Beispiele von Voltaires Vorurteilen für Newton

[601] Brief an Herrn Thiriot den 7ten August 1738

»Wenn man Herrn Algarotti den behauptenden Ton vorwirft, so hat man ihn nicht gelesen. Viel eher könnte man[601] ihm vorwerfen, nicht genug behauptet zu haben; ich meine, nicht genug Sachen gesagt und zu viel gesprochen zu haben. Übrigens, wenn das Buch nach Verdienst übersetzt ist, so muß es Glück machen.«

»Was mein Buch betrifft (Elémens de la philosophie de Newton), so ist es bis jetzt das erste in Europa, das parvulos ad regnum coelorum berufen hat: denn regnum coelorum ist Newton; die Franzosen überhaupt sind parvuli genug. Mit Euch bin ich nicht einig, wenn Ihr sagt, es seien neue Meinungen in Newtons Werken. Erfahrungen sind es und Berechnungen, und zuletzt muß die ganze Welt sich unterwerfen. Die Regnaults und Castels werden den Triumph der Vernunft auf die Länge nicht verhindern.«

In demselben Briefe

»Der Pater Castel hat wenig Methode, sein Geist ist das Umgekehrte vom Geiste des Jahrhunderts. Man könnte nicht leicht einen Auszug verworrener und unbelehrender einrichten.«

Brief an Herrn Formont den 1. April 1740

»Also habt Ihr den unnützen Plunder über die Färberei gelesen, den Herr Pater Castel seine Optik nennt. Es ist lustig genug, daß er sich beigehen läßt zu sagen: Newton habe sich betrogen, ohne es im mindesten zu beweisen, ohne den geringsten Versuch über die ursprünglichen Farben gemacht zu haben. Es scheint, die Physik will nun drollig werden, seitdem es die Komödie nicht mehr ist.«

Quelle:
Johann Wolfgang Goethe. Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche. Band 1–24 und Erg.-Bände 1–3, Band 16, Zürich 1948 ff, S. 601-602.
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