Ermunterung

[33] [Erste Fassung]


Echo des Himmels! heiliges Herz! warum,

Warum verstummst du unter den Sterblichen?

Und schlummerst, von den Götterlosen

Täglich hinab in die Nacht verwiesen?


Blüht denn, wie sonst, die Mutter, die Erde dir,

Blühn denn am hellen Aether die Sterne nicht?

Und übt das Recht nicht überall der

Geist und die Liebe, nicht jetzt und immer?


Nur du nicht mehr! doch mahnen die Himmlischen,

Und stillebildend wallt, wie um kahl Gefild,

Der Othem der Natur um uns, der

Alleserheiternde, seelenvolle.


O Hoffnung! bald, bald singen die Haine nicht

Der Götter Lob allein, denn es kommt die Zeit,

Daß aus der Menschen Munde sich die

Seele, die göttliche, neuverkündet.


Daß unsre Tage wieder, wie Blumen, sind,

Wo, ausgeteilt im Wechsel, ihr Ebenbild

Des Himmels stille Sonne sieht und

Froh in den Frohen das Licht sich kennet,
[34]

Daß liebender, im Bunde mit Sterblichen

Das Element dann lebet und dann erst reich,

Bei frommer Kinder Dank, der Erde

Kraft, die unendliche, sich entfaltet,


Und er, der sprachlos waltet, und unbekannt

Zukünftiges bereitet, der Gott, der Geist

Im Menschenwort, am schönen Tage

Wieder mit Namen, wie einst, sich nennet.

Quelle:
Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 2, Stuttgart 1953, S. 33-35.
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