[Denk, o Herr! wenn du getrunken]

[125] Saki


Denk, o Herr! wenn du getrunken,

Sprüht um dich des Feuers Glast!

Prasselnd blitzen tausend Funken,

Und du weißt nicht, wo es faßt.
[125]

Mönche seh ich in den Ecken,

Wenn du auf die Tafel schlägst.

Die sich gleisnerisch verstecken,

Wenn dein Herz du offen trägst.


Sag mir nur, warum die Jugend.

Noch von keinem Fehler frei,

So ermangelnd jeder Tugend,

Klüger als das Alter sei.


Alles weißt du, was der Himmel.

Alles, was die Erde trägt,

Und verbirgst nicht das Gewimmel,

Wie sich's dir im Busen regt.


Hatem


Eben drum, geliebter Knabe,

Bleibe jung und bleibe klug;

Dichten zwar ist Himmelsgabe,

Doch im Erdeleben Trug.


Erst sich im Geheimnis wiegen,

Dann verplaudern früh und spat!

Dichter ist umsonst verschwiegen,

Dichten selbst ist schon Verrat.

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 3, Berlin 1960 ff, S. 125-126.
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