An Suleika

[82] Dir mit Wohlgeruch zu kosen,

Deine Freuden zu erhöhn,

Knospend müssen tausend Rosen

Erst in Gluten untergehn.


Um ein Fläschchen zu besitzen.

Das den Ruch auf ewig hält,

Schlank wie deine Fingerspitzen.

Da bedarf es einer Welt;


Einer Welt von Lebenstrieben,

Die in ihrer Fülle Drang

Ahneten schon Bulbuls Lieben,

Seeleregenden Gesang.


Sollte jene Qual uns quälen,

Da sie unsre Lust vermehrt?

Hat nicht Myriaden Seelen

Timurs Herrschaft aufgezehrt?[82]

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 3, Berlin 1960 ff, S. 82-83.
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