein dagegen auszustellen, indem ich Ihre Berechnung bey der Casse quittirt habe.

Das Beste wünschend und bey vorkommender Gelegenheit dieselbe Geneigtheit wieder in Anspruch zu nehmen mir vorbehaltend.

Weimar den 11. December 1824.


39/30.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Werthester, die erste Seite beykommenden Billets ansehen und sodann den gedruckten Bogen; auch mir Ihre Gedanken über letztern eröffnen, ob etwas für Großherzogliche Bibliothek Wünschenswerthes[33] im Catalog zu finden sey, so würde das Weitere besorgen.

Was sagen Sie zu der Emendation?

Pfirsiche bey'm Taue abgebrochen

lies

Pfirsiche vom Taue feucht gepflücket.

Weimar den 11. December 1824.

G.


39/31.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Königliche Hoheit.

Das durch Canzler v. Müller gnädigst mir vorgelegte Räthsel lößt sich wohl durch beykommenden Brief.

Ein Bildhauer in Paris, unterzeichnet Flatters, dessen unfranzösischer Name mir auch sonst nicht bekannt geworden, meldet unterm 22. October daß er zwey Kisten mit Brustbildern nach Weimar senden werde, die eine mit zwey Exemplaren meines Bildnisses für Ihro Königliche Hoheiten, die andere mit meiner und Lord Byrons Büste für mich.

Nun ist eine Verwechselung vorgegangen; vor einigen Tagen erhalte die Kiste mit zwey Exemplaren meines Bildnisses, welches freylich mehr behagliche Selbstgenügsamkeit ausdrückt als Gott und die Natur mir haben verleihen wollen. Die andere gelangt an Höchst Dieselben zu einiger Überraschung.

[34] Daß ich nicht früher dieser Angelegenheit erwähnte daran ist die Vermuthung Ursache beide Kisten würden an mich addressirt seyn.

Möchten Höchst Dieselben nun die Gnade haben mir die Büste des Lord Byron zu übersenden, worauf ich sehr neugierig bin; so wäre das Übrige gnädigster Bestimmung anheimgegeben.

Weimar den 11. December 1824.


39/32.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

haben in diesen kurzen letzten Jahrestagen, die mich wie immer gar übel behandeln, zu wahrhafter Erquickung und Belebung gar manches mitgetheilt, wovon einiges mit dankbarster Anerkennung hier zurück erfolgt.

1) Das kleine niedliche Liebes-Büchlein, gar freundlich ausgestattet, erinnert an die frühere französische Dichtung, zu deren typographischer Belebung die Franzosen jetzt überhaupt gar manches leisten. Einige Gedichte darunter, wie ich gern gestehe, wünscht ich wohl unter die meinigen zählen zu können.

2) Im Gegensatze das Schreiben von d'Alton; er scheint nicht in geringere Verlegenheit gewesen zu seyn, den bedeutenden Auftrag zu erfüllen; ruft er doch die ganze Zoologie zusammen um seinen Collegen aus der Affen-Kategorie zu retten.

[35] 3) Genehmigen Höchst Dieselben die graphische Darstellung der weimarischen Barometerbeobachtungen die wir wöchentlich verfolgen. Es ist merkwürdig wie das Quecksilber den ganzen November über unter der Mittellinie hinkriecht. Die seltsamen und unglücklichen Erscheinungen sind wir dieser Andeutung wohl schuldig.

Daß der Anblick des neuentstandenen Gedichtes mir höchst erfreulich gewesen verfehle nicht alsobald schuldigst anzuzeigen, indem er mir zugleich die fortwährende dichterische Thätigkeit eines hochverehrten Mannes und die Fortdauer seines höchst schätzbaren Andenkens bewährte. Möge noch manches Schöne und Gute wie bisher so auch fernerhin gelingen und edlem vaterländischen Stoff eine würdige Behandlung zu Theil werden.

Mir und meinen Freunden wird das jüngst Übersendete in literarischen Abendzirkeln gewiß zum Vergnügen gereichen, wie uns die früheren Hefte bereits eine vorzügliche Unterhaltung gewährten.

Denn das ist es eigentlich was die Freunde der Literatur und Kunst verbindet, daß die Aufmerksamkeit immer auf die Bemühungen der Mitlebenden gerichtet bleibe, die uns gar kräftig von dem fortdauernden Wirken und Bestreben der Geisteswelt ein Zeugniß ablegen.

Noch erfreulicher wird diese Betrachtung, wenn die Talente auch solchen Männern beywohnen die an hoher Stelle sich selbst zum Genuß, und andern zum Antrieb[36] einer nacheifernden Bildung, ununterbrochen fortwirken.

Da ich nun in späten Jahren das Glück einer solchen Umsicht vorzüglich zu schätzen alle Ursache habe, so darf ich hoffen daß Hoch Dieselben mich auch künftig nicht vergessen und mich und meine Freunde durch werthe Mittheilungen gefällig zu erfreuen fortfahren werden.

