Lethe

[242] O Mensch, vom Höllenbrand umbraut,

Haßgiftigem Geschwele,

Nach welchem fernen Ufer schaut

Die Sehnsucht deiner Seele?

Wo von dem tiefen Blau getränkt

Ein milder Himmel ruht,

Und du vergißt, was roh dich kränkt,

In ätherklarer Flut.


Gold rieselt um Basalt und Baum,

Hohe Zypressen steigen

So feierstill zum reinen Raum,

Drin selige Genien geigen.

Das heilige Schweigen wandelt hin

Auf Gräserwogen sacht,

Ein dunkler Falter, schwebt dein Sinn

Erlöst in Lethes Nacht.

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 1: Buch des Lebens, München 1921, S. 242-243.
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