[248] Ein deutscher Dichter ist übel dran,
Und doch auch wieder gut:
Was plagt sich nicht der arme Mann,
Er weiß kaum, wie sichs ruht.
Heut ist man objektiv gesinnt,
Er ist denn objektiv;
Doch morgen ahnt die Welt und minnt,
Da seufzt er brunnentief.
Heut leugnet man den Herrn des All,
Er leugnet, was er kann;
Horch! Naht dort nicht ein Beterschwall?
Er schließt sich singend an.
Heut treibt man Spanisch, morgen Wälsch,
Jetzt Griechisch, dann Sanskrit;
Bis auf sein längst gelerntes Deutsch
Lernt er die Sprachen mit.
Nun wird man radikal. Drauf hin!
Ein ça ira zur Hand!
Die deutschen Frauen ehren ihn,
Wie einst den selgen Sand.
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Doch kommt ein hoher Namenstag,
Fühlt alle Welt sich weich;
Er eilet, was er eilen mag,
Und schreibt ein Carmen gleich.
Und treibt er sich nicht rastlos um,
Wärs gar die höchste Not;
Fänd erst ein Übergang ihn stumm,
Er gälte gleich für tot.
Soweit nun hats der Dichter schlecht,
Doch gut auch insoweit:
Weil, wenn das Was dem Pöbel recht,
Er gern das Wie verzeiht.
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