Sibender Auftritt.

[357] Der schlaffende Alphonsus. Die Geister Philippinæ, Ferdinandi, Riberæ, und Hyacinthi.


PHILIPPINÆ Geist.

Ruht hir der außerkohrne Fürst /

Der Sanfftmuth Ebenbild / die Krone jrrdscher Götter?

Dehn nur nach Christen-Blute dürst?

Und der stets in Henckers-Klingen kehret seine Lorber-Blätter?

Ein unvernünfftigs Thier / das keine Sinnen hat!

Pflegt niemals nicht zu fressen seines Gleichen /

Weil die Natur verdammet solche That /

Und du machest Philippinen deine Schwester zu der Leichen /[357]

Jndem des Henckers schnödes Beil /

Weil ich Christo mich verpflichtet /

Mir geschnitzt deß Todes-Pfeil /

Und mich schimpflich hingerichtet?

Jdoch diß Traur-Spil ist nicht auß!

Schau wie die Rache dich bey deinem Haupt umbfasset /

Jndem Printz Ferdinand durch grünes Gifft erblasset!

So strafft der Grosse GOTT der Ertzt-Tyrannen-Hauß!

FERDINANDI Geist.

So ists; Deß Wütterichs verfluchtes Mörder-rasen

Hat mir alß seinem ändern Sohn

Und nechstem Nachsaß auff dem Thron

Auch durch geschicktes Gifft die Geister außgeblasen.

Verdammter Hund! Kein heiß-erhitzter Tyger

Am strudel-reichen Niger

Frißt seine Zucht und deß Geschlechtes Art /

Und du frißt dein Geblüth / O grimmer Leopard

Jdoch diß Traur-Spil ist nicht auß:

Schau wie die Rache Dir noch mehr jhr Zorn-Schwerdt zeiget /

Weil Palamed sich auch vor unsrem Jesu neiget.

So strafft der grosse GOTT der Ertzt-Tyrannen Hauß!

HYACINTHI Geist.

Ja freylich ist GOTT ein gerechter Richter /

Der keinen Mord läßt unbestraffet seyn /

Zumahl wenn man die GOtt-geweyhten Lichter

Der Prister werthe Schaar nur qvält durch grimme Pein /

Wie leider mir als deinem Seelen-Artzt

Und der ich Dich zu Christo wolte führen /

Thränens-würdig ist begegnet / als durchs Henckers Pech und Hartzt

Jch die höchst-geqvählte Seele must' an diesem Pfahl verlihren![358]

Drumb ists kein Wunder nicht daß dich der Traur-Geist plaget

Und für und für an deinem Hertzen naget /

Daß Dir so Tag alß Nacht

Wunderliche Schatten-Bilder schröcklich werden vorgebracht.

Jedoch diß Traur-Spil ist nicht auß /

Schau wie die Rache dich noch weiter wil ergreiffen /

Weil Juliana sich im Tagus muß ersäuffen.

So strafft der grosse GOTT der Ertz-Tyrannen Hauß!

RIBERÆ Geist.

So ist es: GOTT ist ein gerechter GOTT!

Der wird gewiß mit seinen Donner-Waffen

Auch meinen Fall und unverdienten Todt

An dir du Wüttrich straffen!

Kein witziger Regent hat seines Feld-Herrns Haupt /

Auff den das Kriegs-Heer sich als einen Atlaß stützet /

Durchs Henckers rauhen Strick

(O grimmes Ungelück!)

So schimpflich je geraubt!

Und dennoch hat dein Grimm so starck auff mich geblitzet /

Wie dieser Strick an mir ein Beyspiel zeiget /

Wodurch ich ward ins schnöde Grab geneiget!

Jdoch diß Traur-Spil ist nicht auß:

Mich dünckt ich sehe schon wie dich durch seine Waffen

Der Fürst Jberiens bey Evora wird straffen!

So stürtzt der Grosse GOTT der Ertzt-Tyrannen Hauß!

PHILIPPINÆ Geist.

Diß Mörder-Beil wird dich Du Mörder noch zerhauen!

FERDINANDI Geist.

Diß Goldne Gifft-Geschirr wird dir die Bahre bauen![359]

HYACINTHI Geist.

Der schwartze Pfal wird stets in deiner Seele glühn!

RIBERÆ Geist.

Und dieser Hencker-Strick Dich in die Hölle zihn!

PHILIPPINÆ Geist.

Rach'!

FERDINANDI Geist.

Rache!

HYACINTHI Geist.

Rache!

RIBERÆ Geist.

Rach!

ALLE VIRE.

Rach! Rache! grosser GOTT!

PHILIPPINÆ Geist.

Rach'!

FERDINANDI Geist.

Rache!

HYACINTHI Geist.

Rache!

RIBERÆ Geist.

Rach!

ALLE VIRE.

Rach' über unsern Todt!


[360] NB. Hierauff treten alle vir Geister dem Könige nahe vors Gesichte / dreuen Jhm mit den brennenden Fackeln und reden Jhn ergrimmt an mit nachfolgenden Worten.


Grausamer Wüttrich! Erwache! Erwache!

Weil auff dich blitzet die Göttliche Rache!


Sie verschwinden unter Donner und Blitzen.


Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 2, Berlin und New York 1975, S. 357-361.
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