Der Gang aufs Land

[87] An Landauer


Komm! ins Offene, Freund! zwar glänzt ein Weniges heute

Nur herunter und eng schließet der Himmel uns ein.

Weder die Berge sind noch aufgegangen des Waldes

Gipfel nach Wunsch und leer ruht von Gesange die Luft.

Trüb ists heut, es schlummern die Gäng und die Gassen und fast will

Mir es scheinen, es sei, als in der bleiernen Zeit.

Dennoch gelinget der Wunsch, Rechtglaubige zweifeln an Einer

Stunde nicht und der Lust bleibe geweihet der Tag.

Denn nicht wenig erfreut, was wir vom Himmel gewonnen,

Wenn ers weigert und doch gönnet den Kindern zuletzt.

Nur daß solcher Reden und auch der Schritt' und der Mühe

Wert der Gewinn und ganz wahr das Ergötzliche sei.

Darum hoff ich sogar, es werde, wenn das Gewünschte

Wir beginnen und erst unsere Zunge gelöst,

Und gefunden das Wort, und aufgegangen das Herz ist,

Und von trunkener Stirn höher Besinnen entspringt,

Mit der unsern zugleich des Himmels Blüte beginnen,

Und dem offenen Blick offen der Leuchtende sein.


Denn nicht Mächtiges ists, zum Leben aber gehört es,

Was wir wollen, und scheint schicklich und freudig zugleich.

Aber kommen doch auch der segenbringenden Schwalben

Immer einige noch, ehe der Sommer, ins Land.

Nämlich droben zu weihn bei guter Rede den Boden,

Wo den Gästen das Haus baut der verständige Wirt;[88]

Daß sie kosten und schaun das Schönste, die Fülle des Landes,

Daß, wie das Herz es wünscht, offen, dem Geiste gemäß

Mahl und Tanz und Gesang und Stuttgarts Freude gekrönt sei,

Deshalb wollen wir heut wünschend den Hügel hinauf.

Mög ein Besseres noch das menschenfreundliche Mailicht

Drüber sprechen, von selbst bildsamen Gästen erklärt,

Oder, wie sonst, wenns andern gefällt, denn alt ist die Sitte,

Und es schauen so oft lächelnd die Götter auf uns,

Möge der Zimmermann vom Gipfel des Daches den Spruch tun,

Wir, so gut es gelang, haben das Unsre getan.


Aber schön ist der Ort, wenn in Feiertagen des Frühlings

Aufgegangen das Tal, wenn mit dem Neckar herab

Weiden grünend und Wald und all die grünenden Bäume

Zahllos, blühend weiß, wallen in wiegender Luft,

Aber mit Wölkchen bedeckt an Bergen herunter der Weinstock

Dämmert und wächst und erwarmt unter dem sonnigen Duft.

Quelle:
Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 2, Stuttgart 1953, S. 87-89.
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