Weimar den 13. December 1824.


39/33.


An Johann Jacob von Willemer

Ihr liebwerthes Schreiben, theurer verehrter Freund, war mir höchst angenehm und ich sinne darauf wie Ihr Wunsch auf eine zierliche Weise zu erfüllen seyn möchte.

In solchen Fällen wünsche immer gern eine nächste Veranlassung wie denn bey Herrn von Anstetten der Fall war. Könnten Sie mir etwa von der werthen Hand, und wären es nur ein halb Dutzend charakteristische Zeichnungen, wie ich sie ohnehin schon längst zu sehen gewünscht, zum ruhigen Rückkehr auch ein Gegengruß nicht fehlen. Sie werden schon wissen dieß einzuleiten, oder etwas anderes zu ersinnen.

Unsere Marianne sollte sich nicht übel befinden zur Zeit da ich mich an ihrem Heidelberg erquicke; rathen[37] Sie ihr das Blättchen wieder vorzunehmen und es wird gewiß auch ihr eine freundliche Stimmung gewähren. Möge sie meiner gedenken, wie ich Ihrer, so würde sich kein Unterschied des Vergangenen und Gegenwärtigen fühlen lassen.

treu geeignet

Weimar den 13. December 1824.

G.


39/34.


An Kaspar von Sternberg

Schon die eigenhändige Aufschrift des Wachstuch-Päckleins brachte mich in die hochverehrten Freundes. Inwendig war das Bild mir herzlich willkommen und unserm trefflichen Fürsten gleichfalls. Die drey vor mir liegenden Abbildungen zu vergleichen ist höchst merkwürdig, jede faßt nur Eine Seite auf, doch bleibt dem Töplitzer Versuch in gesellig, freundlich-lebendigem Sinn noch immer der Vorrang.

Sodann begrüßte den Tartaren-Besieger Jaroslaw recht gründlich, denn ich hatte so eben die Geschichte der Schlacht von Liegnitz gelesen, wozu denn die von Olmütz als Siegeserfüllung gar glücklich hinzutritt. Das Räthsel warum jene Horden nicht weiter vordrangen? wird hiedurch gar schön gelöst. Doppelt erfreulich ist es nun jenes Ereigniß in einem späten Nachkommen lebendig zu begrüßen.

Sodann erregte die Familie der Schlicke meine[38] Aufmerksamkeit. Die in Joachimsthal, bey reichlichem Silbergewinn, häufig ausgeprägten Thalerstücke sind von Münzfreunden gekannt und gesucht. Ich besitze ein merkwürdiges Gepräge zu Ehren des bey der Schlacht von Mohaz gebliebenen Stephan Schlick; die Jahrzahl 1526, auf seinen Untergang bezüglich, kann auch das Prägungsjahr seyn, da seine Berg- und Münzmeister ihn zu ehren gewiß bereit blieben; das kleine Bild in der Mitte von Umschrifts-Kreisen, mit Barett und Kleidung, ist so gut gearbeitet als etwas aus jener Zeit. In diesem Sinne war es bey mir eingelegt; und bey dem Museum wahrscheinlich in historischer Folge bekannt.

Hiebey denn auch das verspätete Heft; möge die fast barocke Mannichfaltigkeit geneigter Theilnahme einiges anbieten! den hie und da hervorblickenden Wunderlichkeiten des Herausgebers verziehen seyn!

Die werthe Mittheilung S. 212 wird von allen wie von mir dankbar anerkannt. Vielleicht läßt sich im Laufe des Jahrs wieder etwas zu diesen Absichten zurücklegen. Wie hat in denen verhängnißvollen Witterungstagen vom Ende October der Horizont von Brzezina ausgesehen? Die überirdische und, fast scheint es, unterirdische Wasser-Erzeugung von Basel herab auf beiden Seiten des Rheins her, auch anderer Orten, ist ein wundersames Phänomen.

Die Erfahrungen unserer Sternwarte, angekündigt auf den letzten Seiten des Heftes, werden zunächst[39] besonders mitgetheilt. Es ist immer erfreulich anzusehen wie der denkende, forschende, genau beobachtende Mensch dem Ungewissesten zu Leibe geht als wenn man doch am Ende Herr darüber werden könnte. Die jenaische Anstalt unter den übrigen die ich besorge macht mir jetzt Freude weil der genannte Ludwig Schrön ein gar wackerer junger Mann ist, in den ersten Zwanzigen von der größten Accuratesse, die sein eigentlichstes point d'honneur ist, man muß ihn ganz gewähren lassen; und so thut er auch mir, der ich auf meinem Standpuncte festhalte, die erfreulichsten Dienste.

Die Kiste mit den Gegenständen aus der weimarischen Umgebung, schon längst gepackt und spedirt, ging erst den 26. October von Chemnitz ab, an das böhmische Museum in Prag und wird nun, hoffe ich, frachtfrey überliefert seyn. Sollte noch etwas dergleichen gewünscht werden, so steht es gleichfalls zu Diensten.

