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[19] Michael Balbus, der von Crambe, die zusammen geschworne.
MICHAEL.
Das blut, das ihr umsonst für thron und cron gewagt,
Die wunden, die ihr schier auf allen gliedern tragt,
Der unbelohnte dienst, das sorgen volle leben,
Das ihr müsst tag für tag in die rappuse geben,
Des fürsten grimmer sinn, die zwytracht in dem stat,
Die zancksucht in der kirch und untreu' in dem rath,
Die unruh' auf der burg, o blumen aller helden!
Bestreiten meine seel und zwingen mich zu melden,
Was nicht zu schweigen ist! Wer sind wir? Sind wir die,
Vor den der barbar offt voll zittern auf die knie
Gesuncken, vor den sich so Pers als der entsetzet,
Der, wenn er fleucht, viel mehr als wenn er steht, verletzet?
Wer sind wir? Sind wir die, die offt in staub und noth
Voll blut, voll muth und geist gepocht den grimmen tod?
Die mit der feinde fleisch das große land bedecket,
Und Sidas umgekehrt und in den brand gestecket,
Was uns die waffen bot, und schlaffen jetzund ein,
Nun ieder über uns schier wil tyranne seyn?[19]
Ihr helden, wacht doch auf! Kan eure faust gestehen,
Dass reich und land und stadt so wil zu grunde gehen,
Weil Leo sich im blut der unterthanen wäscht
Und seinen geld-durst stets mit unsern gütern lescht?
Was ist der hof nunmehr als eine mördergruben,
Als ein verräther-platz, ein wohnhauß schlimmer buben?
Wer artig pflaumen streicht und angibt, wen er kan,
Den zeucht man fürsten vor. Ein unverzagter mann,
Der ein gerüstet heer offt in die flucht geschlagen,
Steht unerkannt und schmacht. Was nutzt diß weiche klagen?
Nichts, wo ein weiber-hertz in eurem busen steckt;
Viel, wo ein helden-muth, den keine furcht erschreckt.
Wer zaghafft, hat von mir zu wenig angehöret;
Ein held; nur mehr denn viel. Hat doch ein weib verstöhret
Nicht unlängst, wie euch kund, die käyserliche macht;
Die mutter hat ihr kind vom stuhl in kärcker bracht,
Da es in höchster quaal das leben muste schließen,
Als ihm der augenpaar ward grimmigst ausgerissen.
Diß that ein schwacher arm. Was rühmen wir uns viel?
Iren' ist preisens werth.
CRAMBE.
Ha! längst gewünschtes spiel!
Schau held! hier ist ein schwerdt, und diese faust kan stechen
Und schneiden, wenn es noth, und printzen köpffe brechen.
Was ist ein printz? Ein mensch, und ich so gut als er!
Was mehr noch! Wann nicht ich, wenn nicht mein degen wär,
Wo bliebe seine cron? Die lichten diamanten,
Das purpur-güldne kleid, die schaaren der trabanten,[20]
Der scepter tockenwerck ist eine leere pracht.
Ein unverzagter arm ists, der den fürsten macht,
Und wo es noth, entsetzt.
1. VERSCHWORENER.
O richter aller sachen!
Muss endlich deine rach aus ihrem traum erwachen?
So ists, sie tagt uns aus, wenn mans am mindsten denckt.
Wer ist, dem nicht bewust, was meine seele kränckt
Und hertz und leber nagt! Das redliche gemüthe,
Der mehr denn fromme fürst, das bild der linden güte,
Der traute Michael1 must, als der löw entbrannt
Und ihn mit grimmer list und macht anrannt,
Ablegen stab und cron. Er ließ den purpur fahren
Und kiest ein härin kleid, in meynung, bey altaren
Den rest der kurtzen zeit zu lieffern seinem gott.
Nein, Leo der auf nichts entbrannt als mord und spott,
Er brach die einsamkeit und bannt aus kirch und reichen
Den, der sich vor ihm zwang vom stuhl in staub zu weichen.
Er must auf Proten zu. Der dieses große land
In sein gebiete schloss, den schloss ein enger sand,
Den ieden augenblick die wüste see abspület.
Sein sohn Theophilact,2 was hat er nicht gefühlet,
Als man, was männlich war, von seinen lenden riss
Und ihm des brudern glied ins angesichte schmiss!
