Der Winter

[163] Der blaue Schnee liegt auf dem ebenen Land,

Das Winter dehnt. Und die Wegweiser zeigen

Einander mit der ausgestreckten Hand

Der Horizonte violettes Schweigen.


Hier treffen sich auf ihrem Weg ins Leere

Vier Straßen an. Die niedren Bäume stehen

Wie Bettler kahl. Das Rot der Vogelbeere

Glänzt wie ihr Auge trübe. Die Chausseen


Verweilen kurz und sprechen aus den Ästen.

Dann ziehn sie weiter in die Einsamkeit

Gen Nord und Süden und nach Ost und Westen,

Wo bleicht der niedere Tag der Winterzeit.


Ein hoher Korb mit rissigem Geflecht

Blieb von der Ernte noch im Ackerfeld.

Weißbärtig, ein Soldat, der nach Gefecht

Und heißem Tag der Toten Wache hält.


Der Schnee wird bleicher, und der Tag vergeht.

Der Sonne Atem dampft am Firmament,

Davon das Eis, das in den Lachen steht

Hinab die Straße rot wie Feuer brennt.[163]

Quelle:
Georg Heym: Dichtungen und Schriften. Band 1, Hamburg, München 1960 ff., S. 163-164.
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