Dritter Auftritt

[68] Frank. Frosch.


FROSCH erblickt Frank schlafend, für sich. Ah, der Herr Direktor ist schon da! Er scheint sehr vertieft in[68] seine Lektüre. Bemüht sich, stramme Haltung anzunehmen. Ich muß ihm meinen Rapport machen. Sehr laut. Herr Direktor, ich komm zum Rapport!

FRANK fährt auf. Was gibt's? Nun, Frosch, quake deinen Rapport! Komm näher!

FROSCH verlegen, da er sich nicht zu rühren wagt. Näher soll ich kommen?

FRANK. Nun freilich! Frosch macht zwei wankende Schritte, für sich. Der verdammte Champagner! Alles hüpft mir vor den Augen. Auch der Frosch hüpft! Laut. Was gibt's Neues?

FROSCH. Nichts, Herr Direktor. Nur Numero 12 verlangt einen Advokaten.

FRANK. Der Herr von Eisenstein? Meinetwegen, das ist sein gutes Recht.

FROSCH. Ich habe ihm einen gewissen Dr. Blind bestellt, den man mir anempfohlen. Taumelt etwas. Verdammter Slibowitz!

FRANK. Warum schwankst du denn so?

FROSCH immer schwankend. Ich schwanke ja nicht!

FRANK für sich. Verfluchter Champagner! Alles schwankt mir vor den Augen!

FROSCH hat einen Stuhl als Halt gefunden. Sehen Sie, Herr Direktor, ich schwanke nicht!

FRANK heftig. Wer sagt denn, daß du schwankst? Für sich. Verfluchte Geschichte.

FROSCH. Niemand, Herr Direktor, niemand sagt es. Für sich. Mir kam es so vor, als ob er's gesagt hätte!

FRANK. Nun, wie gefällt es dir in diesem Hause?

FROSCH stützt sich mit beiden Armen auf Franks Tisch. Wie es mir hier gefällt? Sehr gut! Recht fidel ist es! Wahrhaftig, ein so fideles Gefängnis ist mir noch gar nicht vorgekommen. Meinen Sie nicht auch, Herr Direktor?

FRANK. Ja, du hast recht; sehr fidel ist's hier! Es läutet. Was gibt's? Man läutet an der Tür.

FROSCH bleibt ruhig stehen. Ja, mir war's auch so!

FRANK. Schau aus dem Fenster, wer da ist. Es läutet wieder.

FROSCH. Aus dem Fenster? Für sich. Bis dorthin komm ich ja gar nicht! Schwankt im Zickzack zum Fenster.[69]

FRANK für sich. Nur kein Besuch jetzt!

FROSCH am Fenster. Zwei Damen sind da!

FRANK aufspringend. Zwei Damen, sagst du?

FROSCH. Vielleicht ist es auch nur eine. Ich sehe alles doppelt. – Soll ich öffnen?

FRANK. Nein ... ja ... das heißt ... nein!

FROSCH. Es sind zwei hübsche feine Damen!

FRANK. So öffne doch! Warum öffnest du denn nicht?

FROSCH. Ich gehe ja schon? Im Abgehen. Eine lustige Geschichte! Zwei schöne junge Damen schon in aller Früh! Ich sag's ja, ein fideles Gefängnis! Ungeheuer fidel! Torkelt ab.

FRANK. Wenn ich nur schnell etwas Niederschlagendes ... Entdeckt auf dem Tisch die Wasserflasche, schenkt sich ein Glas ein, stürzt es hinunter. Ah, das tut gut! Taucht sein Taschentuch ein und befeuchtet sich die Stirn.


Quelle:
Johann Strauß: Die Fledermaus. Text nach H. Meilhac und L. Halévy von C. Haffner und Richard Genée, Stuttgart 1976, S. 68-70.
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