[37] De Silva. Manasse.
MANASSE.
Daß Ihr erscheint, ich danke Euch dafür –
Ihr wollt den Frieden meines Hauses fördern.
Nicht Klage, Silva! Auch nicht Vorwurf, Schwager!
Am wenigsten, ich bitt' Euch, Trost!
SILVA.
Ihr flieht
Den Schmerz beständig, wunderlicher Mann,
Und eben deshalb läßt er nie Euch los.
MANASSE.
Habt Ihr gesprochen mit dem Rat der Drei?
SILVA.
Soeben komm' ich von der Synagoge.
MANASSE.
Ist alles fertig für den Widerruf?
Ich wünschte, diese Dinge gingen rasch,
Damit das böse Blut sich nicht versetzt,
Sich nicht noch mehr der Groll des Wahns verhärtet –
SILVA.
Ihr scheltet Wahn, was mir der Glaube heißt.
MANASSE.
Auch diese Feindschaft, die mir Fallen legt,
Auch diese Rachsucht wäre Glaubenssache?
Jochais ganzer Anhang grüßt nicht mehr.
Ich hab' es auf der Börse wohl gemerkt,
Wie man die Stellen aufsucht, wo man glaubt,
Daß ich am leichtesten verwundbar bin.
Wenn man den Kaufmann in die Enge treibt,
Ist er verloren –
SILVA.
Habt Geduld und hofft![37]
MANASSE.
Geduld und Hoffnung da, wo Augenblicke
Ein ganzes Leben mir zerstören können?
Wenn mich Jochai stürzen will – dann –
SILVA.
Schwager!
MANASSE.
Genug davon! Nur Eile! Hört Ihr? Eile!
Ihr werdet mit Acosta reden – sagt,
Was er an Formeln zu beachten hat,
Damit uns nicht der ganze Schwarm der Meute,
Von Priestern aufgehetzt die Masse droht –
Ich geh' – Acosta kommt – sprecht Ihr mit ihm!
Und sagt, de Silva, wir sind unter uns,
Ihr liebt doch selbst die Priester nicht von Herzen.
Wie ist es möglich, orthodox zu sein!
Wie möglich, daß man durch Philosophie
Den alten Wust sich förmlich konstruiert
Und wieder ankommt, wo man ausgegangen!
Als Kind, jawohl, da will ich gerne glauben,
Im Glauben wäre zweimal zwei gleich fünf;
Doch geht mit der Philosophie, wenn sie
Im Kinderglauben ein Geheimnis findet
Und, zwei mal zwei sei fünf, beweisen will!
Verzeiht, ich muß mit meinen Schreibern rechnen;
Da kommt das Einmaleins mir der Vernunft
Beiläufig so in die gesunden Sinne.
Ab nach außen.
SILVA.
Mit Zahlen will er Gottes Größe messen!
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Uriel Acosta
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