Auf das Kohlenwerk zu Mattstedt wird nun in diesen Tagen ein ernstlicher Angriff gemacht. Ich halte für das Beste mir vorerst eine Kiste der besten Kohlen hereinschaffen zu lassen und bedächtig zu untersuchen ob vegetabilische Spuren zu finden sind. Wiederholte Proben werden nicht schwer seyn, da der Angestellte bey jenem Geschäft, wovon nur eine Ziegelhütte und ein Wirthshaus übrig geblieben, ein verständiger und williger junger Mann ist. – –

[40] Seit Vorstehendes geschrieben worden ist er selbst bey mir gewesen, hat erzählt: daß die Stollen zwar sämmtlich verbrochen seyen, daß man aber vom Tage aus in den Berg hineingehe, den Thon als Liegendes und Hangendes zum Gebrauch der Ziegelhütte wegnehme, die Kohlen aber über die Halbe stürze. Unter diesen Umständen werde denn der ihm gegebene Auftrag wohl zu erfüllen seyn. Davon also hoffentlich baldigst mehr.

Nun muß ich aber bekennen daß ich, im festen Vertrauen auf des verehrten Freundes Geduld und Nachsicht, meinem bösen Humor, in den mich Herrn von Hoffs tumultuirender zweyter Band versetzt hatte, auf einer ganzen Seite den Lauf ließ, die Ferne nicht ergötzlich ist. Indessen haben sich alle wüsten Götter Jupiter-Pluvius, Aeolus, Neptun und Pluto in der letzten Zeit so wild hervorgethan daß freylich genannter Freund vor sich selbst und der Welt doppelt und dreyfach recht behalten möchte.

Und so für diesmal wie immer

in treuster, anhänglicherErgebenheit

Weimar den 14. December 1824.

J. W. v. Goethe.[41]


39/35.


An die Weygandische Buchhandlung

Auf Ihren werthen Erlaß vom 5. December würde früher geantwortet haben wäre ich im Falle gewesen, etwas Angenehmes zu vermelden.

Das Geschäft das Sie von mir übernommen wünschen ist von weit größerer Bedeutung als es bey'm ersten Anblick erscheinen möchte; da ich es wohl übersehe, so darf ich es bey meinen Jahren und übrigen Pflichten nicht unternehmen. Bey dem besten Willen sehe ich mich daher genöthigt diese Erklärung zu wiederholen.

Der ich Ihrem geneigten Andenken mich fernerhin empfehle, das Beste wünschend.

ergebenst

Weimar den 14. December 1824.

J. W. v. Goethe.


39/36.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

erhalten bey einem heitern Tage abermals zwey Boisseréesche Sendungen, welche wohl ein gutes Licht verdienen; sämmtliche Blätter sind bedeutend, einige höchst erfreulich.

Auch liegt eine von Höchst Denenselben befohlne Arbeit der jenaischen Bibliotheksverwandten bey, der[42] Anfang des Verzeichnisses dortiger Incunabeln; die Theologica sind noch nicht zu Ende; die übrigen Facultäten werden auch noch zu thun geben, doch wird fleißig daran gearbeitet.

Verehrend

unterthänigst

Weimar den 15. December 1824.

J. W. v. Goethe.


39/37.


An August Wilhelm Schlegel

An der freundlich baldigen Erfüllung meines bescheiden geäußerten Wunsches, durft ich wohl ein fortgesetztes früheres Wohlwollen dankbar gewahr werden.

Das folgereiche Gelingen eines jeden Unternehmens, dem Sie Ihre Thätigkeit widmen möchten, war mir niemals zweifelhaft und so bin ich auch Ihren Bemühungen in der indischen Literatur mit Antheil, wenn auch nur von ferne gefolgt, und freue mich zu sehen wie auch hier Kritik und Technik dem belebenden Genius willfährig die Hand reichen.

Kann ich zwar der indischen Kunst, insofern sie plastisch ist, nicht günstig seyn, da sie die Einbildungskraft, anstatt sie zu sammeln und zu regeln, zerstreut und verwirrt; so gehör ich doch gewiß zu den redlichsten und beständigsten Verehrern jener Dichtkunst, die aus den abstrusesten Regionen des Geistes[43] durch alle Stufen des innern und äußern Sinnes uns auf die bewundernswürdigste Weise hindurch führt.

Aber allem und jedem Zwiespalt eine glückliche Vermittelung zu finden, möcht ich gar zu gern unter den Merkwürdigkeiten Bonns auch Ihrer Leitung in einer so erfreulich charakteristischen Region mich mit allem Hohen und Tiefen so wie mit allem Äußern und Innern in vollkommenem Einklang fühlen.

gehorsamst

Weimar den 15. December 1824.

J. W. v. Goethe.


Als Nachschrift füge den Wunsch hinzu, daß Gesundheit und alles Günstige das große Unternehmen Ramajana herauszugeben befördern möge. Wie ich mir denn die Freyheit nehme für Großherzoglich Weimarische Bibliothek auf ein Exemplar der vier Lieferungen hiermit zu unterzeichnen.

Weimar den 15. December 1824.

J. W. v. Goethe.


39/38.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Gegenwärtige Sendung will nicht unbegleitet abgehen lassen; deshalb einiges Freundliche dankbar für Ihr Letztes.

Die Exemplare haben Sie die Gefälligkeit den Freunden mit meinen besten Empfehlungen zuzutheilen, auch eins allenfalls für Paris liegt bey. Unser unermüdeter[44] Herr von Cotta befährt mit Dampfschiffen den Bodensee und möchte darüber wohl die Angelegenheiten eines englischen Autors, geschweige eines deutschen vergessen.

Herrn Beer bitte mit dem schönsten Gruß zu vermelden: daß ich der ersten, nicht zu scheltenden Aufführung seines Paria beygewohnt und, ohngeachtet meiner Theaterferne, einiges geäußert welches man zu Herzen genommen, wodurch denn die zweyte Vorstellung dergestalt erhöht worden daß sie (wie ich allgemein höre) einen wirklichen Enthusiasmus erregt hat und das Stück auf dem Repertorium also gesichert ist.

Unsere neuste Literatur-Zeitung wird nun auch in den Händen des guten Dramatikers seyn. Die Rezension wohlwollend, vorzüglich in dem Ernst womit sie die Sache nimmt. Möge sich der wackere Mann nur niemals im Süjet vergreifen und sich vor ungünstigen Motiven hüten, davon hängt alles Heil ab; die sorgfältigste Behandlung rettet nicht einen unglücklichen Stoff. Doch wer will hier sich selbst rathen, geschweige andern!

Weimar den 17. December 1824.

G.


[Beilage.]

Geneigtest zu gedenken.

Auf's genauste glaube ich zu fassen was Sie bey Gelegenheit der bewußten Vorrede sagen; ich erwidere[45] nur soviel: Hier ist die Frage von der Wirkung aus dem Centrum zu der Peripherie und umgekehrt von der Peripherie nach dem Centrum. Jenes mußte meine Tendenz seyn und bleiben; das Letztere ist Browns Weg und wäre denn doch genau betrachtet immer das beste Verfahren einer rationellen Empirie. Denn wer kann dieß lebendige Aus- und Einathmen, das doch ganz allein Wissenschaft zu nennen wäre, in Einem Sinn und Busen vereinigen.

Da Sie nun aber alles dieses bey Sich überlegen und zuletzt bestimmen müssen was Sie exoterisch aussprechen und esoterisch für sich behalten wollen, so wird bey dieser Gelegenheit ein heimlicher Schatz zurückbleiben und ich wollte fragen: ob Sie nicht, diesen sondernd und sichtend, einen kleinen Aufsatz für mein morphologisches Heft bey Seite legen könnten; das nächste wird auch wohl wieder langsam vor sich gehen, aber am Ende erscheint es denn doch.

Da meine Hefte mit Morphologie der Pflanzen angefangen und sich den Weg suchen vom Centrum nach der Peripherie, so könnte die Bewegung von der Peripherie nach dem Centrum im allergünstigsten Lichte dargestellt werden und ganz eigentlich im Lichte, da denn doch das Centrum der Kugel immer im Verborgenen bleibt.

Und so sag ich weiter: die reine Empirie sucht unbewußt das Centrum, treue Anschauung überall wird von der Einheit angezogen, als ihrem Schwerpunct.[46] Und so könnte man noch lange fortfahren wie Sie am besten und vollständigsten einsehen.

Verzeihung

Weimar den 16. December 1824.

Goethe.


39/39.


An Dr. Storch

[Concept.]

[18. December 1824.]

Ew. Wohlgeboren

genehmigen hiebey meinen verpflichteten Dank für die Bemühung welche Sie einer, durch Herrn von Helldorf mir zugekommenen geognostischen Sammlung widmen mochten. Ich hatte mich aus mehreren Heften bereits von der Natur jener merkwürdigen Gegend, welche so manchen Heilbedürftigen an sich zieht, ziemlich unterrichtet, und war dabey auf den Antheil den Ew. Wohlgeboren jener Gebirgsgegend als Forscher geschenkt besonders aufmerksam geworden, so daß ich ein entschiedenes Verlangen empfand, Fels und Gebirg, wo nicht an Ort und Stelle, doch wenigstens in Musterstücken vor mir zu sehen.

Dieser Wunsch ist mir nun durch Ihre Geneigtheit vollkommen erfüllt und ich kann nicht genugsam aussprechen wie die große Mannichfaltigkeit der Gebirgsarten und ihre methodische Ordnung mich vergnügte.

Empfangen Sie also meinen wiederholten Dank und die Versicherung daß unter den Gebirgsfolgen die ich[47] besitze die Ihrige zu denjenigen gehört welche am meisten befriedigen. Dabey gewährt sie noch den besondern Vortheil, daß die große Ähnlichkeit mit den Schweizer- und Savoyer-Gebirgen daraus hervorgeht und man also hiedurch auf die unwandelbare Consequenz der Natur abermals hingewiesen wird.

Da ich nun fast jedes Jahr ein Bad zu besuchen pflege, so möchte ich hierdurch gar wohl versucht seyn, mich auch einmal des Ihrigen zu bedienen; um so mehr als Herr von Helldorf mir die Aufmerksamkeit nicht genug rühmen können, womit Sie für ihn, wie für alle Ihre Patienten Sorge getragen. Möge ein so vielfacher Gewinn in meinen hohen Jahren mir noch werden können, der ich auf jeden Fall wünsche auch in der Folge durch Reisende und Badegäste von Ew. Wohlgeboren Wohlbefinden, Studien und Zufriedenheit das Nähere zu vernehmen.


39/40.


An Joseph Max

[18. December 1824.]

Sie haben, mein werthester Herr, durch die reichen Bändchen der Tausend und Einen Nacht mir die angenehmsten Abendunterhaltungen bereitet und deswegen thut es mir doppelt leid, auf Ihren freundlichen Antrag nicht eingehen zu können.

[48] Mein Verhältniß zu Lord Byron war gewiß das zarteste, gegründet auf Hochschätzung seiner großen Dichtergabe, im Lauf der Jahre zugleich mit einem wechselseitigen Wohlwollen glücklich gesteigert, die schönsten Hoffnungen begünstigend und zuletzt durch ein grausames Geschick abgebrochen.

Hierüber nur durch äußere Veranlassung laut zu werden, darf sich mein tiefer Schmerz nicht erlauben; nur wenn die Muse selbst mich drängte, müßt ich ihr gehorchen.

Alles Gute und Dauerhafte wünschend

ergebenst

Weimar den 15. December 1824.

J. W. v. Goethe.


39/41.


An Therese von Jakob

[Concept.]

[18. December 1824.]

Sehr viel Vergnügen macht mir's, meine Wertheste, daß Ihre Handschrift sobald zurückgekommen und Ihnen manche Aufklärung gebracht hat; lassen Sie mit dem Druck gleich anfangen und beharren auf dem guten Wege den Deutschen klar und angenehm zu seyn. Ein fremder Zustand wird ohnehin so leicht nicht gefaßt, warum wollte man es dem Leser durch Spracheigenheiten noch erschweren. Glück auf! daher zum frohen Unternehmen.

[49] Was ich allenfalls zu sagen habe tritt wahrscheinlich zu Jubilate auch mit an's Licht und so wird ja treue Bemühung und wechselseitiges Wohlwollen auch vom Glück begünstigt werden.

Ihrem Herrn Vater mich angelegentlichst empfehlend und das Beste wünschend.

Weimar den 15. December 1824.


39/42.


An Philipp Wilhelm von Motz

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey einige Blätter welche um mehrerer Bequemlichkeit willen zusammengeheftet sind; sie scheinen mir die Verwirrung aufzulösen, in welcher sich zeither die Angelegenheit des fraglichen Frucht-Deputats gefunden. Ich wünsche nichts mehr als Ew. Hochwohlgeboren Verlangen hiedurch erfüllt zu sehen.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 18. December 1824.

J. W. v. Goethe.


39/43.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen daß von dem letzten morphologischen pp. Hefte, II. Bandes 2. Heft, die mir zugedachten Exemplare richtig angekommen sind,[50]

acht Velin,

vierzehn Schreibpapier,

funfzehn Druckpapier,

welche Bemühung dankbar anerkenne.

Besonders aber haben Sie mich erfreut daß Sie auch für das nächste Jahr mir Tafeln und Hefte zeitig vorlegen wollen. Möge unter den vielen bevorstehenden Tagen mancher sich finden der mit dem schönsten Roth zu bezeichnen wäre.

Bey dieser Gelegenheit versäume nicht anzuzeigen daß zu dem nächsten Hefte Kunst und Alterthum wenigstens sechs Druckbogen Reinschrift vorliegen, welche in Masse sogleich zusenden könnte um nach den Feyertagen in ruhiger sicherer Folge den Abdruck vor sich gehen zu lassen.

Mögen die bevorstehenden festlichen Epochen uns allen gesegnet seyn und Fräulein Alwina das Beyliegende gern zum Andenken eines alten Freundes manchmal geneigt anschauen.

Mit aufrichtigster Theilnahme.

Weimar den 18. December 1824.

J. W. v. Goethe.


39/44.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mit dem Wunsch, über diese Blätter etwa Dienstag Abend eine kleine kritische Conferenz zu halten.

Weimar den 18. December 1824.

