Zwinger.


[114] In der Mauerhöhle ein Andachtsbild der Mater dolorosa, Blumenkrüge davor.


GRETCHEN steckt frische Blumen in die Krüge.

Ach neige,

Du Schmerzenreiche,

Dein Antlitz gnädig meiner Not!


Das Schwert im Herzen,

Mit tausend Schmerzen

Blickst auf zu deines Sohnes Tod.


Zum Vater blickst du,

Und Seufzer schickst du

Hinauf um sein' und deine Not.


Wer fühlet,

Wie wühlet

Der Schmerz mir im Gebein?

Was mein armes Herz hier banget,

Was es zittert, was verlanget,

Weißt nur du, nur du allein!


Wohin ich immer gehe,

Wie weh, wie weh, wie wehe[114]

Wird mir im Busen hier!

Ich bin, ach, kaum alleine,

Ich wein', ich wein', ich weine,

Das Herz zerbricht in mir.


Die Scherben vor meinem Fenster

Betaut' ich mit Tränen, ach,

Als ich am frühen Morgen

Dir diese Blumen brach.


Schien hell in meine Kammer

Die Sonne früh herauf,

Saß ich in allem Jammer

In meinem Bett schon auf.


Hilf! rette mich von Schmach und Tod!

Ach neige,

Du Schmerzenreiche,

Dein Antlitz gnädig meiner Not!

Quelle:
Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Band 3, Hamburg 1948 ff, S. 114-115.
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