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[134] Die Kiele stießen vom Gestad
Und fuhren fröhlich ihren Pfad,
Nur daß die blinde Minne
Hatte zwei Herzen drinne
Von ihrer Straßen abgelenkt,
Die in Gedanken tief versenkt
Waren bekümmert beide
Von jenem lieben Leide,
Das solche Wunder stellet,
Den Honigschmack vergället,
Die Süßigkeiten säuert,
Was da will thauen, feuert,
Das Sänftende durchschmerzet,
Alle Herzen entherzet
Und alle die Welt verkehret, –
Das hatte sie versehret,
Tristanden und Isolden,
Mit Einer Noth, die Holden,
Und in seltsamer Weise:
Sie hatten auf der Reise
Nicht Ruhe, weder hie noch da,
Bis Eines je das Andre sah.
Wenn aber das geschahe,
Ging's ihnen aber nahe:
Sie konnten unter sich, die Zwei,
Den Willen nicht vereinen frei;
Das schuf die Fremde und die Scham,
Die ihnen ihre Lust benahm,
So sie mit stillen Blicken,
Mit Blicken in Minnestricken,
Einander sollten nehmen wahr:
Da ward ihre Farbe wunderbar
Dem Herzen gleich und gleich dem Sinn.
Minne, die werthe Färberin,
Die däuchte es nicht damit genug,
Daß man's in edlen Herzen trug
Verborgen und verstohlen:
Sie wollte unverhohlen
Vor Augen zeigen ihre Gewalt:
Die war an den Zweien mannigfalt.
Ihre Farbe sich nicht lange glich,
Nicht lange glich ihre Farbe sich:
Sie wechselten oft und allzugleich
Bleich wider Roth, Roth wider Bleich,
Sie wurden bleich, sie wurden roth,
Wie ihnen Minne die Farben bot.
Daran erkannte Jedwedes wohl,
Wie man an solchem muß und soll,
Daß etwas wohl von Minne
In seinem Herz und Sinne
Auf das Andre gewendet war,
Und begannen auch wonnebar
Einander zu betrachten,
Nach Zeit und Fug zu trachten,
Daß sie sich raunend gesellten.
Der Minne Jäger stellten
Einander mit manchem Blicke
Ihre Netze und Stricke,
Ihre Warte und Lage
Mit Antwort und mit Frage,
Sie trieben viel Redens zusammen hin.
Isoldens Rede und ihr Beginn
War recht nach magdlicher Weise:
Sie kam ihren Trauten leise
All rings herum von Weitem an:
Von Anfang mahnte sie ihn dran,
Wie er zuerst gen Develin
In einem kleinen Schifflein hin
Geflossen wund und alleine kam,
Wie ihre Mutter ihn zu sich nahm,
Und wie er auch genas durch sie;
An alles, was sich zutrug hie,
Und wie sie selbst in seiner Hut
Alle Wege lernte schreiben gut
Latein und lernte Saitenspiel.
Des Umschweifs war und der Rede viel,
Die sie ihm sagte weit und breit
Von seiner Kraft und Mannhaftigkeit,
Auch vom Serpant in jenem Thal,
Und wie sie ihn erkannte beide Mal,
So in dem Bad als in dem Teich.
Die Rede war unter ihnen gleich:
Sie sprach zu ihm, und er sprach zu ihr.[135]
»Ah,« sprach Isolde, »da sich's mir
Doch darbot mit so gutem Fug,
Daß ich Euch da nicht im Bade schlug,
Gott Herre, wie konnt ich also thun!
Hätt ich gewußt, was mir kund ist nun,
Das wäre gewesen Euer Tod.« –
»Warum denn?« sprach er, »schöne Isot?
Was wirret Euch, was wisset Ihr?« –
»Was ich weiß, ja, das wirret mir,
Was ich sehe, das thut mir weh:
Mich mühet der Himmel und die See,
Leib und Leben beschweren mich.« –
Da stützte sie und lehnte sich
Mit dem Ellbogen an ihn hin:
Das war der Kühnheit ein Beginn.
Die Augen licht und spiegelklar,
Die füllten sich verhohlen gar,
Ihr Herz begann zu quellen,
Ihr süßer Mund zu schwellen,
Ihr Haupt, das sank darnieder.
Ihr Freund begann herwieder
Mit Armen sie zu umfahen,
Doch ihr nicht dreist zu nahen,
Nicht mehr als in Gastes Weise.