G.[51]


39/45.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gönnen wohl dem guten und geschickten Schmeller eine Stunde, damit Ihr Bildniß so viel andern werthen Mitlebenden hinzugefügt werde. Ich lege besondern Werth, wie billig, auf dieses Document, welches das persönliche Andenken eines so bedeutenden Zusammenseyns auf die Nachwelt bringen soll; wobey mir denn nicht wenig schmeichelhaft ist daß ich mich auch der Neigung und des Wohlwollens der Dargestellten versichert halten darf.

Weimar den 24. December 1824.


39/46.


An Caroline von Egloffstein

Indem ich vorstehende Thorheiten, aus einiger Ferne zuschauend, gewissermaßen bekräftigen kann; sage meiner so theuren, lieben Freundinn daß Ihr Brief und Klingers mich gar schön getroffen und gerührt hat. Grüßen Sie ihn zum Besten. Leider bin ich jetzt öfter als billig vor Ihren Fenstern; das große Unheil will die Einbildungskraft nicht loslassen. Kommen Sie bald wieder, zu Ihrem und unserm Heil! In einer stillbewahrten Elegie werden Sie Mitgenossen[52] des schmerzlichsten Trennungs-Leiden gewiß theilnehmend begrüßen.

Am Christabende, wo man am schmerzlichsten empfindet den Geliebtesten keine Kerze widmen zu können. Neigung und Theilnahme!

W. d. 24. Dec. 1824.

Goethe.


39/47.


An Carl Ludwig von Knebel

Zum neuen Jahre schönstens Glück wünschend, übersende hiebey ein Bildniß, dem du manchmal einen freundlichen Blick gönnen mögest. Ein gleiches lege für Herrn Prof. Göttling bey, den ich schönstens zu grüßen und für seine Zuschrift des Aristoteles zu danken bitte. Er verzeihe, wenn ich nicht selbst schrieb, denn was ich senden wollte, ist mir noch nicht zur Hand gekommen. Ich suche einen Brief von Schiller, worin derselbe die Integrität, Einheit und Vollendung der aristotelischen Poetik auf gleiche Weise ausspricht, wie Herr Göttling der Politik. Wenn er herüber kommt, möge er mich ja besuchen; es freut mich sehr, daß neuere Begünstigungen ihn uns auch für die Folge erhalten.

Möge das nächste Jahr uns beiden und den Unsrigen günstig seyn. Mir kann es nicht an Unterhaltung fehlen, denn ich sehe für die nächsten drey hundert und fünf und sechzig Tage genug zu thun.[53] Auch du hast dir soviel Interesse erhalten, daß es dir weder Tags noch Nachts fehlen kann.

Meine Correspondenz mit Schiller, die nun fast beysammen ist, hat mir Unterhaltung und Belehrung gegeben; sie endigt 1805, und wenn man denkt, daß 1806 die Invasion der Franzosen eintrat, so sieht man bey'm ersten Anblick, daß sie eine Epoche abschließt, von der uns kaum eine Erinnerung übrig bleibt. Jene Weise sich zu bilden, die sich aus der langen Friedens-Epoche des Nordens entwickelte und immerfort steigerte, ward gewaltsam unterbrochen, alles von Jugend und Kindheit auf ward genöthigt sich anders zu bilden, da es denn auch in einer tumultuarischen Zeit an Verbildung nicht fehlte. Desto reiner steht jenes Zeugniß einer Epoche da, die vorüber ist, nicht wieder kommt und dennoch bis auf den heutigen Tag fortwirkt und nicht über Deutschland allein mächtig lebendigen Einfluß offenbart. Vergnügen wir uns, daß wir daran Theil nahmen und noch immer sind, was und wie wir waren, und daß unsere Freundschaft sich auch eben so dauerhaft bewährte. Und also wiederholt: Möge das nächste Jahr uns abermals günstig seyn!

In eben diesem Sinne erhalt ich eben einen köstlichen Brief von Klinger. Er zeigt sich noch immer so streng und brav als vor funfzig Jahren. Das Blatt ist vor dem großen Unglück geschrieben, das auch ihn betroffen, da sein Haus eine Ecke dicht am Kanal bildet und auf diese Weise der Wuth des Sturms[54] und des Wassers doppelt ausgesetzt war, wie mir Gräfin Caroline meldet, die, nach dem höchstverständigen und liebenswürdigen Geiste, der sie bewohnt, mir das Merkwürdigste im Allgemeinen und Besondern über dieses Ereigniß geschrieben hat.

Leider setzen die gewaltsamen Stürme, wovon du auch wohl die Nächte her gelitten hast, die Menschen in Furcht, wozu seltsame Weissagungen noch hinzutreten. Möge diese bängliche Epoche bald vorübergehen.

treulichst

Weimar den 24. December 1824.

G.


39/48.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie gedachten neulich, mein Werthester, Freytag Abend zu mir zu kommen, auch soll Ihre Gegenwart mir sehr angenehm seyn, wenn Sie nicht durch den heiligen Christ abgehalten werden, der sich übrigens dem werthen Familienkreise bestens empfehlen läßt.

