[186] Der Rest1 beschäftigt sich mit einigen Fehlern der Winkelmannischen Schriften: ich wollte, daß die Aufmerksamkeit Hrn. L. lieber auf das Wesentliche derselben, und auf das ganze Gebäude seiner Geschichte gefallen wäre, das noch so mancher Schwierigkeit unterworfen ist. – –
Da ich Jahre her täglich zu den Alten, als zu der Erstgeburt des Menschlichen Geistes, wallfahrte, und Winkelmann als einen würdigen Griechen betrachte, der aus der Asche seines Volkes aufgelebt ist, um unser Jahrhundert zu erleuchten, so kann ich Winkelmannen nicht anders lesen, als ich einen Homer, Plato und Bako lese, und er seinen Apollo siehet.[186]
Indessen haben sich bei einem siebenmaligen Lesen freilich auch Zweifel bei mir zu Papier gefunden, die, was insonderheit sein Geschichtgebäude aus den Materialien der Griechischen Litteratur anbetrift, die Alten selbst zu Zeugen, zu Gewährsleuten haben dörften. Da ich also das Glück hatte, von Winkelmann einen ermunternden Blick des Beifalls zu erhalten: so war ich beschäftigt, mit mir selbst nochmals über seine Werke zu sprechen, und alsdenn in dem würdigen Tone vor ihn zu treten, in dem sich sein Geist offenbaret. Wie erhebend wäre der Gedanke gewesen, von ihm, dem Griechen unsrer Zeit, gebilligt zu werden, zur Vollkommenheit seiner unsterblichen Werke etwas beizutragen! –
Und ach! Winkelmann ist nicht mehr! durch die Hand eines Mörders, auf die entsetzlichste Weise der Welt, Rom, und seinem Deutschlande entrissen! O, wenn du Göttlicher, noch wie ein seliger Dämon, umherwandelst: so sieh die Bestürzung, mit der mich die Nachricht von deinem Verluste traf, die ungläubige Unruhe, die dich noch immer lebend sah, und endlich die Thränen der Wehmuth, die ich deinem Tode schenkte! Wie mancher Litterator und Alterthumskenner hätte statt seiner nicht blos sterben können, sondern auch vielleicht sterben sollen, damit die Welt nicht einst nichts, als verführende Spuren, von ihm aufzuzeigen habe!
1 | Laok. p. 261–298. [525–46] |
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