[90] Cäsar. Cato. Porcius. Porcia. Phönice.
CÄSAR.
Nun Cato, soll ich itzt die Gnade herrschen lassen?
Wie? oder soll ich noch das scharfe Rachschwert fassen?
Was wünscht der Römer Rath?
CATO herzhaft.
Dir, was du ihm gedroht,
Das ist, den Untergang; wo nicht, sich selbst den Tod.
Der Krieg! der Krieg allein soll uns den Ausschlag geben:
Doch, niemand will von uns die Freyheit überleben.
Indessen glaube nicht, daß dieser Mauren Kreis,
Daß uns nur Utika so kühn zu machen weis;
Daß wir uns ganz verzagt in Thurm und Wall verschanzen,
Wann du ganz Africa mit Adlern magst bepflanzen:
Nein! wir erwarten dich, und deinen Angriff nicht.
So bald nur morgen früh das erste Tageslicht
Die Welt bestralen wird: so soll durch Glut und Eisen
Sich lauter Mord und Wuth in deinem Lager weisen.
Bereite dich dazu!
CÄSAR.
Meynt ihr, daß Cäsars Macht
Euch nicht bestürmen kann, eh ihr vom Schlaf erwacht?[90]
Mein Vorsatz war bisher der Römer Rest zu schonen;
Allein, da Stolz und Grimm so reichlich bey dir wohnen,
Als schwach die Kräfte sind: so hast du Schuld daran,
Wenn ich die Blitze nicht zurücke halten kann.
Du zwingst mich, Utika und alles zu verstören!
Zu Porcien.
Prinzessinn, laß mich nur kein hartes Wort mehr hören:
Man will den Frieden nicht, man schlägt mir alles ab;
Was nützt der Vorschlag nun, den ich aus Großmuth gab?
O Himmel, wenn du doch den Frevel strafen wolltest!
PORCIA.
Du trotzest einen Feind, den du verehren solltest,
Und kennst doch weder ihn, noch seine Kräfte recht:
Doch wisse, daß sein Arm noch deinen Hochmuth schwächt.
Es steht ihm jemand bey, den du verehren müßtest,
Ja den du scheuen solltst, dafern du ihn nur wüßtest!
CÄSAR.
Wer ist der Gegner denn, den Cäsar scheuen soll?
PORCIA.
Ich selber bins.
CÄSAR.
Wie das?
PORCIA.
Vernimms erstaunensvoll:
In diesem Cato ist mein Vater selbst vorhanden!
CÄSAR.
Du scherzest, wie mich dünkt: hab ich es recht verstanden?[91]
Kann eine Königinn, auch Catons Tochter seyn?
Das ungereimte Ding will mir durchaus nicht ein!
Nein, ich begreif es nicht.
PORCIA.
Es muß dich fremde dünken:
Ich selber wußt es nicht, und wollt in Ohnmacht sinken,
So bald ich es erfuhr. So grausam ist mein Glück!
Ja, Cäsar, so ergrimmt ist dein und mein Geschick.
Du liebtest mich; ich dich. Nunmehr erfolgt die Reue;
Indem ich mich beschämt vor meinem Siege scheue.
Da, wo ich Ruhm gesucht, da find ich lauter Schimpf!
Ihr Götter! brauchet ihr denn niemals größern Glimpf?
Und muß ich heute denn so gar an mir erleben,
Daß Lieb und Unschuld stets einander widerstreben?
CÄSAR bald zu Porcien, bald zum Cato.
Was? sieht man unsre Lieb' als ein Verbrechen an?
Warum verdammt man sie, da sie doch nützen kann?
Der Himmel sucht dadurch die Römer zu verbinden;
Drum sollte man die Glut noch mehr und mehr entzünden.
Warum zertrennet man was selbst der Himmel paart?
Es scheint, der Friedensschluß sey bloß für uns gespart.
CATO aufgebracht.
Viel lieber wollt ich sie nicht für mein Kind mehr achten,
Und sie, ja mich zugleich, als Opferthiere schlachten.[92]
Nein, Cäsar, glaube nicht, daß mich dein Vorschlag trügt,
Weil mir Pompejens Fall noch stets im Sinne liegt.
Der ward dein Tochtermann: doch dieß vermeynte Glücke
War seines Unfalls Grund; die Eh ward ihm zum Stricke.
Gesetzt also, daß ich den Beyfall geben wollt,
Daß Cäsar Porcien zur Gattinn haben sollt:
So würde doch dein Herz ganz unersättlich bleiben,
Und seine Kronensucht aufs allerhöchste treiben:
Mich aber hätt' alsdann die Schandthat sehr befleckt!
Buchempfehlung
Das 1900 entstandene Schauspiel zeichnet das Leben der drei Schwestern Olga, Mascha und Irina nach, die nach dem Tode des Vaters gemeinsam mit ihrem Bruder Andrej in der russischen Provinz leben. Natascha, die Frau Andrejs, drängt die Schwestern nach und nach aus dem eigenen Hause.
64 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro