Scena prima.

[790] Grosvogtt. Richter. Hogreffe. Scheppe 2. Gerichtsschreiber. Prediger. Johan Jenein. Cunrad. Clas. Hans. Johan Conget. Der Dieb Mathias. Meister Hans der scharffrichter. Sein Knecht. Bartholomeus, Zacharias, Marckmeister Knechte. Der Grosvogtt, Richter, Hogreffe, Scheppen zwe, Gerichtsschreiber setzen sich zur Banck.


RICHTER. Ich frage ob es heutte wol so viel tages sey datt jch moge ein hoch nott peinlich halsgericht hegen. NB. die bauern bereden sich.

HANS. Her Richter et js erkannt, dat wol so vel tages sey dat gi mogen ein pinlich gerichte hegen.

RICHTER. So hege jch alhir heutt zu diesem tage von wegen meinem Oberherrn ein hochnottpeinlich halsgericht, vnd gebitte recht vnd verbede vnrecht, jch verbede haßerett vnd Scheltwort vnd da jemandts etwas zu klagen hatt der mag herfurtretten vnd seine Klage ordentlicher weiße vorbringen, als sol er damitt gehoret werden vnd geburliches rechtens dauor gewertig sein.

MEISTER HANS DER SCHARFFRICHTER. Her Richter hor hie stehett ein Kleger von wegen mei nem gebietenden Oberherrn, vnd frage ob jch hir moge stehen mitt alle dem was jch vmb vnd an hab, wie solches einem freihen redener eignet vnd geburett.

RICHTER. Es sey dir zugelaßen.

SCHARFFRICHTER. Her Richter jch frage, ob jch meine Klage gegen einen Matthias fleischawer genant moge vorbringen.

RICHTER. Es ist dir erlaubtt.

SCHARFFRICHTER. Her Richter jch bitt, das obgedachter Matthias fleischawer vor das peinlich goh zu anhorung meiner Klage moge citiret werden.

RICHTER. Bartholomeus citire den Beklagten Mattias Fleichawer vor Gericht.[790]

BARTHOL. Matthias fleichawer zum ersten Mal Matthias fleichawer zum andern Mal Matthias fleichawer zum dritten Mal kom vor dit penlich halsgericht vnd hore an watt wider dich geklaget werde vnd giff dar jegen rede vnd antwortt. NB. wirdt vorgefuret vnd auffgebunden.

SCHARFFRICHTER. Her Richter jch klage an diesen jegenwertigen Matthias fleischawer zu Leib vnd leben zu haut zu har wie er gehett vnd stehet vnd mitt alle dem was er vmb vnd an hatt das er habe gehandelt wider Gott vnd wider das siebende gebott vnd bitte, das er moge dahin geballten werden, seine vbelthat auff welcher ehr betroffen, auch selber schon bekannt, nochmals hir vor jdermennigh moge außagen damitt also jdermenniglich wißen möge, aus was vrsach er an diesen ortt gebracht worden.

RICHTER. Matthias du hörest wol wie hart du jtzunder alhier verklaget wirdest, so weist du auch wohl was du schon vor diesem gestanden vnd bekantt derhalben wollestu nochmals hir vor jdermenniglich deine vbelthatt bekennen vnd außagen.

MATTHIAS. Was jch vor bekantt habe das kan jch nicht leugnen, den jch bin jo vff offener that begriffen. vnd erstlich gestehe ich, das jch dem grosvogtt 40 hemel genommen habe. zum andern gestehe jch, das jch einem Manne 4 Rotte milche Kühe mitt weißen hießen gestolen habe, zum dritten gestehe jch, das jch einem weinfürer einen braunen hengst mitt einer weißen bles gestolen habe. vors viertte gestehe jch das jch einem Man vir hosicken butter gestolen habe. Letzlich habe jch auch einem Man 20 holländische Kese gestolen Mehr habe jch auch nicht gethan, was jch gethan wil jch auch nicht wieder vmb sagen, jch bitte aber vmb gnade.

SCHARFFRICHTER. Her Richter weyl Mattias fleischawer alhie offentlich vor gott vnd jdermenniglich nochmals seine vbelthatt bekantt, er auch ohne das vff offener thatt ergriffen worden als bitte jch ein vrteyl von rechts wegen zu erkennen ob er solches kann oder moge ohne peinliche straff gethan haben oder nicht.[791]

RICHTER. Der landtman sol das vrtheil sprechen. NB. die Bauern tretten zu hauffe.

HANS. Her Richter wil je dat ordel horen. he kantt sonder pinliche straffe nicht gethan hebben, sondern hey schal dem Keiser eine Wedde vtsthan.

SCHARFFRICHTER. Her Richter, jch frage was seine straff sein sol. Die Bauern dretten wieder zu hauffe.

HANS. Herr Richter man schal jhme vorlesen watt die hochgelerten drumb erkant hebben.

SCHARFFRICHTER. Ich bitte das das Vrtheyl möge verlesen werden.

DER GERICHTSSCHREIBER lieset. Demnach nicht allein aus dem bericht sub litera A. befindtlich das Matthias Fleischawer auff offener thatt bey dem gestolenen Viehe vnd andern gestolnen Victualien befunden, sondern auch durch die beygefugte seine guttliche bekantnus sub lit. B. solches bejahett vnd bekrefftiget wirdet, als jst nach fleißiger erwägung aller vmbstende dieser Sachen, zu rechten erkantt, das Matthias fleischawer vor ein peinlich halsgericht zu stellen, vnd geburlich wegen seiner begangenen Mißethatt halben anzuklagen sey, vnd wofern er den nochmals freywillig bekennen vnd gestehen wirdett, das er dem grosvogett 40 hemel vnd den noch einem Man vir Rotte Milche Kühe mitt weißen blessen vnd den noch einem Man ein braun pherdt mitt einer weißen stirn vnd den noch einem Man 4 hoscken Butter vnd den letzlich einem Manne 20 hollendische Kese gestolen habe, So jst er wegen solcher begangenen großen vnd offt wiederholten Dieberey als ein verleumbter Dieb andern zum abschew mitt dem Strange am galgen vom leben zum tott zu straffen. Alles von Rechts wegen.

SCHARFFRICHTER. Her Richter so wil jch jhn nemen von diesem goh vnd wil jhn füren jn ein ander goh vnd wil jhn vermöge des vrtheyls vom leben zum tott straffen vnd ihn zwischen himmel vnd erden hengen das windt sol vber vnd vnder jhm hingehen damit ers nicht mehr thue vnd ein ander ein abschew daran nemen müge. NB. wirdt gebunden.


Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 790-792.
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