Anklang

[149] Huri


Draußen am Orte,

Wo ich dich zuerst sprach,[149]

Wacht ich oft an der Pforte,

Dem Gebote nach.

Da hört ich ein wunderlich Gesäusel,

Ein Ton- und Silbengekräusel,

Das wollte herein;

Niemand aber ließ sich sehen,

Da verklang es, klein zu klein;

Es klang aber fast wie deine Lieder,

Das erinnr' ich mich wieder.


Dichter


Ewig Geliebte! wie zart

Erinnerst du dich deines Trauten!

Was auch, in irdischer Luft und Art,

Für Töne lauten,

Die wollen alle herauf;

Viele verklingen da unten zuhauf;

Andere mit Geistes Flug und Lauf,

Wie das Flügelpferd des Propheten,

Steigen empor und flöten

Draußen an dem Tor.


Kommt deinen Gespielen so etwas vor,

So sollen sie's freundlich vermerken,

Das Echo lieblich verstärken,

Daß es wieder hinunter halle,

Und sollen achthaben,

Daß, in jedem Falle,

Wenn er kommt, seine Gaben

Jedem zugute kommen;

Das wird beiden Welten frommen.


Sie mögen's ihm freundlich lohnen,

Auf liebliche Weise fügsam,

Sie lassen ihn mit sich wohnen:

Alle Guten sind genügsam.[150]

Du aber bist mir beschieden,

Dich laß ich nicht aus dem ewigen Frieden;

Auf die Wache sollst du nicht ziehn,

Schick eine ledige Schwester dahin.

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 3, Berlin 1960 ff, S. 149-151.
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