Apothecker.

[19] Apothecker betriegen 1) Wenn sie mit denen des Preißes unkundigen die Medicamenten mit Ubersetzung und unbilligem Wucher, z.E. das Pfund vom Semine Lycopodii, wovor sie etwa 16. gl. geben, wohl wieder vor 9. fl. verkauffen. 2) Wenn sie in die vorgeschriebene Recepte nicht alle Ingredientien nehmen, sondern etliche entweder aus deren Mangel / oder aber aus wohlbedachtem Vorsatz aussen lassen, und daher nur quid pro quo geben. 3) Wenn sie alte verdorbene und verlegene Waare vor frisches[19] Guth verkauffen / oder bey præparation derer Artzneyen mit untermengen. 4) Wenn sie nicht allein so rohe / als præparirte einfach / sondern auch vermischte Artzeneyen / so doch auf vielerley Arth einer Verderbniß unterworffen sind, nicht wieder frisch anschaffen /sondern immerhin / sie mögen gleich rantzigt / faulenzend oder gar stinckend seyn / oder aber sonsten ihre Kräffte verlohren haben / biß sie gantz auf sind verkauffen. 5) Wenn sie den Mercurium dulcem nicht sattsam dulcificiret und biß zur rechten Vollkommenheit öffters sublimirt dispensiren. 6) Wenn sie den Cinnabarim Antimonii oder ander factitium mit vielen Zusatz von Schwefel und andern verfälschen, und ihme nur eine nichtswürdige angenehme Farbe zu geben suchen. 7) Wenn sie um wohlfeilen Kauffs halber, mit Fleiß nach alten verlegnen Materialien und Kräutern sich umthun / und solche gleichwohl in eben dem Preiß / als die besten an Mann zu bringen suchen. 8) Wenn sie durch Bley und Wißmuth, welches sie also subtil zusammen machen / daß es sich durch Leder oder Barchent drucken lässet / und die Farbe gleich dem veritablen Mercurio hat / das Quecksilber verfälschen. 9) Wenn sie den sublimirten Mercurium durch Arsenicum verfälschen, welches eben die Schwere und Glantz hat, wie der ächte Mercurius sublimatus. 10) Wann sie das Hirsch-Horn mit einer subtilen Feile zu Pulver machen / und solches nebst andern Horn und Helffenbein unter das Vipern-Pulver vermischen. 11) Wenn sie mit unreinem Salpeter /welcher viel gemein Saltz hält / das Scheid-Wasser[20] verfälschen, oder an statt des Salpeters Alaun oder Arsenicum zusetzen / folglich damit in Scheidung des Goldes und Silbers grossen Schaden verursachen. 12) Wenn sie das so genannte Regal-Wasser / darinnen die Saltz-Geister offt nur ein mit wenigem acido geschärfftes Phlegma sind, verfälschen, dergestalt, daß es nicht so wol ein Oel / als vielmehr nur ein gefärbter Vitriol-Geist mag genennet werden. 13) Wenn sie Cantharides (Spanische Mucken) oder andere scharffe und Gifft bey sich führende Sachen in einem Mörsel stossen / und solchen nicht wieder rein auswaschen / mithin auch die andere Artzneyen, so darinn gestossen werden, davon inficiren, daß derjenige Patient, der solche bekommt, darüber crepiren muß. 14) Wenn sie in Meßingen und Kupffernen Gefässen solche Artzneyen bereiten und aufbehalten / z.E. destillirte Wasser / gewisse Säffte und Oele / Pulver von harten Materien und dergleichen, so doch wegen ihrer Eigenschafft aus solchen Gefässen einen kupffernen vitriolischen und daher zum Erbrechen bewegenden Geschmack und sonst dem Magen so wohl, als andern innerlichen Theilen sehr wiedrige und schädliche Kräffte und Wirckungen ausziehen. 15) Wenn sie die Patienten bereden / daß sie nicht nöthig hätten / einen Medicum zu consuliren, es kostete zuviel / und wolten sie schon selbst ihnen gute Medicamenta geben /welche sie aber hernachmahls wohl theurer / als der Besuch eines Medici gewesen wäre, anschlagen, auch offt dadurch die armen Patienten in die gröste Lebens-Gefahr setzen. 16) Wenn sie sich rühmen / von berühmten [21] Medicis verschiedene vortreffliche Recepte zu haben / welche in dieser oder jener Cur glücklich gebraucht worden, damit sie nur bey Krancken das Ihrige desto füglicher anbringen. 17) Wenn sie innländischen und auswärtigen Medicis Geschencke geben, damit solche ihre Patienten ihnen zuweisen / und die diesen nöthige Artzeneyen bey ihnen nehmen mögen / hernach aber sothane Præsente denen Patienten wieder unvermerckt aufrechnen. 18) Wenn sie denen schlechten Medicamenten mit wohlriechenden Sachen einen Geruch geben / damit solche vor gute und kostbare Species desto eher verkauffet werden. 19) Wenn sie einen gewissen rothen Stein zu Pulver machen / solchen in ein mit Wasser angefülltes Gefäß thun / davon / was oben her schwimmet /sammlen, daraus mit einigen andern Säfften gewisse Küchlein verfertigen / und vor Terra Sigillata, so vor die Pest und Gifft gut seyn soll / theuer verkauffen /wiewohl dieser Betrug heutiges Tags, da man Terram Sigillatam näher haben kan, als die præparirte vor Unkosten causireten, nicht mehr so üblich ist. 20) Wenn sie alte verdorbene Flores oder Pulpam Cassiæ mit blauen Veihl-Safft anmachen / damit solche gut und fett scheinen mögen / und dieselbe vor frische verkauffen. 21) Wenn sie die Composita verfälschen /und ihnen einen solchen Geruch / Geschmack und Farbe geben, daß auch offt die verständigsten Medici die verfälschte von den wahren nicht distinguiren können. 22) Wenn sie das Hertz-Pulver / welches von Rechts wegen aus kostbaren Steinen, als orientalischen Sapphiren / Smaragden, und Rubinen /[22] nebst andern Simplicibus bestehet, dergestalt verfälschen /daß sie an statt der kostbaren / gemeine Berg-Steine nehmen, welche doch jenen weder an Gestalt noch an Krafft und Würckung gleich seyn / und dennoch sehr theuer verkauffen. 23) Wenn sie unter das Perlen-Pulver weisse Corallen / Krebs-Augen und gebranntes Hirsch-Horn thun, oder unsere gemeine Wasser- und Frösch- oder zum höchsten Auster-Muscheln mischen und wohl gar davor ausgeben. 24) Wenn sie den Patienten von verdorbenen und offt sehr stinckenden Kräutern ein Gurgarisma oder Gurgel-Wasser præpariren, und sich solches wider das Gewissen theur bezahlen lassen. 25) Wenn sie bey Visitationen ihrer Apothecken die verdorbene, geringe und untüchtige Artzeneyen / so lange solche Visitationes währen, bey seits schaffen und verbergen, hernachmahls aber doch selbe gleich andern guten und gerechten dispensiren. 26) Wenn sie einheimische Sachen mit einem fremden Nahmen belegen / oder von fernen Landen angeschafft zu haben vorgeben, oder auch solche / ob sie schon in grosser Menge zu haben, weilen sie von guter Würckung sind / oder der Medicus sie öffters verordnet deßwegen theurer anschlagen und kostbar machen. 27) Wenn sie einem andern zum Schaden und Abbruch die Medicamenta wolfeiler geben / als es wohl ordentlich seyn kan, dahergegen auch in die Wette dieselbe auf tausenderley Weise verfälschen. 28) Wenn sie Krebs-Augen aus weisser gebrannter und pulverisirter Erde nachmachen vermittels eines glutinösen Wassers / oder vor præparirte und gestossene Krebs-Augen[23] die weissen neuen zerstossenen Tobacks-Pfeiffen also bereiten und verkauffen. 29) Wenn sie die rothe und weisse Corallen so wohl gantze als pulverisirte und præparirte gleichfals vielfältiger Weise verfälschen und distrahiren. Bes. Lisseti Benancii Declarationem fraudum & errorum apud Pharmacopœos, ex edit. lat. Thomæ Bartholini p. 14. seqq., & Dn. D. Heimreich von Moderation der Apothecker-Taxe p. 43.


