1814.

[151] Waldgegend.


MEPHISTOPHELES.

Muß doch ein wenig spionieren,

Wo mein vertrackter Doktor ist,

Der nach Rousseau auf allen vieren

Hier unter dieses Waldes Tieren

Des Glücks, ein Mensch zu sein, genießt

Und Wasser sauft und Eicheln frißt.

Mein' Seel'! Es hätt' mich baß verdrossen,

Wär' mir der Tintenfisch entwischt,

Den ich so superfein gefischt.

Doch er hat schon zu viel genossen.

Ei, wer den Kelch der Weltlust nie versucht,

Der weist vielleicht ihn von den trocknen Lippen;

Doch wem's einmal gelang, daran zu nippen,

Der ist zum ew'gen Trinken auch verflucht.

Schwatzt nur von Reu', ihr Pfaffenzungen,

Die das verirrte Schaf der Mutter wiederbringt;

Wer nur den Köder mal verschlingt,

Der hat die Angel mit verschlungen!

Schon mancher, fühlt' er meine Hand am Kragen,[151]

Bekehrte sich! Da ward gebetet und gejohlt,

Doch sein an Fleisch gewohnter Magen

Konnt' euch die Klostersuppe nicht vertragen;

Hätt' ich nicht ihn, er hätte mich geholt.

Doch seht, kömmt nicht mein Doktor dort?

Jetzt darf er mich nicht sehn! Husch fort!


Verbirgt sich.


FAUST kommt.

O Einsamkeit, wie hast du mich betrogen,

Als ich an deinen stillen Busen floh,

Du hast mir Ruh' und Friede vorgelogen,

Und ach, nun find' ich dich nicht so!

Vor dem Orkane meines wilden Lebens

Floh ich in deinen aufgetanen Port

Und suchte sichern Ankergrund; vergebens,

Auch hier reißt mich die Welle mit sich fort.

Ich seh' das schöne Land voll stiller Wonne,

Das mir in Jugendträumen vorgeschwebt,

Beleuchtet von der Unschuld milder Sonne,

In der ein ew'ger Frühling grünend lebt,

Wo unter blüh'nder Rosensträuche Schatten

Der Friede ruht, von Götterreiz umweht,

Wo auf den grünen, reichbeblümten Matten

Die Freude unter Lämmern spielend geht.

Ich seh', wie Hunderten von meinesgleichen

Verzeihung dort die Myrtenkrone flicht;

Mein Auge kann das Himmelsland erreichen,

Doch, weh mir, weh! Mein Fuß vermag es nicht!

MEPHISTOPHELES.

Der hat die Wahrheit, scheint's, noch nicht gefunden,

Daß Einsamkeit 'ne derbe Speise beut,

Die ganz vortrefflich dem Gesunden,

Allein dem Kranken herzlich schlecht gedeiht.

Quelle:
Grillparzer, Franz: Faust. In: Grillparzers Werke. Zehnter Teil, Dramatische Pläne und Studien, Satiren. Berlin, Leipzig, u.a. 1911, S. 150–153., S. 151-152.
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Die Serapionsbrüder

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Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica

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