Der Mann im Mond

[81] »Lueg Müetterli, was isch im Mo?«

He, siehsch's denn nit, e Ma!

»Jo wegerli, i sieh en scho.

Er het e Tschöpli a.

Was tribt er denn die ganzi Nacht,

er rüehret jo kei Glied?«

He, siehsch nit, aß er Welle macht?

»Jo, ebe dreiht er d'Wied.[81]

Wär ich, wie er, i blieb dehei,

und machti d'Welle do.«

He, isch er denn us üser Gmei?

Mer hen scho selber so.

Und meinsch, er chönn so, wiener well?

Es wird em, was em ghört.

Er gieng wol gern – der sufer Gsell

muß schellewerche dört.

»Was het er bosget, Müetterli?

Wer het en bannt dörthi?«

Me het em gseit der Dieterli,

e Nütznutz isch er gsi.

Ufs Bete het er nit viel gha,

ufs Schaffen o nit viel,

und öbbis muß me triebe ha,

sust het me langi Wil.

Drum, het en öbbe nit der Vogt

zur Strof ins Hüsli gspert,

sen isch er ebe z'Chander ghockt,

und het d'Butelli gleert.

»Je, Müetterli, wer het em's Geld

zu so'me Lebe ge?«

Du Närsch, er het in Hus und Feld

scho selber wüsse z'neh.

Nemol, es isch e Sunntig gsi,

so stoht er uf vor Tag,

und nimmt e Beil, und tummlet si,

und lauft in Lieler Schlag.

Er haut die schönste Büechli um,

macht Bohnestecke drus,

und treit sie furt, und luegt nit um,

und isch scho fast am Hus.

Und ebe goht er uffem Steg,

se ruuscht em öbbis für:

›Jez, Dieter, goht's en andere Weg!

Jez, Dieter, chumm mit mir!‹[82]

Und uf und furt, und sieder isch

kei Dieter wit und breit.

Dört obe stoht er im Gibüsch

und in der Einsemkeit.

Jez haut er jungi Büechli um;

jez chuuchet er in d'Händ;

jez dreiht er d'Wied, und leit sie drum,

und 's Sufe het en End.

So goht's dem arme Dieterli;

er isch e gstrofte Ma!

»O bhüetis Gott, lieb Müetterli,

i möcht's nit mittem ha!«

Se hüt di vorem böse Ding,

's bringt numme Weh und Ach!

Wenn's Sunntig isch, se bet und sing.

Am Werchtig schaff di Sach.

Quelle:
Johann Peter Hebel: Gesamtausgabe, Band 3, Karlsruhe 1972, S. 81-83.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Alemannische Gedichte
Alemannische Gedichte
Plattdeutscher Hebel: Eine Freie Uebersetzung Der Hebel'schen Alemannische Gedichte (German Edition)

Buchempfehlung

Jean Paul

Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch

Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch

Als »Komischer Anhang« 1801 seinem Roman »Titan« beigegeben, beschreibt Jean Paul die vierzehn Fahrten seines Luftschiffers Giannozzos, die er mit folgenden Worten einleitet: »Trefft ihr einen Schwarzkopf in grünem Mantel einmal auf der Erde, und zwar so, daß er den Hals gebrochen: so tragt ihn in eure Kirchenbücher unter dem Namen Giannozzo ein; und gebt dieses Luft-Schiffs-Journal von ihm unter dem Titel ›Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten‹ heraus.«

72 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon