Eilfte Szene

[272] VOLKER.

Was meinst du?

HAGEN.

Nimmer wirds mit Etzels Willen

Geschehen, daß man uns die Treue bricht,

Denn er ist stolz auf seine Redlichkeit,

Er freut sich, daß er endlich schwören kann,

Und füttert sein Gewissen um so besser,

Als ers so viele Jahre hungern ließ.

Doch sicher ist der Boden nicht, er dröhnt,

Wohin man tritt, und dieser Geiger ist

Der Maulwurf, der ihn heimlich unterwühlt.

VOLKER.

O, der ist falsch, wie's erste Eis! – Auch wollen[272]

Wir überall des zahmen Wolfs gedenken,

Der plötzlich unterm Lecken wieder beißt.

Was nicht im Blut liegt, hält nicht vor. Doch sieh,

Wer schiebt sich da mit seinem weißen Haar

So wunderlich vorbei?


Eckewart schreitet langsam vorüber, wie einer, der in Gedanken mit sich selbst redet. Seine Gebärden in Einklang mit Volkers Schilderung.


HAGEN ruft.

Ei, Eckewart!

VOLKER.

Er raunt, er murmelt etwas in die Lüfte

Und stellt sich an, als sähe er uns nicht,

Ich will ihm folgen, denn er rechnet drauf.

HAGEN.

Pfui, Volker, ziemt es sich für uns, zu lauschen?

Schlag an den Schild und klirre mit dem Schwert!


Er rasselt mit seinen Waffen.


VOLKER.

Jetzt macht er Zeichen.

HAGEN.

Nun, so kehr dich um.


Sie tun es; sehr laut.


Wer was zu melden hat, der meld es dort,

Wo man es noch nicht weiß.

VOLKER.

Das ist –

HAGEN.

Schweig still,

Willst du dem Heunenkönig Schmach ersparen?

Er sehe selbst zu.


Eckewart schüttelt den Kopf und verschwindet.


VOLKER.

Das ist mir zu kraus!

HAGEN faßt ihn unter den Arm.

Mein Freund, wir sind auf deinem Totenschiff,

Von allen zweiunddreißig Winden dient

Uns keiner mehr, ringsum die wilde See,

Und über uns die rote Wetterwolke.

Was kümmerts dich, ob dich der Hai verschlingt,

Ob dich der Blitz erschlägt? Das gilt ja gleich,

Und etwas Beßres sagt dir kein Prophet!

Drum stopfe dir die Ohren zu, wie ich,

Und laß dein innerstes Gelüsten los,

Das ist der Todgeweihten letztes Recht.[273]


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 2, München 1963, S. 272-274.
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