Das Beste wünschend

Weimar den 24. December 1824.

Goethe.


39/49.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten mit beygehendem verspäteten Hefte ein deshalb verspätetes Blatt, weil ich es nicht ohne Gehalt übersenden[55] wollte. Die Schuld anerkennend, in der wir alle gegen Sie stehen für die vielen höchst bedeutenden Mittheilungen, die so stark an Masse als reich an Inhalt gefunden werden.

Ich selbst bin so vielfach nach andern Seiten hingezogen, daß ich, besonders im letzten Jahre, das ich ganz zu Hause zubrachte, wenig in dem Reiche, in welchem Sie so glücklich wirken, mich aufhalten konnte.

Herr Soret, ein trefflicher junger Mann, der Ew. Hochwohlgeboren Verdienste auf's innigste zu fühlen fähig und ausgebildet ist, unterhält mich durch seine ausgebreiteten, genauen und scharfen Ansichten der anorganischen Gestaltung öfters in diesem Fache. Kenntniß, und auch Ihre reichen Gaben erscheinen mir nicht als ein Fremdes.

Mir und meinem jungen Freunde stehen dabey Ihre Werke immer zur Seite, sie geben Belehrung und Rath, Anleitung und Ausführung; genug Ihre Wirkung auf unsern kleinen Kreis ist von der Art daß die genauste Kenntniß davon Sie gewiß erfreuen würde.

Auch Herr Graf v. Sternberg, der treffliche Mann, dessen spätre Bekanntschaft mich sehr macht, gab mir von dem Reichthum Ihrer Sammlungen den anschaulichsten Begriff; und es ist in solchen Augenblicken wo ich die Beweglichkeit einer frischen[56] Jugend vermisse; könnte sie dem Alter verliehen seyn, so würden Sie mich schnell an Ihrer Seite sehen.

Möge die große Thätigkeit, die in Ihnen zum schönsten wirkt, Sie auch zunächst recht munter und frisch erhalten und Ihnen zu Übertragung großen Schmerzes die sicherste Hülfe leisten. Niemand kann diesen Wunsch mit solcher Innigkeit aussprechen als derjenige der im hohen Alter so manche vor sich hingehen sah und sieht die ihn ganz ohne Frage hätten überdauern sollen.

gehorsamst

Weimar den 25. December 1824.

J. W. v. Goethe.


39/50.


An Carl Philipp von Martius

Nur wenige Zeilen, damit das verspätete Heft nicht noch länger liegen bleibe. Wenige Zeilen des lebhaftesten Dankes für die Palmensendung, die ich noch nicht einmal eröffnet habe, für den Brief, der mir eine große Freude macht und die herrlichsten Aussichten eröffnet, indem er mir jene unschätzbare Unterhaltung wieder vergegenwärtigt.

Die Tyroler Strophen sind allerliebst, sie bezeichnen fragmentarisch und quodlibetartig am Ende einen ganz vollkommenen, charakteristisch-abgeschlossenen Zustand.

[57] Meine Schwiegertochter empfiehlt sich mit uns allen zum schönsten. Ich muß nun schließen, damit ich nicht zu reden anfange. Alles Gute und Erwünschte.

Treu angehörig

Weimar den 25. December 1824.

J. W. v. Goethe.


39/51.


An Carl Friedrich von Reinhard

Unseres werthen, so thätigen als zuverlässigen Freundes von Müller ununterbrochene Mittheilungen haben mich diese ganze Zeit her in Ihrer Nähe gehalten, daß ich mit reiner Theilnahme den Schicksalen Ihrer Werthen und Lieben und also auch Ihrer eigenen hausväterlichen Existenz mit nahem Antheil beywohnen konnte. Möge, wie es bisher sich angelassen, nun alles einen schönen erfreulichen Erfolg gewinnen.

Ich habe mich die letzte Zeit nicht aus der Stadt, kaum aus dem Hause bewegt, und mich zwischen mäßigem Glück und Unheil, wie es das liebe Leben zu bieten pflegt, thätig hingehalten. Beykommendes Heft bringt wohl, edler, theilnehmender Freund, einiges zu Genuß und Unterhaltung. Sie sehen wie wundersam ich herumgeführt werde, und wenn ich nicht von jeher meine Radien am Mittelpunct festgehalten hätte; so könnt ich bey so hohen Jahren kaum in der Richte bleiben; doch geht es bis jetzt noch bescheidentlich[58] weg und wir wollen sorgen, daß es fernerhin auch nicht fehle.

Hiebey darf ich nicht vergessen, wie höchst wichtig mir die Nachricht von der Reisewitterung gewesen, die Sie aufzuzeichnen die Güte hatten. Müssen wir aufgeben, den Witterungswechsel vorauszusagen, so werden wir gewiß über Gegenwart und Vergangenheit klarer, welches immer schon viel heißen will. Vermissen wir ja doch auch in den wichtigsten Ereignissen unseres Lebens die Einsicht in das Nächstfolgende.

