Achte Szene

[307] Etzel tritt auf.


HAGEN.

Herr Etzel, ists geschehn mit Eurem Willen,

Daß man den Saal in Brand gesteckt, als wir

Die Wunden uns verbanden?

ETZEL.

Habt Ihr uns

Die Toten ausgeliefert? Habt Ihr mir

Nicht selbst mein Kind verweigert?

DIETRICH.

Das war schlimm!

ETZEL.

Wir pflegen unsre Toten zu verbrennen!

Wenn Euch das unbekannt gewesen ist,

So wißt Ihrs jetzt.

HAGEN.

Dann seid Ihr quitt mit uns!

Gewährt uns denn, was Ihr nicht weigern könnt,

Wenn Ihr den größten Schimpf nicht wagen wollt.

KRIEMHILD.

Der größte Schimpf ist, Euch das Ohr zu leihn.

Schießt! Schießt!

HAGEN.

Trägt sie die Krone?

ETZEL.

Was wollt Ihr mehr?

Ich legte Euer Los in Schwesterhand.

KRIEMHILD.

Die Toten hielten sie als Pfand zurück,

Um auch die Lebenden hinein zu locken,

Die nicht aus Torheit kamen.

ETZEL.

Stamm um Stamm!

Sie haben meinen ausgelöscht, sie sollen

Auch selbst nicht fortbestehn.

KRIEMHILD.

Was gibts denn hier?

Der alte Rüdeger in Wut?


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 2, München 1963, S. 307.
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