Fünfte Szene

[304] HILDEBRANT.

Ich halt es nicht mehr aus. Wollt Ihr denn nicht

Ein Ende machen?

DIETRICH.

Ich? Wie könnt ich das?

Ich bin des Königs Mann und um so mehr

Verpflichtet, treu zu bleiben, als ich mich

Freiwillig und aus bloßem Herzensdrang

Ihm unterwarf!

HILDEBRANT.

Vergeßt nicht!

DIETRICH.

Davon nichts.

HILDEBRANT.

Die Zeit ist abgelaufen, die Ihr selbst

Euch setztet, im Gehorsam Euch zu üben

Und Eure Zeugen leben!

DIETRICH.

Heute das?

HILDEBRANT.

Heut oder nie! Die Helden können sterben,

Die Gott bis jetzt so wunderbar verschont.

DIETRICH.

Dann soll ich eben bleiben, was ich bin!

Das setzt ich mir zum Zeichen, wie du weißt,

Ob ich die Krone wieder tragen, oder

Bis an den Tod zu Lehen gehen soll,

Und ich, ich bin zu beidem gleich bereit.

HILDEBRANT.

Nun, wenn Ihr selber schweigt, so rede ich!

DIETRICH.

Das tust du nicht! Auch bessertest du nichts!


Legt ihm die Hand auf die Schulter.


Mein Hildebrant, wenn eine Feuersbrunst

Im Haus entsteht, so kehrt der Knecht noch um,

Der seiner Pflicht gerade ledig ward,

Und hätt er schon die Schwelle überschritten:

Er zieht die Feierkleider wieder aus

Und wirft sein Bündel hin, um mit zu löschen,

Und ich, ich zöge ab am Jüngsten Tag?[304]

HILDEBRANT.

Sie werfen wieder Tote aus den Fenstern.

Herr, endigt jetzt! Der Teufel hat genug!

DIETRICH.

Wenn ich auch wollte, wie vermögt ichs wohl?

Hier hat sich Schuld in Schuld zu fest verbissen,

Als daß man noch zu einem sagen könnte:

Tritt du zurück! Sie stehen gleich im Recht.

Wenn sich die Rache nicht von selbst erbricht

Und sich vom letzten Brocken schaudernd wendet,

So stopft ihr keiner mehr den grausen Schlund.

HILDEBRANT ist auf die Seite gegangen und kehrt zurück.

Nun folgen unsre Edlen endlich auch

Den armen Knechten nach. Die meisten sind

Nur noch an ihrem Panzer zu erkennen,

Der tapfre Iring flog der Schar voran.

Herr, geht nicht hin, Ihr könnt ihn doch nicht küssen,

Sein Kopf ist ganz verkohlt.

DIETRICH.

Das treue Blut!

HAGEN wird oben wieder sichtbar.

HILDEBRANT.

Hagen noch einmal.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 2, München 1963, S. 304-305.
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