Sommerreise

[276] An ein Mädchen


Dein Haus, im Waldgehege,

Stand auf dem Hügel frei;

Ich, auf gewund'nem Stege,

Zog hart daran vorbei.

Du gabst mit treuer Miene

Mir meinen Gruß zurück,

Die wallende Gardine

Entzog dich dann dem Blick.


Nun hat das reiche Leben,

Das ringsum sich ergießt,[276]

In deinem stillen Weben

Den Punct, in dem es schließt:

Du wirst die Beere pflücken,

Die dort zur Reife drängt,

Dich wird die Rose schmücken,

Die hier im Grünen hängt.


Und danke ich der Quelle,

Die mir den Trunk gebracht,

Dank' ich so mancher Stelle

Voll kühler Waldesnacht,

Dank' ich der Sonne willig

Ihr herzerfreuend Licht,

So dank' ich dir auch billig

Dein süßes Angesicht.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Sämtliche Werke. 1. Abteilung: Werke, Berlin [1911 ff], S. 276-277.
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