Mittel: 1) Daß die Apothecken von Stadt-Physicis und andern darzu bestellten / verständigen und gewissen-hafften Medicis fleißig und auch wohl zuzeiten ohnversehens darinnen ein oder die andere Partie Artzeneyen visitiret / und selbst mit zugesehen werde / was vor Materialien vorhanden / wie die Composita præparirt /und die von ihnen verschriebene Medicamenta zugerichtet werden / da sie dann die dißfals vorgehende Mängel gütlich erinnern / und fals solche hierauf nicht abgestellet würden / es der Obrigkeit gebührend anzuzeigen /verbunden seyn solten. 2) Daß von hoher Landes-Obrigkeit allen und jeden Apotheckern der speciale Befehl gegeben werde / daß sie ihre Officinen mit tüchtigen Materialien und Kräutern versehen / keinen unchristlichen und schändlichen Wucher treiben / die Simplicia sowohl als Composita nach aller Sorgfalt / Treu und Redlichkeit einsammlen / aufheben / verwahren / machen und verkauffen / auch nichts wider Wissen und Willen deren ordinariorum Medicorum thun oder etwas importantes unternehmen / vielweniger Patienten in ihre Cur zu nehmen / oder Artzeneyen vor sich zu dispensiren sich unterstehen / insonderheit aber die Personen /so wegen unehrlicher Schwängerung und auch sonsten aus mancherley Ursach verdächtig fallen / und Purgantien oder andere treibende und schädliche / ja gar offentlich gifftige Dinge verlangen würden / denen Ordinariis gebührend anzeigen / endlich auch selbst ihre Officin mit tüchtigen Leuthen besetzen sollen / mit zugefügter Verordnung /[24] daß / nachdem die Waaren von verständigen und unpartheyischen Medicis, welche allemahl bey deren auspacken seyn / und solches besichtigen / auch den Conto, was jede Sorte denen Apotheckern im Ankauff gekostet / ansehen müsten / approbiret und vor tüchtig befunden worden / ein gewisser Tax gemachet / und in einer Tabelle zu jedermänniglichen Nachricht in der Apothecke öffentlich affigiret / auch /daß man solchen Tax nicht überschreite / fleißiges Aussehen gehalten werde.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 19-25.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Haller, Albrecht von

Versuch Schweizerischer Gedichte

Versuch Schweizerischer Gedichte

»Zwar der Weise wählt nicht sein Geschicke; Doch er wendet Elend selbst zum Glücke. Fällt der Himmel, er kann Weise decken, Aber nicht schrecken.« Aus »Die Tugend« von Albrecht von Haller

130 Seiten, 7.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon