Dichterkönige

[192] Viele Dichter versammelten sich an Mahmuds Hofe, man spricht von vierhunderten, die daselbst ihr Wesen getrieben. Und wie nun alles im Orient sich unterordnen, sich höheren Geboten fügen muß, so bestellte ihnen auch der Fürst einen Dichterfürsten, der sie prüfen, beurteilen, sie zu Arbeiten, jedem Talent gemäß, aufmuntern sollte. Diese Stelle hat man als eine der vorzüglichsten am Hofe zu betrachten: er war Minister aller wissenschaftlichen, historisch-poetischen Geschäfte; durch ihn wurden die Gunstbezeigungen seinen Untergebenen zuteil, und wenn er den Hof begleitete, geschah es in so großem Gefolge, in so stattlichem Aufzuge, daß man ihn wohl für einen Wesir halten konnte.

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 3, Berlin 1960 ff, S. 192.
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