21.
An Eugenien

[43] Schön ist ein schöner leib! den aller lippen preisen!

Der von nicht schlechtem stam vndt edlen blutt herrührt.

Doch schöner wen den leib ein edle seele zihrt

Die einig sich nur läst die Tugend vnterweisen.

Vielmehr wen weisheit noch/ nach der wir oftmals reisen

Sie in der wigen lehrt/ mehr wen sie zucht anführt

Vnd Heilig sein ergetzt/ vndt demutt stets regirt.

Mehr wen ihr Keuscher Geist nicht zagt für flam vndt eisen.

Dis schätz ich rühmens wehrt/ dis ist was diese welt

Die aller schönheit sitz für höchste schönheit hält/

Vnd das man billich mag der schönheit wunder nennen.

Wer dieses schawen will wird finden was er sucht

Vnd kaum zue finden ist/ wen er O blum der zucht/

O schönste/ wen er euch/ wird jemals mögen kennen.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 43-44.
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