Sodann habe ich glücklicher zu vermelden daß ich diese Zeit her ohne Anstoß zugebracht, so daß ich mit einer meinen Jahren geziemenden Bescheidenheit bekennen darf mich verhältnißmäßig wohl befunden zu haben; wenigstens fand ich mich keinen Tag ganz außer Thätigkeit gesetzt und so ist denn manches geleistet und vorgearbeitet worden.

Freundlicher Besuche hatte ich mich mancher zu rühmen; von Herrn Grafen Sternbergs Anwesenheit habe wohl schon gemeldet; sodann gedenke sehr gern der kurzen Gegenwart des Herrn Ritters von Martius aus München. Der hohe Werth seines innern Vermögens hat sich durch eigenthümliche Aufnahme der Außenwelt auf einen solchen Grad gesteigert daß man sich zusammennehmen muß um würdig zu schätzen was man mit Bewunderung anerkennt.

Von Künstlern erwähn ich die Herren Rauch und Schinkel, deren höchst bedeutende Talente durch die[59] augenblicklichen Bau- und Bildbedürfnisse in Berlin dergestalt in Thätigkeit gesetzt sind daß sie einem Schwindel erregen möchte.

Wie noch gar manches der Art hätt ich mitzutheilen, wenn es nicht Zeit wäre abzuschließen, damit Sie nicht noch länger eines schriftlichen ausdrücklichen Zeugnisses entbehren, wie ich aufrichtig, herzlich und dauerhaft einem würdigen treuen Freunde anzugehören für das höchste Glück schätze.

in treuster Anhänglichkeit

Weimar den 26. December 1824.

Goethe.


39/52.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

haben die Güte Beygehendes zu beachten und wenn Sie nicht finden daß ich gegen den Pariser Künstler unfreundlich gewesen bin, da ich ihn doch ohnmöglich loben kann; so haben Sie die Güte abermals als Dollmetscher in die Mitte zu treten und mir zu Beobachtung dieser Obliegenheit Ihre Hand zu reichen.

Die Gaule Poetique scheint ein sehr erfreuliches Werk zu seyn.

In Hoffnung baldiger mündlicher Unterhaltung.

gehorsamst

Weimar den 27. December 1824.

Goethe.[60]


39/53.


An Christian Wilhelm Schweitzer

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

darf wohl in Gefolg meines neulich ausgesprochenen Wunsches mit der Frage begrüßen, wann es diese Woche gefällig wäre ein Mittagsmahl bey mir einzunehmen? Worauf ich denn Herrn General-Superintendent Röhr einzuladen nicht verfehlen werde.

In angenehmer Hoffnung einer geneigten Antwort habe die Ehre mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Weimar den 27. December 1824.


39/54.


An Jean Jacques Flatters

[Concept.]

à Weimar ce 30. Décembre 1824.

Monsieur,

C'est avec bien de la reconnaissance que je vous accuse la reception des deux caisses, que vous avez bien voulu nous addresser et qui sont arrivées en très bon état.

S. A. R. Monseigneur le Grand Duc n'a pû qu' accepter avec plaisir celle, qui Lui étoit destinée et je dois croire que vous ne tarderez pas d'en recevoir directement l'assurance.

[61] Quant á moi je vous prie, Monsieur, d'agréer mes remerciments bien sincères. Je puis vous dire, – et vous l'apprendrez certainement avec plaisir, – qu' un voyageur très estimable, qui a vû Lord Byron à Corfu, trouve son buste d'une ressemblance parfaite.

Pour le mien mes amis n'en veulent pas tout a fait porter le même suffrage. Mais on sait déjà, que nos alentours sont rarement satisfaits d'un portrait quelconque; cette remarque doit donc nous consoler, et je m'y résigne d'autant plus facilement, que vos intentions, Monsieur, ne laissent pas de m'être fort honorables et que je vous en suis infiniment reconnaissant. Si toutefois vous trouvez occasion de vous procurer la medaille, que d'après mon buste de Rauch de Berlin Monsieur Bovy à Genève vient de graver et la quelle à réuni tous les suffrages, certainement, en la comparant à votre buste, vous serez en état d'en juger vous même mieux que personne.

J'ai l'honneur, Monsieur, de vous saluer avec une considération très distinguée.[62]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 39, S. 1-63.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Mickiewicz, Adam

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz erzählt die Geschichte des Dorfes Soplicowo im 1811 zwischen Russland, Preußen und Österreich geteilten Polen. Im Streit um ein Schloß verfeinden sich zwei Adelsgeschlechter und Pan Tadeusz verliebt sich in Zosia. Das Nationalepos von Pan Tadeusz ist Pflichtlektüre in Polens Schulen und gilt nach der Bibel noch heute als meistgelesenes Buch.

266 Seiten, 14.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon