Der Winter

[109] Isch echt do obe Bauwele feil?

Sie schütten eim e redli Teil

in d'Gärten aben und ufs Hus;

es schneit doch au, es isch e Gruus;

und 's hangt no menge Wage voll

am Himmel obe, merki wol.

Und wo ne Ma vo witem lauft,

so het er vo der Bauwele gchauft;

er treit sie uf der Achsle no,

und uffem Hut, und lauft dervo.

Was laufsch denn so, du närsche Ma?

De wirsch sie doch nit gstohle ha?

Und Gärten ab, und Gärten uf

hen alli Scheie Chäpli uf.

Sie stöhn wie großi Here do;

sie meine, 's heig's sust niemes so.

Der Nußbaum het doch au si Sach,

und 's Herehus und 's Chilchedach.

Und wo me luegt, isch Schnee und Schnee,

me sieht ke Stroß und Fueßweg meh.

Meng Somechörnli, chlei und zart,

lit unterm Bode wohl verwahrt,

und schnei's, so lang es schneie mag,

es wartet uf si Ostertag.

Meng Summervögeli schöner Art

lit unterm Bode wohl verwahrt;

es het kei Chummer und kei Chlag,

und wartet uf si Ostertag;

und gang's au lang, er chunnt emol,

und sieder schloft's, und 's isch em wohl.

Doch wenn im Frühlig 's Schwälmli singt,

und d'Sunnewärmi abe dringt,

Potz tausig, wacht's in jedem Grab,

und streift si Totehemdli ab.[110]

Wo nummen au ne Löchli isch,

schlieft 's Leben use jung und frisch.

Do fliegt er hungerig Spätzli her!

e Brösli Brot wär si Begehr.

Es luegt ein so verbärmli a;

's het sieder nechte nüt meh gha.

Gell, Bürstli, sel isch anderi Zit,

wenn 's Chorn in alle Fure lit?

Do hesch! Loß andern au dervo!

Bisch hungerig, chasch wieder cho! –

's muß wohr si, wie 's e Sprüchli git:

›Sie seihe nit, und ernde nit;

sie hen kei Pflug, und hen kei Joch,

und Gott im Himmel nährt sie doch.‹

Quelle:
Johann Peter Hebel: Gesamtausgabe, Band 3, Karlsruhe 1972, S. 109-111.
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