[197] Bremens Wohnung.
Breme. Martin. Albert.
BREME. Sind eure Leute alle an ihren Posten? Habt ihr sie wohl unterrichtet? Sind sie gutes Muts?
MARTIN. Sobald Ihr mit der Glocke stürmt, werden sie alle da sein.
BREME. So ist's recht! Wenn im Schlosse die Lichter alle aus sind, wenn es Mitternacht ist, soll es gleich angehen. Unser Glück ist's, daß der Hofrat fort geht. Ich fürchtete sehr, er möchte bleiben und uns den ganzen Spaß verderben.
ALBERT. Ich fürchte so noch immer, es geht nicht gut ab. Es ist mir schon zum voraus bange, die Glocke zu hören.
BREME. Seid nur ruhig. Habt ihr nicht heute selbst gehört, wie übel es jetzt mit den vornehmen Leuten steht? Habt ihr gehört, was wir der Gräfin alles unters Gesicht gesagt haben?
MARTIN. Es war ja aber nur zum Spaß.
ALBERT. Es war schon zum Spaße grob genug.
BREME. Habt ihr gehört, wie ich eure Sache zu verfechten weiß? wenn's Ernst gilt, will ich so vor den Kaiser treten. Und was sagt ihr zum Herrn Magister, hat sich der nicht auch wacker gehalten?
ALBERT. Sie haben's Euch aber auch brav abgegeben. Ich dachte zuletzt, es würde Schläge setzen; und unsere junge gnädige Comtesse – war's doch, als wenn ihr seliger Herr Vater leibhaftig da stünde.[197]
BREME. Laßt mir das gnädige weg, es wird sich bald nichts mehr zu gnädigen haben. Seht, hier hab' ich die Briefe schon fertig, die schick' ich in die benachbarten Gerichtsdörfer. Sobald's hier losgeht, sollen die auch stürmen und rebellieren und auch ihre Nachbarn auffordern.
MARTIN. Das kann was werden.
BREME. Freilich! Und alsdann Ehre, dem Ehre gebührt! euch, meine lieben Kinder. Ihr werdet als die Befreier des Landes angesehn.
MARTIN. Ihr, Herr Breme, werdet das größte Lob davon tragen.
BREME. Nein, das gehört sich nicht; es muß jetzt alles gemein sein.
MARTIN. Indessen habt Ihr's doch angefangen.
BREME. Gebt mir die Hände, brave Männer! So standen einst die drei großen Schweizer, Wilhelm Tell, Walther Staubbach, Fürst von Uri, die standen auf dem Grütliberg beisammen und schwuren den Tyrannen ewigen Haß und ihren Mitgenossen ewige Freiheit. Wie oft hat man diese wackern Helden gemalt und in Kupfer gestochen! Auch uns wird diese Ehre widerfahren. In dieser Positur werden wir auf die Nachwelt kommen.
MARTIN. Wie Ihr Euch das alles so denken könnt.
ALBERT. Ich fürchte nur, daß wir im Karrn eine böse Figur machen können. Horcht! es klingelt jemand. Mir zittert das Herz im Leibe, wenn sich nur was bewegt.
BREME. Schämt Euch! ich will aufziehen. Es wird der Magister sein, ich habe ihn herüber bestellt. Die Gräfin hat ihm den Dienst aufgesagt; die Konteß hat ihn sehr beleidigt. Wir werden ihn leicht in unsere Partei ziehen. Wenn wir einen Geistlichen unter uns haben, sind wir unserer Sache desto gewisser.
MARTIN. Einen Geistlichen und Gelehrten.
BREME. Was die Gelehrsamkeit betrifft, geb' ich ihm nichts nach, und besonders hat er weit weniger politische Lektüre als ich. Alle die Chroniken, die ich von meinem seligen Großvater geerbt habe, waren in meiner Jugend schon durchgelesen, und das Theatrum Europäum kenn' ich in- und auswendig. Wer recht versteht, was geschehen ist, der[198] weiß auch, was geschieht und geschehen wird. Es ist immer einerlei; es passiert in der Welt nichts Neues. Der Magister kommt. Halt! wir müssen ihn feierlich empfangen. Er muß Respekt vor uns kriegen. Wir stellen jetzt die Repräsentanten der ganzen Nation gleichsam in Nuce vor. Setzt euch.
Er setzt drei Stühle auf die eine Seite des Theaters, auf die andere einen Stuhl. Die beiden Schulzen setzen sich, und wie der Magister hereintritt, setzt sich Breme geschwind in ihre Mitte und nimmt ein gravitätisches Wesen an.
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