Abendröte

[75] Sieh da droben die Rosen! Ein glüher Jubel

Die Wangen der Nacht

In Scharlach und Purpurpracht.


Nun ist da droben Hochzeit:

Die Königskinder des Himmelreiches.


Strenge Augen erster Schönheit,

Frieden frierend,

Wie vor kämpfend heißen Rosen

Wunden an den schweren Schmuck goldspielender Brokate

Des Samtes tiefenweiches Blut,

Gebettet in des Schnees nachtgeflammte,

Flockenzarte Wärme: den hehren Hermelin.


Die Kränze nehmen sie von herben Scheiteln ab

Und heben Bechertau an ihres Lebens

Rötlich reine Kelche,

Und verwunden[75]

Die Verklärung

Saftigherber Früchte.


Des strengen Lagers scheue Falten warten ...


Wie entsetzlich ist Schönheit! ...


Wie eine Siegesfahne hält

Der Himmel

Des Lebens leuchtendrote Brunst mit aller seiner Adlermacht.

Der Sieger sinkt.

Die Nacht fällt in den Wein.


Quelle:
Peter Hille: Gesammelte Werke. Berlin 1916, S. 75-76.
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