Die Irren 1

Papierne Kronen zieren sie. Sie tragen

Holzstöcke aufrecht auf den spitzen Knien.

Und ihre langen, weißen Hemden schlagen

Um ihren Bauch wie Königshermelin.


Ein Volk von Christussen, das leise schwebt

Wie große Schmetterlinge durch die Gänge,

Und das wie große Lilien rankt und klebt

Um ihres Käfigs schmerzliches Gestänge.


Der Abend tritt herein mit roten Sohlen,

Zwei Lichtern gleich entbrennt sein goldner Bart.

In dunklen Winkeln hocken sie verstohlen

Wie Kinder einst, in Dämmerung geschart.


Er leuchtet tief hinein in alle Ecken,

Aus allen Zellen grüßt ihn Lachen froh,

Wenn sie die roten, feisten Zungen blecken

Hinauf zu ihm aus ihres Lagers Stroh.


Dann kriechen sie wie Mäuse eng zusammen

Und schlafen unter leisem Singen ein.

Des fernen Abendrotes rote Flammen

Verglühen sanft auf ihrer Schläfen Pein.
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Auf ihrem Schlummer kreist der blaue Mond,

Der langsam durch die stillen Säle fliegt.

Ihr Mund ist schmal, darauf ein Lächeln thront,

Das sich, wie Lotos weiß, im Schatten wiegt.


Bis leise Stimmen tief im Dunkel singen

Vor ihrer Herzen Purpur-Baldachin,

Und aus dem Äthermeer auf roten Schwingen

Träume, wie Sonnen groß, ihr Blut durchziehn.


Quelle:
Georg Heym: Dichtungen und Schriften. Band 1, Hamburg, München 1960 ff., S. 249-250,253-254.
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