[461] 1773.
Der Engel des Herrn!
Geist und Kraft!
Ein Sturmwind, der durch Wüsten rafft
Die Thal' hinauf, die Höhn zu Boden!
Jehovah's Stimme! Sein Odem!
Elias! Wen ein Weib gebar,
War Keiner größer, als er war!
Johannes! Sollte Viel' bekehren,
Erfreun und strafen, fällen, lehren,
Vorchristus sein!
Am Opferaltar
Gabriel
Verkündet' ihn: »Der windesschnell
Vorm Herrn daherging! ungeboren
Voll Geistes! aber Volkes Ohren[461]
Ein Sausen! Wein und Ueppigkeit
Hat er verschmäht! In Freudigkeit
Elias', Greise zu verjüngen
Zu Kindesherzen! Volk zu bringen
Dem Kommenden!«
Sprach Flammen und Schwert:
»Otternbrut!
O schauet's, was Ihr Früchte thut!
Schon fällt die Axt und schonet Keinen;
Volk Gottes kann er aus Steinen
Sich selbst erwecken. Grünest kaum
Ohn' Art und Gutes, öder Baum!
Schon fällt die Axt! Dein warten Flammen,
Die weht Jehovah's Zorn zusammen,
Der Lasterbrut!
Schon tritt er daher,
Worfelt schon!
Und Gluth ist Spreu und Unkraut Lohn.
Ich taufe Wasser! er von oben!
Seht, wie die Götter ihn loben!
Der Himmel reißt! der Himmel bricht!
Jehovah kommt! Jehovah spricht:
Mein Auserwählter! Du für Allen,
Durch den mir Alles soll gefallen!«
Und ruht auf ihm.
»Der ist es, der kommt,
Gottes Lamm,
Das Weltensünden auf sich nahm!
Mit Feuer tauft die Welt der Bösen.
Bin unwerth, Kleid ihm zu lösen!
Was hat ein Mensch, es sei ihm dann
Gegeben? Er ist Bräutigam,
Ich Führer nur der Braut! von Erde,
Ein Irdischer. Er ist und werde
Der Himmlische.«
Im Feuer empor
Fuhr er auf!
Vollbrachte seinen Heldenlauf,
Elias! Deiner Lebenstage
War wenig, Wüst' und voll Plage,[462]
Doch groß! »Bist Du's, der kommen soll?«
Und Tod und Banden sind ihm wohl.
Die Sonn' ist da! die Morgenröthe
Verröthet! Schwert im Tanz, o tödte
Den matten Knecht! den freien Knecht!
Gen Himmel hinauf
Folgt' ihm schnell
Messias! trat, von Blute hell,
In die Versammlung aller Lande,
Durch größre Marter und Schande.
O, wie umfing er da den Freund,
Der irdisch ihm's so treu gemeint,
Mit ihm geboren, ihm zu leben,
Gestorben ihm, ihm dort zu leben –
An Gottes Thron!
Ein Engel des Herrn,
Zeuge-Licht,
Wer ist's, wie Du? Nicht selbst das Licht,
Nur Zeuge! Wüstenlaut! ein Hallen
Vor Dem, der ist! Nicht Widerschallen
Sein selbst; ach, wen ein Weib gebar,
Ist Keiner, als Johannes war!
Wird einst der erste Pfeiler stehen
Am Thron, in Siegeskleid ihn sehen,
Wer überwand.
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
|
Buchempfehlung
Therese gibt sich nach dem frühen Verfall ihrer Familie beliebigen Liebschaften hin, bekommt ungewollt einen Sohn, den sie in Pflege gibt. Als der später als junger Mann Geld von ihr fordert, kommt es zur Trgödie in diesem Beziehungsroman aus der versunkenen Welt des Fin de siècle.
226 Seiten, 8.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro