Der stille Triumph Jesu

[476] Brüder Jesu, kommt und singet

Eures Königs Reich!

Euer Lied und Euer Leben

Sei dem Herren gleich!


Von der Erd' hinauf gen Himmel

Töne mein Gesang!

Von der Erd' hinauf gen Himmel

Ging sein stiller Gang.


Preiset, Himmel, preiset, Erden,

Gottes Wunderrath!

Seine Lieb' und Allmacht wurden

Stille Menschenthat.


Seine Lieb' und Allmacht gingen

Tief verkannten Gang.

Von der Erd' hinauf gen Himmel

Sing' es mein Gesang!


Ewig aus des Vaters Herzen

Uns geborner Sohn,

Aller Schöpfung Licht und Leben,

Uns der Liebe Thron,


Kamst Du nieder, mitzufühlen

Unser Menschenherz,

Es zu heben, es zu leiten

Himmel-himmelwärts!
[476]

Oeffnet Euch, Ihr ew'gen Pforten!

Denn es zeucht heran

Blutgefärbt der edle Sieger,

Der sein Volk gewann!


Alle seines Reiches Guten

Folgen still ihm nach;

Sie, wie er, im Dornenkranze,

Voll von schöner Schmach.


Wahrheit Gottes war ihr Leben,

Ihrer Liebe Gluth;

Hoffnung Gottes war ihr Streben,

War ihr ewig Gut.


Schaar der Lebenden und Todten,

Freue, freue Dich!

Ob sein Samenkorn verweset,

Blüht es ewiglich.


Wo die Abendröthe leuchtet,

Wird sein Reich einst glühn,

Tief im letzten Keim der Schöpfung

Wird sein Segen blühn.


König, laß mich Deines Reiches

Kommen freudig sehn!

Laß mich lebend, laß mich sterbend

Mit Dein Reich erhöhn!


Quelle:
Johann Gottfried Herder: Werke. Erster Theil. Gedichte, Berlin 1879, S. 476-477.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
Aus Den Ideen Zur Philosophie Der Geschichte Der Menschheit: Nebst Vermischten Gedichten (Hardback) - Common
Aus Den Ideen Zur Philosophie Der Geschichte Der Menschheit: Nebst Vermischten Gedichten (Paperback) - Common
Gedichte (German Edition)

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Prinzessin Brambilla

Prinzessin Brambilla

Inspiriert von den Kupferstichen von Jacques Callot schreibt E. T. A. Hoffmann die Geschichte des wenig talentierten Schauspielers Giglio der die seltsame Prinzessin Brambilla zu lieben glaubt.

110 Seiten, 4.40 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon