3.

[163] Der kranke Sohn und die Mutter,

Die schliefen im Kämmerlein;

Da kam die Muttergottes

Ganz leise geschritten herein.


Sie beugte sich über den Kranken,

Und legte ihre Hand

Ganz leise auf sein Herze,

Und lächelte mild und schwand.


Die Mutter schaut alles im Traume,

Und hat noch mehr geschaut;

Sie erwachte aus dem Schlummer,

Die Hunde bellten so laut.


Da lag dahingestrecket

Ihr Sohn, und der war tot;

Es spielt auf den bleichen Wangen

Das lichte Morgenrot.


Die Mutter faltet die Hände,

Ihr war, sie wußte nicht wie;

Andächtig sang sie leise:

»Gelobt seist du, Marie!«[164]

Quelle:
Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21972, S. 163-165.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Buch der Lieder
Buch der Lieder
Buch der Lieder: Hamburg 1827
Buch der Lieder: Vollständige Ausgabe nach dem Erstdruck von 1827
Buch der Lieder (Fischer Klassik)
Buch der Lieder.