Erster Auftritt.


[60] Männer und Frauen gehen nach hinten auf die Estrade. Dann treten Diener auf, die auf silbernen Schalen goldene Weinkannen über die Bühne tragen. Zuletzt treten von rechts Jochai reich als Bräutigam gekleidet, Silva und Gäste auf.


JOCHAI.

Wohlan, ihr Herrn! Heut soll die Freude herrschen!

Sie steht am Tor und wartet ungeduldig,

Bis sich die träge Sonn' ins Meer versenkt.

Bekränzt mit Rosen grüßt euch der Pokal!

Wer Sorgen hat, der lasse sie im Becher!

Wer einsam steht, den fasse Tanzes Wirbel!

Und das bedenkt: Wer sich schon abends läßt

Nach Hause leuchten vom Johanniswurm,

Wer nicht zum Lerchenwirbel bleibt und sieht,

Wie sich beim ersten Gruß als Frau die Wange

Der schönen Braut mit Purpur überzieht,

Den schelt' ich neidisch, weil er den Triumph

Des höchsten Glückes mir nicht gönnen will.

SILVA.

Vor Euern Bechern laßt den Priester reden.

Die heil'ge Handlung ist noch nicht vollzogen.

JOCHAI.

O fliegt, saumselige Minuten, fliegt!

Die Weiser an der Uhr sehn aus wie Pfeile

Und haben Blei statt Federn in den Schwingen.

Da ist sie! Schaut, de Silva, Eure Nichte!

Könnt Ihr noch schweigen? Kein bewundernd Ach

Beim Anblick einer Braut, zu deren Schmuck

Die Edelsteine überflüssig sind?

SILVA.

Gönnt Ihr im Preise Eures Glückes kaum

Dem Dichtermund das Recht des Hochzeitsliedes,

Was braucht es da das Stammeln meiner Zunge?


Quelle:
Gutzkows Werke. Auswahl in zwölf Teilen. Band 3, Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart [1912], S. 60.
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Uriel Acosta
Uriel Acosta: Trauerspiel in Funf Aufzugen (German Edition)