Brich an gewünschter tag, den so viel tausend thränen,
So mancher seuffzer macht, so viel betrübte sehnen
Herfordern! O brich an! Mein leben mag vergehn,
Kan nur mein fuß zuvor auf deinem kopffe stehn.
Du bluthund! du tyrann! Kan ich den frevel rächen,
So mag mich auf dem platz ein schneller spieß durchstechen![21]
2. VERSCHWORENER.
Er leide, was er that!3 Der tag bricht freilich an.
Wofern des menschen geist, was künfftig, rathen kan,
Wofern die weise seel kan aus dem kercker dringen,
In den sie fleisch und noth und zeit und arbeit zwingen,
Und durch die lüffte gehn, gefidert mit verstand,
So muss der wütterich durch treu-verknüpffte hand,
Eh als noch iemand denkt, dem schwerdt zur beute fallen.
Mich dünckt, ich höre schon die rach-trompet erschallen.
MICHAEL.
Was hat die red auf sich?
2. VERSCHWORENER.
Das prächtige gemach,
Das oben auf der burg von grund auf biss ans dach
Mit alabaster, ertz und marmor auffgeführet,
Wird nicht so sehr durch gold und reichen pracht gezieret,
Als hoher sinnen schrift. Manch altes pergament
Stellt uns die helden vor, die Pers und Scythe kennt,
Die vor das vaterland ihr leben auffgesetzet
Und in der feinde blut das stoltze schwerdt genetzet.
Was kan die feder nicht, die den das leben giebt,
An welchen todt und zeit hat ihre macht verübt!
Man kann der sonnen lauf, der sternen schnelles wesen,
Der kräuter eigenschafft auf tausend blättern lesen.
Der Griechen ihre kunst, der weiten länder art,
Und was ein mensch erdacht, wird in papier verwahrt.
Was mehr noch: wie man kan diß, was verborgen, wissen,
Und wie und wenn ein mensch sein leben werde schließen.
Vor andern hab ich offt, und zwar nicht sonder frucht,
Ein unbekanntes werck voll mahlerey durchsucht,
In welchem, wie man meynt, was ieder fürst getrieben,
Der diesen thron besaß, durch zeichen auffgeschrieben;
Wie lange dieses reich werd in der blüthe stehn;[22]
Wie künfftig ieder printz werd auf und untergehn.
Da zeigt der augenschein die last, die itzt uns drücket,
Das mittel, das die noth, in der wir fest, entstricket.
Der zeiten umlauf giebts, was kirch und welt verletz'
Und aus der sichern ruh in schärfsten jammer setz'.
Der abriss stellt uns vor ein ebenbild des löuen
Der mit entbranntem muth und klauen scheint zu dreuen.
Er wirfft die förder-füß als rasend in die lufft,
Das haar fleugt um den kopff; ja das gemälde rufft
Von seiner grausen art, die hellen augen brennen,
Erhitzt von tollem zorn, die leffz' ist kaum zu kennen
Für schaum Und frischem Blut, das auff die erden rint,
Indem er biss auf biss und mord auf mord beginnt.
Was mag wohl klährer sein? Den starcken rücken zieret
Ein purpurrothes creutz. Der schlaue jäger führet
In mehr denn schneller faust ein scharff geschliffen schwerdt,
Das durch creutz, haut fleisch ins löwen hertz einfährt.
Ihr kennt das rauhe thier; das creutz ist Christus zeichen.
Eh sein geburtstag hin, wird unser löw erbleichen.
MICHAEL.
Ich wil der jäger sein! Wer für gut, ehr und land
Und leben mit mir steht, wer seinen geist zu pfand
Vor ruhm und freyheit setzt, wer muthig, was zu wagen,
Wer die so herbe last unlustig mehr zu tragen,
Wer rach und lohn begehrt, wer tod und ewigkeit
Mit füßen treten kan, der steh in dieser zeit
Mit rath und händen bey und helff auf mittel spühren,
Den anschlag ohn verzug und argwohn auszuführen![23]
CRAMBE.
Wir gehn, wohin du rufst.
MICHAEL.
Ich schwere leib und blut
Zu wagen für das reich und das gemeine gut.
Thut, was ihr nöthig acht!
CRAMBE.
Gib her dein schwerdt! Wir schweren,
Des fürsten grimme macht in leichten staub zu kehren.
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