Der Kranke

[262] Der Kranke in seinem Bette,

Wie schlief er so schwer und bang,

Als hin zu der schwülen Stätte

Der erste Lenzhauch drang.


Ein Fenster war aufgegangen,

Durch das er hinein sich stahl,

Nun kühlt er die heißen Wangen,

Die glühende Stirn zumal.


Und all dies linde Kosen,

Das Blüten gelockt aus dem Baum,

Es giebt dem Hoffnungslosen

Genesung in süßem Traum.[262]


Doch ach, der holde Gedanke

Erschüttert zu sehr sein Herz,

Vor Freuden erwacht der Kranke

Und fühlt den alten Schmerz.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Sämtliche Werke. 1. Abteilung: Werke, Berlin [1911 ff], S. 262-263.
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