Er sprach gar süß und leise:
»Ei, Schöne, Süße, saget mir,
Was wirret Euch, was klaget Ihr?«
Der Minne Federspiel, Isot,
»Lameir,« sprach sie, »das ist meine Noth,
Lameir beschweret mir den Muth,
Lameir ist, was mir wehe thut.« –
Nun sie so ofte sprach das Wort,
Da bedachte er fort und fort,
Besah nach allen Seiten hin
Desselben Wortes Laut und Sinn.
Er begann sich zu entsinnen,
Ameir das hieße minnen,
Ameir bitter, la meir das Meer:
Der Sinn, der däucht ihn ein ganzes Heer.
Er ließ eins von den dreien
Und fragte nach den zweien:
Die Minne, die verschwieg er gar,
Die doch ihr Beider Herrin war,
Ihr Beider Trost, Ziel und Begehr,
Und sprach von Nebelluft und Meer.
»Ich wähne,« sprach er, »schöne Isot,
Meer und Nebel sind Eure Noth:
Euch widern Meer und Nebelwind,
Ich wähne, die zwei Euch bitter sind.« –
»Nein, Herre, nein! was saget Ihr?
Keines von Beiden wirret mir,
Mir dunstet weder Luft, noch See:
Lameir alleine thut mir weh.« –
Nun er auf den Grund dem Worte kam
Lameir, und Minne drin vernahm,
Gar heimlich sprach er da zu ihr:
»In Treuen, Schöne, so ist auch mir:
Lameir und Ihr, Ihr seid meine Noth.
Herzefraue, liebe Isot,
Ihr Eine und Eure Minne,
Ihr habt mir meine Sinne
Verkehret und benommen,
Ich bin vom Weg gekommen
So ganz und gar, so irr und blind,
Daß ich mich nimmer zurechte find.
Mich mühet und mich irret,
Mir ekelt und mir wirret
Alles, worauf mein Auge fällt:
Ja, ist in dieser ganzen Welt
Nichts meinem Herzen lieb denn Ihr.« –
Isold sprach: »Herre, so seid Ihr mir.«
Nun Tristan und die Königin
In ihnen erkannten Einen Sinn,
Ein Herze und Einen Willen,
Begann das ihnen zu stillen
Und auch zu eröffnen ihr Ungemach.
Jedwedes sah, Jedwedes sprach
Das Andere freier und kühner an,
Der Mann die Magd, die Magd den Mann.
Die Fremde war unter ihnen hin:
Er küßte sie, und sie küßte ihn
Mit süßem Herzensgruße.
Das war der Minnenbuße
Ein Anfang und ein seliger Schank.
Jedwedes schenkte, Jedwedes trank
Die Herzenssüße mit geizigem Zug.
So sie gewannen Statt und Fug,
So ging der Tausch und der Handel an,
Schleichwaaren wurden aufgethan,[136]
So heimlich und so wohlbestellt,
Daß Niemand in der ganzen Welt
Ihren Willen und Muth erfand,
Als sie, der er doch war bekannt.
Das war Brangäne, die weise,
Die warf ihre Blicke leise
Und warf sie ofte heimlich dar
Und nahm ihre Heimlichkeiten wahr
Und dachte oftmals bei sich still:
»O weh, nun seh ich, was werden will!
Die Minne hebt bei Diesen an.« –
Viel balde ward, daß sie begann
Den Ernst an Beiden zu verstehn
Und außen an ihrem Leib zu sehn
Ihrer Seelen und Herzen
Innere herbe Schmerzen.
Solch Ungemach, das that ihr leid,
Da sie sie sah zu jeder Zeit
Amuren und ameiren,
Seufzen, trauren und feiren,
In Gedanken sich mühen,
Erblassen und erglühen.
In so verlorner Weise
Gedachten sie keiner Speise,
Bis sie der Mangel und der Gram
An dem Leibe ganz übernahm,
Daß es Angst ward Brangänen,
Und sie begann zu wähnen,
Es wäre ihr Beider Ende.
»Nun nimm das Herz in die Hände,«
Sprach sie, »erforsche, was es sei!«
Sie saß eines Tages ihnen bei
Gar heimlich und gar leise,
Die Stattliche, die Weise:
»Hie ist Niemand,« sprach sie, »denn wir Drei.
Sagt mir, was wirret euch, ihr Zwei?
