[532] Alexandra. Joseph. Salome. Herodes tritt ein. Sein Gefolge. Soemus.
HERODES.
Da wär ich wieder!
Zu Soemus.
Blutet's noch? Der Stein
Hat mir gegolten, und er traf dich nur,
Weil du gerade kamst, mir was zu sagen,
Dein Kopf war diesmal deines Königs Schild!
Wärst du geblieben, wo du warst –
SOEMUS.
So hätt ich
Die Wunde nicht, doch auch nicht das Verdienst,
Wenn es ein solches ist. In Galiläa
Wird höchstens der gesteinigt, der es wagt,
Sich dir und mir, der ich dein Schatten bin,
Dein Sprachrohr, oder, was du immer willst,
Zu widersetzen.
HERODES.
Ja, da sind sie treu!
Dem eignen Vorteil nämlich, und weil dieser
Mit meinem Hand in Hand geht, meinem auch.
SOEMUS.
Wie sehr, das siehst du daran, daß du mich
In deiner Hauptstadt findest.
HERODES.
In der Tat,
Dich hier zu treffen, hätt ich nicht erwartet;
Denn, wenn der König fern ist, tun die Wächter
Den störrigen Provinzen doppelt not!
Was trieb dich denn von deinem Posten fort?
Doch ganz gewiß was andres, als der Wunsch,
Mir zu beweisen, daß er ungefährdet
Verlassen werden könne, und die Ahnung,
Daß hier ein Steinwurf aufzufangen sei!
SOEMUS.
Ich kam herüber, um den Vizekönig
Entdeckungen von wunderbarer Art
In schuldger Eile mündlich mitzuteilen.
Ich wollt ihm melden, daß die Pharisäer
Sogar den starren Boden Galiläas,[532]
Wenn auch umsonst, zu unterhöhlen suchen,
Doch meine Warnung kam zu spät, ich fand
Jerusalem in Flammen vor und konnte
Nur löschen helfen!
HERODES reicht ihm die Hand.
Und das tatest du
Mit deinem Blut! – Sieh, Joseph, guten Tag!
Dich hätt ich anderswo gesucht! – Schon gut!
Jetzt aber geh und schaff den Sameas,
Den Pharisäer, den der Hauptmann Titus
Auf Scythen-Art gefangen hält, hieher.
Der starre Römer schleppt ihn, an den Schweif
Des Rosses, das er reitet, festgebunden,
Mit sich herum, weil er im heilgen Eifer
Auf offnem Markt nach ihm gespieen hat.
Nun muß er rennen, wie er niemals noch
Gerannt sein mag, wenn er nicht fallen und
Geschleift sein will. Ich hätte ihn sogleich,
Wie ich vorüberkam, erlösen sollen!
Verdanke ichs doch sicher ihm allein,
Daß ich jetzt alle Schlangen, die bisher
Sich still vor mir verkrochen, kennen lernte!
Nun kann ich sie zertreten, wann ich will!
JOSEPH ab.
HERODES zu Alexandra.
Ich grüße dich! Und vom Antonius
Soll ich dir melden, daß man einen Fluß
Nicht vor Gericht ziehn kann, und einen König,
In dessen Land er fließt, noch weniger,
Weil er ihn nicht verschütten ließ!
Zu Soemus.
Ich wär
Längst wieder hier gewesen, doch wenn Freunde
Zusammenkommen, die sich selten sehn,
So halten sie sich fest! Das wird auch dir,
Ich sag es dir voraus, bei mir geschehn,
Nun ich dich endlich einmal wieder habe.
Du wirst mit mir die Feigen schütteln müssen,
So wie ich dem Antonius die Muränen,
Pfui, Schlemmerei! in Strömen von Falerner
Ersticken helfen und für manchen Schwank
Aus unsrer frühern Zeit ihm das Gedächtnis[533]
Auffrischen mußte! Mach dich nur gefaßt,
Mir gleichen Dienst zu leisten. Hab ich auch
Vom Triumphator nicht genug in mir,
Daß ich dich so zu mir entboten hätte,
Wie er mich selbst zu sich entbot, zum Schein
Auf eine abgeschmackte Klage hörend,
Die Stirn, wie Cäsar, runzelnd und den Arm
Mit Blitz und Donnerkeil zugleich bewaffnend,
Bloß um gewiß zu sein – dies war der Grund,
Warum ers tat – daß ich auch wirklich käme,
So mach ich mir den Zufall, der dich heute
Mir in die Hände liefert, doch zunutz,
Und sprech, wie er, wenn du von deinem Amt
Zu reden anfängst: Führst dus, wie du sollst,
So braucht es dich nicht jeden Augenblick!
Du kommst so selten, daß es scheint, als wärst
Du hier nicht gern!
SOEMUS.
Du tust mir unrecht, Herr,
Doch hab ich Ursach, nicht zu oft zu kommen!
HERODES zu Salome.
Auch du bist hier? – So lerntest du es endlich
Dir einzubilden, wenn du Mariamnen
Begegnest, daß du in den Spiegel siehst
Und deinen eignen Widerschein erblickst?
Oft riet ichs dir, wenn du ihr grolltest, niemals
Gefiel der Rat dir! Nimm den Scherz nicht krumm!
Man kann nichts Übles in der Stunde tun,
Wo man sich wiedersieht! Doch, wo ist sie?
Man sagte mir, sie sei bei ihrer Mutter,
Drum kam ich her!
SALOME.
Sie ging, als sie vernahm,
Daß du dich nähertest!
HERODES.
Sie ging? Unmöglich!
Doch wohl! Sie tat es, weil die Einsamkeit
Dem Wiedersehen ziemt! –
Für sich.
Willst du ihr zürnen,
Statt abzubitten, Herz? – Ich folge ihr,
Denn ihr Gefühl hat recht!
SALOME.
Belüg dich nur,
Und leg den Schreck, dich auferstehn zu sehn,[534]
Die Scham, an deinen Tod geglaubt zu haben,
Die größere, kaum Witwe mehr zu sein,
Leg ihr das alles aus, als wärs die Scheu
Des Mägdleins, das noch keinen Mann erkannt,
Nicht die Verwirrung einer Sünderin!
Sie ging aus Furcht!
HERODES.
Aus Furcht? – Sieh um dich her,
Wir sind hier nicht allein!
SALOME.
Das ist mir recht,
Bring ich vor Zeugen meine Klage an,
So wird sie um so sicherer gehört,
Und um so schwerer unterdrückt!
HERODES.
Du stellst
Dich zwischen mich und sie? Nimm dich in acht,
Du kannst zertreten werden!
SALOME.
Dies Mal nicht,
Obgleich ich weiß, was dir die Schwester gilt,
Wenns um die Makkabäerin sich handelt,
Dies Mal –
HERODES.
Ich sag dir eins! Wär an dem Tag,
An dem ich sie zum ersten Mal erblickte,
Ein Kläger aufgestanden wider sie,
Er hätt nicht leicht Gehör bei mir gefunden,
Doch leichter noch, wie heut! Das warne dich!
Ich bin ihr so viel schuldig, daß sie mir
Nichts schuldig werden kann, und fühl es tief!
SALOME.
So hat sie einen Freibrief?
HERODES.
Jede Larve
Zu tragen, die ihr gut scheint, dich zu täuschen,
Wenn sie sich Kurzweil mit dir machen will!
SALOME.
Dann – Ja, dann muß ich schweigen! Wozu spräch ich!
Denn, was ich dir auch sagen mögte, immer
Wär deine Antwort fertig: Mummerei!
Nun diese Mummerei ist gut geglückt,
Sie hat nicht mich allein, sie hat die Welt
Mit mir berückt und kostet dir die Ehre,
Wie mir die Ruh, ob du auch schwören magst,
Daß Joseph nur getan, was er gesollt,[535]
Wenn er – Sieh zu, ob es ein Mensch dir glaubt!
HERODES.
Wenn er – Was unterdrückst du? Endige!
Doch nein – – Noch nicht!
Zu einem Diener.
Ich laß die Königin
Ersuchen zu erscheinen! – Ist es nicht,
Als wär die ganze Welt von Spinnen rein,
Und alle nisteten in meinem Hause,
Um, wenn einmal für mich der blaue Himmel
Zu sehen ist, ihn gleich mir zu verhängen
Und Wolken-Dienst zu tun? Zwar – seltsam ists,
Daß sie nicht kommt! Sie hätt mich küssen müssen,
Der Allgewalt des Augenblicks erliegend,
Und dann die Lippen sich zerbeißen mögen,
Wenn das Gespenst denn noch nicht von ihr wich!
Zu Salome.
Weißt du, was du gewagt hast? Weißt dus, Weib?
Ich freute mich! Verstehst du das? Und nun – –
Die Erde hat mir einmal einen Becher
Mit Wein verschüttet, als ich durstig war,
Weil sie zu zucken anfing, eh ich ihn
Noch leerte, ihr verzieh ich, weil ich mußte,
An dir könnt ich mich rächen!
Ausgewählte Ausgaben von
Herodes und Mariamne
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