Mnemosyne

[201] [Erste Fassung]


aber es haben

Zu singen


Blumen auch Wasser und fühlen,

Ob noch ist der Gott. Denn schön ist

Der Brauttag, bange sind wir aber

Der Ehre wegen. Denn furchtbar gehet

Es ungestalt, wenn Eines uns

Zu gierig genommen. Zweifellos

Ist aber der Höchste. Der kann täglich

Es ändern. Kaum bedarf er

Gesetz, wie nämlich es

Bei Menschen bleiben soll. Viel Männer möchten da

Sein, wahrer Sache. Nicht vermögen

Die Himmlischen alles. Nämlich es reichen

Die Sterblichen eh an den Abgrund. Also wendet es sich

Mit diesen. Lang ist

Die Zeit, es ereignet sich aber

Das Wahre.


Wie aber Liebes? Sonnenschein

Am Boden sehen wir und trockenen Staub

Und tief mit Schatten die Wälder und es blühet

An Dächern der Rauch, bei alter Krone

Der Türme, friedsam; und es girren

Verloren in der Luft die Lerchen und unter dem Tage weiden[202]

Wohlangeführt die Schafe des Himmels.

Und Schnee, wie Maienblumen

Das Edelmütige, wo

Es seie, bedeutend, glänzet mit

Der grünen Wiese

Der Alpen, hälftig, da ging

Vom Kreuze redend, das

Gesetzt ist unterwegs einmal

Gestorbenen, auf der schroffen Straß

Ein Wandersmann mit

Dem andern, aber was ist dies?


Am Feigenbaum ist mein

Achilles mir gestorben,

Und Ajax liegt

An den Grotten, nahe der See,

An Bächen, benachbart dem Skamandros.

Vom Genius kühn ist bei Windessausen, nach

Der heimatlichen Salamis süßer

Gewohnheit, in der Fremd

Ajax gestorben,

Patroklos aber in des Königes Harnisch. Und es starben

Noch andere viel. Mit eigener Hand

Viel traurige, wilden Muts, doch göttlich

Gezwungen, zuletzt, die anderen aber

Im Geschicke stehend, im Feld. Unwillig nämlich

Sind Himmlische, wenn einer nicht die Seele schonend sich

Zusammengenommen, aber er muß doch; dem

Gleich fehlet die Trauer.

Quelle:
Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 2, Stuttgart 1953, S. 201-203.
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