Erkenntnis

[228] Wie ist des Menschen Auge trüb verschleiert,

Wenn ihm der Mensch in nackter Wahrheit naht!

Der Treuste selbst scheint ihm ein Apostat,

Der nur der Seele zarte Wandlung feiert.


Am schnellsten steigt im Kurs, was, abgeleiert

Zur Dutzendweise wie ein Automat,

Am Heiligtum des Herzens übt Verrat

Und im bewährten Brustton biedermeiert.


O, wohl ist's schwer, ein Freier ohne Wanken

In dir zu bleiben, wenn die Welt dich zerrt

Gewaltsam auf den Schauplatz enger Schranken.


Und doch! Der Ausweg bleibt dir unversperrt,

Hältst du vom Leib dir Schwätzer und Tartüffen

Und läßt vom Schellenklang dich nicht verblüffen.

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Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 2: Buch des Kampfes, München 1921, S. 228-229.
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