Der vierdte eingang.

[60] LEO.

Diß ists, das wir und er so lange zeit gesuchet!

Itzt fühlt sein geist, was uns sein frecher mund gefluchet!

So recht! Er ist gestürtzt! Das heißt den thron gestützt,

Den feind in grauß zermalmt, sich und sein blut geschützt,

Den undanck abgestrafft, den frevel überwunden,

Neid in den koth gedruckt, verläumdung angebunden.

Itzt sind wir herr und fürst und führen cron und stab

Und halten in der faust, was uns der nahme gab,

Wir, die ein knecht vorhin und diener unsers sclaven.[60]

Itzt sinckt sein kahn zu grund, und Leo findt den haven!

So donnert, wenn man euch nach cron und scepter steht,

Ihr, die ihr unter gott, doch über menschen geht!

Hier spiegelt euch, die ihr zu dienen seyd gebohren

Und den, der herrschen sol, wollt leiten bei den ohren.

Verwegenheit greifft offt dem löwen in die har;

Doch wenn sie sicher wird und ihn nur ganz und gar

Vor einen hasen schätzt, läst er die scharfen klauen

Den auffgesperrten schlund, die harten zähne schauen

Und reißt, was auf ihn trat. Wie thöricht aber ist,

Der über tausend schafft und einen auserkist,

Dem er sein gantzes hertz und alle wündsch entdecket

Und die gewalt vertraut, mit der er länder schrecket

Und letzlich fürsten selbst! Wer iemand auf den thron

An seine seiten setzt, ist würdig, dass man cron

Und purpur ihm entzieh. Ein fürst und eine sonnen

Sind vor die welt und reich. Hat ie ein heer gewonnen,

Das mehr denn einer führt? Jedoch, was reden wir?

Wem traut man? Wandeln wir als frey von angst allhier,

Weil er noch athem schöpfft, durch dessen tod wir leben?

Hochnöthig, dass wir selbst genauer achtung geben,

Wie diese pest vergeh. Uns hat die zeit gelehrt,

Wie schnell es der verseh, der nicht mehr sieht als hört,

Und dass kein schauspiel sey so schön im rund der erden,

Als wenn, was mit der gluth gespielt, muss asche werden.


Quelle:
Andreas Gryphius: Werke in drei Bänden mit Ergänzungsband. Band 2, Darmstadt 1961, S. 60-61.
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