Winterlied

[120] Keine Blumen blühn,

Nur das Wintergrün

Blickt durch Silberhüllen,

Nur das Fenster füllen

Blümchen, roth und weiß,

Aufgeblüht aus Eis.


Ach, kein Vögelsang

Tönet süßen Klang,

Als die Winterweise

Mancher kleinen Meise,

Die am Fenster schwirrt,

Und ihr Liedchen girrt.


Minne flieht den Hain,

Wo die Vögellein,

Finken, Nachtigallen

Ihr so wohl gefallen,

Minne flieht den Hain,

Kehrt ins Zimmer ein.


Alles Kummers bar,

Werden wir fürwahr,

Unter Minnespielen,

Deinen Frost nicht fühlen,

Kalter Januar;

Walte immerdar.
[120]

Quelle:
Ludwig Christoph Heinrich Hölty: Sämtliche Werke. Band 1, Weimar 1914, S. 120-121.
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