Beiname

[25] Dichter


Mohamed Schemseddin, sage,

Warum hat dein Volk, das hehre,

Hafis dich genannt?


Hafis


Ich ehre,

Ich erwidre deine Frage.

Weil in glücklichem Gedächtnis

Des Korans geweiht Vermächtnis

Unverändert ich verwahre

Und damit so fromm gebare,

Daß gemeinen Tages Schlechtnis

Weder mich noch die berühret,

Die Prophetenwort und Samen

Schätzen, wie es sich gebühret;

Darum gab man mir den Namen.


Dichter


Hafis, drum, so will mir scheinen,

Möcht ich dir nicht gerne weichen:

Denn, wenn wir wie andre meinen,

Werden wir den andern gleichen.

Und so gleich ich dir vollkommen,

Der ich unsrer heil'gen Bücher

Herrlich Bild an mich genommen,

Wie auf jenes Tuch der Tücher

Sich des Herren Bildnis drückte,[25]

Mich in stiller Brust erquickte,

Trotz Verneinung, Hindrung, Raubens,

Mit dem heitern Bild des Glaubens.

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 3, Berlin 1960 ff, S. 25-26.
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