[136] Eltern betriegen 1) Wenn sie ihre Kinder nicht zur Schule halten, noch sonst etwas ehrliches, wovon sie sich dereinst ernehren könten / lernen lassen. 2) Wenn sie ihre Kinder gegen anderer Leute Kinder / welche etwa mit ihnen in Unwillen gerathen, verhetzen / und selbige unter dem Prætext, daß sie keine Schlaf-Mütze seyn solten, zur Gegen-Wehr anmahnen. 3) Wenn sie die Boßheit ihrer Kinder helffen verduckeln, und sonderlich denen so genannten Mutter-Söhngen allzuviel durch die Finger sehen. 4) Wenn sie ihre eigene in der Jugend verübte Bubenstücke den Kindern mit solcher freudigen Erinnerung erzehlen / daß diese, als hätten die Eltern etwas löbliches gethan, vermeynen, und daher selbige auch nachzuahmen suchen. 5) Wenn sie gegen theils ihrer Kinder eine unordentliche Affecten-Liebe verspühren lassen, und denjenigen /welchen sie wohl wollen / Geld / Schmuck und andere Dinge mehr / heimlich zu partiren, daß es ihre übrige Kinder nicht erfahren sollen.[136] 6) Wenn sie ihre Kinder frühzeitig, und ohne daß sie in der Christlichen Religion sattsam unterrichtet sind, in die Frembde schicken / nur damit sie ihnen fein bald vom Halse oder aus dem Brode kommen. 7) Wenn sie ihre Kinder, so bey Leuten in Diensten oder auch noch bey ihnen zu Hause seyn, zum Diebstahl anhalten, und das von ihnen gestohlene Gut annehmen und verduckeln helffen. 8) Wenn sie ihre Kinder mehr zum Müßiggang als zur Arbeit angewehnen / und sie mit Fleiß / wo sie nur wollen, herum lauffen lassen / damit sie nur vor denselbigen Ruhe haben mögen. 9) Wenn sie die Boßheit ihrer Kinder, von denen sie mit schimpflichen Worten oder würcklicher That beleidiget worden, vor der sie deswegen zur Rede setzenden Obrigkeit entschuldigen oder gar leugnen. 10) Wenn sie die Kinder von den studieren / wozu sie doch Lust und Geschicklichkeit haben, mit Gewalt und unter dem Prætext, daß sie ihnen zu ihrer Handthierung mehr helffen könten, abhalten / oder auch selbige aus interessirter Absicht nicht dasjenige Studium ergreiffen lassen, wozu sie doch am meisten incliniren, welcher letztere Betrug sonderlich von Dorff-Pfarrern, so ihre Söhne meist Theologiam studiren lassen / damit sie ihnen einmahl können substituiret werden / begangen wird. 11) Wenn sie, um ihrer Kinder gerne loß zu seyn, solche zu einer Heyrath zwingen / GOtt gebe /sie möge hernach wohl oder übel gerathen. 12) Wenn sie ihren Kindern an vorseyender guten Mariage hinderlich seyn, nur damit sie derselben im Haußwesen desto länger gebrauchen können. 13) Wenn sie ihren Kindern die versprochene[137] Mitgabe / aus Beysorge / es dürffte kein Erbe erfolgen / zurück halten / und selbst damit noch eine Zeitlang ihren Nutzen schaffen, immittels aber sich mit Ermangelung des zusammen zu bringenden schuldigen Quanti ausreden. 14) Wenn sie ihre Kinder ohne Noth zum betteln angewehnen, und, ohnerachtet sie solche wohl noch ernehren könten, dennoch andern Leuten vor die Thüre schicken. 15) Wenn sie den Kindern ihr Dodten- oder Pathen-Geld versauffen / oder auf eine andere Art durchbringen / und hernach vorgeben, es sey ihnen gestohlen worden. 16) Wenn sie sonderlich ihren Töchtern durch die Finger sehen / daß diese um schändlichen Gewinstes willen brav courtoisiren und anderer Unzucht nachgehen dürffen. 17) Wenn Mütter, welche die Gabe Kinder zu säugen von GOtt haben, denen Kindern ihre Nahrung aus Zärtlichkeit entziehen, und unter erdichteten Vorwand böser Brüste oder Milch-Ermangelung / ihnen Ammen halten. 18) Wenn sie ihre Kinder durch allerhand Poppantzereyen, mit Vorstellung des abusive sogenannten heiligen Christs, Ruprecht oder Hertzogelasen, und anderer Poppelmänner fürchterlich machen / und damit zu vieler Superstition Anlaß geben, wovon Flummes politischer Philosophus cap. IV. §. 17. p. 76. mit mehrern nachzulesen.
Mittel: Fleißige Obrigkeitliche Aufsicht / so wohl über eines jeden Unterthanens führenden Lebens-Wandel / als auch vornehmlich über die Kinder-Zucht / durch beson dere hierzu / in jeden Theil der Stadt sowohl als auf dem Lande zu bestellenden Personen / ingleichen durch Kirchen und Schul-Bediente / nach Anleitung der Sachsen-Gothaischen Landes-Ordnung.