Ich seh euch zu allen Stunden
Mit Gedanken gebunden
Seufzen, trauern und klagen.« –
»Höfische, dürft ich's Euch sagen,
Ich sagt's Euch gerne,« sprach Tristan. –
»Ja, Herre, viel wohl: hebet an:
Sei's, was es wolle, das saget mir.« –
»Gesegnete, Gute,« sprach er zu ihr,
»Ich wage nicht zu sagen mehr,
Ihr versichert uns denn vorher
Mit Treuen und mit Eiden,
Daß Ihr uns Armen beiden
Gütig wollet und gnädig sein:
Anders so ist unsre Hoffnung klein.«
Brangäne bot ihre Treue hin:
Sie gelobte ihren getreuen Sinn
Und schwur nach Gottes Willen
Ihr Begehren zu stillen.
»Getreue, Gute,« sprach Tristan,
»Nun sehet Gott zuvörderst an
Und darnach Eure Glückseligkeit:
Bedenket unser Beider Leid,
Unsre Gefahr und unsre Noth.
Ich Armer und die arme Isot,
Ich weiß nicht, wie es gegangen ist,
Wir Zwei, wir sind in kurzer Frist
Unsinnig geworden Beide
In wunderlichem Leide:
Wir müssen vor Minne sterben
Und können nicht erwerben
Noch Stunde, noch Gelegenheit:
Ihr irret und störet uns allezeit,
Und seid versichert, sterben wir,
So ist Niemand schuldig dran, als Ihr.
Nun ist unser Tod und Leben
In Eure Hand gegeben.
Hiemit sei Euch genug gesagt.
Wohlan, Brangäne, selige Magd,
Nun helfet und nun gnadet Ihr
Eurer Frauen Isold und mir.«
Brangäne zu Isolden sprach:
»Fraue, ist Euer Ungemach,
Wie er da spricht, von solcher Noth?« –
»Ja, Herzeniftel,« sprach Isot. –
Brangäne sprach: »Das reue Gott,
Daß so der Teufel seinen Spott
Mit uns Dreien gemachet hat!
Nun seh ich wohl, da ist kein Rath,
Und muß ich durch euch Beide
Mir selber so zu Leide
Und euch zur Schande werben;
Eh ich euch lasse sterben,
Will ich euch lieber den Willen thun.[137]
Was ihr wollet beginnen nun,
Das laßt um meinetwillen nicht,
Wenn ihr's um eure Ehr und Pflicht
Nicht gerne wollet lassen.
Wo ihr euch aber fassen
Und wahren könntet vor dieser That,
So wahret euch, das ist mein Rath.
Laßt diese Schande unter uns Drein
Verschwiegen und verblieben sein.
Verbreitet ihr die Märe,
So geht's an eure Ehre;
Erfährt sie Jemand, ohne uns Drei,
Seid ihr verloren und ich dabei.
Herzefraue, schöne Isot,
Euer Leben und Euer Tod
Die sind an Euch ergeben:
Nun lenket Tod und Leben
Nach Eurem Willen und Begehr.
Von dieser Stunde habt nimmermehr
Zweifel, noch Furcht vor meiner Hut:
Was Euch gefalle, wohlan, das thut.«
Nachts, da die Schöne alleine lag,
Ihr Trauern und ihr Trachten pflag
Nach ihrem trauten Freund so heiß,
Da kam geschlichen leise leis
Ihr Freund zur Kemenaten,
Begleitet und berathen
Von ihrer Aerztin Minne:
Minne, die Aerztin, drinne
Führte sie ihr zu Handen
Ihren Kranken, Tristanden.
Auch fand sie ihre kranke Isot.
Den beiden Kranken die Hand sie bot
Und gab ihm sie und gab ihr ihn
Einander zur Arzenei dahin.
Wer konnte auch diese Beide
Mit ihrem gleichen Leide
Vereinen und bescheiden,
Als Einung ihrer Beiden,
Verstrickung ihrer Sinne?
Die Verstrickerin Minne,
Die strickte mit süßen Flammen
Zwei Herzen da zusammen
Mit also großer Meisterschaft,
Mit also wunderbarer Kraft,
Daß sie ungelöset waren
In allen ihren Jahren.
Eine lange Rede von Minne
Beschweret höfische Sinne:
Eine kurze Rede von Minne
Ist gut für gute Sinne.
Wie wenig ich in meinen Tagen
Habe das liebe Leid getragen,
Den sänftlichen Herzensschmerzen,
Der immer in dem Herzen
So recht sänftlich unsanfte thut,
So weissaget mir doch mein Muth,
Was ich wohl halten muß für wahr,
Daß es den Minnenden sanfte war
Und waren wohl auf Beide,
Da sie die Hut, die leide,
Die Qual minnender Sinne,
Die Feindin aller Minne,
Hatten von ihrem Pfad gebracht.
Viel hab ich über die Zwei gedacht
Und denke noch heut und alle Tage:
Wenn ich Liebe und sehnende Klage
Beginne ins Auge zu fassen
Und all ihr Thun und Lassen
Im Herzen zu betrachten,
So wächst mein ganzes Trachten
Und Muth, mein Heergeselle,
Als ob er zum Himmel schwelle.
Wenn ich mich drein versenke,
Das Wunder und Wunder bedenke,
Daß man an Liebe fände,
Wer sich recht drauf verstände,
Was Freude läge in Liebe,
Wer sie getreulich triebe,
So wird mein Herze hochgeschwellt
Und größer denn die weite Welt,
Und erbarmet mich der Minne
In meinem ganzen Sinne,
Daß Alle, die da leben,
An Minne hangen und kleben,
Und ihr doch Niemand ihr Recht anthut.
Wir wollen Alle haben Muth
Und wandeln auf der Minne Bahn.
Nein, Minne ist nicht also gethan,
Wie wir's einander machen[138]
Mit trügerischen Sachen.
Wir nehmen der Dinge fälschlich wahr,
Wir säen Bilsensamen dar
Und wollen mit Einem Schlage,
Daß er Liljen und Rosen trage.
In Treuen, das mag ja nicht sein!
Wir müssen das wieder nehmen ein,
Das da zuvor war ausgelegt,
Und ernten, was uns der Same trägt.
Dasselbe, das wir säen,
Müssen wir schneiden und mähen.
Wir bauen aber die Minne
Mit verbittertem Sinne,
Mit Trug und Falschheit in der Brust
Und suchen dann in ihr die Lust
Des Leibes und der Herzen:
So bringt sie uns nur Schmerzen,
Ungute Frucht und böse Art,
Wie es an ihr gebauet ward.
Wenn es uns dann mit Gifte nährt
Und innen in dem Herzen schwärt
Und tödtet uns darinne,
So zeihen wir's die Minne
Und klagen, sie sei schuldig dran,
Die nimmer Schuld daran gewann.
Wir säen lauter Lug und Trug
Und ernten Leid und Schande gnug.
Thut uns das Leid nun schmerzlich weh,
So sollen wir's bedenken eh
Und sollen säen besser:
Das frommt auch dem Erntemesser.
Wir, denen zur Welt hin steht der Muth,
Mag er nun bös sein oder gut,
Wie thun wir unsern Tagen,
Die wir hintreiben und jagen
In dem Namen der Minne
Und finden nichts darinne,
Als wieder dieselben Saaten,
Womit wir sie berathen,
Mißlingen, Unheil, Wankelmuth:
Wir finden da nichts von dem Gut,
Das unser Jeglicher begehrt,
Das unser Keinem wird gewährt.
Das ist der stete Freundesmuth,
Der allstund wohl und sänftlich thut,
Der die Rosen bei dem Dorne trägt,
Zu der Mühsal den Frieden legt,
Bei dem je liegt verborgen
Die Minne in den Sorgen,
Der je am Ende Freude bringt,
So oft er mit der Trübsal ringt;
Den findet man so wenig nun:
Das ist die Frucht von unsrem Thun.
Es ist viel wahr, was man da sagt:
Minne ist getrieben und gejagt
Bis ans endloseste Ende fort.
Wir haben von ihr nur noch das Wort,
Uns ist nur noch der Name blieben
Und haben auch den zu Tod getrieben,
Ihn abgenutzt und abgelähmt,
Daß sich die Müde seiner schämt
Und ist ihr zur Beschwerde;
Sie ist auf dieser Erde
Ihr selbst zuwider und zur Last,
Ein ehrenloser, unwerther Gast;
Sie gehet heischen und bitten
Und trägt von schnöden Sitten
Buntscheckig einen Sack herum
Mit gestohlnem Gut und mit Bettelthum,
Das sie dem eignen Mund entschlägt
Und in den Straßen zu Markte trägt.
O weh, den Markt, den schaffen wir,
Das Wunder, das treiben wir mit ihr
Und haben gar rechtfertigen Sinn.
Minne, aller Herzen Königin;
Die Eine, die da immer rein
Und frei war, ist um Kauf gemein.
Wie haben wir unser königlich Theil
An ihr zinsbar gemacht und feil!
Im Ring der Treue tragen wir
Ein schnödes Conterfei von ihr
Und machen uns selber Wind und Rauch.
Es ist ein armer Lügenbrauch,
Wer Freunden also leuget,
Daß er sich selber treuget.
Wir Minner mit falschem Sinne,
Falschmünzer wir der Minne,
Wie tödten wir unsre Tage,
Daß wir unsrer Klage
So selten liebes Ende geben!
Wie vergeuden wir unser Leben[139]
So ohne Lieb, so ohne Gut!
Nun gibt uns doch das guten Muth,
Was ferne liegt von unsrem Gleis:
Was Jemand schöner Mären weiß
Von minnehaften Dingen,
Was wir zur Rede bringen
Von Menschen, die weiland waren
Vor manchen hundert Jahren,
Das thut uns in dem Herzen wohl,
Und sind derselben Lust so voll,
Daß, wo nur Jemand wäre
Voll Treue und voll Ehre
Und wider den Freund ohn Lug und Trug,
Er könnte sich solcher Lust genug
Aus seinen eignen Sachen
In seinem Herzen machen:
Denn uns dasselbe zu aller Frist
Mit Jammer unter den Füßen ist,
Davon es emporwill, seufzt und fleht:
Das ist Treue, die von Herzen geht;
Die trägt sich uns an, will unser sein,
Wir aber achten ihrer klein
Und treten so die Süße
Gleichgiltig unter die Füße;
Wir haben mit Mißgebärde
Sie getreten in die Erde;
Und wollten wir sie auch suchen dort,
Wir wüßten nicht gleich, an welchem Ort.
So gut, so lohnend allermeist
Sich unter Freunden Treu erweist,
Warum denn lieben wir sie nicht?
Ein Blick, ein inniglich Gesicht,
Vom Herzelieb entboten,
Das löset alle Knoten,
Das löschet alle Schmerzen
Am Leibe und im Herzen.
Ein Kuß in Liebes Munde,
Der von des Herzens Grunde
Emporgeschwebet käme,
Ah, was euch der benähme
Viel sehnender Sorge und Herzensnoth!
Ich weiß wohl, Tristan und Isot,
Die Raschgesinnten beide,
Benahmen auch vom Leide
Und von der Klage einander viel,
Da sie an Eines Willens Ziel
Gekommen waren mit Einem Sinn.
Jenes Verlangen war dahin,
Das da hanget und banget.
Weß Minnende verlanget,
Deß hatten sie unter sich genug:
Wenn sie gewannen Zeit und Fug,
Daß sie zusammen kamen,
So gaben sie und nahmen
Mit getreulichem Sinne
Ihnen selbst und der Minne
Willigen Zins und guten Zoll.
Nun war es ihnen gar innig wohl
Auf der Reise und auf der Fahrt,
Seit die Fremde zunichte ward,
Da fanden sie eine Heimath gleich,
An schönen Heimlichkeiten reich.
Und war das weis und wohl gethan;
Denn die sich hehlen noch fortan,
Nachdem sie sich offenbaren,
Und wollen die Scham bewahren
Und fremden sich in Liebe,
Die sind sich selber Diebe.
Je mehr sie sich verhehlen,
Je mehr sie sich selber stehlen
Und mischen Lieb mit Leide.
Diese Minnenden beide
Verhehlten sich einander nicht:
Mit Rede und mit Angesicht
Waren sie heimisch Du und Du.
So brachten sie die Reise zu
Mit wonniglichem Leben;
Doch war's nicht umsonst gegeben:
Furcht trübte ihnen manchen Tag,
Sie fürchteten voraus den Schlag,
Zu dem es auch am Ende kam,
Der ihnen seit viel Lust benahm
Und brachte sie in manche Noth:
Das Unheil, daß die schöne Isot
Dem Manne werden sollte,
Dem sie nicht werden wollte.
Auch drängte sie Beide noch ein Leid:
Das war Isoldens Magdlichkeit;
Um diese mußten die Beiden
Viel Kummer und Sorge leiden.[140]
Doch waren diese Klagen
Ihnen nicht schwer zu tragen,
Dieweil sie ihren Willen
Durften so freisam stillen
Gar oft und ohne Widerstand.
Nun daß sie Kornewall dem Land
Segelten also nahe,
Daß man das Land wohl sahe,
Da freuten sie sich mit Schalle;
Sie waren fröhlich Alle,
Nur Tristan nicht und nicht Isot,
Die waren da in Angst und Noth;
Ihr Wille, wäre der geschehn,
Sie hätten nimmer Land gesehn.
Furcht um ihr Beider Ehren
Wollte ihr Herz verzehren;
Sie kamen zu keinem Schlusse nie,
Was sie thun sollten oder wie,
Auf daß das Werk der Liebe
Dem König verborgen bliebe.
Und doch, wie auch ohn Rath und Sinn
Kindische Liebende von Beginn
In ihrer blinden Kindheit sind,
Der Rath, der fiel doch an das Kind.
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